Der US-amerikanische Ansatz CO2-freier Städte - BBSR
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Informationen zur Raumentwicklung Heft 5/6.2012 273 Der US-amerikanische Ansatz CO2-freier Städte Harald Kegler 1 Einleitung riger kommuniziert werden kann. Für die- sen pragmatischen Weg soll an dieser Stelle In seiner Grußadresse zur Eröffnung der in- die neu gebaute Öko-Siedlung in Civano ternationalen Konferenz „Climate Change in Arizona stehen. Hier wird, anders als in and Urban Design“, die vom 14. bis 16. Sep- Babcock Ranch und letztlich auch in Chi- tember 2008 in Oslo stattfand, verkündete cago, nicht der technologische Weg einer der Geschäftsführer des Congress for the Effizienz-Strategie, sondern der einer (ten- New Urbanism, Ray Gindroz, bezogen auf denziellen) Suffizienz-Strategie gewählt. die Rolle der USA in der globalen Klima problematik: „The bad news are: We are the Letztlich soll an dieser Stelle noch ein vier- problem, but – the good news are: we know ter Weg aufgezeigt werden, der in der öf- that“ (CNU 2008). Diese Tatsache einerseits, fentlichen Diskussion in den USA zuneh- dass die USA der weltweit größte CO2-Em- mend an Bedeutung gewinnt: Resilient mittent und zugleich der größte Ressour- City. Bei diesem Konzept wird nicht danach cenverbraucher sind, ist nicht erst seit den gefragt, wie die GHG-Emissionen reduziert Veröffentlichungen des IPPC oder anderer werden können, sondern wie sich eine wissenschaftlicher Organisationen bekannt. Stadt vorbereitet, überlebensfähig zu wer- China schickt sich wohl an, den USA diese den, wenn die sozialen/ökologischen Kata- Rolle streitig zu machen, doch bezüglich strophen eingetreten sind. Los Angeles hat der Vergeudung von Ressourcen scheinen nach dem sozialen Desaster begonnen, mit die USA uneinholbar die Spitzenposition zu einem Langfrist-Plan die Entwicklung die- besetzen. Andererseits, und das ist weniger ses Großraums schrittweise auf eine neue bekannt, ist dies nicht nur eine Wahrnahme tragfähige Basis zu stellen – die Reduzie- von außen. In den USA gibt es eine breite rung der GHG-Emissionen (letztlich auf Debatte um die Zukunftsfähigkeit dieses „Null“) ist auch hier ein Nebenziel. Landes, und das bereits seit langem (Farr 2008:19–27; Kunstler 2008). Diese vier strategischen Beispiele reflek- tieren zugleich die von der führenden Real Um einen US-amerikanischen Ansatz für Estate Organisation, dem Urban Land Ins- CO2-freie Städte verstehen zu können, ist titute, veröffentlichten Untersuchungen zur zunächst ein Blick auf die Selbstdarstellun- Reduzierung der GHG-Emissionen sowie zu gen der Probleme der GHG-(Green House den Megatrends der urbanen Entwicklung Gas)-Emissionen1 notwendig. Darauf fu- in den USA (ULI 2008a, b). ßend werden dann vier typische Modelle vorgestellt, die die Tendenzen der prakti- schen CO2-Reduktion in den Städten der 2 Tendenzen der GHG-relevanten USA repräsentieren. Die Reduktion der Entwicklungen in den USA GHG-Emissionen steht – wenn dies über- haupt ein Ziel ist – meist im Zusammen- Das Urban Land Institute macht sechs Me- hang mit Nachhaltigkeit, dem LEED-ND- gatrends aus, die die Entwicklung der urba- Programm (USGBC 2011)2 und vor allem nen Welt bis zur Mitte dieses Jahrhunderts der energetischen Umstellung sowie Re- duktion des Autoverkehrs. prägen werden: Babcock Ranch kann als ein solches Bei- (1) Kapitalmärkte: Städte und Regionen spiel angesehen werden, obgleich die Ini- werden zu globalen Kapitalmärkten, mit al- tiatoren auch hier das Marketing nicht auf len Möglichkeiten und Risiken. Der Wettbe- „Null-Emissionen“, sondern auf Nachhaltig- werb wird prägend und es wird zu Konzent- keit lenken. Diese Stadt soll eine neu gebau- rationsprozessen kommen. te werden, weswegen sie in dieser Studie (2) Klimawandel: Die Städte werden mas- Prof. Dr. Harald Kegler betont wird. siv von gravierenden Wetterereignissen wie Bauhaus Universität Weimar Belvederer Allee 5 Das Reduzieren von GHG-Emissionen ist Hitzewellen, Überflutungen und Wetter- 99423 Weimar ein Nebeneffekt, der aber nicht unbedingt schwankungen betroffen werden, insbeson- E-Mail: explizit propagiert wird, da er auch schwie- dere die Küstenstädte. harald_kegler@yahoo.com
274 Harald Kegler: Der US-amerikanische Ansatz CO2-freier Städte (3) Infrastruktur: Mangelnde Unterhaltung der Suburbanisierung sind auch die mit und Investitionsstau führen zur Schwä- der höchsten CO2-Relevanz (ULI 2008b: chung der Systeme; globale Infrastruktur- 323). Florida gehört zu den Regionen mit ei- netze erhöhen zwar die Möglichkeiten der nem der größten Fußabdrücke. Beim VMT Kommunikation, steigern aber zugleich kann – jeweils in Relation gemessen – eine (1) auch die operationalen Risiken. Nicht Verdopplung der Fahrmeilen bei gleichzei- CO2-Emissionen werden in den nachhaltige Strukturen (insbesondere der tig nur 50%-iger Steigerung der Fahrzeug- USA auch als GHG (Green- House-Gas)-Emissions be- suburbane „Sprawl“) erhöhen die Kosten zulassungen und nur 25 %-igem Bevölke- zeichnet. Sie beinhalten alle kli- und Abhängigkeiten. rungswachstum zwischen 1980 und 2004 marelevanten Gase, also nicht festgestellt werden – ein klares Indiz für die nur CO2. (4) Wasser: Die empfindliche Ressource Zunahme der Suburbanisierung (Urban (2) ist in einigen (dicht besiedelten) Regionen LEED: Leadership in Energy Sprawl), d. h. die Zunahme von Entfernun- stark geschrumpft, was direkt auch dem and Environmental Design; gen infolge geringer Bebauungsdichten in jüngerer Zeit erweitert um Klimawandel geschuldet ist. Der Zugang (ULI 2008a: 21). Danach lassen sich klare Standards für die Planung von zu reinem Wasser wird immer schwieriger Nachbarschaften LEED-ND Korrelationen zwischen urbanen Kernen (Neighborhood Development). (besonders auch in den Wachstums- und als geringen und suburbanen Räumen als Industrieländern), die Zunahme der Ver- (3) enorm großen Emittenten nachweisen, In die Berechnung sind die schmutzung wird grenzüberschreitend. Emissionen einbezogen, die wie das z. B. für die Region Chicago unter- sich aus dem Verkehr und dem (5) Energie: Es besteht dringender Bedarf sucht worden ist (ebd.: 46). Aber nicht nur Wohnen/Arbeiten ergeben, und an der Reduzierung der GHG-Emissio- die Analyse dieser Zusammenhänge wird entsprechend lokalisiert wor- den. nen (Hauptziel). Die Zunahme des Ölver- vom ULI vorgenommen. Es wird auch ein (4) brauchs bei gleichzeitigem Anstieg der VMT Trendmonitoring dargestellt, wie z. B. für Das Post Carbon Institute PCI (Vehicles Miles Traveled)-Rate in den USA, Kalifornien, wo ein Abgleich zwischen den (www.postcarbon.org/) er- also der Relation zwischen zugelassenen GHG-Emissionszielen und den tatsächlich forscht, berät und aktiviert bzgl. klimarelevanter Entwicklungen, Fahrzeugen und zurückgelegten Entfernun- erreichten Werten stattfindet – eine Bilanz, insbes. in Städten. Es richtet gen pro Fahrzeug, wird zu Preissteigerun- die nicht positiv ausfällt (ebd.: 31). sich an Kommunen, Hochschu- len, Initiativen und die breite gen führen. Die Ölabhängigkeit bedeutet Nun lassen sich derartige Untersuchungen Öffentlichkeit. Zugleich vernetzt auch ein Sicherheitsrisiko. es Initiativen, NGOs oder kom- von vielen anderen Instituten auch ermit- munale Partner, so z. B. auch (6) Demographie: Das Wachstum der Be- teln. An erster Stelle zu nennen wäre hier das „Resilienz-Netzwerk“. völkerung bis 2050 wird ein städtisches das Post-Carbon-Institute in Santa Rosa, (5) Kalifornien, ein Vorreiter im Kampf gegen sein (sieben von zehn Menschen werden Ein direkter Nachweis des Zu- sammenhangs konnte nicht dann in städtischen Arealen wohnen). Re- den Klimawandel.4 Doch gerade das ULI geführt werden. Doch die gionale Migration folgt ökonomischen Ver- als weltgrößte Dachorganisation der Bo- Omnipräsenz des ULI in der Immobilienwirtschaft und die schiebungen zwischen Push- und Pull-Re- denbesitzer- und Immobilienwirtschaft gibt allgemeine Debatte über den gionen (der Süden der USA gehört zu den mit seinen Untersuchungen dieser Bran- Klimawandel in den USA und besonders in Florida mögen anziehenden Regionen). Demographische che Orientierungen für Investitionen und auf die Developer in Babcock Verschiebungen in Alter, Ethnie und Haus- finanzwirtschaftliche Anlagen. Sie decken Ranch einen Einfluss gehabt sich in vielen Aspekten mit denen des Post- haben. Vgl. auch: Urban Land haltsgröße werden neue Märkte kreieren Institute, 2001: Ten princip- und Gebiete in Gewinner sowie Verlierer Carbon-Institutes, doch erreichen sie die les for Reinventing America’s spalten (ULI 2008b: 8-13). Developer wirksamer. Dies mag auch ein Suburban Strips. Washington, insbes. S. 10-11. Hier wird das Hintergrund für die Developer in Florida Diese grobmaschigen Tendenzen werden Modell der dezentralen Kon- sein, ihr Projekt in einer sehr auf Nachhal- zentration für den Umbau des durch das Urban Land Institute mit einer Sprawl empfohlen – eine Blue- tigkeit ausgerichteten Weise zu gestalten.5 Vielzahl von differenzierten Analysen zur print-Vorlage für die Planung in Babcock Ranch. ökologischen, sozialen und wirtschaftli- chen Entwicklung in den USA untersetzt. (6) 3 Hightech-Gartenstadt: Babcock E-Mail vom 10. August 2011 an Ohne an dieser Stelle auf alle Einzelheiten Susanne Lang. Gary Nelson ist Ranch – Zero-Emission auf dem eingehen zu können, die für das Thema Senior Vice President für Plan- Papier ning & Development beim De- GHG-Emission bedeutsam sind, seien vor veloper Kitson & Partners Com- allem die Untersuchung zur geographi- munities: “Thank you for your Das ca. 70 km2 große Areal im südwestli- interest in Babcock Ranch. We schen Verteilung des CO2-Fußabdrucks in chen Teil von Florida, nahe der Stadt Fort have not started development den 100 größten Metropolregionen der USA yet and are actively planning Meyers mit dem internationalen Flughafen, our first phase of development. sowie der VMT-Index angeführt. ist noch unbebaut. Das weite, zu einem We do hope to start next year and have a grand opening ten- Beim „carbon footprint“ der großen Agglo- Teil geschützte Gebiet wird als Farmland tatively in January 2015 as we merationen zeigt sich ein direkter Zusam- genutzt. Hier soll aber in den nächsten Jah- have a lot of planning, enginee- ring and development work to menhang mit der Besiedlungs- und Subur- ren – voraussichtlich bis 20156 – eine öko- do.” banisierungstendenz: Die Schwerpunkte logische Musterstadt Platz finden, wie sie
Informationen zur Raumentwicklung Heft 5/6.2012 275 in den USA noch nicht gebaut worden ist: dem Begriff Smart City auf den Punkt. Eine die Hightech-Gartenstadt Babcock Ranch.7 Musterstadt nach Lehrbuch scheint hier Längst sollten sich Kräne drehen, aber die in den nächsten Jahren zu entstehen – ein Finanzkrise hat alles verzögert. Der Deve- Modell für die USA insgesamt. Die Stadt soll loper ist zuversichtlich, das ambitionierte aber auch ein Standort für die Solarindus Projekt doch noch auf den Weg zu bringen.8 trie werden und somit ein Zeichen setzen Das Projekt soll, anders als bei Civano, in für eine neue wirtschaftliche und ökologi- einem PPP-Modell zwischen Investor und sche Ausrichtung der USA. Staat Florida entwickelt werden. Inzwi- Dazu kommt eine flächensparende Bebau- schen ist noch eine Solarfirma mit in das ung des Areals, bei der 90 % des Landes als Projekt involviert. Bemerkenswert an dem Schutzgebiet offengehalten werden. Auch gesamten Vorgang ist zunächst, dass der in dieser Hinsicht soll das Projekt Maßstäbe Staat Florida das gesamte Gelände von den setzen. Dies hatte vor einem Jahrzehnt be- früheren Besitzern erworben hat, um weite reits der Disney-Konzern mit seiner Klein- Teile als Naturschutzgebiet auszuweisen. In stadt Celebration unweit der jetzt geplanten dieses Gelände soll das Projekt nun sensi- bel und mit größter Rücksichtnahme auf Stadt realisiert, wenngleich ansonsten dort den Naturschutz integriert werden.9 Damit wenige ökologische Maßnahmen umgesetzt wurde schließlich 2006 das größte Schutz- worden sind (Frantz/Collins 1999: 226–244). und zugleich Entwicklungsprojekt des Das Geschäft mit der Natur ist offenbar das Bundesstaates auf den Weg gebracht, un- Markenzeichen dieses Vorhabens. Es mag ter Einschluss des privaten Developers. Im sein, dass die Ökobilanz am Ende tatsäch- gleichen Jahr startete der Entwickler den – lich aufgeht und die Anlage einen deutli- öffentlich geführten – Designprozess für chen Beitrag zur Reduzierung der Treib- die Planung einer ganzen Stadt mit letztlich hausemissionen leisten kann. Noch ist alles ca. 45 000 Einwohnern und beabsichtigten Papier, das sehr anspruchsvolle und ambi- 20 000 Arbeitsplätzen. Diese sollen sich de- tionierte Maßstäbe setzt. Die Finanzierung zentral über vier Dörfer (mit urbanem Zent- des Naturschutzes über den Bau und die rum) und fünf Weiler verteilen. Vermarktung von Siedlungsgroßprojekten Der Plan mutet wie eine klassische Garten- lässt Zweifel ob der Nachhaltigkeit des ge- (7) stadt an, mit einem Hauptort, der deutlich samten Unterfangens aufkommen. Schutz Siehe dazu auch: www.bab- durch ein quersubventioniertes Geschäft cockranchflorida.com/ sowie urbanen Charakter tragen soll, und ver- http://en.wikipedia.org/wiki/ schiedenen Satelliten. Alles soll sich in eine kann auch dazu führen, dass – bei ent- Babcock_Ranch (2011-09-18). wasserdurchzogene Landschaft einfügen. sprechenden Renditeerwartungen – der Auf http://www.charlottecoun- tyfl.com/BCS/GreenBuilding/in- Im Hauptort soll sich auch eine Außenstelle Schutzstatus schrittweise zurückgedrängt dex.asp, dem propagandistisch der Florida Golf Universität ansiedeln. Dar- wird und sich alles als wohlklingendes Mar- groß angelegten “Greening”- Programm, gibt es Hinweise aus kann sich dann ein forschungsbasiertes keting entpuppt. Es kann aber auch anders auf das Babcock Ranch Pro- Solarcluster entwickeln. Ein zentrales Groß- kommen. jekt; außerhalb des von lee- county geförderten NSP Neigh- Solarkraftwerk (immerhin 75 MW Leistung, Babcock Ranch verspricht ein lukratives borhood Stabilization Program was zumindest für den Wohnanteil aus- Projekt zu werden. Es liegt in einer der http://nsp.leegov.com/Maps. html – ein Wiedernutzungspro- reichen dürfte) soll die gesamte Stadt mit prosperierendsten Regionen der USA. Seit gramm für Leerstände in Einfa- Elektroenergie versorgen. Weitere Solarsys- milienhausgebieten, um diese etwa 100 Jahren ist entlang der Küsten und teme sind geplant, die letztlich die Stadt für günstige Preise wieder an dann im Inneren der Halbinsel ein umfas- den Markt zu bringen, mit ge- zu einem Energieexporteur machen sollen: wissen sozialen Bindungen. sendes Siedlungsgebilde entstanden, das eine Energie-plus-Stadt. Die durchgängi- nur von den Everglades und anderen Natur- (8) ge Fahrradorientierung und umfassende 2005 hat der Investor Kitson schutzgebieten sowie militärischen Zonen & Partners den Projektbeginn Recycling-Technologien komplettieren das unterbrochen wird. Ein Vorgang spielte sich eingeleitet. Projekt. Schließlich werden alle Gebäude ab, der in den USA generell zu beobach- (9) des Projekts, so die Absicht, den höchs- 1990 verkaufte die Babcock- ten ist, aber in Florida besonders prägnant ten Green-Building-Standard erfüllen und Familie die Farm zunächst (als erscheint: „The City becomes the Nation“ Zwischenhändler) an einen selbst ein Symbol für eine grüne Hochtech- (Holzer 1996: 117–119; Kunstler 1994: 113– Football-Star Syd Kitson, der nologie darstellen. Die Nutzung des Smart dann alles an den Staat ver- 114). äußerte. Naturschützer sahen Grid, eines umfassenden medialen Vernet- gerade in diesem Gebiet einen zungssystems zur Steuerung der Energie- Die Dynamik Floridas resultiert aus einer wichtigen Baustein für die Aus- effizienz, sowie weitere Hightech-Kompo- beachtlichen Wirtschaftskraft (GEO 1997: bildung eines Naturschutzkorri- dors im zentralen Bereich der nenten werden Babcock Ranch prägen. Das 24 ff.; Brain 2002: 2). Mit fast 350 Mrd. Dol- ansonsten weitgehend subur- Ziel bringen die Autoren und Entwickler mit lar Bruttoinlandsprodukt würde Florida auf banisierten Halbinsel.
276 Harald Kegler: Der US-amerikanische Ansatz CO2-freier Städte Masterpaln Babcock Ranch Community, 2010, Kitson & Partners Quelle: Babcokranchflorida.com
Informationen zur Raumentwicklung Heft 5/6.2012 277 Platz 18 in der Skala einer weltweiten Natio nenwertung einnehmen. Der Tourismus, zunehmend aber auch Finanzdienstleistun- gen und Hightech spielen dabei eine we- sentliche Rolle. Mit etwa 16 Mio. Einwoh- nern ist Florida der viertgrößte Bundesstaat der USA (gemessen an der Bevölkerungs- zahl). Die Bevölkerung lebt auf 150 000 km² und erfährt täglich einen Zuwachs von 900 Menschen (1950 lebten auf der Halbinsel noch 2,8 Mio. Menschen). Dies entspricht einer Einwohnerdichte von etwas mehr als 100 Ew./km2 – ein geringer Wert, der nur aus der für den Sprawl typischen weiträu- migen Verteilung der Bewohner in Einfami- Suburban Florida lienhäusern resultiert. Foto: Harald Kegler Das explosionsartige Wachstum der städ- tischen Räume verläuft überwiegend in Weltkrieg auf die Hälfte reduziert. Die Was- Gestalt des Urban Sprawl. Fünf der größ- serversorgung des Großraums Miami lief ten Städte Floridas gehören heute zu den Gefahr zu kollabieren (GEO 1997: 96; Bos- „TOP 20“ der Hit-Liste der sich am stärks- well 2002). Dies alarmierte die Behörden ten in die Landschaft ausbreitenden Urban und die Öffentlichkeit. Wassermangel auf Sprawl Areas in den USA.10 So wuchsen von der einen Seite und Überflutungen wegen 1990 bis 1996 die Einwohnerzahlen von Or- ungenügender Absorptionsflächen für die lando um 28 % und die zersiedelte Fläche Wassermassen, die jährlich durch die Hur- um 68 %. In Pensacola im Nordwesten sieht rikans und Stürme der Regenzeit herange- dieses Verhältnis noch gravierender aus: Bei bracht werden, auf der anderen Seite ließen ähnlichem Bevölkerungswachstum vergrö- eine Kurskorrektur der Wasserpolitik reifen. ßerte sich diese „Stadt“ um 95%. Seit gut So konnte dieses Gesetz zur umfassenden einem Jahrzehnt hat sich der Schwerpunkt Renaturierung und zur Fixierung von Gren- zen der Ausbreitung der Siedlungsfläche zusätzlich in den südwestlichen Teil und verabschiedet werden. an die Golfseite verlagert, mit dem Schwer- punkt zwischen Tampa und St. Petersburg In diesem Zusammenhang entstand die sowie Fort Myers (Bruegmann 2005: 62). Frage nach einer neuen Art der Siedlungs- Die Einwohnerdichten dort zählen zu den weise, die auf die natürlichen Grenzen des geringsten in den USA, diese Gebiete damit Wachstums reagieren kann, also natursi- zu den vergleichsweise stark suburbanisier- cherndes „inneres Wachstum“ ermöglicht. ten Arealen. Der Suburbanisierungsgrad Bei einem anhaltenden Zustrom von Men- der Flächen, die an den Küstenzonen über- schen, vor allem auch Pensionären, und haupt noch bebaubar sind, erreicht so die einem immer weniger verfügbaren Sied- Grenze des Machbaren. lungsraum entsteht die Notwendigkeit des Umbaus der vorhandenen Bereiche und Umbruch im Wachstum – Grenzen und der Verdichtung. „Areas in Transition“ lautet Qualitäten der Ansatz, der mit über 60 Projekten erste Diese sich in den 1980er Jahren abzeich- praktische Umsetzung erfährt (Brain 2005: nende Situation erreichte allmählich auch 9-14). Allerdings stehen diese Projekte einer Vielzahl konventioneller Projekte gegen- die Politiker des Staates Florida. 1994 wur- über, die immer noch wachsen. Dennoch de dann ein denkwürdiges Jahr für die bis darf die Symbolwirkung nicht unterschätzt dahin ungebremste Wachstumspolitik. Der (10) werden, die Vorhaben im Sinne der Nach- Die Region Miami-Fort Lau- Staat beschloss den „Everglades Forever haltigkeit langfristig für den Markt setzen. derdale-Miami Beach nimmt Act“, ein Gesetz zur Renaturierung insbe- mit ca. 5,4 Mio. Einwohnern sondere des Wasserreservoirs der Halbinsel. Das atemberaubende Wachstum der Städ- den elften von 20 Plätzen in der Liste der Metropolregionen Unter dem Druck der wachsenden Bevölke- te und des Tourismus veranlassten die der USA ein (http://geography. rung und des Touristenansturms, aber auch staatlichen Behörden Anfang der 1970er about.com/od/lists/a/csa2005. htm); siehe auch: www.peak- der Ausbreitung der Siedlungsfläche wur- Jahre, sich mit den ersten Folgen der un- bagger.com/pbgeog/histmetro- den die Everglades vor allem nach dem 2. gebremsten Zersiedlung zu beschäftigen. pop.aspx.
278 Harald Kegler: Der US-amerikanische Ansatz CO2-freier Städte Vor allem der Verlust von Farmland und aktivierung des Stadtzentrums als alternati- ein steigender Wasserverbrauch waren die vem Wohnort in die Wege zu leiten, begann Gründe für Gesetzesvorhaben und Regula- die Stadt Naples mit dem Erneuern der tionsinitiativen. Der Gouverneur von Flo- Mainstreet in Downtown als Ankerprojekt rida, Askew, berief 1971 eine Gruppe von für eine Umkehr der Stadtentwicklungspro- 150 Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Po- jekte (Reiser 2001: 43–45). litik, Wirtschaft und Umweltbewegungen Florida gehört wie der Sunbelt zu den at- als Mitglieder in die „Water Management in traktiven, anziehenden Gebieten in den South Florida Commission“. Diese Gruppe USA. Doch anders als in Arizona oder Texas, verfasste noch im gleichen Jahr den ersten ist Florida bereits weitgehend zersiedelt. umfassenden Umwelt-Plan der USA für den Nur wenige Areale stehen überhaupt zur gesamten Bundesstaat, in dem ein bis zum Verfügung, um den immer noch anhalten- Jahr 2000 reichendes Schutzprogramm für den Zuzug zu verteilen. Dieser scheint auch gefährdete Landschaften und Wasserres- in den nächsten beiden Jahrzehnten unge- sourcen dargestellt wurde (Brain 2002: 1–4, brochen anzuhalten – vor allem nach Süd- insbes. 2–3). florida: Es wird ein Zuwachs um ca. 2 Mio. Diesem Vorhaben folgte 1975 ein Gesetz Einwohner erwartet (Brain 2002: 2). Um zur Landesplanung, das jede Stadt und je- diesen Ansturm zu kanalisieren, kommt den Bezirk veranlasste, einen Plan für den nun offenbar dem Umgang mit den Schutz- Schutz von sensiblen Landschaften, der gebieten – soweit sie überhaupt bebaubar wichtigsten Flächennutzungen und vor al- erscheinen – eine Schlüsselrolle zu. Ohne lem des Managements des Wachstumspro- deren Schutzcharakter aufgegeben zu ha- zesses zu erstellen. Kernelemente dieser ben, ist inzwischen deutlich geworden, wel- Pläne waren die Festlegung von Grenzen che enorme Bedeutung diese Gebiete für für das maximale Wachstum der Siedlungs- die Erhaltung des ökologischen Gleichge- fläche. Diesen ersten, kaum wirkungsvollen wichts, insbesondere hinsichtlich des Was- Versuchen, das Wachstum zu lenken, folg- serhaushalts, aber auch zur Reduzierung ten in der 1990er Jahren Initiativen für ein der Treibhausemissionen haben (New York „Sustainable South Florida“ (Peirce/John- Times 2001: A16). son 2002: 17–19). Florida wurde zu einem Babcock Ranch könnte somit zu einem Vorreiter für eine qualitative Änderung der Präzedenzfall werden. Mit dem auf High- Wachstumspolitik (Calthorpe/Fulton 2001: tech basierenden Projekt wird der techno- 185–188). logische Weg zur Mitigation gewählt, unter Alle Planungen in Florida, die nicht einem der Maßgabe einer Dezentralisierung der weiteren Fortschreiten des konventionellen Ver- und Entsorgung. Das Projekt stellt die Subdivision-Sprawl frönen, sondern nach Technologien auch in den städtebaulichen verdichteten, nicht so stark autoabhängigen Animationen in den Vordergrund. Das Ur- und urbaneren Lösungen suchen, sehen ban Design ist eher konventionell modern, sich in einer Tradition der Planwerke für die ohne besondere gestalterische Akzente. Ob Stadtlandschaft von John Nolen. Er entwarf dies letztlich zu Problemlösungen führt, sei 1922 den ersten Gesamtplan für das „Eden dahingestellt. Florida“, der letztlich weite Teile des Staates in ein landschaftliches Paradies verwandeln sollte (Stephenson 2002: 5–8). In St. Peters- 4 Ökologische Mustersiedlung mit burg, Venice, Naples oder in Coral Gables/ hohem Designniveau: Civano in Miami ist einiges dieser weitreichenden, in der Wüste der Tradition der Europäischen Gartenstadt stehenden Planungen umgesetzt worden. Der vor etwa 15 Jahren eingeleitete Pla- Bereits 1977, also weit vor der Gründung nungs- und Bauprozess für eine Siedlung des Congress for the New Urbanism (1993), am Rande der Großstadt Tucson in Arizona entschloss sich die Stadtregierung von Ve- markierte zu dieser Zeit eine Besonderheit. nice nicht nur Nolen ein Denkmal zu setzen, Diese Siedlung fiel aus dem Rahmen des sondern – diese ursprüngliche Idee wieder üblichen Sprawl-Siedlungsbaus in den USA, (11) reaktivierend – einen Gesamtplan gegen sie stellt auch aus internationaler Sicht et- Zu allen Angaben über die Siedlung vgl. www.terrain.org/ die Ausbreitung des Sprawl zu starten. Den was Besonderes dar (vgl. Bodenschatz/ unsprawl/5/ (2011-09-18) komplementären Versuch, nämlich die Re- Kegler 2000: 48–5011). Sie ist auf den ersten
Informationen zur Raumentwicklung Heft 5/6.2012 279 Blick keine Öko-Siedlung, keine Anlage mit denjenigen Attitüden, die derartige Anlagen gemeinhin ausmachen: keine Solaranlagen, kein Windrad, keine Selbstversorgergär- ten, keine gesonderten Fahrradtrassen usw. Das Design der Siedlung setzte auf andere Aspekte. Am 16. April 1999 wurde der ers- te Bauabschnitt eingeweiht, begleitet von einem Grußwort des damaligen Vizepräsi- denten Al Gore: „Ich mochte den Partnern der Stadt Civano, dem Bürgermeister Miller und der Stadt Tucson gratulieren, dass sie uns zeigen, dass der Traum des 19. Jahr- hunderts im 21. Jahrhundert Wirklichkeit wird.“ Noch ganz getragen vom Pioniergeist Suburban Sunbelt der Besiedler des neuen Kontinents, rich- Foto: Harald Kegler tete Gore diese emphatischen Worte an die Wegbereiter einer neuen Art der Besiede- die Siedlung als ein Modell der Nachhaltig- lung des Westens. Nunmehr sollte es nicht keit eines neuen „Way of Life“ vermarktet. schlechthin um die Eroberung des Landes Im Zentrum stand die Überlegung, eine gehen, sondern um die neue Art dieser In- Kombination von verschiedenen techni- besitznahmen, nämlich einer der Nachhal- schen Elementen nachhaltiger Siedlungs- tigkeit verpflichteten Bebauung. entwicklung vorzunehmen: aktive und passive Sonnenenergienutzung, alternative Civano liegt am südöstlichen Rand von Baumaterialien – vor allem Stroh und Re- Tucson, nahe der mexikanischen Grenze. cyclingbaustoffe, Wassersparausrüstungen Die enorm wachsende Stadt zählt mehr als (12) sowie ein rationales Flächenmanagement Unter den Technologie-Polen 700 000 Einwohner. Sie liegt im prospe- und eine konsequente Fußläufigkeit, ver- der USA rangiert der Südos- rierenden „Sunbelt“ des amerikanischen ten ebenfalls auf den vorderen bunden mit baulich-funktionalen Ange- Rängen – durchaus ein Indi- Südwestens. Hier konzentrieren sich die boten für das Entstehen sozialer Vielfalt. kator für die Anziehungskraft neuen Industrien der Hightech-Branchen, dieser Region für die jungen, Damit gehörte die Siedlung Civano zu den der Rüstung und Raumfahrt, aber auch des qualifizierten Kräfte, die zudem beiden einzigen von der Regierung 1999 eine besondere nachfrage- Vergnügens und der Unterhaltung, deren Klientel im Wohnungssektor anerkannten „sustainable communities“ in bekannteste Zentren zwischen Houston darstellen; vgl. Florida, R., den USA und zu den sechs von der Bundes- 2005:Cities and the Creative und San Diego liegen, wie z. B. Phoenix, Las regierung unterstützten Projekten im Rah- Class. New York, S. 138 sowie Vegas oder aber zunehmend auch Tucson. auch www.demographia.com/ men des PATH-Programms (Partnership for db-canwusua.htm. Tucson ran- Diese Orte erhielten im Regionen-Ranking Advancing Technology in Housing). giert auf Platz 16 der Regionen der Attraktivität für die sog. Kreative Klasse über 500 000 Einwohner, womit seit 1999 stets einen Platz unter den ersten Die Idee zu einer Solar-Siedlung in Tucson die geringste Dichte in dieser Klasse ausgewiesen wird, d. h. 50 bzw. 15 von den betrachteten 268 Regio entstand bereits um 1980 und wurde vom der größte Sprawl-Anteil. nen in den USA (Florida 2002: 237–239, damaligen Gouverneur von Arizona mas- (13) 24412). siv gefördert. Dennoch nahm sie erst 1995 Auch www.texasclimate.org/ konkrete Formen an, als sich Enthusiasten ClimateChange/WestTexas/ Doch zugleich gehört gerade dieser Raum tabid/437/Default.aspx weist der Gemeinde Civano, der Stadt Tucson, den Gürtel zwischen Central der USA zu den am stärksten zersiedelten Architekten des CNU und der bundesweit California und West-Texas als Gebieten – und dabei enorm weiterwach- einen der klimatischen Hot- agierende Baufinanzierer Fannie Mae zu- Spots nach. Siehe dazu www. senden suburbanen Arealen in den USA sammentaten und den Planungsprozess progress.org/sprawl/ und das (Holzner 1996: 117–119). Der Großraum Sprawl Information Center un- starteten. Entscheidend war das Engage- Phoenix, zu dem auch Tucson zählt, gehört ter www.postcarbon.org. ment von Fannie Mae, 5 Mio. Dollar in den folgerichtig zu den „Hot-Spots“ der USA, (14) ersten Bauabschnitt über seinen American Diese Einschätzung wie auch also den Orten mit den höchsten CO2-Emis- Community Fund (ACF) zu investieren, ein die Hintergrundinformationen sionen (Diffenbaugh/Giorgi/Pal 200813). basieren auf Aussagen eines Fonds, der für ökologisch innovative und der planenden Architekten, Diesen Widerspruch aufzulösen, schickten zugleich komplizierte Finanzierungsprojek- Stefanos Polyzoides, Pasade- sich die Planer und Developer mit dem Bau te flexibel eingesetzt werden kann. Aus heu- na, die er dem Autor bei einem Gespräch am 11. Juni 2005 in von Civano an. Es sollte eine neue Verbin- tiger Sicht ein ökologisch positives Wagnis, Pasadena darlegte.werden re- dung von Leben im „Stadt-Land“ und eine das jedoch von den ansonsten spekulativ gelmäßig Monitoringberichte veröffentlicht, die tendenziell Einbindung in die Natur gelingen, wovon ausgerichteten Fonds dieses Marktführers bestätigen, dass die avisierten Gore offenbar träumte. Folgerichtig wird in ein Risiko gezogen wurde.14 Ziele erreicht wurden.
280 Harald Kegler: Der US-amerikanische Ansatz CO2-freier Städte len (vorrangig aus natürlichen Materialien) ergeben sich deutliche klimarelevante Vor- züge dieser Siedlung. Dabei ist sogar bei dem Anteil von ca. 20 % sozialer Wohnun- gen, die durch Quersubvention finanziert werden, ein wirtschaftlich erstaunliches Er- gebnis erzielt worden. Die Planung für den Bau der Siedlung der ersten Nachbarschaft begann im Septem- ber 1996 mit einer Charrette, an der die drei Büros Moule & Polyzoides aus Pasadena, Kalifornien, Duany/Plater-Zyberk aus Mia- mi, Florida, und Wayne Moody aus Tucson, Arizona, beteiligt waren. In der Charrette, Civano: Pueblo-Bauweise einem vielfach erprobten Instrument für Foto: F. Roost effiziente und öffentliche Planungen, ent- standen in wenigen Tagen die Grundzüge Civano sieht vier Nachbarschaften für 2 600 des „Regulating-Plan“ (Masterplan) und die Familien vor, das sind etwa 10 000 Einwoh- Bautypologie, der „Civano-Code“, ein Mus- ner auf einer Fläche von ca. 465 ha. Die terbuch mit den Elementen der städtebau- damit gegebene Dichte von 2 150 Ew./km2 lichen Regulation. fällt also für einen suburbanen Bereich sehr Civano wurde also nicht als eine der übli- hoch aus. 35 % des Areals sind öffentlichen chen endlosen Aneinanderreihungen von Nutzungen vorbehalten, was ebenfalls un- Einfamilienhäusern geplant, sondern nach typisch ist für amerikanische suburbane dem Modell der amerikanischen Klein- Gebiete. Auf ca. 10 % der Fläche sollen sich stadt mit ihren klaren Randausbildungen, kommerzielle und industrielle Einrichtun- baulichen Höhepunkten in den Zentren, gen ansiedeln. Den Kern dieses wirtschaft- den Sicht- und Funktionsbeziehungen so- lichen Standbeins der Siedlung bildet ein wie dem Netz öffentlicher Räume. Damit 25 ha umfassendes Umwelt-, Technologie- hat die Siedlung per se einen geringeren und Geschäftszentrum (kein Shoppingcen- Ausstoß an Treibhausgasen als der Durch- ter!). Dieses ist allerdings nur in Ansätzen schnitt in den USA. Sie ist aber immer noch realisiert und wurde auf den Gesundheits- autoabhängig, auch wenn die Fußläufigkeit bereich orientiert. ermöglicht wird. Bemerkenswert erscheint Die Siedlung weist eine Staffelung von Ein- vor allem die Bauweise. Sie ist vornehmlich familienhäusern unterschiedlicher Stan- auf Lowtech gegründet und damit weniger (15) dards auf, die von einfacher Ausführung anfällig an klimatische Störungen. Die Ar- Auf www.civanoneighbors.com – mit Preisen zwischen 90 000 und 200 000 chitektur orientiert sich an der für diese Kli- werden regelmäßig Monito- ringberichte veröffentlicht, die Dollar (je nach Größe) bis zu Häusern mit malage angepasste Pueblo-Baustrukturen. tendenziell bestätigen, dass die besonderen ökologischen Standards rei- Ihre Herstellung allein vermindert die CO2- avisierten Ziele erreicht wurden. chen, für die zwischen 100 000 und 300 000 Emission. (16) Dollar bezahlt werden müssen. Diese Probleme zeigten sich Die Anlage kann als ein Meilenstein auf bereits frühzeitig, wie eine Mai- lantwort von Andres Duany, Die Grundrisse der Wohnungen sind dem dem Wege zur Null-Emissions-Stadt an- dem anderen Planer der Sied- Klima angepasst, wodurch bis zu 50 % we- gesehen werden. Sie zeigt aber auch die lung, bereits vom 17. Oktober niger Energie für Klimatisierung verbraucht Grenzen dieses Modells: Die Vermarktung 2001 bestätigte: “I think that I listed it as one of the best at wird als bei vergleichbaren Siedlungen, be- der Bauten geriet im Zuge der Immobilien- environmental response. Sad zogen auf den Stand 1995.15 Mehr noch: Die krise ins Stocken, ein Wechsel im Manage- to say, Stef and I, and all the designers lost control at one erzielten Werte im Energie- und Wasserver- ment brachte Modifikationen im Konzept, point and the engineers BADLY brauch liegen jeweils deutlich unter dem die eine partielle Rücknahme von gestalte- mangled the infrastructure. But it will get better; it is still a teen- Durchschnitt der Vergleichswerte der Stadt rischen und ökologischen Qualitäten mit ager. The person currently in Tucson (bis zu 50 %). Die elektrische Ener- sich brachten. Die Anfälligkeit dieses Fi- charge, for the first time in the gie wird über integrierte Solarsysteme er- nanzierungs- und Baumodells konnte nicht history of the project, is a very good man. Remember TIME. zeugt und über ein separates internes Netz überwunden werden.16 Letztlich aber bleibt Urbanism is like a game; it can verteilt. Gepaart mit natürlichen Kühlungs- die Frage, warum sich ein offenkundig er- catch up and win. Remember that Charleston was once a systemen, besonders wärmeeffizienten folgreiches Modell nicht massenhaft durch- mosquito-infested hellhole.“ Fenstern und wärmeabweisenden Bautei- setzen konnte – Civano ist immer noch
Informationen zur Raumentwicklung Heft 5/6.2012 281 ein Sonderfall. Die außergewöhnlichen Anstrengungen, die von Akteuren der öf- fentlichen Hand, von Developern und Pla- nern notwendig sind, selbst wenn sie keine zusätzlichen Finanzen benötigen, um ein solches Ergebnis zu erreichen, behindern offenbar die Verbreitung dieses Modells. Am konventionellen Markt lassen sich ein- facher und schneller Gewinne erzielen. 5 Planvolles Chicago: die erste „Null-Emissions-Stadt“ In Chicago kulminiert ein paradigmati- scher Wandel der Stadt- und Verkehrspoli- tik (Kegler 2010). In keiner anderen Region ist in den letzten zehn Jahren ein derart dichtes System von Planwerken zur lang- Chicago: Blick auf den Loop, der Downtown fristigen Stadt- und Regionalentwicklung Foto: Harald Kegler erstellt worden wie im Großraum Chicago. Die Stadt- und Regionalverwaltungen erar- beiten diese Pläne mit dem steten Verweis auf die große Tradition in der umfassenden ordnet, also jenen Arealen, die sich durch Planung, die mit dem Burnham-Plan von erhöhten Sprawldruck auszeichnen. Die- 1909 eine Kultur der weitreichenden Pla- se Knoten werden zudem mit einer neu- nung begründet hat. Die Planungen sind en Ringbahn und Radialen insbesondere sehr komplex angelegt, beziehen sich in ih- nach Süden erschlossen. Ergänzt wird ren Zielaussagen explizit auf die stringente dieses schienengebundene System durch GHG-Reduzierung, die letztlich eine „CO2- Lückenschlüsse im Highway-System (mit freie“ Stadt werden solle.17 moderatem Ausbau) und intermodalen Zentren (Infrastrukturverbünde Schiene- Die Stadt hat sich in dem „Greenhouse Gas Straße-Luftverkehr) (Johnson 2001: 142– Reduction Plan“ sich das Ziel gestellt, bis 144). Dieser regionale Umbauplan stellt die 2050 eine „Zero-Emission“ Stadt zu wer- räumliche Entsprechung für die technolo- den (McGrawl/Haas/Young et al. 201018). giebezogene GHG-Reduzierung in den „da- Angesichts der heutigen Situation scheint rüber liegenden“ Planungen dar. ein solches Ansinnen fast utopisch zu sein, Eingehende Untersuchungen zur Verteilung doch ohne ambitionierte Absichten kann der GHG-Emissionen in der Region bilde- ein global erforderliches Ziel nicht erreicht ten die Grundlage für die Strategie der „Ab- werden. Es ist zugleich ein Signal innerhalb sorption“ des Sprawl. Dieser ist der Haupt der USA. Dieses Ziel ist räumlich durch die emittent der CO2-Gase (CNT, zit. nach ULI Strategie des stadtregionalen Umbauplans 2008a: 46). In diesem gesamten Feld der Metropolis 2020 und des Regionalplans komplexen Planwerke stechen zwei heraus, bis 2050 untersetzt (Chicago Metropolitan die den Fahrplan für die „CO2-freie“ Stadt Agency for Planning 2010). Die Strategien ausweisen: sehen u. a. vor, dass die Ausbreitung des Sprawls „aufgesogen“ werden soll und sich • „Emission Inventories and Reduction die Sprawlfunktionen (Wohn-, Gewerbe,- Strategies for Chicago and its Metropoli- Dienstleistungssprawl) in sog. „Intermodal tan Region” sowie Villages“ konzentrieren soll, den verdich- • „Towards Zero Carbon – The Chicago teten Vororten, die zugleich Kreuzungs- Central Area DeCarbonization Plan”. (17) punkte des öffentlichen Regionalverkehrs CO2-freie Stadt meint CO2- an Grünkorridoren sind. Damit werden die Beide Strategien bzw. Pläne wurden in neutrale Stadt, anderes wäre physikalisch unmöglich. alten autobezogenen „Edge Cities“ abgelöst. jüngster Vergangenheit erstellt (2010 bzw. Im Plan sind bisher 23 solcher „Intermodal 2011) und krönen die integrierten Plan- (18) Siehe zum Chicago-Climate- Villages“ vorgesehen. Sie sind vorrangig den werke für die Stadt und Region aus dem Exchange-Programm auch Gebieten des kritischen Wachstums zuge- Beginn des zurückliegenden Jahrzehnts. www.chicagoclimatex.com
282 Harald Kegler: Der US-amerikanische Ansatz CO2-freier Städte Gill 201120). Ausgangspunkt war die Absicht der Eigentümer des Sears (Willis)-Towers, diesen klimaneutral umzubauen. Ausge- hend davon weiteten die Architekten das Vorhaben auf den gesamten Loop aus, weil das Fokussieren auf nur ein Bauwerk letzt- lich keinen Effekt bringen würde. Daraus entstand dann ein sehr breit gefächerter Plan, vom Urban Design bis zu technolo- gischen Lösungen für Abfall-Recycling rei- chend – eine Vision für Chicago-Downtown im 21. Jahrhundert (ebd.: 9–5). Dieser am- bitionierte Plan enthält ebenfalls konkrete Projekte und Maßnahmen, die z. T. durch staatliche Programme flankiert bzw. an- geregt werden. Vor allem aber wird dieses Ziel durch private Investoren zu realisieren sein. Zwar erhalten in dem Plan die Tech- nologien einen herausragenden Stellenwert, jedoch wird dabei – vor allem beim Thema Energie – nicht nur auf den Einsatz erneu- Chicago: Willis (Sears) Tower, eines der Leitpro- erbarer Energien gesetzt, sondern zugleich jekte im DeCarbonization Plan die „Philosophie“ verändert: Dezentralität Foto: Harald Kegler und Effizienzsteigerung werden verknüpft Während letztere als rahmensetzende Initi- (ebd.: 210). Da mit dem Initialprojekt, dem ativen der Verwaltung, Wirtschaft und Poli- Umbau des Willis-Towers begonnen wird, tik ausgingen, wurden die GHG-Planungen stehen die Chancen nicht schlecht, dass von zivilgesellschaftlichen Initiativen bzw. zumindest Teile der hochfliegenden Plä- privaten Unternehmen und Architektur- ne umgesetzt werden. Chicago ist mit den büros erstellt – natürlich in Partnerschaft GHG-Reduzierungsstrategien – im Sinne mit der Verwaltung und zahlreichen Spon- von Mitigation – ein Vorreiter in den USA. soren und Mitwirkenden. Beide Planungen Hier wird langfristig wirklich an der „Null- sind handlungsorientiert und unterbreiten Emissionsstadt“ gebaut. konkrete Maßnahmen sowie Projekte. Ihre Ziele sind normativ und zeitlich gestaffelt. So orientiert der regionale Plan auf die Ziel- 6 Resilient Los Angeles: eine Mega marke von 6,5 Mio. t GHG im Jahr 2050, bei stadt wird aus der Krise zum Modell einer Ausgangsgröße von 36,2 Mio. t GHG im Jahr 2005 (McGraw/Haas/Young et al. Was passiert, wenn es zum klimabedingten 2010: 17–19). Die Maßnahmen konzentrie- Kollaps kommt? Es kann wohl durchaus in ren sich auf die drei zentralen Bereiche mit Erwägung gezogen werden, dass es zu mas- den größten GHG-Emissionen: Elektrizität, siven sozialen Konflikten kommen wird, Verkehr und Heizung/Kühlung. Dafür wer- ganz abgesehen von globalen Auswirkun- den jeweils konkrete Schritte und Schwer- gen, wenn die USA keinen Weg finden, sich punkte sowie Partner benannt, die an der aus der Falle des „American Way of Life“, Umsetzung mitwirken. Flankiert wird dieser der vollständigen Abhängigkeit vom Öl und Plan durch private Initiativen zu einem re- der ungebremsten Konsumtion von Flä- (19) gionalen Emissionshandel.19 chen, Wasser und anderen Basisressourcen Nähere Informationen siehe zu befreien. www.chicagoclimatex.com Beim DeCarbonization Plan handelt es sich um einen dezidiert städtebaulichen Los Angeles wird in der Literatur (Fulton (20) Smith war leitender Architekt Plan, der das gesamte und sehr komplexe 2005: 310 f.) als das erste Beispiel genannt, bei SOM, die u.a. das höchste Feld der GHG-Reduktion letztlich bis 2030 das es geschafft hat, sich nach einem von Gebäude der USA, den Sears- Tower (heute Willis-Tower) ge- auf „Null“ fahren will. Das Architekturbüro Menschen gemachten Desaster wieder zu plant hatte. Er zeichnete, dann Adrian Smith + Gordon Gill (Chicago) erar- erneuern. Dies war kein vorhersehbarer nicht mehr bei SOM tätig, ver- antwortlich für den Entwurf des beitete das Planwerk, das sich auf den sog. Prozess, wird jetzt aber als ein Beispiel be- höchsten Gebäudes der Welt, Loop bezieht, also die Kernstadt mit der wertet, von dem gelernt werden kann. Es den Burj Khalifa in Dubai. größten Hochhauskonzentration (Smith/ handelt sich also um die komplementäre
Informationen zur Raumentwicklung Heft 5/6.2012 283 Seite der nachhaltigen Entwicklung und der damit zu erreichenden Reduzierung der GHG-Emissionen. Damit komplettiert sich auch die strategische „Dreieinigkeit“ von Adaptation, Mitigation und Resilienz als Schlüssel für eine ganzheitliche und effek- tive, aber durchaus auch marktgetragene und letztlich CO2-freie Stadtentwicklung. Vom 29. April bis 2. Mai 1992 brannten gro- ße Teile der Downtown nieder. Es war kein Erdbeben, es waren die größten sozialen Unruhen, welche die Stadt je erlebt hatte. Das Epizentrum lag im Umfeld von Bunker Hill, des Gründungsorts von Los Angeles (Laris 2004: 57–61). Diese soziale Eruption erschütterte nicht nur die Stadt, sondern markierte zugleich eine Zäsur in der Pla- nungspolitik der Stadtregion. Los Angeles war im Laufe des 20. Jahrhun- derts zu einer der wichtigsten ökonomi- Los Angeles: Resilient City – Die existenzielle Krise ist überwunden, doch der Weg zu einer dauerhaft tragfähigen Entwicklung ist noch sehr weit schen Zentren und Megastädte der USA Foto: Harald Kegler aufgestiegen (Loomis/Ohland 2005: 19 ff., 74 ff.21). Hier ballten sich Unternehmen Komplex beherbergte (Schrader/Wiegandt der Öl-, Auto- und Luftfahrtindustrie. Der 2011: 64 f.). Bunker Hill begann erneut zu Großraum Los Angeles wurde zu einem veröden – Brachen, Parkplätze und ohren- Schwerpunkt der Rüstungsindustrie, aber betäubender Verkehrslärm verdrängten die auch der Film- und Freizeitindustrie. Im letzten Anwohner. Zugleich mehrten sich Laufe dieser industriellen Modernisierung die Obdachlosen. Die alte Stadtmitte wur- wurde, neben der exorbitanten Auswei- de von den weißen Mittelschichten aufge- tung des Sprawl und dem Ausbau des Au- geben. Dieser Prozess gewann an Dynamik, tobahnnetzes in der gesamten Stadtregion, als nach dem Ende des Kalten Krieges Ab- auch der zerstörerische Umbau der Kern- rüstungsmaßnahmen griffen. Zahlreiche stadt eingeleitet, der besonders Bunker Hill Rüstungsbetriebe wurden geschlossen oder betraf. Dieser oberhalb des imposanten verlagert. Die Krise der gesamten Stadtre Rathauses gelegene Hügel war vor 100 Jah- gion eskalierte. Sie betraf vorrangig die ren ein beliebter Wohnort für die höheren wenig qualifizierten Arbeitskräfte, zumeist Schichten. Nach dem 2. Weltkrieg trat er Farbige. Ein rassistisch gefärbtes Gerichts- allerdings in den Schatten der neu angeleg- urteil im Frühjahr 1992 ließ dann den „sozi- ten, randlagigen Einfamilienhausareale wie alen Vulkan“ ausbrechen. Er entlud sich mit z. B. „Panorama City“ (Hise 1997: 195–208). ungeahnter Gewalt. Weite Teile der Kern- stadt gingen in Flammen auf, regelrechte Etwa Mitte der 1960 Jahre startete die Stadt- Straßenschlachten tobten, wie wir sie nur verwaltung eine Radikalkur für diesen – aus aus Kriegsgebieten kennen. Sicht der Verwaltung und Stadträte – be- sonders unansehnlich gewordenen Stadt- Die Stadtregierung antwortete auf diesen teil. „Clearance“ hieß die Parole, bei uns als Ausbruch der Gewalt nicht nur mit Not- Kahlschlagsanierung bekannt. Tatsächlich maßnahmen und Sozialprogrammen, son- wurde das gesamte Gebiet komplett abge- dern auch mit einer Kehrtwende in der Po- rissen. Der Autobahnring um die Altstadt litik für die Stadtmitte. Statt allein auf die (21) wurde geschlossen, eine Querspange durch Marktkräfte zu setzen, sollte nun eine plan- Hier wird ein Gesamtüberblick das Gebiet geschlagen und erste Parkhäuser volle Umgestaltung unter Nutzung von star- zur Geschichte der Stadtre- gion sowie zu den Planungen sowie (wenige) Bürohäuser wurden gebaut. ken Marktakteuren eingeleitet werden. Ein und Umbauvorhaben gegeben. Die Entwicklung verlagerte sich in den erstes Instrument waren „Flaggship-Projek- Zum Umbau von Bunker Hill und Downtown sind besondere profitableren Südteil der Downtown, nach te“ wie z. B. Gehrys Disney Music Hall. Ab Ausführungen gemacht wor- South Park. Hier entstand als erstes in den 1999 wurde mit dem „Adaptive Reuse Or- den, die die Grundlage für die hier getroffenen Aussagen bil- 1970er Jahren das Convention Center, wel- diance“ diese strategisch ausgelegte Kern- den. Siehe auch http://onbun- ches später den Sport- und Entertainment stadtplanung sanktioniert. kerhill.org/taxonomy/term/75.
284 Harald Kegler: Der US-amerikanische Ansatz CO2-freier Städte Los Angeles/Pasadena Del Mar Station: Halte- Los Angeles: Robert Redford Building/das punkt der neuen Stadtschnellbahn gemischt genutzte Bauwerk besitzt den höch- Foto: Harald Kegler sten LEED-Standard in den USA und firmiert als GHG-neutrales Gebäude Foto: Harald Kegler Um diesen Prozess zu steuern, vor allem Diese Themen entstanden in einem breit aber auch, um eine Gesamtstrategie für den angelegten öffentlichen Workshop-Prozess Großraum Los Angeles zu gewinnen, wur- (spezielle Charrettes). Im Ergebnis waren ca. de ab 2000 ein systematischer Planungs- 100 Pläne für die Themen, Teilregionen und prozess begonnen, der den nachhaltigen für den gesamten Planungsraum entstan- Umbau der Stadtregion Los Angeles zum den.23 Ziel hat. Dafür schlossen sich die 191 selb- Im Jahr 2008 entstand auf der Grundlage ständigen Kommunen des Großraums Los des „Compassblueprint“-Plans der Com- Angeles zur größten Planungsorganisation prehensive Plan als rechtsverbindlichem der USA, der SCAG (Southern California Planwerk.24 Überlagert wird dieser räum- Association of Governments) zusammen.22 lich-funktionale Plan durch das sog. „SB Der 2004 von der SCAG vorgelegte und in 375“ – Gesetz zur Reduktion der Treib einem umfassenden Beteiligungsprozess hausgas-Emissionen.25 Es handelt sich um erarbeitete „Compass-Plan“ für die 18-Mil- ein Umsetzungsvorhaben, das durch einen (22) lionen-Metropole zielt auf eine polyzent- eigens eingerichteten Board forciert wird „SCAG is the nation‘s largest rale Stadtregion, deren infrastrukturelles metropolitan planning organiza- (California‘s Air Resources Board – CARB). tion, representing six counties, Grundgerüst ein wiederaufgebautes System Dieser befindet über alle Maßnahmen mit 191 cities and more than 18 an Straßen- und Stadtbahnen (diese waren million residents. SCAG under- Klimarelevanz. Damit ist die GHG-Emis takes a variety of planning and bis in die 1960er Jahre vollständig abgeris- sionsfrage zu einem politischen Steue- policy initiatives to encourage a sen worden – zugunsten von neuen Stadt- rungsthema erhoben worden, das im Zu- more sustainable Southern Ca- lifornia now and in the future“ autobahnen) sowie ein Netz revitalisierter sammenhang mit dem räumlichen Plan (http://www.scag.ca.gov). Stadtzentren ist. und der breiten Beteiligung der Öffentlich- (23) Der „Compass-Plan“ ist kein flächenhaft keit zu einem wirksamen Instrument der Zum „Compass-Plan“, der un- ter Federführung von Fregone- alle Aspekte der zukünftigen Entwicklung stetigen GHG-Reduzierung werden kann. se Ass. erarbeitet wurde, siehe umfassend www.compassblue- umfassender Plan. Vielmehr fokussiert er Die sozial-ökologischen Probleme von Los print.org. auf die wichtigsten Aussagen, die für die Angeles sind gigantisch. Los Angeles könn- (24) strategische Entwicklung entscheidend te sich jedoch als erste resiliente Megastadt Siehe dazu www.scag.ca.gov/ sind. Alle Planungen und Analysen sind der Welt erweisen (Fulton 2005: 310; New- rcp/index.htm sehr kommunikationsfreudig angelegt. Auf man/Beatley/Boyer 2009: 59, 84). Die dem (25) der Grundlage einer SWOT-Analyse wurden (vielleicht) nicht mehr abwendbaren Klima- Siehe dazu www.scag.ca.gov/ sb375/index.htm Szenarien für zentrale Themen entwickelt. wandel möglicherweise folgenden sozialen
Informationen zur Raumentwicklung Heft 5/6.2012 285 Konsequenzen und die denkbaren adaptiv- Thema ist jedenfalls präsent, mehr als dies emergenten/planerischen Reaktionen dar- in Deutschland oft wahrgenommen wird. aus können in Los Angeles studiert werden. Dabei stehen ganz unterschiedliche stra- tegische Ansätze im Vordergrund, die eine Erörterung lohnen. Gerade weil die USA mit 7 Fazit den größten Anteil am Klimawandel ver- schulden, sind die dortigen Vorhaben einer Die CO2-freie Stadt gibt es nicht in den Anpassung und Prävention bemerkenswert. USA. Es kann aber auf ganz unterschied- Sie sollten dazu beitragen, den transatlanti- lichen Ebenen – von der lokalen Initiative schen Austausch auf diesem Gebiet zu akti- über Kommunen und Unternehmen, von vieren. Die vier Modellfälle zeigen dabei das Wissenschaftlern und Planern bis zum Wei- Spektrum und einen möglichen Spielraum ßen Haus – ein Ringen der Akteure kon- für eine planerische und zugleich prakti- statiert werden, den Herausforderungen kable Herangehensweise an das Thema der des Klimawandels gerecht zu werden. Das CO2-freien Stadt auf – nicht nur in den USA.
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