Die Abstracts zu den nicht gehaltenen Vorträgen - Institut für ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Zum Geleit Im Herbst des Jahres 2020 hätte zum ersten Mal in der Geschichte der Dialektologie eine grosse Arbeitstagung in Chur stattfinden sollen. Die Corona-Pandemie hat das OK aber gezwungen, die Tagung abzusagen. Auf unseren Call for Papers haben sich kaum Referentinnen und Referenten aussserhalb der Schweiz gemeldet, begreiflich, da zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar war, wann und ob die Reisebeschränkungen aufgehoben würden. Einige Unis hatten offenbar auch die Regelung erlassen, dass keine Veranstaltungen ausserhalb ihrer Länder besucht werden sollten. Tagungen wie die Arbeitstagungen zur alemannischen Dialektologie haben nicht zuletzt den Zweck, sich auszutauschen und zur eigenen Forschungsarbeit ein berufenes Feedback zu bekommen. In diesem Sinne publizieren wir mit der vorliegenden Borschüre die eingereichten Abstracts mit den Kontaktdaten. Wer will, kann die Autorinnen und Autoren direkt anschreiben und sich bei ihnen genauer erkundigen, wie weit die Arbeit gediehen ist, welche Methoden angewandt und wo Probleme erkannt und auch bewältigt worden sind. – Vielleicht ergibt sich so doch noch ein Austausch über die Corona-Grenzen hinweg. In Absprache mit den OrganisatorInnen des IGDD-Kongresses und der BÖDT haben wir beschlossen, die 20. Arbeitstagung zur alemannischen Dialektologie auf das Jahr 2022 zu verschieben (https://igdd.org/termine-kongress-igdd-alemannentagung-boedt/). Wir freuen uns jetzt schon darauf, möglichst viele Forschende an der einen oder anderen Tagung persönlich anzutreffen. Bis dahin wünschen wir allen alles Gute, viel Tatendrang und auch die nötige Beharrlichkeit. Oscar Eckhardt Institut für Kulturforschung Graubünden / Pädagogische Hochschule Graubüncen 2
Inhalt Adam-Graf, Noemi .................................................................................................................................. 5 Zur Wahrnehmung und Bewertung der sprachlichen Vielfalt im Kanton Graubünden: erste Ergebnisse einer perzeptionslinguistischen Untersuchung ................................................................. 5 Adam-Graf, Noemi / Katja Fiechter / Alexandra Schiesser ..................................................................... 6 Wie schaut das Schweizerdeutsche so ungefähr aus? Zur Abbildung regional unterschiedlicher Metasprachdiskurse in handgezeichneten Karten .............................................................................. 6 Bachmann, Sandro .................................................................................................................................. 7 Der Einfluss unterschiedlicher polyglossicher Verhältnisse in Walsersprachinseln ............................ 7 Bösiger, Melanie...................................................................................................................................... 9 De Igel, dem woni geschter z frässe geh ha. Zu Relativanschlüssen im Schweizerdeutschen ............ 9 Büchler, Andrin / Lars Bülow / Nicolai Rawyler ..................................................................................... 10 Welchen Einfluss nimmt der Bildungsgrad auf die k-Affrizierung im Schweizer Standard?.............. 10 Cathomas, Claudia................................................................................................................................. 11 Code-Mixing im Tuatschin - Zur methodischen Herausforderung der Unterscheidung von Sprachen und Varietäten in einer Situation mit intensivem Sprachkontakt ..................................................... 11 Eckhardt, Oscar ..................................................................................................................................... 12 Allemannisch in der Rumantschia ..................................................................................................... 12 Ellsäßer, Sophie ..................................................................................................................................... 12 Alemannisch im Raum der Zeit. Untersuchungen dialektaler Tempusmarkierung jenseits des Verbs ........................................................................................................................................................... 12 Fetzer, This ............................................................................................................................................ 14 Rhätisch, churwälsch, rätoromanisch, romansch – die Rätoromania im Schweizerischen Idiotikon. Genese einer Fremdbezeichnung...................................................................................................... 14 Fleischer, Jürg ........................................................................................................................................ 15 Possessorlose Possessa? – Zu Syntax und Pragmatik relationaler Personenbezeichnungen im Alemannischen .................................................................................................................................. 15 Glaser, Elvira / Sandro Bachmann / Anja Hasse .................................................................................... 16 Grammatischer Wandel im Schweizerdeutschen ............................................................................. 16 Glück, Alexander ................................................................................................................................... 18 Zur sog. ‚Verbverdoppelung‘ in südbairischen Varietäten in Südtirol............................................... 18 Jeszenszky, Péter / Adrian Leemann, Carina Steiner, Jan Messerli, Melanie Studerus ......................... 19 Perception of Swiss German dialects drawn on maps: First insights from a field study ................... 19 Kaufmann-Henkel, Flurina / Sabrina Sala .............................................................................................. 23 Passaggi linguistici: maiorens al spartavias. Sprachbiografien junger Erwachsener aus Romanisch- und Italienischbünden (Poster) ......................................................................................................... 23 Kempf, Luise .......................................................................................................................................... 23 Grammatikalisierung des am-Progressivs im Hoch- und Höchstalemannischen .............................. 23 3
Koehler, Anaïs ....................................................................................................................................... 25 Sprachkontakterscheinungen im Elsässischen: Entwicklung der elsässischen Dialekte im Sprachkontakt mit dem Französischen ............................................................................................. 25 Leemann, Adrian / Peter Jeszenszky/ Carina Steiner / Jan Messerli / Melanie Studerus ..................... 27 Behauchung von Plosiven im Schweizerdeutschen: Ein Merkmal junger DialektsprecherInnen? .... 27 Löffler, Cordula...................................................................................................................................... 29 Schriftspracherwerb im Spannungsfeld von Dialekt und Standard (Keynote) .................................. 29 Lötscher, Andreas.................................................................................................................................. 30 Do hets imfall no Guezli! ................................................................................................................... 30 Ochsenbein, Sarah................................................................................................................................. 31 Wie können sprachliche Variationen und Varietäten im Elsässisch-Unterricht an der Universität integriert werden? ............................................................................................................................ 31 Röthlisberger, Melanie .......................................................................................................................... 32 Erforschung der Sprachvariation im schweizerdeutschen Dialekt von Kindern in städtischen und ländlichen Räumen ............................................................................................................................ 32 Schläpfer, Martina ................................................................................................................................. 33 Das git ä Kurt und s git äs Kurtli: Neutrale Männernamen im bündnerischen Vals .......................... 33 Schneider, Christa ................................................................................................................................. 35 Spracheinstellungen im Berner Mittelland ....................................................................................... 35 Schneider, Christa ................................................................................................................................. 36 Berndeutsch im vormodernen Gefängnis: Sprachliche Variation in den Berner Turmbüchern........ 36 Schneider, Christa / David Britain, Lara Wälchli, Anna Linder, Livio Janett, Christoph Neuenschwander / Dominique Hess .................................................................................................................................. 37 Jugendsprache im Kanton Bern (Poster) ........................................................................................... 37 Schneider, Christa / Silvia Natale / Andrin Büchler ............................................................................... 38 RumantschApp (Poster) .................................................................................................................... 38 Seiler, Guido / Thilo Weber ................................................................................................................... 39 Die diachrone Entwicklung der Vergangenheitstempora im Spiegel Zürcher Bibelübersetzungen -- ein Beitrag zur Herausbildung der medialen Diglossie ...................................................................... 39 Steiner, Corina / P. Jeszenszky, Jan Messerli, Melanie. Studerus, Adrian Leemann ............................. 39 Pluralbildung im Schweizerdeutschen – ein System im Wandel? ..................................................... 39 Strobel, Maj-Brit .................................................................................................................................... 42 Raumgewinn „elsässischer“ Dialektmerkmale in Baden in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts? ........................................................................................................................................................... 42 Thöny, Luzius ......................................................................................................................................... 43 Die Mundart von Seewis zwischen Churer Rheintal und walserischem Prättigau ............................ 43 Werner, Carole ...................................................................................................................................... 44 4
Sprachkontaktspuren und Script-Switching in elsässischen Texten ,ungeübter Schreiber' zwischen 1681 und 1870: eine explorative Studie............................................................................................ 44 Zaugg, Alexandra ................................................................................................................................... 45 Die Pädagogisierung des sprachlichen Differenzproblems ............................................................... 45 Kontakte ................................................................................................................................................ 47 Abstracts Adam-Graf, Noemi Institut für Kulturforschung Graubünden / Universität Zürich Perzeptionslinguistik Zur Wahrnehmung und Bewertung der sprachlichen Vielfalt im Kanton Graubünden: erste Ergebnisse einer perzeptionslinguistischen Untersuchung Die Wahrnehmungsdialektologie (perceptual dialectology) geht der Frage nach, wie sprachliche Variation von Sprecherinnen und Sprechern selbst wahrgenommen und bewertet wird (Purschke und Stoeckle 2019). Mittlerweile liegen zahlreiche Untersuchungen vor, die unter anderem die perzeptionslinguistische Struktur des deutschen Sprachraums nachzeichnen (z.B. Christen u. a. 2015), den Zusammenhang zwischen linguistischen und perzeptiven Grenzen darlegen (z.B. Palliwoda 2017) oder die Rolle regionaler sprachlicher Merkmale untersuchen (z.B. Kiesewalter 2014). Die Untersuchung der subjektiven Wahrnehmung und Bewertung von Sprachen und Dialekten ist auch für den Kanton Graubünden von Bedeutung, da dadurch beispielsweise die Vitalität der Sprachen bzw. Dialekte und deren Status beurteilt oder Erkenntnisse über die regionale Zuordnung der Sprecherinnen und Sprecher herausgearbeitet werden können (Spiekermann 2010; Hundt, Anders, Lasch 2010). Das laufende Forschungsprojekt (Adam-Graf i. Vorb.) erhebt mit perzeptionslinguistischen Methoden individuelle Konzeptualisierungen von 88 Probandinnen und Probanden aus elf Orten, die sich auf den gesamten Kanton Graubünden verteilen. Wie nehmen die Informanten die sie umgebende Sprachlandschaft wahr? Wie werden die sprachlichen Verhältnisse bewertet? Und was für eine Rolle spielen regionale sprachliche Merkmale im mehrsprachigen Graubünden? Der Vortrag präsentiert die Möglichkeiten und Grenzen der gewählten Methoden und stellt erste Resultate vor. Die methodische Herangehensweise erlaubt die Vergleichbarkeit der Daten im (inter)nationalen Forschungskontext, zudem wird gezeigt, dass zwar interindividuelle Befunde abgeleitet werden können, sich in den Daten aber dennoch die Subjektivität der vielfältigen Vorstellungen von Sprache widerspiegelt. --- Adam-Graf, Noemi (i. Vorb.): Wahrgenommene und gelebte Sprachen- und Dialektvielfalt. Der bündnerische Sprachraum aus wahrnehmungsdialektologischer Sicht (Arbeitstitel). Ein Forschungsprojekt des Instituts für Kulturforschung Graubünden. 5
Christen, Helen / Bucheli, Nadja / Guntern, Manuela / Schiesser, Alexandra (2015): Länderen: Die Urschweiz als Sprach(wissens)raum. In: Roland Kehrein, Alfred Lameli, Stefan (Hgg.): Regionale Variation des Deutschen. Berlin, New York: De Gruyter, S. 621-643. Hundt, Markus / Anders, Christina A / Lasch, Alexander (2010): Gegenstand und Ergebnisse der Wahrnehmungsdialektologie (Perceptual Dialectology). In: Markus Hundt, Christina A. Anders, Alexander Lasch (Hgg.): Perceptual Dialectology: Neue Wege der Dialektologie. Berlin, Boston: De Gruyter, S. XI-XXI. Kiesewalter, Carolin (2014): Salienz und Pertinenz – Zur subjektiven Dialektalität remanenter Regionalismen des Mittelbairischen. In Linguistik Online 66/4, S. 111-134. Palliwoda, Nicole (2017): Der Einfluss von Grenzen auf die Verortung von Sprachräumen im Nahbereich. Exemplarischer Einblick in die Mikrokartierung. In: Markus Hundt, Nicole Palliwoda, Saskia Schröder (Hgg.): Der deutsche Sprachraum aus der Sicht linguistischer Laien. Berlin, Boston: De Gruyter, S. 13-45. Purschke, Christoph / Stoeckle, Philipp (2019): Perzeptionslinguistik arealer Sprachvariation im Deutschen. In: Joachim Herrgen, Jürgen Erich Schmidt (Hgg.): Deutsch. Ein internationales Handbuch der Sprachvariation. Berlin, Boston: De Gruyter, S. 844-860. Spiekermann, Helmut (2010): Visualisierungen von Dialekten: Ein Beitrag zum Nutzen der Laiendialektologie. In: Markus Hundt, Christina A. Anders, Alexander Lasch (Hgg.): Perceptual Dialectology: Neue Wege der Dialektologie. Berlin, Boston: De Gruyter, S. 221-244. Adam-Graf, Noemi / Katja Fiechter / Alexandra Schiesser Institut für Kulturforschung Graubünden, Universität Zürich/ Universität Fribourg / PHZG,PHLU Perzeptionslinguistik Wie schaut das Schweizerdeutsche so ungefähr aus? Zur Abbildung regional unterschiedlicher Metasprachdiskurse in handgezeichneten Karten Die Forschungspraxis, Probandinnen und Probanden ihre Vorstellungen von Sprache und Sprachräumen bildlich visualisieren zu lassen, um auf deren mentale Strukturierungen zuzugreifen, ist in der Dialektologie nicht neu (siehe z.B. Berthele 2006). Seit einigen Jahren wird dabei vermehrt auf die Expertise aus der Geografie zurückgegriffen: Programme wie ArcGIS (ESRI 2019) ermöglichen, handgezeichnete Karten zu digitalisieren und für unterschiedliche Zwecke zu aggregieren (z.B. Stoeckle 2014). Diese neue Art der Visualisierung erlaubt eine Vergleichbarkeit der Daten und gestattet es, die mentalen Strukturierungen von Probandinnen und Probanden aus drei Regionen der Deutschschweiz miteinander zu vergleichen. Die Daten, die im Vortrag diskutiert werden, stammen aus drei Forschungsprojekten: Das erste Projekt untersucht die Wahrnehmung des südöstlichen, dreisprachigen Kantons Graubünden als Sprachraum (Adam-Graf i. Vorb.), das zweite Projekt befasst sich mit der Dialektwahrnehmung in der Region Laufental-Thierstein im nordwestlichen Teil der Schweiz (Fiechter i. Vorb.), das dritte Projekt schliesslich fokussiert die Kantone Ob- und Nidwalden in der Zentralschweiz (Schiesser 2020). Im Vortrag werden folgende Fragen thematisiert: Wie nehmen Laien diese Schweizer Sprach- resp. Dialektregionen wahr? Finden sich in der Art und Weise ihrer händischen Kartierungen Ähnlichkeiten, die auf allgemeingültige mentale Strukturierungstechniken der sprachlichen Umwelt schliessen lassen? Finden sich auch Unterschiede? Der Vortrag diskutiert, inwiefern Laien bei der Strukturierung ihrer sprachlichen Umwelt ortsunabhängige, inwiefern aber auch lokal motivierte Strategien anwenden. Er leistet damit inhaltlich einen Beitrag zur Frage nach der Gleich- resp. Verschiedenheit laienlinguistischer Metasprachdiskurse (Christmann 2016). 6
Methodisch diskutiert er die Möglichkeiten und Grenzen des Vergleichs rekonstruierter mental maps (Kitchin 1994). --- Adam-Graf, Noemi (i. Vorb.): Wahrgenommene und gelebte Sprachen- und Dialektvielfalt. Der bündnerische Sprachraum aus wahrnehmungsdialektologischer Sicht (Arbeitstitel). Ein Forschungsprojekt des Instituts für Kulturforschung Graubünden. Berthele, Raphael (2006): Wie sieht das Berndeutsche so ungefähr aus? Über den Nutzen von Visualisierungen für die kognitive Laienlinguistik. In: Hubert Klausmann (Hg.): Raumstrukturen im Alemannischen. Beiträge der 15. Arbeitstagung zur Alemannischen Dialektologie. Graz-Feldkirch: Neugebauer (Schriften der Vorarlberger Landesbibliothek, 15), S. 163–175. Christmann, Gabriela B. (Hg.) (2016): Zur kommunikativen Konstruktion von Räumen. Theoretische Konzepte und empirische Analysen. Wiesbaden: Springer VS (Theorie und Praxis der Diskursforschung). Online verfügbar unter http://dx.doi.org/10.1007/978-3-658-00867-3. ESRI (2019): ArcGIS Pro. Online verfügbar unter https://www.esri.ch/de/produkte/arcgis, zuletzt geprüft am 05.12.2019. Fiechter, Katja (i. Vorb.): Auswirkungen regionaler Identitätsbildung auf die Sprache im Spannungsfeld einer Grossstadt (Arbeitstitel). Kitchin, Robert M. (1994): Cognitive Maps: What are they and why study them?. In: Journal of Environmental Psychology 14, S. 1–19. Schiesser, Alexandra (2020): Dialekte machen. Konstruktion und Gebrauch arealer Varianten im Kontext sprachraumbezogener Alltagsdiskurse. Berlin, New York: De Gruyter (Linguistik - Impulse & Tendenzen, 85). Stoeckle, Philipp (2014): Subjektive Dialekträume im alemannischen Dreiländereck. Hildesheim: Olms, Georg (Deutsche Dialektgeographie, 112). Bachmann, Sandro Phonetik/Phonologie, Sprachkontakt/Diglossie Universität Zürich Der Einfluss unterschiedlicher polyglossicher Verhältnisse in Walsersprachinseln ln auf den Sprachkontakt Die Walsersprachinseln in Norditalien (Gressoney, Issime, Macugnaga, Rimella, usw.) sowie im Tessin (Bosco/Gurin) weisen hochkomplexe Polyglossie-Situationen auf (vgl. Zürrer 1999; Stähli 2011; Bachmann & Glaser 2019). Diese zusammenfassend auch als Südwalsersprachinseln bezeichneten Sprachgemeinschaften liegen alle in Territorien, in welchen Standarditalienisch die offizielle Sprache der Behörden darstellt. In den Sprachinseln in Italien wird neben Walserdeutsch (Wdt.) und Standarditalienisch (Stdit.) auch Piemontesisch gesprochen. In Bosco/Gurin wird neben Wdt. und Stdit. auch Tessinerisch («Ticinese»), eine schweizerdeutsche Koiné («Schwizertitsch») sowie Standarddeutsch gesprochen. Vergleicht man also die Walsersprachinseln in Italien mit jener in der Schweiz, wird klar, dass Sprecher in Bosco/Gurin im Vergleich zu Sprechern in Walsersprachinseln in Italien nicht nur generell mit einer größeren Zahl an Varietäten in Kontakt kommen, sondern insbesondere auch dass ein Teil dieser Varietäten sehr nahe mit dem Wdt. verwandt sind, während dies in Italien nicht der Fall ist. Der Vortrag widmet sich folgendem Problem: Haben die genannten Unterschiede zwischen den Polyglossie-Verhältnissen in Italien und im Tessin möglicherweise einen Einfluss auf die Art und / oder Intensität des Sprachkontakts? Folgende zwei Fragen sollen diesbezüglich thematisiert werden: 1. Zeigt das Wdt. in Bosco/Gurin weniger kontaktinduzierte Strukturen als die wdt. Varietäten in Italien? Hinweise, dass 7
dies durchaus der Fall sein könnte, zeigen sich etwa im Falle von Verbstellungsmustern; während die wdt. Varietäten in Italien dazu tendieren, die Verbstellung aus dem Stdit. zu entlehnen, wird diese Art von Entlehungen im Wdt. von Bosco/Gurin blockiert (vgl. Dal Negro 2004; Bauen 1978; Balmer 1949; Russ 2002). 2. Wird die Entlehnbarkeit von phonologischen Merkmalen / Regeln – im Sinne von pattern borrowing, welches für Entlehnbarkeitsskalen im Kontext der Phonologie bislang mehrheitlich unbeachtet blieb (vgl. Gardani 2018; Andersson et al. 2017) – durch die jeweilige polyglossische Situation beeinflusst? Im Falle der südwalserischen Varietäten tendieren Lenes- Obstruenten generell dazu, stimmhaft zu sein und nicht stimmlos wie in anderen schweizerdeutschen Varietäten üblich (vgl. Hotzenköcherle & Brunner 1971; Bohnenberger 1913). Allerdings hat sich gezeigt, dass das entlehnte Merkmal [+stimmhaft] von phonologischen Kontextregeln überlagert werden kann und dies je nach Varietät zu unterschiedlichem Grad stattfindet (vgl. Julmi & Bachmann i. Vorb.). So kommt es etwa im Wdt. von Bosco/Gurin öfter vor, dass solche Kontextregeln die entlehnte Stimmhaftigkeit überlagert bzw. eine Entlehnung derselben blockiert. Es ist also anzunehmen, dass der Kontakt zum Stdit. in Bosco/Gurin entweder generell weniger intensiv ist als in den italienischen Walsersprachinseln, oder dass der Kontakt mit weiteren Varietäten bisweilen in der Überlagerung oder Blockierung von Entlehnungen aus dem Stdit. resultiert. --- Andersson, Samuel; Sayeed, Oliver; Vaux, Bert (2017): The Phonology of Language Contact. In: Oxford Handbooks Online, ed. Linguistics. [10.1093/oxfordhb/9780199935345.013.55] Balmer, Emil (1949): Die Walser im Piemont. Vom Leben und von der Sprache der deutschen Ansiedler hinterm Monte Rosa. Bern: Francke. Bauen, Marco (1978): Sprachgemischter Mundartausdruck in Rimella (Valsesia, Piemont). Zur Syntax eines südwalserischen Dialekts im Spannungsfeld der italienischen Landes- und Kultursprache. Bern: Francke. Bohnenberger, Karl (1913): Die Mundart der deutschen Walliser im Heimattal und in den Aussenorten. (Beiträge zur Schweizerdeutschen Grammatik 6). Frauenfeld: Huber & Co. Dal Negro, Silvia (2004): The decay of a language: The case of a German dialect in the Italian Alps. Bern. Gardani, Francesco (2018): On morphological borrowing. In: Language and Linguistics Compass 12(10). [DOI: 10.1111/lnc3.12302] Bachmann, Sandro; Glaser, Elvira (Hrsg.) (2019): Bosco Gurin, das Walserdorf im Tessin und seine Sprache(n). Schwerpunktreihe Sprachen und Kulturen, Heft XI. Swiss Academies Reports 14(4). Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften, Bern. [DOI: 10.5281/zenodo.2653523] Hotzenköcherle, Rudolf; Brunner, Rudolf (1971): Bosco Gurin, Kt. Tessin. Begleittexte zu den Sprechplatten des Phonogramm-Archivs der Universität Zürich. (Schweizer Dialekte in Text und Ton I. Schweizerdeutsche Mundarten. Heft). Frauenfeld: Huber und Co. Julmi, Nora; Bachmann, Sandro (in Vorb.): Stimmhafte Plosive im Gurinerdeutschen. Russ, Charles V. J. (2002): Die Mundart von Bosco Gurin. Eine synchronische und diachronische Untersuchung. Stuttgart. (Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik, Beiheft 120). Stuttgart: Steiner. Stähli, Adrian (2011): Aspetti di vitalità, mantenimento e perdita di una lingua. Riflessioni per un inquadramento sociolinguistico di Bosco Gurin, comune walser in Ticino. In: Moretti, Bruno; Pandolfi, Elena Maria; Casoni, Matteo (eds.): Vitalità di una lingua minoritaria: Aspetti e proposte metodologiche. Vitality of a Minority Language. Aspects and Methodological Issues. Atti del convengno di Bellinzona, 15–16 ottobre 2010. Bellinzona: Osservatorio linguistico della Svizzera italiana. 211–226. 8
Zürrer, Peter (1999): Sprachinseldialekte. Walserdeutsch im Aostatal (Italien). (Sprachland-schaft 23). Aarau: Sauerländer. Bösiger, Melanie Universität Freiburg/Fribourg Syntax De Igel, dem woni geschter z frässe geh ha. Zu Relativanschlüssen im Schweizerdeutschen Relativsätze sind in den deutschen Dialekten weit weniger verbreitet als in der Standardsprache (vgl. Fleischer 2004: 61), denn die Dialekte haben eine „Neigung, die Beiordnung der Unterordnung vorzuziehen“ (Weise 1917: 64). Trotzdem oder vielleicht auch deswegen finden sich in der Deutschschweiz sehr unterschiedliche Bildungsmuster, wenn es darum geht, relativische Nebensätze an den Hauptsatz anzuschliessen. Dass unflektiertes und damit kasusneutrales wo das einzige Relativum sei und standarddeutsches der/die/das oder welcher/welche/welches komplett ersetze (vgl. etwa Weber 1964: 298), ist dabei zu kurz gegriffen. Vielmehr kommen unterschiedliche Relativa vor, die teilweise aus mehreren Komponenten bestehen. Dazu gehört auch das standarddeutschem der entsprechende Relativum de (vgl. Dalcher 1963: 115). Dieses decke „das Bedürfnis, den Kasus zu charakterisieren“ (Hodler 1969: 243). Das Bedürfnis nach Kasusmarkierung steht im Zentrum meines Dissertationsprojekts „Kasus im Schweizerdeutschen“, in dem – unter anderem – Relativkonstruktionen in den drei Kasus Nominativ, Akkusativ und Dativ (jeweils im Maskulinum) untersucht werden. Die Daten dafür wurden mittels Lückensätzen in einer Online-Umfrage erhoben, an der sich im ersten Halbjahr 2018 mehr als eintausend Personen aus der gesamten Deutschschweiz beteiligt haben. Im Akkusativ und Dativ wurde jeweils ein Satz ohne und einer mit Präposition abgefragt, für den Dativ zum Beispiel die folgenden zwei: Isch das ächt de glich Igel, ________ [dem ich] geschter z frässe geh ha? Das isch de Maa, ______________________ [mit dem ich oft Tennis spiele]. Im Vortrag wird die Auswertung der fünf Relativsätze präsentiert. Analysiert wird, welche Relativanschlüsse für den Ausdruck der drei Kasus verwendet werden und wie das Vorkommen einer Präposition die Formen im Akkusativ und Dativ beeinflusst. Ein erster Blick in die Daten zeigt, dass kasusneutrales wo flächendeckend für die ganze Schweiz belegt ist, dass aber zahlreiche andere Relativanschlüsse in den Daten vorkommen. Diese werden in ihrer Struktur untersucht. Anschliessend werden mögliche Faktoren, die die Bildung von Relativsätzen beeinflussen könnten, diskutiert. Es geht dabei primär um die Frage, ob sich innerhalb der Deutschschweiz regionale Unterschiede bei der Wahl der Relativa zeigen oder ob das Alter der Sprecher*innen einen Einfluss hat. --- Dalcher, Peter (1963): Über Relativpronomen im Schweizerdeutschen. In: Zinsli, Paul et al. (Hg.): Sprachleben der Schweiz. Sprachwissenschaft, Namenforschung, Volkskunde. Bern: A. Francke AG Verlag, S. 115–132. Eichinger; Ludwig M. (2013): Die Entwicklung der Flexion: Gebrauchsverschiebungen, systematischer Wandel und die Stabilität der Grammatik. In: Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung/Union 9
der deutschen Akademien der Wissenschaften (Hg.): Reichtum und Armut der deutschen Sprache. Erster Bericht zur Lage der deutschen Sprache. Berlin/Boston: de Gruyter, S. 121–170. Fleischer, Jürg (2004): Zur Typologie des Relativsatzes in den Dialekten des Deutschen. In: Patocka, Franz / Wiesinger, Peter (Hg.): Morphologie und Syntax deutscher Dialekte und Historische Dialektologie des Deutschen. Beiträge zum 1. Kongress der Internationalen Gesellschaft für Dialektologie des Deutschen, Marburg/Lahn, 5.-8. März 2003. Wien: Edition Praesens, S. 60–83. Hodler, Werner (1969): Berndeutsche Syntax. Bern: A. Francke AG Verlag. Weise, Oskar (1917): Die Relativpronomina in den deutschen Mundarten. In: Zeitschrift für deutsche Mundarten. Stuttgart: Franz Steiner Verlag, S. 64-71. Weber, Albert (1964): Zürichdeutsche Grammatik. Ein Wegweiser zur guten Mundart. Zürich: Schweizer Spiegel Verlag. Büchler, Andrin / Lars Bülow / Nicolai Rawyler Universität Bern / Universitäten Wien und Bern / Universität Bern Phonetik / Phonologie, Sprachkontakt / Diglossie, Variationslinguistik Welchen Einfluss nimmt der Bildungsgrad auf die k-Affrizierung im Schweizer Standard? Der gesprochene Standard in der Deutschschweiz hat in den letzten Jahren vermehrt Aufmerksamkeit in der Forschung erhalten (vgl. z. B. Hove 2002; Christen et al. 2010; Guntern 2012). Verschiedene Studien haben gezeigt, dass der Standard einen festen Platz im kommunikativen Alltag der Deutschschweizer*innen einnimmt und darüber hinaus ein relativ hohes Mass an sprachlicher Variation aufweist. Die Variation wird dabei durch verschiedene Faktoren erklärt: dazu gehören regionale Unterschiede (vgl. Siebenhaar 1994; Guntern 2011) genauso wie situative Einflüsse (vgl. Christen et al. 2010). Mit Bezug auf die situativen Unterschiede wird die Realisierung der gesprochenen Standardsprache als ein Auswahlprozess von verschiedenen lautlichen Varianten beschrieben, die sich innerhalb eines Kontinuums zwischen „schweizerischer“ und „bundesdeutscher“ Prägung verorten lassen (vgl. z. B. Hove 2008, 2017; Guntern 2012). Dabei zeigt Hove (2008), dass auch der Formalitätsgrad der Sprachproduktion (z. B. style im Labovschen Paradigma; vgl. Labov 1972) einen Einfluss auf den Auswahlprozess nimmt. Der vorliegende Beitrag konzentriert sich auf die Frage, inwiefern die Variation im gesprochenen Standard in der Deutschschweiz sozial motiviert ist. Konkret wird untersucht, welchen Einfluss der Bildungsgrad (sekundär vs. tertiär), das Geschlecht (männlich vs. weiblich) und der Formalitätsgrad der Sprachproduktionsaufgabe (Vorlesesprache vs. freie Konversation) auf die k-Realisierung ([k(h])/ vs. [kx]) haben. Zu diesem Zweck wurden Sprachdaten von insgesamt 16 Gewährspersonen aus der Stadt Biel in verschiedenen Settings aufgenommen. Die Auswertung der k-Realisierungen erfolgte hörphonetisch als Variablenanalyse. Zusätzlich zu den bereits genannten sozialen Faktoren wurde ebenfalls die lautliche Umgebung, d. h. voran- und nachfolgender Laut sowie die Position des Lauts im Wort (anlautend, inlautend und auslautend) kodiert und in den statistischen Modellen als mögliche Einflussfaktoren betrachtet. Die Resultate zeigen, dass der Bildungsgrad der Gewährspersonen sehr robust hinsichtlich der Variation bei der k-Realisierung ist. Personen mit sekundärem Bildungshintergrund verwenden im Vergleich zu Personen mit tertiärem Bildungsabschluss signifikant häufiger k-Affrizierungen. Dieses Distributionsmuster zeigt sich sowohl bei den weiblichen als auch bei den männlichen Gewährspersonen. Unterschiede zwischen den Geschlechtern haben sich dementsprechend keine finden lassen. Auch zeigten sich weder hinsichtlich 10
des Formalitätsgrads der Sprachproduktionsaufgabe noch der lautlichen Umgebung signifikante Effekte in den von uns gerechneten statistischen Modellen. --- Christen, Helen/Guntern, Manuela/Hove, Ingrid/Petkova, Marina (2010): Hochdeutsch in aller Munde: Eine empirische Untersuchung zur gesprochenen Standardsprache in der Deutschschweiz. Stuttgart: Steiner. (= ZDLB 140). Guntern, Manuela (2011): „Erkennen von Dialekten anhand von gesprochenem Schweizerhochdeutsch“. Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik 78/2: 155–187. Guntern, Manuela (2012): „Dialekt und gesprochene Standardsprache: Wie Laien gesprochenes Schweizerhochdeutsch beurteilen“. Sociolinguistica 26/1: 102–119. doi: 10.1515/ soci.2012.26.1.102. Hove, Ingrid (2002): Die Aussprache der Standardsprache in der deutschen Schweiz. Tübingen: Niemeyer. (= Phonai 47). Hove, Ingrid (2008): „Zur Unterscheidung des Schweizerdeutschen und der (schweizerischen) Standardsprache“. In: Christen, Helen/Ziegler, Evelyn (eds.): Sprechen, Schreiben, Hören: Zur Produktion und Perzeption von Dialekt und Standardsprache zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Wien, Praesens: 63–82. Hove, Ingrid (2017): „Konfrontiert mit Schweizerdeutsch, Schweizerhochdeutsch und bundesdeutschem Hochdeutsch“. SAL-Bulletin 165: 5–14. Labov, William (1972): Sociolinguistic Patterns. Philadelphia: University of Pennsylvania Press. Siebenhaar, Beat (1994): „Regionale Varianten des Schweizerhochdeutschen. Zur Aussprache des Schweizerhochdeutschen in Bern, Zürich und St. Gallen“. Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik 61/1: 31–65. Cathomas, Claudia Sprachkontakt/Diglossie, Minderheitensprache Code-Mixing im Tuatschin - Zur methodischen Herausforderung der Unterscheidung von Sprachen und Varietäten in einer Situation mit intensivem Sprachkontakt Das im Tavetschertal gesprochene Tuatschin ist stark von den deutschen Varietäten Standard- und Schweizerdeutsch gezeichnet. Integrierte Lehnwörter sowie spontane Entlehnungen prägen die surselvische Varietät. Die von rund 1'500 Personen aktiv gesprochene rätoromanische Varietät ist im Alltag jedoch sehr präsent und wird auch an die nächste Generation weitergegeben. Im Rahmen des SNF-Projekts „The morphosyntax of agreement in Tuatschin: acquisition and contact“ und des darin eingebetteten Projekts „Code-Mixing im Tuatschin“ wurden audiovisuelle Daten von Erwachsenengesprächen sowie Aufnahmen von Kindern im Prozess ihres Spracherwerbs in einem Zeitraum von zwei Jahren erhoben und bearbeitet. Bei der Analyse des Verhältnisses der verschiedenen Sprachen und Varietäten sind methodische Schwierigkeiten in der Sprachunterscheidung, die in vorausgehenden Code-Mixing-Studien als Basis der Untersuchung gilt, aufgetreten. Diese Hürden, ein neuer Untersuchungsansatz sowie erste Resultate bezüglich der Erwachsenensprache sollen im Vortrag thematisiert werden. --- Cathomas, Claudia (2015). Von „I dont Know!“ zu „Kei problem chara!!“ – Eine korpuslinguistische Untersuchung zu rätoromanischen SMS unter besonderer Berücksichtigung verschiedener Formen und Funktionen von Code-Switching. Inauguraldissertation der Philosophisch-historischen Fakultät der Universität Bern. Bern: Online-Publikation der Universität Bern. 11
Walther, Géraldine & Sagot, Benoît (2017). ‘Speeding up corpus development for linguistic research: language documentation and acquisition in Romansh Tuatschin.’ Proceedings of the ACL LaTeCH-CLfL 2017 SigHum Workshop. Eckhardt, Oscar Institut für Kulturforschung Graubünden Sprachkontakt/Diglossie, Historische Dialektologie/Sprachwandel Allemannisch in der Rumantschia Welchen Dialekt verwendet die bündnerromanische Bevölkerung, wenn sie schweizerisches Alemannisch spricht? Die Beantwortung dieser Frage war schon lange ein Forschungsdesiderat. Mit der vorliegenden Studie liegt nun erstmals eine wissenschaftliche Beschreibung der gesprochenen alemannischen Varietät im romanischen Sprachraum der Schweiz vor. Die Studie stellt mit phonetisch transkribierten Gesprächsauszügen aus 35 Interviews die alemannischen Dialekte von Trin, Trun, Glion/Ilanz und Scuol detailliert vor und versucht, die Daten aus kontaktlinguistischer Sicht zu klassifizieren und zu positionieren. Ausserdem werden die wiederkehrenden sprachlichen Merkmale im Textkorpus gebündelt dargestellt. Beantwortet wird dabei unter anderem die Frage, ob es sich beim Alemannischen in der Rumantschia um Idiolekte oder neue Dialekte handelt. Und nicht zuletzt untersucht die Studie die Bedeutung der Churer- Rheintalischen Dialekte im Hinblick auf die Alemannisierung des bündnerromanischen Sprachraums. Die Sprachsituation im Forschungsgebiet weist eine mannigfaltige strukturelle Komplexität auf, liegt doch mit den Sprachvarietäten Alemannisch / deutsche Standardsprache sowei romanischer Ortsdialekt / romanische Schreibsprache eine doppelte Diglossiesituation vor, die im Einzelfall noch von persönlichen und familiären Konstellationen überlagert wird. Das führt zu einem breiten Spektrum von Sprachkompetenzen, die von einer mehrheitlich bündnerromanischen über eine perfekte bilinguale bis zu einer rein deutschsprachigen Kompetenz reichen. --- ECKHARDT, OSCAR (2016): Alemannisch im Churer Rheintal. Von der lokalen Variante zum Regionaldialekt. Steiner. Stuttgart. (Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik. Beiheft 162) KERSWILL, PAUL / TRUDGILL, PETER (2005): The birth of new dialects. In: Auer, Peter et al. (2005), 196-220. WEINREICH , URIEL (1953): Languages in Contact. Findings and Problems. Publications of the Linguistic Circle of New York., Number 1. New York. Ellsäßer, Sophie Westfälische Wilhelms-Universität Münster Morphosyntax, Semantik Alemannisch im Raum der Zeit. Untersuchungen dialektaler Tempusmarkierung jenseits des Verbs Die Analyse temporaler Markierung in den deutschen Dialekten hat sich bislang primär auf die verbale Morphosyntax konzentriert (vgl. z.B. Maiwald 2004, Eller 2008, Kuhmichel 2016, Fischer 2018, Leonhard 2019). Temporale Verortung (z.B. Deixis, Aspektualität, Frequenz) wird jedoch nicht nur dort, sondern auch durch verschiedene temporale Adverbiale (z.B. standarddt. jetzt, im letzten 12
Jahr, täglich) ausgedrückt. Ähnlich, wie die Formen und das Funktionsspektrum morphosyntaktischer Temporalmarker (wie beispielsweise der Funktionsbereich einer Perfektform oder das Auftreten morphosyntaktischer Aspektualitätsmarker), können auch Formen und Funktionsspektren dieser temporalen Adverbiale diachron und diatopisch variieren. Beispielhaft hierfür kann etwa als in seiner Funktion als Temporal- bzw. Frequenzadverbial genannt werden, für das sich auch zahlreiche Belege in dialektalen Korpora (die folgenden Beispiele stammen aus dem Zwirner-Korpus) finden. (1) Da haben wir als Brezeln gekriegt. (ZW--_E_00028_SE_01, Staufen im Breisgau) als scheint in zahlreichen hochdeutschen Dialekten als Temporaladverbial aufzutreten (vgl. beispielsweise Staub und Tobler 1881 oder Christmann 1965-1968). Insbesondere alemannische und schwäbische Wörterbücher führen hier ein relativ großes, teilweise stark variierendes Funktionsspektrum auf, das sich zum Teil auch in den Korpusdaten erkennen lässt. So können verschiedene Ereignisfrequenzen ausgedrückt werden, die von 'immer' (2) über 'manchmal' (3) bis hin zu 'selten' reichen. (2) Und da habe ich müssen als am Morgen, am Montag am Morgen um viere, drei, viere immer müssen fortlaufen und habe müssen zu Fuß auf durch. (ZW--_E_00039_SE_01, Neuenburg am Rhein) (3) S3: Du. Hilfst Du als Deinem Nachbarn aus? S2: Ha, wenn es fehlt. (ZW--_E_00602_SE_01, Karlsdorf-Neuthard) Die exakte geographische Verbreitung des Temporaladverbials als sowie mögliche Unterschiede im Funktionsspektrum in den (hoch)deutschen Dialekten sind bislang noch voll-kommen unerforscht. Arbeiten, die sich auf sprachtypologische oder standarddeutsche Daten beziehen (Haspelmath 1997, Musan 2002, Rathert 2012) halten jedoch bereits erste allgemeine Kategorisierungs- und Analyseansätze für Temporaladverbiale bereit, von denen eine dialektologische Untersuchung profitieren und die sie womöglich erweitern kann. Im Rahmen des Vortrags werde ich Strukturen der temporalen Verortung im Alemannischen und Schwäbischen jenseits des Verbs beispielhaft am Temporaladverbial als skizzieren und dessen Auftreten und Funktionsspektrum dort mit dem in anderen Dialekten vergleichen. Dabei werde ich auf Analysen verschiedener Datengrundlagen (dialektale Korpora, Wörterbücher und eine erste indirekte Erhebung) zurückgreifen und illustrieren, welcher Aspekt des Phänomens sich anhand der jeweiligen Datengrundlage untersuchen lässt. --- Christmann, Ernst (1965-1968): A. B/P. (C). Unter Mitarbeit von Julius Krämer. Wiesbaden: Steiner (Pfälzisches Wörterbuch, 1). Online verfügbar unter http://woerterbuchnetz.de/cgi- bin/WBNetz/wbgui_py?sigle=PfWB, zuletzt geprüft am 26.03.2020. Eller, Nicole (2008): Das Tempussystem des bairischen Basisdialekts im Böhmerwald. In: Franz Patocka und Guido Seiler (Hg.): Dialektale Morphologie, dialektale Syntax. Wien: Praesens Verl., S. 27–43. Fischer, Hanna (2018): Präteritumschwund im Deutschen. Dokumentation und Erklärung eines Verdrängungsprozesses. Berlin, Boston: De Gruyter (Studia Linguistica Germanica, 132). Online verfügbar unter https://doi.org/10.1515/9783110563818. Haspelmath, Martin (1997): From space to time. Temporal adverbials in the world's languages. München i.e. Unterschleissheim, Newcastle: LINCOM Europa (LINCOM studies in theoretical linguistics, 3). 13
Kuhmichel, Katrin (2016): Progressivkonstruktionen (SyHD-atlas). Online verfügbar unter http://www.syhd.info/apps/atlas/index.html#progressivkonstruktionen, zuletzt geprüft am 19.03.2020. Leonhard, Jens (2019): Doppelperfekt und Plusquamperfekt im Hoch- und Oberrheinalemannischen Südwestdeutschlands. In: Martin Pfeiffer, Tobias Streck und Andrea Streckenbach (Hg.): Alemannische Dialektologie. Forschungsstand und Perspektiven (Linguistik Online, 98 (5)), S. 77–97. Online verfügbar unter https://bop.unibe.ch/linguistik-online/article/view/5931, zuletzt geprüft am 26.03.2020. Maiwald, Cordula (2004): Tempus und Aspekt im Bairischen. In: Franz Patocka und Peter Wiesinger (Hg.): Morphologie und Syntax deutscher Dialekte und Historische Dialektologie des Deutschen. Wien: Ed. Praesens, S. 227–243. Musan, Renate (2002): The German Perfect. Its semantic composition and its interactions with temporal adverbials. Dordrecht: Springer (Studies in Linguistics and Philosophy, 78). Rathert, Monika (2012): Adverbials. In: Robert I. Binnick (Hg.): The Oxford handbook of tense and aspect. Oxford: Oxford Univ. Press, S. 237–268. Staub, Friedrich; Tobler, Ludwig (1881): A - F. Frauenfeld: Huber (Schweizerisches Idiotikon. Wörterbuch der schweizerdeutschen Sprache., 1). Online verfügbar unter https://www.idiotikon.ch/, zuletzt geprüft am 24.03.2020. Fetzer, This Schweizerisches Idiotikon Sprachkontakt/Diglossie, Sprachdidaktik, Lexikografie Rhätisch, churwälsch, rätoromanisch, romansch – die Rätoromania im Schweizerischen Idiotikon. Genese einer Fremdbezeichnung Seit Beginn der Sammlung und Publikation des Schweizerischen Idiotikons erfahren Substrat- und Lehnwörter im Wörterbuch grosse Aufmerksamkeit – mit gutem Grund: Die ursprüngliche (allerdings schon im ersten Band nicht strikt eingehaltene) Absicht des Wörterbuchs war es ja, ausschliesslich Idiotismen oder Provinzialismen zu präsentieren, und zu diesen gehört ein Grossteil der Substratwörter, aber auch viele Lehnwörter. Entsprechend der Sprachgrenzlage des Schweizerdeutschen stammt die Mehrheit dieser Wörter aus den benachbarten romanischen Sprachen und Idiomen. Da der erste Band des Wörterbuchs vor fast 140 Jahren erschien, lassen sich anhand der bisher publizierten Bände auch Untersuchungen zu metasprachlichen Nomenklaturen durchführen. So sind frühere Definitionsangaben heute teils kaum mehr verständlich (der Modetropf in Band VIII 1076 versteht sich heute leichter ohne die Erläuterung ‹putzsüchtige Frau› von 1917), in anderen Fällen entsprechen sie zumindest nicht heutigem Sprachgebrauch (Schutzgatter in Band II 498 würde man heute kaum mehr wie 1887 als ‹einfältiges Frauenzimmer› definieren). Definitionen dieser Art kommen in neuen Bänden nur noch in Form wörtlicher Zitate vor. Sie verraten nicht nur die Veränderung der Sprache, sondern auch des Denkens. In meinem Beitrag interessiere ich mich für den metasprachlichen Diskurs über die dem Alemannischen benachbarten romanischen Sprachen, insbesondere das, was heute wissenschaftlich Rätoromanisch oder Bündnerromanisch genannt wird. Während die Bezeichnung Bündnerromanisch im Idiotikon kein einziges Mal vorkommt, taucht Rätoromanisch seit Beginn auf, zuerst aber in starker Konkurrenz zu anderen Bezeichnungen. Im Lauf der Publikationsjahre kann daher quasi die Genese einer wissenschaftlich-neutralen Fremdbezeichnung für eine Sprache beobachtet werden, auf die alltagssprachliche Selbst- und Fremdbezeichnungen interferierend einwirken. Die Entwicklung der Nomenklatur soll anhand von 14
Textstellen aus den Federn der Redaktion nachgezeichnet werden. Deren Belege beschäftigen sich in vielen Fällen mit den genannten romanischen Substrat- und Lehnwörtern im Alemannischen, teils aber auch allein mit dem Vergleich alemannischer (bzw. germanischer) und romanischer Wörter und Redensarten und gar nicht selten sogar mit alemannischen Entlehnungen in die romanischen Idiome. Im Anschluss soll ein stichprobenartiger Vergleich des laut Idiotikon rätoromanischen Substrat- und Lehnwortschatzes mit Einträgen in neueren Bündner Wörterbüchern auf jüngerer Materialbasis die Frage aufwerfen, inwiefern die populäre Vorstellung, Bündner Dialekte seien heute noch halb rätoromanisch, gerechtfertigt ist: Kann ein relevanter Anteil der im Idiotikon verzeichneten rätoromanischen Substrat- und Lehnwörter überhaupt noch als lebendig bezeichnet werden? Fleischer, Jürg Philipps-Universität Marburg Syntax, Sprachkontakt/Diglossie Possessorlose Possessa? – Zu Syntax und Pragmatik relationaler Personenbezeichnungen im Alemannischen Relationale Personenbezeichnungen wie etwa Schwester oder Vater versprachlichen eine Relation zwischen zwei Personen (Christen 2006: 35). Sie scheinen somit prädestiniert, zusammen mit Possessivpronomen aufzutreten, die diese Relation präzisieren: In dein Bruder wird ein die gleichen Eltern wie die angesprochene Person aufweisender Verwandter bezeichnet. Die relationale Personenbezeichnung steht dabei für das „Possessum“, das Possessivpronomen für den „Possessor“ der Relation. Es scheint eine interessante syntaktisch-pragmatische Eigenschaft des Alemannischen (und generell des südlichen Oberdeutschen) zu sein, dass bei relationalen Personenbezeichnungen seltener Possessivpronomen auftreten als in anderen deutschen Varietäten, also Possessa ohne explizite Versprachlichung des Possessors verwendet werden. Darauf deutet etwa ein Vergleich der neuhochdeutschen Vorlagen mehrerer Wenkersätze (WS) mit ihren alemannischen Übersetzungen. Das Possessivpronomen der Vorlage wird häufig durch einen definiten Artikel ersetzt: … und sie hed gseid, sie wells au de Tochter säge (WS 9, 45279 Hildisrieden) Vorl.: „und sie sagte, sie wollte es auch ihrer Tochter sagen“ … si söllti das Gwand fer d’Mueter färtig nieye … (WS 17, 46115 Lauenen) Vorl.: „sie sollte die Kleider für eure Mutter fertig nähen …“ Auch bei Bibel(teil)übersetzungen, wie sie Stalder (1819) gesammelt hat, zeigt sich, dass kein Possessivpronomen gesetzt wird. Die folgenden Versionen von Lk 15,28 „Da gieng sein Vater her aus“ (Luther 1545; Possessivpronomen haben auch alle späteren Luther-Versionen bis 2017, die Zürcher Bibeln von 1524–2007 und die Berner Piscator-Bibel von 1791) zeigen gegen die hochdeutschen Texte kein Possessivpronomen: Druf geit der Ätti selber zuonem ūse (Entlebuch) da ist d’r Att use ggange („Mundart des freiburgischen Unterländers“) Do ist der Atti zuonem uße kho (Chur) Und ein Blick auf das Romanische zeigt, dass sich dort analoge possessorlose relationale Personenbezeichnungen finden: Ma il bap giet our e l’exhortet („Dialekt des Oberengadiners“; Stalder 1819: 356) Im Vortrag sollen die areale Verbreitung und die Auftretensbedingungen possessorloser relationaler Personenbezeichnungen im Alemannischen dokumentiert und analysiert werden. Dabei soll auch ein Blick auf die Romania geworfen werden: Findet das alemannische Phänomen dort eine areal 15
angrenzende südliche Fortsetzung? Die Untersuchung stützt sich dabei in erster Linie auf die Analyse von „Paralleltexten“ (vgl. Cysowu / Wälchli 2007), also demselben (übersetzten) Text in unterschiedlichen sprachlichen Varietäten. Auf diese Weise kann exakt vergleichbares Material erhoben werden. In Bezug auf die theoretische Einordnung liegt hier ein interessanter Fall von „verborgener Komplexität“ (Bisang 2014) vor: Die im Hochdeutschen explizit gemachte Possessorbeziehung ist im Alemannischen (und in areal benachbarten romanischen Varietäten?) Sache der Inferenz. --- Bisang, Walter (2014). Overt and hidden complexity—two types of complexity and their implications. In: Poznan Studies in Contemporary Linguistics 50, 127–143. Christen, Helen (2006): Comutter, Papi und Lebensabschnittsgefährte: Untersuchungen zum Sprachgebrauch im Kontext heutiger Formen des Zusammenlebens. Mit einem Beitrag von Ingrid Hove. (Germanistische Linguistik Monographien 20.) Hildesheim etc.: Olms. Cysouw, Michael / Bernhard Wälchli (2007): Parallel texts: using translational equivalents in linguistic typology. In: Sprachtypologie und Universalienforschung 60, 95–99. Stalder, Franz Joseph (1819): Die Landessprachen der Schweiz oder Schweizerischen Dialektologie, mit kritischen Sprachbemerkungen beleuchtet. Nebst der Gleichnißrede von dem verlorenen Sohne in allen Schweizermundarten. Aarau: Sauerländer. Glaser, Elvira / Sandro Bachmann / Anja Hasse Universität Zürich Syntax, Historische Dialektologie/Sprachwandel Grammatischer Wandel im Schweizerdeutschen Sprachwandel im Schweizerdeutschen ist ein in der Bevölkerung immer wieder heiss diskutiertes Thema, wobei in der Regel der Fokus in den Laiendiskursen auf dem Wortschatz und gelegentlich auf der Lautung liegt und meist mit der Vorstellung eines rasanten Wandels verbunden ist. Dagegen ist der genaue Nachweis sprachlichen Wandels, selbst im Bereich des Wortschatzes, auf umfangreichere Untersuchungen angewiesen und nicht mit anekdotischen Beobachtungen zu leisten, was in der Öffentlichkeit immer wieder betont werden muss. Insbesondere für den Bereich der Lautung sind hier etwa die exemplarischen Untersuchungen von Christen (1998), Hofer (1997) und Eckhardt (2016) zu nennen, die mit traditionellen Erhebungsmethoden ein differenziertes Bild von bewahrten Charakteristika einerseits und einer Tendenz zu grossräumigeren Varianten andererseits gezeichnet haben. Leemann et al. (2016) haben Möglichkeiten aufgezeigt, mit durch Crowdsourcing gewonnenen Daten lautlichen, aber auch lexikalischen Sprachwandel nachzuweisen. Die genannten Untersuchungen beziehen sich alle auf die in den 50er Jahren erhobenen Daten des Sprachatlas der Deutschen Schweiz (SDS) (Hotzenköcherle et al. 1962–2003), der die Vergleichsgrundlage für real- time-Analysen bildet. Wir möchten das Thema Sprachwandel in unserem Vortrag im Hinblick auf grammatischen, insbesondere auch syntaktischen Wandel aufgreifen. Während einige ausgewählte Merkmale aus dem Bereich der Morphologie in den genannten Untersuchungen ausgewertet wurden, da sie mit den SDS-Daten verglichen werden konnten, war das für syntaktische Phänomene nicht in gleicher Weise möglich, da im SDS nur wenige syntaktische Karten vorhanden sind. Immerhin ist hier die Pionierarbeit Wolfensbergers (1967) zu nennen, der einige syntaktische Variablen (v.a. Wortstellung) in seine Sprachwandeluntersuchung einbezog, die allerdings primär als materialreiche, auf einen Ort bezogene apparent time-Analyse angelegt ist. 16
In der 2018 lancierten Dialekt-App gschmöis nehmen morphologische und syntaktische Fragestellungen einen grossen Raum ein. Anders als bei früheren Dialekt-Apps handelt es sich nicht um eine einmalige Datenerhebung, sondern um periodische Frageserien mit jeweils neun Fragen, die in einem gewissen Abstand auch thematische Wiederholungen enthalten. Zunächst werden wir einige der Fragestellungen und die ersten Ergebnisse vorstellen, die sich aufgrund der erhobenen persönlichen Daten (Alter und dialektale Verortung) auch entsprechend aufschlüsseln lassen. Dabei spielt die Frage der Zuverlässigkeit der Daten eine entscheidende Rolle. Dazu werden wir einerseits die mittels der App erhobenen Daten mit entsprechenden Fragen aus dem vor knapp 20 Jahren erhobenen Syntaktischen Atlas der Deutschen Schweiz (SADS, vgl. Glaser & Bart 2015) vergleichen, aber auch andere Möglichkeiten des Vergleichs vorstellen, etwa mit den Schweizer Wenkersätzen (vgl. zur Auswertbarkeit Fleischer 2017) und dem Schweizer SMS-Korpus (sms4science.ch). Die ersten Auswertungen zeigen, dass es durch die grosse Datenmenge (je nach Runde ca. 500 bis 3000 Teilnehmende) möglich ist, auch die Beständigkeit mancher kleinräumiger Merkmale (z.B. der Bündner Walserorte) nachzuweisen, dass aber ein grösserer Aufwand betrieben werden muss, um die Ergebnisse im Vergleich mit den älteren, methodisch abweichenden Erhebungen plausibel zu machen. Auf diesem Hintergrund werden verschiedene Fälle von grammatischem Wandel (z.B. Pluralbildung, Indefinitpronomina, Wortstellung) diskutiert. --- Christen, Helen (1998): Dialekt im Alltag. Eine empirische Untersuchung zur lokalen Komponente heutiger schweizerdeutscher Varietäten. Tübingen. Eckhardt, Oscar (2016): Alemannisch im Churer Rheintal. Von der lokalen Variante zum Regionaldialekt. Stuttgart. Fleischer, Jürg (2017): Syntax und Arealität: Methoden und Resultate eines syntaktischen Wenker- Atlas. In: Christen, Helen; Gilles, Peter; Purschke, Christoph (Hrsg.): Räume, Grenzen, Übergänge. Akten des 5. Kongresses der Internationalen Gesellschaft für Dialektologie des Deutschen (IGDD). (Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik – Beihefte, 171). Stuttgart. 137–164. Glaser, Elvira & Bart, Gabriela (2015): Dialektsyntax des Schweizerdeutschen. In: Kehrein, Roland; Lameli, Alfred; Rabanus, Stefan (Hrsg.): Regionale Variation des Deutschen. Projekte und Perspektiven. Berlin, Boston, 81–108. Hofer, Lorenz (1997): Sprachwandel im städtischen Dialektrepertoire. Eine va-riationlinguistische Untersuchung am Beispiel des Baseldeutschen. Basel. Hotzenköcherle, Rudolf; Baumgartner, Heinrich; Schläpfer, Robert; Trüb, Rudolf; Zinsli, Paul (Hrsg.) (1962–2003): Sprachatlas der deutschen Schweiz. 2 Einführungsbände, 8 Kartenbände, Abschlussband. Bern. Leemann, Adrian, Kolly, Marie-José, Purves, Ross, Britain, David, Glaser, Elvira (2016): Crowdsourcing Language Change with Smartphone Applications. PLoS ONE 11(1):e0143060. doi:10.1371/journal.pone.0143060. Wolfensberger, Heinz (1967): Mundartwandel im 20. Jahrhundert. Dargestellt an Ausschnitten aus dem Sprachleben der Gemeinde Stäfa. Frauenfeld. 17
Sie können auch lesen