DIE DIGITALE STADT GESTALTEN - ERFAHRUNGEN AUS DEN PLANUNGSWERKSTÄTTEN EIN EXWOST-FORSCHUNGSFELD - BBSR
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ExWoSt-Informationen 52/2 Die digitale Stadt gestalten Erfahrungen aus den Planungswerkstätten Ein ExWoSt-Forschungsfeld Experimenteller Wohnungs- und Städtebau (ExWoSt) ist ein Forschungsprogramm des Bundes- ministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) betreut vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR).
Inhalt Die digitale Stadt gestalten: Erfahrungen aus den Planungswerkstätten Ausgabe 52/2 01/2022 03 Einleitung 04 Entwicklung der Handreichung 06 Auswahl der Praxiskommunen 08 Angermünde 10 Verwaltungsgemeinschaft Fuchstal 12 Hansestadt Lüneburg 14 Wilhelmshaven 16 Konzeption der Planungswerkstätten 18 Erkenntnisse auf methodischer Ebene 22 Erkenntnisse auf inhaltlicher Ebene 27 Fazit und Ausblick 2 ExWoSt-Informationen 52/2 - 01/2022
Die digitale Stadt gestalten: Erfahrungen aus den Planungswerkstätten Einleitung Einleitung Das Forschungsprojekt „Die digitale Stadt gestalten: Eine Handreichung für Kommunen“ bietet Kommunen im digitalen Wandel eine praxisnahe Unter- stützung in strategischen und operativen Fragen. Die Handreichung bündelt Erfahrungen wegbereitender Städte und bezieht die Ausgangslagen und Be- darfe kleinerer Kommunen ein, die mit ihren digitalen Vorhaben am Anfang stehen. Das Projekt ist Teil des Forschungsprogramms „Experimenteller Wohnungs- und Städtebau“ (ExWoSt) des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwick- lung und Bauwesen (BMWSB). Es wird vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) betreut. Die Smart City Charta Ausgangslage und Forschungsansatz dann Einsichten in vorläufige Ergebnis- Die im Jahr 2017 verabschiedete Smart Einige Kommunen haben bereits be- se des Prozesses. Ein Schwerpunkt liegt City Charta definiert Leitlinien für die gonnen, Digitalkonzepte zu erarbeiten hierbei auf der Darstellung der metho- integrierte Stadtentwicklung vor dem und konkrete Projekte umzusetzen. dischen Erkenntnisse zur erfolgreichen Hintergrund der digitalen Transforma- Vielfach besteht jedoch noch Unsicher- Durchführung von Online-Workshops tion. Diese in einem breit angelegten heit, wie die Möglichkeiten der Digi- in Smart-City-Strategieprozessen. Einen Dialogprozess erarbeitete Charta, an talisierung in kommunales Handeln weiteren Schwerpunkt bilden inhalt- welcher Vertreterinnen und Vertreter integriert werden können. Zahlreiche liche Erkenntnisse insbesondere dazu, aus Bund, Ländern, Kommunen, Zivil- Kommunen verfügen nur bedingt über wie unterschiedliche Kommunen Digi- gesellschaft und Wissenschaft mitwirk- die finanziellen, technologischen und talisierungsprozesse angehen, inhaltli- ten, bietet den normativen Rahmen für personellen Ressourcen, um sich den che und räumliche Fokusse wählen, das Smart-City-Projekte in Deutschland. Fragestellungen der Smart City adäquat Thema Smart City in bestehende Prozes- In der kommunalen Praxis zeigt sich widmen zu können. Zusätzlich ergeben se der Stadtentwicklung einbetten und jedoch, dass viele Kommunen Unter- sich in den Kommunen unterschied- hierbei an bereits vorhandene Konzepte stützung dabei benötigen, die erarbei- liche Handlungsspielräume und Infor- und Strategien anknüpfen. teten Leitlinien in konkretes Handeln mationsasymmetrien zwischen den Be- zu übersetzen. So stehen unterschied- teiligten. lichste Kommunen oft vergleichbaren Um über Erfolgs- und Risikofaktoren Herausforderungen gegenüber. auf dem Weg zu gelungenen Smart-City- Das Forschungsprojekt „Die digitale Konzepten einen interkommunalen Stadt gestalten“ zielt daher darauf ab, Transfer von Erfahrungen zu ermögli- praxisfähige Ansätze zu erarbeiten, chen, untersuchte das Forschungsteam die es Akteurinnen und Akteuren aus in der ersten Projektphase vier Fall- der kommunalen Praxis in Form einer studienstädte. Die darauf basierende Handreichung zur Verfügung stellt. Ziel erste Version der Handreichung wurde der Handreichung ist es, einen Bogen zusammen mit vier Kommunen in Pla- vom normativen Rahmen der Smart nungswerkstätten getestet und weiter City Charta zu konkretem kommunalem ausgearbeitet. Dieser Überarbeitungs- Handeln zu schlagen. Die Handreichung schritt stellt sicher, dass die Kommunen hilft Kommunen dabei, die Entwicklung die Handreichung praxisnah nutzen einer Smart-City-Strategie so zu gestal- können. ten, dass sie an bestehende konzeptio- nelle Vorarbeiten und Prozesse vor Ort Über dieses Heft anknüpfen und darauf aufbauend pass- Dieses Heft stellt Erkenntnisse und Er- genaue Ziele und Handlungsfelder de- fahrungen aus dem Projekt „Die digita- finieren, Smart-City-Projekte initiieren, le Stadt gestalten: Eine Handreichung geeignete Organisationsstrukturen ent- für Kommunen“ vor. Es informiert ein- wickeln, Risiken abschätzen und Maß- leitend über den Aufbau der Handrei- nahmen evaluieren können. Hierbei chung und stellt als Schwerpunkt die liefert die Handreichung Vorschläge zur ausgewählten Praxiskommunen sowie methodischen Herangehensweise und die Konzeption der Planungswerkstät- bietet außerdem inhaltliche Einblicke in ten unter Covid-19-Pandemie-Bedin- den Kosmos der Smart City. gungen dar. Eine Querauswertung liefert ExWoSt-Informationen 52/2 - 01/2022 3
Entwicklung der Handreichung Die digitale Stadt gestalten: Erfahrungen aus den Planungswerkstätten Entwicklung der Handreichung Forschungsphasen an Erfahrung und personellen Ressour- gen von nachhaltiger Stadtentwicklung Die Entwicklung der Handreichung cen, um zusätzlich benötigte Mittel zur und Digitalisierung hin und richtet die „Die digitale Stadt gestalten“ basiert Entwicklung einer Strategie oder für Umsetzungshilfen zur Erstellung einer auf zwei wesentlichen Schritten. In der den Anschub digitaler Projekte einzu- Strategie und zur Durchführung digita- ersten Projektphase untersuchte das werben. Auch wurde deutlich, dass die ler Projekte danach aus. Forschungsteam in den vier Fallstudien- kommunalen Digitalisierungsbestre- städten Aachen, Arnsberg, Mannheim bungen nicht zwangsläufig auf die Ziele Informationen in drei Teilen und Ravensburg, wie die jeweiligen der nachhaltigen Stadtentwicklung aus- Konkret gliedert sich die Handreichung Kommunen den Erfordernissen, Wir- gerichtet sind. in drei Teile: kungen und Risiken der Digitalisierung In den innerhalb der ersten Projekt- begegnen. Die Recherche vor Ort wur- phase betrachteten Fallstudienstädten 1. Der Kompass richtet sich an In- de durch eine allgemeine Literatur- und zeigte sich weiterhin, dass die Initiative itiatorinnen und Initiatoren auf allen Projektrecherche im Themenfeld Smart für Smart-City-Projekte häufig von in- Verwaltungsebenen, die in ihrer Kom- City ergänzt. Die Ergebnisse der Analyse- trinsisch motivierten Schlüsselfiguren mune das Thema Smart City einbrin- und Recherchephase sind in der ExWoSt- ausgeht. Diese tragen das Thema in die gen und strukturell verankern möch- Info 52/1 – 04/2021 dokumentiert (abruf- Verwaltung hinein, planen interne und ten. Er widmet sich organisatorischen bar via Kurzlink: https://t1p.de/zfp1). externe Kooperationen oder initiieren Herausforderungen und rechtlichen Mit den Ergebnissen aus der ersten digitale Projekte und Förderanträge. Rahmenbedingungen, die mit dem Auf- Phase konnte das Team eine vorläufige An diesen Punkten setzt die Hand- gabenfeld Smart City in der Verwaltung Version der Handreichung „Die digita- reichung an. Anhand von kompakten einhergehen. Dies betrifft beispielswei- le Stadt gestalten“ entwickeln und mit Informationen und Praxisbeispielen se ein Umdenken von Silo-Strukturen dieser in die Testphase mit den Praxis- vermittelt sie niedrigschwellig Wissen zugunsten einer querschnittsorientier- kommunen Angermünde, Fuchstal, Lü- zu Digitalisierungsprozessen für ver- ten, fach- und hierarchieübergreifen- neburg und Wilhelmshaven starten. Ziel schiedene Zielgruppen innerhalb der den Verwaltungsarbeit wie auch neue, der zweiten Phase war es, den Aufbau Kommune. Die Handreichung adres- durch die Digitalisierung selbst hervor- und die Inhalte der Handreichung in der siert vor allem die Gruppe der intrin- gebrachte Aufgaben und Verantwort- Arbeit mit Kommunen zu erproben und sisch motivierten Schlüsselakteure, um lichkeiten. Diese sind beispielsweise diese anschließend möglichst praxisnah sie bei ihren Aktivitäten zu unterstüt- die digitale Daseinsvorsorge bzw. die und zielgruppenorientiert aufzuberei- zen. Darüber hinaus weist die Handrei- Digitalisierung der Daseinsvorsorge, ten (siehe Abbildung 1). chung explizit auf die Wechselwirkun- die Möglichkeiten digitaler Teilhabe Die erste Testversion Die Recherche in den Fallstudienstäd- Analyse der Fallstudienstädte Aachen, Planungswerkstätten in den Praxiskommunen ten führte zu Erkenntnissen, die Aufbau, Arnsberg, Mannheim und Ravensburg Angermünde, Fuchstal, Lüneburg und Wilhelmshaven inhaltliche Schwerpunkte und den Duk- tus der Handreichung wesentlich prä- 2020 2021 gen. Es zeigte sich beispielsweise, dass derzeit sowohl zwischen Kommunen unterschiedlicher Größe als auch unter den Beschäftigten innerhalb der Verwal- tung einer Kommune Wissensasymme- trien zum Thema Smart City bestehen. Vor allem in kleinen und mittleren Entwicklung Handreichung Testversion Finale Version Kommunen unter 100.000 Einwohne- rinnen und Einwohnern fehlt es häufig Abbildung 1: Projektphasen (eigene Darstellung) 4 ExWoSt-Informationen 52/2 - 01/2022
Die digitale Stadt gestalten: Erfahrungen aus den Planungswerkstätten Entwicklung der Handreichung Risiken abschätzen Handlungsfelder Ideen generieren bestimmen oder der souveräne Umgang mit Daten Form undeiner 6 Schritt-für-Schritt-Anleitung Projektskizzen lungen der Kommune im Bereich Smart entwickeln in der Kommune. Zudem reflektiert der unterstützt dieser zweite Teil der Hand- City fachlich und praktisch zu unter- Kompass zielgruppenspezifisch, wie 4 reichung sie bei der Erstellung einer mauern. Er verweist auf Beispiele aus Visionen und Ziele Projekte auswählen die Digitalisierung der Smart City stadtentwicklungs - Smart-City-Strategie sowie der Umset- der Praxis. Auch die erprobten Arbeits- und priorisieren politische Ziele definieren unterstützen kann, wa - zung 5 digitaler Projekte. Der in zwei Be - 7 materialien der Planungswerkstätten rum Smart-City-Konzepte 3 auch kritisch arbeitungszyklen – Strategie und Projekt werden hier als Vorlagen bereitgestellt. hinterfragt werden müssen und welche – unterteilte idealtypische Ablauf be- räumlichen Wirkungen von der Entwicklung Digitali- inhaltet insgesamt zehnUmsetzung Arbeitsschritte Die finale Handreichung einer (siehe Abbildung 2). sierung hypothetisch ausgehen können. digitaler Zwar Projekte bauen die Die so aufgebaute Testversion der Strategie einzelnen Schritte jedes Zyklus inhalt- Handreichung bildete den inhaltlichen 2. Die Umsetzungshilfen richten sich lich und chronologisch aufeinander auf, Leitfaden zur Durchführung der Pla- 2 an dieDen Strategie- Stellen einer Ver- Kommunen können jedoch je nach in- nungswerkstätten ausführenden 8 in Phase zwei. Mit waltungprozess oder planen begleitende externe Stel- dividueller SBAusgangslage an verschiede- Hilfe verschiedener Feedback-Formate Projekte vorbereiten len. Dazu gehören beispielsweise alle nen Punkten in die jeweiligen Prozesse wurden Anregungen und Erkenntnis- und umsetzen Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mit 1- einsteigen. se aus den Praxiskommunen gesam- arbeiter, die in ihrer täglichen Arbeit Die Bestands- Smart-City- melt. Diese gesammelten Erkenntnisse analyse Strategie 9 mit Aufgaben und Projekten aus dem 3. Der Wissensspeicher ist als Anhang flossen in die finale Überarbeitung der verfassen und Bereich der Smart City betraut sind. In zu verstehen die Hand- Handreichung ein. und dient dazu,Evaluation überarbeiten durchführen Die Bestands- Evaluation analyse durchführen Den Strategie- prozess planen 1 9 2 Projekte vorbereiten Smart-City-Strategie und umsetzen 8 SB verfassen und überarbeiten Entwicklung Visionen und Ziele Umsetzung einer 3 der Smart City digitaler Projekte definieren Strategie Projekte auswählen und priorisieren 7 4 6 5 Handlungsfelder bestimmen Risiken Ideen generieren abschätzen und Projektskizzen entwickeln Abbildung 2: Arbeitsschritte zu Strategieerstellung und Projektumsetzung (eigene Darstellung) ExWoSt-Informationen 52/2 - 01/2022 5
Auswahl der Praxiskommunen Die digitale Stadt gestalten: Erfahrungen aus den Planungswerkstätten Auswahl der Praxis- kommunen Übersicht über das methodische Vorgehen im Auswahlprozess Praxiskommunen 33 Kommunen (Dt. Städtetag, Städte- und Gemeindebund, BBSR, BMI) Vier Kommunen wurden ausgewählt, in + 5 Kommunen (ergänzt durch das Projektkonsortium) denen in konsekutiven Planungswerk- stätten ein Smart-City-Strategieprozess (Aktuelles) Strategisches Entwicklungskonzept vor Ort angestoßen und gleichzeitig die vorhanden bzw. in Erstellung Handreichung getestet werden sollte. In (ISEK, INSEK, STEP, ...) diesen sogenannten Praxiskommunen durfte daher noch keine Smart-City- Strategie vorliegen. Um eine Vielzahl an Abdecken verschiedener Stadt- unterschiedlichen lokalen Ausgangsla- und Gemeindetypen bzw. Einbezug des kommunalen Entwicklungskontexts gen und Herausforderungen zu berück- sichtigen, zielte der Auswahlprozess darauf ab, möglichst unterschiedliche Kommunen für die praktische Erpro- Kein Smart-City-Konzept vorhanden bung der Handreichung zu gewinnen. Methode zur Auswahl 8 Auswahlkommunen Die Grundlage für die Auswahl bildete zur gestaffelten Ansprache eine Liste mit 38 Kommunen, die sowohl Vorschläge des Deutschen Städtetags und des Städte- und Gemeindebunds, Planungswerkstätten in 4 Kommunen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) und des Bun- desministeriums des Innern, für Bau Abbildung 3: Übersicht über das methodische Vorgehen im Auswahlprozess und Heimat (BMI) als auch Ergänzun- (eigene Darstellung) gen durch das Projektkonsortium ent- Schematische Darstellung der Auswahlmatrix hielt. Das Forschungsteam recherchierte zur weiteren Qualifizierung dieser Vor- Auswahlprozess weisen konnten oder sich in der Ent- schlagsliste Daten zu den unterschied- Die Auswahl der Praxiskommunen er- wicklung eines solchen befanden. Hier- lichen Kommunen, wobei insbesondere folgte im Anschluss an die Recherche bei wurden die Kommunen priorisiert, folgende Informationen als Grundlage auf Grundlage der zuvor erfassten Infor- in denen schon erste Erfahrungen mit für das weitere Vorgehen dienten: mationen in mehreren Schritten (siehe digitalen Projekten vorlagen. wachsend Abbildung 3). Q II • Einordnung nach Stadt- und Gemein- Eine erste Sortierung der 38 Kommu- Auswahl Qder I Praxiskommunen detyp (Groß-, Mittel-, Kleinstadt und nen erfolgte auf Grundlage einer Matrix, Am Ende des Auswahlprozesses standen Landgemeinde) in welcher die Kommunen nach ihrer die Kommunen Angermünde, Fuchs- Demographie und Entwicklung • Einordnung nach kommunalem Ent- ländlichen oder städtischen Prägung tal, Lüneburg und Wilhelmshaven, die wicklungskontext des BBSR sowie demographischer und wirtschaft- sowohl die Kriterien erfüllten als auch städtisch • Vorhandensein eines aktuellen strategi- licher Entwicklung in vier Kategorien Interesse zur Teilnahme am Projekt ländlich schen Entwicklungskonzepts (z. B. ISEK) eingeordnet wurden (siehe Abbildung 4). bekundet hatten. Somit konnten eine • Vorhandensein bzw. Abwesenheit ei- In der folgenden, engeren Auswahl wur- Landgemeinde, eine Kleinstadt und zwei ner Smart-City-Strategie den nur Kommunen berücksichtigt, Mittelstädte aus den drei Bundesländern • Bestehende Anknüpfungspunkte zur die bisher keine Smart-City-Strategie Bayern, Brandenburg und Niedersach- Smart City (z. B. erste Digitalisierungs- vorliegen hatten, dafür aber bereits ein sen zur Teilnahme gewonnen werden projekte) strategisches Entwicklungskonzept vor- (siehe Abbildung 5). Q III Q IV schrumpfend 6 ExWoSt-Informationen 52/2 - 01/2022
bersicht überDie dasdigitale Stadt gestalten: Erfahrungen aus den Planungswerkstätten methodische Vorgehen im Auswahlprozess Auswahl der Praxiskommunen 33 Kommunen (Dt. Städtetag, Städte- und Gemeindebund, BBSR, BMI) + 5 Kommunen (ergänzt durch das Projektkonsortium) (Aktuelles) Strategisches Entwicklungskonzept vorhanden bzw. in Erstellung (ISEK, INSEK, STEP, ...) Abdecken verschiedener Stadt- und Gemeindetypen bzw. Einbezug des kommunalen Entwicklungskontexts Mehrwerte für die Praxiskommunen nungswerkstätten für die Kommunen Die Bereitschaft der vier Praxiskommu- dokumentiert und strategische Maß- Kein Smart-City-Konzept nen, sich mit personellen vorhanden Ressourcen nahmen für die weitere Arbeit innerhalb konstruktiv und engagiert in den um- der Verwaltung an Smart-City-Themen fangreichen und zeitintensiven Testlauf beschrieben. Zweitens erhielten die der Handreichung einzubringen, war Kommunen durch eine Bundeszuwen- 8 Auswahlkommunen von großem Wert für das Forschungs- dung Gelegenheit dazu, Pilotprojekte zu zur gestaffelten Ansprache vorhaben. Als konkreten Mehrwert realisieren und so praktische Erfahrun- hatten die Kommunen im Gegenzug gen in der Umsetzung von Smart-City- Gelegenheit, auf zwei Ebenen weiter- Vorhaben zu sammeln. führende und praktische Planungswerkstätten Ergebnisse Aufinden folgenden Seiten werden die 4 Kommunen für sich zu erarbeiten: Erstens sah der vier Praxiskommunen in Steckbriefen konzeptionelle Ansatz der Planungs- vorgestellt. Hierbei werden Ausgangs- werkstätten als Ergebnis die Erarbeitung situation und Vorarbeiten sowie die im von Grundlagen für ein späteres Smart- Rahmen von „Die digitale Stadt gestal- City-Strategiepapier vor. So wurden die ten“ realisierten Pilotprojekte der Kom- chematische wesentlichen Ergebnisse Darstellung aus den Pla- munen beschrieben. der Auswahlmatrix wachsend Q II QI Wilhelmshaven Lüneburg Angermünde Demographie und Entwicklung städtisch ländlich Kein Smart-City-Konzept vorhanden Q III Q IV Fuchstal schrumpfend Abbildung 4: Schematische Darstellung der Auswahlmatrix Abbildung 5: Verortung der Praxiskommunen im Bundesgebiet (eigene Darstellung) (eigene Darstellung, ohne Maßstab) ExWoSt-Informationen 52/2 - 01/2022 7
Angermünde Die digitale Stadt gestalten: Erfahrungen aus den Planungswerkstätten Angermünde Bundesland Brandenburg Bevölkerung 15.000 Einwohnerinnen und Einwohner Kein Smart-City-Konzept vorhanden Stadttyp Kleinstadt Stadtentwick- Integriertes Stadtentwicklungskonzept lungskonzept Angermünde 2040: Die Gesamtstadt im Blick (2019) Ausgangslage und konzeptionelle stärken (4) sowie Angermünde gemein- Akteurinnen und Akteure aus den Be- Vorarbeiten sam gestalten (5). Diese Handlungs- reichen Tourismuswirtschaft, Bildung, Die Kleinstadt Angermünde liegt zwi- felder definieren keine sektoralen Silos, Zivilgesellschaft u. a. hinzugezogen. schen Berlin und der polnischen Stadt sondern setzen Schlüsselsektoren im Als zentrales Ergebnis aus dem Pro- Stettin im brandenburgischen Land- Sinne der integrierten Stadtentwicklung jekt „Die digitale Stadt gestalten“ strebt kreis Uckermark. Die Stadtfläche beträgt bereits sinnvoll in Beziehung zueinan- die Stadt Angermünde die Bündelung ca. 324 km² und umfasst die Kernstadt der. der Arbeitsergebnisse aus den Planungs- sowie 23 Ortsteile. Damit gehört Anger- Das INSEK identifiziert weiterhin werkstätten in einem internen Strategie- münde zu den flächengrößten Kom- Chancen durch Digitalisierung in den papier an. Es soll die Kommunikation munen Deutschlands und liegt in einer Bereichen Daseinsvorsorge, ortsun- über Digitalisierung in der Stadtent- vergleichbaren Größenordnung wie gebundenes Arbeiten, Verwaltungs- wicklung sowohl verwaltungsintern als Bremen oder Dresden. Mit der seit 2007 dienste und Mobilität, allerdings ist eine auch in der Zusammenarbeit mit exter- sanierten historischen Altstadt, Struktu- flächendeckende Breitbandversorgung nen Kooperationspartnern und -part- ren des Wohnungsbaus der DDR, einer noch nicht erreicht. Darüber hinaus nerinnen erleichtern und unterstützen. Vielzahl an Einfamilienhausgebieten, sieht das INSEK auch die Aufstellung Hierin hält die Stadt Angermünde ihre der vielfältigen Naturlandschaft und einer übergeordneten Digitalisierungs- Position zur Smart City fest und skiz- ländlich geprägten Gegenden mit re- strategie als Maßnahme vor. Insgesamt ziert, welche Smart-City-Projektansätze gionaltypischen Dörfern zeigt sich eine sollen digitale Lösungen zukünftig sich in besonderem Maße dazu eignen, vielschichtige Raum- und Sozialstruktur stärker in den Entwicklungsstrategien die Ziele der integrierten Stadtentwick- im Gebiet der Kommune. Angermünde der Stadt berücksichtigt, verwaltungs- lung zu unterstützen. wurde im Juli 2019 als Mittelzentrum internes Know-How aufgebaut und des Landes Brandenburg festgelegt und Kompetenzen konsequent eingebettet Einordnung im Kontext des Gesamt- nimmt damit eine übergeordnete Rolle werden. Besonderes Potenzial wird der vorhabens in der Region ein. Digitalisierung im INSEK als Mittel für Als Flächengemeinde in einem dünn Als wichtiger Meilenstein in der eine bessere Vernetzung von Kernstadt besiedelten Raum steht Angermün- Stadt-entwicklung Angermündes ist das und Ortsteilen zugeschrieben. Hieran de strukturellen Herausforderungen 2019 finalisierte integrierte Stadtent- anknüpfende weitergehende Vorarbei- gegenüber, die oftmals Lösungen zur wicklungskonzept (INSEK) „Angermün- ten im Bereich der Smart City gab es in Überwindung räumlicher Distanz er- de 2040“ einzuordnen. Erstmals nimmt der Kommune zu Projektbeginn jedoch fordern. Themen wie Nah- und Gesund- es neben der Kernstadt die gesamte noch nicht. heitsversorgung in den Ortsteilen sind Stadtfläche mit den 23 Ortsteilen in dabei insbesondere für mobilitätsein- den Blick. Der zugrundeliegende Stra- Ziele des Smart-City-Prozesses und geschränkte Menschen entscheidend. tegieprozess legte großen Wert auf eine Einbettung vor Ort Gleichzeitig gewinnt Angermünde enge Einbindung von Bürgerinnen und Vor dem oben skizzierten Hintergrund durch die gute Anbindung per Regional- Bürgern und beinhaltete aufsuchen- galt es im Rahmen der Planungswerk- bahn nach Berlin und die besonderen de Dialogformate in allen Ortsteilen. stätten von „Die digitale Stadt gestalten“ landschaftlichen Qualitäten der Ucker- Das INSEK definiert die zentralen Ziele gemeinsam zu erarbeiten, in welchem mark zunehmend an Attraktivität für der Stadtentwicklung. Eine Besonder- Maß und über welche Lösungsansätze diverse (urbane) Milieus. heit des INSEK Angermünde 2040 sind Smart City innerhalb und zwischen den Wichtig für eine nachhaltige Ent- seine fünf integrierten Handlungsfel- Handlungsfeldern zur Umsetzung des wicklung der Siedlungsräume ist die der, und zwar: Perspektiven für Gene- INSEK beitragen kann. Das Kernteam Ansiedlung von Menschen und Fami- rationen schaffen (1), Siedlungs- und der Stadt Angermünde setzte sich aus lien mit Erstwohnsitz. Diese Zielgruppe Landschaftsräume nachhaltig weiter- Mitarbeitenden der Bereiche Stadtpla- ist oftmals auf eine hochwertige Versor- entwickeln (2), Die Gesamtstadt ver- nung und Kommunikation zusammen, gung mit schnellem Internet angewie- knüpfen (3), Wirtschaft und Tourismus punktuell wurde ein Kreis erweiterter sen, um etwa die räumliche Entfernung 8 ExWoSt-Informationen 52/2 - 01/2022
Die digitale Stadt gestalten: Erfahrungen aus den Planungswerkstätten Angermünde Pilotprojekt „Angermünde Smart Trampen“ Als gefördertes Pilotprojekt im Rahmen des ExWoSt-Vorhabens „Die digitale Stadt gestalten“ verfolgte die Stadt Anger- münde die Idee, App-gestützte Mitfahrbänke im Stadtgebiet zu etablieren. Diese Maßnahme wird bereits im INSEK vor- geschlagen, indem es die bessere Vernetzung der Ortsteile mit der Kernstadt als dringende Aufgabe der Stadtentwicklung benennt. Neben der Ermittlung von geeigneten Standorten für die Mitfahrbänke sowie deren Installation entwickelte die Stadt in Zusammenarbeit mit einem Dienstleister eine App-Funktion, über die sich Nutzerinnen und Nutzer zum (regelmäßigen) Mitfahren verabreden können. Eingebettet wird diese Funktion in eine ebenfalls neu bereitzustellende Smart-Village-App. Sie basiert auf einer Open-Source-Lösung, die bereits in zahlreichen anderen brandenburgischen Kommunen zum Einsatz kommt. Ziel ist es, die Smart-Trampen-Funktion in ein umfassendes digitales Informations- und Kommunikationsangebot der Stadt Angermünde einzubinden, welches zum Beispiel Mobilitätsinformationen bereitstellt und über eine Schnittstelle zu Brandenburger Verwaltungsinformationen verfügt. Geprüft wird, ob sich zukünftig auch geplante Angebote der Verwaltung, wie der Verleih von Lastenrädern, über die App digital organisieren lassen. Für den Launch des neuen Angebots gilt es, durch geschickte Kommunikation eine kritische Masse an Nutzerinnen und Nutzern zu mobilisieren. Dafür sind auch Präsenzformate und eine hohe Sichtbarkeit vor Ort angedacht, etwa in Zusammenarbeit mit lokalen Kooperationspartnern und -partnerinnen wie der Initiative „Haus mit Zukunft“. Andere Kommunen aus der Region, die ähnlichen strukturellen Herausforderungen wie Angermünde gegenüberstehen, zeigten sich bereits interes- siert an dem Vorhaben. Die Entwicklung der App auf Grundlage von Open-Source-Prinzipien erleichtert im Erfolgsfall einen Transfer. zum Arbeitsplatz mit neuen Formen ortsungebundener Arbeit (Homeoffice) zu kompensieren. Vor diesem Hinter- grund ermöglichte die Zusammenarbeit mit Angermünde einen Testlauf der Handreichung in einem Stadtgebiet mit großen und gleichzeitig klar definier- ten Herausforderungen der räumlichen Entwicklung. Die Themen Digitalisierung und Smart City können wesentlich zur Be- wältigung dieser (räumlichen) Heraus- forderungen beitragen. In den ersten Planungswerkstätten zeigte sich, dass der Aufbau von Kompetenzen und Know-How innerhalb der Verwaltung eine notwendige Voraussetzung und Abbildung 6: Marktplatz Angermünde (Foto: Stadt Angermünde) übergeordnete Herausforderung dar- stellt. Das Aufzeigen von Mehrwerten sentlich beitragen. Der Prozess vor Ort digitaler Anwendungen für die Stadtent- wurde von den beteiligten Personen als wicklung ist dabei vor allem durch kon- Chance gesehen, die kommunale Ver- krete und praxistaugliche Maßnahmen waltung für digitale Lösungen und An- möglich. Das o. g. Pilotprojekt „Anger- sätze im Bereich der Stadtentwicklung münde Smart Trampen“ kann dazu we- zu sensibilisieren. ExWoSt-Informationen 52/2 - 01/2022 9
Verwaltungsgemeinschaft Fuchstal Die digitale Stadt gestalten: Erfahrungen aus den Planungswerkstätten Verwaltungs- Bundesland Bayern gemeinschaft Bevölkerung 4.084 Einwohnerinnen und Einwohner in Fuchstal; 1.483 in Unterdießen; Fuchstal 1.088 in Apfeldorf Kein Smart-City-Konzept vorhanden Stadttyp Landgemeinde Stadtentwick- Überörtliches integriertes städtebauli- lungskonzept ches Entwicklungskonzept (2019) Ausgangslage und konzeptionelle gen in verschiedenen Themenfeldern tionsprozessen, wie dem Wandel von Vorarbeiten und zeigt gleichzeitig auf, an welcher Bauern- zu Wohndörfern, der demogra- Die oberbayerische Gemeinde Fuchstal Stelle eigenständige, gemeindespezi- phischen Entwicklung der Bevölkerung ist eine kreisangehörige Stadt im südli- fische Lösungsansätze notwendig sind. und dem Zuzug aus dem Ballungsraum chen Landkreis Landsberg. Sie besteht München. Die Kommune sieht smarte aus den Ortsteilen Leeder, Asch und Ziele des Smart-City-Prozesses und Ansätze deswegen auch als Chance, die- Seestall und bildet mit der Gemeinde Einbettung vor Ort se Herausforderungen zu meistern und Unterdießen die Verwaltungsgemein- Die Verwaltungsgemeinschaft Fuchs- gleichzeitig das Gemeinwohl zu stärken. schaft Fuchstal. Mit einer Größe von tal zeichnet sich durch eine Vielzahl an So soll eine digitale Plattform für E-Go- ca. 40 km² ist die Landgemeinde so- Projekten im Bereich der erneuerbaren vernment-Lösungen entwickelt werden, wohl flächenmäßig als auch bezüglich Energieerzeugung aus. In der Vergan- welche kommunale Dienstleistungen der Einwohnerinnen und Einwohner genheit wurden Photovoltaikanlagen bündelt. die kleinste der vier Praxiskommunen. auf allen gemeindeeigenen Gebäuden Zur Begleitung der Arbeiten im Pro- Durch die überkommunale Zusammen- sowie eine kommunale Photovoltaik- jekt „Die digitale Stadt gestalten“ sowie arbeit der Verwaltungsgemeinschaft Freiflächenanlage installiert. Öffentli- des MPSC-Prozesses wurde in der Kom- Fuchstal mit Apfeldorf wurde das Thema che Gebäude werden mittels eines eige- mune ein kleines Kernteam geschaffen. Digitalisierung im Rahmen des Projekts nen Nahwärmenetzes und durch zwei Das Projekt „Die digitale Stadt gestalten“ „Die digitale Stadt gestalten“ auch inter- Biogasanlagen versorgt. Auch gibt es wurde hierbei seitens des Kernteams kommunal bearbeitet. in Fuchstal einen 2016 errichteten Bür- und der Kommunen genutzt, um eine Die digitale Transformation Fuchs- gerwindpark sowie eine regionale Ver- erste Sensibilisierung der Verwaltungs- tals kann auf verschiedenen Vorarbeiten marktung des erzeugten Stroms. Weitere beschäftigten für digitale Lösungen und aufbauen, beispielsweise auf dem über- Projekte, beispielsweise die Errichtung Smart-City-Ansätze zu ermöglichen. örtlichen integrierten städtebaulichen eines Wärmespeichers, befinden sich Somit dient es als Ausgangspunkt und Entwicklungskonzept (ÜISEK) aus dem aktuell in der Umsetzung. Die Kommu- Grundlage für die im MPSC geplanten Jahr 2019. Dies gab die Verwaltungs- ne sieht Digitalisierungs- und Smart- Ci- Arbeiten und weitere Projekte vor Ort. gemeinschaft Fuchstal gemeinsam mit ty-Prozesse als Möglichkeit, bestehende den Gemeinden Apfeldorf, Hofstetten Infrastrukturen besser zu vernetzen, Einordnung im Kontext des Gesamt- und Thaining in Auftrag. Im Rahmen neuartige Lösungsansätze zu realisieren vorhabens des Konzepts wurden aktuelle Entwick- und somit das Ziel voranzutreiben, ein Die Verwaltungsgemeinschaft Fuchstal lungen und Herausforderungen der auf erneuerbaren Energien beruhendes steht im Projektkontext von „Die digitale ländlich gelegenen Kommunen erfasst lokales Energiesystem zu errichten. Stadt gestalten“ für die Herausforderun- und übergeordnete Leitlinien und Zie- Im Bereich der Digitalisierung stieß gen kleinerer Kommunen im Wandel, le benannt. Das Konzept umfasst ver- die Kommune bisher insgesamt aber die über geringe personelle Ressourcen schiedene gemeindeübergreifende und keine größeren Projekte an. Gemein- in der Verwaltung verfügen und wenig kooperative Maßnahmen innerhalb der sam mit Apfeldorf und Unterdießen Erfahrung in der Umsetzung von Smart- überörtlichen Handlungsfelder Region, hat sich Fuchstal im Jahr 2020 aller- City-Maßnahmen haben. Die kompakte Landschaft, Siedlungsraum, Kultur- dings als Teil der interkommunalen Verwaltungsstruktur hat jedoch auch landschaft und Bevölkerung, Wirtschaft, Kooperation „Smart Region A-U-F“ Vorteile. Dort, wo in größeren Kommu- Wohnen und Gewerbe sowie weitere erfolgreich im Programm „Modellpro- nen Dezernatsgrenzen und Zuständig- Handlungsfelder auf Gemeindeebene jekte Smart Cities“ (MPSC) des BMI keitsbereiche erst überwunden werden (Bauliche Ortsgestaltung; Grünflächen, beworben. Das zugrundeliegende Leit- müssen, gibt es hier einen direkten Umwelt, Energie; Soziale und kulturel- bild der Kommunen ist dabei, die Austausch im Rahmen der kleinen Ver- le Infrastruktur). Hierdurch bietet das „Zukunft mit dem Erbe zu verbinden“. waltung sowie teilweise verschiedene Konzept die Grundlage für die weitere Die Kommunen in der Region stehen Posten in Personalunion bekleidende Koordination interkommunaler Lösun- aktuell vor verschiedenen Transforma- Akteurinnen und Akteure. Hierdurch 10 ExWoSt-Informationen 52/2 - 01/2022
Die digitale Stadt gestalten: Erfahrungen aus den Planungswerkstätten Verwaltungsgemeinschaft Fuchstal Pilotprojekt „Städtebau trifft Klimaschutz“ Aufbauend auf den Erkenntnissen des überörtlichen integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzepts untersuchte die Kommune gemeinsam mit den Kommunen Apfeldorf und Unterdießen, wie der nächste Schritt einer interkommuna- len Planungspraxis initiiert werden kann. Hierzu wurden die Möglichkeiten einer Digitalisierung der bisher größtenteils analog erfolgenden Bauleitplanung untersucht. Es standen die Zusammenführung der bestehenden Bebauungs- und Flächennutzungspläne auf einer gemeinsamen Plattform sowie Möglichkeiten zur digitalen Beteiligung der Träger öf- fentlicher Belange im Fokus. Auch sollte eine Digitalisierung vorhandener analoger Daten erfolgen. In einem weiteren Baustein erfolgte, anknüpfend an die aktuellen Entwicklungen in der Kommune im Bereich der erneuerbaren Energien, eine erste Erprobung der digitalen Bauleitplanung. So konnte das digitalisierte Planwerk für die Gestaltung der loka- len Wärmeversorgung genutzt werden, wobei die bestehenden Bebauungspläne die Grundlage einer übergreifenden Wärme-Senken-Analyse bildeten. können Prozesse beschleunigt und, wie sich am Beispiel der erfolgreich umge- setzten Vorhaben im Bereich der erneu- erbaren Energien zeigt, schnell realisiert werden. Diese starke Umsetzungsorien- tierung prägt Fuchstal, so dass es auf konzeptioneller Smart-City-Ebene eher um die sinnvolle Verknüpfung von ein- zelnen Lösungen geht. Die im Rahmen des Smart-City-Prozesses angestoßene systematische Strategiearbeit kann als ein Stück Neuland gewertet werden. Im Smart-City-Prozess spielt, bedingt durch den Status als kreisangehörige Gemeinde, die Abstimmung mit dem Landkreis eine wichtige Rolle. Gleichzei- tig bildet die Kooperation mit benach- Abbildung 7: Überflugbild des Ortsteils Leeder (Foto: Gemeinde Fuchstal) barten Kommunen und Verwaltungsge- meinschaften eine wichtige Grundlage dafür, kleinteilige Insellösungen zu ver- meiden und Zukunftsaufgaben gemein- sam zu bewältigen. Hierdurch kann den begrenzten Skalierungsmöglichkeiten einzelner Lösungen und Projekte der kleinen Kommune begegnet werden. ExWoSt-Informationen 52/2 - 01/2022 11
Hansestadt Lüneburg Die digitale Stadt gestalten: Erfahrungen aus den Planungswerkstätten Hansestadt Bundesland Niedersachsen Lüneburg Bevölkerung 78.000 Einwohnerinnen und Einwohner Stadttyp Große Mittelstadt Kein Smart-City-Konzept vorhanden Stadtentwick- Leitbild Lüneburg 2030 (2021), ISEK in lungskonzept Vorbereitung Ausgangslage und konzeptionelle breiter Beteiligung der Öffentlichkeit Das Kernteam des Projekts setzte sich Vorarbeiten und wichtiger Akteurinnen und Akteure, zusammen aus Mitarbeitenden der Die Hansestadt Lüneburg ist das wirt- die strategischen Ziele für die zukünftige Stadtverwaltung, die in den Bereichen schaftliche und kulturelle Oberzentrum Entwicklung der Hansestadt festlegen. Nachhaltigkeit und Mobilität sowie der Nordostniedersachsens. Die Stadt liegt Weiterhin arbeitet die Hansestadt als Digitalisierung tätig sind. Als Koopera- in verkehrsgünstiger Lage mit schnellen Kooperationspartnerin im Forschungs- tionspartnerin war die Lüneburg Mar- Verbindungen nach Hamburg und Han- projekt „Szenarien zur Umsetzung der keting GmbH im Kernteam vertreten, nover. Lüneburg ist Universitätsstadt, UN-Nachhaltigkeitsziele in Stadt- und die in Lüneburg u. a. für Stadtmarketing die Studierenden der Leuphana Univer- Landkreis Lüneburg: Implikationen und Tourismusförderung zuständig ist. sität prägen das soziokulturelle Leben für die Steuerung der Landnutzung“ Zielsetzung war daher ein Strategie- in besonderem Maße. Eine anhaltend (SUSTIL) im Verbund mit der Universi- papier, das neben den üblichen Grund- positive Bevölkerungsentwicklung stellt tät. Dabei geht es um die Frage, wie die lagen wie Bestandsanalyse, Zielsetzung, die Hansestadt vor die Herausforderung, UN-Nachhaltigkeitsziele in Bezug auf Handlungsfeldern und Smart-City-Pro- Wohnraum zu schaffen. die Bodennutzung, unter Berücksichti- jekten auch Ansätze und Schritte zur In- Die Digitalisierung von intern so- gung verschiedener Szenarien und den tegration der Smart City in das geplante wie extern ausgerichteten Prozessen vorhandenen Interessenkonflikten, am Stadtentwicklungskonzept beschreibt. der Kommunalverwaltung werden in besten zu erreichen sind. Als internes Strategiepapier angelegt, Lüneburg bereits bearbeitet. Für eine Zu weiteren laufenden Projekten soll es die verwaltungsinterne Kommu- Annäherung an das Thema Smart City an der Schnittstelle von Digitalisie- nikation unterstützen und als Diskus- im Rahmen des Projekts „Die digitale rung und Stadtentwicklung zählt ein sionsgrundlage im Austausch mit exter- Stadt gestalten“ konnte das Projektteam Forschungsprojekt zur Vorhersage von nen Partnerinnen und Partnern dienen. der Hansestadt Lüneburg insbesonde- Trampelpfaden auf Freiflächen via re an Ergebnisse und Erfahrungen aus Algorithmus und Modellierungen so- Einordnung im Kontext des Gesamt- verschiedenen Projekten im Bereich wie eine web-basierte repräsentative vorhabens der nachhaltigen Stadtentwicklung an- Modal-Split-Erhebung. Zudem plant Die Hansestadt Lüneburg ist eine wach- knüpfen: So ist die Hansestadt zusam- die Hansestadt Lüneburg mit der Ein- sende Stadt in einer strukturschwachen men mit der Leuphana Universität seit stellung einer/eines Digitalisierungs- Region und hat die Chance, strategische 2015 Teilnehmerin am Förderprogramm beauftragten die personellen Voraus- Überlegungen zur Smart City direkt in „Zukunftsstadt 2030+“ des Bundesmi- setzungen für eine verstärkte Auseinan- das integrierte Stadtentwicklungskon- nisteriums für Bildung und Forschung dersetzung mit dem Thema Smart City zept in Vorbereitung zu überführen. (BMBF) und ist seit 2020 eine der acht zu schaffen. Anders als Kommunen, die ihre Smart- ausgewählten Projektstädte in der drit- City-Strategie vom ISEK ableiten, bietet ten, finalen Phase des Wettbewerbs. Ziele des Smart-City-Prozesses und sich hier die Möglichkeit, Digitalisie- Zudem hat der Rat der Hansestadt be- Einbettung vor Ort rung als Trend, Herausforderung und schlossen, ein integriertes Stadtentwick- Die Hansestadt Lüneburg hatte sich im Chance in das ISEK zu integrieren. Dies lungskonzept „Lüneburg 2030+“ (ISEK) Rahmen des Projekts „Die digitale Stadt gilt sowohl für die Reflexion von Aus- aufstellen zu lassen. Beide Prozesse gestalten“ vorgenommen, Grundlagen wirkungen der Digitalisierung als auch werden eng miteinander abgestimmt dazu zu erarbeiten, welche Potenziale für die Konzeption von Beteiligungs- und laufen parallel. Die Erarbeitung und Mehrwerte die Digitalisierung für und Kommunikationsformaten. Der des ISEK in der ersten Stufe (Leitbild) Prozesse der Stadtentwicklung bieten besondere Fokus von Strategieprozess erfolgte im Zeitraum Sommer 2020 bis kann. Besonders im Fokus stand da- und Praxisprojekt auf die identitäts- Sommer 2021 mit umfassenden und bei die Frage, in welchem Maß und auf stiftende Innenstadt und ihre Funktion pandemiebedingt vornehmlich digita- welcher Ebene das ISEK die Chancen für die Gesamtstadt hatte sich im Zuge len Beteiligungsformaten. Das ISEK soll und Risiken der Digitalisierung für die der Covid-19-Pandemie entwickelt und voraussichtlich ab 2022, ebenfalls unter Stadtentwicklung thematisieren wird. nahm direkten Bezug auf die Auswir- 12 ExWoSt-Informationen 52/2 - 01/2022
Die digitale Stadt gestalten: Erfahrungen aus den Planungswerkstätten Hansestadt Lüneburg Pilotprojekt „Digitale Innenstadt Lüneburg“ Das Pilotprojekt der Hansestadt Lüneburg rückte die Innenstadt in den Fokus. Sie ist Lüneburgs gesellschaftliches, kultu- relles und wirtschaftliches Zentrum und spielt daher in der Stadtentwicklung eine übergeordnete Rolle. Handel, Gastro- nomie, Kultur, touristische Angebote und öffentliche Einrichtungen sind räumlich komprimiert und ergänzen sich ideal. Das Zusammenspiel der einzelnen Angebote war dabei in der Vergangenheit immer ein wesentlicher Erfolgsfaktor für das intakte Stadtzentrum, doch die Digitalisierung setzt auch die Lüneburger Innenstadt zunehmend unter Druck: Allem voran ist der stationäre Einzelhandel bedroht, indem sich die Umsätze vermehrt auf Online-Vertriebswege verschieben und damit die Wertschöpfung aus der Innenstadt verschwindet. Die Digitalisierung ist jedoch nicht nur ein Risiko, son- dern bietet viele Chancen zur Gestaltung der Innenstadt. Herauszuarbeiten, wie Besuch und Nutzung der Lüneburger Innenstadt durch das Zusammenspiel von analogen und digitalen Angeboten attraktiv gestaltet werden können, war zen- trales Anliegen des Pilotprojekts „Digitale Innenstadt Lüneburg”. Dabei spielten verschiedene Themenfelder, mit denen Besucherinnen und Besucher bzw. Nutzerinnen und Nutzer auf der „Customer Journey” in Kontakt kommen, eine Rolle, wie z. B. (digitale) Mobilitäts- oder Informationsangebote. Im Vorhaben wurden die Chancen der Digitalisierung aufge- griffen und konkrete digitale Projekte, die die Attraktivität der Lüneburger Innenstadt erhöhen und die Idee der Smart City umsetzen, konzipiert. Die Projekte wurden dabei nach Möglichkeit miteinander verzahnt und zu einem Gesamtkonzept „Digitale Innenstadt Lüneburg“ verflochten. Beim Vorhaben handelte es sich daher um eine Strategieentwicklung mit starkem Praxisbezug zur Fragestellung, wie sich digitale und reale Welten miteinander verbinden lassen. Verschiedene Workshopformate waren Mittel, um in Zusammenarbeit mit einem Dienstleister Projektskizzen detailliert auszuarbeiten, die dem Rat der Hansestadt zur Umsetzung vorgeschlagen werden können. kungen der Maßnahmen zur Pandemie- Eindämmung und deren Folgen für die Stadtentwicklung. Damit griff die Han- sestadt ein Thema auf, das gleichzeitig viele andere Städte in Deutschland auch weiterhin beschäftigt. Der dezidierte Fokus auf digital-analoge Lösungs- ansätze im Kontext einer Smart-City- Strategie schaffte im Lüneburger Kon- text die Möglichkeit herauszuarbeiten, wie sich Smart-City-Lösungen u. a. in der „Post-Corona-Innenstadt“ gestal- tend einsetzen lassen. Abbildung 8: Blick auf den Stint in der Innenstadt (Foto: Hansestadt Lüneburg) ExWoSt-Informationen 52/2 - 01/2022 13
Wilhelmshaven Die digitale Stadt gestalten: Erfahrungen aus den Planungswerkstätten Wilhelmshaven Bundesland Niedersachsen Bevölkerung 76.000 Einwohnerinnen und Einwohner Stadttyp Große Mittelstadt Kein Smart-City-Konzept vorhanden Stadtentwick- Integrierter Stadtentwicklungsplan: lungskonzept STEP Plus Wilhelmshaven (2015) Ausgangslage und konzeptionelle „Die digitale Stadt gestalten“ Diskus- arbeitung, der Abteilung Geoinforma- Vorarbeiten sionen zur lokalen Ausgestaltung einer tion, Vermessung und Statistik sowie Die Stadt Wilhelmshaven ist eine kreis- Smart City. Ferner gab es somit auch weiteren kommunalen Akteurinnen freie Stadt im Nordwesten Deutsch- Überlegungen bezüglich der einzube- und Akteuren, beschloss, bei der Er- lands. Als Oberzentrum bildet die ziehenden Akteurinnen und Akteure, arbeitung von Grundzügen einer Smart- Kommune die zweitgrößte Mittelstadt wie z. B. bereits sensibilisierte Gruppen City-Strategie auf den konkreten Bedarf Niedersachsens. und konkrete Ansprechpartnerinnen zu reagieren, ebenfalls einen Fokus auf Wilhelmshaven verfügte zu Pro- und -partner aus kommunaler Verwal- den Stadtteil Tonndeich zu legen und jektbeginn zwar über einzelne digitale tung, kommunalen Unternehmen, Zivil- ihn als „smarten“ Vorzeigestadtteil zu Lösungen im Mobilitätsbereich und gesellschaft und Hochschule. entwickeln. verschiedene E-Government-Angebo- Aufbauend auf einem 2015 erstell- Die sehr heterogene Sozialstruktur te, eine strategische Herangehenswei- ten integrierten Stadtentwicklungsplan des Stadtteils stellt den Sanierungspro- se an das Themenfeld Smart City gab (STEP+) gibt es in der Stadt Wilhelms- zess vor Herausforderungen, so dass es jedoch bisher nicht. Insbesondere haven ein bis 2023 fortgeschriebenes eine umfangreiche Beteiligung der Ak- innerhalb der Stadtverwaltung fehlte Handlungsprogramm. Als fachübergrei- teurinnen und Akteure vor Ort angesto- es an dezernatsübergreifenden Daten- fendes Programm sind in diesem sieben ßen wurde. Da der Beteiligungsprozess managementsystemen sowie einem Handlungsfelder der Stadtentwicklung aufgrund der Pandemie überwiegend automatisierten Datenfluss. Auch gab als Grund- und Daueraufgaben sowie digital durchgeführt werden musste, in es in der Vergangenheit keine größeren fünf Leitprojekte der Stadtentwicklung der Kommune jedoch keine Erfahrun- Projekte im Bereich Digitalisierung und als Zukunftsaufgaben besonderer Be- gen dazu vorlagen, wurde dieser digitale Stadtentwicklung. deutung festgeschrieben. Diese sind für Partizipationsprozess als Pilotprojekt er- Mit dem Ziel, von einzelnen Lösun- die Stadt Wilhelmshaven wie auch ihre probt (s. u.). gen weg und hin zu einer umfassende- Eigenbetriebe von Bedeutung und de- Die Ergebnisse aus dem Smart-City- ren und nachhaltigen Herangehens- zernatsübergreifend angelegt. Sie sind Prozess unterstützten somit zum einen weise an die Digitalisierung der Stadt auch im Smart-City-Prozess zu berück- die Sanierungsarbeit im Quartier und zu kommen, um so gesamtstädtische sichtigen. ergänzten diese um digitale bzw. smarte Herausforderungen zu bewältigen, hatte Elemente und Lösungen. Zum anderen sich die Stadt Wilhelmshaven Anfang Ziele des Smart-City-Prozesses und ermöglichte die Erarbeitung von strate- 2020 auf die BMI-Förderung als „Mo- Einbettung vor Ort gischen Grundlagen auf Stadtteilebene dellprojekt Smart Cities“ beworben. Im Die Stadt Wilhelmshaven hat im zent- es der Kommune, erste Erfahrungen für Rahmen des Bewerbungsprozesses der ral gelegenen Stadtteil Tonndeich ein eine spätere und umfassendere Skalie- Stadt Wilhelmshaven wurde ein ers- Sanierungsgebiet eingerichtet. Damit rung des Prozesses auf die Gesamtstadt ter Expertenworkshop durchgeführt, hat sie die Grundlage geschaffen, städ- zu sammeln. in dem es um die Ausrichtung einer tebauliche Missstände im Rahmen der „Smart City Wilhelmshaven“ und die Städtebauförderung beseitigen zu kön- Einordnung im Kontext des Gesamt- Identifikation erster Fokusthemen ging. nen. Hierbei sind insbesondere die hohe vorhabens Hierbei wurde ein partizipativer Ansatz verkehrliche Belastung, Leerstände in Die Stadt Wilhelmshaven steht im Rah- zur Strategieentwicklung als wichtige den zentralen Lagen und geringe Auf- men des Projekts „Die digitale Stadt ge- Grundlage für einen Smart-City-Prozess enthaltsqualität im öffentlichen Raum stalten“ beispielhaft für eine Mittelstadt, hervorgehoben, in dem nicht nur Tech- zu adressieren. die schon erste Erfahrungen mit einzel- nologien, sondern auch Menschen ver- Das kommunale Projektteam in „Die nen digitalen Projekten sammeln konn- netzt und zusammengebracht werden digitale Stadt gestalten“, bestehend te. Im Rahmen der Smart City sieht sie sollten. aus Verteterinnen und Vertretern des insbesondere die strategische Verknüp- In der Stadt Wilhelmshaven gab es Fachbereichs Stadtplanung und Stadt- fung von Maßnahmen ebenso wie die daher bereits vor Beginn des Projekts erneuerung, der städtischen Datenver- Beteiligung eines breiten Akteurskreises 14 ExWoSt-Informationen 52/2 - 01/2022
Die digitale Stadt gestalten: Erfahrungen aus den Planungswerkstätten Wilhelmshaven Pilotprojekt „Zukunft Tonndeich digital“ Als Pilotprojekt wurde in Wilhelmshaven unter dem Titel „dialog.wilhelmshaven.de“ ein zweistufiger digitaler Beteili- gungsprozess im Sanierungsgebiet Tonndeich erprobt. Dieser gab der Öffentlichkeit die Möglichkeit, städtebauliche Plä- ne online einzusehen und zu kommentieren. Getestet wurden Potenziale von Erklärvideos oder der Beteiligungsplattform der „Ontopica GmbH“. Die Verzahnung dieser digitalen Formate mit analogen Möglichkeiten den Prozess zu bewerben, wie Flyern oder der persönlichen Ansprache von Akteurinnen und Akteuren vor Ort, bildete einen weiteren Baustein. Die Büros „plan zwei GmbH“ und „Alexander Rudnick Consultants“ begleiteten das Pilotprojekt. Interessierte Akteurinnen und Akteure konnten auf der Plattform allgemeine Rückmeldungen zur Planung geben, aber auch konkrete Orte in der Plandarstellung kennzeichnen und mit Anmerkungen versehen. Durch die Möglichkeit, auf andere Anmerkungen via Kommentarfunktion zu reagieren, wurde zudem ein Austausch zwischen den Beteiligten ermöglicht. Eine erste Beteili- gungsphase erfolgte im April 2021. Insgesamt registrierten sich 75 Nutzerinnen und Nutzer für die Plattform, generierten 53 Vorschläge und reagierten auf andere Vorschläge mit 33 Kommentaren und 75 Vorschlagsbewertungen („Unterstüt- zung“; „Neutral“; „Ablehnung“). Insbesondere „Kommentarketten“ bzw. die Reaktion auf Anmerkungen anderer zeigten sich als hilfreich zur Einschätzung der Bedarfe im Quartier. Trotz der durch die Pandemie eingeschränkten Möglichkeiten stellte der digitale Beteiligungsprozess somit die Teilhabe sicher. Die Kommentare und Anmerkungen waren dabei von überwiegend hoher Qualität und konstruktiver Art und wurden im Rahmen der Überarbeitung der Pläne berücksichtigt. Eine zweite Phase der Beteiligung erfolgte nach der Einarbeitung der Kommentare. vor Ort als Grundlage für nachhaltigen Erfolg an. Strukturell bilden insbesondere das vorhandene Netzwerk innerhalb der Verwaltung wie auch die im städtischen Handlungsprogramm festgelegten Handlungsfelder eine gute Ausgangs- situation. Neben der Beteiligung von Expertinnen und Experten wird die Be- teiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie gesellschaftlichen und sozialen Einrichtungen als wichtige Grundlage für die Entwicklung von bedarfsorien- tierten Lösungen vor Ort angesehen. So gilt es nicht nur, verschiedene Tech- nologien und Lösungen zu vernetzen, sondern auch die Menschen in der Stadt Abbildung 9: Göckerstraße Richtung Norden in Tonndeich (Foto: Stadt Wilhelmshaven) Wilhelmshaven. Insbesondere die Eingrenzung des quartiersspezifische Frage- und Pro- Betrachtungs- und Untersuchungs- blemstellungen. Aufgrund dieser Fo- raums in „Die digitale Stadt gestalten“ kussierung ließ sich in Wilhelmshaven auf das Sanierungsgebiet Tonndeich ferner gut erproben, wie der Smart- ermöglichte einen stärkeren Fokus auf City-Prozess auf Ebene eines strukturell die Beteiligung von Akteurinnen und herausgeforderten Quartiers gelingt. Akteuren auf der Quartiersebene und ExWoSt-Informationen 52/2 - 01/2022 15
Konzeption der Planungswerkstätten Die digitale Stadt gestalten: Erfahrungen aus den Planungswerkstätten Konzeption der Planungs- werkstätten Zentrale Funktion der Planungswerk- Erkenntnissen über die Arbeit mit der von Smart-City-Projekten Risikoab- stätten im Rahmen des Projekts war es, Handreichung im Fokus. schätzung (6), Projektauswahl (7), Pro- die Handreichung in Zusammenarbeit jektumsetzung (8) sowie Evaluation (9) mit den vier Praxiskommunen gemein- Die Handreichung testen flexibel und nicht unmittelbar aufeinan- sam zu testen und durch das Feedback Um aus den Planungswerkstätten mög- der aufbauend wie bei der Strategieent- inhaltlich zu präzisieren. Ausgangs- lichst konstruktives Feedback für die wicklung zu thematisieren (siehe auch punkt für die Gestaltung der Planungs- Handreichung erhalten zu können, er- Abbildung 2, Seite 5). werkstätten war eine übergreifende, folgte eine enge Orientierung an den Schematischer übertragbare Ablauf der Planungswerkstätten Grundkonzeption, die auf Arbeitsschritten 1-9 inkl. Sonderbau- Die Planungswerkstätten die verschiedenen Rahmenbedingun- stein (siehe Kapitel „Entwicklung der In der ursprünglichen Konzeption war gen der Kommunen angepasst werden Handreichung”). Dabei behandelten mit jeder Kommune eine Workshoprei- konnte. Sie ermöglichte Kommunees,1 im Laufe Kick-Offdes die #1 Planungswerkstätten #2 #3 #4die Arbeits- #5 he von#6 vier halbtägigen Workshops vor Prozesses flexibel auf die unterschiedli- schritte zur Strategieentwicklung Be- Ort vorgesehen. Die Planungswerkstät- Gemeinsamer Abschluss Vernetzungstreffen chen lokalen Erfordernisse Kommune 2 und Bedarfe Kick-Off standsanalyse #1 #2 (1), Strategieprozess #3 #4 (2), ten #5 fanden #6 jedoch in einem Zeitraum in den Praxiskommunen zu reagieren. Visionen und Ziele (3), Handlungsfelder statt, der wesentlich von den unmittel- Die Planungswerkstätten Kommune 3dienten dabei Kick-Off(4), Ideen #1 und Projektskizzen #2 #3 (5) sowie#4 baren #5 Auswirkungen #6 der Covid-19-Pan- als praxisnahe Methode zur Simulation den Sonderbaustein (SB) Smart-City- demie geprägt war. Anstelle von Vor- Testversion Finalversion unterschiedlicher Handreichung Anwendungsfälle Kommune 4 Strategie schrittweise der Kick-Off #1 #2 und #3 aufeinander #4Ort-Workshops #5 #6 fanden daher jeweils Handreichung Handreichung, denn mit den vier aufbauend. Die in der Handreichung sechs virtuelle Planungswerkstätten via Praxiskommunen wurden wie oben vorgeschlagenen Methoden gaben Ori- Videokonferenz und mittels unterstüt- beschrieben verschiedene 11/2020 räumliche entierung für die interaktive und 06/2021 10/2021 kol- zender digitaler Tools 01/2022 statt. Abbildung und strukturelle Ausgangslagen berück- laborative Bearbeitung der einzelnen 10 stellt den schematischen Ablauf der sichtigt. Arbeitsschritte. Planungswerkstätten nach der pande- Neben der Unterstützung der Kom- Organisatorische Aspekte und in- miebedingten Anpassung dar. munen bei der Erarbeitung von Grund- haltliche Schwerpunkte in einzelnen Die Durchführung der Planungs- lagen für eine Smart-City-Strategie stand Kommunen machten es notwendig, die werkstätten erfolgte in den unterschied- Schematischer also Ablauf die systematische der Planungswerkstätten Generierung von weiteren Arbeitsschritte zur Umsetzung lichen Kommunen mit geringer zeit- Kommune 1 Kick-Off #1 #2 #3 #4 #5 #6 Gemeinsamer Abschluss Kommune 2 Vernetzungstreffen Kick-Off #1 #2 #3 #4 #5 #6 Kommune 3 Kick-Off #1 #2 #3 #4 #5 #6 Finalversion Testversion Handreichung Handreichung Kommune 4 Kick-Off #1 #2 #3 #4 #5 #6 11/2020 06/2021 10/2021 01/2022 Abbildung 10: Schematischer Ablauf der Planungswerkstätten (eigene Darstellung) 16 ExWoSt-Informationen 52/2 - 01/2022
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