Die Heilsarmee und das Gesetz - Von Regeln und Normen, die der Menschlichkeit dienen - AWS
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4/2019 Gemäde: Giovanni di Carlo / Foto: Martin Opladen Zweimonatszeitschrift für Salutisten und Freunde der Heilsarmee Die Heilsarmee und das Gesetz Von Regeln und Normen, die der Menschlichkeit dienen 4–6 Gelebte Inklusion: die Kunstausstellung „Werte leben” 7 Aus dem Leben der Heilsarmee 8–10
EDITORIAL GOOD NEWS E-Print: auf der Zielgeraden Florina German Es ist kompliziert, etwas Einfaches zu entwickeln, das zuverlässig läuft. Diese Erfahrung haben wir mit dem E-Print-Portal gemacht. Verteilmaterial für Ihren Alltag zu erstellen, war viel zu umständlich. Um Ihnen ein benutzerfreundliches Druckportal anzubieten, haben wir es in den vergangenen sechs Monaten mit Hochdruck überarbeitet. Die Lösung heisst Super-Editor (sh. unten). uns, Ihnen mit dem Super-Editor endlich Wenn Sie im E-Print-Portal Ihren Korps- eine neue Lösung präsentieren zu dürfen. rundbrief oder eine Broschüre bearbeiten, Jetzt müssen Sie es nur noch ausprobieren: sollten Sie ihn unbedingt öffnen (siehe eprint.heilsarmee.ch Anleitung unten). Endlich sieht das Bearbei- Ein Begriff − viele Facetten tungsfenster für Ihr Verteilmaterial so aus, Danke für die Impulse! Livia Hofer wie Sie es aus Programmen wie Microsoft Ich möchte an dieser Stelle all jenen von Word oder Publisher kennen. Und man kann Ihnen danken, die uns wertvolle Inputs zur Bilder und Textfelder zuverlässig einfügen Weiterentwicklung gegeben haben. Danke Woran denken Sie, wenn Sie den Begriff und unkompliziert bearbeiten. Zugegeben: auch allen Testpersonen, die uns geholfen „Gesetz” hören? Denken Sie vielleicht an Das hätte schon lange klappen müssen. haben, ein Portal zu entwickeln, das den das Recht, das in unserem Staate gilt? Oder Wir mussten dafür in den vergangenen Heilsarmee-Benutzern und ihren Bedürfnis- geht es vielmehr in Richtung Justiz, die für Monaten eine Extrarunde einlegen. Es freut sen im Alltag dient. Gerechtigkeit zu sorgen hat? Oder kommt Ihnen die legislative Politik in den Sinn, wo die Gesetze erst entstehen? 396 Mal findet man in der Lutherbibel das Wort „Gesetz”, erstaunlicherweise zu annähernd gleichen Teilen im Alten und im Neuen Testament − auch hier also ein wichtiges Thema. Ebenso trachten die beiden Leit- artikel (S. 3) und das Dossier (S. 4−6) in dieser DIALOG-Ausgabe danach, einige der Facetten zu beleuchten. Selbstver- ständlich stets dran gekoppelt, was sie mit der Heilsarmee als Organisation und mit jedem von uns als Christin oder als Christ zu tun haben. Ich wünsche Ihnen eine „gewissenhafte” Lektüre! So erstellen Sie eine Broschüre: 1) Loggen Sie sich auf eprint.heilsarmee.ch ein. 2) Wählen Sie in der Rubrik „Personalisierbar” aus den Drucksachen die Broschüre. 3) Klicken Sie „Personalisieren”, dann „Super-Editor öffnen”. 4) Gestalten Sie Ihre Broschüre mit Ihren Texten und Bildern oder mit Leitbild der Heilsarmee Inhalten aus dem Infohub. 5) Laden Sie Ihre Broschüre als PDF herunter Die Heilsarmee ist eine oder lassen Sie sie professionell drucken („In den Warenkorb”). internationale Bewegung und Teil der weltweiten christlichen Kirche. In einem Video zeigen wir Ihnen Schritt für Schritt, wie Sie eine Broschüre Ihre Botschaft gründet auf der Bibel. erstellen können. Suchen Sie auf info.heilsarmee.ch nach „E-Print”. Ihr Dienst ist motiviert von der Liebe Gottes. Ihr Auftrag ist es, das Evangelium von Jesus Christus zu predigen und in seinem Namen menschliche Not shop.heilsarmee.ch ohne Ansehen der Person zu lindern. 2 DIALOG · Zweimonatszeitschrift der Heilsarmee · August 2019
HA-INFO Gesetze ja − Gesetzlichkeit nein Oberstleutnantin Marianne Meyner, Chefsekretärin B il d : L . G e i s sl e r Für ein gutes Zusammenleben braucht es Gesetze. Gesetzlichkeit hingegen kann leicht in eine diskriminierende Haltung münden. Denn nur die Abkehr von simplen Antworten, die vertiefte Auseinandersetzung und das Aushalten der Spannung offener Fragen lässt uns einander näherkommen. Im christlichen Kontext löst das Wort nen, was richtig oder falsch ist und dadurch der Homosexualität, der Sterbehilfe usw. „Gesetz”, welches schnell auch mit „ge- Andersdenkende einengen oder gar richten, Wo werden biblische Leitlinien komplett setzlich” assoziiert wird, nicht nur positive kann dieser Weg rasch ein „gesetzlicher” verwässert, wo fängt Diskriminierung an? Gefühle aus. Natürlich sehen wir bereits bei werden. In diesem Spannungsfeld stehen wir. den Geboten, die Gott dem Mose überge- ben hat, dass es Gesetze braucht, um ein Die Gefahr der Einseitigkeit Die Spannung aushalten Zusammenleben zu regeln und zu sichern. Es wäre einfach, wenn bei allen Fragen, Einfache Antworten gibt es nicht. Jedoch Das gilt auch heute. In Nationen, wo Geset- die uns heute begegnen, immer sofort hat jeder Christ wie auch die Heilsarmee als ze mit Füssen getreten werden, greift Unge- eine klare göttliche Trennlinie zwischen Organisation die Verantwortung, sich mit rechtigkeit und Unterdrückung rasch um sich. richtig und falsch gezogen werden könnte. diesen Fragen auseinanderzusetzen und Das Leben eines Christen und einer Eine vertiefte Auseinandersetzung zeigt auf, mit betroffenen Menschen das Gespräch glaubensbasierten Organisation wie der dass einseitige und simple Antworten den zu suchen. Heilsarmee richtet sich nicht nur nach den Fragestellungen nicht gerecht werden und Dabei gilt es, die Spannung noch unbe- Rechtsnormen ihres Landes, sondern auch dass dann die Gefahr einer gesetzlichen antworteter Fragen auszuhalten. Das ist nach biblischen Prinzipien aus. Jedoch oder gar diskriminierenden Haltung steigt. nicht leicht, bewahrt uns aber davor, eine ist dieser biblische Weg der Lebens- und Die Herausforderung unserer Zeit ist, gesetzliche, diskriminierende und letztlich Organisationsführung ein dauernder wie wir mit heiklen, auch im christlichen unchristliche Haltung einzunehmen. Ich Lern- und Entwicklungsprozess. Dort, wo Kontext kontrovers diskutierten Fragen um- wünsche Ihnen Mut zum Dialog und Gottes einzelne Akteure immer genau sagen kön- gehen, beispielsweise mit der Ehe für alle, Weisheit. OFFEN GESAGT Der Wert einer Unterschrift Heilssoldaten (ein Versprechen oder eine Erklärung) und es ist mehr wert als jeder rechtliche Vertrag. Ähnlich dem Eheversprechen ist Kommissäre Massimo und Jane Paone, Territorialleiter es eine Zusage zu der Beziehung zwischen dem Heiland und der Person, die das Gelübde unterschreibt. Die meisten juristischen Dokumente Wenn wir am Tag unserer Eheschliessung unsere Unterschrift können nur vom Geschäftsführer geben, dann kennen wir die Konsequenzen dieses Versprechens eines Unternehmens unterzeich- noch nicht genau. Dasselbe gilt für das Gelübde des Heilssoldaten B il d : L . G e is sl e r net werden. Weshalb? Weil die oder des Heilsarmeeoffiziers. Wir geben unser Versprechen im rechtliche Verantwortung bei ihm Glauben. Doch es ist eine ziemlich gute Abmachung – eine gross- oder ihr liegt. Wenn irgendetwas artige gegenseitige Übereinkunft! Wir sagen Ja zu unserem treuen schiefgeht, ist letztlich sie oder er Vater Gott und übergeben ihm unser unperfektes Leben. Er nimmt für das Wohlergehen des Unterneh- unsere Gabe an und vermehrt sie. Jesus Christus, der Sohn, hat am mens verantwortlich. Diese Unterschrift Kreuz bereits das Äusserste gegeben. Er hat seinen Teil des Gelüb- ist wertvoll. Neben rechtlichen Dokumenten unterschreiben wir auch des mit seinem Blut unterschrieben. Wir antworten in Liebe. Sein andere Verträge. Mit der Unterschrift am Ende der Seite geben wir Heiliger Geist drückt dem Versprechen sein Siegel auf. Wir glauben unser Einverständnis zu dem, was im Text steht: Unsere Unterschrift an die Verheissungen, die in seinem Wort stehen. Er glaubt an uns. zeigt, dass wir bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Wir dürfen jeden Tag im Wissen leben, dass dieses Bündnis lebendig und fröhlich ist und persönlich unterschrieben wurde. Mehr als ein Vertrag: ein Bund „Ja, jeder kann sehen, dass ihr selbst ein Brief von Christus seid, In der Heilsarmee gibt es ein Dokument, in dem einige Versprechen den wir in seinem Auftrag geschrieben haben; nicht mit Tinte, stehen. Bevor jemand dieses Dokument öffentlich unterschreibt, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes; nicht auf steiner- reflektiert die betreffende Person den Inhalt sorgfältig und in einer ne Gesetzestafeln wie bei Mose, sondern in menschliche Herzen” Haltung des Gebets. Das Dokument nennt sich das Gelübde des (2. Korinther 3,3). DIALOG · Zweimonatszeitschrift der Heilsarmee · August 2019 3
DOSSIER: DIE HEILSARMEE UND DAS GESETZ Das rechtliche Fundament der Heilsarmee Bild: Salvation Army IHQ Interview: Elsbeth Cachelin Welche rechtlichen Schritte sind nötig, In Madagaskar zum Beispiel, einem fran- wenn die Heilsarmee (HA) ihre Arbeit in zösischsprachigen Land, stellten wir fest, einem neuen Land aufnimmt? Auskunft dass die Heilsarmee bereits registriert war. gibt Oberstleutnant Patrick Booth. In Als das IHQ die Ergänzungen der Verfas- seinen Funktionen als Assistent des sung abgeschlossen hatte, kam die Frage Verfassungs- und Rechtsberaters des auf: Welches Territorium soll die Arbeit auf Generals und als Verantwortlicher für dieser Insel nun überwachen? Aufgrund Rechtsfragen am IHQ hat er Interes- der Sprache und Rechtskultur vielleicht santes aus in vielen Ländern der Welt Frankreich? Oder einer der beiden Kongos zu berichten. oder Mosambik als Nachbarland? Oder Oberstleutnant Patrick Booth, heute Chefsekretär Südafrika oder Simbabwe, beides Länder, in der Heilsarmee Frankreich, war 2012/13 Assistent Welche Vorbereitungen werden denen die Heilsarmee über gute Strukturen des Verfassungs- und Rechtsberaters von Genera- getroffen, bevor die HA ihre Arbeit verfügt? Am Ende erklärte sich Simbabwe lin Linda Bond und von 2013 bis 2018 Verantwort- in einem neuen Land aufnimmt? bereit, diese Aufgabe zu übernehmen. licher für Rechtsfragen am IHQ. Oberstleutnant Patrick Booth: Die Ar- beit kann erst mit der Entscheidung eines Welche rechtlichen TC aufgenommen werden, der seinerseits Schritte sind nötig? Ort zweifelte an der Machbarkeit dieses vor den ersten Erkundungen ein schrift- Unser Ziel ist, dass die Heilsarmee ihre Vorhabens. Doch ich war überzeugt, dass liches Einverständnis vom IHQ benötigt. Arbeit auf einem soliden rechtlichen Fun- dies nach meinem Verständnis des lokalen Sobald hinreichende Grundlagen für eine dament aufnehmen kann. Wenn ein Antrag Gesetzes möglich sein sollte. Und schliess- dauerhafte Präsenz in einem bestimmten auf Registrierung eintrifft, suchen wir als lich siegte meine Beharrlichkeit! Land gegeben sind, kann der TC beim IHQ erstes einen guten lokalen Rechtsberater, die Bildung einer rechtlich anerkannten Kir- der sich rasch über die Struktur und die Welche Herausforderungen gibt es in chenverfassung beantragen. Erst nachdem Ziele der Heilsarmee orientieren kann und Ländern wie Russland oder China? diese registriert wurde, wird der General ein gutes Verständnis dafür mitbringt. Zu- Ich würde sagen, es herrscht Pragmatis- die Arbeit der HA im neuen Land offiziell dem sollte er Interesse für die Heilsarmee mus. Wir machen einen Schritt nach dem eröffnen. Manchmal war ich aber damit zeigen. Anschliessend stellt das Territorium anderen und hoffen, dass die Heilsarmee konfrontiert, dass lokale Salutisten in einem die Verfassung in einem wechselseitigen am Ende als eine Organisation anerkannt neuen Land ohne die Zustimmung des IHQ Dialog zwischen dem lokalen Rechtsberater wird, die für die lokale Bevölkerung wertvoll eine HA-Verfassung registriert hatten. In und dem Rechtssekretär am IHQ fertig. Ist ist. So wie zum Beispiel in China, wo die einem solchen Fall muss das IHQ den dyna- eine Einigung erzielt, wird die Verfassung Registrierung zwar noch nicht ganz befriedi- mischen Salutisten hinterherrennen und die vom General genehmigt und von der Lan- gend ist, wir aber mit der vollen Zustimmung nötigen Veränderungen an der Verfassung desregierung registriert. der lokalen Behörden arbeiten. Die Schwie- vornehmen, um eine tragfähige Registrie- rigkeit liegt oft in der Führungsstruktur der rung zu gewährleisten. Theoretisch hätte Gibt es auch Beispiele für Misserfolge? Heilsarmee: Die Autorität kommt von oben. der General das Recht, die Bearbeitung Ich arbeite seit vier Jahren an der Gründung Einige Länder stören sich daran, dass es in einer solchen Eintragung zu verweigern und eines HA-Unternehmens in Kambodscha, einer Organisation, die unter ihrem Recht die Beendigung der Arbeit an diesem Stand- dem es erlaubt ist, Land zu besitzen. Der arbeitet, eine ausländische Instanz ist, die ort zu verlangen. Doch in der Praxis ist dies Erfolg blieb bisher leider aus. Die Regierung das letzte Wort hat − wie es bei unserem schwierig umzusetzen. Deshalb müssen wir fand immer wieder einen guten Grund, um General der Fall ist. die Dinge meist in Ordnung bringen, um den einen Antrag abzulehnen. Doch der Fall ist guten Ruf der Heilsarmee zu wahren. noch nicht abgeschlossen. Noch gibt es Welche Rolle spielt Ihr Glaube Hoffnung, dass wir irgendwann eine recht- bei dieser Arbeit? Wie gestaltet sich die Anfangsphase liche Struktur finden, mit der wir das Ziel der Ich bin überzeugt, dass ich mein Wissen, der Heilsarmee in einem Land? Heilsarmee erreichen können. mein Können und meine Lernfähigkeit Der Prozess wird meistens von einem einsetzen muss, um meine Aufgaben zu angrenzenden Territorium geleitet. Doch Ein Beispiel für ein Happy End? erfüllen. Mir ist ein gewisses Potenzial ge- wenn in den beiden Ländern nicht dieselbe Die Heilsarmee wurde in Moldawien end- geben, das ich nutzen kann, um die an mich Sprache gesprochen wird, können Schwie- lich als Kirche anerkannt. Das war bisher gestellten Ansprüche zu erfüllen. Würde ich rigkeiten in der Kommunikation auftreten. nicht der Fall, und der Rechtsberater vor anders handeln, wäre ich Gott nicht treu. 4 DIALOG · Zweimonatszeitschrift der Heilsarmee · August 2019
„Es sind unsere Brüder und Schwestern, die wir ausgrenzen“ Sébastien Goetschmann Aufgrund ihrer Praxiserfahrung wird Hilfeschrei, ist eine Art, sich auszudrücken.” sie vom drückenden Joch der Sklaverei und die Heilsarmee manchmal aufgefor- Kommerzielle Werbeaktionen auf der Stras- gebt ihnen ihre Freiheit wieder! Schafft dert, zu politischen Fragen Stellung zu se seien erlaubt, aber um Hilfe zu bitten, jede Art von Unterdrückung ab! Teilt euer nehmen. So auch am 1. November 2018, sei unwürdig, kritisiert Rubli. „Das Ziel Brot mit den Hungrigen, nehmt Obdachlose als der Kanton Waadt das Gesetz zum besteht eindeutig darin, diese Menschen, bei euch auf, und wenn ihr einem begegnet, Bettelverbot in Kraft setzte. Die Heils- die uns stören, verschwinden zu lassen und der in Lumpen herumläuft, gebt ihm Kleider! armee lehnt die Initiative seit ihrer Lan- das Elend zu verbergen, um nicht dagegen Helft, wo ihr könnt, und verschliesst eure cierung im Waadtländer Grossen Rat ankämpfen zu müssen.” Augen nicht vor den Nöten eurer Mitmen- entschieden ab. Für den Rechtsanwalt ist das Argument schen! (...) Beseitigt jede Art von Unterdrü- des Schutzes gegen Bettlernetze nicht ckung! Hört auf, verächtlich mit dem Finger „Schon in der Anfangszeit bezog die Heils- stichhaltig: „Untersuchungen haben gezeigt, auf andere zu zeigen, macht Schluss mit armee Arc Lémanique offiziell Stellung dass keine solchen Netze existieren, weder aller Verleumdung!” gegen die 2016 lancierte Initiative”, sagt in Lausanne noch im restlichen Kanton Majorin Christine Staïesse, Offizierin am Waadt.” Für Xavier Rubli beeinträchtigt das Radikale Inklusion Standort Lausanne. „Und als dann natürli- Bettelverbot auch die übrige Bevölkerung, „Wenn wir auf Ablehnung stossen, müssen che Personen erst vor dem Bundesgericht da diejenigen Bürger, die gerne Almosen wir die sozialen Ungerechtigkeiten und die und aktuell vor dem Europäischen Gerichts- geben, nun keine Gelegenheit mehr dazu Marginalisierung anprangern”, so Christine hof für Menschenrechte Berufung einlegten, hätten. Staïesse weiter. Eine Gesellschaft, die das positionierte sich die Heilsarmee als Unter- Betteln verbiete, würde die Armen unter stützerin dieser Personen.” „Teilt das Brot mit den Hungrigen” dem Vorwand ausschliessen, dass sie Anlässlich der Demonstration gegen das die öffentliche Ordnung stören. „Es sind Wer geben will, soll geben können Bettelverbot vom 1. November 2018 in Lau- Männer und Frauen, unsere Brüder und Am 29. März 2019 legte ein Kollektiv, be- sanne sagte Majorin Staïesse: „Der Gott, Schwestern, Väter und Mütter von Familien, stehend aus Schweizer und Roma-Bettlern den ich liebe und dem ich diene, fordert die wir so noch mehr ausgrenzen”, gibt die und einigen Prominenten, darunter Alt- mich auf, zu den Ärmsten und Schwächsten Heilsarmee-Offizierin zu bedenken. Ständerat Luc Recordon, Berufung gegen zu stehen, denn für sie brennt und um sie Statt solchermassen auszugrenzen, soll- das Bettelverbot vor dem Europäischen Ge- weint sein Herz. Er bittet uns alle, uns für te vielmehr radikale Inklusion praktiziert richtshof für Menschenrechte ein. „Dieses sie einzusetzen.” werden: „Jeder ist in unseren Städten will- Verbot verletzt die persönliche Freiheit, die Die Majorin zitierte Jesaja 58,6–10: kommen, unabhängig von seiner sozialen Meinungsfreiheit und die Glaubensfreiheit”, „Nein – ein Fasten, das mir gefällt, sieht Stellung, seiner Kultur und seiner Herkunft. hält Xavier Rubli, Anwalt der Kläger, fest. anders aus: Löst die Fesseln der Menschen, Lasst uns bedingungslose Gastfreund- „Am Boden zu sitzen und zu betteln ist ein die man zu Unrecht gefangen hält, befreit schaft üben!” Bild: Skitterfoto/pexels.com Nicht marginalisieren, sondern Gastfreundschaft üben, fordert die Heilsarmee. DIALOG · Zweimonatszeitschrift der Heilsarmee · August 2019 5
DOSSIER: DIE HEILSARMEE UND DAS GESETZ Eine überlegte und überzeugende christliche Stimme Bild: Daniel Keller/pixabay.com Die Redaktion Am 20. Mai haben christliche Verbände Ziel der Vereinsmitglieder ist, auch Aktuel- und Organisationen, darunter die Heils- les der politischen Agenda aufzunehmen, armee, den Verein Christian Public etwa Themen wie Waffenexporte, Ehe Affairs gegründet. Damit wollen sie für alle, Zivildienst oder Wohnen. Zu den ihren Interessen in Bundesbern mehr Gründungsmitgliedern gehören die Heil- Gehör verschaffen. sarmee, die Schweizerische Evangelische Allianz (SEA), Freikirchen Schweiz, ERF Der neue Verein Christian Public Affairs will Christian Public Affairs (CPA) will den Ge- Medien, Hilfe für Mensch und Kirche so- christlichen Anliegen in Bundesbern mehr Gehör setzgebungsprozess auf der Basis christ- wie ethik22 Institut für Sozialethik. Drei verschaffen. licher Werte konstruktiv mitprägen. Der weitere Institutionen prüfen einen Beitritt. Verein versteht sein Engagement als Dienst Der Verein wird geleitet von Christine Volet meiner Funktion Gott und den Menschen zu an der Gesellschaft. Die Vereinsmitglieder (Heilsarmee, Präsidentin) und Marc Jost dienen, indem ich zu verschiedenen Anlie- wollen ihre soziale und politische Verant- (SEA, Vizepräsident) und hat zwei Mit- gen unsere Überlegungen, Erfahrungen und wortung wahrnehmen und sich prominent arbeiter mit Teilpensen mandatiert: Paul Standpunkte bekannt mache.“ für folgende Themen einsetzen: Mori (Sonderbotschafter Heilsarmee) und Es biete sich die Gelegenheit, den Michael Mutzner (Mediensprecher Réseau Themen der politischen Agenda zu folgen, • Soziale Gerechtigkeit évangélique suisse). frühzeitig Stellung zu beziehen und sich • Bewahrung der Schöpfung proaktiv in den Gesetzgebungsprozess • Bildung, Kultur, Wissenschaft Gott und den Menschen dienen einzubringen. Seine Lobbyarbeit bestehe • Religions- und Gewissenfreiheit Paul Mori, Sonderbotschafter der Heilsar- darin, so Mori, die Positionen des CPA zu • Würde des Menschen in Politik / Wirt- mee, koordiniert die Arbeit und vertritt die erklären und den Politikern die Expertise schaft / Gesundheit / Sozialwesen Interessen der Heilsarmee und auch des der Vereinsmitglieder bei gewissen The- • Massnahmen zur Bewertung soziale neuen Vereins auf dem politischen Parkett. men anzubieten. „Mit dem Verein soll eine und technischer Entwicklungen „Für mich ist es motivierend und ermutigend, überlegte und überzeugende Stimme der • Entwicklungszusammenarbeit / huma- mit Vertretern aller Parteien das Gespräch Christen für die politische Debatte zur Ver- nitäre Hilfe zu suchen“, so Mori. „Mein Ziel ist es, in fügung stehen.“ Welches rechtliche Gebilde ist eigentlich die Heilsarmee? Personen, die der Hilfe, des Beistandes oder der Unterstützung bedürfen.” Die genaue André Chatelain, Student der Rechtswissenschaft Entstehungsgeschichte der Heilsarmee als heutige Stiftung ist komplizier, und nur zu CHE-109.029.743. Dies ist keine Vereine oder Aktiengesellschaften – und gerne verschone ich Sie damit. Hingegen Bankverbindung, auch keine Sozial- Anstalten. Letzteres tönt bedrohlicher, gilt es zu erwähnen, dass die Heilsarmee versicherungsnummer. Unter dieser als es in Wirklichkeit ist. Im Zentrum ei- eine operative Stiftung ist, da sie auch Nummer findet sich im Schweizer Han- ner Anstalt steht ein Vermögen für einen selbst Projekte umsetzt und nicht bloss delsregister die Heilsarmee Schweiz. bestimmten Zweck. Vorherrschendes finanzielle Hilfe an Dritte anbietet. Die Heilsarmee, ein Unternehmen? Im Beispiel sind Stiftungen. Zum Beispiel die juristischen Sinne ja. Heilsarmee. Das Wichtigste in Kürze Zusammengefasst lässt sich festhalten: Die Heilsarmee als Stiftung ist eine juristi- Eine operative Stiftung Die Heilsarmee ist eine juristische Person, sche Person. Im Gegensatz zu natürlichen Im Handelsregister steht bei der Heilsar- genauer eine Anstalt, strukturiert als Stif- Personen, also Individuen wie Sie und ich, mee darüber Folgendes: „Die Stiftung tung. Als solche stellt sie eine „klassische, werden juristische Personen nicht geboren, verfolgt den Zweck, die religiösen, sozialen gewöhnliche” Stiftung dar: eingetragen im sondern gebildet. Dafür ist der Eintrag ins und philanthropischen Bestrebungen der Handelsregister und unter staatlicher Auf- Handelsregister nötig. Es gibt mehrere Internationalen Heilsarmee in der Schweiz sicht. Da die Heilsarmee selbst auch Projek- „Sorten” von juristischen Personen. Verein- zu verwirklichen. Sie dient ohne jegliche te umsetzt, ist sie operativ tätig. Eigentlich facht gesagt: Es gibt Körperschaften – wie Diskriminierung dem Wohl aller derjenigen ganz einfach. 6 DIALOG · Zweimonatszeitschrift der Heilsarmee · August 2019
PANORAMA Für Auge, Ohr und Herz Livia Hofer Bild: Alexander Egger Bild: Alexander Egger Künstlerin Sonja Rueff bei der Entgegennahme ihres Preises. Daniel Röthlisberger skizziert die Entstehungsgeschichte der Ausstellung. Im Juli zeigte die Heilsarmee im ehemaligen Berner Tramde- der Jury zuvor in anonymisierter Form gewählt worden. Unter dem pot am Burgernziel die Kunstausstellung „Werte leben”. Applaus der Vernissagegäste konnte Daniel Röthlisberger, Leiter Abteilung Sozialwerk, den Gewinnern ihre Preise überreichen: Die Heilsarmee steht für viele Dinge und nicht zuletzt auch für Kunst. Maurice Vaucher für „Würde” und „Hoffnung”, Andreas Zbinden Derweil die Präsentation von Kunstwerken ein Novum ist, stellt für „Freiheit”, Sonja Rueff für „Nächstenliebe”, Giovanni Di Carlo Musik einen Grundpfeiler dar. So war die Vernissage der Kunstaus- für „Gerechtigkeit” (s. Titelseite dieser DIALOG-Ausgabe) und Alain stellung „Werte leben“ auch mit akustischen Juwelen gespickt: Klarer für „Verantwortung” und „Versöhnung”. Der Gemischte Chor des Korps Bern unter dem Dirigat von Michel Sterckx, mit Armand Cachelin am Piano, setzte überwältigende Kunst geniessen und kreativ sein musikalische Akzente. Überwältigend auch „die Vielfalt, der Für die Ausstellung der rund 70 Werke wurden innerhalb der Ideenreichtum und das künstlerische Können“ der ausgestellten riesigen Loft des ehemaligen Tramdepots am Burgernziel offene Kunstwerke, so Oberstleutnantin Marianne Meyner (CEO) in ihrer Räume geschaffen und die Kunstwerke um den entsprechenden Eröffnungsrede. Die Kunstschaffenden waren nicht etwa Profis, christlichen Wert gruppiert. Sitzgelegenheiten der Brocki.ch luden sondern Mitglieder, Mitarbeitende, Freiwillige und Klienten der zum Verweilen an. Die Kunstwerke, unter ihnen auch Kinderzeich- Heilsarmee in der Schweiz. nungen, trafen durch ihre Authentizität oft mitten ins Herz. Für die ganze Dauer der Ausstellung wurden öffentliche Kreativ-Ateliers Sieben Werte, sieben Werke, sieben Künstler angeboten. So konnte, wer wollte, nicht nur Kunst konsumieren, Alle waren eingeladen worden, einen der sieben christlichen Werte sondern auch selber kreativ werden. künstlerisch darzustellen, auf welchen die Arbeit der Heilsarmee gründet: Würde, Hoffnung, Freiheit, Nächstenliebe, Gerechtigkeit, Eine Fülle weiterer Informationen und Fotos finden Sie Verantwortung und Versöhnung. Mit Spannung wurde die Bekannt- auf info.heilsarmee.ch, wenn Sie beim Suchfeld „The- gabe der sieben Gewinner erwartet, denn die Werke waren von ma” den Begriff „Kunstausstellung 2019” eingeben. Bild: Alexander Egger Bild: Martin Opladen Der Gemischte Chor des Korps Bern setzte starke musikalische Akzente. Ideal für Kreativ-Ateliers: die offene Weite und Helligkeit des Raums. DIALOG · Zweimonatszeitschrift der Heilsarmee · August 2019 7
PANORAMA 100 Jahre und ein fröhliches Sommerfest Livia Hofer Bei tropischen Temperaturen in voral- Wochenende, in den Schulferien oder an Bilder: Livia Hofer piner Landschaft feiert das Heilsarmee Feiertagen zu arbeiten – in dieser abgele- Entlastungsheim Sunnemätteli ein genen Gegend ohne öV”, erinnert sich Ma- Jahrhundert seines Bestehens. jorin Zimmermann. „Zudem war das Haus feuerpolizeilich bedenklich und überhaupt 100 Jahre Sunnemätteli, 25 Jahre Entlas- nicht behindertengerecht: Wir mussten die tungsheim und 10 Jahre Neubau – es sind Kinder jeweils ins obere Stockwerk tragen.” gleich drei Gründe, warum das Heim am 2006 fällt der Entscheid zugunsten der Er- Gute Luft, voralpines Klima und ein weitläufiges letzten Juniwochenende Jung und Alt zu richtung eines Neubaus: „Der Abbruch war Gelände mit einem Spielplatz. einem Fest einlädt. Die grosse Wiese auf mit vielen Emotionen verbunden”, blickt die dem Heimgelände bietet Kindern eine Fülle Majorin zurück. 2009 können die neuen von Attraktionen: den Abenteuerspielplatz, Räume bezogen werden, und seither ist der eine Hüpfburg, Kinderschminken und vie- helle, moderne, komplett rollstuhlgängige les weitere mehr. Im kühlen Festpavillon Neubau von grosser Hilfe bei der Arbeit. spielen am Samstag Bruno Hächler und an beiden Tagen die Gospelcountry online zu Flexible Lösungen sind gefragt stimmigen Konzerten auf. Nach dem Got- Wenn Kinder mit geistiger oder Mehrfach- tesdienst vom Sonntag verköstigen sich behinderung im Rahmen ihrer Familie auf- die zahlreichen Gäste an vielen Ständen wachsen, bedeutet das für die Eltern und Die gute Atmosphäre ist nicht zuletzt das mit Salaten, Hamburgern, Bratwürsten, Geschwister einen enormen Einsatz. Damit Verdienst von Heimleiter Andreas Girsperger. Sandwiches oder Kuchen. Zuvor aber bringt sich die Angehörigen auch mal erholen kön- der offizielle Festakt viel Spannendes und nen, bietet das Sunnemätteli teilstationäre, Berührendes aus der Geschichte und dem notfallmässige und manchmal auch länger- Betrieb des Entlastungsheims zutage. fristige Entlastungsplätze. „Frou Zimmerma, i ma nümm!”, hiess es so manches Mal am Durchhilfe und Bewahrung Telefon, wenn eine entkräftete Mutter Kurz nach dem Ersten Weltkrieg – man anrief und bat: „Kann ich mein Kind schon schreibt das Jahr 1919 – beginnt die Heils- heute ins Sunnemätteli bringen?” Nur dank armee, Waisenkinder aus Deutschland und der grossen Flexibilität der Mitarbeitenden Der Neubau ist hell, modern und komplett Frankreich aufzunehmen. Spontan stellt ist eine solche Hilfe möglich. rollstuhlgängig. der Bäretswiler Fabrikant C. E. Spörri dafür ein Bauernhaus und dahinter ein kleines Spielen und mitgestalten Fabrikgebäude zur Verfügung. Diese zwei Der Kontakt und die Zusammenarbeit mit Liegenschaften bilden bis 1994 ein Heim den Eltern ist ein wesentlicher Bestandteil für normalbegabte Kinder, die nicht in der Arbeit im Sunnemätteli. Zurzeit benut- ihrer Familie leben können. Anfang der zen jährlich über 100 Kinder das Entlas- 1990er-Jahre ist das Heim aber nicht mehr tungsheim. Hier herrscht eine Atmosphäre genug ausgelastet. Gleichzeitig meldet eine der Geborgenheit. Die Kinder können das Elterngruppe Bedarf nach Entlastungsplät- Freizeitprogramm mitgestalten. Dazu gehö- zen für ihre Kinder mit körperlichen und kog- ren Ausflüge und Erholung in der Natur, der Majorin Erika Zimmermann hat das Entlastungs- heim Sunnemätteli zwölf Jahre geleitet. nitiven Beeinträchtigungen an. Eine erste Kontakt zu Tieren, christliche Rituale, Krea- Wohngruppe entsteht 1994 im hinteren tivität sowie Spiele auf dem weitläufi- Haus, 1999 kommen weitere acht Plätze im gen Areal. Das Heim liegt abgelegen auf vorderen Teil dazu. 800 m ü. M. inmitten von Hügeln, Wäldern Majorin Erika Zimmermann ist von 1993 und Wiesen. Die gute Luft und das voralpine bis 2010 im Sunnemätteli tätig, davon die Klima tragen zum Wohlbefinden der Kinder letzten zwölf Jahre als Heimleiterin. Sie bei. Die gute Atmosphäre ist nicht zuletzt das lobt Gott für seine grosse Treue, Durchhilfe Verdienst von Heimleiter Andreas Girsperger. und Bewahrung in jener Zeit: „Es war nicht Das freudestrahlende Personal übergibt ih- einfach, sehr flexibles und gut qualifizier- rem Chef am Fest einen tellergrossen Biber Kreativität, Spiele und eine Atmosphäre der tes Personal zu finden, das bereit war, am mit der Aufschrift: „Danke lieber Andi!” Geborgenheit. 8 DIALOG · Zweimonatszeitschrift der Heilsarmee · August 2019
Wien: neues Angebot für psyschisch kranke Wohnungslose Mag. Karolina Oldakowska Seit Jahren steigt der Anteil psychisch Bild: Karolina Oldakowska (v.l.) Major Gerhard Erkrankter in der Wiener Wohnungs- Wyss (Regionalleiter losenhilfe. Für Betroffene eine enor- Heilsarmee Österreich), me Belastung, für Mitarbeitende eine DSA Anita Bauer Herausforderung. Es braucht individu- (Geschäftsführerin elle Rückzugsmöglichkeiten. Die Heils- des Fonds Soziales armee schafft durch das neue Angebot Wien), Doktorin Pfarrerin Intensiv Betreutes Wohnen (inBEWO) Maria Katharina Moser Abhilfe: mit Inklusion, Mitbestimmung (Direktorin der Diakonie) und dem Tagestreff „Wintergarten”. und Uschi Lichtenegger (Bezirksvorsteherin Eine Evaluierung der Wiener Wohnungs- der Leopoldstadt) losenhilfe aus dem Jahr 2012 ergab, dass 39 bei der Eröffnung Prozent aller befragten Klienten aktuell von des „Wintergartens”. psychischen und seelischen Beschwerden betroffen sind. Weitere 30 Prozent gaben dass sie Menschen, die auf besonders gebot für einen Teil unserer Bewohnenden an, von einer Suchtthematik, die ebenfalls intensive Betreuung angewiesen sind, so nicht mehr ausreicht. Grund dafür waren den psychiatrischen Erkrankungen zugeord- einen Ort im Stuwerviertel anbietet!“, so und sind sehr oft psychische Beeinträchti- net ist, belastet zu sein. Bezirksvorsteherin Uschi Lichtenegger am gungen. Hier greift das neue Angebot des Der Verband der Wiener Wohnungs- Eröffnungsfest. inBEWO sehr gut.“ losenhilfe nimmt eine Steigerung der psy- Eine wichtige Besonderheit des inBEWO chisch Erkrankten in der Praxisarbeit wahr. Nah bei den Nöten der Menschen stellt der grosszügige zeitliche Rahmen Auch die Heilsarmee, seit Jahrzehnten Die gesellschaftliche Relevanz des Themas der Betreuung dar: Psychisch Erkrankte mit der Arbeit mit psychisch Erkrankten in spiegelt sich auch in der Gästezahl: Über 80 brauchen Zeit, um wieder auf die eigenen Wien vertraut, berichtet von einer Zunahme Personen nahmen an der Eröffnungsfeier Beine zu kommen. Zeit, um ihre Erkrankung an jungen Menschen, die wohnungslos und des „Wintergartens” teil und zeigten Inte- wahrzunehmen, um sie zu akzeptieren. Zeit, psychisch krank sind. Dese Kombination resse am innovativen Konzept. Auch Pfar- um eine Behandlung zu beginnen. Zeit, um bedeutet für Betroffene enormen Stress rerin Maria Katharina Moser, Direktorin der soziale Kontakte zu knüpfen. Denn das Le- und hat negative Auswirkung auf den ge- Diakonie, freut sich über das neue Angebot: ben auf der Strasse und eine psychische sundheitlichen Zustand. „Die Heilsarmee ist Teil der Diakonie und Erkrankung beenden die meisten sozialen bietet seit vielen Jahren Unterstützung für Kontakte. In vielen Fällen ist diese Situation Heilsarmee in Wien schaut hin Betroffene und Angehörige. Sie ist dort, von Armut geprägt – eine gesellschaftliche „Wohnungs- oder obdachlos zu sein ist eine wo die Nöte und Bedürfnisse der Men- Teilhabe wird so unmöglich. Betroffene grosse Belastung für die Betroffenen. Für schen sind.“ berichten, dass ihnen vor allem Wohnraum Menschen, die zusätzlich noch mit einer und damit verbunden Privatsphäre sowie psychischen Erkrankung zu kämpfen haben, Viel Zeit für die Betreuung Rückzugsmöglichkeiten fehlen, um ihre sind geschützte Orte ganz essenziell für die Major Gerhard Wyss, Geschäftsführer der psychische Situation zu verbessern. eigene Stabilisierung und Stärkung. Mit Heilsarmee Österreich, nennt die Gründe Diese Muster will das inBEWO durch- dem neuen Angebot leistet die Heilsarmee für die Entstehung des „Wintergartens”: brechen, indem es Wohnraum und einen Österreich einen wichtigen Beitrag für die „In der Arbeit des Betreuten Wohnens geschützten Rückzugsort anbietet – den Betreuung psychisch kranker wohnungslo- wurde seit Längerem klar, dass unser An- Tagestreff „Wintergarten“. ser Menschen. Mit der Förderung des Fonds Soziales Wien wird das Angebot für Betrof- Was bietet der „Wintergarten”? fene ausgebaut“, fasst die Geschäftsfüh- Der Tagestreff „Wintergarten” ist ein geschützter Rückzugsort, an welchem rerin des Fonds Soziales Wien, DSA Anita sich die Bewohnenden frei von Konsumzwang treffen und Angebote gestal- Bauer, das Projekt zusammen. ten können. Mitsprache und Mitbestimmung bietet das Treffen auch: Ideen Wie wichtig das Thema psychische Ge- werden aufgegriffen und umgesetzt, sei es bei Ausflügen, der Einrichtung sundheit für Wien ist, zeigt die Unterstüt- des Tagestreffs oder der Freizeitgestaltung. Viele Initiativen kommen von zung für das Angebot: „Ein Wintergarten den Bewohnenden und werden durch die Betreuenden unterstützt. Ziel ist ist ein Ort der Geborgenheit und des Da- die gesellschaftliche Inklusion. Aber einfach auch ein Ort, an dem man Platz nimmt und mit Menschen in einem Raum ist, ohne Zwang zur Kommunikation. heimseins. Ich danke der Heilsarmee dafür, DIALOG · Zweimonatszeitschrift der Heilsarmee · August 2019 9
PANORAMA „Der Wandel muss in den Herzen der Christen geschehen!“ Interview: Sébastien Goetschmann Im Herbst dieses Jahres findet in der Westschweiz die Evangelisationskampagne The Turning (Der Wandel) statt. Die Heilsarmee ist stark in diese kirchenübergreifende Aktion involviert. Majorin Sylvette Huguenin, Divisionschefin Division Romande und Mitglied des Organisationskomitees, beantwortet unsere Fragen. Was ist neu bei The Turning und warum Tag werden wir nach einer kurzen Unterwei- Bild: Sébastien Goetschmann engagiert sich die Heilsarmee darin? sung gruppenweise in den Strassen der Majorin Sylvette Huguenin: Das ist eine Westschweiz unserem Auftrag nachgehen: legitime Frage. Der Wandel muss in den Wir sprechen mit den Menschen, beten und Herzen der Christen geschehen. Es handelt verkünden die frohe Botschaft − je nachdem, sich um keine neue Methode, sondern um was jedem Einzelnen am Herzen liegt. An- Christen, die gemeinsam das Herz Gottes dere können auf ihre Kollegen oder Freunde suchen, um eine neue Liebe zu Gott und zu zugehen, da, wo sie gerade sind. ihrem Nächsten zu empfangen. Eine Liebe, die Kraft und Mut gibt, sich den Menschen Wie soll es danach weitergehen? zu nähern und ihnen von dieser unendlichen Die Idee ist ja nicht, dass nach der Kam- Liebe zu erzählen. Ich freue mich, dass sich pagne alles zu Ende ist. Sofern sie damit praktisch alle Heilsarmeekorps in der West- einverstanden sind, wollen wir den Kontakt schweiz daran beteiligen. zu diesen Personen aufrechterhalten, indem wir ihnen zum Beispiel vorschlagen, mal zu- An wen richtet sich diese Aktion? sammen einen Kaffee zu trinken. So können An uns alle. Sie ist nicht nur für Fachmän- wir Beziehungen aufbauen, bevor wir zu ner und -frauen oder Evangelisten gedacht, Aktivitäten der Kirche einladen. Ich glaube, sondern für Salutisten und Christen jeden The Turning ist mehr als eine Evangelisati- Alters. Alle sind eingeladen, die Liebe Jesu onskampagne. Es ist eine andere Art, unse- weiterzugeben. Man muss sich nicht fähig ren Auftrag zu leben. Es ist ein langfristiges fühlen, um teilzunehmen, man muss nur den Jüngerschaftsprojekt. Heiligen Geist aufnehmen und ihn in sich wirken lassen. Es ist wichtig, dass wir uns Was erwarten Sie von der Kampagne? schon heute in unseren Herzen und im Gebet Überrascht zu sein, wenn Männer, Frauen auf diese Kampagne vorbereiten. und junge Menschen auf uns warten und bereit sind, sich Jesus zu öffnen. Salutisten Majorin Sylvette Huguenin spricht am Auffahrts- Wie werden die zwei Evangelisations- ermutigt zu sehen, weil sie in der Lage wa- kongress der Division Romande über die Evangeli- wochen ablaufen? ren, die Liebe Gottes auf eine neue Weise sationskampagne The Turning. Jede Aktion beginnt mit einer Abendveran- zu teilen und Früchte zu sehen. Wir möchten staltung. Es geht nicht darum, Menschen gemeinsam stärkere Jünger sein, die aus- einzuladen, sondern sich geistig auf den gerüstet sind, die Liebe Gottes in unseren GRATULATIONEN nächsten Tag vorzubereiten. Wir treffen Städten und Dörfern zu verkünden und allen, uns, um eine überfliessende Liebe zu jenen denen wir begegnen, davon zu erzählen. Wir 90 Jahre Menschen zu empfangen, denen wir am fol- erwarten Resultate, weil wir glauben, dass 10.8. Oberstleutnantin Yvette Urwyler, genden Tag begegnen werden. Am nächsten die Ernte reif ist. Chantevent EMS, Sur l’Arcie 7, 2027 Fresens Agenda 75 Jahre 20. September, 20 Uhr: Gebets- 12.8. Major Paul Schaffner, Allmendeggen- nacht im CET in Tavannes und in strasse 12, 3638 Blumenstein der Kirche Lazare in Bussigny 15.9. Major Werner Schwendener, 12.–19. Oktober: Evangelisations- Müller-Friedbergstrasse 5, 9630 Wattwil woche in der Region Nord 19.–26. Oktober: Evangelisations- Goldene Hochzeit woche in der Region Süd 16.8. Majore Samuel & Christianne Winkler, Infos: theturning.ch rue de Vigner 10, 2072 St-Blaise 10 DIALOG · Zweimonatszeitschrift der Heilsarmee · August 2019
NOTABENE SAVE THE DATES RUHESTAND RUHESTAND Go forward: Weihegottesdienst und Majorin Aux-Kapitäne Aussendungsfeier, 30. Mai 2020 Hedwig Brenner Ernst und Christa Benz Abschiedsversammlung Kommissäre Marianne Meyner, Oberstleutnantin, CS Die Redaktion (Bearbeitung) Massimo & Jane Paone: 21. Juni 2020 Nach 32 Dienstjahren Christa Leuenberger als Heilsarmee-Of- wurde 1954 geboren, FAMILIENCHRONIK KORR. fizierin tritt Majorin wuchs im Thurgau Hedy Brenner am auf und besuchte Soldateneinreihung 31. August 2019 in das Lehrerseminar Aargau Süd: Caroline Schaad, Christine Bild: z V g den wohlverdienten Bild: z V g in Kreuzlingen. Ernst Guarisco, Francesco Guarisco Ruhestand. Am 19. April Benz kam 1955 zur Welt 1955 in Kreuzlingen geboren, wuchs sie in und verbrachte seine Kindheit in Mühledorf, Abschluss biblischer Unterricht einer christlichen Familie auf und besuchte Wettingen, Zürich, Dietikon, Dietlikon, Frau- Adelboden: Lydia Germann, Noé Wäfler, regelmässig die Chrischona-Gemeinde. enfeld und Bussnang. Dann trat er ins Leh- Alline Inniger, Nino Josi Nach der Ausbildung zur Musikalienhänd- rerseminar in Kreuzlingen ein, wo er Christa lerin folgte ein Studium an der Bibelschule kennen und lieben lernte. St. Chrischona. Einige Jahre später, als die Familie in Biel TODESFÄLLE Der Wunsch, Gott und den Menschen zu wohnte, wo Ernst das Technikum besuchte, dienen, wurde immer stärker. So bewarb schauten sich Ernst und Christa nach einer Samuel Röthlisberger-Bossert, der sie sich 1980 im Schlössli Basel, dem Heils- Sonntagsschule für ihre Tochter Marianne Vater von Daniel Röthlisberger (Abteilungs- armee-Wohnen für junge Frauen, 1982 bis um. Weil in der Heilsarmee der Gottesdienst leiter Sozialwerk), ist am 23. Mai 2019 im 1984 arbeitete sie im Frauenwohnheim in 15 Minuten später anfing als in den anderen Alter von 81 Jahren heimgegangen. Wien. Am 3. Oktober 1982 wurde Hedy Kirchen, versuchten sie es dort. Sie wurden Brenner in Wien als Salutistin eingereiht. so herzlich empfangen, dass sie blieben, und Frédy Michel Simonin, der Vater von Einige Wochen später erhielt sie durch die kurz nacheinander bekehrten sie sich. Majorin Agnès Wahli-Simonin, verstarb im Berufungsgeschichte von Abraham den Ruf Dank einer Erbschaft konnten Christa Juni in seinem 75. Lebensjahr. für den Vollzeitdienst. Sie legte ihr Leben und Ernst, als sie beide 50 Jahre alt waren, bewusst in Gottes Hand und trat am 6. Au- sechs Monate unbezahlten Urlaub nehmen. Majorin Madeleine Ryser wurde am gust 1984 mit der Session „Die Verkünder Gott führte sie nach Hamburg in ein Missi- 24. Juni in ihrem 101. Lebensjahr von ihrem des Evangeliums” in die Offiziersschule in onsteam, und aus einem Praktikum wurden Herrn und Heiland heimgerufen. Bern ein. es fünf Jahre. Gottes Timing war perfekt, Nach der Aussendung begann 1986 ihr denn nach dem Auszug ihrer Kinder Marian- Den Trauerfamilien entbieten wir unser Dienst in den Korps Thusis, Zürich 1 und ne und Michael hatten sie sich gewünscht, herzlichstes Beileid. Winterthur. Eine neue Herausforderung er- gemeinsam einen Dienst zu versehen. 2010 wartete die Kapitänin am 1. Juli 1992, als kehrten sie in die Schweiz zurück, wurden sie ihr Weg in die Redaktion am Hauptquar- zu Auxiliarkapitänen ernannt und leiteten TERMINE tier führte. Sie absolvierte die Ausbildung sechs Jahre lang das Korps Rheineck. Dann zur Sozialarbeiterin und arbeitete ab 2000 wurden sie ins Korps Frutigen versetzt: Kommissäre Massimo und Jane Paone zwölf Jahre im Sozialwerk, das sie zwei Christa Vollzeit und Ernst in Teilzeit mit Territorialleiter Jahre lang auch leitete. Als letzter Marsch- einem zusätzlichen Pensum in der Buchhal- 21.−23.8. Besuch HA Spanien & Portugal befehl wurde Hedy Brenner die Leitung des tung am HQ. (Partner in Mission) | 4.9. Auswärtige Gefängnisdienstes anvertraut. Seit ihrer Pensionierung am 30. Juni und DIR-Sitzung im Korps Zürich-Oberland | Mit viel Elan, unermüdlichem Einsatz und noch bis September bereisen Christa und 12.9. Stiftungsratssitzung, THQ Bern | 6.10. Einfühlungsvermögen − vor allem für Men- Ernst mit ihrem Wohnmobil Weissrussland Gottesdienst HA Luzern schen am Rande der Gesellschaft − führte und die baltischen Staaten. Ab Oktober Hedy Brenner ihre verschiedenen Aufgaben werden sie in Teilzeit im Korps Frutigland Oberstleutnantin Marianne Meyner aus und hinterlässt viele Segensspuren. Die weiterarbeiten und auch viel Zeit mit ihren Chefsekretärin Heilsarmee-Leitung dankt der Majorin ganz Grosskindern Alina und Iven verbringen. 25.8. Gottesdienst Korps La Broye | 4.9. Aus- herzlich für ihren treuen und wertvollen Die Heilsarmee-Direktion bedankt sich wärtige DIR-Sitzung im Korps Zürich-Ober- Einsatz und befiehlt sie der Liebe Gottes an. herzlich für den wertvollen Dienst und land | 12.9. Stiftungsratssitzung, THQ Bern | Der Herr segne sie reichlich und schenke wünscht den Auxiliärkapitänen viele geseg- 29.9. Gottesdienst Korps St. Aubin ihr viel Freude und Erfüllung im Ruhestand. nete Jahre und spannende Tätigkeiten. DIALOG · Zweimonatszeitschrift der Heilsarmee · August 2019 11
DAS LETZTE WORT 3001 Bern AZB IMPRESSUM Zweimonatszeitschrift für Salutisten und Freunde der Heilsarmee Verlag und Redaktion: Territoriales Hauptquartier | Heilsarmee Schweiz, Österreich & Ungarn | Laupenstrasse 5, Postfach | CH-3001 Bern | Telefon 031 388 05 02 | redaktion@heilsarmee.ch Adressänderungen bitte an diese Adresse! Redaktionsteam: Sergeant Philipp Steiner (Leiter Marketing & Kommunikation), Florina German (Leiterin Kommunikation), Livia Hofer, Sébastien Goetschmann; redaktionelle Mitarbeit: Claire-Lise Bitter | Übersetzung: Christine Eckert | Layout: L. Geissler | Druck: rubmedia AG, Wabern/Bern DIALOG MIT GOTT Gründer der Heilsarmee: William Booth | General: Brian Peddle | Territorialleiter: Kommissär Massimo Paone Rodeo in Calgary Abonnement: DIALOG CHF 23 (Inland), CHF 32.50 (Ausland) Sein Hut drehte sich Am Zaumzeug seines Pferdes fest, Und flog davon; Lange genug, Sein Reittier trat nach ihm Um zu gewinnen. Wie von Sinnen. Der Kerl klammerte sich Schenk mir die Gnade, An den Sattel Dass auch ich, Mit all seiner Kraft. Wenn es mich schüttelt, Bis zu seinem Gleitflug Die Zähne zusammenbeisse In den Staub, Und den Widrigkeiten entgegenstehe, „Wie sehr liebe ich dein Gesetz; Gerade als der Gong erklang. Lange genug, den ganzen Tag denke ich Entschlossen blieb er Um zu gewinnen! darüber nach!” Im Sattel. Psalm 119,97 Und er hielt sich General John Gowans (†) 12 DIALOG · Zweimonatszeitschrift der Heilsarmee · August 2019
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