Die Burg zur Zeit der Renaissance - Herausgegeben von der Wartburg-Gesellschaft zur Erforschung von Burgen und Schlössern in Verbindung mit dem ...
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Forschungen zu Burgen und Schlössern Band 13 Die Burg zur Zeit der Renaissance Herausgegeben von der Wartburg-Gesellschaft zur Erforschung von Burgen und Schlössern in Verbindung mit dem Germanischen Nationalmuseum
Harald Rosmanitz Die Niederungsburg »Mole« bei Heimbuchenthal im Spessart 1. Die »Mole« bei Heimbuchenthal, Lkr. Aschaffenburg. Karte: Jürgen Jung, Kleinwallstadt. Vorbemerkung Bodendenkmals, das heute unter einer exten- siv bewirtschafteten Wiese liegt. Durch aktuelle In den Jahren 2008/2009 konnte auf Initiative der wasserbauliche Maßnahmen in dem südlich an- Gemeinde Heimbuchenthal der südlich des Ortes grenzenden Weiher sowie aufgrund der zu er- gelegene Burgstall »Mole« durch das Archäologi- wartenden Absenkung des Grundwasserspiegels sche Spessartprojekt untersucht werden (Abb. 1). anlässlich der Umgestaltungen des Elsavatals im Geomagnetische Untersuchungen des Geländes Zuge der Umsetzung der Europäischen Wasser- hatten vier Jahre zuvor erste Anhaltspunkte für rahmenrichtlinien war es kurzfristig notwendig die Ausdehnung der Anlage sowie deren bauli- geworden, den Ist-Bestand zumindest ausschnitts- che Gliederung geliefert. Die jeweils zweieinhalb weise zu erfassen. Daneben konnte die Datierung, Monate dauernden Arbeiten konzentrierten sich die architektonische Gestalt und die historische auf die Erforschung des zentralen Wohngebäudes, sowie wirtschaftsgeschichtliche Einbindung der der Nebengebäude, der Ringmauer sowie des ihr Anlage geklärt werden. In Absprache mit dem vorgelagerten Grabens. Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege wur- Aus denkmalpflegerischer Sicht ging es um de gemäß den Projektvorgaben auf eine flächige die Überprüfung des Erhaltungszustands eines Aufdeckung der Anlage verzichtet.1 227
aber auch stellenweise aus Lehmen ist hinsicht- lich der Standortsicherheit sehr problematisch. Dennoch ist die Burganlage »Mole« keine im Spessart singuläre Anlage, vielmehr gibt es mit den Bau- und Bodendenkmalen »Schloss Her- broch« bei Dammbach/Krausenbach, dem Schloss in Oberaulenbach und dem Wasserschloss in Eschau-Sommerau4 im näheren Umkreis von etwa zehn Kilometern standorttypologische Vergleiche (Abb. 2). Die Umgebung der »Mole« ist geologisch von den Gesteinen des Buntsandsteins geprägt. Im Wesentlichen sind es mit den Gesteinen des Heigenbrücker Sandsteins bzw. des Miltenberger Dickbanksandsteins die Einheiten des Unteren 2. Die Wasserburgen des 13. bis 15. Jahrhunderts im Elsava- Buntsandsteins, welche die angrenzenden Erhe- tal. Karte: Jürgen Jung, Kleinwallstadt. bungen geologisch aufbauen. Die »Mole« selbst liegt in der Talniederung am Südrand eines Schwemmfächers, der durch Sedi- Geographische Lage mente aus dem Kirschengraben aufgebaut wird. Im Bereich der »Mole« verzahnen sich die fluvia- Die Burgstelle »Mole« liegt im südwestlichen Teil len Sedimente der Elsava mit den Sedimenten des des Spessarts, im Elsavatal zwischen der Ort- Schwemmfächers. Entsprechend variiert das Sub- schaft Heimbuchenthal und Hobbach.2 Das Gelän- strat von sandig-kiesig, inklusiv der Gerölle aus de grenzt unmittelbar nördlich an den ehemaligen Buntsandstein, mit schluffig-sandigen Substraten, Eisenhammer »Höllhammer« bzw. an die vorgela- zum Teil mit kantigen Blöcken aus Buntsandstein. gerten Fischteiche an. Politisch gehört das Gebiet Große Sandsteinblöcke nördlich des Burgstalls zur Gemeinde Heimbuchenthal. Die »Mole« liegt werden auf außergewöhnliche Starkregenereignis- an der der Staatsstrasse 2308, die rechts der Elsava se zurückgeführt, die einen bedeutenden oberflä- an den Talhang gebaut ist. An das Bodendenkmal chigen Abfluss initiierten. Die Schleppkraft war grenzt heute unmittelbar ein Fahrradweg an, den offensichtlich so immens, dass dem entsprechend auch der Kulturweg »Zwischen Himmel und Höl- mehrere Tonnen schwere Sandstein-Blöcke be- le« nutzt.3 wegt werden konnten.5 Inmitten der Talniederung der Elsava genoß die Burg zur Zeit ihrer Existenz keinen natürlichen Schutz, etwa durch steil abfallende Hänge. Allein Historischer Hintergrund die Nutzung des Wasserangebotes der Elsava bot über die Einrichtung eines Wassergrabens die Wann die »Mole« erbaut wurde und von wem, ist Möglichkeit, das natürliche Potenzial für den unklar, da es keinerlei archivalische Hinweise auf Schutz der Burganlage zu nutzen. Die Position der die Entstehungszeit und -umstände gibt6. Im August »Mole« ist in keiner Beziehung exponiert. In dem des Jahres 1282 hielt sich der Mainzer Erzbischof engen Talmäander der Elsava konnte die Burgan- Werner von Eppstein in Heimbuchenthal auf. Dies lage nur im relativ nahen Umfeld eingesehen wer- geht aus einer Urkunde Werners bezüglich eines den. Auch von den benachbarten Hügeln gibt es Rechtsstreites zwischen dem Frankfurter Schulthei- nur dann eingeschränkte Sichtbeziehungen, wenn ßen Heinrich und dem Stiftskapitel von Frankfurt man eine reduzierte Bewaldung des Gebietes zur hervor, die auf den 16. August 1282 datiert und in Zeit des Bestehens der Burg berücksichtigt. Der Heimbuchenthal ausgefertigt wurde.7 Diese Urkun- Untergrund aus Lockersedimenten, die von ei- de ist zugleich der erste Hinweis auf die Existenz nem hohen Grundwasserstand beeinflusst werden, des Ortes. Daraus leitete man ab, dass sich der stellte besondere Ansprüche an die Baugründung. Erzbischof bei seinem Besuch in Heimbuchenthal Der Untergrund aus Sanden, Kiesen und Geröllen, auf der »Mole« aufhielt und die Urkunde auch 228
dort ausfertigte,8 jedoch lässt die Urkunde diesen Schluss nicht zu. Durch schriftliche Quellen kann somit nicht belegt werden, dass auf dem Areal der »Mole« zu diesem Zeitpunkt bereits eine burgarti- ge Bebauung existierte. Anlässlich der Grabungen 2008 konnten keine Spuren einer Bebauung des Burgstalls aus jener Zeit nachgewiesen werden.9 Dies gelang erst 2009 unmittelbar neben dem Pflas- ter eines Stalls zwischen Wohnturm und Ringmau- er in der Nordostecke der Anlage. Die Spuren einer hölzernen Bebauung des Schwemmfächers können mit Hilfe von Keramik in Entsprechung ähnlicher Scherben vom »Alten Schloss« in Kleinwallstadt10 in das zweite Drittel des 13. Jahrhunderts datiert werden. Von dieser, durch ein Schadensfeuer voll- ständig zerstörten Vorgängerbebauung haben sich nach den tiefgreifenden Neubauten des 14. Jahrhun- derts allerdings nur noch wenige Spuren erhalten. Eine Interpretation dieser Befunde als hölzerne Niederungsburg in der Art der Wasserburg von Eschelbronn ist nicht möglich.11 3. Die Halbzylinderkacheln vom Typ Tannenberg wurden Die »Mole« selbst wird erstmals in einer Ur- um 1400 in Dieburg gefertigt. Der dazugehörige Ofen stand kunde vom 10. Mai 1363 erwähnt. Es handelt sich im 1437/38 zerstörten Wohnturm. hierbei um eine Verkaufsurkunde, in welcher der Besitzer der »Mole«, Rudolph von der Mulen, die bergs westlich des Wohnturms. Er enthielt unter Anlage an Gerhusin Frischenbeckin verkaufte.12 anderem die Überreste eines um 1400 gesetzten Am 22. Februar 1383 erwarb der Aschaffenburger Nischenkachelofens, wie er auch auf der im Jahre Vizedom Eberhard von Vechenbach die »Mole« 1399 zerstörten Burg Tannenberg bei Seeheim- samt den umliegenden Besitztümern. Irgendwann Jugenheim stand (Abb. 3). Besondere Bedeutung zwischen 1383 und 1423 muss die Anlage in den kommt dem Fragment einer Heiligenfigur aus Besitz des Forstmeisters Henne von Gelnhausen Pfeifenton zu, das um 1430 im Bodenseeraum, ver- gelangt sein, denn am 23. August 1423 verkaufte mutlich in Konstanz, gefertigt worden sein dürfte.15 er sie an den Mainzer Erzbischof Konrad III.13 Das Fortschaffen von Beständen der Mole nach Dessen Nachfolger, Erzbischof Dietrich von Er- Steinheim am Main, wie es für das Jahr 1437/38 bach, vergab die »Mole« am 29. Dezember 1434 ausdrücklich archivalisch bezeugt ist (ein huß daß als Lehen an Hans von Hettersdorf. Als Gegenleis- zu Moln abegebrochen und gein Steinheim gefurt tung verpflichtete sich Hans von Hettersdorf, dem wurden ist), dürfte sich nicht nur auf deren Mobi- Erzbischof mit drei Pferden zu dienen. Am 28. liar bezogen haben. Diese wird auch die hölzernen Februar 1438 wurde die Belehnung erneuert.14 Die Konstruktionselemente der Wohnanlage selbst be- Neubelehnung beendete eine Streitigkeit zwischen troffen haben.16 Vor dem Abtragen der Balken warf dem Erzbischof und dem Herren von Hettersdorf, man das Ziegeldach und die mit Lehm gefüllten in dessen Verlauf der Mainzer zuvor das Haus auf Gefache in den Burghof, wo sich der Bauschutt der »Mole« abbrechen und gegen Steinheim bei dann als jüngste burgzeitliche Schicht bis in eine Hanau bringen ließ. Nur wenige Jahre zuvor war Höhe von einem halben Meter auftürmte. der Erzbischof in den Besitz von Stadt und Amt Im Jahre 1443 wechselte die »Mole« abermals Steinheim gekommen. Der Zeitpunkt der »Verla- den Besitzer. Andreas von Karbach erwarb sie gerung« der Burg nach Steinheim bei Hanau ist am 23. Oktober von Hans von Hettendorf. Nach für die Interpretation der letzten Nutzungsspuren seinem Tod heiratete seine Witwe Else von Au- in der Anlage von wesentlicher Bedeutung. lenbach erneut und die »Mole« ging in den Besitz Die Klärung des Zeitpunkts der Aufgabe der ihres neuen Ehegatten Leonhard Kottwitz über. Burg gelang archäologisch mit Hilfe eines Schutt- Dieser verkaufte die Anlage bis zum Jahre 1459 229
hatte. Bereits im Jahre 1686 hatte man die Basis für diese Nutzung vorbereitet, als Maria Ottilie, Freifrau von Ingelheim, den »ruinirten Burgsitz, die Altmühl genannt, so nicht anderst als ein alt verfallenes, … im Thal gelegenes Gemäuer ist« mit dem Erzbischof von Mainz gegen ein Grund- stück in Wintersbach tauschte.19 In der Mitte des 18. Jahrhunderts ist von einem mit einem einzigen Wasserrad betriebenen Werk die Rede, welches Stabeisen für die Schmiede und Schlosser der Gegend lieferte. Als Georg Ludwig Rexroth die Anlage übernahm, stattete er den »Höllhammer« mit einem neuen Betriebsgebäude, drei Wasserrä- dern und zahlreichen weiteren Gebäuden aus. Für die Ruine »Mole« war wichtig, dass der bislang kaum befahrene Weg zum »Höllhammer« nun 4. Darstellung der Fundamente des Wohnturms der »Mole« zum Transport von Vormaterial und Fertigproduk- auf einem vor 1851 bemalten Pfeifenkopf aus Porzellan. ten erheblich ausgebaut und an das Straßennetz angeschlossen werden musste.20 In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts scheint die »Mole« noch in der Landschaft sichtbar ge- wesen zu sein. Zwei Abbildungen geben uns eine an Hamann Echter von Mespelbrunn. Bis zum vergleichsweise gute Vorstellung vom Aussehen Aussterben der männlichen Linie der Echter im der letzten Reste des Baudenkmals vor seiner 18. Jahrhundert blieb die »Mole« im Besitz dieser endgültigen Niederlegung. Eine Zeichnung21 aus Familie.17 Die »Mole« wird in den aufgeführten den Anfangsjahren des 19. Jahrhunderts zeigt den und ab 1443 nachweisbaren Urkunden lediglich von Johann Ludwig Rexroth zum Eisenhammer als Lokalität erwähnt. Weitergehende Informati- mit mehreren Mühlrädern ausgebauten »Höllham- onen über Baumaßnahmen, Steinentnahmen oder mer«. Im Hintergrund (im Westen) erkennt man sonstigen Aktivitäten innerhalb des Bauwerks noch den im Jahre 1830 abgerissenen »Höllenhof«. bzw. der Ruine sind darin nicht überliefert. Leider Rechts im Bild steht die vom Bildrand angeschnit- fehlen auch Hinweise darauf, wann die an der tene Ruine des Wohnturms der Burg »Mole«. Auf »Mole« vorbeifließende Elsava reguliert wurde. der Darstellung wird deutlich, dass der auch heute Der Teich nördlich des »Höllhammers« entstand noch bestehende Teich mit seiner kleinen mittigen – wie im Folgenden noch auszuführen ist – anläss- Insel bereits vor 1830 existierte. Das gesamte El- lich der zweiten mittelalterlichen Bebauung des savatal muss in jener Zeit einen uns heute völlig Schwemmfächers des Kirschgrabens bald nach fremden Eindruck gemacht haben, waren doch die 1330. Eine Zeichnung aus dem Jahre 1795 infor- zum Heimatenhof weisenden Hänge weitgehend miert uns darüber, dass das Gelände bereits vor unbewaldet. Die Informationen über die »Mole« mehr als zweihundert Jahren jene wesentlichen auf dem Bild sind bescheiden. Demnach hatte sich Kulturlandschaftselemente aufwies, die sich bis zu diesem Zeitpunkt nur noch die steinerne Ruine heute unverändert erhalten haben.18 des Wohnturms erhalten. Am 6. Dezember 1794 erwarb Johann Ludwig Die zweite Darstellung der Burgruine »Mole«, Rexroth den der »Mole« südlich vorgelagerten auf einem zwischen 1820 und 1830 entstandenen »Höllhammer« und baute ihn als eines von meh- Pfeifenkopf (Abb. 4),22 ist in vielem informativer. reren benachbarten Werken zur Aufbereitung von Bei leicht geänderter Perspektive (man blickt Eisenerz, insbesondere aber von Alteisen aus. Ein nach NO in Richtung Heimbuchenthal) erkennt Schlussstein an einem Schmelzofen auf dem Ge- man, dass die Höhen westlich der »Mole«, ober- lände des »Höllhammers« gibt mit der Jahreszahl halb eines Waldgürtels, in Richtung Heimatenhof 1702 eine Vorstellung davon, dass die neuzeit- vollständig entwaldet waren. Zusammen mit der liche Eisenveredelung bereits früher eingesetzt ersten Darstellung ergibt sich daraus, dass die Ru- 230
ine noch bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts den der Ruine nochmals um bis zu 150 cm angehoben. Mittelpunkt einer weitgehend offenen Landschaft Bis dahin lagen die Fundamente des Wohnturms bildete. Trotz der begrenzten Möglichkeiten des keine 10 cm unter der Humusoberkante und waren Porzellanmalers und des nicht planen Bildunter- in trockenen Sommern deutlich als Bewuchsmerk- grunds zeigt die Malerei auf dem porzellanenen male zu erkennen. Pfeifenkopf, dass sich der Turmstumpf in einer Mächtigkeit von mehreren Geschossen erhalten hatte. Die dunklen Flecken auf der Fassade könn- Die Ausgrabungen im Rahmen des ten unter Vorbehalt als Schießscharten bzw. Fens- Archäologischen Spessartprojektes ter gedeutet werden. Ein wesentlich detailreicheres Bild über die Die Ausdehnung und Bebauung der Anlage wur- »Mole« liefert Mangold in seiner im Jahre 1833 de im Rahmen der jüngsten Untersuchungen mit erschienen Beschreibung: »Unweit des Hellham- sieben Grabungsflächen erschlossen (Abb. 5). mers gegen Norden findet sich in der Mitte des In zwei weiteren Schnitten nördlich der »Mole« Thales ein altes zum Theil verfallenes, vierecki- konnte gemeinsam mit dem Ökologiezentrum der ges Gemäuer von 130 Schuh Umfang, mit 5 Fuß Universität Kiel die Struktur des vorgelagerten dicken Mauern, 3 Stockwerk hoch, welches von Wassergrabens und des Schwemmfächers des einem mit Mauern umgebenen Hofraume und »Kirschgrabens« in Augenschein genommen wer- einem Wassergraben, dessen Breite nicht mehr den. Die untersuchten Besiedelungsspuren lassen angegeben werden kann, eingeschlossen war.«23 sich dabei in neun Perioden unterteilen.27 Ein Zu diesem Zeitpunkt scheint das Wissen um wichtiges Ergebnis der Grabungen bildet der die Entstehungs- und Nutzungszeit der »Mole« Nachweis, dass die geomagnetisch sich abzeich- bereits vollständig verloren gewesen zu sein, denn nenden Strukturen im Wesentlichen eine maximal Mangold muss zugeben, dass »über den eigentli- vierperiodige Bebauung erfasst.28 Die zu Beginn chen Zweck dieser Gebäude […] nichts Bestimm- des zweiten Drittels des 14. Jahrhunderts errich- tes angegeben werden [kann].«24 Er vermutete, tete und 1437/38 aufgelassene Niederungsburg ist die Anlage sei von den Römern erbaut und als von nachträglicher Überbauung verschont geblie- Stützpunkt für die Versorgung der im Odenwald benen. Damit hat sich bei Heimbuchenthal ein für stationierten Truppen genutzt worden. Mangold den Untermain bislang einzigartiges Bodendenk- erwähnt zudem, dass einige Jahre vor seinem Be- mal erhalten. richt »abergläubische Menschen«25 in der »Mole« nach Schätzen gesucht hatten. Allerdings hät- ten sie außer »einige[n] Bündel[n] Pfeile[n] und Der Wohnturm 29 viele[n] Menschenknochen von ungewöhnlicher Größe« nichts gefunden.26 Im Zentrum der Anlage stand ein massiver Recht- Spätestens 1851, mit dem Ausbau der nördlich eckturm mit einer Kantenlänge von 9,3 x 8,3 m des »Höllhammers« gelegenen Straße von Heim- und einer Mauerstärke von durchschnittlich buchenthal nach Obernburg wurden die letzten 130 cm. Der Mauermantel bestand aus nur grob obertägigen Reste der auf Privatgrund liegenden zugerichteten Sandsteinen. Von besserer Qualität »Mole« beseitigt. Die letzen Spuren des Burggra- und auch von ihrer Größe her herausragend sind bens wurden verfüllt, der Boden eben gezogen, die Sandsteine der beiden Außenschalen. Bei den verdichtet und die Fläche als Weideland genutzt. Ausgrabungen zeigte es sich, dass das Fundament Nach vorläufiger Interpretation der Grabungs- noch auf einer Höhe von insgesamt 160 cm im befunde von 2008/2009 dürfte die Ringmauer Boden erhalten ist. Es wurde zumindest in Teilen bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts anlässlich 1851 anlässlich des Abräumens der obertägigen der umfassenden Sanierungsarbeiten im »Höll- Bebauung weit unter das burgzeitliche Laufniveau hammer« abgetragen worden sein. In den 1990er ausgebrochen und auch darunter tiefgreifend be- Jahren schließlich, schüttete man auf die Wiese, schädigt. auf welcher sich die Burg »Mole« befindet, die Für die Errichtung des Wohnturms tiefte man Sedimente des benachbarten, südlich anschlie- Fundamentgräben etwa einen halben Meter tief ßenden Teiches. Dadurch wurde das Niveau über in den Schwemmfächer des Kirschgrabens ein. 231
Im Turminneren füllte man eine knapp ein Meter Direkt an das nördliche Segment der Ringmauer mächtige Schicht aus großen Sandsteinen auf. Die- schloss sich ein rechteckiger, gemauerter Schacht se sollten das Schichtenwasser drainagieren. Dar- an. Er hat die Innenmaße 160 x 50 cm und besaß über brachte man um 1400 eine mit Backsteinen eine Tiefe von noch 150 cm. Der Schacht war von und Hohlziegeln durchsetzte Lehmpackung ein, einschaligen, in Mörtel gesetzten Mauern um- um das Untergeschoss des Wohnturms trocken zu schlossen. Fehlende Verzahnungen zeigen, dass legen.30 Im Gegensatz zu vergleichbaren Anlagen er erst nachträglich an die Ringmauer angebaut im Spessart dürften die Ecksteine der Außensei- wurde. Bauweise und Abmessungen des Befundes ten nicht als Buckelquader ausgebildet gewesen sowie die Abdichtung der burgseitigen Wände sein. Reste von getünchtem Mörtel außerhalb des durch eine dünne Lehmschicht weisen das Ob- Wohnturms lassen vermuten, dass der Wohnturm jekt als Verfüllschacht einer Doppellatrine aus.34 ursprünglich außen verputzt und weiß getüncht Solche Latrinen belegen den Versuch, »Sauber- war. Im Gegensatz zur Ketzelburg31 fehlen bei keit« in Bereichen zu schaffen, in denen mit einer dem Wohnturm der »Mole« Einbauten im Turm vergleichsweise dichten Besiedlung zu rechnen selbst. Ein nur grob zugehauener Kragstein aus ist. Der hölzerne Überbau des Abtritts war aller dem Turminnern gibt uns einen Hinweis auf die Wahrscheinlichkeit nach ebenerdig zu erreichen. Gestalt der Auflager für die Geschosse. Hinweise Es fehlte ein Kanalsystem zur Ausleitung der flüs- auf ein wie auch immer geartetes Gewölbe im sigen Bestandteile in den Burggraben. Allerdings Turm fehlen. Gegen ein Gewölbe spricht nicht zu- liegt die Sohle der Latrine bereits auf Höhe des letzt auch die Bodenbeschaffenheit, steht die gan- Schichtenwassers, womit ein Versickern der nicht ze Anlage doch komplett auf viskosen Auelehmen. festen Bestandteile gewährleistet war. Die Latrine wurde bei der systematischen Aufgabe der Burg vollständig gesäubert und mit Erde und Bauschutt Bebauungsspuren zwischen verfüllt. Eine der Latrine südlich vorgelagerte Wohnturm und Ringmauer Steinstückung verläuft parallel zur Nordwand des Wohnturms. Es könnte sich dabei um das Auflager Bei den ältesten Bebauungsspuren auf dem dem für einen Schwellbalken gehandelt haben, auf dem Wohnturm vorgelagerten Plateau handelt es sich eine hölzerne Treppe fußte.35 Über diese gelangte um einschalige, in Lehm gesetzte Trockenmauern man möglicherweise zu dem im ersten Oberge- und um eine Grube.32 Sie geben uns eine grobe schoss liegenden Eingang in den Wohnturm. Vorstellung davon, dass vor dem vollständigen In- Ebenfalls um 1400 errichtete man im Südosten nenausbaus der Burg die benötigten Wirtschafts- eine geräumige, vier auf fünf Meter messende gebäude eher provisorischen Charakter hatten. Stallung. Von ihr hat sich ein flächiger Belag aus Damit ist auch die Ansprache der verschiedenen Sandsteinplatten erhalten. Dieser schließt an zwei Baukörper, inkl. deren Anbindung an Wohnturm Seiten direkt an die Ringmauern an. Die verblei- und Ringmauer, nicht vollständig geklärt. benden Wände waren aus Fachwerk aufgeführt. Wesentlich eindeutiger ist das Bild der Bebau- Im Gegensatz zu den Baulichkeiten vor der west- ung nach Abschluss der um 1400 vorgenommenen lichen Ringmauer ruhten die Fachwerkmauern auf Umbauten. Dem westlichen Segment der Ring- 30 cm breiten, in der Erde versenkten Schwellbal- mauer war im Abstand von etwa zwei Metern eine ken. Eine zweilagige Steinunterfütterung verlieh einschalige Mauer aus in Mörtel gesetzten Sand- der Konstruktion zusätzliche Stabilität. Insgesamt steinen vorgelagert. Das 50 cm breite und in einer erweist sich die Stallung als gut geplanter, robuster Höhe von vier Steinlagen erhaltene Fundament Bau, dessen Wertigkeit noch dadurch hervorgeho- bildete vermutlich den Unterbau der Fachwerk- ben wurde, dass er, in Entsprechung zum Wohn- wand eines eingeschossigen, an die Ringmauer turm, über ein mit Hohlziegeln gedecktes Dach angelehnten, stroh- oder schindelgedeckten Wirt- verfügte. Die Reste mehrerer Hufeisen im Stallin- schaftsgebäudes.33 Das an die Ringmauer ange- nern sprechen neben dem sorgfältig gepflasterten lehnte Schleppdach kragte etwa 80 cm nach Osten Innenraum dafür, dass in dem Gebäude Reit- und über die östliche Abschlusswand zum Wohnturm Zugpferde eingestellt waren. hin aus und wurde möglicherweise durch Pfosten Das Plateau um den Wohnturm müssen wir gestützt. uns zumindest ab 1400 als extrem dicht bebautes 232
5. Die 2008 und 2009 auf der »Mole« angelegten Grabungsschnitte. Umzeichnung: Sabrina Bachmann, Heimbuchenthal & Claudia Binder, Mannheim. Areal vorstellen. Mit seiner Stallung, einem Wirt- haben dort im 18. und 19. Jahrhundert jegliche schaftsgebäude und den sanitären Ablagen ver- Spuren einer älteren Nutzung beseitigt. fügte es über wesentliche Elemente, um die zum Betrieb des Wohnturms notwendige Infrastruktur aufrechtzuerhalten. Allerdings blieb dabei vieles außen vor, was eine autarke Burganlage charak- Die Ringmauer terisieren würde. Wir können davon ausgehen, dass zum Betrieb der Burg, zusätzlich zu den Übereinstimmende Mauertechnik deutet darauf Wirtschaftsgebäuden innerhalb des Berings auch hin, dass Wohnturm und Ringmauer in einem ein außerhalb gelegener Wirtschafshof gehörte. Zug entstanden. Dabei gründete man die Fun- Dieser wäre auf dem Schwemmfächer südlich des damente der Ringmauer etwa 150 cm tiefer als kleinen Teichs im Areal des heutigen Höllham- die des Wohnturms. Die Ringmauer umschloss mers zu suchen. Umfassende Umbaumaßnahmen als von N nach S ausgerichtetes Rechteck eine 233
Fläche von 410 m². Die einzige Durchbrechung reien engen die Nutzungszeit der Latrine auf die dürfte ein Tor im südlichen Segment unmittelbar letzten Jahrzehnte des 14. Jahrhunderts ein.37 neben dem Pferdestall gewesen sein. Beim Aufbau Das scheinbar massive Sandgemenge des der 120 cm mächtigen, doppelschaligen Sand- Schwemmfächers auf Höhe der Fundamentun- steinmauer verwendete man sandigen Mörtel mit terkante der Ringmauer erwies sich als Achilles- geringen Kalkanteilen. Die Fundamente der Ring- verse der gesamten Anlage. Im Vertrauen auf die mauer wurden etwa einen Meter in den Sand des Tragfähigkeit des betonharten Sandes verzichtete Schwemmkegels des »Kirschgrabens« eingetieft. man im Zuge der Fundamentierung der Burg un- Die für den Bau der Fundamente benötigte gewöhnlicherweise auf einen hölzernen Pfahlrost. Baugrube entstand, indem man das Erdreich auf Der unter den Fundamenten stellenweise weniger Sohltiefe um etwa zwei Meter nach außen hin als zwanzig Zentimeter mächtige Schwemmfä- abgrub. Der so entstandene, um die Burg lau- cher wurde durch die Bauarbeiten an mehre- fende Graben wurde in der Folge als Sohle des ren Stellen vollständig abgetragen. Die darunter Burggrabens weiterverwendet. Indem man vor die zum Vorschein kommenden, viskosen Auelehme unterste Fundamentlage der Ringmauer mit Mör- wurden durch das Gewicht der Mauern in den tel versetzten Sand bis zu 40 cm hoch anböschte, Burggraben gedrückt. Damit verlor das Gefüge verhinderte man ein Unterspülen der Ringmauer. unterhalb der Fundamente zusehends an Stabilität. Bauphasen ließen sich in den 2008/2009 freigeleg- Als Schwachpunkt erwies sich die nur schwach ten Außenschalen der Ringmauern nicht nachwei- verdichtete Einfüllung zwischen Schwemmfächer sen. Vieles – nicht zuletzt die geringe Dimension und Ringmauer, auf der eine ebenfalls noch locke- des Burgstalls – spricht dafür, dass die Anlage re, meterhohe Aufschüttung zwischen Ringmauer vergleichsweise zügig errichtet wurde. Wir kön- und Wohnturm ruhte. Der beim Ausheben der nen davon ausgehen, dass die Mauer nach außen Ringmauerfundamente angefallene lockere Aus- im Gegensatz zum ursprünglich weiß gekalkten hub entwickelte Seitendruck, den das geschwäch- Wohnturm nicht verputzt war. te, einsackende Fundament nicht abfangen konnte. Über die ursprüngliche Höhe der Mauer lässt Die Ringmauer begann folglich sich nach außen sich spekulieren. Als sicher gilt, dass sie zumin- zu neigen. dest nach Norden hin36 einen ziegelbesetzten Die Neigung muss bereits während der Errich- Wehrgang besaß. Dies legt eine Massierung von tung der Ringmauer erkannt worden sein. So Dachziegeln im Burggraben nahe. Der Mönch- setzte man in den Graben vor die Ringmauer min- Nonne-Verband lässt zudem auf einen schweren destens zwei 80 cm breite Strebepfeiler, die mit hölzernen Dachstuhl als Unterkonstruktion schlie- der Ringmauer verzahnt sind.38 Durch Anlagerung ßen. In den Wehrgang der nördlichen Ringmauer von Brettern auf Höhe der Fundamentunterkante war ein Aborterker integriert. Trotz fehlender versuchte man um 1400, den Strebepfeiler vor den Baubefunde legt dies ein 2008 ergrabener Schutt- nördlichen Abschnitt der Ringmauer vor Unter- kegel in der Grabensohle nahe. Da dieser Bereich spülen zu schützen.39 Überdies hatte man darüber bis heute unterhalb des Grundwasserspiegels liegt, einen mit Mörtel vermischten Sand an den Sockel konnten sich unterhalb des ehemaligen Abtritts angeböscht. zahlreiche organische Reste erhalten, darunter et- Die vorgelagerten Strebepfeiler konnten indes- wa faustgroße Moosballen, die aller Wahrschein- sen auf Dauer das Wegkippen der Ringmauer lichkeit nach als mittelalterliches Toilettenpapier nicht verhindern. Um 1400 war der Verfall schon zum Einsatz kamen. Aus diesem, bis zu einem so weit vorangeschritten, dass nur noch umfang- Meter hohen Schichtenpaket stammen Speiseab- reiche Baumaßnahmen das Einstürzen von Teilen fälle, Koch- und Trinkgeschirr, hölzerne Teller, der Umfassungsmauer hätte verhindern können. Platten und Löffel, eine Kegelkugel sowie ein Inwieweit sich die Bauschäden auf die Jahrtau- Kreisel. Besonders hervorzuheben ist ein hölzer- sendflut des Jahres 134240 und auf das Baseler ner Zweilagenkamm und ein aus hauchdünnem Erdbeben vom 18. Oktober 135641 zurückführen Silberblech getriebener Handspiegel. Halbzylin- lassen, konnte im Befund nicht erschlossen wer- derkacheln vom Typ Tannenberg, in Dieburg ge- den. Man kann jedoch davon ausgehen, dass fertigte glasierte Töpfe, Fettfänger und getauchte solche Extremereignisse an einer bereits maroden Kannen aber auch Kochtöpfe regionaler Hafne- Bausubstanz ihre Spuren hinterließen. Lange Zeit 234
hatte die Vermörtelung und Verzahnung der großen Sand- steinblöcke der Ringmauer das gesamte Ringmauerkar- ree blockhaft stabilisiert. Die sehr dünne Schicht des aus- laufenden Schwemmfächers im Süden der Anlage konnte jedoch auf Dauer das auf ihm lastende Gewicht der Ring- mauer nicht mehr tragen. Die Mauer sackte ein und kipp- te nach außen. Der nördlich des zu dünnen Schwemmfä- chers liegende Mauerteil fußte dagegen auf weit stabilerem, unnachgiebigem Grund. Ir- gendwann konnte das Mauer- 6. Blick auf die westliche Ringmauer und die ihr vorgelagerte Stützarkade. werk den Kräften nicht mehr standhalten und zerbrach. Am deutlichsten erkennt man das an einem an seiner Ba- sis armbreiten Riss im nörd- lichen Drittel des westlichen Segments der Ringmauer. Im unmittelbaren Umfeld des Risses lösten sich die umge- benden Steine und fielen in den Burggraben. Gleichzei- tig nahm die Schräglage der Mauer bedrohliche Ausmaße 7. Blick von Westen auf die der westlichen Ringmauer vorgelagerte Stützarkade. an.42 Erste Stützungsmaßnah- Umzeichnung: Sabrina Bachmann, Heimbuchenthal. men mit eilig zugeschlagenen, in der Niederung der Elsava wachsenden Eichenstämmen, konnten nur die schlimmsten Schäden verhindern. per vorkragenden Ummantelungen sind leicht Man entschloss sich daher, die Westseite der abgeschrägt, erweitern sich nach unten hin um 17 Ringmauer durch ein vorgesetztes, etwa ein Meter Grad. Eine vergleichbare Ummantelung der nord- breites Gewölbe zu stabilisieren (Abb. 6/7). Diese östlichen Ringmauerecke lässt die Vermutung zu, Lösung bot den Vorteil, dass man nur wenige dass eine solche Arkade nicht nur der West- son- Punktfundamente benötigte, welche im Abstand dern auch die Ostseite der Ringmauer vorgesetzt von etwa fünf Metern im feuchten Burggraben war. Es ist mangels Vergleichsbeispielen nicht errichtet wurden. Knapp oberhalb des Grund- bekannt, inwieweit mit diesen Verstärkungen der wasserspiegels setzten die Gewölbebögen an. Sie Wehrcharakter der Umfassungsmauer beibehalten bestehen aus keilförmig zugerichteten, massiven werden konnte. Die bastionsgleichen Eckverstär- Sandsteinblöcken. Besondere Sorgfalt verwendete kungen dürften die optische Wirkung der an die- man für die nachträgliche Einfassung der Südwest- ser Stelle befremdlich anmutenden Stützarkaden und Nordwestecke der Ringmauer. Zum Abfangen sicherlich etwas abgeschwächt haben. des Gewölbeschubs wurden diese massiv aus bis Bei der beschriebenen »Sanierung« der west- zu zwei Meter langen Sandsteinblöcken errichtet. lichen Ringmauer beging man letztlich den glei- Die Seitenwände der aus dem gesamten Baukör- chen Fehler wie etwa siebzig Jahre zuvor bei der 235
berindeten Baumstämmen eine Barriere, um den Sedimenteintrag von Außen zu vermindern. Die Konstruktion war dabei mit angespitzten Pfosten und in Trockenmauertechnik errichteten, steiner- nen Stützen in der Grabensohle und in der äußeren Grabenwand verankert. Im Zuge der gegen 1400 erfolgten Sanierungsarbeiten wurde der Wasser- graben stark verschmälert. Spätestens zu jenem Zeitpunkt verankerte man in der Südwestecke vor der ummauerten Ringmauer eine nach Osten leicht abfallende Rinne mit sekundär verwendeten eichenen Spaltbohlen und zugesägten Brettern. Sie wurde im Burggraben knapp oberhalb der Fundamentunterkante mit zugespitzen Pfosten in den Sanden des Schwemmkegels verankert. Nach Süden hin wird der den Burgstall umschließende Wassergraben von einem parallel zur Südmauer verlaufenden, künstlich aufgeschütteten Damm 8. Grundriss der Burg kurz nach ihrer Renovierung um 1400. begrenzt. Auf diesem verlief aller Wahrschein- lichkeit nach die ursprüngliche Zuwegung zur Burg. Eine Holzbrücke, die den Burggraben über- spannte, dürfte zum Tor in der Ringmauer geführt haben. Dieses lag westlich des Pferdestalls. Errichtung der Burg. Wieder vertraute man den In den letzten beiden Tagen der Kampagne 2009 betonharten Sanden des Schwemmfächers des wurde in der südwestlichen Außenecke des Gra- Kirschgrabens, verzichtete also auf jede Art von bens eine nach Süden laufende Wasserableitung Unterbau der Pfeilerfundamente, insbesondere aufgedeckt. Die Rinne liegt etwa einen halben einen Pfahlrost. Schon wenige Jahre später sanken Meter über der Grabensohle und führt unter dem auch diese ein und die gesamte Konstruktion neig- künstlichen Damm hindurch. Sie wurde in einen te sich nach außen. vierkantig zugebeilten, 50 cm breiten Lärchen- stamm eingeschlagen. Dessen oberer Teil war zuvor mit Keilen vom Stamm abgespalten worden. Der Burggraben Er wurde zum Schluss als Abdeckung wieder auf die Rinne gesetzt und mit Holznägeln verzapft. Im Rahmen der archäologischen Untersuchungen Das Wasser, das in der Röhre mit ihrem leichten 2008/2009 konnte der Burggraben insgesamt an Gefälle nach Süden abgeführt wurde, floss nicht zwei Stellen mit bis auf die Sohle reichenden direkt in die Rinne. Vielmehr dürfte auf dem Gan- Schnitten untersucht werden.43 Sowohl nördlich zen ein Schieber aufgesessen haben. Er verhin- als auch westlich des Burgstalls wurde dabei derte ein Verschmutzen und Zusetzen der Rinne. ein unterhalb der Fundamentoberkante noch 320 Gleichzeitig war es möglich, mit Hilfe des Schie- cm tiefer Sohlgraben angetroffen. Er schloß sich bers den Wassersstand im Burggraben durch das direkt an die Ringmauer an. Der Graben trennt Jahr hinweg auf gleichmäßigem Niveau zu halten. den Schwemmfächer vom Burgstall, gleichzei- Bald nach 1400 setzte sich der Graben mit Se- tig verbessert er auch die Wehrhaftigkeit. Jeder dimenten zu. Die Reste eines Türbretts, das im eventuelle Angreifer versank hier knöcheltief in Verlaufe der Abtragung des Wohnturms 1437/38 zähmen Schlick.44 in den Graben fiel, liegen schon etwa einen Meter In den Grabenprofilen zeigte sich, dass der höher als die Grabensohle. Als im 17. Jahrhundert Sohlgraben nach Abschluss der Errichtung der die Ringmauer abgebrochen und dabei auch die Ringmauer noch um etwa einen Meter nach au- vorgelagerten Gewölbebögen zum Einsturz ge- ßen verbreitert wurde. Der Ringmauer gegenüber bracht wurden, war der Graben nur noch als etwa errichtete man aus aufeinander gestapelten, noch 50 cm tiefe Mulde im Gelände erkennbar. 236
Fazit selbst ist in diesem Zusammenhang vor allem auf die Anlage des Teiches südlich des Burgstalls zu Die Untersuchung der Burg »Mole« erwies sich verweisen. Die für die Mauern benötigten Sand- sowohl von archäologischer als auch archivali- steine wurden dabei höchstwahrscheinlich nicht scher Seite als lohnenswert. Die mehrfache Über- weit von der Anlage in einem Steinbruch am Fuße formung des Areals verhinderte bislang – trotz des Kirschgrabens gebrochen.49 geophysikalischer Untersuchungen – eine letztlich In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts verbindliche Rekonstruktion der Anlage. Obwohl drängten sich auf der »Mole« auf engstem Raum die Burg in zahlreichen schriftlichen Quellen Er- Burgherr und Dienerschaft. Dennoch weisen Ele- wähnung fand, entzog sich ihre architektonische mente hochwertiger Wohnkultur wie Glasscheiben Gestalt bisher unserer Vorstellung. und der aus Dieburg stammende Nischenkachel- Dank der archäologischen Untersuchungen sind ofen darauf hin, dass der umgebende Wirtschafts- nun verbindliche Aussagen zum ursprünglichen raum hinlänglich Einkünfte abwarf, um einen für Aussehen der Burg und ihrer Zeitstellung möglich. damalige Verhältnisse gehobenen Lebensstil zu Auch die Stellung der Befestigung im Rahmen pflegen. Vieles deutet darauf hin, dass das Elsava- des mittelalterlichen Wirtschaftsraums Spessart tal, ähnlich wie im 18. und 19. Jahrhundert, bereits kann zumindest in Ansätzen skizziert werden: in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts einen Die Lage der Burg im Elsavatal ist fortifikato- Wirtschaftsboom erlebte. Fragmente von Abstich- risch nicht unbedingt günstig gewählt. Dies ist schlacken legen die Vermutung nahe, dass in der jedoch bei weitem kein Alleinstellungsmerkmal, Umgebung Raseneisenerz verhüttet, zumindest wie die Anlagen in Mespelbrunn, Oberaulbach aber verarbeitet wurde.50 Dafür sprechen auch die und Wildenstein zeigen. Andererseits reihen sich für den Innenausbau der Burg »Mole« verwende- sämtliche Anlagen in und um das Elsavatal ent- ten Backsteine regionaler Provenienz, in denen lang der Abgrenzung der Herrschaftsgebiete des zweitverwendete, zermahlene Abstichschlacke als Erzbischofs von Mainz und des Grafen von Rie- Magerungsmittel zum Einsatz kam.51 Der Cha- neck auf. In den 1260er und 1330er Jahren war rakter des Burgstalls hatte damit einen entschei- dieser Konflikt eskaliert.45 Damit einhergehend denden Wechsel von der Grenzbefestigung hin ist im nordwestlichen Spessart eine Burgengrün- zur Sicherung und Kontrolle des gewinnbringen- dungswelle zu vermelden, zu der es weder zuvor den Wirtschaftsstandorts vollzogen. Nur dieser noch später Parallelen gibt. Ohne den hier in Umstand macht den fortifikatorisch ungünstigen jedem Fall unbedingt erforderlichen historischen Standort der Burg verständlich und nur so ist Forschungen vorzugreifen,46 könnte die Anlage erklärbar, warum man um 1400 trotz massiver ihre Entstehung möglicherweise der Einrichtung und letztlich unlösbarer statischer Probleme an einer permanenten Grenzbefestigung zu verdan- einer weiteren Nutzung der in den Auelehmen des ken haben, wie wir sie in ähnlicher Ausprägung Elsavatals versinkenden Burg interessiert war. Die als Letzi vom Berner Oberland kennen.47 aufwendigen Drainage- und Sanierungsmaßnah- Mit Hilfe der Ausgrabungen gelang im Jahre men konnten jedoch letztlich den Niedergang der 2009 zudem der Nachweis, dass bereits in der Burg nicht aufhalten. Vielleicht war schon dreißig zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts zumindest in Jahre später das Gelände als Rohstoffquelle ausge- Ansätzen eine hölzerne, burgähnliche Anlage auf laugt, waren die naheliegenden Rasenerzvorkom- dem Schwemmkegel des Kirschgrabens gestanden men abgebaut oder die verfügbaren Holzbestände hatte. Das Areal selbst kann jedoch auf eine weit dermaßen dezimiert, dass der Produktion schlicht- ältere Besiedelungsgeschichte zurückblicken. So weg der notwendige Faktor Energie fehlte. Die wurden im Rahmen geoarchäologischer Untersu- schnelle und vollständige Aufgabe der Anlage in chungen nördlich des Burgstalls prähistorische, den Jahren 1437/38 zeigt in aller Deutlichkeit den eisenzeitliche Befunde angeschnitten.48 wirtschaftlichen und politischen Bedeutungsver- Die Burg in ihrer heute zumindest noch in den lust, der auch im Zuge des Wiederauflebens der Grundmauern erhaltenen Form dürfte um 1330 Eisenverarbeitung im 18. und 19. Jahrhundert nie errichtet worden sein. (Abb. 8) Dabei wurde das mehr wettgemacht werden konnte. Aus der Sicht Gelände tiefgreifend verändert. Neben den Abgra- des Kulturlandschaftsforschers ist dies ein großer bungen und Aufschüttungen in und um die Burg Glücksfall, hat sich doch um den Burgstall herum 237
eine Landschaft bis in unsere Zeit erhalten, die bis Das Bodendenkmal, von dem bei den Grabun- auf wenige Eingriffe jüngeren Datums letztlich gen 2008/2009 nicht einmal ein Fünftel freigelegt durch die dichte spätmittelalterliche Nutzung ent- wurde, bleibt in großen Teilen ein archäologisches scheidend von Menschenhand umgestaltet wurde. Reservat, das sicher noch manche Überraschung Ziel der Ausgrabungen war es keinesfalls, mög- für künftige Forschergenerationen bereithält. Die lichst viel der noch im Boden erhaltenen Ori- Grabungen der vergangenen Jahre lieferten we- ginalsubstanz der Burg dauerhaft ans Licht zu sentliche Informationen über den Aufbau des holen und so den Verlust zumindest in Teilen zu Untergrunds, die Erhaltung der dort lagernden amortisieren, der durch den vollständigen Abtrag spätmittelalterlichen Bauhölzer und der Funda- der obertägig noch sichtbaren Bebauung im Jah- mente. Gerade der unerwartet hohe Anteil erhalte- re 1851 erfolgte. Entsprechend der Vorgabe der ner mittelalterlicher Hölzer im Burggraben fordert Unteren Denkmalschutzbehörde des Landkreises geradezu zu einem äußerst sensiblen Umgang mit Aschaffenburg wurden sämtliche Befunde nach dem archäologischen Reservat heraus, vor allem Abschluss der archäologischen Untersuchungen im Hinblick auf künftige wasserbauliche Maß- wieder mit Erde bedeckt. Das Aussehen des Are- nahmen. als unterscheidet sich nur wenig von jenem vor Beginn der archäologischen Aktivitäten. Abbildungsnachweis 1, 2: J. Jung, Kleinwallstadt; 3, 4, 6, 8: H. Rosmanitz, Par- tenstein; 5: Sabrina Bachmann, Heimbuchenthal und Claudia Binder, Mannheim; 7: Sabrina Bachmann, Heimbuchenthal. 238
Anmerkungen 1 Insgesamt wurden 2008/2009 weniger als 7% der Gesamt- chäologischen Untersuchungen auf der Ketzelburg – Ein anlage archäologisch untersucht. Überblick, in: Ders. (Hrsg.), Die Ketzelburg in Haibach. 2 Die Angaben zur Geomorphologie verdanke ich Dr. Jürgen Eine archäologisch-historische Spurensuche, Neustadt a.d. Jung, Kleinwallstadt. Aisch 2006, S.61). 3 Vgl.http://www.spessartprojekt.de/kulturwege/heimbuch- 17 Aulbach 1982, S. 33 – 35. enthal/index.php (Stand vom 1. April 2010). 18 Friedrich Schunder: Die Rexroth-Geschichte. Hämmern, 4 Wolfgang Hartmann: Zur frühen Geschichte von Sommer- Gießen, Bewegen 1795 – 1995, Lohr am Main 1995, S. 19. au und seiner Wasserburg. Spessart. Monatszeitschrift für 19 Ebenda, S. 21. die Kulturlandschaft Spessart, Juli 2009, S. 3 – 11. 20 Ebenda, S. 22. 5 Hans-Rudolf Bork und Annegret Kranz: Die Jahrtausend- 21 Schunder 1995, S. 19. flut des Jahres 1342 prägt Deutschland – Neue Forschungs- 22 Rosmanitz 2009, S. 161. ergebnisse aus dem Einzugsgebiet des Mains, in: Jahres- 23 Mangold: Kurze topographische Beschreibung des Hell- berichte der Wetterauischen Gesellschaft für die Gesamte hammers und dessen nächster Umgebung. Archiv des Naturkunde, 158 Jg. (2008), S. 119 – 129. historischen Vereins für den Untermainkreis 1/3 (1833): 6 Eine archivalische Aufarbeitung der »Mole« steht derzeit S. 143. noch aus. Erste Ansätze finden sich bei Manfred Aulbach: 24 Ebd. Von den Anfängen bis ins Hohe Mittelalter. In: Karl- 25 Ebd., S. 144. heinz Bachmann (Hg.), Heimbuchenthaler Geschichtsbuch 26 Ebd. 1282 – 1982, Goldbach 1982, S. 18 – 50. 27 Periode 1: Prähistorische (eisenzeitliche) Besiedelung des 7 Johann F. Böhmer: Regesta Archiepiscoporum Magunti- Schwemmfächers des »Kirchgrabens« nördlich der Burg- nensium. Regesten zur Geschichte der Mainzer Erzbischöfe stelle; Periode 2: Errichtung und Niederlegung der hoch- von Bonifatius bis Uriel von Gemmingen 742? – 1514. II. mittelalterlichen, hölzernen Bebauung (ca.1260 – 1290); Band. Von Konrad I. bis Heinrich II. 1161 – 1288, hrsg. von Periode 3: Errichtung der spätmittelalterlichen Burganlage Cornelius Will, Innsbruck 1886, S. 416, Nr. 555. (ca.1330/1340); Periode 4: Umbauphase, gekennzeichnet 8 Aulbach 1982, S. 32; dazu auch Valentin Pfeifer: Spessart- durch die Anlage eines Stützgewölbes vor der westlichen sagen. Aschaffenburg 1948, S. 39. Ringmauer, einer Verstärkung vor der Nordostecke der 9 Harald Rosmanitz: Der Burgstall »Mole« in Heimbuch- Ringmauer sowie der Anlage einer umlaufenden, rand- enthal, Landkreis Aschaffenburg, Unterfranken. Das ar- ständigen Innenbebauung mit Latrine und gepflastertem chäologische Jahr in Bayern 2008, Stuttgart 2009, 161. Stall (ca. 1400); Periode 5: Auflassung des Burggrabens 10 Harald Rosmanitz: Burgenforschung im Spessart. Das (bald nach 1400); Periode 6: Systematische Aufgabe der »Alte Schloss« in Kleinwallstadt. Beiträge zur Archäologie Burg, einhergehend mit dem Abtragen der hölzernen in Unterfranken 2009. Mainfränkische Studien Band 77, Obergeschosse des Wohnturms (1437/38); Periode 7: Nie- Büchenbach 2009, S. 273 – 275; siehe auch den Aufsatz zu derlegung der Ringmauer im Zuge des Aus- und Aufbaus diesem Thema in diesem Tagungsband. des »Höllhammers« (Ende 17. Jh.); Periode 8: Abtragen 11 Tilman Mittelstrass: Eschelbronn. Entstehung, Entwick- des Wohnturms (1851); Periode 9: Auflagerung der Sedi- lung und Ende eines Niederadelssitzes im Kraichgau (12. mente des südlich anschließenden Weihers (ca.1995). bis 18. Jahrhundert), Stuttgart 1996. 28 Periode 3 – 6. 12 Aulbach 1982, S. 32 – 33. 29 Eine erste Vorstellung vom ursprünglichen Aussehen 13 Aulbach 1982, S. 32. des Burgstalls »Mole« gibt eine 2008 im Rahmen der 14 Wolfgang Voss: Dietrich von Erbach. Erzbischof von Bachelor-Arbeit von Torsten Kroth am Institut für Me- Mainz (1434 – 1459). Studien zur Reichs-, Kirchen- und digenstaltung an der Hochschule Darmstadt – University Landespolitik sowie zu den erzbischöflichen Räten, Mainz of Applied Sciences gefertigte virtuelle Rekonstruktion: 2004 (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen (http://www.tokrox.de/tobo/index.php?option=com_conte Kirchengeschichte, Bd. 112), S. 304. nt&view=article&id=22&Itemid=46). Sie bedarf insbe- 15 Brigita Nagel, Patrick Oelze u. Ralph Röber: Heilige vom sondere aufgrund der Grabungsergebnisse der zweiten Hinterhof, in Ralph Röber (Hrsg.): Glaube, Kunst und Kampagne 2009 einer umfassenden Überarbeitung. Spiel. ALManach 1, Stuttgart 1996, S. 98 – 99. Bruchstü- 30 Die Aufschüttung läßt sich durch die Ziegel und Back- cke der in Konstanz gefertigten, thronenden Madonna aus steine datieren. Sie unterscheiden sich deutlich von der archäologischen Kontext stammen von der Mole bei Heim- hochmittelalterlichen Zieglerware des Untermains aus buchenthal sowie von der Burg Hohenklingen bei Stein am hell brennendem Ton (Peter Jüngling: »Diese Capell Rhein (nach freundlicher Mitteilung von Andreas Heege, steht noch heutzu Tag …«. Beiträge zur Geschichte der Zug) Marienkapelle von Hirzbach, Gemeinde Hammersbach, 16 Mainzer Ingrossaturbuch 23, S. 107 (Staatsarchiv Würz- Main-Kinzig-Kreis, Hanau 2004, S. 121 – 122.; Rosma- burg). Eine vergleichbarer »Umzug« einer Burg ist für das nitz, Kleinwallstadt 2009, S. 279 – 280. Ende des 12. Jahrhunderts für die Ketzelburg in Haibach 31 Rosmanitz 2006, S. 60 – 61. archäologisch nachgewiesen (Harald Rosmanitz: Die ar- 239
32 Aufgrund der vergleichsweise kleinen, archäologisch un- 43 Bereits 2008 erwiesen sich dünne, in die Sedimente tersuchten Fläche können die Befunde nicht näher in ihrer eingelagerte Sandbänder als großes Problem. Nach dem Funktion angesprochen werden. Abpumpen des Grundwassers schwemmten die Sande 33 Fehlende, genauer spezifizierende Befunde und Funde schnell aus und die stabilisierten Seitenwände stürzen in lassen leider keine funktionale Ansprache zu. den Untersuchungsbereich. 2009 wurde die Situation noch 34 Dietrich Lutz (Hrsg.): Vor dem großen Band. Archäologie dadurch erschwert, dass der Grundwasserspiegel aufgrund zu Füßen des Heidelberger Schlosses, Stuttgart 1992, S. von starken Regenfälle trotz ständigem Abpumpens eher 58 – 62. stieg als fiel. Schließlich mussten die Grabungsschnitte 35 Eine eindeutige Zuordnung des Befundes gelänge erst bei wesentlich kleiner dimensioniert als ursprünglich geplant vollständiger Freilegung des Burgplateaus. Als gesichert per Hand auf die geologischen Straten abgeträuft werden. kann gelten, dass sich westlich des Wohnturms ein solcher Aufgrund von Wassereinbrüchen erfolgte die Dokumenta- Treppenaufgang nicht befunden haben kann. Hier hätte tion unter großem Zeitdruck. Eine detaillierte Analyse der der Raum zwischen dem Wirtschaftsgebäuden und dem einzelnen Bau- und Verfüllungshorizonte war daher kaum Wohnturm selbst für eine entsprechende Anlage nicht möglich. ausgereicht. Gleiches gilt für die Südwestecke des von der 44 Auch die Ausgräber hatten mit dem viskosen Schlick ihre Ringmauer umschlossenen Areals. rechte Not. Unter anderem verblieben mehrere Schuhe 36 Im Graben vor der westlichen Ringmauer lagen dagegen und Stiefel unwiederbringlich in den Tiefen des Morasts. so gut wie keine Ziegel, obwohl die Befundsituation hier 45 1271 ordneten sich die Rienecker dem Erzbischof von Ähnliches wie nördlich des Burgstalls erwarten ließ. Mainz unter. Der Konflikt im Jahre 1333 hängt mit dem Demnach war möglicherweise nur ein Teil der Ringmauer Aussterben der Linie Rieneck-Rothenfels und der daraus mit einem Wehrgang versehen. resultierenden Erbfolge zusammen. 37 Deutliche Entsprechungen im Fundinventar gibt es in der 46 Nach freundlicher Mitteilung von Herrn Gerrit Himmels- Verfüllung einer im Jahre 2009 im Museum der Stadt bach, Hösbach. Miltenberg am Schnatterloch ergrabenen Latrine (Philipp 47 Werner Wild: Reichenbach. Burg und Letzi Mülenen. Die Sauer: Cabutzino. Schülerzeitung am Johannes-Butzbach- Rettungsgrabungen von 1941 und 1990 – 1996, Bern 1997. Gymnasium Miltenberg 2/2009, S. 32 – 34). 48 Nach freundlicher Mitteilung von Annegret Kranz, Kiel. 38 Die beiden Stützpfeiler setzten an der Fundamentunter- 49 Der Steinbruch war noch bis ins 19. Jahrhundert in Nut- kante der Ringmauer an. Die Steine ihrer Außenschale zung. Ein eindeutig mittelalterlicher Abbau ist aufgrund sind mit der Ringmauer auf einer Höhe von ca. einem der rezenten Nutzung in Heimbuchenthal nicht mehr Meter verzahnt. Fehlende Ansatzspuren oberhalb der erkennbar. Verzahnungsbereiche legen den Schluss nahe, dass die 50 Der Nestor der Spessartgeologie, Jochim Lorenz aus Stützpfeiler lediglich als vorgelagerte Fundamente ge- Karlstein, analysierte 2009 einige der Abstich- und dacht waren und bei geflutetem Burggraben nicht zu sehen Schmiedeschlacken. Er konnte mit Hilfe von Anschliff- waren. und Dünnschliffanalysen den Nachweis erbringen, dass 39 Die beiden Hölzer – eine eichene Spaltbohle und ein die aus der Zeit um 1400 stammenden Schlacken im ebenfalls eichenes, zugespitzes Brett - wurden am Institut Zusammenhang mit einer wie auch immer gearteten Ei- für Archäologie, Denkmalkunde und Kunstgeschichte der sengewinnung stehen. Otto-Friedrich-Universität Bamberg beprobt. In beiden 51 Die Magerung von Ziegeln oder Backsteinen mit Abstich- Fällen konnten die Jahre 1395/96 als vermutliche Fällda- schlacke ist für das Elsavatal ein bislang einzigartiges ten ermittelt werden. Phänomen. Sie ist weder für zeitgenössische Funde vom 40 Bork/Kranz 2008, S. 125 – 126. Wasserschloss in Eschau-Sommerau noch von der Burg 41 Werner Meyer: Da verfiele Basel überall. Das Basler Erd- Wildenstein bei Eschau, noch für Eschau-Sommerau be- beben von 1356, Basel 2006. legt. 42 Im Bereich des Risses in der westlichen Ringmauer wurde die Außenseite auf einer 2009 untersuchten Höhe von 170 cm mehr als 15 cm nach Außen gedrückt. 240
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