Die Kraft des Ensembles - Swiss Historic Hotels

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Die Kraft des Ensembles - Swiss Historic Hotels
Themenheft von Hochparterre, März 2018

                Die Kraft
                des Ensembles
                Der Umbau des ‹ Hirschen › in Oberstammheim macht die Bau- und
                die Familiengeschichte des Gastbetriebs im Zürcher Weinland sichtbar.
                Architektur, Denkmalschutz und neue Nutzungen bedingen sich.

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Die Kraft des Ensembles - Swiss Historic Hotels
Wer in einem der drei historischen Zimmer im
             ‹ Hirschen › nächtigt, macht auch eine Reise in die
             Hochblüte des Zürcher Bürgertums.

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Die Kraft des Ensembles - Swiss Historic Hotels
Editorial

                                                                                                                  Erhalten, pflegen,
                                                                                                                  weiterentwickeln
                                                                                                                  Die Europäische Union hat 2018 zum Jahr des Kulturerbes
                                                                                                                  ausgerufen. Kulturerbe nehmen wir von klein auf oft un-
                                                                                                                  bewusst etwa über Traditionen, Kunst, Gebäude, Land-
             Inhalt                                                                                               schaften, Musik, Essen oder Handwerk auf. Es muss al-
                                                                                                                  lerdings aktiv erhalten, gepflegt und weiterentwickelt
               4 Häuser liebhaben                                                                                 werden, denn oft wird es erst wahrgenommen, wenn es für
             		Der Gasthof prägt das Ensemble, doch was tun mit den fünf weiteren                                immer verschwunden ist. Der Umbau des ‹ Hirschen ›-En-
                Gebäuden ? Bauherr und Architekt entschieden sich fürs Weiterbauen.                               sembles in Oberstammheim im Kanton Zürich, dem dieses
                                                                                                                  Heft gewidmet ist, zeigt den beispielhaften Umgang mit ei-
              10 Altes Geld und neuer Geist                                                                       nem privaten Baukulturerbe. Die sechs denkmalgeschütz-
             		Denkmalpflege und Ortsbildschutz können sich auch finanziell                                      ten Gebäude, die das historische Ensemble bilden und die
                lohnen. Die unternehmerische Erneuerung eines Ensembles.                                          nationale Bedeutung im Schweizer Ortsbildschutzinven-
                                                                                                                  tar ISOS geniessen, wurden über mehr als 300 Jahre erhal-
              14 « Es brauchte vor dem Umbau                                                                     ten, gepflegt und nun in einen zeitgemässen Gastbetrieb
                  ein Gesamtkonzept »                                                                             weiterentwickelt. Das Haupthaus, ein prächtiger Riegel-
             		 Warum kann es sich lohnen, ein Haus unter Schutz zu stellen ?                                     bau, wurde 1684 von Johannes Wehrli-Etzwiler erbaut. Nun
             		 Ein Gespräch mit vier Experten.                                                                   haben seine Nachkommen das seit der Erstellung um fünf
                                                                                                                  Bauten gewachsene Ensemble um- und ausgebaut.
              18 Eine Haus- und Familiengeschichte                                                                     Nicht Neubau war ihr Thema, sondern sanftes Weiter-
             		Die Familie Wehrli hat Stammheim als Amtmänner, Richter,                                          bauen. Das Resultat: Der Umbau und die Sanierung zei-
                Landschreiber, Vögte und Müller geprägt.                                                          gen beispielhaft das Zusammenspiel von Architektur und
                                                                                                                  Denkmalpflege, orchestriert mit wirtschaftlichem Gespür
             20 « Da, wos git »                                                                                   und auch Mut zur Lücke. Das vorliegende Themenheft be-
             		Der Grundsatz, mit Produzenten aus der Nähe zusammenzuarbeiten,                                   leuchtet das ‹ Hirschen ›-Ensemble aus unterschiedlichen
                bestimmt das Angebot von Wirt Mirco Schumacher.                                                   Perspektiven: Im Gespräch diskutieren Experten die Rolle
                                                                                                                  historischer Ensembles im Hinterland des Kantons und
             26 ‹ Hirschen › und Menschen                                                                         betonen die Wichtigkeit eines Gesamtkonzepts vor Bau-
             		Was den Gemeindepräsidenten, die Gastgeber, einen Stammgast                                       beginn. Der Text ‹ Häuser liebhaben › erzählt entlang der
                und den Theaterleiter mit dem Gastbetrieb verbindet.                                              drei grossen Prämissen der Bauherrschaft – kein fixes
                                                                                                                  Raumprogramm, kein maximaler Ausbau, kein Neubau –
                                                                                                                  die Geschichte des Umbaus nach. Der Text ‹ Altes Geld
                                                                                                                  und neuer Geist › erklärt, wie und warum sich Denkmal-
                                                                                                                  pflege und Ortsbildschutz auch finanziell lohnen können.
                                                                                                                  Der historische Text zum Ensemble zeigt, wie nah Famili-
                                                                                                                  en- und Baugeschichte zusammenkommen. Und schliess-
                                                                                                                  lich erzählt der Text ‹ Da, wos git › vom ‹ Hirschen › als Haus,
                                                                                                                  in dem Gastfreundschaft grossgeschrieben wird. Fotogra-
                                                                                                                  fiert hat das Ensemble und seine Innen- und Aussenräume
                                                                                                                  die Zürcher Fotografin Désirée Good. Roderick Hönig

             Impressum
             Verlag Hochparterre AG Adressen Ausstellungsstrasse 25, CH-8005 Zürich, Telefon 044 444 28 88, www.hochparterre.ch, verlag@hochparterre.ch, redaktion@hochparterre.ch
             Verleger und Chefredaktor Köbi Gantenbein Verlagsleiterin Susanne von Arx Konzept und Redaktion Roderick Hönig Fotografie Désirée Good, www.desireegood.ch,
             und Marion Nitsch, www.nitsch.ch Art Direction Antje Reineck Layout Barbara Schrag Produktion Daniel Bernet, René Hornung Korrektorat Elisabeth Sele, Dominik Süess
             Lithografie Team media, Gurtnellen Druck Somedia Production, Chur
             Herausgeber Hochparterre in Zusammenarbeit mit der Familie Fritz Wehrli-Schindler
             Bestellen shop.hochparterre.ch, Fr. 15.—, € 10.—

                                                           Themenheft von Hochparterre, März 2018 — Die Kraft des Ensembles — Inhalt                                                 3

02-03_TH_Hirschen_Inhalt_Edi.indd 3                                                                                                                                                  12.02.18 09:33
Die Kraft des Ensembles - Swiss Historic Hotels
Das ‹ Hirschen ›-Ensemble
                                                                                                                                       aus der Luft. Foto: Raini Sicher

          Häuser liebhaben
           Der Gasthof ist die Perle des Ensembles, doch dazu gehören                                   An einen Neubau haben sie keinen Gedanken verloren.
           fünf weitere Gebäude. Was tun mit ihnen ? Was nicht ?                                        Vielleicht wäre er aus betrieblichen Gründen besser ge-
           Bauherr und Architekt entschieden sich fürs Weiterbauen.                                     wesen, vielleicht hätte er weniger gekostet als alle Um-
                                                                                                        bauten zusammen. Aber warum neu, wenn genug Häuser
           Text:                      Es ist die Geschichte zweier Häuser-Liebhaber, die sich           dastehen, mit denen man etwas anzufangen wusste ? Nicht
           Ivo Bösch                  gefunden haben. Max Dell’Ava hatte sich nach seinem               einmal einen Anbau brauchte das Ensemble, trotz Ver-
                                      Architekturstudium 1990 fast nur mit Umbauten beschäf-            doppelung des geheizten Volumens.
                                      tigt, seit 1997 in Partnerschaft mit Pierre-Yves Rünzi unter          Erst nachdem der Architekt die Häuser genau unter-
                                      dem Namen d / a / x Atelier für Architektur. Und Bauherr          sucht hatte, wurde es konkret. Die Ausbauten sind ein
                                      Fritz Wehrli, der in den 1980er-Jahren mit dem Architek­          Resultat aus Bedürfnissen des Gastbetriebs, finanziellen
                                      ten Pierre Zoelly die Mühle Tiefenbrunnen in Zürich um-           Möglichkeiten, baulichen Vorgaben und der Liebhaberei
                                      gebaut hatte und aktives Mitglied bei Domus Antiqua Hel-          des Besitzers. Wieso sonst einen neuen Pferdestall für
                                      vetica ist, der Vereinigung der Eigentümer historischer           Gäste oder die ‹ Hirschenbühne › auf einem Heuboden ein-
                                      Wohnbauten, übergab seine Unternehmen den Söhnen                  richten ? Am Ende greift ein Rad ins andere. So ist etwa
                                      und fand damit Zeit, « reinen Tisch » zu machen, wie er           der neue Kulturraum sowohl ‹ Hirschenbühne › als auch
                                      sagt, um das ‹ Hirschen ›-Ensemble in einem akzeptablen           Bankettraum. Der neue Raum im ehemaligen Stall war zu
                                      Zustand der nächsten Generation zu übergeben. Wäh-                Beginn der Planung fürs Frühstück gedacht, heute dient
                                      rend zweier Jahre trafen sich die zwei mindestens einmal          er auch als Foyer und sogar als Seminarraum. Die Nutzun-
                                      pro Woche in Oberstammheim. Der Unterhalt, das gibt               gen befruchten sich gegenseitig – ein unternehmerischer
                                      der Eigentümer gerne zu, war etwas « hinter der Zeit ». Er        Trick, der zum baulichen Bestand passt.
                                      musste handeln. Einen Architekturwettbewerb wollte er
                                      nicht durchführen. Lieber sollte der Architekt ein Gesel-              Frei lassen war die zweite gute Tat
                                      lenstück fertigen. Die Familie Wehrli beauftragte ihn, eine            Nicht jeder Raum, nicht jedes freie Volumen muss
                                      kleine, private Sommerküche in einem ehemaligen Stall-            ausgebaut sein. Das ist ein Fehler, der häufig während
                                      anbau einzurichten. Dell’Ava legte sich so ins Zeug, dass         der Renovation von historischen Häusern begangen wird.
                                      die Familie damit mehr als zufrieden war. Nun durfte sich         In Oberstammheim liess man die Trotte Trotte sein. Um
                                      der Architekt dem ganzen Ensemble widmen.                         dieses Haus, so die erklärte Absicht von Fritz Wehrli, soll
                                                                                                        sich die nächste Generation kümmern. Gut so, denn man
                                           Räume sind, wie sie waren                                    weiss nicht, was der ‹ Hirschen › in Zukunft noch benötigen
                                          Am Anfang gab es kein Raumprogramm – das war die              wird. Nebenbei trägt der Originalzustand zur besonde-
                                      grosse Chance und die erste gute Tat. Denn zu viele his-          ren Atmosphäre rundum bei: echte Patina statt zu Tode
                                      torische Gebäude wurden in den letzten Jahrzehnten zer-           renovierte Fassaden. Auch die Scheune und der Stall sind
                                      stört, weil ungeeignete oder zu grosse Nutzungen darin            nur teilweise ausgebaut, was aber nicht heisst, dass die
                                      Platz finden mussten. Bauherr Wehrli war dagegen bereit,          unbeheizten Räume nicht als Lager genutzt werden. Es
                                      sich auf seine sechs Gebäude in Stammheim einzulassen.            ist einfach aufgeräumter als früher. Alle gefundenen und
                                      Und plötzlich bekam er Freiheiten statt Sachzwänge. Es            nicht mehr gebrauchten Bauteile, wie alte Türen, sind säu-
                                      war zwar klar, dass man den Gasthof irgendwie erweitern           berlich sortiert. Auch wenn klar ist, dass ein Totalausbau
                                      wollte, doch war zum Beispiel die Anzahl der Gästezimmer          der riesigen Scheune die finanziellen Möglichkeiten ge-
                                      nicht vorgegeben. Auch Architekt Dell’Ava entwarf eisern          sprengt hätte, entschied sich Wehrli bewusst und aus lang-
                                      nach dem Grundsatz « nur, was die Häuser hergeben ».              fristigen Überlegungen, nicht alles auszubauen.           →

           4                                     Themenheft von Hochparterre, März 2018 — Die Kraft des Ensembles — Häuser liebhaben

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Die Kraft des Ensembles - Swiss Historic Hotels
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                                                                                                                       4

                                                                                                                                     5
                                                                                                                                                                             Situation
                                                                                                                                                                             A Haus Wyttenbach
                                                                                                                                                                             B Scheune
                                                                                                                                                                             C ‹ Hirschen ›
                                                                                                                                                                             D Haus Graf
                                                                                                                                                                             E Trotte
                                                                                                                                                                             F Stall
                                                                                                                                                                             G ehemaliges Amtshaus
                                                                                                                                                                  6          H Landschreiberei

                                                                                                                                                                             Renovation ‹ Hirschen ›-
                                                                                                                                                                             Ensemble, 2017
                                                                                                                                                                             Steigstrasse 4,
                                                                                                                                                                             Oberstammheim ZH
                                                                                                                                                                             Bauherrschaft:
                                                                                                                                                                             Fritz Wehrli, Zürich
                                                                                                                                                                             Architektur / Bauleitung:
                                                                                                                                                                             d / a / x Atelier für
                                                                                                                                                                             Architektur, Zürich
                                                                                                                                                                             Auftragsart: Direktauftrag
                                                                                                                                                                             Bauingenieure: Kifa,
                                                                                                                                                                             Aadorf ; SJB Kempter Fitze,
             Situationsplan und Grundriss 1. Obergeschoss.                                                                                                                   Frauenfeld
                                                                                                                                                                             Elektroingenieure:
                                                                                                                                                                             Elektro Stammertal,
                                                                                                                                                                             Oberstammheim
                                                                                                                                                                             HLK und Sanitär: Novus
                                                                                                                                                                             Engineering, Frauenfeld
                                             7
                                                                                                                                                                             Bauphysik und Akustik:
                                                             1                                                                                                               BWS, Winterthur
                                                                                                                                                                             Beratung Baumeister­
                                                         8                                                                                                                   arbeiten: Walter Messmer,
                                      1                                                                                                                                      Wilen bei Neunforn
                                                     9
                                                                                                                                                                             Baukosten: Fr. 5 Mio.

                                                                 10         11                                                                                               1 neue Gästezimmer
                                                                                                                                                                             2 Personalgarderobe
                                                                                 11
                                                                                                                                                                             3 historische
                                                                                      11
                                                                                                                                                                                 Gäste­zimmer
                                                                                           12
                                                                                                           se

                                                                            11                                                            15
                                                                                                                                                                             4 Wehrlistube
                                                                                                         as

                                                                                                                                                                             5 Bibliothek
                                                                                                      str

                                                                                 11
                                                                                                     eig

                                                                                      13                                                            16                       6 Hirschenbühne
                                                                                                    St

                                                                                                                                                                             7 Seminarraum
                                                                                                                           14                                                8 Küche
                                                                                                                                                                             9 Wyttenbachstube
                                                                                                                                               17                            10 Wäscherei
                      Ha
                           up                                                                                                                                                11 Pferdeboxen
                                tst
                                      ras                                                                                                                                    12 Heizung
                                            se
                                                                                                                                                                             13 Pelletlager
                                                                                                                                                                             14 Gaststube
                                                                                                                                                                             15 Hirschenstube
                                                                                                                                                                             16 Jägerstübli
                                                                                                                                                                             17 Küche
                                                                                                                                                             18
                                                                                                                                                                             18 Frühstücksraum,
                                                                                                                                                                                 Foyer, Seminar-
                                                                                                                                                                                 oder Bankettraum

                                                                                                           Nu
                                                                                                                ssb
                                                                        g

                                                                                                                      om
                                                                       rwe

                                                                                                                           me
                                                                                                                                rw
                                                                      rne

                                                                                                                                     eg
                                                                  Ho

             Situationsplan und Grundriss Erdgeschoss.
                                                                                                                                                         0            5   10 m

                                                                                  Themenheft von Hochparterre, März 2018 — Die Kraft des Ensembles — Häuser liebhaben                                                  5

04-09_TH_Hirschen_Renovation.indd 5                                                                                                                                                                                    12.02.18 09:33
Die Kraft des Ensembles - Swiss Historic Hotels
Drei neue Hotelzimmer liegen im Obergeschoss
               des Hauses Wyttenbach. Das Flechtwerk
               im gemeinsamen Treppenhaus stammt aus der
               Bauzeit des Hauses ( 1557 ).

           6                                          Themenheft von Hochparterre, März 2018 — Die Kraft des Ensembles — Häuser liebhaben

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Die Kraft des Ensembles - Swiss Historic Hotels
Vom Heuboden zur ‹ Hirschenbühne ›: Eine neue Glasfassade hinter der Riegelkonstruktion macht den Theater-
                             und Bankettsaal winterfest, unbehandelte Grobspanplatten an Wand und Decke sorgen für gute Akustik.

             → Die dritte gute Tat war das Weiterbauen. Die Kon­trast­                 Die Strategie hat in den sechs Gebäuden zu unterschied-
             architektur der letzten Jahre ist passé. Die Architektin­                 lichen Lösungen geführt. Es macht eben doch einen gros­
             nen und Architekten von heute haben erkannt, dass man                     sen Unterschied, ob man im historischen Gasthaus Hir-
             nicht jedes neue Bauteil in einem historischen Haus so-                   schen eine neue Gastroküche einbauen und um jeden
             fort erkennen muss. Die an sich löbliche Absicht, das Alte                Zentimeter kämpfen muss, oder ob man im baufälligen
             zu schützen, indem man das Neue davon absetzt und es                      Haus Wyttenbach – einem einfachen Bauernhaus – ein
             nicht billig imitiert, hat in der Vergangenheit leider auch               Quasi-Hotel einrichtet, das alle Brandschutzvorschriften
             zu absurden Entwürfen geführt. Weiterbauen heisst aber                    erfüllt und gleichzeitig die aussergewöhnliche Flechtwerk-
             gleichzeitig nicht, das Neue zu verstecken. Es ist nur nicht              wand zeigt. Oder ob man im Stall die Holzkonstruktion
             mehr so offensichtlich zu erkennen. Zugunsten eines ge-                   flicken muss oder ein Täfer demontiert, die Wand isoliert
             samtheitlichen Raumeindrucks ist Weiterbauen selbstver-                   und es wieder montiert, wie im Haus Wyttenbach.
             ständlicher geworden. Im ehemaligen Pferdestall traute
             man sich, eine Wand mit kleinen Backsteinen aufzumau-                          Pragmatisch und Verzicht auf die grosse Geste
             ern. Sie sieht auf den ersten Blick aus, als stamme sie aus                    Wer sich also auf die verschiedenen Häuser einlässt
             dem 19. Jahrhundert. Wer genau hinschaut, merkt aber,                     und an ihnen weiterbauen will, landet bei einer – im posi-
             dass sie neu gebaut ist. Architekt Dell’Ava suchte eher das               tiven Sinn gemeinten – pragmatischen Architektur. Wir
             Ergänzende als das Gegensätzliche.                                        sehen keine grosse architektonische Geste. Kein über-
                                                                                       geordnetes Gestaltungskonzept behandelt den ausgebau-
                  Ein stimmiger Flickenteppich                                         ten Stall gleich wie die Scheune. Das ist kein Ort für Archi-
                  Etwas anders war das Vorgehen bei Bauteilen, die es                  tekturtouristen. Umso interessanter ist es zu entdecken,
             vor den Umbauten nicht gab. Da suchte das Team – alle                     warum nun dieses oder jenes Bauteil so aussieht, wie es
             Entscheidungen seien zusammen mit der Bauherrschaft                       aussieht. Denn jedes hat eine eigene Geschichte.
             entwickelt und gefällt worden, beteuert der Architekt –                        Bleibt die Frage nach dem Ensemble. Gestalterisch
             nach einem neuen Zugang. Die komplette Verkleidung der                    haben das Haus Wyttenbach, die Scheune, der ‹ Hirschen ›,
             ‹ Hirschenbühne › besteht aus sichtbaren Grobspanplatten,                 die Trotte, das Haus Graf und der Stall wenig gemeinsam.
             industriellen Bauplatten. Ein konventioneller Schreiner-                  Sie stammen aus verschiedenen Zeiten, haben verschie-
             ausbau wäre vielleicht naheliegender gewesen. Doch sie                    dene Funktionen und sind auch verschieden oder gar nicht
             entschieden sich für einen neuen Weg. Oder es finden                      renoviert. Auch der Aussenraum versucht erst gar nicht,
             sich gemalte Dreiecksmuster auf dem neu gegossenen Ze-                    alles zu verbinden: hier ein einfacher Kiesplatz als Park-
             mentbelag im ehemaligen Stall. Sie sind ein Beispiel einer                platz vor der Scheune, dort ein Bauerngarten ; vorne so
             kostengünstigen Veredelung einfacher Materialien, wie                     etwas wie ein Dorfplatz, hinten die Stimmung eines Obst-
             wir sie heute im ganzen Ensemble finden. Einfach heisst                   gartens. Auf den ersten Blick ist auch nicht zu erkennen,
             nicht immer billig. Der Architekt mag Massivholz, und die                 was zusammengehört, muss es aber auch nicht. Betrieb-
             Eichentüren und -fenster lassen einen staunen. Und die                    lich bilden die Häuser ein Ensemble. Im Zentrum steht der
             Fenster ! Wir haben es mit zwei selbst erklärten Fensterfa-               Gast, und alle Häuser tragen dazu bei, dass er sich wohl
             natikern zu tun, die keinen Aufwand gescheut haben.                       fühlt. Es herrscht dörfliche Atmosphäre.           ●

                                                       Themenheft von Hochparterre, März 2018 — Die Kraft des Ensembles — Häuser liebhaben             7

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Die Kraft des Ensembles - Swiss Historic Hotels
Nur die neuen Fenster deuten den Ausbau an:
             Hinter der Ziegel-Stirnfassade des Stalls aus dem Jahr
             1760 liegt ein neuer Foyer- und Frühstücksraum
             im Erdgeschoss, der ehemalige Heuboden darü­ber
             ist Bankettsaal und Bühne geworden.

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Die Kraft des Ensembles - Swiss Historic Hotels
Themenheft von Hochparterre, März 2018 — Die Kraft des Ensembles — Häuser liebhaben   9

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                                                                                                       3                                        5

           1 Haus Wyttenbach              2 Scheune ( 1685 )            3 Trotte mit Schmitte     4 ‹ Hirschen › ( 1684 )     5 Haus Graf ( 1777 )           6 Stall ( 1760 )
           ( 1557 )                       – Einbau Wäscherei           ( 1686 )                  – Fassadenrenovation       –T
                                                                                                                                eilrenovation Holzfassade   – Ausbau des Heubodens
           – Gesamtrenovation            – Einbau Personalgarderobe   –F  assadenreparatur     – neue Gastroküche im                                        zum Bankettsaal
           – Einbau von Gästezimmern     – Lager                                                   Untergeschoss                                              und zur ‹ Hirschenbühne ›
              mit einem Seminar-          – zentrale Pelletheizung                               – Tageslager                                              – Einbau hindernisfreier
              und Aufenthaltsraum,        – Pferdestall für Gäste                                                                                              Toiletten im Erdgeschoss
              Stube, Küche                – Kiesparkplatz                                                                                                   – Foyer und Bankett- /
           – Ausbau und Gestaltung                                                                                                                             Frühstücksraum im
              Bauerngarten                                                                                                                                      Erdgeschoss

           Altes Geld
           und neuer Geist
           Denkmalpflege und Ortsbildschutz können sich auch                                                     genutzten Areal. Vor einigen Jahren übergab er seinen
           finanziell lohnen. Die unternehmerische Erneuerung                                                    Söhnen die Geschäfte und behielt nur das ‹ Hirschen ›-
           des Ensembles in Oberstammheim zeigt, wie es geht.                                                    Ensemble, das er seit den 1970er-Jahren nebenbei führte.
                                                                                                                     Am achteckigen Barockbrunnen an der Strassenkreu­
           Text:                          Reben und Wiesen bedecken den Fuss des Stammerbergs                    zung vor dem ‹ Hirschen › kommt er zur Sache: « Beim in­
           Palle Petersen                 im Zürcher Weinland. Vorgelagert, auf dem kleinen Hügel­               tegralen Ortsbildschutz hat die Schweiz in den letzten
                                          rücken ‹ Chilebückli ›, liegt die karolingische Galluskappel­          Jahrzehnten viel gesündigt », sagt Wehrli, « dabei ist dieser
                                          le und blickt auf die fruchtbare Ebene des Stammertals                 mindestens so wichtig wie der Denkmalschutz einzelner
                                          und den historischen Kern Oberstammheims. Wegen gut                    Objekte. » Hier spricht ein Bürgerlicher alter Schule. Aus
                                          erhaltener bäuerlicher Bausubstanz und qualitätsvollen                 Überzeugung positionierte er den ‹ Hirschen › schon länger
                                          Fachwerkbauten attestiert das Schweizer Ortsbildschutz­                als historischen Gasthof. 2014 prämierte der internatio­
                                          inventar ISOS dem Dorf nationale Bedeutung.                            nale Rat für Denkmäler und historische Stätten, ICOMOS,
                                               « Das Weinland ist intakt », schwärmt ‹ Hirschen ›-Pa­            den Gasthof als ‹ Historisches Hotel des Jahres ›. « Schlag­
                                          tron Fritz Wehrli und erzählt von Kindheitserinnerungen in             artig stieg der Umsatz um 25 Prozent », sagt Wehrli und
                                          ‹ Stamme ›, vom Spielen und Reiten in der Umgebung, von                spricht über Denkmalschutz als Alleinstellungsmerkmal.
                                          Familienstolz. Über zehn Generationen prägten die Wehr­                Man müsse angesichts der dreimal günstigeren Hotelzim­
                                          lis den Ort als Vögte und Landschreiber. In den 1680er-                mer im nahen Süddeutschland etwas Besonderes bieten.
                                          Jahren bauten sie das Kernensemble mit dem ‹ Hirschen ›,
                                          der Scheune und der Trotte. Achtzig Jahre später kam         Reif für den Grossumbau
                                          eine weitere Scheune und 1777 das Haus Graf als letzter     Ungeachtet der Auszeichnung gab es betriebliche Pro­
                                          Baustein dazu. Zwei wichtige Änderungen für das heuti­  bleme: Während der ‹ Hirschen › selbst stets gehegt wur­
                                          ge Ensemble geschahen zwischen 1786 und 1941, als der   de, waren die Nebenbauten teils vernachlässigt. Sechs
                                          ‹ Hirschen › nicht im Familienbesitz war: Die Residenz wur­
                                                                                                  Hotelzimmer waren betriebswirtschaftlich zu wenig. Aus­
                                          de zum Gasthof und das Haus Wyttenbach, ein einfaches   serdem kamen sich Restaurantbetrieb und grössere Ge­
                                          Bauernhaus aus dem 16. Jahrhundert, kam hinzu.          sellschaften in die Quere, etwa wenn Hochzeitspaare aus
                                                                                                  der Galluskirche zum Essen kamen. Die Zeit war reif für
                                              Historisches Hotel                                  einen Grossumbau.
                                              Wehrli ist Unternehmer durch und durch. Erfolgreich     « Architekturhistorisch zählt der ‹ Hirschen › zu den Per­
                                          führte er ein Mühlen- und Backwarenunternehmen und len des Stammertals », sagt Roland Böhmer von der kanto­
                                          transformierte vor über dreissig Jahren die Mühle Tie­ nalen Denkmalpflege, « ein prachtvolles Beispiel des regio­-
                                          fenbrunnen am Zürcher Stadtrand zu einem durchmischt nalen Barocks und einer der schönsten Riegelbauten →

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Historisches Zimmer im Haupthaus mit Himmelbett:
              2014 zeichnete der internationale Rat für Denk-
              mäler und historische Stätten den ‹ Hirschen › als
              ‹ historisches Hotel des Jahres › aus.

                                                 Themenheft von Hochparterre, März 2018 — Die Kraft des Ensembles — Altes Geld und neuer Geist   11

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Wer im ‹ Hirschen › übernachtet, kann auch
             ein neues Zimmer mit zeitgenössischem Mobiliar
             wählen: im Haus Wyttenbach.

           12                                   Themenheft von Hochparterre, März 2018 — Die Kraft des Ensembles — Altes Geld und neuer Geist

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Denkmalschutz                              Ortsbildschutz                               Heimatschutz
                                          Die Bundesinstitutionen nehmen unter an-   Das Inventar der schützenswerten Orts­       Der Schweizerische Heimatschutz ist der
                                          derem Stellung zu wichtigen Fragen des     bilder der Schweiz ( ISOS ) entstand 1973.   zivilgesellschaftliche Partner der
                                          Denkmalschutzes und führen eigene In-      Seither hat das Bundesamt für Kultur         Denkmalpflege. Er besteht seit 1905 als
                                          ventare, die zu Beiträgen aus Bundes­      knapp 6000 Gemeinden analysiert und          Dachorganisation von 25 kantonalen
                                          töpfen berechtigen. Grundsätzlich aber     gut 1200 davon als national bedeutend        Sektionen. Als privater Verein ist er in ei-
                                          ist Denkmalpflege Sache der Kantone.       eingestuft. Darunter auch Ober- und Unter-   nigen Kantonen via Verbandsbeschwer­
                                          Die kantonalen Fachstellen haben sehr      stammheim. Die systematischen, vor           derecht befugt, gegen Bauvorhaben Ein-
                                          unterschiedliche Gesetzesgrundlagen,       allem natur- und siedlungsstrukturellen      sprache zu erheben. Während er sich
                                          Ressourcen und Inventare. Sind Bauwerke    Analysen waren lange bloss für die           früher vor allem für Denkmäler einsetzte –
                                          geschützt, verpflichtet dies die Eigen­    Bundesbehörden verbindlich. Seit dem         etwa Kirchen, Schlösser, Befestigungs­
                                          tümer zum Erhalt und beim Umbau zum        Bundesgerichtsentscheid zu Rüti ZH           anlagen und Repräsentationsbauten –, hat
                                          sorgfältigen Umgang mit der Bausub­        im Jahr 2009 wird seine Bedeutung für        er sich seit der Professionalisierung und
                                          stanz. Als Ausgleich erhalten sie einen    Planungs- und Bauprozesse hitzig             Verankerung der kantonalen Denkmalpfle-
                                          Beitrag an die Kosten für den Erhalt       debattiert. Zusammenfassend lässt sich       gefachstellen zu einem Anwalt der Bau-
                                          bedeutender Bauteile, nicht aber an An-    sagen: Das ISOS ist eine qualitative         kultur gewandelt.
                                          passungen an neue Nutzungen. Der           Analyse und eine Art Schutzvermutung.
                                          gleiche Mechanismus gilt auch auf Ebene    Das Inventar verlangt Redlichkeit im
                                          der Gemeinden.                             Umgang mit dem Bestand und beim Bau-
                                                                                     en in seiner Umgebung siehe ‹ Identität
                                                                                     pflegen ›, Themenheft von Hoch­parterre,
                                                                                     August 2017.

            → des Kantons ». Böhmer zeigt auf die mit Rauten- und                    samt 38 angefragten Stiftungen zahlten nur wenige di­
            Kreuzmustern betonten Fensterbrüstungen und den 1730                     rekt, die meisten via die ‹ Hirschen ›-Stiftung. Dazu ka­
            ergänzten Rokokoerker mit kleinteilig-malerischem Fach­                  men mehr als 150 Gönner und die Pflicht, dass sich alle
            werk und Zwiebeldach. Doch ihn interessiert nicht nur die                Beteiligten – Architekt, Fachplaner, Berater, Unternehmer,
            Substanz, sondern die Geschichte dahinter. Die gewalti­                  Handwerker – mit mindestens je einem Prozent ihrer Auf­
            ge Scheune, « ein Wahnsinnsbau » mit ursprünglich vier                   tragssumme beteiligen müssen. So kamen 17 Prozent der
            Stallteilen und zwei Tennen, war bis vor wenigen Jahren                  Gesamtkosten von Privaten zusammen. Die öffentliche
            ma­rode und beinahe einsturzgefährdet. Doch ohne sie                     Hand steuerte insgesamt 20 Prozent bei. Nebst Beiträgen
            kann man sich das Leben der Patrizier im 17. Jahrhundert                 an den Denkmalschutz stellte der Kanton Zürich auch
            hier kaum vorstellen.                                                    noch Gelder aus der Programmvereinbarung mit dem Bun­
                 Als Fritz Wehrli um 2013 die kantonale Denkmalpfle­                 desamt für Kultur zur Verfügung, das für Massnahmen des
            ge bat, das ganze Ensemble unter Schutz stellen zu lassen,               Ortsbildschutzes vorgesehen ist.
            rannte er offene Türen ein. « Manche Besitzer historischer                   Der geschickteste Schachzug war die Gründung des
            Bauten sehen die Denkmalpflege als Verhinderer und                       unabhängigen Vereins ‹ Hirschenbühne Stammheim ›. Den
            Eingriff ins Privateigentum », schüttelt Wehrli den Kopf,                neuen Bankettsaal in der Scheune auch kulturell zu nut­
            « ich habe sie vielmehr als Partner und Berater erlebt. »                zen, steigert erstens die Auslastung. Zweitens liessen sich
            Tatsächlich: Ist ein Gebäude geschützt, kann man nicht                   dadurch weitere Kreise potenzieller Unterstützer anspre­
            mehr beliebig damit umgehen. Man ist zum respektvollen                   chen, nämlich jene, die sich nicht für Kulturgutschutz ein­
            Umgang verpflichtet, im Gegenzug beteiligt sich die Denk­                setzen, sondern für lebendige Kultur. Dank der ‹ Hirschen­
            malpflege am Substanzerhalt mit bis zu dreissig Prozent.                 bühne › unterstützten verschiedene Kulturstiftungen und
            Das betrifft vor allem die Gebäudestatik und die Fassa­                  der Lotteriefonds den Umbau. Das Beste daran: Viele Gäs­
            den, aber auch Öfen, Türrahmen, Bodenbeläge und der­                     te nehmen den Theaterteller vor der Vorstellung und das
            gleichen. In besonderen Fällen – etwa bei der mit Flecht­                Weinglas danach. So geht ‹ cross selling ›.
            werk ausgefachten Riegelwand im Haus Wyttenbach – sind
            noch höhere Beiträge möglich. Doch alle betrieblichen                         Vom Wehrli zum Fritz
            Eingriffe – etwa die neue Gastroküche im ‹ Hirschen ›, Ein­                   « Kulturgutschutz und Kulturförderung müssen kein
            bau und Ausstattung von Hotelzimmern und -bädern oder                    Mäzenatentum sein, sie können sich unternehmerisch
            die neue Treppe im Haus Wyttenbach – werden nicht mit­                   lohnen », bilanziert der Bauherr. Freilich: Trotz breiter Un­
            finanziert. Im Gegenteil: Sie sind Zugeständnisse der                    terstützung blieben rund 63 Prozent der Baukosten beim
            Denkmalpflege, die damit eine neue Nutzung ermöglicht.                   Bauherrn. Und was ist mit den laufenden Kosten ? « Ein sol­
            Und Nutzung ist bekanntlich der beste Denkmalpfleger.                    cher Betrieb kann nie rentabel sein », sagt er, « allerdings
                                                                                     ist unsere Wohnung im zweiten Obergeschoss ein schö­
                 Geschickte Finanzierung                                             ner Realersatz. » Noch schöner sei aber, was das Projekt
                 Die Baukosten betrugen fünf Millionen Franken. Mög­                 im Dorf bewirkt habe. 91 Prozent des Auftragsvolumens
             lich war der Umbau nur dank geschickter Finanzierung:                   gingen an regionale Handwerksbetriebe, und die meisten
             Weil sich viele Stiftungen im Bereich Denkmalpflege, Kul­               Gäste der ‹ Hirschenbühne › kommen aus dem Ort und der
             turgut und Ortsbilder nicht an privaten Vorhaben betei­                 Nachbarschaft. « Mit dem Umbau des ‹ Hirschen › bin ich
             ligen dürfen, gründete Wehrli die ‹ Stiftung Hirschen-En­               endlich hier angekommen, daheim und als Gastgeber »,
             semble › als Finanzierungsstiftung unter dem Dach der                   sagt Wehrli, « und vor allem bin ich nun nicht mehr der
             steuerbefreiten ‹ Fondation des Fondateurs ›. Von insge­                Wehrli, der Patrizier aus Zürich, sondern der Fritz. »           ●

                                                 Themenheft von Hochparterre, März 2018 — Die Kraft des Ensembles — Altes Geld und neuer Geist                                   13

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« Es brauchte
          vor dem Umbau ein
          Gesamtkonzept »
           Welche Rolle spielen geschützte Ortsbilder und Bauten in                                          Gäbe es viele solche Bauherren, wären wir wohl überfor-
           der Raumplanung ? Und wieso kann es sich lohnen, ein Haus                                         dert. Der ‹ Hirschen › ist aber kein Einzelfall: Immer mehr
           unter Schutz zu stellen? Vier Experten im Gespräch.                                               Hausbesitzer kommen aus eigenem Antrieb und früh zu
                                                                                                             uns und suchen den Dialog mit der Denkmalpflege.
           Interview:                   Fritz Wehrli, wieso haben Sie das Ensemble                           Ging es beim Dialog zwischen Denkmalpflege
           Roderick Hönig               unter Schutz stellen lassen ?                                        und Bauherrschaft mehr um inhaltliche oder mehr
                                        Fritz Wehrli: Im ‹ Hirschen › ist die Geschichte meiner Fa-          um formelle Fragen ?
                                        milie gespeichert und ausserdem bin ich verliebt in die              Beat Eberschweiler: Zum ‹ Was › herrschte Konsens. Bauherr,
                                        Häuser. Die freiwillige Unterschutzstellung soll helfen,             Architekt und Denkmalpfleger waren fast immer einer
                                        die Häuser so zu bewahren, wie sie sind – für die nächste            Meinung. Klar, kam es zu Reibungen, aber nicht zu Kon-
                                        Generation, für meine beiden Söhne mit ihren Familien.               flikten. Beim ‹ Wie › hätte es für Fritz Wehrli wohl lieber
                                        Wilhelm Natrup: Viele empfinden eine Inventarisierung oder           noch etwas schneller gehen können.
                                        eine Unterschutzstellung als Eingriff ins Eigentum. Tat-             Oft heisst es, die Denkmalpflege beschränke das
                                        sächlich beschränkt ein solcher Verwaltungsakt das Ei-               Eigentum und verkompliziere das Bauen.
                                        gentum. Aber die Eigentümer bekommen im Gegenzug ja                  Geniesst sie zu Unrecht einen schlechten Ruf ?
                                        auch professionelle Beratung und finanzielle Unterstüt-              Beat Eberschweiler: Ja, weil er auf Gerüchten basiert. Im di-
                                        zung. Ein Besitzer muss die zusätzliche Last seines kanto-           rekten Kontakt kommt es nur in einem von hundert Fällen
                                        nalen Schutzobjektes nicht allein tragen.                            zu Konflikten, wo ich als Leiter der Denkmalpflege des
                                        Wie wichtig waren die Denkmalpflegebeiträge                          Kantons Zürich moderierend eingreifen muss. Auflagen
                                        für Ihren Entscheid ?                                                gibt es ja nicht nur bei Schutzobjekten. Wer heute einen
                                        Fritz Wehrli: Die finanzielle Beteiligung und auch die pro-          Neubau erstellt, muss nicht weniger Auflagen erfüllen, als
                                        fessionelle Betreuung durch die Denkmalpflege waren                  wenn er ein denkmalgeschütztes Objekt umbaut.
                                        eine Bedingung für meinen Entscheid. Ich musste früh                 Die Denkmalpflege zahlt bis zu dreissig Prozent
                                        Gewissheit über die Höhe der Beiträge haben, denn der                an den Substanzerhalt eines Schutzobjektes.
                                        Umbau fand bei laufendem Gastbetrieb statt. Die öffent-              Zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben ?
                                        liche Hand steuerte insgesamt 20 Prozent der Baukosten               Fritz Wehrli: Das ist genug zum Leben, aber nicht üppig.
                                        bei. Die grosse Herausforderung war die Finanzierung                 Beim ‹ Hirschen › machen die Beiträge der Denkmalpflege,
                                        der Lücke zwischen meinen Eigenmitteln und den Beiträ-               übers Gesamtprojekt gerechnet, 16 Prozent aus. Einen wei-
                                        gen der Denkmalpflege. Denn Stiftungen, die sich für die             teren Beitrag an den Unterhalt der sechs Häuser leistet
                                        Denkmalpflege engagieren, geben oft keine Beiträge an                der Gastbetrieb. Es bleibt ein Defizit, das meine Familie
                                        Private. Trotzdem ist es gelungen, rund ein Drittel der Kos-         trägt. Diese Summe verstehe ich vor allem als Verpflich-
                                        ten durch Private und durch die Denkmalpflege zu finan-              tung gegenüber der Öffentlichkeit, aber auch als eine Art
                                        zieren – der ‹ Hirschen › ist ein Public-Private-Partnership-        Eigenmietwert unserer Wohnung im ‹ Hirschen ›. Aber klar
                                        Projekt, wie es im Buch steht.                                       ist: Auch meine beiden Söhne werden jährliche Rückstel-
                                        Wünschen Sie sich, Beat Eberschweiler,                               lungen machen müssen, um das Haus in Schuss zu halten.
                                        mehr solche ‹ Botschafter › der Denkmalpflege ?                      Der Mehrwert des ‹ Hirschen › liegt nicht in einer Rendite,
                                        Beat Eberschweiler: ( lacht ) Ja und nein. Ja, weil Fritz Wehrli     sondern im Gastbetrieb in einem historischen Ensemble.
                                        schon vor dem Bauprojekt mit uns Kontakt aufgenommen                 Beat Eberschweiler: Die dreissig Prozent für kantonale und
                                        hat. Nein, weil er ein besonders hartnäckiger Bauherr in             die zwanzig Prozent für regionale Objekte, die aus dem
                                        dem Sinne war, dass er ein unglaubliches Tempo anschlug.             Lotteriefonds fliessen, sind für die meisten Fälle eine rea-

           14                         Themenheft von Hochparterre, März 2018 — Die Kraft des Ensembles — « Es brauchte vor dem Umbau ein Gesamtkonzept »

14-17_TH_Hirschen_Gespraech.indd 14                                                                                                                                          12.02.18 09:35
listische Grös­se. Trotzdem begrüssen wir private Initiati-
                                                                                                                 ven, etwa die des Vereins Domus Antiqua Helvetica, der
                                                                                                                 sich für Steuererleichterungen für Eigentümer einsetzt,
                                                                                                                 die ihre Häuser gut in Schuss halten. Allerdings sind die
                                                                                                                 Beiträge für den Unterhalt eines reich ausgestatteten Bür-
                                                                                                                 gerhauses, bei dem etwa die Stuckaturen erneuert werden
                                                                                                                 müssen, oft zu klein. Doch es gibt einen gewissen Ermes-
                                                                                                                 sensspielraum: In begründeten Einzelfällen gibt es auch
                                                                                                                 höhere Beiträge.
                                                                                                                 Wilhelm Natrup: Das Problem liegt vielmehr bei der Einstu-
                                                                                                                 fung in kantonale, regionale oder kommunale Schutzob-
                                                                                                                 jekte. Denn in der Regel gibt es für die kommunalen von
                                                                                                                 der Gemeinde keine finanzielle Unterstützung. Sie ma-
            Wilhelm Natrup, Direktor des Amts für Raumplanung des Kantons                                        chen aber den grössten Teil der Objekte aus.
            Zürich: « Den ‹ Hirschen › nicht nur als Objekt, sondern auch als Ensemble                           Fritz Wehrli: Tatsächlich sind im Kern von Stammheim fast
            verstehen. » Fotos: Marion Nitsch
                                                                                                                 alle Gebäude inventarisiert, beitragsberechtigt ist aller­
                                                                                                                 dings nur ein Fünftel der Häuser. Die Folge ist, dass Ei-
                                                                                                                 gentümer ihre Häuser nicht unterhalten oder verkaufen.
                                                                                                                 Wenn wir nicht seit 45 Jahren, seit ich den ‹ Hirschen › ver-
                                                                                                                 walte, jedes Jahr ins Haus investiert hätten, wäre das aktu-
                                                                                                                 elle Projekt wohl an den Kosten gescheitert.
                                                                                                                 Max Dell’Ava: Finanzielle Beiträge an solche Projekte er-
                                                                                                                 leichtern uns Architekten den Einbezug von denkmalpfle-
                                                                                                                 gerisch qualifizierten Handwerkern. Diese ermöglichen
                                                                                                                 in beträchtlichem Masse den Weiterbestand wertvoller
                                                                                                                 Bausubstanz und sind so ein unverzichtbares Glied in der
                                                                                                                 Kette des Kulturerbe-Erhalts. Ein grosser Teil der aktu-
                                                                                                                 ellen Investitionen in den ‹ Hirschen › fliesst allerdings in
                                                                                                                 nicht beitragsberechtigte Arbeiten: Haustechnik, Isolation,
                                                                                                                 Brand­schutz sind grosse Posten, an die die Denkmalpfle-
                                                                                                                 ge keine Beiträge bezahlt.
                                                                                                                 Schauen wir kurz auf die anderen fünf
                                                                                                                 Häuser: Wäre ein Ersatzneubau,
                         Beat Eberschweiler, oberster Denkmalpfleger des Kantons Zürich:                         etwa des Hauses Graf, nicht günstiger
                         « Kritische, offene, transparente und konstruktive Zusammenarbeit                       und effizienter gewesen als der Umbau ?
                         zwischen Behörden, Bauherr und Architekt. »
                                                                                                                 Max Dell’Ava: Sicher ist nicht einfach grundsätzlich gut, was
                                                                                                                 alt ist. Bauen im Bestand erfordert Sorgfalt in einer mehr-
                                                                                                                 schichtigen Analyse und deren Beurteilung, was Mehrauf-
                                                                                                                 wand ist. Wenn man allerdings Neubau und Umbau gegen-
                                                                                                                 einander aufrechnet, darf die räumliche, architektonische
                                                                                                                 oder auch die Materialqualität der historischen Gebäude
                                                                                                                 nicht vergessen gehen. Denn sie gehen verloren, wenn
                                                                                                                 man neu baut. Ein Neubau muss den Verlust des Altbaus
                                                                                                                 mindestens aufwiegen. Oder anders herum: Ein Hausbe-
                                                                                                                 sitzer sollte sich der Seele seines Baudenkmals bewusst
                                                                                                                 sein, bevor er die Entscheidung für einen Neubau trifft.
                                                                                                                 Beat Eberschweiler: Grundsätzlich sollten Bauherren und
                                                                                                                 Architekten bei Schutzobjekten zuerst im Bestehenden
                                                                                                                 denken und planen. Wenn sich beim Umbau eines Schutz­
                                                                                                                 objekts zeigt, dass etwa nur der Abbruch wichtiger älterer
                                                                                                                 Teile oder einer früheren Erweiterung den Erhalt des ge-
                                                                         Fritz Wehrli, Bauherr:
                                                                         « Unternehmerisches Nutzungskonzept     samten Objekts für die nächsten Generationen möglich
                                                                         vor denkmalpflegerischer Umsetzung. »   macht und neue Qualitäten schafft, dann ist auch die
                                                                                                                 Denkmalpflege sehr daran interessiert, gemeinsam eine
                                                                                                                 gute Lösung zu finden.
                                                                                                                 Fritz Wehrli: Für mich war klar, dass wir nicht neu bauen.
                                                                                                                 Weil wir nicht durften, aber auch, weil der Wind in der Gas-
                                                                                                                 tronomie in den letzten Jahren gedreht hat. 2014 wurde
                                                                                                                 der ‹ Hirschen › zum ‹ Historischen Hotel des Jahres › gekürt.
                                                                                                                 Der Preis hat dem Gasthaus einen beachtlichen Umsatz-
                                                                                                                 schub gebracht und mich gleichzeitig in meiner Haltung
                                                                                                                 bestärkt, dass das Historische seinen Wert hat und zum
                                                                                                                 Umsatz beiträgt.
                                                                                                                 Welchen Einfluss hat die Nutzung bei der
                                                                                                                 Sanierung eines Schutzobjektes ?
                                                                                                                 Fritz Wehrli: Einen grossen. Es brauchte vor dem Umbau
                                                                                                                 in erster Linie ein wirtschaftliches Gesamtkonzept. Die
                                                                                                                 Theaterbühne ist das beste Beispiel dafür: Sie fördert →
                                           Max Dell’Ava, Architekt: « Zum Team gehören auch die Unternehmer. »

                                       Themenheft von Hochparterre, März 2018 — Die Kraft des Ensembles — « Es brauchte vor dem Umbau ein Gesamtkonzept »                   15

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→ die Ausstrahlung des Gastbetriebs, macht den ‹ Hir-                 Vor 32 Jahren haben Sie die Mühle
                                       schen › zum kulturellen Zentrum des Stammertals. Dabei                Tiefenbrunnen in Zürich in ein Kultur- und
                                       war auch die Denkmalpflege gefordert: Sie musste Ver-                 Gewerbezentrum umgenutzt, nun das
                                       ständnis für diese Nutzung entwickeln und dann auch                   ‹ Hirschen ›-Ensemble. Einmal eine städtische,
                                       bauliche Konzessionen eingehen. Klar ist: Wäre es nicht                 das andere Mal eine ländliche Brache.
                                       möglich gewesen, den Gastbetrieb auszubauen, wäre das                  Was verbindet die beiden Projekte ?
                                       Haus für mich und meine Familie mittelfristig nicht mehr               Fritz Wehrli: Das gesamtheitlich gedachte und geplante
                                       tragbar gewesen. Der Gastbetrieb gibt dem Ensemble                    Projekt sowie die skeptische Haltung meines Umfelds.
                                       eine sehr wichtige Zukunft.                                           Viele haben mir damals deutlich abgeraten, in die Mühle
                                       Max Dell’Ava: Der Architekt spielt eine wichtige Rolle als            Tiefenbrunnen auch noch ein Theater, ein Museum und
                                       Vermittler der Baukultur. Er hat noch vor den ersten Pla-             ein Restaurant einzuplanen. Das sei der Untergang des
                                       nungsleistungen die Aufgabe, Eigentümer auf die Qualitä-              Projekts, sagten sie. Heute kann ich sagen, dass der Nut-
                                       ten seines Hauses aufmerksam zu machen. Was ist schon                 zungsmix die Mühle nicht nur attraktiv macht, sondern
                                       da, was könnte ergänzt werden ? Wer sich diese Fragen                 auch markenbildend wirkt. Deshalb gibt es jetzt auch im
                                       rechtzeitig stellt, kommt gar nicht erst auf die Idee, in ein         ‹ Hirschen › eine Bühne, und sie ist seit ihrer Öffnung fast
                                       historisches Haus Lofts einzubauen, nur weil diese heute              immer ausgebucht.
                                       gefragt sind. Man muss auch nicht alle Reserven sofort                 Die städtischen Industriebrachen sind
                                       ausbauen, das nimmt den Druck von einer potenziellen                   mehr oder weniger überbaut oder
                                       Übernutzung eines Gebäudes.                                            mindestens verplant. Steigt der Druck
                                       Welche Rolle spielt das Stammertal und                                 jetzt auf ländliche Brachen ?
                                       das ‹ Hirschen ›-Ensemble für                                          Beat Eberschweiler: Die historischen Industrieliegenschaf-
                                       die Raumplanung des Kantons Zürich ?                                  ten, etwa im Zürcher Oberland, sind schon lange ein The-
                                       Wilhelm Natrup: Das Stammertal hat innerhalb des Weinlan-             ma bei uns. Noch ist allerdings dort der Druck nicht so
                                       des eine hohe eigene Identität. Die Ortsbilder der Gemein-            hoch wie in der Stadt. Ein nächstes grosses Thema wird
                                       den Ober- und Unterstammheim sowie Waltalingen, die                   die künftige Umnutzung von Kirchen und kirchlichen Lie-
                                       2017 eine Fusion beschlossen haben, sind herausragende                genschaften sein.
                                       Beispiele der Baukultur. Gemeinden, die über besonde-                  Wilhelm Natrup: Auf dem Land gibt es viele historische In-
                                       re Ortsbilder verfügen, unterstützen wir mit Mitteln aus              dustriebauten, die ausserhalb der Dorfkerne stehen. Diese
                                       dem Ortsbildschutz. Wichtig ist die Vielfalt – der Kanton             Ausgangslage stellt raumplanerische Fragen, auf die wir
                                       besteht ja nicht nur aus Zürich und Winterthur. Die Orts-             noch keine guten Antworten haben. Denn meist kommt
                                       bilder im Weinland unterscheiden sich sehr von anderen                nur Wohnen als neue Nutzung infrage. Dazu kommt, dass
                                       Regionen, etwa von denjenigen des Oberlandes. Diese Dif-              Eigentümer eines Industriegebäudes, das kein Schutzob-
                                       ferenz und Vielfalt ist eine Qualität, die es zu pflegen und          jekt ist, oft viel Volumen, aber wenig Mittel haben.
                                       zu erhalten gilt. Das Amt für Raumentwicklung, das ARE,                Nochmals zurück zum ‹ Hirschen ›:
                                       hat aber über die Kernzonen hinaus keine Eingriffsmög-                 Wo ist der denkmalpflegerische Umgang
                                       lichkeiten. Es gibt keinen Gesetzesauftrag für eine, sagen             mit diesem Ensemble vorbildlich?
                                       wir mal, umfassende städtebauliche Ortsbildentwicklung.                Fritz Wehrli: Im unternehmerischen Nutzungskonzept, das
                                       Wir können nur beraten. Ich wünschte mir deshalb, dass                vor der denkmalpflegerischen Umsetzung stand. Zwei-
                                       die Gemeinden dieselbe Verantwortung und Sorgfalt bei                 tens: In der Abstimmung mit meinen Nachkommen. Wenn
                                       Erweiterungen an den Tag legen, mit denen sie ihre Orts-              ich den ‹ Hirschen › im Alleingang nach nur meinen eige-
                                       bilder pflegen. Auch Ortserweiterungen sollten kompakt                nen Vorstellungen saniert hätte, würde er vielleicht für
                                       bleiben. An sie müssen ebenso hohe Gestaltungsanforde-                die nächste Generation mehr Last als Lust.
                                       rungen gestellt werden wie in den bestehenden Ortsteilen.              Beat Eberschweiler: In der kritischen, offenen, transparen-
                                       Braucht die Schweiz mehr                                              ten und konstruktiven Zusammenarbeit zwischen Behör-
                                       städtebauliche Denkmalpflege ?                                        den, Bauherr und Architekt. Beide Seiten waren ergeb-
                                       Beat Eberschweiler: Die Abteilung Denkmalpflege war vor               nisoffen. Das Resultat zeigt deshalb viele Gewinner: Die
                                       elf Jahren noch dem Hochbauamt angegliedert. Heute                    Sanierung bringt dem Unternehmer, dem Dorf, der Denk-
                                       sind wir Teil des ARE, und ich sage mit Überzeugung, dass             malpflege und dem Haus etwas.
                                       wir an der richtigen Stelle sind, denn im Amt für Raument-             Wilhelm Natrup: Wegweisend ist, dass Fritz Wehrli den ‹ Hir-
                                       wicklung werden die Weichen für die räumliche Entwick-                schen › nicht nur als Objekt, sondern auch als Ensemble
                                       lung des Kantons gestellt. Die Denkmalpflege ist also von             verstanden hat.
                                       Anfang an dabei und muss nicht – wie früher – von einem                Max Dell’Ava: Im Team, das wir schon frühzeitig gebildet
                                       anderen Amt aus Stellung zu bestimmten Prozessen und                  haben. Zum Team gehören für mich auch die Unterneh-
                                       Entscheidungen nehmen.                                                mer. Wir haben uns sehr viel Zeit genommen, die einzel-
                                       Eine komplizierte Verwaltungsstruktur sorgt dafür,                    nen Firmen auszuwählen. Denn wir waren auf hochwertige
                                       dass ein Besitzer eines Schutzobjektes                                Handwerksarbeit angewiesen. Selbstverständlich musste
                                       mit vielen verschiedenen Stellen zu tun hat,                          der Preis stimmen, doch nicht der Günstigste bekam den
                                       wenn er sein Gebäude umbauen will.                                    Auftrag. Und weil rund 90 Prozent der Unternehmen aus
                                       Das ist für einen Bauherren nicht gerade attraktiv.                   der Region kamen, konnten sie eine Beziehung zum Ob-
                                       Wilhelm Natrup: Ich gebe zu: Die Verwaltungsorganisation              jekt aufbauen.
                                       ist für Aussenstehende kaum zu durchblicken, hat aber                  Und was kommt jetzt ?
                                       Konsequenzen für den Eigentümer. Wir haben uns des-                    Was macht der emsige Fritz Wehrli,
                                       halb so organisiert, dass Fritz Wehrli nur einen Ansprech-             nachdem die Sanierung abgeschlossen
                                       partner im Amt hatte. Der musste dann die unterschied-                 ist und er seine Unternehmungen
                                       lichen Fragen an die verschiedenen Stellen weiterleiten.              an seine Söhne weitergegeben hat ?
                                       Diese projektspezifische Organisation auf unserer Seite                Fritz Wehrli: Ich werde mit dem ältesten meiner drei Enkel
                                       konnten wir dank der frühen Kontaktaufnahme des Bau-                  ein Kinderbuch für die beiden kleineren Enkel zeichnen.
                                       herrn gut einrichten.                                                 Darin geht es natürlich um den ‹ Hirschen ›.  ●

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Das Haus Wyttenbach mit den neuen Gästezimmern ist der älteste Bau des Ensembles. In der Scheune ( rechts ) ist Platz für eine Wäscherei und Personalgarderoben.

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                                                                                                                                                        Wyttenbach liegen im Erdgeschoss
                                                                                                                                                        eine Ferienwohnung mit Küche,
                                                                                                                                                        Stube und Schlafzimmer, daneben
                                                                                                                                                        der Seminarraum, darüber
                                                                                                                                                        vier weitere neue Gästezimmer.

                                      Themenheft von Hochparterre, März 2018 — Die Kraft des Ensembles — « Es brauchte vor dem Umbau ein Gesamtkonzept »                              17

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1945 erschien eine Pro-Patria-Marke
                                                                                                                                      zum ‹ Hirschen ›. Spätestens damit wurde
                                                                                                                                      das Haus zum nationalen Kulturgut.

          Eine Haus- und
          Familiengeschichte
           Der imposante Riegelbau von 1684 erzählt die Geschichte                                         Generation sanktgallischer Amtmann in Stammheim. Die
           der Familie Wehrli. Sie haben Stammheim als Amtmänner,                                          Familie besetzte diesen Posten von 1599 bis ins 19. Jahr­
           Richter, Landschreiber, Vögte und Müller geprägt.                                               hundert. In erster Linie musste dieser bäuerliche Abga­
                                                                                                           ben und den Zehnt einziehen, sachgemäss lagern und
           Text:                       Als « Bautyp zwischen Herrensitz und Bauernhaus » nimmt             dann verkaufen oder an die Abtei liefern. Dafür bezog er
           Peter Niederhäuser          der ‹ Hirschen › in der ländlichen Baukultur eine Sonder­           eine anteilmässige Entschädigung, bewohnte das Amts­
                                       stellung ein, schreibt der Kunsthistoriker Richard Zürcher          haus gegenüber dem heutigen ‹ Hirschen › am Hornerweg
                                       in seinem Buch über die künstlerische Kultur im Kan­                und erhielt Ländereien zur Selbstversorgung. Die Wehr­
                                       ton Zürich. Die exponierte Lage am Dorfrand von Ober­               lis hatten zwar das Bürgerrecht von Zürich, lebten aber
                                       stammheim – gegenüber der nicht weniger markanten                   weitgehend auf dem Land und sicherten sich dort – auch
                                       ehemaligen Landschreiberei – betont den herrschaftli­               dank ihrem quasi erblichen Amt – Autorität, Einfluss und
                                       chen Charakter eines Gebäudes, das spätestens seit dem              Einkünfte. Hans Wehrlis Bruder, Hans Georg, übernahm
                                       Erscheinen der Pro-Patria-Marke von 1945 zum nationalen             wenig später das Amt eines Landschreibers und konnte
                                       Kulturgut zählt. Unmittelbar vor Erscheinen der Marke ge­           in die Landschreiberei schräg gegenüber dem ‹ Hirschen ›
                                       langte der ‹ Hirschen › nach zahlreichen Besitzerwechseln           einziehen. Ein weiterer Bruder, Hans Peter, war Talmüller,
                                       wieder in die Hände der Erbauerfamilie zurück. Anfang               was die ungewöhnliche regionale Stellung der Familie um
                                       1943, mitten im Zweiten Weltkrieg, erwarben der Fabrikant           das Jahr 1700 unterstreicht.
                                       Hans Wehrli-Brunner, der Müller Heinrich Wehrli-Nägeli
                                       und der Bankier Carl Wehrli-Thielen den geschichtsträch­                 Der ‹ Hirschen › als Wehrli-Ensemble
                                       tigen Bau, um ihn vor Verfall und Misswirtschaft zu schüt­               Hans Wehrli wurde nach dem frühen Tod seines Va­
                                       zen. Gleichzeitig erhofften sie sich vom Kauf einen stär­           ters 1666 zum Amtmann gewählt. Ein Vertrag verlangte
                                       keren Zusammenhalt innerhalb der Familie. Die familiäre             vom damals 23-Jährigen eine genaue und gewissenhafte
                                       Identität und das nationale Baudenkmal gehen beim ‹ Hir­            Amts­t ätigkeit, Sparsamkeit, Zurückhaltung bei der Bewir­
                                       schen › Hand in Hand, wie ein Rückblick in die Familien­            tung von Gästen und eine ordentliche Buchführung, ein
                                       geschichte der Wehrli zeigt.                                        Hinweis auf die nicht immer ganz einfache Stellung des
                                                                                                           Amtmannes. Er war dem Fürstabt von St. Gallen verpflich­
                                            Heimliche Dorfkönige                                           tet, sollte aber auch Zürich loyal sein. Er musste mit den
                                            « Anno 1684 durch H. Iohanis Werli erbouwen und                abgabepflichtigen Bauern den richtigen Umgangston fin­
                                       F. Mareia Magtolena Ezwilerin » – die grammatikalisch et­           den und sah sich vor Ort den Wünschen des Obervogtes
                                       was eigenartige Inschrift am nördlichen Eckständer des              von Steinegg verpflichtet, wie auch jenen der dörflichen
                                       Gebäudes erinnert an Baujahr und Erbauer des ‹ Hirschen ›.          Gemeinden. Amtmann Wehrli bekleidete zudem hohe
                                       Bereits 1685 wurde er um die Scheune, 1686 um die Trotte            militärische Funktionen und war gleichzeitig Dorfrichter.
                                       mit Schmitte erweitert. Ursprünglich aus dem thurgau­               1682 lebten in seinem Haushalt nicht weniger als sie­
                                       ischen Nussbaumen stammend, liessen sich die Wehrlis                ben Dienstleute – ein Hinweis auf seine ausgedehnten
                                       in der Mitte des 16. Jahrhunderts in Zürich nieder und              Tätigkeiten. 1695 übergab Hans Wehrli sein sanktgalli­
                                       machten bald politische Karriere. Ab 1629 verwalteten Va­           sches Amt dem ältesten Sohn Johannes und zog sich in
                                       ter und Sohn die Obervogtei Steinegg, zu der auch Stamm­            den ‹ Hirschen › zurück.
                                       heim gehörte. Schon vorher heiratete Hans Peter Wehrli                   Wollte er mit dem Bau des repräsentativen Riegelhau­
                                       Verena Kucher aus Stammheim und wurde Amtmann der                   ses ein neues, eigenständiges Standbein aufbauen oder
                                       Fürstabtei St. Gallen. Sein Nachkomme, der Bauherr des              suchte er eine geregelte, etappierte Amtsübergabe an den
                                       ‹ Hirschen ›, Hans Wehrli ( 1643 – 1718 ), war bereits in vierter   Sohn und machte diesem so die Wohnung im Amtshaus

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frei ? Oder hing dieser freiwillige Rücktritt auch mit neuen     Nachdem Rittmeister Hans Georg Wehrli 1785 gestorben
             politischen Möglichkeiten zusammen ? Ab 1700 erweiter­           war, verkaufte sein Sohn Hans Konrad, der in der schwie­
             ten nämlich die Wehrlis ihren Einfluss mit einem neuen           rigen Übergangszeit zwischen Ancien Régime und Restau­
             Amt: Der ebenfalls im ‹ Hirschen › lebende jüngere Sohn          ration das sanktgallische Amt Stammheim verwaltete, das
             von Hans Wehrli, Hans Peter, wurde 1716 zum Untervogt            Haus am 24. August 1786 um stolze 5200 Gulden an Gast­
             gewählt – das höchste Amt, das Bewohnern der Zürcher             wirt Hans Martin Schenk aus Uhwiesen.
             Landschaft zugänglich war. Als Untervogt stand er zwi­
             schen dem Dorf und der Obrigkeit ; er vertrat gleichzeitig            Ein Gasthaus zwischen Tradition und Zukunft
             die Interessen der ländlichen Bevölkerung gegen oben                  1789 erscheint der ‹ Hirschen › erstmals im Grundbuch,
             und war die rechte Hand des zürcherischen Obervogts auf          als Schenk ein Darlehen aufnahm und dabei das Haus als
             Schloss Steinegg. Sein älterer Bruder Johannes erneuerte         Unterpfand einsetzte. Neben der « Behausung samt Tafer­
             1713 das Amtshaus am Hornerweg ; dessen gleichnamiger            nengerechtigkeit, der ‹ Hirschen › genannt », gehörten zum
             Sohn und Nachfolger baute dann 1741 das angrenzende              Komplex die Trotte und die Scheune sowie der Stall, ein
             Haus ‹ zum Irggel ›, das mit seinem ungewöhnlichen Erker         Baum- und ein Krautgarten, 9 Vierling Ackerland, 6 Vier­
             städtische Wohnkultur atmet. Das von auffallend herr­            ling Wiesen, 3½ Vierling Reben sowie 10 Vierling Holz –
             schaftlichen Häusern geprägte Umfeld des ‹ Hirschen › mit        ein Vierling umfasste als der vierte Teil einer Juchart etwa
             dem ebenso repräsentativen Brunnen entwickelte sich zu           800 Quadratmeter.
             einem eigentlichen Wehrli-Quartier . Eine solche Konzent­             Aus dem repräsentativen Wehrli-Haus war ein Gasthof
             ration dürfte sich in keinem anderen Zürcher Dorf finden.        geworden. Als obrigkeitlich geregeltes und kontrolliertes
                                                                              Monopolgewerbe nahmen Tavernen im Alltag einen be­
                  Ämterkumulation und Macht                                   sonderen Platz ein. Hier erhielten Reisende warme Ver­
                  1729 wohnten in Stammheim praktisch Haus an Haus            pflegung und Unterkunft, hier fanden Amts- und Gerichts­
             sechs Wehrlis, im ‹ Hirschen ›, in der Kanzlei und am Hor­       verhandlungen statt, hier wurden Verträge bei einem
             nerweg. Bis ins 18. Jahrhundert wurden zeitweilig auch die       Glas Wein abgeschlossen, Feste gefeiert und traf sich die
             Inhaber der Dorfmühlen von der gleichen Familie betrie­          männliche Bevölkerung zum Schlummertrunk. 1805 gab
             ben. Zusammen mit dem für Landbewohner höchst exklu­             es in Oberstammheim neben den beiden Tavernen des
             siven Bürgerrecht in Zürich gibt diese Ämterkumulation           ‹ Hirschen › und ‹ Ochsen › noch zwei Weinschenken.
             einen deutlichen Hinweis auf die Kehrseiten solcher Ver­              Die Einführung der Brandassekuranz 1817 erlaubt ei­
             bandelungen. Wie keine andere Oberstammheimer Fa­                nen genaueren Blick auf die Häuser. Unter dem Wirtshaus
             milie übten die Wehrlis dörfliche Macht und Willkür aus.         befanden sich zwei Keller, im angebauten Haus Graf lagen
             Johannes Wehrli etwa spendete den Armen 1718 Geld, sein          ein Saal, Stuben, die Küche, verschiedene Räume, dane­
             Sohn hingegen verweigerte als neuer Amtmann 1751 die             ben ein Wasch- und Brennhaus mit einer Metzgerei. Ein
             Austeilung von Fasnachtsbrot an die Dorfkinder, worauf           weiterer Bau war die Trotte, ein anderer die Gast- und Säu­
             die Gemeinde ihm das Wasser zum Brunnen abstellen                merstallungen sowie Heustock und Schweinestall. Zum
             wollte. Auf diesen Streit dürfte der Reim zurückgehen, den       Komplex gehörten aber auch eine Doppelscheune, ein
             Pfarrer Alfred Farner in seiner Stammheimer Geschich­            Wagenschopf sowie ein Garten mit einem Springbrunnen,
             te wiedergab: « De Amtme mit em tüere Brunne / Hätt de           der vom Abwasser des Dorfbrunnens vor der Landschrei­
             Chinde s’Brot vergunne / Het er de Chinde s’Brot nid ver­        berei gespiesen wurde. Da ein Teil der Gebäude, so die
             gunne / so het er au kan tüere Brunne ! »                        Trotte und die Zehntscheune, von unterschiedlichen Per­
                  Der ‹ Hirschen › selbst war Zentrum eines Gutsbetriebs,     sonen genutzt wurde, brauchte es komplizierte, bis weit
             über dessen Grössenordnung nicht viel bekannt ist. Ab            ins 20. Jahrhundert gültige Regelungen für das Wegrecht
             1760 wurde der Komplex noch einmal erweitert: Es ka­             und die Zugänglichkeit.
             men der Stall, 1777 das Haus Graf zum ‹ Hirschen ›. Der               Die Besitzergeschichte des ‹ Hirschen › blieb danach
             Sohn des Erbauers, Untervogt Hans Peter Wehrli, und              wechselhaft, bis Anfang 1943 die Familie Wehrli das ‹ Hir­
             vor allem dessen Sohn Untervogt und Rittmeister Hans             schen ›-Ensemble samt Inventar erwarb: 4 Wirtstische, 4 Ti­
             Georg interessierten sich für die Landwirtschaft und             sche mit Einsatzplatten, 22 Kirschbaumsessel, 1 grosser
             leiteten im Zeitalter der Aufklärung landwirtschaftliche         antiker Tisch, 6 antike Sessel, 12 Buchensessel, 7 Bieder­
             Reformen ein. 1730 baute Hans Peter den Riegelbau zur            meister-Polstersessel und 1 Polsterkanapee, 1 Küchen­
             heutigen herrschaftlichen Gestalt um, indem er den drei­         büffet, 1 elektrischer Kochherd, 2 Küchentische, 1 Kühl­
             geschossigen Erker anfügte ; sein Sohn liess vermutlich          schrank, 1 Küchenkasten, 1 Heizungskessel, 1 Waschkes­sel
             die Türen im Obergeschoss reich bemalen . Das Wap­               sowie 1 Auswindmaschine.
             pen von Hans Peter findet sich denn auch nicht zufällig               Der Kauf erfolgte aus ideellen Motiven, war aber auch
             in der Erkerstube. Stolz verwies er dabei mit der adligen        der Erinnerung an Ruedi ( Hans Rudolf ) Wehrli geschuldet,
             Helmzier auf den besonderen Rang und mit dem Allianz­            den jüngsten Sohn des Müllers Heinrich Wehrli-Nägeli,
             wappen auf eine standesgemässe Ehe. 1699 hatte er die            der im Alter von 15 Jahren bei einem Unfall ums Leben ge­
             Schaffhauserin Anna Katharina Stockar geheiratet – erst­         kommen war. Kurz vor seinem Tod hatte Ruedi ein Gedicht
             mals verband sich ein Wehrli mit einer nichtzürcheri-            geschrieben, das mit dem Aufruf endete: « Auf, Wehrli, auf,
             schen Patrizierfamilie.                                          führ den Hirsch zurück zu seiner Quelle. » Der halb bäu­
                  Diese ungewöhnliche Machtstellung erodierte in der          erlich, halb herrschaftliche ‹ Hirschen › blieb eng mit der
             zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Die amtlichen Funkti­       Familie verknüpft, auch wenn sich diese in der Zwischen­
             onen wurden immer komplexer, die Zahl der Nachkommen             zeit längst in Zürich etabliert hatte. Die Wehrlis setzten
             immer grösser, einzelne Vertreter der Familie profitier­         einen Gastwirt ein, der mit mehr oder weniger grossem
             ten von ihrem Bürgerrecht und bauten sich in Zürich eine         Erfolg den Geist des Hauses kulinarisch umzusetzen
             neue Existenz als Müller, Gastwirte oder Unternehmer             suchte. Nach dem Tod der drei Käufer verzettelten sich
             auf. So erwarb Johannes Wehrli 1772 eine der Mühlen am           die Erbanteile innerhalb der Familie aber immer stärker,
             Zürcher Mühlensteg ; der Betrieb wurde dann 1913 nach            bis dann Fritz Wehrli-Schindler 1996 alle Familienantei­
             Tiefenbrunnen verlegt. Der ‹ Hirschen › in Oberstammheim         le übernahm und seither mit seiner Familie ‹ das histori­
             büsste als traditionsreicher Wohnsitz an Bedeutung ein.          sches Ensemble mit Zukunft › weiterführt.        ●

                                        Themenheft von Hochparterre, März 2018 — Die Kraft des Ensembles — Eine Haus- und Familiengeschichte   19

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