Dialog und Entscheidung - Darmstadt weiter voranbringen - Bündnis 90/DIE GRÜNEN Darmstadt CDU Darmstadt

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Dialog und Entscheidung - Darmstadt weiter voranbringen - Bündnis 90/DIE GRÜNEN Darmstadt CDU Darmstadt
Dialog und Entscheidung –

Darmstadt weiter voranbringen

Koalitionsvertrag

zwischen

Bündnis 90/DIE GRÜNEN Darmstadt

und

CDU Darmstadt

für die Legislaturperiode 2016 bis 2021
Inhalt

      Präambel                                                                  3

1.    Für eine starke, verlässliche und inklusive Bürgerbeteiligungskultur      7

2.    Nachhaltig wirtschaften, intelligent sparen – Stärkung der Gestaltungs-   9
      kraft für ein Mehr an Generationengerechtigkeit

3.    Soziale Verantwortung, solidarisches Handeln, Bildung von Anfang an       21

4.    Gleiche Rechte, mehr Chancen – bessere Perspektiven für Frauen            32

5.    Darmstadt interkulturell und international entwickeln                     33

6.    Willkommenskultur und Integration gemeinsam schaffen                      35

7.    Darmstadt lebenswert gestalten und 10.000 Wohnungen bauen                 37

8.    Intelligent vorankommen                                                   40

9.    Green Smart City gemeinsam ausbauen                                       46

10.   Tradition und Moderne entfalten                                           52

11.   Darmstadt in Bewegung halten                                              55

12.   Bürgerservice – analog und digital                                        60

13.   Sicheres Darmstadt – erst präventiv, dann repressiv                       62

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Präambel

In der Wissenschaftsstadt Darmstadt haben die Wählerinnen und Wähler im März 2016
Bündnis 90/DIE GRÜNEN und der CDU den Auftrag erteilt, den erfolgreichen
kommunalpolitischen Aufbruch, den das ökologisch-bürgerliche Bündnis seit 2011 in
unserer Stadt begonnen hat, fortzusetzen. Gleichzeitig werden wir, GRÜNE und CDU, den
eingeschlagenen Weg, Angebote an andere kommunalpolitische Akteurinnen und Akteure
zu machen, einen fairen Stil der kommunikativen Auseinandersetzung zu gestalten und
dialogische Entscheidungsfindungen für unsere Stadt zu suchen, weiter verfolgen. Der
Koalitionsvertrag zwischen GRÜNEN und CDU ist die Grundlage für diese doppelte
Aufgabe. Wir sind davon überzeugt, dass er eine trag- und anschlussfähige Basis für
gemeinsame kommunalpolitische Diskussionen und Ent-scheidungen in den kommunalen
Gremien ist und für den Souverän, die Darmstädter Bürgerschaft, verlässliche und
zukunftsfähige Stadtentwicklungsperspektiven bietet.

Wir werden zusammen mit der Darmstädter Stadtgesellschaft und der Stadtwirtschaft
unsere Stadt als moderne und weltoffene Bürgerstadt und als dynamischen Wissen-
schafts- und Wirtschaftsstandort stärken. Unser Ziel ist es, Darmstadt wirtschaftlich
prosperierend, sozial gerecht, ökologisch verantwortlich und regional sowie international
in Partnerschaft und mit Neugier auszurichten. Die Geschichte unserer Stadt hat immer
wieder unter Beweis gestellt, dass Neues entstehen kann, dass Innovationen wirksam
werden, dass Zukunftsweisendes nicht nur entworfen, sondern auch realisiert wird.

In den dreizehn im Koalitionsvertrag beschriebenen kommunalen Handlungsfeldern

1.     Bürgerbeteiligung
2.     Wirtschaft und Wissenschaft, Finanzen und Verwaltung
3.     Soziales und Bildung
4.     Frauenpolitik
5.     Interkulturelles und Internationales
6.     Willkommenskultur und Integration
7.     Stadtentwicklung und Wohnen
8.     Mobilität und Verkehr

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9.     Klima-, Umwelt- und Energiepolitik
10.    Kultur
11.    Sport
12.    Bürgerservice
13.    Sicherheit und Ordnung

sind für uns die zentralen Herausforderungen der Stadtpolitik der nächsten fünf Jahre
dargelegt.

Für eine wachsende, funktionierende Stadtgesellschaft gilt es, die Potenziale unserer Stadt
weiter zu entfalten. Unser Koalitionsvertrag greift strukturelle und individuelle
Perspektiven und Lösungsstrategien für die aktive Gestaltung der Stadt auf.
Bürgerbeteiligung, moderne Verwaltungsstrukturen, stadtteilorientierte Arbeit und auf
Ressourcen ausgerichtete Planung sind die prinzipiellen Leitlinien unseres Handelns.

Vieles ist in der vergangenen Legislaturperiode erreicht und verbessert worden: Ausbau
der Kinderbetreuung bis an die Spitze Hessens, Aufbau einer offenen
Bürgerbeteiligungskultur, Haushaltsausgleich und Beginn des Schuldenabbaus, Stärkung
und demokratische Kontrolle der Stadtwirtschaft, insbesondere im städtischen Klinikum
und bei der ENTEGA, systematische Kommunikation zum Wirtschafts- und
Wissenschaftsprofil, Straßensanierungsprogramm und Fortführung der Schulbausanierung,
Planungssicherheit für kulturelle, soziale und sportliche Initiativen, Start der Konversion im
Wohnungs- und Gewerbe-Bereich (Lincoln-Siedlung, Kelley-Barracks, Nathan-Hale-Depot),
Verdreifachung des sozialen Wohnungsbaus, Einigung mit der Region und dem Land
hinsichtlich der ICE-Anbindung Darmstadts, eine bundesweit beachtete Aufnahme und
Integration von Geflüchteten, erfolgreiche Bewerbung für die Landesgartenschau und
starke Leistungen auf dem Weg zum Welterbe Mathildenhöhe. Viele weitere Projekte
könnten hier benannt werden.

Neben dem Erreichten und Begonnenen gibt es Daueraufgaben, geplante Projekte und
große Stadtentwicklungsmaßnahmen, die wir kraftvoll und entschlossen, aber auch mit
der notwendigen Reflexion und Beteiligung der anderen kommunalen Partnerinnen und
Partner sowie der Darmstädter Bürgerschaft anpacken und realisieren werden. Dies wird
durch eine konsequente Fortsetzung der Haushaltskonsolidierung ermöglicht: Entwicklung

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neuer Stadtteile (Lincoln, Jefferson, Cambrai-Fritsch) und Bau von 10.000 neuen
Wohnungen, Neubau des Berufsschulzentrums Nord, Stärkung der Mobilität für alle durch
Ausbau von Öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV) und Radwegenetz, Umbau des
Böllenfalltor-Stadions, Neubau des Nordbads, Neugestaltung des Stadteingangs
Rheinstraße und die kluge Entwicklung einer internationalen Stadt sind für uns teilweise
schon in Angriff genommene, zentrale Entwicklungsanforderungen. Darüber hinaus sind
im Koalitionsvertrag für unsere kommunalen Ziele differenzierte Vorschläge und Konzepte
formuliert, die wir im Dialog mit der Stadtgesellschaft verbessern und realisieren werden.

Beide Partner werden gemeinsam und unabhängig von der jeweiligen Magistrats- und
Ressortzuständigkeit mit dem direkt gewählten Oberbürgermeister und jeweils zwei
hauptamtlichen Dezernentinnen und Dezernenten für eine transparente, professionelle,
effektive und effiziente Verwaltung zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger einstehen. Wir,
GRÜNE und CDU, werden auch die kommende Legislatur-periode zusammen gestalten,
im gegenseitigen Vertrauen, das in den vergangenen Jahren gewachsen ist. Wir haben
den festen Willen zu einer verlässlichen und verantwortlichen Kooperation. Wir sind
bereit, im Interesse der Stabilisierung und Berechenbarkeit der Stadtpolitik, insbesondere
in Haushaltsfragen und bei Wahlen von Dezernentinnen und Dezernenten, neue Modelle
der Mehrheitsfindung mit einem oder weiteren Partnern zu vereinbaren und zu
entwickeln. Wir, GRÜNE und CDU, werden für die gesamte Politik der Koalition
gemeinsam Verantwortung übernehmen. Unterschiedliches Abstimmungsverhalten
innerhalb der Koalition wird es nicht geben.

Wir sind zuversichtlich, dass bei dem Vielen, was uns eint, und dem gegenseitigen
Verständnis für das, was uns trennt, immer einvernehmlich Lösungen gefunden werden,
für ein dynamisches, wirtschaftlich starkes, sozial gerechtes, ökologisch verantwortliches
und internationales Darmstadt.

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Darmstadt, 23. Juni 2016

                                         Jochen Partsch
                                         Oberbürgermeister

Hildegard Förster-Heldmann              Dr. Jürgen Deicke                 Paul Georg Wandrey
Parteisprecherin und                     Parteisprecher B'90/DIE GRÜNEN   Kreisvorsitzender CDU
Fraktionsvorsitzende B'90/DIE GRÜNEN

Yücel Akdeniz                                                                   Hartwig Jourdan
Fraktionsvorsitzender B'90/DIE GRÜNEN                                      Fraktionsvorsitzender
CDU

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1. Für eine starke, verlässliche und inklusive Bürgerbeteiligungskultur

Eine starke parlamentarische Demokratie braucht auch eine starke und verlässliche
Bürgerbeteiligung. Hier sind wir in Darmstadt in den letzten Jahren sehr weit
vorangekommen und werden den Weg konsequent fortsetzen, um einen guten Dialog
zwischen Bürgerschaft, Politik und Verwaltung zu ermöglichen.

Der erfolgreich begonnene Prozess zur Umsetzung der Leitlinien zur Beteiligung der
Bürgerinnen und Bürger in Darmstadt wird fortgeführt, indem wir die erarbeiteten
Vorgehensweisen weiter implementieren und bei Bedarf immer wieder nachsteuern. Die
Verankerung der Regeln in der Stadtverwaltung hat bereits begonnen und ist in Form der
Vorhabenliste, des 1. Bürgerbeteiligungsberichts der Wissenschaftsstadt Darmstadt und
durch viele konkrete Beteiligungsverfahren sichtbar geworden.

Die frühzeitige Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an Planungen und Vorhaben in
der Stadt ist für uns ein Grundprinzip politischen Handels. Bürgerbeteiligung bereitet
parlamentarische Entscheidungen vor und ermöglicht eine breite Abwägung zwischen den
verschiedenen Interessen und Einschätzung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger.
Damit können wir das Wissen und die Erfahrungen möglichst vieler Menschen
einbeziehen und in der Abwägung der besten Entscheidung berücksichtigen. Die
Verantwortung über politische Entscheidungen liegt letztendlich beim Magistrat und der
Stadtverordnetenversammlung.

Wir unterstützen den Ansatz einer Politik des Gehörtwerdens für alle. Bürgerbeteiligung
ist für uns mehr als die Beteiligung an städtischen Planungen und Vorhaben, sie schließt
auch die Beteiligung durch eigene Initiativen, politische Aktionen und Engagement für
das Gemeinwohl ein. Wir wollen die Möglichkeiten stärken, dass Bürgerinnen und Bürger
eigene Projekte und Themen auf die politische Agenda bringen können.

Wir begrüßen es, dass sich die Darmstädterinnen und Darmstädter engagieren und mit
ihren Ideen und Vorschlägen für eine nachhaltige, gute Entwicklung in den Darmstädter
Quartieren, Stadtteilen und der Gesamtstadt einsetzen. Der Grundsatz der inklusiven
Bürgerbeteiligung für alle in Darmstadt wird mit uns konsequent weiterentwickelt, indem

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wir auf barrierearme Beteiligungsmethoden achten und den Ausbau der
Gemeinwesenarbeit und der Stadtteilforen unterstützen.

Wir werden eine starke, verlässliche und inklusive Bürgerbeteiligungskultur fortführen und
weiterentwickeln, indem wir folgende Schwerpunkte setzen:

      Die Stabsstelle im Dezernat des Oberbürgermeisters wird zu einer zentralen
       Koordinations- und Servicestelle für alle Bürgerbeteiligungsfragen ausgebaut.

      Wir werden dafür sorgen, dass regelmäßig ein Bürgerbeteiligungsbericht vorgelegt
       wird, um Rechenschaft über die Bürgerbeteiligungsaktivitäten eines Jahres
       abzulegen, die Leitlinien zur Bürgerbeteiligung weiterzuentwickeln und Transparenz
       sicherzustellen.

      Die Vorhabenliste als zentrales Informationsangebot über Vorhaben und
       Planungen der Stadt wird als verlässliches Angebot ausgebaut.

      Wir werden Regeln und Möglichkeiten zur Einbringung von eigenen Vorschlägen
       durch Bürgerinnen und Bürger schaffen und den Bürgerhaushalt weiterentwickeln.

      Die Mitwirkungsmöglichkeiten der Beiräte, Ausschüsse, Stadtteilforen und -runden
       sowie anderer beratender Gremien werden erhalten und gestärkt. Sie stellen eine
       wichtige Schnittstelle zwischen Bürgerschaft und Magistrat dar.

      Die Beteiligung von Menschen, die sich bisher wenig oder gar nicht angesprochen
       fühlen bzw. mitmachen können, wollen wir stärken. Hierzu werden wir Barrieren
       analysieren und abbauen.

      Wir unterstützen den Ausbau der Gemeinwesenarbeit, um möglichst kleinräumige
       Prozesse zur Stärkung der politischen Teilhabe umzusetzen und dem Eindruck,
       dass die eigene Stimme nicht zähle, mit konkreten Erfahrungen entgegenzuwirken.

      Wir werden frühzeitige Beteiligungsangebote weiter ausbauen, damit die
       Ergebnisse der Beteiligungsverfahren gesichert werden und in die politische
       Beratung einfließen können.

      Wir werden weiterhin Bürgerinformationsveranstaltungen, repräsentative

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Bürgerumfragen, Planungswerkstätten, Online-Beteiligung und weitere Verfahren
    der Bürgerbeteiligung anbieten und diese möglichst barrierearm gestalten.

   Wir werden die Organisationsform der Bürgerstiftung Darmstadt überprüfen und
    stärkere Beteiligungsmöglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger suchen.

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2. Nachhaltig wirtschaften, intelligent sparen – Stärkung der
Gestaltungskraft für ein Mehr an Generationengerechtigkeit

Eine solide Finanzpolitik ist die Basis für eine nachhaltige Entwicklung unserer Stadt. Wir
wollen Darmstadt aktiv gestalten, ohne die Generationengerechtigkeit zu gefährden. Die
Finanzlage der Wissenschaftsstadt Darmstadt hat sich in der vergangenen
Legislaturperiode durch eine entschlossene Konsolidierung des städtischen Haushalts und
eine am Machbaren orientierte Politik deutlich verbessert. Der angestrebte
Haushaltsausgleich konnte erreicht werden. Damit wurden wesentliche Grundlagen für
eine Fortentwicklung unserer Stadt und der kommunalen Infrastruktur geschaffen.

In den kommenden fünf Jahren wollen wir jährlich Überschüsse zum Abbau der Schulden
und der Stärkung der Infrastruktur verwenden. Wir müssen handlungsfähig bleiben, den
Sanierungsstau weiter abarbeiten und dem Wachstum der Stadt Rechnung tragen.
Investitionen mit finanzieller Rendite für den Haushalt müssen sein, damit Darmstadt
attraktiv und innovativ bleibt.

Haushaltsausgleich

Der jährliche Ausgleich zwischen Einnahmen und Ausgaben muss weiterhin ein
wesentliches Hauptziel der Kommunalpolitik bleiben; nicht ausgeglichene Haushalte und
eine Deckung der Ausgaben über Kassenkredite müssen auf jeden Fall vermieden werden.

      Um die finanzielle Lage der Stadt nachhaltig zu stabilisieren, ist der
       Haushaltsausgleich nicht ausreichend. Daher ist ab dem Haushaltsjahr 2017 im
       Ergebnishaushalt ein Überschuss von mindestens 10 Mio. Euro anzustreben, um
       die Kassenkredite abzusenken. Dies ist in der Haushaltssatzung zu verankern.

Abbau der Verschuldung

Nur durch die dauerhafte Erzielung von Überschüssen im Ergebnishaushalt ist es möglich,
die hohe Verschuldung der Wissenschaftsstadt Darmstadt schrittweise zurückzuführen.
Dies ist vor allem für die Kassenkredite dringend geboten, da diesen keine Sachwerte

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gegenüberstehen und der Haushaltsausgleich derzeit auch durch das günstige Zinsniveau
auf den Kapitalmärkten begünstigt wird.

       Der Höchstbetrag der Kassenkredite, derzeit 285 Mio. Euro, muss sukzessive
        zurückgeführt werden. Minimalziel ist eine Rückführung von 10 Mio. Euro pro Jahr.

       Mit der langfristigen Zinssicherung eines Großteils der Kassenkredite sind im Jahr
        2015 eine wirksame Risikobegrenzung und der Einstieg in eine systematische
        Reduzierung der Kassenkredite gelungen. Dies wollen wir fortführen und bei
        Bedarf innovative Finanzierungsinstrumente nutzen.

       Für den Gesamtbestand aller Kredite des Kernhaushalts und der Eigenbetriebe soll
        ein mittel- und langfristiger Tilgungsplan entwickelt werden. Aufgrund des hohen
        Bestandes an städtischen Bürgschaften sollen diese in Zukunft nur noch in
        unumgänglichen Ausnahmefällen gewährt werden. Bestehende Bürgschaften sind
        mit dem Abbau der zugrunde liegenden Kreditgeschäfte zurückzuführen.

Fortsetzung der Haushaltskonsolidierung

Auch wenn der Haushaltsausgleich 2016 erstmalig gelungen ist und sich die Finanzlage
der Stadt spürbar verbessert hat, begreifen wir die Konsolidierung der städtischen
Finanzen als Daueraufgabe. Eine regelmäßige Überprüfung der kommunalen
Leistungserstellung und Angebote sowie die Fortführung des erfolgreichen
Konsolidierungspfades sind schon deshalb erforderlich, da den Kommunen regelmäßig
neue Aufgaben und Herausforderung erwachsen, welche den zurückgewonnenen
finanziellen Handlungsspielraum tendenziell wieder einengen und den Haushaltsausgleich
gefährden.

Auch weiterhin setzen wir auf den Dreiklang aus Einsparungen, Einnahmeerhöhung und
Effizienzsteigerung. Alle Investitionen müssen auf ihre Folgekosten hin untersucht werden.
Vorrang haben Bildung, Betreuung und der Erhalt und die Sanierung der vorhandenen
Infrastruktur.

       Angesichts der hohen Verschuldungssituation unserer Stadt und der
        eingeschränkten Möglichkeit einer zusätzlichen Nettoneuverschuldung ist eine

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stringente Investitionspriorisierung notwendig.

      Die angespannte Haushaltssituation lässt zurzeit keine Spielräume für die Senkung
       von Steuern und Abgaben zu. Darmstadt braucht vielmehr diese Einnahmen, um
       die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts zu gewährleisten.

Es müssen alle Möglichkeiten zur Einnahmenerhöhung ausgeschöpft werden.

      Wir wollen das Finanzmanagement auf die Nutzung von Landes-, Bundes- und
       EU-Programmen zur Kofinanzierung kommunaler Aufgaben ausrichten.

      Beteiligungsverkäufe und Sondererlöse werden wir nicht konsumtiv im
       Ergebnishaushalt verwenden, sondern nur für wichtige Investitionen und zum
       Schuldenabbau einsetzen.

      Die Gespräche mit dem Landkreis Darmstadt-Dieburg zur gerechten finanziellen
       Lastenverteilung für die Leistungen des Oberzentrums Darmstadt, insbesondere
       hinsichtlich der Investitionen für den Neubau oder die Sanierung der Schulen und
       hinsichtlich der Angemessenheit der Gastschulbeiträge, werden fortgeführt.

      Städtische Gebühren müssen weiterhin regelmäßig auf Kostendeckung hin
       überprüft werden. Fairen Leistungen muss stets ein fairer Preis gegenüberstehen.
       In den letzten Jahren konnten die Abwassergebühren deutlich gesenkt und die
       Müllgebühren trotz jährlicher Kostensteigerungen stabil gehalten werden. Wir
       werden weiterhin bei allen städtischen Betrieben die Betriebsabläufe optimieren
       und Synergieeffekte heben, um die Gebühren für die Darmstädter Bürgerschaft so
       niedrig wie möglich zu halten.

Zur Steigerung der Effizienz müssen Verwaltungsabläufe und -strukturen modernisiert
werden. Möglichkeiten zur Kooperation mit anderen öffentlichen Einrichtungen und
Gebietskörperschaften sowie privaten Akteurinnen und Akteuren wollen wir ausschöpfen.

      Die Beschäftigten der Wissenschaftsstadt Darmstadt sind die Garantinnen und
       Garanten sowie die Leistungsträgerinnen und -träger einer bürgernahen und
       modernen Verwaltung. Wir werden daher alle Instrumente zur Stärkung der
       Personalentwicklung nutzen und diese gemeinsam mit den

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Beschäftigtenvertretungen (Personalrat und Gesamtpersonalrat) entwickeln.

      Wir werden die Verwaltungsstrukturen einem Benchmarking unterziehen.

      Die Anreizmechanismen für Einsparvorschläge seitens der städtischen
       Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen verbessert werden.

      Dezentrale Finanz- und Ressourcenverantwortung soll dazu beitragen, dass alle
       Verwaltungseinheiten Anreize für eigenständige intelligente Konzepte erhalten.

      Doppelstrukturen in der Verwaltung müssen abgebaut werden.

Haushaltsplanung fortentwickeln: transparent, früh, langfristig

Nach wie vor gilt: Die Haushaltskonsolidierung kann nur gelingen, wenn sie von den
Bürgerinnen und Bürgern mitgetragen wird. Daher wollen wir mit den Menschen in der
Stadt über Investitionen und Einsparungen auch weiterhin ins Gespräch kommen.

In der abgelaufenen Legislaturperiode ist es gelungen, das städtische Finanzwesen auf
einen aussagekräftigen Produkthaushalt umzustellen, ein unterjähriges Berichtswesen
einzuführen und durch die zügigere Aufstellung der Jahresabschlüsse schneller
Rechenschaft über abgelaufene Haushaltsjahre zu führen. Hierdurch wurde auch die
Arbeit der Stadtverordnetenversammlung gestärkt.

      Der Produkthaushalt soll weiter verfeinert und unter Mitwirkung der
       Stadtverordnetenversammlung um weitere aussagekräftige Kennzahlen ergänzt
       werden.

      Auch der erfolgreich eingeführte Bürgerhaushalt soll unter Beteiligung der
       Stadtverordneten und der Bürgerschaft verfeinert und auf die Stadtteile in
       entsprechender Form angewandt werden.

      Eine Transparenz des Haushalts ist uns wichtig. Der Zugang zu den Daten und
       Informationen soll mit modernen Mitteln verständlich visualisiert und zugänglich
       gemacht werden.

      Die Stadtteilforen sollen in die Vermittlung des Haushalts einbezogen werden.

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   Der Ausbau des unterjährigen Berichtswesens wird fortgeführt, um das bereits
       bestehende Frühwarnsystem in seiner Funktionsfähigkeit zu stärken und
       Steuerungsinstrumentarien für die städtischen Finanzen und für die
       Produkterstellung zu erhalten.

      Ende 2016 werden die Jahresabschlüsse des Kernhaushalts und der Eigenbetriebe
       für die vorangegangenen Jahre vollständig vorliegen und ab dem Haushaltsjahr
       2017 stets zeitnah erstellt.

      Um Außenstände zeitnäher einzubringen, ist das städtische
       Forderungsmanagement zu stärken und die Einbeziehung privater Unternehmen
       im Sinne eines Factorings zu prüfen.

      Durch eine rechtzeitige Einbringung des Haushalts mit allen erforderlichen
       Unterlagen in die Beratungen der städtischen Gremien werden wir auch in den
       kommenden Jahren die Grundlagen für eine schnelle Haushaltsgenehmigung
       durch die Kommunalaufsicht schaffen und somit weiterhin für eine hohe
       Planungssicherheit für Bürgerschaft, Kreative und Vereine sorgen.

Investitionen in Effizienz und Substanzerhaltung haben Priorität

Eine nachhaltige Verbesserung von Lebensqualität und Funktionalität der Infrastruktur
muss Ziel aller Investitionen sein. Vorrang vor baulichen Erweiterungen und Neubauten
hat eine nachhaltige Bestandserhaltung.

      Die Sanierung des Berufsschulzentrums Nord hat für uns oberste Priorität, da die
       Sicherung der beruflichen Ausbildung für die jungen Menschen in Stadt und
       Region zentrale Aufgabe der Kommunalpolitik ist und qualifizierte Fachkräfte in
       einem dynamischen Wirtschaftszentrum gebraucht werden.

      Das erfolgreiche Schulbausanierungsprogramm muss weitergeführt werden.

      Das Sanierungsprogramm für den öffentlichen Raum soll fortgeführt werden und
       insbesondere auch Fuß- und Radwege, Grünanlagen und Plätze berücksichtigen.
       Eine Reduzierung der Mittel führt zu erneutem Substanzverzehr.

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   Zum Erhalt und zur Weiterentwicklung der sportlichen Infrastruktur werden wir
    konsequent den Umbau des Stadions am Böllenfalltor sichern. Falls rechtliche
    Einwände dies verhindern, werden wir in Abstimmung mit dem Verein eine
    alternative Lösung suchen.

   Wir werden das Nordbad neu bauen, um den Bedarfen der Bürgerinnen und
    Bürger (Familienbad), der Schulen und des Leistungssports gerecht zu werden.

   Die Verwaltungseinheiten der Wissenschaftsstadt Darmstadt sind in Gebäuden
    untergebracht, die über die ganze Stadt verteilt liegen und dem Anspruch einer
    barrierefreien und gut zugänglichen, bürgerfreundlichen Wissenschaftsstadt nicht
    überall genügen. Es besteht zudem ein hoher Sanierungsaufwand in energetischer
    und gesamtbaulicher Hinsicht. Daher muss geprüft und untersucht werden, ob
    und wie ein Zusammenlegen der Verwaltung unter den folgenden Kriterien
    gelingen kann: Barrierefreiheit, mögliche Zusammenfassung an einem Ort, gute
    Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten und Finanzierbarkeit in Relation zu
    hohen Sanierungskosten. Die Überlegungen für ein zentrales neues Rathaus auf
    dem Marienplatz werden nicht weiter verfolgt, da hier Wohnungen entstehen
    sollen.

   Wir wollen die Sanierung der Abwasserkanäle fortsetzen.

   Bei Verwaltungsgebäuden, Versammlungs- und Sportstätten ist der Sanierungsstau
    abzuarbeiten. Die Förderung von Investitionen bei Sportvereinen soll mit
    energetischen Sanierungen verbunden werden.

   Auch bei anderen städtischen Gebäuden (Schulen, Verwaltung,
    Versammlungsstätten) sowie bei den Straßenlaternen und Lichtsignalanlagen ist
    die energetische Sanierung voranzutreiben.

   Wasser- und abwasserbezogene Sanierungen sollen umgesetzt werden, z.B. durch
    wassersparende Technik und Nutzung von Brauchwasser im städtischen
    Gebäudebestand und bei Bädern.

   Der Darmbach soll vom Kanalnetz abgekoppelt werden.

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Nachhaltiges Beschaffungswesen und Green IT

Die aktuellen Vergaberichtlinien der EU-Kommission und ihre Umsetzung ins deutsche
Recht erlauben der öffentlichen Hand, Nachhaltigkeitskriterien in die Vergabe einfließen
zu lassen.

Diese Chance wollen wir nutzen, indem wir die in diesem Bereich zersplitterten,
dezentralen Aktivitäten der Stadt zusammenführen und konsequent auf eine nachhaltige
Beschaffung ausrichten. Dies wird zu einer Belebung der regionalen Wirtschaft und des
Handwerks sowie zu Innovationen im Bereich der nachhaltigen Technologien führen.

Aus der konsequenten Bündelung der Beschaffung an wenigen Stellen lassen sich neben
der Verbesserung der Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien auch eine wirtschaftlichere
Beschaffung und die Möglichkeit der Steigerung der regionalen Wertschöpfung erwarten.

Darüber hinaus braucht die Stadt Darmstadt ein Gesamtkonzept für Green IT, d.h. für eine
umwelt- und ressourcenschonende Informations- und Kommunikationstechnolo-gie für
die gesamte Stadtverwaltung. Das umfasst auch so weit wie möglich die Unternehmen
der Stadtwirtschaft. Neben der stadtkonzernweiten nachhaltigen Beschaffung von
Hardware und Software sollte darauf hingearbeitet werden, vermehrt auf Thin Clients zu
setzen, die Server-Ressourcen zu bündeln und die IT zur Unterstützung einer papierarmen
Stadtverwaltung zu stärken. Deshalb werden wir das Projekt Green Smart City
weiterverfolgen.

Durch intelligente Stadtwirtschaft die Daseinsvorsorge sichern

Die Stadt Darmstadt braucht eine starke Stadtwirtschaft. Wir werden in den nächsten
Jahren die Mehrheitsbeteiligungen an den wesentlichen Unternehmen halten. Auch
werden wir mit dem Klimabericht sicherstellen, dass die Leistungen der Stadtwirtschaft
weiterhin klar unseren Nachhaltigkeitszielen entsprechen. Das umfasst auch Maßnahmen
für die weitere Positionierung Darmstadts als Stadt der Energie-wende (insbesondere die
Ausweitung der erneuerbaren Erzeugungskapazitäten).

Für die strategische und operative Entwicklung der Unternehmen wird die breit getragene
Stadtwirtschaftsstrategie umgesetzt. Wir konzentrieren uns dabei auf ein Mehr an

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Effizienz und ein Mehr an Innnovation bei den erbrachten Leistungen. Wir werden die
Aufwandsstrukturen der Stadtwirtschaft überprüfen und weiter optimieren. Gerade in der
Bündelung von Abteilungen aus dem Finanz- und Rechnungswesen sehen wir Chancen.

Die intelligente Stadtwirtschaft wird auch durch innovative Leistungen gestärkt. Wir
werden z.B. im Rahmen eines Forschungsprojektes prüfen, inwiefern die Busflotte der
HEAG mobilo auf Elektrobusse umgestellt werden kann. Die Beteiligungsmöglichkeiten für
Bürgerinnen und Bürger bei der ENTEGA (z.B. Bürgeraktien, Kooperationen mit
Energiegenossenschaften) werden wir ausweiten und neue Angebote für eine digitale
Infrastruktur gerade auch für Unternehmen anbieten.

      Wir nutzen unsere Steuerungsmöglichkeiten für eine nachhaltige Strategie der
       Stadtrendite, die ökonomische, ökologische und soziale Wertschöpfung erbringt.
      Einen Verkauf von öffentlichem Eigentum lehnen wir ab, sofern damit die
       Grundversorgung der Bevölkerung eingeschränkt wird, dies mit dem Verlust von
       Steuerungsmöglichkeiten für elementare Bereiche der Entwicklung der Stadt
       verbunden ist oder wenn diese Beteiligungen Gewinn bringend sind.
      Die kommunale Stadtwirtschaft lebt wesentlich von der demokratischen
       Steuerung und Kontrolle. Daher werden wir überprüfen, ob und wie diese durch
       einen Rechtsformwechsel des Stadtteilmanagements verbessert werden können.

Förderung von Wirtschaft und Wissenschaft in der Schwarmstadt

Darmstadt hat sich in den letzten Jahren hervorragend entwickelt. Unsere Stadt zählt zu
den wenigen Kommunen in Deutschland mit einem überdurchschnittlichen
Bevölkerungswachstum und einem besonders hohen Anteil junger Menschen an der
Einwohnerschaft. Sie gilt heute als eine der sogenannten Schwarmstädte der
Bundesrepublik Deutschland. Namhafte Institute prognostizieren beste Zukunfts-
aussichten. Beispielsweise kürten WirtschaftsWoche und Immobilienscout24 Darmstadt
2015 zum Gewinner ihres Zukunftsrankings. Und die Industrie- und Handelskammer (IHK)
wählte die Wissenschaftsstadt im März 2015 als erstes Oberzentrum in der Region zum
"Ausgezeichneten Wohnort für Fach- und Führungskräfte".

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Begleitet wird die Zunahme der Bevölkerung von einem stetigen Wachstum der
Beschäftigung. Bei aktuell über 157.000 Einwohnerinnen und Einwohnern bietet die Stadt
mehr als 127.000 Menschen einen Arbeitsplatz. Darmstadt ist wirtschaftlich und
wissenschaftlich ein Hochkaräter. Diese Ausgangslage ist kein Zufall. Sie ist das Ergebnis
der Wirtschafts- und Wissenschaftspolitik der vergangenen Jahre, die auf Verlässlichkeit,
Beharrlichkeit und auf das Konzept der Wissenschaftsstadt setzt. Diese Chance wollen wir
nutzen. Gefragt ist fester Gestaltungswille, um Darmstadts Stärken zum Vorteil der
gesamten Stadtgesellschaft zukunftssicher und konzentriert weiterzuentwickeln. Alle hier
ansässigen Traditionsunternehmen wollen wir am Standort halten und neue
hinzugewinnen.

      Die Profilierung unserer Stadt als bedeutender Wirtschafts-, Wissenschafts-,
       Forschungs- und Hightech-Standort wird fortgesetzt. Dabei setzen wir auch auf
       die Innovationskraft des Handwerks und des Mittelstandes. Abhängig von der
       Entwicklung des Kommunalen Finanzausgleichs wollen wir als verlässlicher Partner
       der heimischen Wirtschaft den Gewerbesteuer-Hebesatz möglichst unverändert
       lassen, um den vorhandenen Unternehmen Planungssicherheit und den Anreiz für
       zusätzliche Firmenansiedlungen zu bieten.

Masterplan für die Stadt der kurzen Wege

Mit dem Masterplan Darmstadt 2030+ werden wir der Stadt endlich das jahrzehntelang
fehlende, ausformulierte Leitbild der Stadtentwicklung geben, auch in Bezug auf
Wirtschaft und Wissenschaft.

Eine Kernaufgabe der nächsten Jahre wird es dabei sein, in der wachsenden Stadt
zunehmende Flächen- und Nutzungskonkurrenzen zu moderieren. Eine wirklich
nachhaltige Stadtentwicklung muss die Lebensqualität im Blick haben und Raum für
Wohnen, Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Infrastruktur gleichermaßen bereitstellen.
Sie darf dabei nicht einseitig auf eine einzelne Funktion blicken. Neben den großen
Unternehmen benötigen gerade auch der leistungsfähige Mittelstand, Handel und
Handwerk günstige Rahmenbedingungen. Deren Bedeutsamkeit für einen

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funktionierenden, prosperierenden Stadtorganismus erkennen wir ausdrücklich an und
wollen wir stärken.

Dies werden wir im Masterplan Darmstadt 2030+ auf Basis breiter Bürgerbeteiligung und
unter Hinzunahme externer Expertise umsetzen.

      Wir werden den Unternehmen und Institutionen vor Ort weiterhin bei der
       Erstellung von betrieblichen Mobilitätskonzepten zur Seite stehen, um moderne,
       zukunftsweisende Ansätze weiter zu verbreiten, und die Wirtschaft in die
       Umsetzung des kommunalen Klimaschutzkonzepts kooperativ einbeziehen.

      Wo Gewerbeflächen sinnvoller platziert sind als Wohnen, wie im Bereich der
       Konversion West, werden wir dies umsetzen. Wo nicht mehr zeitgemäße
       Bürostandorte in neues Wohnen umgewandelt werden können, wie vielfach im
       Verlagsviertel, werden wir diese Option begleiten. Hierzu werden wir ein
       Gewerbeflächenkataster erstellen.

      In den letzten Jahren hat im wissenschaftlichen Bereich im Besonderen die
       Technische Universität (TU) ein einzigartiges Bauvolumen realisiert und
       architektonische Qualitäten geschaffen. Dies wird sich für die TU, aber auch für die
       weiteren Forschungsinstitutionen in Darmstadt, fortsetzen und wir werden es
       weiter begleiten und fördern.

      Auch der Bau des Fair-Beschleunigers der GSI im Norden der Stadt bedarf
       weiterhin unserer besonderen Aufmerksamkeit und Unterstützung.

Schwerpunkte in Wirtschaft und Wissenschaft

Einer der wesentlichen Unterschiede zwischen unserer „Wissenschaftsstadt“ und
„Universitätsstädten“ klassischer Ausprägung ist, dass Darmstadt weiterhin über einen
starken produzierenden Kern auf technologisch hohem Niveau verfügt. Die Produktion ist
ein unverzichtbares Instrument, um die Vorteile einer wissens- und technologiegeprägten
Stadtentwicklung für die gesamte Stadtgesellschaft nutzbar zu machen und dem
Aufklaffen der sozialen Schere aktiv entgegenzutreten. Dazu bekennen wir uns
ausdrücklich und halten an dem industriepolitischen Leitbild fest, das in der letzten

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Legislaturperiode gemeinsam mit dem Unternehmerverband Südhessen und dem
Deutschen Gewerkschaftsbund erarbeitet wurde.

Die große strukturelle Stärke Darmstadts ist es, mehrere in Wirtschaft und Wissenschaft
gleichermaßen vertretene Cluster auszubilden, die für Krisensicherheit und
Chancenreichtum stehen. Wir wagen es, uns ein klares Profil zu geben und uns nicht in
Beliebigkeit zu verlieren. Die Schwerpunktbranchen, auf die wir setzen, sind weiterhin
Chemie/Pharma, IT, Maschinenbau und Elektrotechnik, Kosmetik sowie Weltraum- und
Satellitentechnik.

Das Leitunternehmen des Chemie-/Pharma-Clusters, die Merck KGaA, feiert als ältestes
Unternehmen dieser Branche im Jahr 2018 sein 350. Jubiläum. Mit einem
Investitionsvolumen von rund einer Milliarde Euro wird dort derzeit der Firmenstammsitz
modernisiert und ausgebaut. Ein starkes Bekenntnis zum Standort Darmstadt und seinen
Arbeitsplätzen, das wir ausdrücklich begrüßen. Wir nehmen mögliche Fragen in der
Bevölkerung zu den Umfeld- und Verkehrswirkungen der Baumaßnahmen sehr ernst,
unterstützen aber gleichzeitig die infrastrukturellen Entwicklungen der Firma Merck.

Darmstadt als Innovationsmotor

Auf Basis der bestehenden Stärken bieten sich der Wissenschaftsstadt Darmstadt derzeit
an verschiedener Stelle Chancen, seine Position als führender Wirtschafts- und
Innovationsstandort auszubauen. Diese werden wir nutzen, indem wir positive
Rahmenbedingungen schaffen und mit Partnern zusammenarbeiten.

Dies gilt für den Bereich Green Smart City, den wir in den kommenden Jahren konsequent
verfolgen werden, um am Schnittpunkt zwischen den Möglichkeiten der Digitalisierung,
Bürgernähe und nachhaltigen Entwicklung unsere Stadt effizienter und ökologisch noch
verantwortlicher zu organisieren. Hierzu zählt auch der Energiesektor, auf dem die
Koalition der letzten fünf Jahre mit starkem Gestaltungswillen wichtige
Richtungsentscheidungen für die ENTEGA AG getroffen hat. Stadt, ENTEGA und die
Handwerkskammer haben mit der Effizienz:Klasse GmbH ein Kompetenzzentrum für
energieeffizientes und wirtschaftliches Bauen und Modernisieren geschaffen, das wir
weiterführen werden.

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   Im Cluster der Informations- und Kommunikationstechnologien erlebt Darmstadt
    derzeit einen beispielhaften Aufstieg als europäisches Zentrum der IT-Sicherheit
    im Umfeld des Fraunhofer-Instituts für Sichere Informationstechnologie SIT und
    der Technischen Universität (TU). Diese Entwicklung werden wir weiter begleiten
    und fördern, wo dies möglich ist. Gleiches gilt für das Schlagwort Industrie 4.0.,
    bei dem in Darmstadt die flexiblen, industriellen Abläufe der Zukunft erprobt
    werden und die Stadt erneut ihre Stärken in den Bereichen Maschinenbau,
    Elektrotechnik und IT voll ausspielen kann.

   Im Bereich der Raumfahrt werden wir gemeinsam mit dem Land Hessen sowie
    Partnern aus Industrie und Wissenschaft im Centrum für Satellitennavigation
    Hessen Cesah weiter raumfahrtaffine Startups fördern. Wir bieten unsere
    Unterstützung bei der wichtigen Aufgabe der Etablierung eines BesucherInnen-
    zentrums am ESOC an und wollen in Darmstadt einen international wirksamen
    Kongress im Themenfeld "Gesellschaft und Raumfahrt" etablieren.

   Im Jahr 2014 wurde auf Initiative des Oberbürgermeisters, des Präsidenten der TU
    und der Schader-Stiftung der Runde Tisch "Wissenschaftsstadt" mit den Spitzen
    aller Wissenschafts- und Forschungsinstitutionen in Darmstadt ins Leben gerufen.
    Dieses und andere Beispiele für aktive Innovationsnetzwerke in unserer Stadt
    werden wir weiter stärken. Ein Memorandum zur Wissenschaftsstadt soll Eingang
    in den Masterplan Darmstadt 2030+ finden.

   Im Segment Tourismus und Stadtmarketing ist der neu eingerichtete
    Marketingbeirat ein erfolgreiches Beispiel für die breite Beteiligungs-, Beratungs-
    und Konsultationskultur, die wir pflegen und an der wir festhalten.

   Tourismus, Kultur und Tagungswesen wollen wir enger miteinander verknüpfen, um
    uns im Wettbewerb mit anderen Städten und Regionen noch besser profilieren zu
    können.

   Darüber hinaus sind wir der Meinung, dass für das Kongresswesen und den
    Tourismus in Darmstadt eine Erweiterung der Hotelkapazitäten günstig wäre.
    Entsprechende Projekte werden wir unterstützen und im Rahmen der kommunalen

                                          21
Entscheidungsspielräume befördern.

      Eine Tourismusabgabe nach dem kommunalen Abgabegesetz zur Finanzierung von
       Marketingaufgaben wollen wir prüfen.

Neue Akzente der Wirtschaftspolitik

Neben der Förderung der klassischen Wirtschaftscluster setzen wir mit der Unterstützung
urbaner, ökologisch orientierter Unternehmen sowie der Kultur- und Kreativwirtschaft
zusätzliche Akzente. In den letzten fünf Jahren ist es beispielsweise gelungen, mit
Alnatura ein Leitunternehmen der Bio-Lebensmittelbranche mit einem umfassenden
Campus-Konzept einschließlich Kindergarten und Schulungsgärten für Darmstadt zu
interessieren. Dies stärkt den Standort nicht nur, es trägt auch zur weiteren Profilierung in
einem absoluten Zukunftssektor bei.

Begleitend hat sich Darmstadt selbst mit vielfältigen Aktionen als Fairtrade-Stadt und als
Gründungsmitglied des Netzwerks Deutscher Bio-Städte positioniert. Diesen Weg wollen
wir weitergehen, nicht zuletzt da er im weiten Bogen von der Wirtschaftspolitik über
bürgerschaftliches Engagement bis hin zum integrativen, biodynamisch geführten Lern-
und Lebensort am Hofgut Oberfeld die Stadtgesellschaft weithin integriert.

Die Kultur- und Kreativwirtschaft wiederum ist seit Gründung der Künstlerkolonie auf der
Mathildenhöhe, für die wir den Welterbestatus anstreben, insbesondere in den Bereichen
Design und Architektur, zunehmend aber auch Kommunikation und Werbung, in
Darmstadt stark vertreten. Wir setzen uns auch in Zukunft für die Ansiedlung von
Unternehmen dieser Bereiche ein, um die Standortfaktoren Design und Architektur weiter
zu stärken und zu profilieren.

Übergreifend ist es unser Ziel, die Gründung neuer, innovativer Unternehmen in
Darmstadt verstärkt zu unterstützen. Innovation und kreativer Geist müssen aus dem
universitären Umfeld in das Wirtschaftsleben überführt werden. Wir begrüßen deshalb
Projekte wie "Highest" zur Gründungsförderung an der TU sehr und sehen die IHK als
einen der bevorzugten Akteure für Kooperationen an.

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   In einem schlagkräftigen Partnerverbund wollen wir die Gründerszene beleben
       und an einem geeigneten Ort die Initiative der IHK für ein neues Technologie- und
       Gründerzentrum unterstützen. Aufmerksamkeit verdienen außerdem junge
       Initiativen wie das FabLab oder Makerspaces, die ebenso kreative Hotspots sind.

Unsere Position zu TTIP, CETA und TISA

Wir setzen uns in den Gremien der kommunalen Spitzenverbände sowie auf anderen
Ebenen dafür ein, dass bei den derzeit geführten Verhandlungen über eine transat-
lantische Handels-und Investitionspartnerschaft (TTIP) die Wahrung der europäischen
Sozial- und Umweltstandards sowie der Schutz der kommunalen Daseinsvorsorge
Beachtung finden. Das Subsidiaritätsprinzip und die Erhaltung der Gestaltungshoheit der
Kommunen bei der Daseinsvorsorge sind für uns von großer Bedeutung.
Wir setzen uns dafür ein, dass die kommunale Daseinsvorsorge, darunter insbesondere
die nicht liberalisierten Bereiche, wie die öffentliche Wasserver- und Abwasserentsorgung,
die Bereiche Abfall und ÖPNV, soziale Dienstleistungen sowie alle Leistungen der
öffentlichen Daseinsvorsorge im Kulturbereich, vom derzeit mit den USA verhandelten
Freihandelsankommen und allen weiteren Handelsabkommen explizit ausgeschlossen
werden. Wir sind im Einklang mit dem Deutschen Städtetag der Auffassung, dass die EU-
Kommission über den Verhandlungsprozess regelmäßig zu berichten hat. Die Grundsätze
der Rechtsstaatlichkeit müssen auch in Streitfällen gelten.

Regional und International

Darmstadt ist die einzige Stadt in der Metropolregion FrankfurtRheinMain, die sich
wirtschaftspolitisch im Leitbild Wissenschaftsstadt ein klares Profil gibt. Unsere Stadt ist
das Hightech-Zentrum der Metropolregion. Dieses Alleinstellungsmerkmal werden wir in
der regionalen Zusammenarbeit weiter erfolgreich einsetzen und außerdem unsere
Funktion als Brückenkopf in der Doppelregion Rhein-Main-Rhein-Neckar im Blick
behalten.

Die Internationalität und Weltoffenheit, die Darmstadt als Standort multinationaler
Einrichtungen und global agierender Unternehmen positiv ausmacht, werden wir weiter
aufgreifen. Dies gilt insbesondere für die Stärkung der Willkommenskultur und die

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interkulturelle Öffnung der Stadtverwaltung, aber auch für die Weiterentwicklung von
Städtepartnerschaften über den europäischen Tellerrand hinaus unter Einbeziehung von
Bürgerschaft, Wirtschaft und Wissenschaft. Explizit seien hier die vielversprechenden
Kontakte in die USA genannt, die wir alsbald ausbauen werden. Beispielsweise wollen wir
gemeinsam mit der Bürgerschaft eine neue Städtepartnerschaft mit der texanischen
Metropole San Antonio begründen und die Kooperationen mit Milwaukee intensivieren.

      Alle Bürger-Dienste und Informationen, die über das Internet verfügbar sind,
       müssen mehrsprachig sein. Formulare darf es nicht nur in deutscher Sprache
       geben. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt Darmstadt werden ausgebildet,
       um Beratungsgespräche auch auf Englisch führen zu können.

Einzelhandel stärken, wohnstandortnahe Versorgung sichern

Darmstadt ist mit seiner Strategie der aktiven Steuerung des Einzelhandels überregional
ein Best-Practice-Beispiel. Wir werden am bestehenden Einzelhandels- und
Zentrenkonzept nicht nur festhalten, sondern ergänzend und zur Bestätigung ein
Nahversorgungskonzept in die Gremien einbringen, das auf die Bedingungen einer
wachsenden Stadt reagiert.

Wir werden in den Stadtteilen und Quartieren weiter auf eine möglichst
wohnstandortnahe Versorgung mit Lebensmitteln und anderen Produkten des täglichen
Bedarfs setzen. Dies ist keineswegs nur ein Element einer bedarfsgerechten
Wirtschaftspolitik. Es ist zugleich auch Stadtentwicklungsstrategie, weil Quartierszentren
nicht nur dem Einkauf dienen, sondern auch soziale Treffpunkte sind und den
Zusammenhalt ebenso wie die Identität des Stadtteils fördern. Außerdem erfüllen sie eine
ökologische Funktion, weil sie helfen, Emissionen durch Einkaufsfahrten mit dem Pkw zu
mindern.

Bisher konnte die Darmstädter City der Herausforderung durch den wachsenden Online-
Handel und die Einkaufszentren auf der "grünen Wiese" souverän entgegentreten.

      Wir werden die stringente Einzelhandelspolitik weiterentwickeln, im Citymarketing
       weiter intensiv mit den Einzelhändlerinnen und -händlern zusammenarbeiten und

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das Pfund einer kompakten, sehr geschlossenen Baustruktur in der City nicht aus
    der Hand geben.

   Verbessern wollen wir die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt.
    Anknüpfungspunkte dafür sind beispielsweise der Umbau und die Aufwertung des
    Friedens- und des Luisenplatzes. Zur kulturellen Vielfalt im Kern der Stadt tragen
    wir unter anderem durch die Centralstation und das Staatstheater bei.

   Die Stadteingänge sollen gestalterisch aufgewertet werden.

   Wir befürworten die Ansiedlung einer IKEA-Filiale an regionalplanerisch
    vernünftiger und verkehrlich vertretbarer Stelle im Oberzentrum Darmstadt. Für ein
    solches Projekt werden wir uns in der Regionalversammlung Südhessen einsetzen.

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3. Soziale Verantwortung, solidarisches Handeln, Bildung von Anfang an

Wir werden – wie in den beiden Legislaturperioden zuvor – der Sozial-, Integrations- und
Bildungspolitik einen zentralen Stellenwert in unserem politischen Handeln einräumen.
Die kontinuierliche Weiterentwicklung Darmstadts zu einer sozialen, solidarischen und
inklusiven Stadt ist der Schwerpunkt des kommunalen Handelns. Bildung, Betreuung und
Teilhabe, eine innovative Sozial- und Jugendpolitik, eine moderne Familien- und
Gleichstellungspolitik sowie der Zugang zu Bildung sind Grundpfeiler, um
Chancengleichheit und Teilhabegerechtigkeit für alle Menschen in Darmstadt
sicherzustellen.

Die Prämissen Sozialraumorientierung, Prävention und Partizipation – also die
Orientierung der sozial- und jugendpolitischen Maßnahmen an den Lebenswelten,
Lebenslagen und Lebensräumen der Menschen – sind für unsere Arbeit nach wie vor
bindend.

Auch weiterhin garantieren wir die finanzielle Absicherung der vielfältigen
Trägerlandschaft in der Sozialpolitik. Die Kooperationen und die verantwortungsbewusste
Zusammenarbeit in den unterschiedlichsten Bereichen zwischen freien Trägern, Vereinen,
Verbänden der Wohlfahrtspflege usw. einerseits, der Bürgerschaft sowie Politik und
Verwaltung andererseits sind eine wertvolle und stabile Basis für die Bewältigung der
sozialpolitischen Herausforderungen und Garanten für eine soziale und solidarische
Stadtgesellschaft.

Bedarfsgerechte Sozialpolitik braucht verschiedene Komponenten. Planerische Analysen,
Controlling, abgestimmte Projekte und Maßnahmen, eine verlässliche Basisinfrastruktur
sowie angemessene Bürgerbeteiligung sind Feststellungs-kompetenzen für Bedarfe und
Weiterentwicklung und garantieren einen adäquaten Mitteleinsatz.
Durch die Schaffung der Koordinierungsstelle von Projekten und Planungsprozessen im
Sozialdezernat werden alle relevanten Planungen im Sozial-, Jugend- und
Altenhilfebereich zusammengeführt und mit Projekt- sowie anderen Koordinationsstellen

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verknüpft. Dadurch entsteht, ohne Personalmehrung, eine Stabsstelle, die
Planungsprozesse vorantreibt und Projekte beteiligungsorientiert umsetzen kann.

Inklusives Darmstadt

Wir werden die eingeleiteten Schritte zur Entwicklung Darmstadts zu einer inklusiven
Stadt verstärkt fortführen und die Maßnahmen ausbauen.

      Wir arbeiten an einer verbindlichen Umsetzung und Fortschreibung des ersten
       Aktionsplanes entsprechend der UN-Behindertenrechtskonvention und den darin
       dargestellten Projekten und Rahmenbedingungen. Damit verbunden ist die
       Weiterentwicklung Darmstadts zu einer inklusiven Stadt in allen Bereichen: Bildung,
       Erwerbsarbeit, Freizeit, Sport und Kultur, Barrierefreiheit im öffentlichen Raum,
       Sensibilisierungs- und Öffentlichkeitsarbeit. Mit der Umsetzung des Aktionsplanes
       wird Inklusion als Querschnittsthema implementiert.

      Die Kooperation mit Trägern der Behindertenhilfe verstärken wir in konkreten
       Projekten, wie dem „Inklusiven Martinsviertel“, der überwiegend vom Land
       geförderten Modellregion „Barrierefreie Gesundheitsversorgung“ oder auch durch
       Aktionen und Maßnahmen im Rahmen der Umsetzung des Aktionsplanes.

      Die Weiterführung der Projektgruppe zur Stärkung der Teilhabe von Menschen mit
       Behinderung bzw. der am Aktionsplan orientierten Arbeitsgruppen bedeutet die
       Systematisierung der Beteiligung und Mitsprache von Menschen mit Behinderung
       und deren Lobbyvertretungen.

      Durch die Einbindung der Koordinationsstelle „Inklusive Projekte“ und der
       Projektleitung „Modellregion Barrierefreie Gesundheitsversorgung“ in eine
       dezernatsübergreifende Arbeitseinheit wird das Thema Inklusion dezidiert und im
       Querschnitt gestärkt. Planungs- und Projektprozesse werden zusammengeführt.

      Die Arbeit des städtischen Eigenbetriebes Darmstädter Werkstätten und
       Wohneinrichtungen wird in Kooperation und in Vernetzung mit anderen Anbietern
       innerhalb der Behindertenhilfe fortgesetzt.

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   Die Dezentralisierung der Wohneinrichtung „Kurt-Jahn-Anlage“ wird in den
       nächsten Jahren kontinuierlich umgesetzt, um so dem Anspruch inklusiven
       Wohnens und Lebens sowie den Anforderungen des Landeswohlfahrtsverbandes
       gerecht zu werden.

Teilhabegerechtigkeit und soziales Darmstadt

Gemeinwesenarbeit und Soziale-Stadt-Projekte sind Kernelemente unserer
emanzipatorischen Sozialpolitik und Beteiligungsstrategie. Dabei geht es um die
Unterstützung von Menschen zur Wahrnehmung ihrer Rechte und Pflichten, zur
Weiterentwicklung struktureller Rahmenbedingungen und sozialer Infrastruktur sowie um
ein vernetztes und abgestimmtes Handeln von Politik, Verwaltung, den Trägern der
Wohlfahrtspflege sowie den Vereinen. Im Sinne einer ausgewogenen, passgenauen und
fein abgestimmten Sozialpolitik müssen Aufgaben fortgeschrieben und angepasst werden.
Neue Quartiere wollen wir durch Gemeinwesenarbeit in ihrer Entwicklung unterstützen.
Quartiere mit Entwicklungsbedarf werden wir durch Gemeinwesenarbeit weiterhin stützen
und stabilisieren.

      Wir werden die Gemeinwesenarbeit als Instrument gegen Armut und soziale
       Ausgrenzung sowie als Instrument der politischen Bildung und Bürgerbeteiligung
       bei den beauftragten Trägern personell und institutionell stärken. Wir wollen
       Quartiere mit besonderem Entwicklungsbedarf stützen und stabilisieren. Wir sehen
       eine Aufgabe darin, Solidarität und Gemeinschaft zu stärken und Segregation zu
       vermeiden bzw. zu reduzieren. Wir werden Quartiersinfrastrukturen analysieren und
       – unterstützt durch Partizipationsprozesse – anpassen und ausbauen.

      Soziale-Stadt-Gebiete werden wir nachhaltig sichern und im Pallaswiesen-
       /Mornewegviertel neu auflegen. Teilhabe darf nicht vom Geldbeutel abhängen.
       Deshalb wollen wir die Teilhabecard im soziokulturellen Bereich für alle
       Altersgruppen kontinuierlich ausweiten. Mobilität ist ein wesentlicher Faktor von
       Teilhabe. Das Wiener Modell (Jahreskarte für 365 Euro) wird geprüft, d.h. eine
       Machbarkeitsstudie zu finanziellen Auswirkungen (u.a. für HEAG mobilo), zu den
       Konsequenzen aus steigenden Fahrgastzahlen sowie eine Bewertung zur

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Umsetzbarkeit unter dem rechtlichen Rahmen DADINA/RMV wird erstellt.
       Alternativ soll die Möglichkeit eines Sozialtickets (für Personen mit Teilhabekarte)
       sowie eines Kurzstreckentickets untersucht und eingeführt werden.

      Wir werden auch weiterhin die umfassende Unterstützung von Menschen in sozial
       schwierigen Lebenslagen, z.B. durch Wohnungssicherung,
       Obdachlosenunterbringung, Schuldnerberatung, Unterstützung durch den
       städtischen Sozialdienst oder andere Beratungsangebote sicherstellen.

Kommunale Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik

Eigenständige Existenzsicherung und Teilhabe auf dem Arbeitsmarkt sind zentrale Aspekte
einer sozialen Sicherung.

      Wir wollen arbeitslose oder in prekärer Beschäftigung tätige Menschen durch
       kommunale Förderprojekte in Kooperation mit örtlichen Bildungsträgern bei der
       Integration in den ersten Arbeitsmarkt unterstützen. Die kommunalen
       Förderprojekte sollen mit dem Arbeitsmarktbudget sowie dem Ausbildungs- und
       Qualifizierungsbudget des Landes Hessen verzahnt werden. Im Mittelpunkt stehen
       dabei auf dem Arbeitsmarkt besonders benachteiligte Zielgruppen. Dabei nehmen
       wir auch die Beschäftigung von geflüchteten Menschen in den Fokus, um den
       Arbeitsmarktzugang dieser Zielgruppe zu fördern. Zusätzlich zur Verfügung
       stehende Mittel aus dem Ausbildungs- und Qualifizierungsbudget des Landes
       werden für Beschäftigungsprojekte für geflüchtete Menschen eingesetzt und
       führen zu selbstbestimmter Arbeit.

      Wir werden uns auch weiterhin in der gemeinsamen Einrichtung im Jobcenter
       dafür einsetzen, Förderinstrumente für SGBII-Berechtigte so zu gestalten und mit
       kommunalen Angeboten zu verschränken, dass nachhaltige Integrations-effekte
       durch Bildungs- und Ausbildungsabschlüsse erreicht werden.

      Wir wollen durch die Förderung von Projekten gegen Jugendarbeitslosigkeit in der
       Jugendberufsagentur und mit örtlichen Bildungsträgern junge Menschen in ihrer
       Berufswahl, ihrer Ausbildung und ihren beruflichen Perspektiven unterstützen und

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stärken. Es gilt, Jugendarbeitslosigkeit zu vermeiden. Projekte wie „Jugend stärken
       im Quartier“ richten sich an besonders benachteiligte junge Menschen, die durch
       gezielte Ansprache an die Bildungssysteme herangeführt werden.

      Durch konkrete Förderprojekte und Vernetzungsstrukturen mit Unternehmen
       werden wir geflüchtete Menschen bei der Aufnahme einer Ausbildung bzw.
       Erwerbsarbeit unterstützen.

Politik mit und für Seniorinnen und Senioren

In Darmstadt leben immer mehr Menschen mit einem Alter über 65 Jahre. Die
Lebensumstände und Lebensbedingungen sind sehr unterschiedlich. Dem entsprechend
bedarf es einer differenzierten Betrachtung der Angebots- und Entwicklungsstruktur. Um
die Anforderungen bedarfsgerecht umsetzen zu können, steht die Beteiligung älterer
Menschen im Fokus unserer Politik.

      Die Interessenvertretung älterer Menschen in Darmstadt hat die Arbeit
       aufgenommen. Wir unterstützen dieses Beteiligungsgremium und setzen uns aktiv
       mit den Vorschlägen und Anregungen der älteren Menschen auseinander. Die
       Arbeit der Interessenvertretung wird die kommunale Sozialpolitik für und mit
       älteren Menschen begleiten und beeinflussen.

      Wir wollen in den Stadtteilen die Runden Tische bzw. die Kooperationen der
       Runden Tische mit den Stadtteilforen ausbauen und jeweils einen besonderen
       Fokus auf die Anliegen der älteren Bevölkerung richten.

      Wir werden die stadtteilbezogene Versorgungssicherheit im Alter und bei Pflege
       unterstützen und dies modellhaft am Beispiel des Vereins „Hiergeblieben“ in
       Kranichstein umsetzen. Bei allen Projekten wird die sozialraumbezogene Relevanz
       beachtet.

      Den Sozialplan für die Bedarfe Älterer setzen wir um und entwickeln die daraus
       resultierenden Angebote, Maßnahmen und Projekte bedarfsorientiert weiter, dabei
       spielen Themen wie demenzielle Erkrankung oder gerontopsychiatrische Angebote

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