Die GAP neu gestalten - Die WWF-Vision für das ländliche Europa nach 2013

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Die GAP neu gestalten - Die WWF-Vision für das ländliche Europa nach 2013
Die GAP neu gestalten
Die WWF-Vision für das ländliche Europa nach 2013
                 - Ein Diskussionspapier -
Die GAP neu gestalten - Die WWF-Vision für das ländliche Europa nach 2013
World Wide Fund for Nature (WWF)
Der World Wide Fund For Nature (WWF) ist eine der größten und erfahrensten Naturschutzorganisationen der
Welt und in mehr als 100 Ländern aktiv. Weltweit unterstützen ihn rund fünf Millionen Förderer. Im globalen
Netzwerk des WWF arbeiten 59 nationale Sektionen, Programmbüros und Partnerorganisationen zusammen

Die Mission des WWF ist es die Degradierung der Natur auf unserem Planeten zu stoppen und eine Zukunft zu
bauen, in der die Menschen in Harmonie mit der Natur leben werden, indem wir:
     die weltweite Biologische Vielfalt erhalten
     sicherstellen, dass die Nutzung Erneuerbarer Ressourcen nachhaltig ist
     dafür werben, die Umweltverschmutzung und die Ressourcen verschwendenden Konsum zu reduzieren

WWF-Vision für das ländliche Europa nach 2013
Mit dieser Vision für eine zukünftige Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) schlägt der WWF radikale Änderungen vor.
Diese neue Vision basiert auf dem Prinzip „Öffentliche Gelder für Öffentliche Güter“ und der Notwendigkeit die
Landbewirtschafter finanziell zu unterstützen, die Öffentliche Güter für die Gemeinschaft profitieren.

Der WWF ist davon überzeugt, dass Landwirte und Umweltschützer zusammenarbeiten müssen, um die Zukunft
der Europäischen Landwirtschaft und der Natürlichen Ressourcen zu schützen.

Das vorliegende Paper wurde von WWF-Mitarbeitern und Vicki Swales, einer unabhängigen Beraterin,
entwickelt und geschrieben. Mehr Informationen über die Hintergründe und die Arbeit des WWF erhalten Sie
über die Mitglieder des WWF-Teams zur Agrarpolitik in Europa:

WWF Team für europäische Agrarpolitik

  WWF - European Policy Office – EPO
  wwwf-epo@wwfepo.org

  WWF - Baltic Ecoregion PO - www.panda.org/baltic
  Mats Abrahamsson - mats.abrahamsson@wwf.se

  WWF Danube Carpathian Programme Office
  http://www.panda.org/bulgaria
  http://www.panda.org/romania
  Yanka Kazakova (Region) - kazakova@wwfdcp.bg
  Raluca Barbu (Romania) - rbarbu@wwfdcp.ro
  Yulia Grigorova (Bulgaria) - ygrigorova@wwfdcp.bg

  WWF France – www.wwf.fr
  Isabelle Laudon - ilaudon@wwf.fr
  Amandine Desetables - adesetables@wwf.fr

  WWF Germany – www.wwf.de
  Matthias Meissner – matthias.meissner@wwf.de
  Robert Krups – robert.krups@wwf.de

  WWF Hungary – www.wwf.hu
  Gábor Figeczky – gabor.figeczky@wwf.hu

  WWF Spain – www.wwf.es
  Celsa Peiteado - agricultura@wwf.es

  WWF Sweden – www.wwf.se
  Lennart Gladh - lennart.gladh@wwf.se
Die GAP neu gestalten - Die WWF-Vision für das ländliche Europa nach 2013
November 2008
                     Die GAP neu gestalten
                       WWF-Vision für das ländliche Europa nach 2013

                Zusammenfassung
                Nachhaltige Landwirtschaft ist für die Menschheit von grundlegender Bedeutung. Sie produziert
                nicht nur Nahrungsmittel und Faserstoffe, sondern trägt durch ihre Interaktionen mit den
                Ländereien und natürlichen Ressourcen auch zu lebensnotwendigen Funktionen wie
                Nährstoffkreisläufen und Kohlenstoffspeicherung bei. Bis in die jüngere europäische Geschichte
                war die Landwirtschaft kleinmaßstäblich strukturiert, vorwiegend auf Eigenversorgung
                ausgerichtet und wohlwollend gegenüber der natürlichen Umwelt. Mehr noch haben traditionelle,
                extensive Bewirtschaftungsformen erst zur Erschaffung der Vielfalt an Landschaften, auch als
                Lebensraum für die dazu gehörenden Tier- und Pflanzenarten, beigetragen, die heutzutage die
                Wertschätzung der europäischen Bürger genießen. Aber in den vergangenen 50 Jahren oder
                noch länger haben Bevölkerungswachstum, die Einführung neuer Technologien und staatliche
                Politik dazu geführt, dass die Landwirtschaft zunehmend mehr intensiviert und industrialisiert
                wurde. Der Verlust und die Beeinträchtigung von Biotopen, der Verlust an Tier- und
                Pflanzenarten, zu starke Wasserentnahme zur Feldbewässerung, Bodenerosion und
                Wasserverschmutzung sind nur ein Teil der Probleme, denen wir uns aufgrund
                landwirtschaftlicher Modernisierung heute gegenübersehen. Der Klimawandel bringt neue
                Herausforderungen mit sich: einerseits muss sich die Landwirtschaft an das sich ändernde Klima
                anpassen, andererseits kann sie aber möglicherweise auch einige Lösungsmöglichkeiten bieten.

                Der WWF ist davon überzeugt, dass Landwirte und Umweltschützer zusammenarbeiten müssen,
                um die Zukunft der Europäischen Landwirtschaft zu sichern.

                Die Agrarpolitik spielt eine entscheidende Rolle, um eine nachhaltige Landwirtschaft zu
                erreichen. Schrittweise Reformen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) haben den Prozess in
                Richtung nachhaltigerer Formen der Landwirtschaft in Gang gesetzt, aber es bleibt noch viel zu
                tun. Nun ist der Zeitpunkt gekommen, um nachzudenken, welche weiteren progressiven
                Änderungen in der Agrarpolitik bis 2020 erforderlich sind.

                In diesem Papier skizziert der WWF eine Vision für eine neue Gemeinsame Umwelt- und
                ländliche Entwicklungspolitik (GULEP) als Ersatz für die zunehmend veraltete GAP.
                GULEP beruht auf dem Prinzip der Leistung von „Beihilfen für öffentliche Güter“ wie z.B. die
                Erhaltung biologischer Vielfalt und der Landschaft, Bodenschutz und Gewässerschutz. Diese
                Vision erkennt an, dass diejenigen Landbewirtschafter, die diese Güter zum Nutzen der
                Gesellschaft bereitstellen, finanzieller Unterstützung bedürfen. Wir zeigen auf, dass jetzt Schritte
                unternommen werden müssen, um diese Vision zu verwirklichen und rufen die
                Entscheidungsträger auf europäischer und nationaler Ebene dazu auf,

                •   die bestehenden Maßnahmen der GAP voll auszuschöpfen, um bessere
                    Landbewirtschaftung und bessere Nutzung der Wasserressourcen zu erreichen, den
                    Rückgang biologischer Vielfalt rückgängig zu machen und die Landnutzung dem
                    Klimawandel anzupassen sowie deren Potenzial zur Minderung des Klimawandels
                    auszuschöpfen;
                •   in einen umfassenden und offenen Diskurs bezüglich der Zukunft des EU-Haushaltes und der
                    Notwendigkeit einer substanziellen Reform der GAP einzutreten; mit dem Ziel der Einrichtung
                    eines neuen, auf nachhaltige Landbewirtschaftung und ländliche Entwicklung ausgerichteten
                    Fonds;
                •   mit NROs im Umweltbereich, mit Vertretern der Landwirtschaft, Akademikern und anderen in
                    partnerschaftlicher Zusammenarbeit eine neue Gemeinsame Umwelt- und ländliche Entwick-
                    lungspolitik zur Umsetzung im Jahr 2019 zu erarbeiten; zu diesem Zweck sollte eine unab-
                    hängige Arbeitsgruppe für Umwelt und ländliche Entwicklung eingerichtet werden, die die er-
                    forderlichen Forschungen, Analysen und Anhörungen durchführt, welche für die Entwicklung
                    dieser neuen Politik benötigt werden.

                Die Zeit ist reif für einen Kurswechsel. Europas Entscheidungsträger haben eine
                Verantwortlichkeit gegenüber den Bürgern und Steuerzahlern, die vielen Umweltprobleme
                anzugehen und eine neue, nachhaltige Zukunft für Europas ländliche Gebiete zu entwerfen.
Die GAP neu gestalten - Die WWF-Vision für das ländliche Europa nach 2013
Reforming the CAP                                                                  Die GAP neu gestalten
                                                           WWF-Vision für das ländliche Europa nach 2013
WWF Vision for Rural Europe after 2013

1.    Einleitung
 Nachhaltige Landwirtschaft ist von grundlegender
 Bedeutung. Sie produziert Nahrungsmittel, stellt
 eine Reihe von Umweltgütern bereit und erbringt
 eine Reihe von Umweltleistungen. Intensive
 Landwirtschaft ist aber einer der Hauptverursacher
 von Umweltschäden. Schrittweise Reformen der
 GAP haben damit begonnen, die mit der
 europäischen Landwirtschaft in Zusammenhang
 stehenden     Umweltprobleme     anzugehen,     aber
 weitere progressive Reformen sind von Nöten, um
 diese Probleme endgültig zu lösen. Jetzt ist die Zeit
 reif dafür, darüber nachzudenken, welche Art von
 Reformen es braucht, um die Landwirtschaft
 nachhaltiger zu gestalten.

Nachhaltige Landwirtschaft ist für die Menschheit von
grundlegender Bedeutung. Sie produziert nicht nur
Nahrungsmittel und Faserstoffe, sondern trägt durch
ihre Interaktionen mit den Ländereien und natürlichen
Ressourcen auch zu lebensnotwendigen Funktionen
wie Nährstoffkreisläufen und Kohlenstoffspeicherung
bei. Bis in die jüngere europäische Geschichte war
die Landwirtschaft kleinmaßstäblich strukturiert,
vorwiegend auf Eigenversorgung ausgerichtet und
wohlwollend gegenüber der natürlichen Umwelt.                © WWF
Mehr noch: traditionelle, extensive Landwirtschafts-
formen haben erst zur Erschaffung der Vielfalt an            progressive Reform der GAP ist erforderlich, um die
Landschaften und der Lebensräume für die dazu                mit    der    europäischen    Landwirtschaft     in
gehörenden Tier- und Pflanzenarten, beigetragen, die         Zusammenhang stehenden
heutzutage die Wertschätzung der europäischen
Bürger genießen.                                             Umweltprobleme anzugehen. Nun ist der Zeitpunkt
                                                             gekommen, an dem darüber nachgedacht werden
Bevölkerungswachstum, die Einführung neuer                   muss, welche Änderungen in der Agrarpolitik in den
Technologien und staatliche Politik haben aber dazu          kommenden zehn Jahren und darüber hinaus
geführt, dass die Landwirtschaft zunehmend stärker           erforderlich sind. Mit diesem Bericht legt der WWF
intensiviert und industrialisiert wurde, was auch zu         seine Vision für die Zukunft der GAP vor.
negativen Auswirkungen auf die Umwelt führte. Der
Verlust von Biotopen, Rückgänge bei Tier- und
Pflanzenarten, zu starke Wasserentnahme zur
Feldbewässerung,             Bodenerosion            und
Wasserverschmutzung sind nur ein Teil der Probleme,
denen        wir    aufgrund        landwirtschaftlicher
Modernisierung nun gegenüberstehen.

Der Klimawandel bringt neue Herausforderungen mit
sich: einerseits muss sich die Landwirtschaft an das
sich ändernde Klima anpassen, andererseits kann sie
aber        möglicherweise           auch        einige
Lösungsmöglichkeiten bieten. Am Beginn des 21.
Jahrhunderts ist es eine Herausforderung für uns alle,
die Landwirtschaft nachhaltiger zu machen.
Schrittweise Reformen der Gemeinsamen Agrarpolitik
(GAP) haben den Prozess zur Verbesserung der
Umweltbilanz in der Landwirtschaft in Gang gesetzt,
aber es bleibt noch viel zu tun. Eine weitergehende,

                                                                                                         4
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Reforming the CAP                                                                Die GAP neu gestalten
                                                         WWF-Vision für das ländliche Europa nach 2013
WWF Vision for Rural Europe after 2013
2.      Landwirtschaft und Umwelt                          •      Verlust, Beeinträchtigung und Zerschneidung
                                                                  von Biotopen, was zu verringerter Abundanz und
                                                                  Verbreitung einiger Arten beiträgt, wobei
    Landwirtschaft   kann   positive  und   negative              besonders Vogelarten der Agrarlandschaft und
    Auswirkungen auf die Umwelt haben. Traditionelle,
    extensive landwirtschaftliche Systeme schufen
                                                                  Schmetterlingsarten betroffen sind.
    Landschaften      mit     ihrem   dazugehörigen               Die neuen Mitgliedstaaten weisen noch
    Arteninventar, das wir heutzutage schätzen. Die               ausgedehnte     Flächen     ungestörter, halb-
    Aufgabe solcher Bewirtschaftungssysteme und die               natürlicher Lebensräume auf, aber diese sind
    Intensivierung der Landwirtschaft brachten viele              durch Intensivierung und Bewirtschaftungs-
    Umweltprobleme mit sich .                                     aufgabe bedroht.

                                                           •      Verlust an Landschaftscharakter und –qualität
Agrargüter werden durch die Nutzung von Land,                     aufgrund der Vereinheitlichung der Landnutzung
Arbeitskraft und Kapital produziert, wobei Saatgut,               und des Verlusts bzw. der Beeinträchtigung von
Pestizide und Düngemittel zugeführt werden und die                Landschaftselementen.
Umwelt mittels einer Reihe verschiedener Praktiken,
wie Entwässerung, Bodenbearbeitung, Umleitung
                                                           •      Erzeugung von Treibhausgasen, wie z.B. Methan
natürlicher Wasserläufe und Beweidung durch
                                                                  aus      der    Tierhaltung, Lachgas      von
Nutztiere gezielt manipuliert wird. So können diese
                                                                  Stickstoffdüngern und Kohlendioxid, was bei
Praktiken sowohl positive als auch negative
                                                                  bestimmten Bewirtschaftungsmaßnahmen aus
Umweltauswirkungen mit sich bringen.
                                                                  den Böden freigesetzt wird. Kohlenstoffsenken
                                                                  und Biokraftstoffe können dabei helfen, dem
Traditionelle, extensive Agrarsysteme arbeiten meist              Klimawandel entgegenzusteuern.
in Harmonie mit der natürlichen Umwelt und spielen
eine wichtige Rolle, in dem sie Landschaften prägen
und Biotope sowie die Arten, die auf diese
angewiesen sind, erhalten. Durch die Aufgabe solcher
Bewirtschaftungssysteme        einerseits  und    die
Intensivierung der Landwirtschaft andererseits gerät
die natürliche Umwelt unter Druck. Der von der
Europäischen Umweltagentur 2007 veröffentlichte
vierte Lagebericht (Die Umwelt in Europa - Der Vierte
Lagebericht) enthält einen umfassenden Überblick
über     die    negativen      Umweltwirkungen    der
Landwirtschaft, die wir hier zusammenfassen:

•      Verschmutzung      von     Gewässern     und
       Grundwasser durch Nitrate, Phosphate und
       Pestizide, Rückgang der Wasservorräte und der
       Wasserqualität     aufgrund     zunehmender         © Stefan Karnicki / WWF
       Bewässerung sowie Verlust von Feuchtgebieten
       und Auen aufgrund von Aktivitäten wie               3.      Ist die GAP schuld?
       Entwässerungsmaßnahmen                   und
       unangemessenen Beweidungsregimen.
                                                               Umweltschädigungen sind zum Teil auf frühere
                                                               Agrarpolitiken zurückzuführen und insbesondere auf
•      Bodenerosion durch Wasser und Wind, was                 die GAP, die intensive Landwirtschaft gefördert hat.
       hauptsächlich in den südlichen und östlichen            Marktkräfte und Technologie haben ebenfalls eine
       Mitgliedstaaten         problematisch      ist.         Rolle gespielt. Die jüngsten GAP-Reformen haben
       Bodenverdichtung, Bodenkontamination und -              die Produktionsanreize größtenteils abgeschafft.
       versauerung haben in den neuen Mitgliedstaaten          Nun stehen wir vor der Herausforderung, das
       in den vergangenen Jahren zwar abgenommen,              ‚Vermächtnis’ an Umweltschäden anzugehen und die
       könnten aber angesichts voraussichtlicher               Politik so zu gestalten, dass sie zu wirklich
       Intensivierung wieder zunehmen.                         nachhaltiger Landwirtschaft führt.

•      Luftverschmutzung durch Ammoniak (was vor           Die Entscheidungen, des einzelnen Landwirts, wie er
       allem in den nördlichen Mitgliedstaaten zu          seine     Ländereien     bewirtschaftet,     haben
       Versauerung führt) und Geruchsbelastung durch       entscheidende Auswirkungen auf die Umwelt. Diese,
       intensive Tierproduktion.                           wie auch das Verhalten der Landwirte insgesamt

                                                                                                            5
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Reforming the CAP                                                                 Die GAP neu gestalten
                                                          WWF-Vision für das ländliche Europa nach 2013
WWF Vision for Rural Europe after 2013
werden durch viele Faktoren beeinflusst. Es gehören         4.    Die GAP: eine herausragende Politik
u.a. dazu: Agrarpolitik, Umweltpolitik und andere
Politiken (sowohl auf EU als auch auf nationaler
Ebene); Marktfaktoren (Preise für Agrargüter wie            Die derzeitige GAP dominiert die EU-Politik und die
                                                            finanziellen Aufwendungen; sie nimmt 44.5% des EU-
Rindfleisch und Weizen, Verbraucherwünsche und –
                                                            Haushaltes in Anspruch. Direktbeihilfen für Landwirte
präferenzen) und die zur Verfügung stehende                 und Marktintervention kosten fast 77% des GAP-
Technologie. Es ist zwar wichtig, den Einfluss all          Haushalts, während nur 22% auf Umweltmaßnahmen
dieser verschiedenen Faktoren auf die Landwirtschaft        und ländliche Entwicklung entfallen.
anzuerkennen, aber einer der Faktoren sticht als
Haupttriebfeder der Agrarentwicklung in den
                                                            Die GAP hat ihren Ursprung in den Römischen
vergangenen     fünf   Jahrzehnten     hervor:   die
                                                            Verträgen von 1957 und ist eine der ältesten wenigen
Gemeinsame Agrarpolitik (GAP).
                                                            „gemeinsamen" EU-Politiken. Zu Beginn bestand die
                                                            GAP aus einer Reihe von Marktinterventionen, die
Bis vor relativ kurzer Zeit hat die GAP, mittels
                                                            dazu dienten, europäische Landwirte zu unterstützen
Preisausgleichszahlungen und Stützungsmaßnahmen
                                                            und vor externem Wettbewerbsdruck zu schützen.
für     Landwirte,     landwirtschaftliche   Produktion
                                                            Maßnahmen zur Bewältigung von Strukturproblemen
unabhängig von den Erfordernissen des Marktes
                                                            waren      vergleichsweise    dünn      gesät    und
gefördert. Je mehr die Landwirte produzierten, desto
                                                            Umweltmaßnahmen waren gänzlich unbekannt. Über
mehr Geld erhielten sie von der EU. So erstaunt es
                                                            die Jahre hat die GAP als Reaktion auf Forderungen
nicht,     dass     viele    Landwirte     auf   diese
                                                            der Politik, der Gesellschaft und des Marktes
Produktionssignale mit intensivierter Bewirtschaftung
                                                            zahlreiche, grundlegende Reformen durchgemacht.
reagierten, um Erträge und Profite zu erhöhen. Mit
                                                            Preisstützungen und Marktinterventionen wurden
der Zeit wurden die negativen Auswirkungen dieser
                                                            nach und nach verringert - allerdings noch nicht
Politik sichtbar, von der Handelsverzerrung bis hin zu
                                                            vollständig abgeschafft - und durch zunehmend
den Umweltschäden. In jüngerer Zeit haben
                                                            höhere Direktzahlungen für Landwirte ersetzt. Die
progressive GAP-Reformen – vor allem die Reform
                                                            erste EU-weite Agrar-Umweltmaßnahme wurde 1985
von 2003 – im Wesentlichen die Koppelung von
                                                            eingeführt. Solche Maßnahmen, zusammen mit einer
Erzeugung und Direktzahlungen aufgehoben und die
                                                            Reihe von ländlichen Entwicklungsmaßnahmen,
GAP mit einer mehr auf Umwelt ausgerichteten
                                                            bilden nun einen zunehmend größeren Bestandteil
Grundlage versehen. Weitere Reformen sind aber
                                                            der GAP.
notwendig.

Nun stehen wir vor der Herausforderung, das
‚Vermächtnis’ an Umweltschäden anzugehen und die
GAP so zu gestalten, dass sie zu wirklich nachhaltiger
Landwirtschaft in der gesamten EU führt. Der WWF
ist der Auffassung, dass nachhaltige Landwirtschaft
sichere, erschwingliche und gesunde Lebensmittel,
auf     ökologisch    verantwortliche,    ökonomisch
tragfähige und sozial gerechte Weise produzieren
sollte. Ein grundlegendes Prinzip nachhaltiger
Landwirtschaft muss sein, dass sie nicht die
natürlichen Ressourcen erschöpft, auf die die
Agrarproduktion selbst angewiesen ist. Auch
Landwirte wollen nachhaltige Landwirtschaft – ihr
Lebensunterhalt hängt davon ab.

Der WWF möchte mit Landwirten zusammenarbeiten,             © Paweł Kurowski / WWF
um sicherzustellen, dass die GAP nicht nur der
Umwelt hilft, sondern auch diejenigen unterstützt,
ohne die die Bewirtschaftung unserer Agrarflächen
und natürlichen Ressourcen nicht möglich wäre.

                                                                                                          6
Die GAP neu gestalten - Die WWF-Vision für das ländliche Europa nach 2013
Reforming the CAP                                                                 Die GAP neu gestalten
                                                          WWF-Vision für das ländliche Europa nach 2013
WWF Vision for Rural Europe after 2013

Die GAP heute

Heutzutage lassen sich drei verschiedene Arten von Interventionen durch die GAP unterscheiden:

•   Marktinterventionen – dazu gehören Zölle,
    Exportsubventionen,      Interventionskäufe,                        Aufschlüsselung des EU-Haushalts 2007
    Ausgleichszahlungen,     Produktionsquoten,
                                                                                                     Wettbewerbsfähigkeit
    Subventionen      für   Produktionsfaktoren,
                                                                               0.3%
    Verbrauchssubventionen;                                      5.4%   5.5%          7.4%           Zusammenhalt
                                                            0.5%
                                                              0.5%                                   Bewahrung und Bewirtschaftung
•   Direktzahlungen      -     Zahlungen      zur                                                    natürlicher Ressourcen
    Einkommensstützung von Landwirten mittels                                                        Freiheit, Sicherheit und Recht

    der Betriebsprämienregelung. Der Großteil                                                  36%   Unionsbürgerschaft
    der       Direktzahlungen        ist     nun
    produktionsentkoppelt; es verbleiben aber                                                        Die EU als globaler Akteur
                                                            44.5%
    noch einige gekoppelte Zahlungen. Der Erhalt
                                                                                                     Verwaltung
    dieser Zahlungen ist an die Einhaltung
    spezifischer Umwelt-, Tierschutz- und anderer                                                    Ausgleichszahlungen für neue
                                                                                                     EU Mitgliedstaaten
    Standards gebunden, ein System, das als
    Cross Compliance bekannt ist.

•   Ländliche Entwicklungsmaßnahmen – eine Reihe von Maßnahmen im Rahmen des Europäischen
    Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit
    landwirtschaftlicher Betriebe, die Umwelt und die Lebensqualität in ländlichen Regionen zu verbessern. Einige der
    Maßnahmen unterliegen der Cross-Compliance-Regelung.

Marktinterventionen und Direktzahlungen konstituieren zusammen die so genannte 1. Säule der GAP, während ländliche
Entwicklungsmaßnahmen als die 2. Säule bekannt sind.

Die GAP hat seit jeher einen großen Anteil des EU-                      Aufschlüsselung der Haushaltsrubrik
Haushaltes in Anspruch genommen; 2007 waren es                Bewahrung und Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen 2007
55,1 Mrd. €, was eine gewaltige öffentliche Investition
in Landwirtschaft und ländliche Entwicklung darstellt.
                                                                                  0.36%
Die Europäische Kommission listet die Ausgaben für
                                                                    22.4%                               Umwelt (LIFE usw.)
die GAP unter dem Haushaltstitel ‚Bewahrung und
Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen’ (siehe Abb.                                                     Marktbezogene Ausgaben und
                                                                                                        Direktzahlungen (1.Säule)
unten).
                                                                                                        Entwicklung des Ländlichen
                                                                                                        Raumes (2. Säule)
Das Gleichgewicht zwischen den Ausgaben der 1.
Säule und der 2. Säule hat sich aufgrund der
obligatorischen Modulation seit 2005 verschoben.                                             76.7%

Diese macht eine prozentuale Kürzung der
Direktzahlungen zur Auflage und die eingesparten
Mittel werden in die 2. Säule verschoben.

                                                                                                                          7
Reforming the CAP                                                                 Die GAP neu gestalten
                                                          WWF-Vision für das ländliche Europa nach 2013
WWF Vision for Rural Europe after 2013
                                                            •     Die 12 neuen Mitgliedstaaten, die der EU 2004
5.     Warum      weitere          GAP-Reformen                   und 2007 beigetreten sind, weisen großflächige
       erforderlich sind                                          Gebiete mit extensiver Landwirtschaft auf. Diese
                                                                  Gebiete sind von hohem Naturschutzwert und
                                                                  ein Refugium für einige der wertvollsten Tier- und
Der derzeitigen GAP fehlt es an Transparenz, sie ist              Pflanzenbestände in Europa. Die Anwendung
nicht gerecht und genügt nicht den vielen                         des derzeitigen GAP-Systems in diesen Ländern
Anforderungen, denen sich die EU in der ersten Hälfte             droht einerseits die Aufgabe traditioneller
des 21. Jahrhunderts gegenübersieht. In den
                                                                  landwirtschaftlicher   Praktiken     in    einigen
vergangenen 15 Jahren wurden zwar Fortschritte
gemacht, aber es bleibt noch viel zu tun, wenn es                 Regionen zu verstärken und facht andererseits
darum    geht,    eine    mehr    auf Nachhaltigkeit              die Intensivierung der Landwirtschaft in anderen
ausgerichtete Politik zu entwickeln.                              Gebieten an. Beides hat schwerwiegende Folgen
                                                                  für die Umwelt.
5.1      Argumente für eine Reform der GAP
                                                            •     Es ist anzunehmen, dass weitere EU-
Die GAP hat sich allmählich von einer                             Erweiterungen ins Haus stehen; derzeitige
protektionistischen Politik, mit Schwerpunkt auf                  Beitrittskandidaten sind die Türkei, Kroatien und
verstärkter Produktion innerhalb der EU und Schutz                Makedonien. Die Anwendung der GAP in diesen
der Landwirtschaft vor externem Wettbewerb hin zu                 Ländern wird sowohl die Fülle ökologischer
einer Politik entwickelt, die zunehmend versucht, eine            Ressourcen als auch das niedrige Niveau der
stärkere      Marktorientierung    und    nachhaltige             Agrarentwicklung anerkennen müssen.
Landwirtschaft zu fördern. Es sind zwar Fortschritte
gemacht worden, aber dennoch muss die GAP
dringend weiter in Richtung einer mehr auf Umwelt           Ohne weitere GAP-Reformen wird die EU
und Nachhaltigkeit ausgerichteten Politik entwickelt        wahrscheinlich     viele    ihrer eigenen  sowie
werden. Der WWF unterstützt die Ansicht der                 internationale Verpflichtungen in den Bereichen
Europäischen Kommission, dass die Landwirtschaft            Biodiversität, Wasserschutz und Klimawandel nicht
der EU sich vier wesentlichen Herausforderungen             einhalten können und wird den wachsenden
gegenübersieht:          Klimawandel,     Bioenergie,       Erwartungen      ihrer    eigenen   Bürger  nicht
Biologische Vielfalt und Wasserbewirtschaftung. Die         nachkommen.
EU benötigt ein Bündel von Politikinstrumenten für
ländliche Gebiete, um diese Herausforderungen
angehen zu können. Des Weiteren sieht der WWF die
folgenden Schlüsselprobleme:

•     Der Großteil der GAP-Zahlungen (1. Säule) ist
      nur schwach mit der Bereitstellung öffentlicher
      Güter gekoppelt (beispielsweise mit nachhaltiger
      Wasserbewirtschaftung, Schutz biologischer
      Vielfalt oder der Pflege wertvoller Agrar- und
      Waldlandschaften) und nicht ausreichend darauf
      ausgerichtet, der Landwirtschaft bei der
      Anpassung an den Klimawandel zu helfen sowie
      deren     Potenzial    zur    Minderung     des
      Klimawandels auszuschöpfen.                           © Maciej Maciejewski / WWF

•     Maßnahmen der GAP mit dem größten Potenzial
      zur Förderung nachhaltiger Landwirtschaft und         5.2      Ernährungssicherheit: ein Argument
      ländlicher Entwicklung (2. Säule) erhalten den                 gegen GAP-Reform?
      geringsten Anteil an Mittelzuweisungen und die
      Etats sind stark überstrapaziert.                     Die Ursprünge der GAP lassen sich zum Europa der
                                                            Nachkriegszeit und zu dem dringenden Bedarf nach
•     Das derzeitige System ist höchst    ungerecht; im     einer Steigerung der Nahrungsmittelproduktion zu
      Jahr     2005      empfingen         20%      der     Zeiten der Lebensmittelknappheit und –rationierung
      Zahlungsempfänger im Rahmen         der GAP fast      zurückverfolgen.     Zu      jener     Zeit     war
      80% der Direktzahlungen, was         die früheren     Ernährungssicherheit ein ernstes Problem, was es zu
      Produktionsniveaus widerspiegelt.                     lösen galt. So wurden Preisstützungen und andere

                                                                                                            8
Reforming the CAP                                                               Die GAP neu gestalten
                                                        WWF-Vision für das ländliche Europa nach 2013
WWF Vision for Rural Europe after 2013
Marktinterventionen     eingeführt   und    Europas
Landwirte reagierten enthusiastisch. Mit der Zeit
führten diese Politikmaßnahmen zur Überproduktion
bestimmter Güter und erforderten neue Maßnahmen,
wie die Flächenstilllegung und Milchquoten, um die
Produktion zu drosseln. Produktionsbeihilfen wurden
zunehmend        als      handelsverzerrend     und
umweltschädigend kritisiert.

Einige der jüngsten Entwicklungen und Ereignisse
haben die Diskussion um Ernährungssicherheit und
damit auch Forderungen - vor allem vonseiten der
Agrarindustrie - nach Subventionen zur Förderung
der Nahrungsmittelproduktion wieder aufleben lassen.

Faktoren wie die wachsende Weltbevölkerung,
Klimawandel und der steigende Bedarf nach                 © Sylwia śółkiewska / WWF
Biokraftstoffen, sowie Besorgnis über internationalen
Terrorismus werden als Gründe dafür angeführt, dass
das Thema Ernährungssicherheit im Zentrum der
GAP stehen sollte. Es ist nicht von der Hand zu           6.     Eine Chance für den Wandel: EU
weisen, dass es im Bereich der internationalen                   Budget Review
Ernährungssicherheit konkrete Probleme gibt, die es
anzugehen gilt. Zweifellos muss es prioritär darum        Chancen für die Reform der GAP sind in Sicht und
gehen, dass die Ärmsten dieser Welt ausreichend mit       müssen ergriffen werden. Die Haushaltsüberprüfung
für sie erschwinglichen Lebensmitteln versorgt sind.      der EU bietet Möglichkeiten für eine umfassende
Aber alle Erkenntnisse in diesem Bereich deuten           Überarbeitung der Ausgaben im Rahmen der GAP
darauf hin, dass der Hauptgrund für fehlende              und eine nicht zu versäumende Chance, eine neue
Ernährungssicherheit solcher Menschen in der Armut        Gemeinsame         Umwelt-     und       ländliche
zu suchen ist und nicht in einem mangelnden               Entwicklungspolitik ins Leben zu rufen, die den
                                                          Herausforderungen des 21. Jahrhunderts begegnen
Angebot von Lebensmitteln auf globaler Ebene.
                                                          kann.
Forderungen nach der Beibehaltung der EU-
Marktinterventionen und Preismechanismen unter
dem Deckmantel der Sorge um Ernährungssicherheit
zeugen von fehlendem Verständnis der wahren               Der EU-Haushalt wird durch den Finanzrahmen
Probleme und schaden denjenigen, die von fehlender        festgelegt, der sich derzeit über einen Zeitraum von
Ernährungssicherheit betroffen sind wahrscheinlich        sieben Jahren erstreckt und eine Vereinbarung
mehr, als das sie ihnen nützen.                           zwischen der Europäischen Kommission, dem Rat
                                                          und dem Parlament der EU darstellt. Der
Ein legitimer politischer Standpunkt für die EU wäre      Finanzrahmen ist ein indikativer Ausgabenplan, in
es, ihre Produktionskapazitat für Nahrungsmittel          dem die Obergrenzen für die jährlichen Ausgaben
beizubehalten und es           den Landwirten zu          festgelegt werden. Die tatsächlichen Ausgabenpläne
ermöglichen, auf Marktanforderungen nach einem            werden im jährlichen Haushaltsprozess festgelegt.
angemessenen Angebot an sicheren, gesunden und
erschwinglichen Lebensmitteln zu reagieren und dies       Der derzeitige Finanzrahmen, der sich auf die Jahre
in einer Weise, die ökologisch nachhaltig ist. Dies       von 2007 bis 2013 erstreckt, wurde im Dezember
stellt eine immense Herausforderung dar, aber es ist      2005 vereinbart, allerdings erst nach heftigen
sehr unwahrscheinlich, dass sie mit staatlichen           Diskussionen      zwischen     Großbritannien    und
Eingriffen     in     die    Weltagrarmärkte,     wie     Frankreich über die Ausgabenschwerpunkte und die
Preisstützungen         und       Exportsubventionen,     GAP. Im Ergebnis wurde die Kommission
angegangen werden kann                                    aufgefordert, „…eine vollständige, weit reichende
                                                          Überprüfung sämtlicher Aspekte der EU-Ausgaben,
                                                          einschließlich der Gemeinsamen Agrarpolitik, und der
                                                          Eigenmittel, einschließlich der Ausgleichszahlung an
                                                          das Vereinigte Königreich, vorzunehmen und darüber
                                                          2008/2009 Bericht zu erstatten“.

                                                          Die EU-Haushaltsüberprüfung wurde im September

                                                                                                      9
Reforming the CAP                                                               Die GAP neu gestalten
                                                        WWF-Vision für das ländliche Europa nach 2013
WWF Vision for Rural Europe after 2013
2007 mit der Veröffentlichung eines Dokumentes mit        7.    Umgestaltung der GAP
dem Titel „Den Haushalt reformieren, Europa
verändern" sowie einer öffentlichen Konsultation
                                                           Die GAP stellt derzeit eine erhebliche Investition in
initiiert. Kommissionspräsident Barroso eröffnete die      die ländlichen Gebiete dar – eine Investition, die es
Überprüfung mit dem Versprechen einer Debatte              gegenüber konkurrierenden urbanen und anderen
„ohne         Tabus"      und     beschrieb       die      Forderungen nach Finanzmitteln zu verteidigen gilt.
Haushaltsüberprüfung als „... eine Chance, den             Allerdings verlieren die Agrarbeihilfen als solche
Haushalt zu reformieren und auch unsere                    zunehmend an Legitimation. Der WWF ist der
Arbeitsweise zu reformieren, wie sie sich in jeder         Überzeugung, dass die GAP eine Phase der
Generation nur einmal bietet." Die Ergebnisse dieser       Umgestaltung      durchlaufen   muss,      um     den
Haushaltsüberprüfung werden den nächsten, ab 2014          ökonomischen,      sozialen    und     ökologischen
                                                           Anforderungen des 21. Jahrhunderts in den
gültigen       Finanzrahmen      bestimmen.       Die
                                                           ländlichen Gebieten gerecht werden zu können. Der
Agrarausgaben werden aller Wahrscheinlichkeit nach         Schwerpunkt der GAP muss von der reinen
erheblich      unter   Druck   geraten   und     sich      Landwirtschaft hin zu einer weiter reichenden
konkurrierenden Forderungen nach Finanzmitteln für         Umwelt-     und    ländlichen   Entwicklungspolitik
Forschung, Innovation, Schaffung von Arbeitsplätzen        verschoben werden, mit dem Ziel der nachhaltigen
und        Förderung     der    Wettbewerbsfähigkeit       Landbewirtschaftung und nachhaltiger Entwicklung
gegenübersehen.                                            in den ländlichen Gebieten.

Der WWF begrüßt die Haushaltsüberprüfung als eine
Chance, weit reichende Fragen bezüglich der               7.1     Braucht die Landwirtschaft öffentliche
übergeordneten Ziele der derzeitigen GAP und des                  Beihilfen?
tatsächlichen Nutzens dieser Politik aufzuwerfen. Der
WWF ist der Überzeugung, dass die Antworten auf           Landwirte produzieren Lebensmittel und andere
solche Fragen die Mängel der GAP beleuchten               Güter, wie z.B. Baumwolle, die sie den Konsumenten
werden und dass sie aufzeigen werden, dass die            zu Preisen verkaufen können, welche durch Angebot
GAP den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts            und Nachfrage bestimmt werden. Der WWF ist der
nur gerecht werden kann, wenn sie eine umfassende         Auffassung, dass die Produktion solcher Güter nicht
Überarbeitung erfährt. Nur eine neue GAP, die             mit öffentlichen Mitteln subventioniert werden sollte.
Antworten auf die ökologischen und sozialen               Die Landwirtschaft produziert aber auch eine Reihe
Herausforderungen findet, wird Gründe liefern, die        nicht marktbestimmter Güter und Dienstleistungen,
Ländlichen Gebiete mit öffentlichen Geldern zu            für die die Landwirte anders als für z.B. Weizen oder
unterstützen.                                             Rindfleisch keine Vergütung auf dem Markt erhalten
                                                          können. Typische Beispiele dafür sind die
                                                          Regulierung des Wasserhaushalts und die Erhaltung
                                                          der     Bodenfruchtbarkeit.     Diese     Güter     und
                                                          Dienstleistungen, die gemeinhin als ‚öffentliche Güter'
                                                          bezeichnet      werden,       dienen       zwar     der
                                                          Gesamtgesellschaft,      werden     aber     von    den
                                                          Agrarmärkten nicht in ausreichendem Maße erbracht,
                                                          sodass nur öffentliche Intervention ihre Bereitstellung
                                                          sichert. Der WWF unterstützt das Prinzip der
                                                          „Beihilfen für öffentliche Güter", wobei der
                                                          Steuerzahler die von der Gesellschaft benötigten
                                                          Güter und Dienstleistungen mittels gezielter
                                                          Zahlungen an die Landwirtschaft oder durch andere
                                                          Arten direkter Intervention quasi ‚einkauft'. Die
                                                          Bereitstellung öffentlicher Güter sollte das vorrangige
                                                          Ziel einer zukünftigen, reformierten EU-Agrarpolitik
                                                          sein und dürfte beträchtliche Investitionen in den
                                                          ländlichen Gebieten erfordern.

© Paula Solloway / WWF

                                                                                                         10
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                                                         WWF-Vision für das ländliche Europa nach 2013
WWF Vision for Rural Europe after 2013
7.2     Muss es eine “gemeinschaftliche”                   Zahlungen sollten       an   klar   definierte        Ziele
        ländliche Entwicklungspolitik geben?               gekoppelt sein:
                                                           Beihilfen sollten an klar definierter Ziele und
Viele der Herausforderungen, die sich den ländlichen       Vorgaben geknüpft sein, welche die konkreten
Regionen          Europas        stellen,        sind      ökologischen und sozioökonomischen Bedürfnisse
grenzüberschreitender Natur und erfordern zu ihrer         der ländlichen Gebiete widerspiegeln.
Bewältigung einen gemeinsamen Handlungsrahmen.
Die Bewirtschaftung der Wasserressourcen, die              Transparenz der Zahlungen:
Begrenzung des Klimawandels bzw. Anpassung an
den Klimawandel und der Erhalt der biologischen            Die Öffentlichkeit sollte Zugang zu Informationen über
Vielfalt erfordern ein abgestimmtes Vorgehen der           an alle Zahlungsempfänger geleisteten Beihilfen
Mitgliedstaaten zur Erreichung gemeinschaftlicher          haben, um die Transparenz der Verwendung
Ziele und Zielvorgaben. Hieraus lässt sich ableiten,       öffentlicher Mittel zu gewährleisten.
dass ein übergreifender EU-Politikrahmen und ein
zentraler Haushalt erforderlich sind, dessen Mittel
entsprechend des jeweiligen ökologischen und
ländlichen Entwicklungsbedarfs effizient zugewiesen
werden können.

7.3     Prinzipien einer neuen Politik für den
        ländlichen Raum

Zukünftigen Investitionen in ländlichen Gebieten
sollten einige Kernprinzipien zugrunde liegen:

Das Verursacherprinzip:
Alle öffentlichen Beihilfen sollten von einem soliden
ordnungspolitischen      Instrumentarium    und   der
Anwendung des Verursacherprinzips untermauert
sein. Alle Empfänger öffentlicher Beihilfen sollten
nachweisen         können,       dass      sie     die
Grundanforderungen der gemeinschaftlichen und
einzelstaatlichen Rechtsvorschriften z.B. bezüglich
der Nitratrichtlinie und der Wasserrahmenrichtlinie
einhalten.

Öffentliche Gelder für Öffentliche Güter:
Öffentliche Gelder sollten ausschließlich für die
Bereitstellung öffentlicher Güter verwendet werden.
Der Begriff ‚öffentliche Güter' sollte zu diesem Zweck
weit gefasst werden und Folgendes einschließen: die
Regulierung ökologischer Funktionen wie nachhaltige
Wasserbewirtschaftung, Schaffung von CO2-Senken
und       Bodenschutz;      die      Erbringung    von
Umweltleistungen wie der Schutz der biologischen
Vielfalt, Biotopschutz und die Erhaltung wertvoller
historischer Landschaften und Kulturlandschaften; die
Erbringung anderweitiger Leistungen wie öffentlicher
Zugang zu Ländereien aus Freizeitzwecken,
Schaffung von Arbeitsplätzen im ländlichen Bereich
und        Beiträge       zur        sozioökonomischen
Zukunftsfähigkeit ländlicher Regionen.

                                                                                                            11
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                                                                                     WWF-Vision für das ländliche Europa nach 2013
WWF Vision for Rural Europe after 2013
7.4     Die    Gemeinsame     Umwelt-     und                                          eine Vorbedingung für den Erhalt öffentlicher Beihilfen
        ländliche Entwicklungspolitik (GULEP)                                          im Rahmen des GULEP darstellen. Wie es schon
                                                                                       heute der Fall ist, werden sich diese Standards von
Der WWF schlägt den Übergang von einer                                                 einer    Reihe      von     gemeinschaftlichen     und
Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zu einer neuen                                          einzelstaatlichen Rechtsvorschriften sowie von
Gemeinsamen          Umwelt-     und       ländliche                                   relevanten Grundanforderungen zur Erhaltung des
Entwicklungspolitik (GULEP) bis zum Jahr 2020 vor.                                     guten     landwirtschaftlichen   und     ökologischen
Die Kernbestandteile der GULEP sind in Abb. 7.1                                        Zustandes (GLÖZ) ableiten. Sowohl die Liste der
dargestellt und werden unten stehend erläutert:

                                                                                        Beratung
            Beihilfen für öffentliche Güter

                                                  Stufe 2: Gezielte
                                                  Beihilfen einschl.

                                                                                                       Bildung
                                                                                                   +
                                                  besondere Gebiete

                                                                                                                     Bewirtschaftungs-Pläne
                                                  (Umweltverbesserung)

                                                                                                                 +

                                                  Stufe 1: Basisflächenprämie und
                                                  spezifische Förderung ländlicher
                                                  Entwicklung

                                                  (Umweltpflege und -ausgleich)

                                                  Grundlegende Rechtsvorschriften
                                                  (keine Zahlungen)
                                                  (Umweltschutz)

                                              0          Prozentanteil der Landbewirtschafter                        100
                                                              bzw. Zahlungsempfänger

Figure 7.1: Bestandteile einer Gemeinsamen Umwelt- und                                 Rechtsvorschriften der EU als auch die GLÖZ-
ländlichen Entwicklungspolitik                                                         Themen sollten im Hinblick darauf überprüft und
                                                                                       überarbeitet werden, ob sie in angemessener Weise
Grundlegende Rechtsvorschriften:                                                       die wichtigsten Herausforderungen im europäischen
                                                                                       Umweltbereich widerspiegeln. So sollten zum Beispiel
Alle Landbewirtschafter müssen die bestehenden                                         die GLÖZ-Auflagen um den Themenkomplex
gemeinschaftlichen        und         einzelstaatlichen                                „verbesserte     Wasserbewirtschaftung"     ergänzt
Rechtsvorschriften einhalten, die auf ihre Flächen und                                 werden, sodass hieraus Standards abgeleitet werden
Aktivitäten anwendbar sind, egal ob sie öffentliche                                    können, mit denen gegen Probleme wie illegale oder
Beihilfen erhalten oder nicht. Es wird von allen                                       übermäßige      Wasserentnahme       sowie   gegen
Empfängern öffentlicher Beihilfen im Rahmen der                                        Wasserverschmutzung vorgegangen werden kann.
GULEP (siehe Beschreibung zu den beiden Ebenen)
verlangt, dass sie auf der Grundlage des Cross-                                        Letztendlich sollte der GLÖZ eine viel breitere Palette
Compliance-Systems      eine     Reihe     festgelegter                                von Umweltfragen umfassen, als es mit der
Standards einhalten. Solche Standards werden somit                                     derzeitigen,            eher          schmalspurigen

                                                                                                                                              12
Reforming the CAP                                                               Die GAP neu gestalten
                                                        WWF-Vision für das ländliche Europa nach 2013
WWF Vision for Rural Europe after 2013
Schwerpunktsetzung auf das Thema Boden der Fall           Bewirtschaftungssysteme wie der integrierte Landbau
ist. Zahlungsempfänger, die nachweislich die              könnten auf dieser Ebene gefördert werden. Die
entsprechenden Standards nicht eingehalten haben,         Bewirtschaftungsoptionen wären so gestaltet, dass
müssen mit dem Entzug der Beihilfen rechnen und,          sie förderliche Bewirtschaftungspraktiken beibehalten
unter bestimmten Umständen, zur Rückzahlung der           oder deren Einführung anregen und wären von ihren
erhaltenen Mittel verpflichtet sein.                      Umweltambitionen         her       moderat.      Die
                                                          Landbewirtschafter würden im Gegenzug für den
Stufe 1:                                                  Erhalt der Prämien Bewirtschaftungsvereinbarungen
                                                          von 5 bis 10 Jahren Dauer eingehen. Die Programme
Basisflächenprämie für Maßnahmen von                      und Fördersätze wären so angelegt, dass sie zu
öffentlichem   Nutzen    und     spezifische              hoher Beteiligung ermutigen, wobei das Ziel wäre,
Förderung ländlicher Entwicklung                          dass elementare Bewirtschaftungsvereinbarungen auf
                                                          70-80% der Flächen des ländlichen Raumes
Dieser Bestandteil der GULEP würde aus zwei
                                                          (Agrarland und Forstflächen) umgesetzt werden. Die
Hauptelementen       bestehen:       zum      einen
                                                          Zielsetzungen solcher Zahlungen könnten eine breite
Basisflächenprämien       für      Formen       der
                                                          Palette von Themen umfassen, wie Verbesserung der
Landbewirtschaftung, die klar definierte Ergebnisse
                                                          Wasserqualität, Erhaltung biologischer Vielfalt und
von öffentlichem Nutzen erbringen; zum anderen
                                                          Landschaftspflege, Anpassung an / Minderung des
spezifische einmalige Investitionen und finanzielle
                                                          Klimawandel(s), Zugang zur Landschaft und
Unterstützung zur Förderung ländlicher Entwicklung,
                                                          Erholungsmöglichkeiten, um nur einige zu nennen.
d.h. zum Beispiel Zuschüsse zur Förderung der
Unternehmensentwicklung            oder          für
Infrastrukturmaßnahmen.

Beispiel für die Stufe I:
Verbesserte       Wasserbewirtschaftung     durch
Basisflächenprämien
Basisflächenprämien       könnten     verbesserte
Wasserbewirtschaftung folgendermaßen fördern:

•   Einführung von Gewässerrandstreifen (breiter als
    in   den     grundlegenden     Rechtsvorschriften
    gefordert) an Gewässern in Acker- und Grünland
•   Erhalt von Feuchtgebieten und intakten Auen
•   Grabenpflege
•   Nährstoffbilanzierung
•   Wirtschaftsdüngerplan                                 © Denitza Yordanova / WWF
•   Angemessene       Bewirtschaftung    von    stark
    erosionsgefährdeten Flächen
•   Bewirtschaftung von Acker- und Grünlandflächen
    mit geringem Betriebsmittelaufwand (wie z.B.          Stufe 2:
    Düngemittel)
                                                          Gezielte    Förderung     zur    Erzielung
                                                          komplexerer Ergebnisse im Umweltbereich
Landbewirtschafter (Landwirte, Forstbesitzer und
                                                          Dieser Bestandteil der GULEP würde Zahlungen an
andere) kämen somit für jährliche Flächenprämien in
                                                          Landbewirtschafter leisten, die Tätigkeiten ausführen,
Betracht, wenn die Bewirtschaftung ihrer Flächen zur
                                                          welche zur Verbesserung oder Wiederherstellung von
Aufrechterhaltung      öffentlicher    Güter    und
                                                          Umweltgütern und Umweltleistungen führen. Solche
Dienstleistungen beiträgt. Solche Zahlungen könnten
                                                          Tätigkeiten umfassen z.B. die Wiederherstellung von
auf      der     Grundlage         von    modularen
                                                          Biotopen an Orten, wo wichtige Biotope zerstört
Landbewirtschaftungsprogrammen getätigt werden,
                                                          wurden bzw. die Renaturierung, wo Biotope in der
wobei die Bewirtschafter eine Reihe von an die
                                                          Vergangenheit     degradiert      wurden.     Gezielte
lokalen und regionalen Bedingungen angepassten
                                                          Bestandserholungs-                                und
Maßnahmen auswählen und durchführen.
                                                          Wiedereinbürgerungsprogramme könnten auch in
                                                          diesem Rahmen gefördert werden. Weiterhin könnten
Biologischer       Landbau         und        andere
                                                          die Erhaltung landwirtschaftlicher Flächen mit hohem

                                                                                                        13
Reforming the CAP                                                                 Die GAP neu gestalten
                                                          WWF-Vision für das ländliche Europa nach 2013
WWF Vision for Rural Europe after 2013
Naturschutzwert und die aktive Bewirtschaftung von
Natura-2000-Gebieten           und          prioritären
Flussgebietseinheiten auf dieser Ebene gefördert
werden. Die Neuschaffung von Zugangs- und
Nutzungsmöglichkeiten für Erholungszwecke könnte
ebenso in diesem Rahmen unterstützt werden wie
auch verbesserte Ressourcenschutzmaßnahmen, wie
z.B. die Rückumwandlung von Ackerland in Grünland
zum        Schutz      vor     Bodenerosion         und
Wasserverschmutzung und die Begrenzung der
Aufwendungen an Kunstdünger und Hofdünger.
Zahlungen würden auf Flächenbasis (Hektar)
geleistet    (bzw.     pro    Meter    für      lineare
Landschaftsbestandteile).     Es    stünden        auch
                                                            © Bogusław Czerwiński / WWF
Investitionsbeihilfen für einmalige Investitionen zur
Beispiel für Stufe 2:                                       Managementpläne
Verbesserte     Wasserbewirtschaftung    durch              Alle Landbewirtschafter, die öffentliche Beihilfen in
Gewährung gezielter Beihilfen                               Anspruch nehmen wollen, müssten für die Flächen,
Gezielte     Beihilfen   könnten    verbesserte             für die Zahlungen beantragt werden, einen
Wasserbewirtschaftung folgendermaßen fördern:               Managementplan aufstellen bzw. aufstellen lassen.
                                                            Auf der Grundlage einer sozioökonomischen und
•    Rückumwandlung          von     Ackerland     in       ökologischen Bewertung des Betriebes würde dieser
     ungedüngtes Grünland in Zielgebieten, um               Plan entsprechende Karten beinhalten, den Bestand
     kontaminiertes Ablaufwasser zu vermeiden und           an Schutzgütern und Ressourcen darstellen und die
     den Wasserverbrauch zu vermindern                      zur      Erreichung      spezifischer     Umweltziele
•    Maßnahmen          zur      Vermeidung      von        ausgewählten Bewirtschaftungsoptionen detaillieren.
     Bodenerosion           und       kontaminiertem        Das in diesen Plänen enthaltene Informationsniveau
     Ablaufwasser auf intensiv bewirtschafteten             ist abhängig von der Art der beantragten Beihilfen.
     Flächen                                                Verträge zum Erhalt der Basisflächenprämie könnten
•    Grasflächen innerhalb von Äckern zur                   verhältnismäßig einfach gestaltet sein, während
     Vermeidung        von      Bodenerosion     und        Anträge auf Zahlungen der höheren Ebenen
     kontaminiertem Ablaufwasser                            entsprechend mehr Details und detailliertere
•    Saisonale          Nicht-Beweidung          von        Vorgaben enthalten sollten. Pläne, die Anträge auf
     Grünlandflächen                                        gezielte Beihilfen begleiten, müssten detailliert sein
•    Völliger Verzicht auf Düngemittel                      und ihre Aufstellung erfordert vermutlich die Mitarbeit
•    Wiederherstellung und Renaturierung von                von Fachleuten. Für die Aufstellung solcher Pläne
     Feuchtgebieten und Auen                                könnten Fördermittel bereitgestellt werden.

                                                            Beratung und Bildung
Verfügung oder für die Bereitstellung erforderlicher
Infrastruktur wie z.B. Zäune. Die Landbewirtschafter        Landbewirtschafter werden voraussichtlich auf
würden im Gegenzug für den Erhalt der Prämien               Beratung und Bildungsmaßnahmen angewiesen sein,
Bewirtschaftungsvereinbarungen von 5 bis 10 Jahren          um              die           Resultate           ihrer
Dauer eingehen. Im Normalfall sollte der Erhalt der         Bewirtschaftungsvereinbarungen zu maximieren. Im
weiter gehenden, gezielten Förderung von der                Rahmen der GULEP müssten die Mitgliedstaaten zur
Teilnahme am Grundprogramm abhängig gemacht                 Politikunterstützung Beratungs- und Bildungssysteme
werden. Allerdings kann es im Einzelfall auch               einrichten. Es sollte von allen Landbewirtschaftern,
angemessen sein, gezielte Beihilfen völlig separat          die öffentliche Beihilfen beziehen, gefordert werden,
anzubieten.                                                 dass sie wenigstens für einen Tag eine allgemeine
                                                            Bildungsmaßnahme (für die Grundvereinbarungen
                                                            der Ebene 1) und weitere Tage (für gezielte
                                                            Vereinbarungen der Ebene 2) zu Beginn der
                                                            Vertragslaufzeit besuchen.
                                                            Diese     Bildungsmaßnahmen        sollten   kostenfrei
                                                            angeboten werden und es sollten Gelder
                                                            bereitgestellt werden, die die Kosten für eine Aushilfe
                                                            abdecken, sodass die Landwirte an den Maßnahmen

                                                                                                           14
Reforming the CAP                                                                Die GAP neu gestalten
                                                         WWF-Vision für das ländliche Europa nach 2013
WWF Vision for Rural Europe after 2013
teilnehmen können. Es könnten auch Fördermittel für        werden müssen. Ungefähre Richtwerte auf der Basis
die Teilnahme an weiteren Bildungsmaßnahmen zu             der betroffenen Landfläche und der Anzahl der
speziellen Fragestellungen wie z.B. die Erschaffung        Zahlungsempfänger in den Zielgruppen für die
bestimmter Biotope zur Verfügung gestellt werden.          verschiedenen Beihilfen sowie die Art der Zahlungen
Alle               Landbewirtschafter,             die     sind in Abb. 7.2 dargestellt.
Bewirtschaftungsvereinbarungen eingehen, würden
zusätzlich zu Beginn der Vereinbarung einen
kostenlosen Beratungsbesuch auf ihrem Hof erhalten.        7.6        Eine Periode des Übergangs
Weitere Informationen könnten mittels einer Reihe
verschiedener Medien wie z.B. Handbücher,                    Die alte GAP würde nach und nach abgebaut. Die 1.
Prospekte,        Internet     und      telefonischen        Säule würde fortschreitend auslaufen und die neue
Beratungsstellen       von    den      Mitgliedstaaten       GULEP auf der 2. Säule der GAP aufbauend zum
bereitgestellt werden.                                       Leben erweckt. Ein schrittweiser Übergang ist
                                                             erforderlich, um den Landwirten Zeit zur Anpassung
                                                             zu geben und um weitreichende wirtschaftliche
                                                                           Beeinträchtigungen des Agrarsektors zu
                                                                           vermeiden. Auch die Einrichtung der
                                                                           Strukturen     zur     Verwaltung      und
                 7%                                                        Umsetzung der neuen Politik braucht
            3%
                                                                           Zeit. Es ist anzunehmen, dass der
                                             Basic payments + rural        nächste Finanzrahmen sich über die
                                             development
                                                                           Jahre 2014 bis 2020 erstreckt; allerdings
                                             Targeted payments             wird auch spekuliert, dass er in
                                                                           Anknüpfung         an      das       neue
                                    50%                                    Kommissionskollegium     eventuell nur  die
                                             Management planning
                                                                           5 Jahre von 2014 bis 2018 umfassen
      40%
                                                                           wird. Die nächste Finanzperiode sollte
                                             Advice and training           die Hauptübergangsphase der GAP
                                                                           darstellen. Während dieses Zeitraums
                                                                           sollten     signifikante,     progressive
                                                                           Kürzungen an Zahlungen im Rahmen
                                                                           der 1. Säule wie folgt vorgenommen
                                                                           werden:
Abbildung 7.2: Ungefähre Mittelaufschlüsselung des          Jahr       2014   2015    2016     2017    2018        2019
GULEP-Haushaltes nach Bestandteilen
                                                            Kürzung    10 %   20 %    35 %     55 %    75 %        100 %

7.5     Ausgabensaldo                                      Die durch das Auslaufen der 1. Säule eingesparten
                                                           Mittel sollten zur Finanzierung der GULEP eingesetzt
Die derzeitige GAP wird von Ausgaben im                    werden. Allerdings braucht es Zeit, eine neue Politik
Marktbereich und von Direktzahlungen für Landwirte         zu entwickeln, ihre Bestandteile zu etablieren und die
(Einkommensstützung) dominiert, die zusammen               erforderlichen Strukturen zur Verwaltung und
77% der Ausgaben ausmachen. Im Rahmen der                  Umsetzung einzurichten. Der WWF schlägt daher vor,
GULEP gäbe es die Einkommensstützung für                   dass die neue GULEP 2019 in Kraft tritt und dass der
Landwirte nicht mehr und die Gesamtausgaben                Zeitraum von 2014 bis 2018 als Übergangsperiode
würden der Erzielung von Ergebnissen im                    genutzt wird. Innerhalb dieses Zeitraums sollten
Umweltbereich und in der ländlichen Entwicklung            einige vorläufige Maßnahmen in Betracht gezogen
gewidmet. Das Budget der GULEP sollte an                   werden, die den Übergang von der GAP zur GULEP
tatsächlichem ökologischen und sozialen Bedarf             erleichtern können.
ausgerichtet sein. Dieser Bedarf wird voraussichtlich
sehr hoch sein und es ist nicht vorgesehen, dass der       Innerhalb der 1. Säule sollte ein Teil der durch die
Haushalt der GULEP entscheidend geringer ausfallen         Zahlungskürzungen      freigesetzten    Mittel   zur
würde als die derzeitige GAP.                              Finanzierung eines auf einem überarbeiteten Artikel
                                                           68 beruhenden, zwischenzeitlichen Programmes mit
Die genaue Aufteilung des GULEP-Haushaltes auf             5 Jahren Laufzeit genutzt werden, das darauf abzielt,
die verschiedenen Bestandteile wird errechnet              aus ökologischer Sicht wertvolle landwirtschaftliche

                                                                                                              15
Reforming the CAP                                                                           Die GAP neu gestalten
                                                                    WWF-Vision für das ländliche Europa nach 2013
WWF Vision for Rural Europe after 2013
Bewirtschaftungssysteme zu erhalten und Landwirte,
die bereit sind Ländereien als „Ökologische
Ausgleichsflächen“ zu bewirtschaften, entsprechend
zu bezahlen. Empfänger solcher Zahlungen müssten
einen einfachen Bewirtschaftungsplan aufstellen, der
die durchzuführenden Maßnahmen beschreibt. Wenn
die GULEP eingeführt ist, können die Tätigkeiten, für
die im Rahmen dieses Programmes Beihilfen
geleistet   werden,     in     Vereinbarungen      über
Basisflächenprämien überführt werden.
Der Großteil der - durch die Zahlungskürzungen -
freigesetzten Mittel der 1. Säule sollte in den
Schwerpunkt 2 "Verbesserung der Umwelt und der
Landschaft" der 2. Säule überführt werden. Die
ELER-VO sollte zum Jahr 2014 hin überarbeitet und
ein neuer Programmplanungszeitraum 2014-2018                           © Tamara Jesionowska / WWF
vorgesehen werden. Einige Maßnahmen der
Schwerpunkte 1 und 3 wären besser im Rahmen der                        Die für die Vereinbarung und Einführung der GULEP
Kohäsionsfonds zu finanzieren und sollten aus dem                      erforderlichen gesetzgeberischen Anstrengungen
ELER herausgenommen werden. Die verbleibenden                          sollten in dem Zeitraum von 2016 bis 2018 getätigt
Maßnahmen sollten eine stärkere Umweltausrichtung                      werden. Die GULEP könnte 2019 in Kraft treten. Die
bekommen. Die Unterstützung für benachteiligte                         Mitgliedstaaten wären dann gefordert, wie es jetzt
Gebiete sollte in eine gezielte Beihilfe (wie im Kapitel               auch für die 2. Säule der Fall ist, einzelstaatliche
zur GULEP beschrieben) umgewandelt werden. Ein                         Strategiepläne für die GULEP aufzustellen sowie
wesentlicher Anteil der neuen Finanzmittel sollte für                  auch einzelstaatliche Umwelt- und Ländliche
Agrar-, bzw. Forst-Umweltmaßnahmen, Natura 2000                        Entwicklungsprogramme, in denen die Zielsetzungen
und     die   Erfüllung des Wasserrahmenplans,                         dargestellt werden, die Maßnahmen zur Erreichung
vorgesehen werden. Weiterhin sollte ein Teil der Mittel                dieser Ziele sowie klare Zielvorgaben für GULEP.
den Mitgliedstaaten für die Einrichtung verbesserter
Beratungssysteme und zur Entwicklung von                               Die vorgesehene Übergangszeit für die Umstellung
Verfahren zur Bewirtschaftungsplanung zur Verfügung                    von der GAP zur GULEP gibt Landwirten, anderen
stehen.                                                                Landbewirtschaftern sowie den einzelstaatlichen
                                                                       Verwaltungen Zeit, sich den Änderungen anzupassen
                                                                       und es lassen sich so schwerwiegende wirtschaftliche
                                                                       und soziale Beeinträchtigungen vermeiden. Tabelle
                                                                       7.1 zeigt den vorgesehenen Zeitplan für den
                                                                       Übergang von der GAP zur GULEP.

                                  2012        2013       2014      2015        2016       2017       2018    2019    2020    2021
    Kürzung der Zahlungen
    der                          Bestehende              10%        20%        35%        55%        75%     100%
    1. Säule                     Modulation
    Übergangs-Beihilfen                                  Beihilfen für bestimmte Praktiken und Ökologische
    unter Artikel 68                                                      Ausgleichsflächen
                                  Überarbeitung LE
    Überarbeitung des ELER            und LFA1
    Neue ELER- Programm-         Derzeitiges                           Mehr Finanzmittel für
    planung                      Programm                                Schwerpunkt 2
    GULEP Gesetzgebung                                                                     Gesetzgebung
                                                                                            beschlossen

    GULEP Umsetzung                                                                                          GULEP Umsetzung >>>

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    LFA = Less-Favoured Areas - benachteiligte Gebiete

                                                                                                                        16
Sie können auch lesen