DFB HOFFT AUF TREFFER IM OLYMPIA-JAHR - Überraschendes Comeback von Benjamin Kleibrink - Deutscher ...

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DFB HOFFT AUF TREFFER IM OLYMPIA-JAHR - Überraschendes Comeback von Benjamin Kleibrink - Deutscher ...
Offizielles Organ des Deutschen Fechter-Bundes e. V. Nr. 6 • 2015 • 34. Jahrgang • 5273

DFB HOFFT AUF TREFFER
  IM OLYMPIA-JAHR
             Max Hartung                                                        Überraschendes
             ist„Fechter des                                                    Comeback von
             Jahres“ 2015                                                       Benjamin Kleibrink
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Überraschung!

   12/15 | pyruswerbeagentur.de
DFB HOFFT AUF TREFFER IM OLYMPIA-JAHR - Überraschendes Comeback von Benjamin Kleibrink - Deutscher ...
EDITORIAL                                                                             I N H A LT

                                                                                      FECHTFORUM                           4
                                                                                      EFC-Präsident Janda gestorben        4

                                                                                      DFB
                                                                                      Olympiasieger Benjamin Kleibrink
                                                                                      kehrt zurück                          6
                                  Trotz Fokus auf Rio:                                Alexandra Ndolo im Porträt
                                                                                      Sicherheit im Fechtsport
                                                                                                                            14
                                                                                                                            20

                                  Weichen für
                                                                                      Pilotprojekt des DFB: Wettkampf-
                                                                                      lehrgang für Fechter von 17 bis 60   24

                                  Zukunft stellen                                     WM 2017 IN LEIPZIG
                                                                                      Hoffen auf das „besondere Flair“      8
Lothar Blase
                                                                                      SENIOREN-WM 2015
                                                                                      Deutsche Senioren bei WM
„Nachdenken über die Zukunft“ lautete der Titel des letzten fechtsport-
                                                                                      wieder spitze                        10
Magazins. Diese Gedanken treiben auch das Präsidium und mich um. Trotz der
Fokussierung auf die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro ist es notwendig, die       SENIOREN-WM 2016
Weichen für danach zu stellen. Es ist damit zu rechnen, zumindest verstehe ich alle   Stralsund holt sich die FIE-Fahne    12
Ankündigungen des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) so, dass von
2017 an der Hochleistungssport in Bezug auf Struktur, Zahl und Zuwendungen für        DFJ
Olympia-, Verbands- und Bundesstützpunkte sowie Verbände total umgekrempelt           Wir wollen Dich!                     16
wird. Wir werden uns notwendigen Veränderungen nicht verwehren.
                                                                                      SERIE
Von den Änderungen wird auch der Deutsche Fechter-Bund, unabhängig von                Richtig oder falsch: Strittige
den Ergebnissen in Rio, nicht verschont bleiben. Um nach 2016 zu bestehen, ist        Kampfrichterentscheidungen        17
es notwendig, ein klares, effizientes, durchsetzungsfähiges und über­zeugendes        Die Präsidenten der Landesverbände
Strukturkonzept, ein reelles Personal- und ein klar gegliedertes Finanzierungs­       im Gespräch: Philipp Heßeler      21
konzept dem DOSB vorzulegen, das die Konzeption des DFB – ausgerichtet auf
2020 und 2024 – einsichtig darlegt. In vielen Treffen und Besprechungen wird          TRAINING
daran gearbeitet. Für 2016 hat das Meilensteingespräch bereits stattgefunden.         Für den fechtsport-Leser entdeckt:
Im Frühjahr werden wir in einem weiteren Treffen mit dem DOSB unsere                  „Das habe ich beim Sport gelernt”    18
Vorstellungen präsentieren.
                                                                                      SENIOREN
Was die Vorbereitung auf die Rio-Spiele betrifft, so konzentriert der Sportdirektor   Deutsche Senioren-Mannschafts-
seine Maßnahmen voll auf dieses Ziel. Für die Endphase der Olympiaqualifikation       meisterschaften 2015                 22
wird er die Rahmenbedingungen so gestalten, dass auf den Disziplinen, bei
denen noch realistische Qualifikationschancen existieren, die volle Konzentration     LANDESVERBÄNDE
liegt, ohne jedoch die momentan doch sehr positive Nachwuchsentwicklung               Bayern                           24
außer Acht zu lassen. Trotz einiger Rückschläge sind wir noch voller Optimismus,      Bremen, Hamburg                  25
mit einer starken Mannschaft nach Brasilien zu fahren.                                Mecklenburg-Vorpommern, Nordbaden26
                                                                                      Nordrhein                        27
Die Senioren des DFB haben wieder einmal bei der WM in Limoges gezeigt, dass          Schleswig-Holstein, Südbaden     29
sie eine feste Größe in der Welt sind. Auch an dieser Stelle Glückwünsche an alle     Südwest, Württemberg             31
Medaillengewinner vom gesamten Präsidium!
                                                                                      MENSCHEN DES SPORTS
Ich wünsche uns allen ein friedliches und frohes Weihnachtsfest, ein                  Nachruf: Dieter Athenstedt 33
glückliches neues Jahr, das uns die sportlichen Erfolge in Rio und die richtigen,     Nachruf: Paul Pfab         33
zukunftsweisenden Ideen für die folgenden Jahre bescheren möge.
                                                                                      TERMINE                              34
Lothar Blase
Präsident                                                                             IMPRESSUM                            34

                                                                                            fechtsport magazin 06/2015           3
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FECHTFORUM

Pflichtkampfrichter für Senioren-DM                  EFC-Präsident Janda gestorben

Landesverbände, die mit Vereinen an den                                                         Der Präsident des Europäischen Fechtverban-
deutschen Senioren-Meisterschaften teil-                                                        des EFC, Frantisek Janda, ist im Alter von 48
nehmen, müssen zukünftig einen Pflicht-                                                         Jahren gestorben. Wie die EFC mitteilte, starb
kampfrichter stellen. Dies hat das Präsidium                                                    der Tscheche auf dem Flug zum Weltcup der
des Deutschen Fechter-Bundes (DFB) am                                                           Florettfechter am ersten November-Wochenen-
5. Oktober entschieden. Diese Regelung                                                          de in Tokio. Janda erlitt einen Herzinfarkt, den
galt schon bisher bei allen anderen Alters-                                                     er nicht überlebte. Der Tod des freundlichen
klassen. Damit reagierte der DFB auf die                                                        wie kompetenten ehemaligen Fechters und
erheblicher Defizite im Kampfrichterbereich                                                     Kampfrichters löste auch im Deutschen Fech-
bei den vergangenen deutschen Senioren-                                                         ter-Bund (DFB) Trauer und Bestürzung aus. Er
Mannschaftsmeisterschaften.                                                                     war dem deutschen Fechtsport eng verbunden
                                                                                                und besuchte regelmäßig in Deutschland statt-
DFB-Vizepräsident Ress                                                                          findende Turniere. Zudem war er maßgeblich
zurückgetreten                                                                                  an der Vorbereitung und Veranstaltung der
                                                     Europas Fecht-Präsident Frantisek          Fecht-Europameisterschaften 2010 in Leipzig
Der Deutsche Fechter-Bund (DFB) sucht                Janda ist tot.        Foto: Olaf Wolf     beteiligt.
einen neuen Vizepräsidenten Sport, nach-
dem Luitwin Ress seinen Rücktritt von die-           Janda hatte im Juli 2009 die Nachfolge von Alisher Usmanow als Präsident des EFC
sem Amt erklärt hatte. „Dies hängt neben             angetreten. Janda war auch Mitglied im Exekutivkomitee des Weltverbandes FIE. „Sein
persönlichen Gründen insbesondere damit              Tod ist ein großer Verlust für uns alle. Wir haben einen Kollegen und Freund verloren, der
zusammen, dass mir klar geworden ist, dass           auf dem Höhepunkt seines Lebens, voller Elan und Pläne war“, heißt es in einem Kon-
mir der notwendige Rückhalt aus den Lan-             dolenzschreiben von FIE-Präsident Usmanow. „Frantisek wird immer als ein wundervoller
desverbänden fehlt“, begründete er in einem          Mensch, der geliebt und respektiert wurde, in Erinnerung bleiben.”
Schreiben seinen Rückzug. Damit reagierte
Ress auf den „Verlauf der Hauptausschuss-
sitzung“ am 13. November in Bonn, auf der       Präsidium um Lothar Blase sowie mit den            Blick auf die nicht ganz so großen Erfolgs-
er „nicht nur eine gewisse Gegnerschaft,        Fechtern und Trainern sehr gerne zusam-            aussichten der deutschen Fechter in Rio de
sondern von Teilen der Landesverbände weit      mengearbeitet habe. „Insbesondere euch             Janeiro einen neuen Vizepräsidenten Sport
mehr als das“ verspürt hatte.                   Fechtern wünsche ich alles Gute auf dem            zu finden“, meinte Blase. „Der Kandidaten-
                                                Weg nach Rio“, so Ress. Bei der Hauptaus-          kreis wird übersichtlich sein.“
                                                schusssitzung war sein präsentiertes Kon-
                                                zept zum Leistungssport auf großen Wider-          Peter Bitsch Newcomer des Jahre
                                                stand gestoßen.
                                                                                                   Der Darmstädter Degenfechter Peter Bitsch
                                                „Ich bedauere den Rücktritt von Winny Ress         erhielt die Auszeichnung des hessischen
                                                vom Amt des Vizepräsidenten Sport und Ju-          Newcomers des Jahres im Rahmen der
                                                gendsport des DFB zutiefst“, erklärte DFB-
                                                Präsident Lothar Blase zu dem Rückzug.
                                                Ress habe ehrenamtlich sehr engagiert für
                                                den Fechtsport gearbeitet und im letzten
                                                Jahr extrem viel Zeit dafür geopfert. „Er
                                                war immer loyal und hatte stets das Wohl
                                                der Athleten im Auge. Er war für mich eine
                                                wichtige Stütze im täglichen Geschäft und
                                                ein hervorragender Mitarbeiter“, sagte Bla-
                                                se. „Es wird schwer werden, ihn zu ersetzen.“
                                                Nach der Geschäftsordnung des Präsidiums
    Luitwin Ress als DFB-Vizepräsident zu-      des DFB werden die Aufgaben des Vize-
    rückgetreten                   Foto: DFB   präsidenten Sport an den Vizepräsidenten
                                                Internationales kommissarisch übertragen.
„In dem Moment, wo man selbst Gefahr            Aller Voraussicht nach soll bis zu einer
läuft, in seiner Persönlichkeit beschädigt zu   Hauptausschusssitzung Ende Januar oder
werden, muss man meines Erachtens zwin-         Anfang Februar ein Nachfolger für Ress ge-
gend die Notbremse ziehen“, schrieb Ress.       funden und gewählt werden. „Es ist nicht
Er bedauere den Schritt, weil er mit dem        gerade ideal, vor dem Olympia-Jahr und mit         Peter Bitsch             Mike Wenski/LSB Hessen

4           fechtsport magazin 06/2015
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Sportplakette für Richter

                                                                                           Michael Richter ist von der Stadt Kassel für
                                                                                           sein langjähriges Engagement im Fechten
                                                                                           mit der Goldenen Sportplakette ausgezeich-
                                                                                           net worden – der höchsten städtischen Aus-
                                                                                           zeichnung im Sportbereich. Richter war von
                                                                                           2001 bis 2015 Präsident des Fechtclub Kas-
                                                                                           sel. Auch über Kassel hinaus engagiere er seit
                                                                                           mehreren Jahren ehrenamtlich auf der Ebene
                                                                                           des Landesfachverbandes. 2007 wurde er als
                                                                                           Mitglied in das Sportgericht des Hessischen
                                                                                           Fechterverbandes gewählt. Diesem Gremium
                                                                                           gehört Richter seither ununterbrochen an.

    Die Säbelfechter waren 2015 herausragend und haben sich die Ehrung verdient.
    Foto: DFB

    Hartung „Fechter des Jahres 2015“
    Säbel-Ass Max Hartung ist „Fechter des Jahres 2015“. Das hat das Präsidium des Deut-
    schen Fechter-Bundes (DFB) entschieden. Der 26-jährige Dormagener wurde in diesem
    Jahr Vizeeuropameister und WM-Dritter im Einzel. Auch im deutschen Säbelteam, das
    nach 2015 zum zweiten Mal zur „Mannschaft des Jahres“ gekürt wurde, war Hartung
    neben Matyas Szabo, Nicolas Limbach, Benedikt Wagner, Richard Hübers ein Eckpfei-       Foto: Soremski/Stadt Kassel
    ler des Erfolgs. Hartung und Co. waren in diesem Jahr erstmals Europameister gewor-
    den und hatten bei der WM zudem Bronze gewonnen. Nach den großen Erfolgen der          Die Stadt Kassel verleiht Michael Richter
    Säbelfechter wurde folgerichtig Bundestrainer Vilmos Szabo zum „Trainer des Jahres“    die Goldene Sportplakette
    gekürt. Die Ehrung der Fechter des Jahres erfolgte bei der Hauptausschusssitzung des
    DFB am 13. November.                                                                   „Olympia ruft: Mach mit!“

    „Fechter des Jahres“ seit 2000                                                         Am 5. August 2016 werden in Rio de Janei-
                                               2009/10    Peter Joppich                    ro zum ersten Mal Olympische Spiele auf
    2000/01 Claudia Bokel (TBB)                                                            dem südamerikanischen Kontinent eröffnet.
                                               2010/11    Nicolas Limbach
    2002/03 Peter Joppich (Koblenz)                                                        Diese Premiere nimmt die Deutsche Olympi-
                                               2011/12    Britta Heidemann
    2004/05 Anja Müller (TBB)                                                              sche Akademie (DOA) zum Anlass, ihre Reihe
                                               2012/13    Carolin Golubytskyi
    2005/06 Peter Joppich                                                                  „Olympia ruft: Mach mit!“ zu aktualisieren.
                                               2013/14    Britta Heidemann
    2007/08 Britta Heidemann (Leverkusen)                                                  Während seit über 25 Jahren eine Broschüre
                                               2014/15    Max Hartung (Dormagen)
            Benjamin Kleibrink (Bonn)                                                      erfolgreich im Grundschulunterricht zum Ein-
    2008/09 Nicolas Limbach (Dormagen)                                                     satz kommt, entstehen für das Olympia-Jahr
                                                                                           2016 erstmals drei Materialhefte. Die Trilogie
                                                                                           umfasst zum einen geschichtliche und thema-
„Olympischen Ballnachnacht” in Wies-         tionalen Vergleichskämpfen. Bereits bei den   tische Grundlagen, die unter dem Titel „Basis-
baden. Die Auszeichnung, für die er vom      Junioren-Europameisterschaften      konnte    wissen Olympische Spiele“ als eigenständige
Hessischen Fechter-Verband vorgeschla-       er mit einem hervorragenden dritten Platz     Broschüre in Zusammenarbeit mit Experten
gen wurde, wird einmal jährlich an einen     sein Talent umsetzen. Die Krönung erfolgte    erarbeitet wurden. Die Broschüre richtet sich
besonders talentierten und erfolgreichen     durch den Titelgewinn bei der Junioren-WM     nicht nur an Lehrer, sondern dürfte auch für
Nachwuchssportler vergeben. Der Darm-        mit dem Herrendegenteam gemeinsam mit         Studierende, Vereine sowie Verbänden inte-
städter Chemiestudent und Fechter des        Lukas Bellmann (Bayer 04 Leverkusen), Rico    ressant sein. Zwei weitere Broschüren sind
Darmstädter Fecht-Clubs 1890 erhielt die     Braun und Samuel Unterhauser (beide FC        speziell für Pädagogen konzipiert: Die „Un-
Ehrung unter anderem für sein hervorra-      Tauberbischofsheim). Bitsch ist zudem Trä-    terrichtsmaterialien Primarstufe“ und „Unter-
gendes Abschneiden bei mehreren interna-     ger des Fair-Play-Preises der FIE.            richtsmaterialien Sekundarstufe“.

                                                                                                   fechtsport magazin 06/2015           5
DFB HOFFT AUF TREFFER IM OLYMPIA-JAHR - Überraschendes Comeback von Benjamin Kleibrink - Deutscher ...
DFB

          „ICH HABE NICHTS
             ZU VERLIEREN“
           Die Nachricht kam
               überraschend.
     Olympiasieger Benjamin
    Kleibrink kehrt drei Jahre
        nach seinem Rücktritt
      auf die Planche zurück.
           Inzwischen hat der
     30-jährige Florettfechter
         das Training in Bonn
       wieder aufgenommen.

              Benjamin Kleibrink mit
          Bundestrainer Ulrich Schreck
                          Foto: Xavier Marest

                                                I
                                                          m Spitzensport ist eine dreijähri-    tet hat. „Ich habe mit meinem Trainer Uli
                                                          ge Pause eine Ewigkeit. Benjamin      Schreck gesprochen, aber er hat auch keine
                                                          Kleibrink hattte nach den Olympi-     Erfahrung mit jemand, der so lange Pause
                                                          schen Spielen 2012 in London sei-     gemacht. Deshalb wissen wir beide nicht,
                                                          nen Rücktritt verkündet, um seinen    was man erwarten kann und wie es klappt.
                                                          Master in Betriebswissenschaft an     Es bleibt abzuwarten.“
                                                der Kölner Universität zu machen. „Damals
                                                war es der richtige Zeitpunkt, aufzuhören“,     Der Reiz, wieder das alte Niveau zu errei-
                                                sagt er im Gespräch mit dem fechtsport-         chen, ist eine Herausforderung für ihn. „Ich
                                                Magazin. „Im Nachhinein betrachtet war          habe Lust, herauszufinden, was mein Körper
                                                das Studium so aufwendig, dass es nicht         noch kann. Ich bin ja auch nicht uralt. Mit
                                                möglich gewesen wäre, es neben dem Sport        30 sind ja einige gute Fechter unterwegs“,
                                                zu machen. Deshalb bereue ich es nicht.“        sagt Kleibrink. „Ich probiere es mal aus, zu
                                                                                                verlieren habe ich nichts.“
                                                Das Comeback zu wagen, hat er sich reif-
                                                lich überlegt. Dennoch ist es eine Reise ins    Zurückgewonnen hat er auf jeden Fall den
                                                Ungewisse und dürfte im deutschen Sport         Spaß am Fechten, den er zum Zeitpunkt des
                                                nach so einer langen Auszeit wohl einmalig      Rücktritts nicht mehr empfunden hatte. „Die
                                                sein. „Was ich mir zutraue, weiß ich ehrlich    Lust ist erst nach der Pause wiedergekom-
                                                gesagt nicht. Ich muss sehen, wie es im         men. Danals war ich nicht mehr so gierig
                                                Training läuft“, meint Kleibrink, der zuletzt   darauf, jedes Wochenende zu trainieren.
                                                bei einer Wirtschaftsprüfungsfirma gearbei-     Jetzt habe ich wieder richtig Lust“, bekennt

6        fechtsport magazin 06/2015
DFB HOFFT AUF TREFFER IM OLYMPIA-JAHR - Überraschendes Comeback von Benjamin Kleibrink - Deutscher ...
Kleibrink. „Ich kann nicht sagen, woher das kommt. Viel-
leicht ist es der Reiz, herauszufinden, ob es nach so lan-
ger Zeit noch mal klappen könnte.“

Fit gehalten ohne Florett
Der Linkshänder wurde 2008 in Peking mit einem
15:9 im Finale gegen den Japaner Yuki Ota als ers-
ter Deutscher Olympiasieger im Floretteinzel. Bei
den Sommerspielen 2012 in London holte er mit der
Mannschaft Bronze und nahm wenig später Abschied
vom Fechten. Seitdem hat er keine Waffe mehr in der
Hand gehabt, aber „recht ausgiebig Fitnesstraining“ ge-
macht. Als er sich bei Bundestrainer Schreck zurückmel-
dete, hat sich sein langjähriger Coach zwar gefreut, aber
keine falschen Hoffnungen geweckt. „Er hat mich gefragt,
ob ich mir das gut überlegt habe, und gesagt, dass er nicht
weiß, ob das überhaupt möglich ist“, berichtet Kleibrink.

Konkrete Ziele hat er sich deshalb auch nicht gestellt.
­Weder Olympia in Rio 2016 noch die Heim-WM 2017 in
 Leipzig sind nahe Fixpunkte bei seinem Comebackversuch.
 Auch langfristig will er sich nicht festlegen und die Som-
 merspiele 2020 ins Visier nehmen. „Das ist schon eine ganz
 schön lange Zeit. Das käme nur infrage, wenn ich merke, dass
 ich wieder richtig gut werde“, sagt Kleibrink.

Und wenn nicht? Wenn er merken sollte, dass die Rückkehr in
die Weltspitze nicht zu schaffen ist? Hört er dann nach einem
Jahr wieder auf? „Es kommt darauf an, ob es Spaß macht.
Wenn es Spaß macht, würde ich es nicht ausschließen, weiter-
zumachen“, erklärt er. Wenn es überhaupt keinen Spaß macht,
würde ich es wieder sein lassen. Das ist alles ungewiss.“ Im
Bundesleistungszentrum in Bonn ist er jedenfalls von den alten        Er ist zurück: Benjamin Kleibrink
                                                                      will es noch mal wissen!
und neuen Mitstreitern gut aufgenommen worden. „Die freuen
sich, dass sie einen Trainingspartner mehr haben“, meint Kleibrink.
                                                 Andreas Schirmer     Foto: dpa Picture-Alliance GmbH

                                                                                  fechtsport magazin 06/2015   7
DFB HOFFT AUF TREFFER IM OLYMPIA-JAHR - Überraschendes Comeback von Benjamin Kleibrink - Deutscher ...
HEIM-WM 2017 IN LEIPZIG

Die WM-Botschafter Jörg Fiedler und Claudia Bokel mit Leipzigs Sportbürgermeister Heiko Rosenthal (mitte).                 Foto: Norman Rembarz

             Vier Botschafter für die WM:
            Hoffen auf das „besondere Flair“
              Knapp zwei Jahre sind es noch bis zu den Weltmeisterschaften in Leipzig. Am 4. November
                 wurden in Sachsens Metropole die WM-Botschafter vorgestellt und über die WM 2017
            informiert. Rede und Antwort standen unter anderen DFB-Ehrenpräsidentin Erika Dienstl und
           Sportbürgermeister Heiko Rosenthal. Moderiert wurde die Pressekonferenz von Daniel Mantey
             und Claudia Bokel, die mit ihm 2010 als Co-Moderatorin das EM-Degenfinale kommentierte.

    V
                                                 schaft eine Bronzemedaille geholt“, sagte       noch gut an die WM vor zehn Jahren erin-
                                                 die frühere Weltklasse-Degenfechterin Clau-     nern. Wir hatten damals eine tolle Zuschau-
                    ier Medaillengewinner der    dia Bokel. „Ich freue mich, dass ich 2017       erunterstützung, die für uns mit der Bron-
                    Weltmeisterschaften 2005     wieder hierherkommen kann.“                     zemedaille im Team gekrönt wurde. Genau
                    werden als „Gesichter der                                                    so eine tolle Unterstützung brauchen wir
    WM 2017“ für das dritte Fecht-Großereignis   Per Videostream meldete sich der viermalige     natürlich auch 2017.“
    nach WM 2005 und EM 2010 in Leipzig          Florettweltmeister Peter Joppich, der bereits
    werben: Claudia Bokel, Britta Heidemann,     auf dem Weg zum Weltcup nach Tokio war,         Auch Olympiasiegerin Britta Heidemann
    Peter Joppich und Jörg Fiedler.              zu Wort. „Ich habe mich riesig gefreut, WM-     grüßte per Videobotschaft nach Leipzig. „Ich
                                                 Botschafter 2017 sein zu dürfen. Für einen      bin sehr froh, dass wieder einmal Weltmeis-
    „Ich habe gute Erinnerungen an die WM in     Sportler ist eine Heim-WM immer etwas           terschaften in Leipzig stattfinden. Und ich
    Leipzig. Wir haben mit der deutschen Mann-   ganz Besonderes“, meinte er. „Ich kann mich     hoffe natürlich, dass ganz viele junge Nach-

8           fechtsport magazin 06/2015
DFB HOFFT AUF TREFFER IM OLYMPIA-JAHR - Überraschendes Comeback von Benjamin Kleibrink - Deutscher ...
wuchsathleten zuschauen werden, die un-          Wie bei der WM in Moskau werden auch            ne Generalprobe für die WM wird die Aus-
ter Umständen 2024 bei den Olympischen           in Leipzig 2017 die Finals gemischt und         richtung der Deutschen Meisterschaften im
Spielen in Hamburg am Start sein werden“,        nicht von Tag zu Tag nur einer Waffe vorbe-     Degen im kommenden Jahr in Leipzig sein.
sagte die Leverkusenerin.                        halten sein. Vielmehr werden Herrensäbel        Auch die medizinische Betreuung soll in
                                                 und Damenflorett an einem Tag ihre Ein-         der sächsischen Metropole perfekt werden.
Fiedler: „Eine besondere Wertigkeit“             zel-Weltmeister küren, danach gehen die         Olympiastützpunktleiter Dr. Winfried No-
                                                 Degenherren und Säbeldamen sowie die            wack erklärte: „Der medizinische Verbund
Für den vierten WM-Botschafter Jörg Fiedler,     Florettherren und Degendamen an jeweils         des OSP wird das WM-OK dabei umfassend
der 2005 mit dem deutschen Degenteam             einem Tag auf Titeljagd.                        unterstützen.“
WM-Silber gewann, ist es als Lokalmata-
dor ein ganz besonderes Ereignis. „Gerade
als Leipziger ist eine Heim-WM noch etwas
ganz anderes. Es ist ein besonderes Flair, hat
eine außergewöhnliche Wertigkeit, weil man
natürlich besonders gut dastehen möchte“,
meinte des Evergreen des deutschen Fecht-
sports. „Man präsentiert nicht nur sein Land,
sondern auch seine Stadt. Ich freue mich,
dass die WM wieder hier stattfinden wird.“

Wie von der WM 2005 und der EM 2010
verspricht sich die frühere DFB-Präsidentin
Erika Dienstl wieder einen Schub für das
Fechten in Deutschland. „Die EM 2010 hat
überall ein positives Echo gehabt“, sagte
sie. Außerdem habe die ausgezeichnete Prä-
sentation von Leipzig im Bewerbungsfinale
beim FIE-Kongress in Rom die Erwartung
geweckt, dass es wieder eine WM „mit ei-
nem besonderen Flair“ werden wird.

Die Vorbereitungen auf die WM 2017 lau-
fen bereits auf allen Ebenen. Wie Henning        Nachwuchsfechter Artur Fischer mit der von Michael Fischer-Art entworfenen WM-
von Reden, DFB-Vizepräsident Finanzen,           Medaille                                                         Foto: Norman Rembarz
mitteilte, kalkuliert das Organisationskomi-
tee mit einem Etat von einer Million Euro
für die WM-Ausrichtung. Davon steuert            Wir wollen eine zuschauer-                            Präsentiert wurden vom Nachwuchs-
                                                                                 r
Leipzig einen Großteil bei. Für die Stadt
                                                 freundliche WM durchführen, abe                       fechter und Fiedler-Schüler Artur
sind Sportgroßveranstaltungen ein wich-                                                                Fischer die von Michael Fischer-Art
tiger Bestandteil der Marketingstrategie         gleichzeitig die Sicherheit der                      entworfenen WM-Medaillen und das
von Leipzig, erklärte Sportbürgermeister         Athleten nicht vernachlässigen.                   WM-Logo. Der Künstler gestaltete eine
Heiko Rosenthal.                                                                                   Fechtfigur, die einen fantasievollen Be-
                                                 Armin Stadter                                    zug zu Johann Sebastian Bach, Thomas-
Für das Wohlfühlen von Fechtern, Trainern                                                        kantor zu Leipzig, darstellt.
und Offiziellen werden 2017 ehrenamtliche
Helfer des Fechtclubs Schkeuditz um Tors-        „Wir wollen eine zuschauerfreundliche WM        Der Überlieferung nach nahm der weltbe-
ten Kolbe, die alle WM-Gäste am Flughafen        durchführen, aber gleichzeitig die Sicher-      kannte Musiker und Komponist einst selbst
Leipzig/Halle willkommen heißen, sorgen.         heit der Athleten nicht vernachlässigen.        den Degen in die Hand, um einen unliebsa-
Wie Hotel- und Transport-Manager Mario           Dazu habe ich bereits erste Gespräche mit       men Fagottspieler in die Flucht zu schlagen.
Bönicke versicherte, werden die Transfers        dem Leipziger Polizeipräsidenten geführt“,      Nicht nur deshalb endete der Bewerbungs-
reibungslos funktionieren. Bönicke sammel-       sagte Armin Stadter, Vizepräsident Breiten-     film zur WM vor dem Denkmal des großen
te zuletzt bei der WM in diesem Jahr in Mos-     sport des Deutschen Fechter-Bundes, der         Musikers vor der Thomaskirche in Leipzig,
kau aktuelle Erkenntnisse über Transport         für die Sicherheit bei den WM 2017 verant-      er gilt – mit einigem Augenzwinkern – als
und Unterbringung. Außerdem verfügt er           wortlich sein wird. Natürlich freut sich auch   Begründer des Degenstützpunkts in Leip-
auf diesem Gebiet über große Erfahrung: Er       der Sächsische Fecht-Verband und sein Prä-      zig. Mit Sicherheit wird seine Musik deshalb
war bereits 2005 und 2010 für diese Aufga-       sident Bernd Brock auf die bevorstehenden       auch bei der WM 2017 in der ARENA Leip-
be zuständig.                                    Aufgaben. Eine Bewährungsprobe und klei-        zig erklingen.                    Olaf Wolf

                                                                                                       fechtsport magazin 06/2015               9
DFB HOFFT AUF TREFFER IM OLYMPIA-JAHR - Überraschendes Comeback von Benjamin Kleibrink - Deutscher ...
SENIOREN-WM 2015 IN LIMOGES

 Gold für die Damendegen-Mannschaft mit Brigitte Greunke, Astrid Kircheis, Elfi Bender, Manuela Speer, Frauke Hohlbein und Karin
 Jansen (v. l.)                                                                                                   Fotos: Harald Lüders

         „Na klar!“ – deutsche Senioren bei
                 WM wieder spitze
     Der Teilnehmerrekord bei den 19. Senioren-Weltmeisterschaften vom 20. bis 25. Oktober im französischen
     Limoges zeigte: Fechten auf hohem Niveau im Alter fasziniert immer mehr – auch in Deutschland. Und die
     Starter des Deutschen Fechter-Bundes (DFB) gehörten mit 13 Medaillen, darunter zwei goldenen, und Platz
                           vier im Medaillenspiegel wieder zu den erfolgreichsten Sportlern.

 M
                  it 647 Einzelstarts aus 40   Medaillen. Zur Delegation gehörten 53           renden 0:8-Niederlage mit Silber begnügen.
                  Nationen und 48 Mann-        Fechter sowie die Kampfrichter Tim Barden-      Visser landete im Endklassement auf Platz
                  schaftsstarts aus 13 Nati-   hagen und Dr. Marcus Schulz.                    fünf. Frauke Hohlbein, Titelverteidigerin im
                  onen übertraf diese WM                                                       Damendegen (50+), musste sich ebenfalls
 alle bisherigen. Das Technische Direktorium   Am ersten Tag gewann Hanns Prechtl die ers-     mit dem fünften Rang begnügen.
 mit Henri Jansen an der Spitze hat das ge-    te Medaille für Deutschland. Im Herrenflorett
 samte Programm wie zuvor bestens organi-      (70+) kam er zusammen mit Hans Visser in        Der zweite Tag bescherte zwei weitere Me-
 siert. Erstmals war Joachim Rieg vom DFB      das Tableau der besten Acht und stieß bis ins   daillen. Im Herrenflorett (50+) setzte sich
 in diesem Gremium vertreten. Deutschland      Finale vor. Gegen den mehrfachen Weltmeis-      Peter Marduchajew im Halbfinale mit 7:6
 kämpfte mit 64 Einzelstarts und sechs         ter Gari Aftandilov (RUS) fand Prechtl kein     gegen den Titelverteidiger Robert Blaschka
 Teams in allen 24 Wettbewerben um die         Rezept und musste sich nach einer deprimie-     (AUT) durch und zog gegen Fabio Miraldi

10         fechtsport magazin 06/2015
(ITA) ins Finale ein. In einem taktisch ge-
prägten Gefecht ging Marduchajew zwar              Fair Play in Limoges:
3:0 in Führung, unterlag am Ende aber 4:6
nach Zeitablauf. Udo Jacoby wurde Sechs-
                                                   Wie einst bei den Olympischen Spiele 1928
ter. Im Herrensäbel (70+) gewann Hanns             Bei der Senioren-WM in Limoges standen sich im Finale der Altersklassen­kategorie
Prechtel eine Bronzemedaille. Sein Gegner,         A (M50) der deutsche Fechter Peter Marduchajew und der italienische Fechter Fabio
der spätere Weltmeister André Chaboisseau          Miraldi gegenüber. Direkt bei der ersten Aktion traf der Kampfrichter wohl die
(FRA), war mit 10:9 der Glücklichere.              falsche Entscheidung. Statt einen Angriff des deutschen Fechters zu geben, wertete
                                                   er den Gegenangriff des italienischen Fechters als Angriff. Diesen Treffer wollte
Die Damendegen-Mannschaft mit Frauke               sich Fabio Miraldi nicht zu Unrecht zuerkennen lassen. Er erklärte gegenüber dem
Hohlbein, Astrid Kircheis, Brigitte Greun-         Kampfrichter, dass nicht er, sondern sein Kontrahent angegriffen habe und diesem
ke, Manuela Speer, Karin Jansen und Elfi           daher der Punkt zuzuerkennen sei.
Bender holte am dritten Tag den ersten
WM-Titel für Deutschland. Im Finale ge-            Sowohl diese noble und faire Geste als auch der Gefechtsausgang erinnern an den
gen Frankreich trotzte Kircheis im letzten         Stichkampf um Gold im Finale der Olympischen Spiele 1928 in Amsterdam, als der
Gefecht der Aufholjagd der französischen           mehrfache Weltmeister Lucien Gaudin aus Frankreich gegen seinen italienischen
Schlussfechterin Corine Aubailly und sicher-       Kontrahenten Giulio Gaudini mit den Worten „Je suis touché“ die Entscheidung des
te der Mannschaft mit 29:27 Gold. Im Her-          Kampfgerichts zu seinem Nachteil korrigierte. Dennoch gewann Gaudin am Ende
renflorett errang die deutsche Mannschaft          das Gefecht und Gold. Auch in Limoges gewann der italienische Fechter den WM-
Silber mit Peter Marduchajew, Udo Jaco-            Titel. Sowohl zur sportlichen Leistung als auch zur charakterlichen Noblesse kann nur
by, Vladimir Chubarov, Berthold Schaum,            gratuliert werden. Erfreulich wäre es, wenn es davon mehr geben würde!
Hanns Prechtl und Hans Visser. Trotz einer         Armin Stadter
15:10-Führung im Finale gegen Großbritan-
nien ging das DFB-Sextett noch mit 24:30
als Verlierer von der Planche. Stefanie Reese
und Britta Hilgers gewannen jeweils Bronze                                                    nale gegen Ellen O’Leary (USA) mit 8:10,
im Damenflorett (50+).                                                                        nachdem sie einen 2:5-Rückstand noch
                                                                                              zum 5:5 wandeln konnte. Im Damensäbel
Ein Traum geht in Erfüllung:                                                                  (50+) gewann Friederike Janshen Bron-
Suchanek gewinnt Gold                                                                         ze. Das Damensäbel-Team mit Friederike
                                                                                              ­Janshen, Karin Jansen, Brigitte ­Greunke,
Einen Traum erfüllte sich Winfried Sucha-                                                      Birgit Noll, Viola Richter und ­Annegret
nek am vierten Tag: Gold im Herrendegen                                                        Hamann ­wurden Vizeweltmeister. Im Fina-
(70+). Im Halbfinale stand er gegen Jannis                                                     le gegen die USA keimte zwar nach eine
Vitsas (NED) mit 6:9 schon kurz vor dem                                                        15:9-Führung Hoffnung auf, doch die fa-
Aus, konnte sich aber mit Biss und Glück                                                       vorisierten Amerikanerinnen gewannen
mit 10:9 retten. Im Endkampf gegen Ti-                                                         schließlich klar mit 30:24.
telverteidiger William Osbaldeston (GBR)
setzte Suchanek zunächst einen Treffer auf                                                    Die Herrendegen-Mannschaft verlor im
die Hand. Postwendend fing er sich in einer                                                   Kampf um Bronze gegen Russland und
Angriffslaune den Ausgleichstreffer zum                                                       musste sich mit Platz vier begnügen. Im
1:1 ein. Er zügelte sich und das Gefecht wur-   Ein Traum geht in Erfüllung: Winfried         Kampf der Damenflorett-Teams um Bronze
de von beiden Seiten defensiv fortgesetzt.      Suchanek wird Weltmeister.                    überrumpelte Vizeweltmeisterin Nardejda
Nach Abbruch der restlichen ersten und                                                        Arskaya (RUS) Bärbel Gorius in der Endpha-
der zweiten Halbzeit wegen Passivität be-       Die spätere Weltmeisterin Anne-Marie          se des letzten Gefechts und verwies die DFB-
kam das Duell in der letzten Minute wieder      Walters (USA) verwies Astrid Kircheis im      Truppe mit 19:20 auf den vierten Rang.
Schwung und Suchanek konnte den Briten          Damenflorett (60+)-Halbfinale mit 6:5 auf
mit 5:2 besiegen.                               Platz drei. Brigitte Greunke belegte im Da-   Insgesamt gewannen die deutschen Fechter
                                                menflorett (70+) den fünften Platz.           13 Medaillen (2 x Gold/6 x Silber/5 x Bron-
Dramatisch ging es im Herrensäbel-Mann-                                                       ze und beendete die Senioren-WM auf Platz
schaftsfinale zwischen Deutschland und          Zum Abschluss konnte die deutsche ­Equipe     vier im Medaillenspiegel hinter den USA
den USA zu. Das US-Team lag schon mit           drei weitere Medaillen erringen. Im Damen­    (18), Italien (10) und Frankreich (16).
25:16 vorn. Doch Schlussfechter Olaf Zie-       säbel (70+) verlor Brigitte Greunke im Fi-                                  Harald Lüders
bell konnte den Rückstand gegen William
Becker zum 27:27 ausgleichen. Seine sen-
                                                                                                                                l;
sationelle Serie hielt jedoch nicht und die             Ergebnisse: http://veteransfencingwch2015fr.blogspot.de/p/resultats.htm
Amerikaner siegten schließlich mit 30:28.                                                                                         empt=1
                                                         Medaillenspiegel: http://2015limogesvfwch.byethost17.com/TM.pdf?ckatt

                                                                                                    fechtsport magazin 06/2015               11
SENIOREN-WM 2015 IN LIMOGES

 Die Übergabe der FIE-Fahne vom Veranstalter der Veteranen-WM in Limoges an die deutschen Ausrichter der Welttitelkämpfe 2016 in
 Stralsund                                                                                                               Foto: DFB

                     Senioren-WM 2016:
              Stralsund holt sich die FIE-Fahne
                  Mit einer kleinen Delegation, aber ganz viel Herzblut, hat sich das Stralsunder
                  Organisationskomitee auf den Weg nach Limoges zur Senioren-WM gemacht.

 D
                  ie FIE-Fahne sollte am Ende      Vor Ort wurde schon richtig Werbung für         Rahmenbedingungen. „Das war eine ganz
                  der Weltmeisterschaft für ein    den Ausrichterort 2016 gemacht, Aufkle-         tolle Möglichkeit, Anregungen mitzunehmen.
                  Jahr einen neuen Besitzer fin-   ber, Prospekte und vieles mehr fanden re-       Die Gastgeber aus Limoges haben uns sehr
                  den und jetzt weht sie in der    gen Anklang unter den über 700 aktiven          nett aufgenommen und ob der OK-Chef oder
     Ausrichterstadt der Weltmeisterschaften       Teilnehmern der WM. Zum ersten Mal wird         der Bürgermeister von Limoges, alle haben
     2016, der Hansestadt Stralsund.               Deutschland Gastgeber einer Veteranen-          uns unterstützt“, sagte Jürgen Becker, der OK-
                                                   WM werden – und die Erwartungen an die          Chef der Stralsunder WM 2016. „Eine wirklich
 Der Oberbürgermeister, Dr. Alexander              Organisatoren sind hoch.                        schöne Atmosphäre und eine superorganisier-
 Badrow, Andreas Seyfert vom Regional-                                                             te WM.“ Man habe viel an Ideen mitgenom-
 marketingverein „Region Vorpommern                Viele der Fechter in Limoges haben die Chan-    men und nun gehe es in Stralsund langsam
 e. V.“, Jürgen Becker, Präsident des Landes­      ce genutzt, sich über Stralsund und die Regi-   in die „heiße Phase“ der WM-Vorbereitungen.
 verbandes        Mecklenburg-Vorpommern,          on Mecklenburg-Vorpommern zu informieren.
 sowie Jürgen Stoffers, Seniorenwart des           Vielleicht wird ja aus einer WM-Qualifikation   „Wir freuen uns riesig auf die Weltmeister-
 LFV MV, haben die Fahne am letzten Tag            2016 auch gleich eine Ostseereise. Der Regi-    schaft im nächsten Jahr und sagen schon
 der Weltmeisterschaften vom OK-Chef der           onalmarketingverein hat dies natürlich mit      heute allen Fechtern und Fans ein herzliches
 Senioren-WM in Limoges, Hugues Le Mer-            großer Freude wahrgenommen. Gleichzeitig        Willkommen in Stralsund. Die FIE-Fahne
 re, übernommen. Das war ein würdiger              nutzten die Anwesenden natürlich alle Mög-      erhält bei uns bis zur WM einen würdigen
 Abschluss für die aus Sicht der deutschen         lichkeiten, um auch einen Blick hinter die      Platz im Rathaus“, sagte Stralsunds Ober-
 Teilnehmer erneut erfolgreichen Vetera-           Kulissen des Ausrichters zu werfen und infor-   bürgermeister Alexander Badrow.
 nen-Weltmeisterschaften.                          mierten sich über Abläufe, organisatorische                                  Karin Strauch

12            fechtsport magazin 06/2015
Besonnen und
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DFB

                                                                                              Alexandra Ndolo brennt
                                                                                              für das Fechten.
                                                                                              Fotos: Augusto Bizzi

                             Passion und Positivity:
                               Alexandra Ndolo
 „Passion – Positivity – Perseverance“ – Leidenschaft, positives Denken, Ausdauer: Diese drei Worte springen
     einem ins Auge, wenn man die Homepage von Alexandra Ndolo öffnet. „Die drei Begriffe sind sowohl meine
      persönlichen Leitbilder als auch für meinen sportlichen Werdegang wichtig“, sagt die Athletin von Bayer
             Leverkusen, die bei der Weltmeisterschaft in Moskau beste deutsche Degenfechterin war.

 D
                ie Passion für das Fechten      die 29-jährige Studentin der Wirtschafts-     zum Modernen Fünfkampf. Eine Sportart,
                und andere Dinge sei ganz       psychologie, die zuvor eine Ausbildung zur    die Alexandra Ndolo „ziemlich erfolgreich“
                wichtig, „weil ich glaube,      medizinisch-technischen Angestellten ab-      bis Mitte der 2000er-Jahre betrieben hat.
                dass man Höchstleistungen       geschlossen hat. „Und Ausdauer braucht        „Leider ist mir irgendwann die Trainings-
 nicht bringen kann, wenn man nicht für         jeder, der Sport treibt und sich das Ziel     gruppe und der Trainer abhandengekom-
 etwas brennt“. Auch die positive Einstel-      Olympia steckt.“                              men. Das ist in einer Sportart wie Moder-
 lung zum Leben ist für sie essenziell. „Die                                                  ner Fünfkampf sehr schwierig“, erzählt sie.
 will ich mir nicht nehmen lassen. Es wird ja   Die in Bayreuth geborene Tochter einer
 auch zuweilen stressig im Leistungssport:      polnischen Mutter und eines kenianischen      Danach beschränkte sie sich zunächst
 Man schafft nicht immer das, was man er-       Vaters ist erst spät zum Fechten gekom-       auf Schulsport, ging für ein Jahr als Aus-
 reichen möchte, aber man kann sich auch        men. Als Vierjährige begann sie mit Leicht-   tauschschülerin nach Arizona/USA und
 an kleinen Fortschritten erfreuen“, meint      athletik und wechselte mit neun Jahren        richtete ihr Interesse auf ganz andere Sa-

14         fechtsport magazin 06/2015
„Meine Mutter kommt aus Polen,
                                                                    “                               türlich
                                                                    mein Vater aus Kenia,:Da war na
                                                                                                     ern
                                                                     der ganze Freundeskreis der Elt
                                                                                                       rell.
                                                                     und mein Freundeskreis multikultu
                                                                                                      tolerant.“
                                                                     Da wird man sehr weltoffen und
                                                                      Alexandra Ndolo

                                                                                              Die erfolgreichste Einzelstarterin
                                                                                              bei der WM 2015: Alexandra Ndolo

chen wie Schwimmen, Basketball, Geige         Natürlich wäre der Start bei den Olympi-       Deshalb möchte ich das nicht an Medail-
spielen und singen. Nach der Rückkehr         schen Spielen 2016 in Rio de Janeiro ein       len und Titeln festmachen. Ich möchte am
in die Heimat ist sie mit zu den deutschen    Traum gewesen, aber beim Weltcup Mitte         Ende sagen, dass ich das Beste aus meinen
Junioren-Meisterschaften im Degenfech-        November in Nanjing/China war mit Platz        Möglichkeiten herausgeholt habe“, so die
ten gefahren und hat dort Manfred Kaspar      17 die Hoffnung auf eine Teilnahme ge-         mehrfache Weltcupfinalistin.
getroffen. „Er konnte sich noch an mich       storben. „Olympia ist der wichtigste Wett-
erinnern, weil ich mal zu einem Lehrgang      kampf für einen Sportler. Meine Karriere       Entwicklungspotenziale sieht sie zum Bei-
nach Bonn eingeladen wurde“, sagt Ndolo.      ist noch nicht beendet. Ich werde auf je-      spiel im taktischen Bereich. „Gerade bei
                                              den Fall bis Tokio 2020 weitermachen“,         der Taktik musste ich viel dazulernen, weil
Frau mit vielen Talenten                      kündigte sie an. Das Aus für Rio ist für       ich im Modernen Fünfkampf nur auf einen
                                              Ndolo nicht das Ende aller Wünsche in der      Treffer gefochten habe“, erklärt Ndolo.
Der frühere Bundestrainer betreut sie zu-     darauf folgenden Olympiade: „Es gibt ja        „Zwischen einem und 15 Treffern liegen
sammen mit Dirk Schiffler bis heute. „Ich     noch andere gute Wettkämpfe. Ich freue         Welten. Das kann man nicht vergleichen.“
bin 29 und kein 19-jähriger Junior, aber      mich über jede EM, WM und jeden guten
ich sehe meine Entwicklung nach so kurzer     Weltcup.“                                      Fechten, ob auf einen oder mehrere Treffer,
Zeit recht positiv“, meint die Frau mit den                                                  ist für die Kunstinteressierte („Ich bin ein
vielen Talenten. Bei ihrer WM-Einzelpremi-    Trotz oder wegen des Spätstarts im Fechten     großer Fan von Musik“) mehr als ein Sport.
ere in Moskau erreichte sie Platz 16. Kei-    sieht sie noch viel Luft nach oben bei ihrer   „Fechten ist für mich auch eine Kunst: Ge-
ne andere deutsche Degenfechterin war         sportlichen Entwicklung. „Ich will so lange    rade das Degenfechten, das nicht ganz so
besser als sie, auch Olympiasiegerin Britta   weitermachen, bis ich an meine Grenzen         von den Regeln eingeengt ist“, sagt Ale-
Heidemann nicht. „Ob ich beste deutsche       komme und mein Potenzial ausgeschöpft          xandra Ndolo. „Da gibt es viele Möglich-
Degenfechterin im Einzel war, ist mir nicht   ist“, sagt Ndolo. „Was dabei rumkommen         keiten und viele Stile. Es ist spannend, das
so wichtig. Ich habe mich gefreut, das Ach-   könnte, kann man so nicht sagen.“ Sie          täglich zu beobachten, wer es wie interpre-
telfinale erreicht zu haben. Es wäre aber     habe im Weltcup großartige Fechterinnen        tiert und seine eigene Persönlichkeit mit
schön gewesen, wenn alle so gute Ergeb-       kennengelernt, die keinen WM-Titel ge-         reinbringt.“
nisse gehabt hätten.“                         wonnen haben. „Das weiß man also nicht.                                   Andreas Schirmer

                                                                                                   fechtsport magazin 06/2015           15
DEUTSCHE FECHTERJUGEND

                          WIR WOLLEN DICH!
                 Du begeisterst Dich für den Fechtsport und willst Deine Leidenschaft mit anderen
                 teilen? Dann bist Du bei der Deutschen Fechterjugend genau richtig! Wir suchen
                          motivierte Leute mit coolen Ideen. Ein Aufruf von Vassili Golod.

 S
               chule, Studium, Job – für Ehren-
               amt haben viele keine Zeit. Die
               meisten freuen sich ja schon,
               wenn sie noch ein bisschen Raum
     für das Fechten finden. Aber ganz ehrlich:
     Wo ein Wille ist, da findet sich immer ein
     Weg. Alle Ehrenamtlichen machen viele
     Dinge gleichzeitig und kriegen trotzdem
     alles gebacken. Ehrenamt macht schließlich
     Spaß und ist vor allem sehr wichtig.

     Nur durch Engagement kann man was ver-
     ändern, was bewegen. Es gibt einige Dinge,
     die im Fechtsport und im Verband nicht
     wirklich rund laufen – auch für Kinder und
     junge Leute. Alle wollen immer ganz viel für
     die Jugend machen, aber nur den wenigsten
     gelingt das in der Praxis. Warum? Weil sie
     die Interessen der Jugend nicht ausreichend
     kennen.                                        Ehrenamtliches Engagement macht Freude und bereitet Freude                             Foto: dfj

     Bei uns ist das anders, denn wir sind die      Wenn wir reden wollen, kommen wir auch          menarbeit mit anderen gesellschaftlichen
     Jugend. Die Deutsche Fechterjugend ist die     an jeden ran. Topsportler, Funktionäre, an-     Gruppen und Organisationen. Wir stehen
     Jugendorganisation des Deutschen Fechter-      dere Jugendorganisationen – wir haben           für einen offenen Sport und treten für To-
     Bundes (DFB). Wir vertreten die Interessen     viele Partner und können viel leisten. Beson-   leranz ein – gerade in diesen Tagen scheint
     aller Jugendlichen, die unseren Sport ma-      ders wichtig sind uns dabei die Verantwort-     dies wichtiger denn je zu sein. Wir beraten
     chen. Das sind etwa 3.500 Schüler und          lichen für Jugendarbeit aus den 20 Landes-      und unterstützen die Landesfachverbände
     B-Jugendliche und nochmal etwa genauso         fachverbänden des DFB. Nur mit ihrer Hilfe      und Vereine in ihrer Arbeit und veranstalten
     viele A-Jugendliche und Junioren. Wir sind     können wir überall wirken.                      Lehrgänge.
     also für rund 7.000 junge Menschen verant-
     wortlich. Das ist eine ganze Menge.            Diese Zusammenarbeit könnte besser lau-         Die Mitglieder des Jugendvorstands planen
                                                    fen. In den vergangenen Jahren haben wir        und organisieren die Maßnahmen der Fech-
     So, aber was machen wir eigentlich? Die        nur wenig Feedback aus den einzelnen Ver-       terjugend. Der Vorsitzende ist beratendes
     Fechterjugend wirkt jugend- und sportpo-       bänden bekommen. Nur wenn vom kleinen           Mitglied des Hauptausschusses des DFB
     litisch. Wir wollen zur Persönlichkeitsent-    Verein bis hin zur großen Jugendorganisati-     und stimmberechtigtes Mitglied des Deut-
     wicklung junger Menschen beitragen, die        on alle an einem Strang ziehen, können wir      schen Fechtertages. Er vertritt die Fechterju-
     Befähigung zum sozialen Verhalten fördern      auch was bewegen. Wer Ideen hat, sollte         gend nach innen und außen.
     und Kinder und Jugendliche zu gesell-          sich nicht zurückhalten, uns zu kontaktieren.
     schaftlichem Engagement anregen. Verant­       Wir freuen uns über jede Frage und jeden        Jetzt wisst ihr also, was wir machen. Ihr wollt
     wortungsbewusstsein, Mitgestaltungswillen      Ansatz. Alles ist möglich.                      mitmachen oder habt erst einmal noch ein
     und Demokratieverständnis sind die großen                                                      paar Fragen? Dann schickt uns doch einfach
     Leitideen, an denen wir uns orientieren. Um    Jugendarbeit im Sport ist vor allem Bil-        eine Facebook-Nachricht oder schreibt uns
     die möglich zu machen, müssen wir aber vor     dungsarbeit. Als Fechterjugend wirken wir       eine Mail an info@fechterjugend.de. Wir
     allem im Kleinen wirken. Wir präsentieren      bei der Entwicklung zeitgemäßer jugend-         freuen uns auf Euch und haben richtig Lust
     unseren Sport auf Jugendmessen, fahren         und bildungspolitischer Konzepte mit und        auf noch mehr tolle Projekte mit noch mehr
     auf Turniere und führen viele Gespräche.       bemühen uns um partnerschaftliche Zusam-        tollen Menschen. En Garde!

16            fechtsport magazin 06/2015
SERIE

                      .
   richtig oder falsch. strittige
   kampfrichterentscheidungen

                                  Das Prüfen der Waffe
     In unregelmäßiger Folge werden zukünftig im fechtsport-Magazin strittige Kampfrichterent-
       scheidungen analysiert, um für Kampfrichter und Wettkampffechter fortbildend tätig zu
      sein. Die nachfolgende Entscheidung wird durch Matthias Henkelmann, Mitglied im DFB
            Kampfrichterbeirat und international eingesetzter Kampfrichter, kommentiert.

B
           ei einem Junioren-Qualifikations-      auf der Bahn gedreht habe, die Prüfung der     rin und des TD vorliege. Was habe er anders
           turnier im Herrendegen kam es          Waffe nicht unmittelbar gewesen wäre und       machen können, als zur Kampfrichterin zu
           in einem Gefecht der Direktaus-        sie deshalb den Treffer nicht annullieren      gehen, um die Waffe prüfen zu lassen? Spä-
           scheidung um den Einzug in das         könne. Sportler S legte formell Protest ein.   testens mit der Prüfung der Waffe könne
Finale der besten acht Fechter zu folgender                                                      sie die „nicht unmittelbar”-Argumentation
Situation:                                        Das TD ohne den befangenen Junioren-           nicht mehr nutzen. Sonst hätte sie die Waffe
                                                  Bundestrainer wies den Protest des Sport-      zur Prüfung nicht annehmen dürfen.
Das Gefecht zwischen S und M stand 7:7.           lers ab und erklärte, dass es sich um eine
Die reguläre Kampfzeit war abgelaufen.            Tatsachenentscheidung gehandelt habe, die      Für Matthias Henkelmann, Mitglied im
Vor dem Beginn der Zusatzminute wurde             vom TD nicht aufgehoben werden könnte.         Kampfrichterbeirat des Deutschen Fechter-
der Vorteil dem Fechter S zugelost. Rund          Fechter S ist der Ansicht, dass                Bundes, ist entscheidungserheblich, dass
20 Sekunden vor Zeitablauf griff Fechter M        eine Fehlentscheidung                            die Kampfrichterin die Waffe zur Prüfung
gegen den an seinem Bahnende stehenden            der Kampfrichte-                                    angenommen hatte. Mit der Annahme
Fechter S an. Beide Fechter stießen aus. Am                                                            der Waffe erklärte die Kampfrichterin
Melder wurde nur ein Treffer für Fechter M                                                               implizit, das sich der Fechter S jeder-
angezeigt.                                                                                                 zeit unter ihrer Aufsicht befand und
                                                                                                            somit keinerlei Manipulation vor-
Fechter S drehte sich um – nach Ansicht                                                                     gelegen habe (T35 sowie T86). Sie
der Kampfrichterin drehte er einen kleinen                                                                  hätte demnach nach Feststellung
Kreis auf der Bahn – und gab gegenüber                                                                      des Defekts den Treffer annullie-
seinem Betreuer eine emotionale Äuße-                                                                      ren und das Gefecht dort fortset-
rung von sich. Dann begab er sich sofort                                                                  zen müssen, wo die Unterbrechung
zur Startlinie. Bevor er an der Startlinie war,                                                         stattfand.
fing die Kampfrichterin bereits an, das Ge-
fechtsergebnis zu verkünden.                                                                        Das TD hätte nicht auf eine Tatsachen-
Beim Erreichen der Startlinie                                                                    entscheidung plädieren und den Protest zu-
hielt Fechter S der Kampf-                                                                       rückweisen dürfen. Denn mit der Annahme
richterin den Degen zur                                                                          der Waffe des Fechters S zur Prüfung konnte
Prüfung hin. Sie prüfte                                                                          es sich um keine Tatsachenentscheidung
die Waffe und stellte                                                                            mehr handeln. Es lag mithin eine eindeutige
zunächst fest, dass                                                                               Fehlentscheidung des TD vor.
diese nicht funktio-
nierte und ein Treffer                                                                                Ein Abstellen des TD auf eine (nicht
nicht ausgelöst werden                                                                                  protestfähige)     Tatsachenentschei-
konnte.                                                                                                  dung wäre nur möglich gewesen,
                                                                                                          wenn die Kampfrichterin die Prü-
Die Kampfrichterin an-                                                                                    fung der Waffe verweigert und da-
nullierte jedoch den                                                                                      rauf bestanden hätte, dass durch
Treffer nicht, sondern                                                                                    die Bewegung des Fechters am
erklärte, dass Fechter S                                                                                  Bahnende sie diesen und seine
unmittelbar nach dem                                                                                      Ausrüstung nicht mehr unter ihrer
Treffer noch eine Kurve                                                                                    vollsten Kontrolle gehabt habe.

                                                                                                        fechtsport magazin 06/2015                 17
TRAINING

                                                                 Für den fechtsport-Leser entdeckt:

             „Das habe ich beim Sport gelernt”
                                                                                                                                                                                                                      1

        In einer groß angelegten, aufmerksamkeitsstarken Initiative, die am 20. August 2015 begann
       und bis 2017 läuft, will der Landessportbund NRW der untrennbaren Verbindung von Sport und
                              Bildung die gebührende Anerkennung verschaffen.

 W
                     alter Schneeloch, Präsi-                                   stehen, der im Auftrag der Krupp-Stiftung                                  als Erwachsener Bewegung, Spiel und Sport
                     dent des Landessport-                                      erstellt und vor ein paar Tagen veröffent-                                 als sinn- und freudvolle Aktivitäten in seine
                     bundes Nordrhein-West-                                     licht wurde, reizen zum Widerspruch. Die                                   Freizeitgestaltung mit einbeziehen. Allein
                     falen, erklärte: „Respekt,                                 bildungspolitischen Reformen, wie Ganztags­                                diese Tatsache, dass positiv Erlebtes von
 Toleranz, Selbstbewusstsein, Verantwor-                                        schulen, das verkürzte Abitur oder die verän-                              Training und Wettkampf in der Kinder- und
 tungsgefühl oder Durchhaltevermögen - sol-                                     derten Bachelor- und Masterstudiengänge,                                   Jugendzeit sich nachhaltig positiv auf ein
 che prägenden Eigenschaften werden eben                                        seien schuld daran, dass Kinder und Jugend-                                lebenslanges Sporttreiben von Erwachsenen
 nicht nur in der Schule vermittelt. Es gibt                                    liche zu wenig Sport treiben würden.                                       auswirkt, macht den Zusammenhang von
 viele weitere Lernumgebungen, wie zum Bei-                                                                                                                Bildung und Bewegungsaktivitäten deut-
 spiel in der Familie, mit Freunden oder in der                                 Nicht die bildungspolitischen                                              lich. Training und Wettkampf sind wichtige
 Freizeit. Die größten Träger nonformaler Bil-                                  Reformen sind schuld                                                       Lernfelder für Kinder und Jugendliche. Sie
 dung sind und bleiben die Sportvereine mit                                     Es sind nicht die bildungspolitischen Maß-                                 bieten Schutz- und Entwicklungsraum, um
 ihren Angeboten.”                                                              nahmen, sondern die starren Systeme –                                      Erfahrungen im Umgang mit sich selbst, ih-
                                                                                auch die des organisierten Sports –, die                                   rem Körper und ihren Gefühlen zu sammeln
 So werde in jeder Übungsstunde, jeder Trai-                                    verhindern, dass man sich den neuen He­                                    und zu lernen, mit diesen Erfahrungen kon-
 ningseinheit und bei allen Wettkämpfen                                         rausforderungen offensiv stellt. „Es gibt für                              struktiv umzugehen. Im Vordergrund steht
 wertvolle Bildungsarbeit geleistet. Hier sind                                  Kinder und Jugendliche nichts Besseres, als                                die Förderung der motorischen Entwicklung
 also die Fachverbände und Vereine ange-                                        über den Sport zu lernen, was Leistung ist,                                und die Vermittlung von Gefühlen, des
 sprochen – auch die im Fechtsport und nicht                                    aber auch, was Kameradschaft bedeutet”,                                    Selbstwerts und der Zugehörigkeit.
 nur die in NRW. Und wenn dabei besonders                                       sagte Bundesinnenminister Thomas de Mai-
 die Politik erwähnt wird, neben der Förderung                                  zière bei der Vorstellung des Berichts in der                              Pädagogische Führung ist gefragt
 von Bewegung oder gesundheitlichen Aspek-                                      Essener Villa Hügel. Bewegung und Sport                                    Ich selbst favorisiere, den psychologisch-
 ten – auch den teilweise noch unterschätzten                                   sind Elemente der Bildung und Erziehung                                    tätigkeitsorientierten Ansatz der Theorie der
 Bildungszusammenhang stärker für ihre Etat-                                    und wichtige Bestandteile unseres Lebens                                   Lerntätigkeit auf Trainingsprozesse zu über-
 planungen zu berücksichtigen, dann geht es                                     und damit der Gesellschaft. Und das kann                                   tragen, weil es damit, nach meiner Ansicht,
 auch um die Erschließung von unterstützen-                                     man auch in einem guten Miteinander von                                    am besten gelingt, von der genetischen Kon-
 den Ressourcen, ideeller und materieller Art.                                  Schule und Verein sehen. Beide Seiten wer-                                 stitution ausgehend, das eigene Handeln
                                                                                den davon ihren Nutzen haben.                                              und Selbstwertgefühl auszubilden und die
 Nun könnte ich sagen: „Wieder einmal eine                                                                                                                 Einordnung in die soziale Umwelt zu fördern.
 Kampagne!“ Die umfangreichste, auch in-                                        Sport ermöglicht die Vermittlung von Freu-                                 (Ich kann etwas!). Das daraus abgeleitete
 ternational initiierte, fand mit dem „Europä-                                  de, Erlebnis und sozialem Kontakt und steht                                Konzept „Trainingstätigkeit” ist auf wertvolle
 ischen Jahr der Erziehung durch Sport“ im                                      auch für Grundwerte wie:                                                   Bildungsinhalte orientiert, auf Selbstzielstel-
 Jahre 2004 statt. Ergebnisse und vielerlei                                     • Leistungsfähigkeit und Gesundheit,                                       lung, Selbstmotivation, Selbstkontrolle und
 Anregungen sind in einem Sammelband zu-                                        • Teamfähigkeit und Fairness und                                           Selbstbewertung. Doch dazu hatte ich im
 gänglich2. Doch das Thema ist viel zu wich-                                    • ganzheitliche Bildung.                                                   fechtsport in den Jahren 2005 bis 2007
 tig, als einfach zur Tagesordnung übergehen                                                                                                               in insgesamt 10 Beiträgen und in zweien
 zu können. Und dafür werden die Argumente                                      Wer als Kind mit Freude Sport treibt, wird                                 in jüngster Zeit3 vielfältige Anregungen
 und Ansätze, wie man denn Sport und Bil-                                       dies auch als Erwachsener noch tun! Wer als                                zur pädagogischen Führung dieses Prozes-
 dung effektiv zusammenbringt, zu kontrovers                                    Kind oder Jugendlicher positive Erlebnisse                                 ses gegeben. Das ist nach wie vor aktuell.
 diskutiert. Schon alleine die Argumente, die                                   und wertvolle Bewegungs- und Körpererfah-                                  Ein wichtiges Erziehungs- und Bildungsziel
 im Deutsche Kinder- und Jugendsportbericht                                     rungen im Training sammelt, der wird auch                                  dabei ist es, und das war die Kernaussage,

     1 Kampagne des Landessportbundes NRW bis 2017; Internetauftritt (www.beim-sport-gelernt.de)
     2 Petry, K., Jesse, B. & Tokarski, W. (Hrsg.). (2006).Wie sieht die bewegte Zukunft aus? Ergebnisse und Perspektiven des Europäischen Jahres der Erziehung durch Sport 2004 (EJES). Dokumentation der nationalen Abschluss-
       veranstaltung am 10. Dezember 2004 an der Deutschen Sporthochschule Köln. Köln: SPORT und BUCH Strauß.
     3 Herausbildung der Handlungskompetenz bei Kindern im fechtsportspezifischen Vereinstraining. 33. (2014)2, S. 20/21. Es gibt die Lust am Überwinden. 34. (2015)2. S. 20/217.

18                 fechtsport magazin 06/2015
dass die Kinder und Jugendlichen lernen,
ihr Anspruchsniveau und damit die Aufga-
benschwierigkeit selbst zu bestimmen und
behutsam zu steigern. Fast 90 % der Eltern
wollen ihre Kinder heute zu starken und
selbstbewussten Persönlichkeiten erziehen.
So zumindest wird es in Umfragen und Ge-
nerationenbarometer geschätzt. Selbstver-
trauen ausprägen, persönliche Fähigkeiten
entfalten und sich durchzusetzen, domi-
nieren. Und genau diese Bildungsziele set-
zen wir uns im Nachwuchstraining Fechten
auch. Das wäre doch der Ansatz, mit dem
sich „Fechten“ an der Initiative „Das habe
ich beim Sport gelernt” beteiligen könnte.
Hier spreche ich den Spitzenverband und
die Landesfachverbände ebenso an, wie die
Vereine und die tätigen Übungsleiter, Trai-
ner und Funktionsträger. Die Fechterjugend
wird sicher schon Aktivitäten geplant haben,     Im Trainingsprozess entwickeln sich Über-       Im Zusammenhang mit der Initiative sollten
denn Bildung ist ja ihr Hauptanliegen.           zeugungen und Einstellungen, die in star-       Sie sich in den Gremien und den Trainerbe-
                                                 kem Maße handlungswirksam werden. Sie           sprechungen u. a. folgende Fragen stellen:
Der Aneignungsprozess ist dabei direktes         bilden sich auf der Grundlage von Wissen        • Welche Bildungsaufgaben kann ein
Ziel und direkte Aufgabe. Für die pädago-        und Erfahrungen heraus und sind zugleich            Trainer im Breiten- und im Spitzensport
gische Führung und die methodische Ge-           Motive des Handelns der jungen Sportler.            übernehmen?
staltung des Nachwuchstrainings ist dies                                                         • Wie können diese Aufgaben praktisch
wichtig, weil Ergebnisse der Tätigkeit nicht     In diesem Sinne wirkt Kindertraining erzie-         umgesetzt werden und mit welchen Mit-
unmittelbar von den äußeren Einwirkungen         hend, lehrend und lernend, sozialisierend           teln und Methoden?
und Führungsmaßnahmen abhängen, son-             und ist erlebniswirksam.                        • Welche Chancen hat der Trainer mit sei-
dern davon, welche Handlungen in welcher                                                             ner Tätigkeit, zur Erziehung und Bildung
Qualität und Intensität der junge Sportler       Ergänzend zur Aussage der dafür ausgebil-           seiner Fechtschüler beizutragen?
selbst am Trainingsgegenstand ausführt.          deten Übungsleiter und Nachwuchstrainer         • Kann er einen Ausgleich dafür schaffen,
                                                 einige pädagogisch-psychologische Fähig-            was Eltern und Schule vielfach nicht
Ich möchte das Verhältnis von Qualifikation,     keiten, über die ein Nachwuchstrainer ver-          mehr leisten können oder wollen und
Kompetenz und Bildung etwas veranschau-          fügen sollte:                                       was kann er nicht leisten?
lichen (s. Abb.). Um dieses Grundkonzept         • Wissen und Können zu vermitteln und           • Wie kann das Netzwerk zwischen Trai-
und die darauf basierenden Lehr- und Lern-           entwickeln zu lassen (methodische Fä-           ner, Eltern und Lehrern funktionieren?
methoden zur Wirkung zu bringen, bedarf es           higkeit);                                   • Worin bestehen die Unterschiede bei
dafür ausgebildeter Übungsleiter und Trai-       • Verständnis und Geduld für Schwierig-             der Trainerausbildung für den Breiten-
ner. In der Erstausbildung könnte dies integ-        keiten haben (alles verstehen, aber nicht       und den Spitzensport?
rierter Bestandteil sein. In der Weiterbildung       alles verzeihen);                           • Wo liegen die Akzente in der Ausbil-
bietet sich dieses Thema ja geradezu an.         • pädagogisch-psychologische Beobach-               dung der Fechter unterschiedlicher Al-
                                                     tungsfähigkeit und Gefühl für das Maß           ters-, Leistungs- und Zielgruppen?
Handlungskompetenz als Basisbefähigung               der Einwirkung;                             • Haben wir ein Konzept für die Einbe-
des gebildeten Athleten schließt Selbstkom-      • Vertrauen erreichen – Verantwortung               ziehung von Migranten in unser Ausbil-
petenz und Sozialkompetenz ein und ist Vo-           übertragen;                                     dungssystem?
raussetzung für engagierte und motivierte        • Entwicklungen vorausschauen können            • Haben wir „Qualitätsstandards”, damit
Eigenaktivität und Einübung auch demo-               (Projektion der Persönlichkeitsentwick-         Qualität bei der Bildung greifbar wird?
kratischer und fairer Verhaltensweisen. Der          lung);
gebildete Fechter hat Sachkompetenz in sei-      • organisatorische Fähigkeiten (Planung,        Letztlich gilt es, die vielfältigen Bildungs-
ner Sportart, versteht durch Grundkenntnis-          Gestaltung, Nutzung sich bietender Si-      möglichkeiten, die es im Fechtsport gibt,
se in der Trainingslehre, warum er wie und           tuationen);                                 aufzuarbeiten und gezielt zu nutzen. Unsere
was trainiert, kann sich selbst einschätzen,     • Emotionalität (auch Humor) und Bild-          Kinder und Jugendlichen haben ein Recht
hat Selbstvertrauen und kann selbstbewusst           haftigkeit in der Sprache und der Dar-      auf eine ganzheitliche und ausgewogene
Entscheidungen treffen. Und er hilft ande-           stellung;                                   Bildung. Und die Eltern sollten sich darauf
ren. Er kann sich auch Widrigkeiten wider-       • Zuverlässigkeit und Berechenbarkeit           verlassen können, dass dies im Interesse ih-
setzen, Dopingangeboten oder sexuellen               (Einheit von Wort und Tat), gerecht und     rer Kinder im Fechttraining realisiert wird.
Belästigungen beispielsweise.                        objektiv.                                                                    Berndt Barth

                                                                                                       fechtsport magazin 06/2015            19
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