Der europäische Sozialdialog und der soziale Dialog im Eisenbahnsektor in den Ländern des Westbalkans: Kurzfassung
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Der europäische Sozialdialog und der soziale Dialog im Eisenbahnsektor in den Ländern des Westbalkans: Kurzfassung Mit finanzieller Unterstützung durch die Europäischen Union Europäische Akademie für umweltorientierten Verkehr EVA Bildung & Beratung
DER EUROPÄISCHE SOZIALDIALOG UND DER SOZIALE DIALOG IM EISENBAHNSEKTOR IN DEN LÄNDERN DES WESTBALKANS: KURZFASSUNG Eine Publikation der europäischen Sozialpartner, der Gemeinschaft der europäischen Bahnen und Infrastrukturgesellschaften (CER) und der europäischen Transportarbeiterföderation (ETF). Herausgegeben von EVA Europäische Akademie für umweltorientierten Verkehr
Der europäische Sozialdialog und der soziale Dialog im Eisenbahnsektor in den Ländern des Westbalkans DIESE PUBLIKATION IST EINE KURZFASSUNG DES BERICHTES, DER WÄHREND DES PROJEKTES “SOCIAL DIALOGUE IN THE RAILWAY SECTOR IN WESTERN BALKAN COUNTRIES” ENTWICKELT WURDE. DIE VOLLSTÄNDIGE VERSION DES BERICHTES LIEGT AUF ENGLISCH, KROATISCH, MAZEDONISCH UND SERBISCH VOR. DAS PROJEKT WURDE VON DEN EUROPÄISCHEN SOZIALPARTNERN DES EISENBAHNSEKTORS CER UND ETF INITIIERT UND VON DER EVA-AKADEMIE DURCHGEFÜHRT. MIT FINANZIELLER UNTERSTÜTZUNG DURCH DIE EUROPÄISCHE UNION. DIE PUBLIKATION GIBT DIE MEINUNG DES VERFASSERS WIEDER, DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION HAFTET NICHT FÜR DIE NUTZUNG DER ENTHALTENEN INFORMATIONEN. DIE EUROPÄISCHEN SOZIALPARTNER: Gemeinschaft der europäischen Bahnen und Infrastrukturgesellschaften (CER) Avenue des Arts, 53 // 1000 Bruxelles // Belgium Tel.: +32 2 2130870 // contact@cer.be // www.cer.be Europäische Transportarbeiterföderation (ETF) Galerie Agora // Rue du Marché aux Herbes 105, Boîte 11 // 1000 Bruxelles // Belgium Tel.: +32 2 2854660 // etf@etf-europe.org // www.etf-europe.org HERAUSGEBER UND PROJEKTTRÄGER: EVA – Europäische Akademie für umweltorientierten Verkehr gGmbH 4 Chausseestr. 84 // 10115 Berlin // Germany Tel: +49 30 3087526 // info@eva-akademie.de // www.eva-akademie.de
INHALTSVERZEICHNIS Der europäische Sozialdialog und der soziale Dialog im Eisenbahnsektor in den Ländern des Westbalkans EINLEITUNG 06 1. SOZIALDIALOG – WIE FUNKTIONIERT ER? 08 1.1. Hintergrund 08 1.2. Ziele und Nutzen des Sozialdialogs 09 1.3. Der europäische Sozialdialog - Formen und Prozesse 10 2. DER EUROPÄISCHE SOZIALDIALOG IM EISENBAHNSEKTOR 12 2.1. Die Geschichte des europäischen Sozialdialogs im Eisenbahnsektor 12 2.2. Die Struktur des europäischen Sozialdialogs im Eisenbahnsektor 12 2.3. Arbeitsprogramm und Ergebnisse 13 2.3.1 Das Arbeitsprogramm des Sozialdialogs auf europäischer Ebene 13 2.3.2 Vereinbarungen der Sozialpartner 14 2.3.3 Gemeinsame Empfehlungen 15 2.3.4 Gemeinsame Stellungnahmen 17 3. SOZIALER DIALOG IM EISENBAHNSEKTOR IN LÄNDERN DES WESTBALKANS 18 3.1. Kroatien 20 3.2. EJR Mazedoniena 22 3.3. Montenegro 24 3.4. Serbien 26 KONTAKTE LENKUNGSAUSSCHUSS UND SOZIALPARTNER WESTBALKAN 28 BIBLIOGRAPHISCHE ANGABEN 29 5
Belgrad, Serbien Skopje, Mazedonien EINLEITUNG Diese Broschüre stellt zunächst den Beschäftigten bei wettbewerblichen nationaler Arbeitsbeziehungssysteme europäischen Sozialdialog vor und Ausschreibungen bei öffentlichen hinaus – eine Grundkomponente des beschreibt anschließend die Situation Schienenverkehrsdiensten und im europäischen Sozialmodells, dessen des sozialen Dialogs in verschiedenen Falle eines Betreiberwechsels als Fol- wichtige Rolle selbst in den europäi- Ländern des Westbalkans. Sie ist die ge“ enthält Forderungen an soziale schen Verträgen verankert ist, darun- Kurzfassung eines Projektes, das von Aspekte, die in den Vorschlag des Eu- ter die Charta der Grundrechte.“2 Die den europäischen Sozialpartnern des ropäischen Parlaments zur Änderung Mitteilung der Kommission „Einen Eisenbahnsektors CER (Gemeinschaft der Verordnung 1370/2017 einflossen. arbeitsplatzintensiven Aufschwung der europäischen Bahnen und Infra- Wichtig ist die Beteiligung und das En- gestalten” stellt sogar fest, dass „Die strukturgesellschaften) und ETF (Euro- gagement der Mitgliedsunternehmen Länder, deren Arbeitsmärkte sich als päische Transportarbeiterföderation) und –gewerkschaften in den Ländern krisenfester erwiesen haben, ein ge- initiiert und von der EVA-Akademie für an den Prozessen. meinsames Merkmal aufweisen – ei- umweltorientierten Verkehr durchge- nen starken sozialen Dialog.”3 führt wurde. Auf der europäischen Ebene wird der soziale Dialog als hilfreiches Instru- CER und ETF möchten die Sozialpartner Die europäischen Sozialpartner des ment angesehen, Entwicklungen in der des Eisenbahnsektors in den Kandida- Eisenbahnsektors CER und ETF teilen Branche voranzubringen und aktuellen tenländern mit der Arbeit, die auf euro- die Auffassung, dass sozialer Dialog Herausforderungen zu begegnen. Es ist päischer Ebene geleistet wird, vertraut notwendig ist, um den Eisenbahnsek- das erklärte Ziel der Europäischen Uni- machen. Sie unterstützen außerdem tor weiterzuentwickeln und die Ar- on und der europäischen Sozialpartner den sozialen Dialog in den Mitglied- beitsbedingungen für die Mitarbeiter „die Kapazitäten der Sozialpartner zu staaten und Kandidatenländern im der Unternehmen zu verbessern. Sie stärken und das Problemlösungspoten- Westbalkan. Deshalb haben sie dieses bemühen sich um einen intensiven zial des sozialen Dialogs auf allen Ebe- Projekt initiiert, um den Kommunika- Dialog auf der europäischen Ebene, nen (EU, national/regional, sektoral, un- tionsprozess mit den Sozialpartner im denn gemeinsame Erklärungen und ternehmensintern) voll auszuschöpfen“ Westbalkan und auf europäischer Ebe- Empfehlungen der beiden Sozialpart- um eine „Wirtschaft mit hoher Beschäf- ne in Gang zu setzen. ner nehmen einen hohen Stellenwert tigung und ausgeprägtem sozialen und in der Gestaltung arbeitsbezogener territorialen Zusammenhalt”1 zu errei- Die an diesem Projekt beteiligten Län- Aspekte des Sektors ein. Ergebnisse chen. Dieses Projekt verstärkt die Wir- der sind das neue Mitglied Kroatien und ihrer gemeinsamen Arbeit beeinflus- kung und die Sichtbarkeit der Ergeb- die Kandidatenländer Serbien, Monte- sen die Gesetzgebung und politische nisse des europäischen Sozialdialogs negro und die ehemalige jugoslawische Entscheidungen. Als Beispiele seien im Eisenbahnsektor in den Ländern des Republik Mazedonien. Länderbesuche hier genannt die Vereinbarungen zur Westbalkans. Die Maßnahmen unter- und ein Seminar zu den Erfahrungen „Zertifizierung von Triebfahrzeugfüh- stützen die Sozialpartner der Kandida- und einem Informationsaustausch zum rern, die Lokomotiven und Züge im tenländer einen leistungsfähigen nati- nationalen und europäischen sozialen Eisenbahnsystem der Gemeinschaft onalen sozialen Dialog zu entwickeln Dialog im Eisenbahnsektor bildeten führen“ und „bestimmte Aspekte der und die Kenntnisse über die Struktur die Hauptthemen dieses Projektes. Die Einsatzbedingungen von fahrendem und den Nutzen des europäischen So- Absicht war, den sozialen Dialog als Ins- Personals im interoperablen gren- zialdialogs zu verbessern. trument vorzustellen, mit dem gemein- züberschreitenden Verkehr im Eisen- sam Probleme bilateral gelöst werden bahnsektor“, die in verschiedenen Die europäischen Institutionen beto- können. Gleichzeitig betonen die Initi- Gesetzgebungsprozessen in verbind- nen, dass ein funktionierender sozia- atoren, dass es notwendig ist, mit dem liche Richtlinien umgewandelt wur- ler Dialog wichtig für Wachstum und Instrument des sozialen Dialogs quali- 6 den. Die gemeinsame Stellungnahme Beschäftigung in den Ländern ist. „Der fiziert und geübt umzugehen und über zu „Sozialen Aspekten und Schutz der soziale Dialog ist – über die Vielfalt seine Prozesse und sein Potential gut in-
Podgorica, Montenegro Zagreb, Kroatien formiert zu sein. Ein weiterer Leitaspekt CER und ETF hat eine lange Tradition. • die verbesserte Wirkung und Sicht- war zu zeigen, dass es viele Möglichkei- Durch die Aktivitäten in früheren Kan- barkeit der Ergebnisse des europäi- ten gibt, einen sozialen Dialog auf Un- didatenländern konnten sie vielfältige schen sektoralen Sozialdialogs Eisen- ternehmens-, regionaler oder nationaler Erfahrungen sammeln. Im Jahr 2004 bahn in den Kandidatenländern, Ebene zu führen. Die Experten erläu- führten CER und ETF eine erste Reihe • ein besseres Verständnis der Partner terten die verschiedenen Systeme der mit Seminaren zum europäischen So- des sektoralen sozialen Dialogs unter- Arbeitsbeziehungen und vermittelten zialdialog in den neuen Mitgliedsstaa- einander in den Kandidatenländern, einen Überblick über die Vielfältigkeit ten durch. Die Seminare fanden statt in • Informationen für die Sozialpartner in der Dialogformen und der bestehenden Budapest mit den Sozialpartnern aus den Kandidatenländern über die Zie- Möglichkeiten. Das Projekt beabsichtig- Ungarn und Slowenien und in Bratis- le und Aktivitäten des europäischen te auch die Fähigkeiten der Sozialpart- lava mit denen aus der Slowakischen sektoralen Sozialdialogs Eisenbahn, ner zu verstärken, ihre Rolle im Prozess Republik, der Tschechischen Republik • die Befähigung der Sozialpartner der des sozialen Dialogs wahrzunehmen. und Polen. Die zweite Reihe wurde Kandidatenländer zur Teilnahme am Die Diskussionen sollten verdeutlichen, 2006 in Tallin und Bukarest organisiert. europäischen Sozialdialog, welche Umstände die Entwicklung des Die teilnehmenden Länder waren Est- • die Identifizierung von Perspektiven sozialen Dialogs beeinflussen, sowohl land, Lettland, Litauen, Bulgarien und des EU Beitritts. positiv als auch negativ. Rumänien. In dem folgenden Kapitel wird die Eine unabdingbare Voraussetzung ist Mit dieser positiven Erfahrung wurde Funktionsweise des europäischen So- ein gegenseitiges Verständnis und Ver- das Seminar dieses Projektes in Split mit zialdialogs beschrieben mit besonde- trauen zwischen den Sozialpartnern in Vertretern aus Kroatien, F.Y.R. Mazedo- rer Berücksichtigung der Aktivitäten diesem Prozess. Die grundlegenden nien, Montenegro, Serbien und Bosnien im Eisenbahnsektor. Die Sozialpartner Regeln des Dialogs müssen eingehal- und Herzegowina ausgerichtet. Die ver- im Eisenbahnsektor stehen in regel- ten werden. Die jeweiligen Parteien schiedenen Sozialpartner aus den Mit- mäßigem Kontakt um gemeinsame dürfen nicht allein ihren Standpunkt gliedstaaten und Kandidatenländern Vereinbarungen und Empfehlungen verkünden, sondern sie müssen ihrem lernten sich besser kennen und verste- zu relevanten sozialen und arbeitsbe- Partner auch zuhören, ihn ernst neh- hen. Das Seminar trug zu einem besse- zogenen Problemfeldern für den Eisen- men und die Argumente erwägen. Die- ren Verständnis der verschiedenen na- bahnsektor zu erzielen. Die Struktur, der ses Klima kann erreicht werden, wenn tionalen Systeme und der Struktur auf Prozess und die Ergebnisse des sozialen die Treffen und der Informationsaus- europäischer Ebene bei und wird die Dialogs werden in dieser Broschüre dar- tausch gut vorbereitet werden. Dafür Integration der neuen Partner in den gestellt. Errungenschaften werden die hat das Projekt ein Seminar zum Er- europäischen Sozialdialog erleichtern. Partner motivieren, den sozialen Dialog fahrungs- und Informationsaustausch fortzusetzen, zu intensivieren und ge- zwischen den Sozialpartnern der Län- Weitere Ergebnisse des Seminars waren: meinsame Aktivitäten zu entwickeln. der des Westbalkans und Vertretern • die Stärkung der Kapazitäten der Im dritten Kapitel beschreiben die Re- der Mitgliedstaaten und europäischer Sozialpartner Kroatiens und der präsentanten der Eisenbahnunterneh- Einrichtungen organisiert. Kandidatenländer ihren Beitrag zum men und Eisenbahnergewerkschaften Sozialdialog auf nationaler Ebene zu die spezifische Situation des sozialen Die Unterstützung des sozialen Dialogs leisten und in Zukunft auch auf euro- Dialogs in Kroatien, EJR Mazedonien, in den Kandidatenländern durch die päischer Ebene, Montenegro und Serbien. 1 Europäische Kommission (2010): Europa 2020 – Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum. Mitteilung der Europäischen Kommission. S. 22 u. S.5. 2 Europäische Kommission (2013): Arbeitsbeziehungen in Europa 2012. Zusammenfassung. S. 5. 3 Europäische Kommission (2012): Einen arbeitsplatzintensiven Aufschwung gestalten. Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen. S. 14. 7
1 SOZIALDIALOG – WIE FUNKTIONIERT ER? Der europäische Sozialdialog und der soziale Dialog im Eisenbahnsektor in den Ländern des Westbalkans 1.1 HINTERGRUND alogs entwickeln und diese in die nati- zwischen den Sozialpartnern zu erleich- onalen Vorschriften aufnehmen. Inner- tern, wobei sie für Ausgewogenheit bei Die Akteure in den Arbeitgeber-Arbeit- halb der 28 EU-Mitgliedstaaten kann der Unterstützung der Parteien sorgt. nehmer-Beziehungen sind vertraut dies in unterschiedlicher Form erfolgen 2. Zu diesem Zweck hört die Kommission mit dem Begriff „Sozialdialog“. Wenn und einen unterschiedlichen Grad der vor der Unterbreitung von Vorschlägen es darum geht, auf die Ausgestaltung Relevanz haben. Dabei spiegeln die im Bereich der Sozialpolitik die Sozial- und Entwicklung arbeitsbezogener verschiedenen nationalen Muster des partner zu der Frage an, wie eine Uni- Themen einzuwirken, ist der Sozialdia- Dialogs die unterschiedliche Geschich- onsaktion gegebenenfalls ausgerichtet log ein effizientes Mittel für die Akteu- te sowie wirtschaftliche und politische werden soll. re, die Sozialpartner. Was verstehen wir Situation der Länder wider. 3. Hält die Kommission nach dieser unter dem Begriff „Sozialdialog“? Die Anhörung eine Unionsmaßnahme für Definition der Internationalen Arbeits- Die Entwicklung des Sozialdialogs zweckmäßig, so hört sie die Sozialpart- organisation (ILO) lautet: beruht auf mehreren in Europa ge- ner zum Inhalt des in Erwägung gezo- schlossenen Übereinkommen und Re- genen Vorschlags an. Die Sozialpartner „Der Sozialdialog umfasst alle Arten der gularien. Hierbei handelt es sich um übermitteln der Kommission eine Stel- Verhandlung, der Anhörung sowie den Grundsatzdokumente, die die Betei- lungnahme oder gegebenenfalls eine Informationsaustausch zwischen Ver- ligung der Arbeitnehmer regeln und Empfehlung. tretern der Regierungen, der Arbeitgeber den Sozialdialog fördern: 4. Bei den Anhörungen gemäß den Ab- und Arbeitnehmer über Themen von all- • die ILO-Übereinkommen „Vereini- sätzen 2 und 3 können die Sozialpart- gemeinem Interesse. Wie der Sozialdialog gungsfreiheit und Schutz des Verei- ner der Kommission mitteilen, dass sie in der Praxis geführt wird, ist von Land zu nigungsrechts“, 1948 (Nr. 87)“ und den Prozess nach Artikel 155 einleiten Land und von Region zu Region unter- „Vereinigungsrecht und Recht auf Kol- wollen. Die Dauer dieses Prozesses darf schiedlich. Es kann ein dreiseitiger Prozess lektivverhandlungen“, 1949 (Nr. 98)6, höchstens neun Monate betragen, so- sein, an dem die Regierung offiziell betei- • die Europäische Sozialcharta (1961). fern die betroffenen Sozialpartner und ligt ist, oder es kann sich um zweiseitige Textsammlung, 6., zum 30. Juni 2008 die Kommission nicht gemeinsam eine Beziehungen zwischen den Sozialpart- aktualisierte Auflage7, Verlängerung beschließen. nern mit oder ohne indirekte Beteiligung • die Gemeinschaftscharta der sozialen Artikel 154 AEUV der Regierung handeln. Ferner kann der Grundrechte der Arbeitnehmer (1989)8, Sozialdialog informell oder institutionali- • die Charta der Grundrechte der Euro- siert geführt werden, wobei es häufig eine päischen Union. 20009. Kombination aus beiden Formen ist; er kann auf nationaler, regionaler oder Un- Der Vertrag von Lissabon (2009) refor- ternehmensebene stattfinden, branchen- miert die zwei Kernverträge der EU, den übergreifend, sektoral oder eine Kombi- Vertrag über die Europäische Union nation aus beidem sein.“ 4 und den Vertrag zur Gründung der Eu- ropäischen Gemeinschaft. Der letztere Der Grundsatz, die Arbeitnehmerver- wurde umbenannt in „Vertrag über die treter zu informieren und anzuhören, Arbeitsweise der Europäischen Union steht im Zentrum des europäischen (AEUV)“. Er soll der Union den Rechts- Sozialmodells und insbesondere des rahmen und die Instrumente bereitstel- Sozialdialogs. Die Richtlinie 2002/14/ len, die notwendig sind, um künftige EG, die einen allgemeinen Rahmen Herausforderungen zu meistern und für die Unterrichtung und Anhörung den Ansprüchen der Bürger gerecht zu der Arbeitnehmer in der Europäi- werden. Die Bestimmungen über den schen Gemeinschaft festlegt, sieht Sozialdialog, die Anhörung und Ver- „Mindestanforderungen für das Recht handlungen der Sozialpartner (vormals auf Unterrichtung und Anhörung der die Artikel 138 und 139 des Vertrags Arbeitnehmer in Unternehmen und von Amsterdam) wurden nahezu un- Betrieben in der Europäischen Gemein- verändert in den AEUV (Artikel 154 und schaft“ vor5. Diese Richtlinie verankert 155) übernommen. 10 die Rechte auf Unterrichtung und An- hörung als Teil des Sozialdialogs in der 1. Die Kommission hat die Aufgabe, die EU-Gesetzgebung (acquis commun- Anhörung der Sozialpartner auf Unions- 8 autaire). Neue Mitgliedstaaten müssen ebene zu fördern, und erlässt alle zweck- Strukturen und Aktivitäten des Sozialdi- dienlichen Maßnahmen, um den Dialog
1. Sofern die Sozialpartner dies wün- Sie fördert den sozialen Dialog und ach- gungsbedingungen durch Tarifverträge schen, kann der Dialog zwischen ihnen tet dabei die Autonomie der Sozialpart- in unterschiedlicher Form und auf ver- Der europäische Sozialdialog und der soziale Dialog im auf Unionsebene vertragliche Beziehun- ner Union. Der dreiseitige Sozialgipfel für schiedenen Ebenen. Gemeinsam kön- Eisenbahnsektor in den Ländern des Westbalkans gen einschließlich des Abschlusses von Wachstum und Beschäftigung trägt zum nen Vereinbarungen in Bereichen wie Vereinbarungen zur Folge haben. sozialen Dialog bei.“ 11 der sozialen Sicherheit, der Ausbildung 2. Die auf Unionsebene geschlossenen Artikel 152 AEUV oder des Arbeitsschutzes erarbeitet Vereinbarungen werden entweder nach oder Fragen von gegenseitigem Inter- den jeweiligen Verfahren und Gepflo- 1.2 ZIELE UND NUTZEN esse erörtert werden. Durch Anhörun- genheiten der Sozialpartner und der Mit- DES SOZIALDIALOGS gen äußern die Sozialpartner ihre Mei- gliedstaaten oder - in den von Artikel 153 nung zudem gegenüber Regierungen abgedeckten Bereichen - auf gemeinsa- Organisationen, die Arbeitgeber und und anderen öffentlichen Stellen, und men Antrag der Unterzeichnerparteien Arbeitnehmer vertreten, spielen eine im günstigsten Fall können sie auf die durch einen Beschluss des Rates auf Vor- wichtige Rolle in den Mitgliedstaaten Gestaltung der Arbeitsgesetze und Be- schlag der Kommission durchgeführt. der EU. Sie sind die Akteure, welche schäftigungspolitik einwirken. Das Europäische Parlament wird un- die Entwicklungen am Arbeitsplatz terricht. Der Rat beschließt einstimmig, und in Gesamtwirtschaft und Gesell- Das europäische Sozialmodell ist ein sofern die Vereinbarung eine oder meh- schaft mitgestalten. In welcher Form gemeinsames Konzept, das viele euro- rere Bestimmungen betreffend einen der und welchem Umfang diese Funktion päische Staaten für ihre Gesellschaften Bereiche enthält, für die gemäß Artikel wahrgenommen wird, ist jedoch von fördern. Es besteht eine breite Akzep- 153(2) Einstimmigkeit erforderlich ist. Land zu Land sehr unterschiedlich. tanz, dass dieses Modell mindestens Artikel 155 AEUV Auf nationaler Ebene beinhaltet sie die ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum, Festlegung von Lohn- und Beschäfti- einen hohen und steigenden Lebens- Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass der AEUV einen neuen Ar- tikel 152 enthält: DAS SCHLOSS VON VAL-DUCHESSE, BRÜSSEL: Im Januar 1985 lud Jacques Delors, Präsident der Europäischen „Die Union anerkennt und fördert die Kommission, die europäischen Sozialpartner zu ihrem ersten Treffen Rolle der Sozialpartner auf der Ebene der ein, um den europäischen Sozialdialog zu initiieren. Union unter Berücksichtigung der Unter- schiedlichkeit der nationalen Systeme. 4 http://www.ilo.org/global/about-the-ilo/decent-work-agenda/social-dialogue/lang--en/index.htm 5 http://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:f2bc5eea-9cc4-4f56-889d-3cc4c5ee5927.0004.02/DOC_1&format=PDF. Artikel 1. 6 http://www.ilo.org/global/about-the-ilo/decent-work-agenda/social-dialogue/lang--en/index.htm 7 http://www.coe.int/t/dghl/monitoring/socialcharter/presentation/ESCCollectedTexts_en.pdf 8 http://europa.eu/legislation_summaries/glossary/social_charter_en.htm 9 http://www.europarl.europa.eu/charter/pdf/text_en.pdf 10 Weitere Informationen siehe: Europäische Kommission, Generaldirektion Beschäftigung, Soziales und Integration: Leitfaden Soziales Europa, Teil 2: Sozialdialog, Januar 2012. 11 Vertrag über die Europäische Union (EUV) und der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), abgeändert durch den Vertrag von Lissabon (2007). 2008. Artikel 152. 9
Der europäische Sozialdialog und der soziale Dialog im Eisenbahnsektor in den Ländern des Westbalkans standard, einen hohen Beschäfti- Vereinbarungen können Kompromisse Stellungnahmen und Erklärungen gungsgrad, ein hohes Bildungsniveau, geschlossen und ein Interessenaus- können sie ihre Anliegen der europäi- umfassende Wohlfahrt und sozialen gleich erreicht werden, wie dies für die schen Kommission, dem europäischen Schutz, einen niedrigen Grad der Un- Gesetzgebung mitunter nicht möglich Parlament und dem Ministerrat kund- gleichheit und einen hohen Solidari- ist. Die Vorteile des Sozialdialogs wer- tun. Im Eisenbahnsektor haben die eu- tätsgrad umfasst und den Arbeitneh- den in den Mitgliedstaaten seit lan- ropäischen Sozialpartner bereits eine mer- und Arbeitgebervertretern sowie gem allgemein anerkannt. Vielzahl von Initiativen durchgeführt dem Dialog zwischen ihnen einen und zahlreiche gemeinsame Texte zur hohen Stellenwert beimisst. Der Sozi- Da die Wirtschaft und der Arbeitsmarkt Förderung ihrer Politik erarbeitet. Die aldialog und die Qualität der Arbeits- in Europa immer stärker zusammenge- Ergebnisse des Sozialdialogs im Eisen- beziehungen stehen im Zentrum des wachsen sind, wurde es wichtig, die bahnsektor werden in einem separa- europäischen Sozialmodells. Da der beschäftigungs- und sozialpolitische ten Kapitel beschrieben. Sozialdialog in den Mitgliedstaaten – Rolle der EU zu entwickeln. Die EU-In- insbesondere in den Gründungsstaa- stitutionen und die Mitgliedstaaten 1.3 DER EUROPÄISCHE ten und den Ländern, die bis zum Ende haben erkannt, dass ähnliche Vorteile SOZIALDIALOG – FORMEN des 20. Jahrhunderts beigetreten sind durch einen Sozialdialog auf europä- UND PROZESSE –, eine wichtige Rolle spielt, wurde er ischer Ebene erzielt werden können. in die institutionellen und richtungs- Aber der Sozialdialog auf europäischer Der Sozialdialog auf EU-Ebene – so- weisenden Texte und Verfahren aufge- Ebene gestaltet sich wegen seines wohl der branchenübergreifende als nommen, die diese Länder auf europä- transnationalen Charakters anders als auch der sektorale – existiert in zwei ischer Ebene erarbeitet haben. der soziale Dialog auf nationaler, regi- Hauptformen. Zum einen ist er die Ant- onaler oder Unternehmensebene. Die wort auf die Anhörung seitens der eu- Die Sozialpartner haben das beste europäischen Sozialpartner bieten ein ropäischen Kommission, zum anderen Wissen und die größte Erfahrung, was Forum für den Austausch von Ideen die unabhängige Arbeit zu Themen, die Gegebenheiten der Beschäftigung und Meinungen sowie zur Förderung die die Sozialpartner selbst festlegen. und sozialen Situation in dem jeweili- des Dialogs zwischen den Partnern. Sie Diese Prozesse können formeller oder gen Sektor und in den Unternehmen sind in der Lage, fortlaufend verbind- informeller Art sein, sie können auf betrifft. Mit ihrer Anhörung durch Po- liche Vereinbarungen und nicht ver- die Arbeitnehmer- und Arbeitsgeber- litiker und Behörden kann die Steue- bindliche Empfehlungen für relevante organisationen beschränkt sein oder rung im Bereich der arbeitsbezogenen Sozial- und Beschäftigungsthemen die Regierung und andere öffentliche 10 Themen verbessert werden. Durch auszuhandeln. In ihren gemeinsamen Stellen einbeziehen.
Der europäische Sozialdialog und der soziale Dialog im Eisenbahnsektor in den Ländern des Westbalkans DIE SOZIALPARTNER PRÄSENTIEREN IHRE GEMEINSAME STELLUNGNAHME „DER SCHUTZ DER BESCHÄFTIGTEN IN WETTBEWERBLICHEN AUSSCHREIBUNGEN“ IM SEPTEMBER 2013 DEN MITGLIEDERN DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS V.l.n.r.: Matthias Rohrmann (CER), Dr. Libor Lochman (CER), Karim Zéribi (MEP), Bogusław Liberadzki (MEP), Guy Greivelding (ETF), Karl-Heinz Zimmermann (EVG), François Nogué (CER) Der Dialog existiert in zwei Grundfor- ropäischen Gewerkschaftsbund (EGB) Die Kommission hört die branchen- men und erfolgt auf zwei Hauptebe- und die Arbeitgeber von BusinessEu- übergreifenden und sektoralen So- nen (je nach dem Grad der Beteiligung rope (weitgehend Arbeitgeber des zialpartner zu verschiedenen Fragen der verschiedenen Organisationen), privaten Sektors), dem Europäischen an und die Partner können mittels der entweder: Verband der öffentlichen Arbeitgeber Sozialdialogausschüsse gemeinsame und Unternehmen (CEEP) und der Eu- Antworten erarbeiten. In der europä- • zweigliedrig, d.h. nur zwischen den ropäischen Union des Handwerks und ischen Gesetzgebung muss die Kom- Sozialpartnern (Organisationen, die der Klein- und Mittelbetriebe (UEAP- mission in Bezug auf Prozesse, die die Arbeitgeber und Arbeitnehmer ME) vertreten. Auf Sektorebene sind die Beschäftigung und Sozialpolitik vertreten) oder die Sozialpartner diejenigen Verbän- betreffen, die Sozialpartner anhören. • dreigliedrig, d.h. unter Einbezie- de, in denen die nationalen Gewerk- Diese können Vereinbarungen aus- hung der Sozialpartner und der schaften und Arbeitgeberverbände handeln, die durch eine EU-Richtlinie EU-Institutionen (vorwiegend auf zusammengeschlossen sind, die in Rechtskraft erlangen, wie dies indi- branchenübergreifender Ebene). einer bestimmten Branche in Europa rekt bei der Vereinbarung über eine tätig sind. „europäische Lizenz für Triebfahr- Seine Hauptebenen sind: zeugführer, die im interoperablen • branchenübergreifend, d.h. der 43 Sektoren in Industrie, Dienstleis- grenzüberschreitenden Verkehr tätig Dialog deckt die gesamte EU-Wirt- tungen und Handel haben Sozialdia- sind“ (Richtlinie 2007/59/EG) der Fall schaft, den Arbeitsmarkt und alle logausschüsse gebildet, einer davon ist und direkt bei der Vereinbarung Sektoren ab; ist der Eisenbahnsektor. Die Arbeit des über „Einsatzbedingungen des fah- • sektoral, unter Abdeckung einer be- Ausschusses wird von der europäischen renden Personals im interoperablen stimmten Branche innerhalb der EU; Kommission unterstützt. In diesen Aus- grenzüberschreitenden Verkehr“ und schüssen können die Sozialpartner auf (Richtlinie 2005/47/EG). Im Verkehrs- • Unternehmen, mit den europäi- eigene Initiative über Fragen von ge- sektor haben eine Reihe von legislati- schen Betriebsräten als Hauptforen, genseitigem Interesse diskutieren, ge- ven Maßnahmen direkte soziale Aus- meinsame Arbeiten durchführen sowie wirkungen, was bedeutet, dass sie aus Auf branchenübergreifender Ebene Vereinbarungen und andere gemeinsa- der Sicht der Sozialpartner als soziale werden die Gewerkschaften vom eu- me Texte aushandeln. Gesetzgebung anzusehen sind. 11
2 DER EUROPÄISCHE SOZIALDIALOG IM EISENBAHNSEKTOR Der europäische Sozialdialog und der soziale Dialog im Eisenbahnsektor in den Ländern des Westbalkans 2.1 DIE GESCHICHTE DES abschätzung für neue branchenspezi- teilnehmen, müssen von der Europäi- EUROPÄISCHEN SOZIALDIALOGS fische Rechtsvorschriften, z.B. in Bezug schen Kommission als repräsentative IM EISENBAHNSEKTOR auf das 4. Eisenbahnpaket (internes Ver- Sozialpartnerorganisationen des Eisen- fahren). Dies wirkt wie ein Katalysator. bahnsektors anerkannt worden sein. Der europäische Sozialdialog im Eisen- Die europäischen Sozialpartner können Die Kriterien dafür sind, dass es sich um bahnsektor hat eine lange Geschichte. beschließen, autonome Verhandlungen europäische Organisationen handeln 1972 wurde auf Initiative der europä- zu führen (Art. 155). muss, dass ihre Mitglieder auf nationa- ischen Kommission ein gemeinsamer ler Ebene als Sozialpartner anerkannt Ausschuss für den Eisenbahnsektor ge- Verhandlungen nach Artikel 155 des sind, dass sie den Auftrag und die Fä- gründet. Seine Mitglieder wurden an- EU-Vertrages: eine wichtige Erfahrung higkeit haben, auf europäischer Ebene hand von Vorschlägen der relevanten als Sozialpartnerorganisation zu han- Sozialpartner von der Kommission er- Die europäischen Sozialpartner im Bahn- deln und dass sich die Partner gegen- nannt. Der Gemeinsame Ausschuss war sektor verhandelten erstmals im Jahr seitig anerkennen. zunächst eher ein beratendes Gremium 1996 und unterzeichneten 1998 eine als ein Forum für einen echten Sozial- Vereinbarung über die Integration der Auf Arbeitgeberseite sind die anerkannten dialog. Doch die einbezogenen Sozi- Eisenbahnbeschäftigten in die EU-Ar- Sozialpartner im Eisenbahnsektor: alpartner nutzten ihn zur Entwicklung beitszeitrichtlinie (93/104/EWG, heute • die Gemeinschaft Europäischer Ei- eines aktiven Dialogs und seit 1992 ma- 2003/88/EG). Mit dieser Vereinbarung senbahn- und Infrastrukturunterneh- chen sie sich die Vorteile zu Nutze, die erklärten die Sozialpartner gemeinsam, men (CER) der Vertrag von Maastricht in Bezug auf dass die Eisenbahnbeschäftigten in den • die Europäischen Infrastrukturbetrei- den sektoralen Sozialdialog bietet. Geltungsbereich der Arbeitszeitrichtlinie ber (EIM), seit 2005, einbezogen werden sollen und legten Der sektorale Sozialdialogausschuss für drei Tätigkeitsbereiche fest, auf die die und auf Gewerkschaftsseite: den Eisenbahnsektor wurde 1999 auf Möglichkeiten für Ausnahmeregelun- • die Europäische Transportarbeiterfö- gemeinsamen Antrag der Sozialpartner, gen des Artikels 17 der Richtlinie Anwen- deration (ETF). der CER und der ETF gegründet und hat dung finden können. den Gemeinsamen Ausschuss ersetzt. Die Aufgaben der Sozialpartner im Seine Gründung wurde notwendig, da Als die Arbeitszeitrichtlinie geändert formellen Sozialdialog sind: der Entschluss der Kommission 98/599 und die ausgeschlossenen Branchen • Anhörung zu Gesetzgebungsvor- vorsah, die Möglichkeit für einen eu- (Transportarbeiter, Seeleute, Ärzte in schlägen (Artikel 154) ropäischen Sozialdialog auf alle Sek- der Ausbildung) einbezogen wurden, • Bildung eines Sozialdialogausschus- toren auszudehnen, nicht nur auf eine erkannten die Kommission, das europä- ses und aktive Beteiligung begrenzte Anzahl von Gemeinsamen ische Parlament und der Ministerrat die • Aushandlung von Vereinbarungen, Ausschüssen zu beschränken. Einer Vereinbarung und die Definitionen der z.B. über Arbeitsbedingungen für den der Hauptunterschiede im Vergleich zu Sozialpartner ohne Einschränkung an. gesamten Sektor [Artikel 155(2) AEUV] den früheren Gemeinsamen Ausschüs- Mit dieser Vereinbarung einigten sich sen besteht darin, dass es sich bei den die Sozialpartner jedoch in Bezug auf Die Gremien des europäischen Sozial- Sozialpartnern nicht mehr um von der Grundsätze und handelten keine Bedin- dialogs sind der Sozialdialogausschuss, Kommission ernannte Einzelpersonen gungen für die Arbeitszeit aus. der Lenkungsausschuss und die Ar- handelt, sondern um die als repräsen- beitsgruppen. tativ anerkannten europäischen Sozi- 2.2 DIE STRUKTUR DES alpartnerorganisationen, welche die EUROPÄISCHEN SOZIALDIALOGS Der Sozialdialogausschuss für den Ei- Teilnehmer selbst benennen. IM EISENBAHNSEKTOR senbahnsektor hat 28 Mitglieder von jeder Seite - Arbeitgeberverbände Der europäische Sozialdialog ist im Das allgemeine Verfahren des formel- (von CER und EIM benannt) und Ge- EU-Vertrag (Artikel 152 AEUV) veran- len Sozialdialogs auf EU-Ebene wird im werkschaften (von der ETF benannt). kert. Die europäische Kommission soll Kapitel 1.3 beschrieben. Dieses Verfah- Die Vergütung durch die Europäische den Dialog zwischen den Sozialpart- ren findet auch auf den Eisenbahnsek- Kommission für die Teilnahme ist auf nern fördern und erleichtern und zu- tor Anwendung. die Vertreter der EU-Mitgliedstaaten gleich deren Autonomie wahren (Ar- beschränkt. Der Ausschuss versammelt tikel 152, 154). Die Kommission muss Der zweigliedrige Sozialdialog ist die sich einmal im Jahr zu einer Plenarsit- ferner die Sozialpartner im Bereich der Hauptform des Dialogs im Eisenbahn- zung. Der gegenwärtige Vorsitzende ist Sozialpolitik anhören (Art. 154), und sektor. Die europäischen Sozialpart- Guy Greivelding (ETF), der stellvertre- 12 zwar gemäß dem Verfahren der Folgen- ner, die an dem formellen Sozialdialog tende Vorsitzende Matthias Rohrmann
(CER). Der Vorsitzende und sein Stellver- Der europäische Sozialdialog und der soziale Dialog im treter werden alle zwei Jahre gewählt. Eisenbahnsektor in den Ländern des Westbalkans Der Lenkungsausschuss setzt sich aus fünf Vertretern von jeder Seite und den Sekretariaten von CER, EIM und ETF zusammen. Er erarbeitet die Tagesord- nung für die Plenarsitzung. Der Sozial- dialogausschuss für den Eisenbahnsek- tor hat zwei ständige Arbeitsgruppen. Die Arbeitsgruppe I konzentriert sich DIE UNTERZEICHNUNG DER GEMEINSAMEN auf Kompatibilität und Interoperabilität EMPFEHLUNGEN ZUM THEMA SICHERHEIT: (Vorsitzender: Anders Olofsson (CER), Am 5. Dezember 2012 durch Libor Lochman, Dr. Rudolf Müller, die Berichterstatter/innen sind Serge Sabine Trier und Guy Greivelding (LTR) Piteljon (ETF), Barbara Grau (CER). Die Arbeitsgruppe II konzentriert sich auf teresse ausfindig zu machen, und der Punkte in dem Arbeitsprogramm der Beschäftigungsfähigkeit und Chancen- Erfolg des europäischen Sozialdialogs europäischen Sozialpartner. gleichheit (Vorsitzende: Maria-Cristina hängt stark von der Fähigkeit ab, die Marzola (ETF), Berichterstatterinnen: Vik- europäische Dimension von Problemen Gemeinsame Empfehlungen sind das toria Kalass (CER), Daniela Zlatkova (ETF). und die Bereitschaft zu erkennen, diese zeitwichtigste Instrument der europä- Der Sozialdialogausschuss ist nach in- auf europäischer Ebene anzugehen. Die ischen Sozialpartner. Diese sind für die ternen Regeln organisiert. Bei seiner europäischen Sozialpartner erarbeiten Unterzeichnerparteien nicht rechtsver- täglichen Arbeit verfolgt er jedoch ei- jedoch verschiedene Arten von Texten, bindlich, sondern lediglich moralisch nen flexiblen Ansatz und nutzt seine die für die europäischen Eisenbahn- verbindlich. Gemeinsame Empfehlun- Struktur entsprechend den jeweils auf- unternehmen und -beschäftigten von gen richten sich zumeist an die CER und tretenden Anforderungen. Zusätzlich Vorteil sind. die ETF-Mitgliedsorganisationen und zu dem formalisierten Sozialdialog bil- sollen auf Unternehmensebene um- den die europäischen Sozialpartner je Unter Berücksichtigung der aktuellen gesetzt werden. Die europäischen So- nach dem jährlichen Arbeitsprogramm Entwicklungen im Sektor stellt der So- zialpartner im Eisenbahnsektor haben Ad-hoc-Projektgruppen. zialdialogausschuss jedes Jahr ein Ar- mehrere Gemeinsame Empfehlungen beitsprogramm auf; dieses erweitert unterzeichnet (siehe unten) und berei- sich zunehmend, da die Bedeutung, die ten im Rahmen ihres gegenwärtigen 2.3 ARBEITSPROGRAMM der Sozialdialog im Rahmen der formel- Arbeitsprogramms neue Empfehlungen UND ERGEBNISSE len Anhörung durch die Kommission zu zur Frage der Förderung der Beschäfti- sektoralen Rechtsvorschriften hat, erst gung im Eisenbahnsektor vor. Die Über- 2.3.1 DAS ARBEITSPROGRAMM DES seit relativ kurzer Zeit anerkannt wird. prüfung der Umsetzung der Gemeinsa- SOZIALEN DIALOGS AUF EUROPÄI- Allgemein deckt das Arbeitsprogramm men Empfehlungen wiederum ist Teil SCHER EBENE folgende Bereiche ab: des Arbeitsprogramms (z.B. anlässlich der Halbzeitbewertung des Weißbuches Bei ihrer gemeinsamen Arbeit diskutie- Unterrichtung und Anhörung zu zur europäischen Verkehrspolitik bis ren die europäischen Sozialpartner so- EU-Rechtsverschriften für den Schie- 2010). Im Ergebnis wurden bislang ge- ziale und personalbezogene Themen, nenverkehr (dreigliedriger Teil des Dia- meinsame Empfehlungen und gemein- die für die Eisenbahn- und Infrastruk- logs). Dies ist der formelle europäische same Standpunkte formuliert. turunternehmen sowie deren Personal Sozialdialog, in den die europäische in allen oder vielen EU-Mitgliedstaaten Kommission einbezogen ist. Gemeinsame Standpunkte zu von Bedeutung sind. Nach Artikel 153 EU-Rechtsvorschriften für den Schie- (3) über die EU-Sozialpolitik sind Ini- Verhandlung, Umsetzung und Weiter- nenverkehr und zur Sozialpolitik, so- tiativen, welche die Löhne betreffen, verfolgung von Vereinbarungen. Die fern gemeinsame Punkte festgestellt vom Spektrum der EU-Zuständigkeit Sozialpartner haben zwei bereits be- werden. Gemeinsame Stellungnah- ausgenommen. Zudem stehen den Ge- schriebene autonome Vereinbarungen men, wie z.B. „Soziale Aspekte und werkschaften zur Untermauerung ihrer ausgehandelt, die in Form von Richtli- Schutz der Beschäftigten bei Aus- Position keine wirksamen Instrumente nien des Rates in die EU-Gesetzgebung schreibungsverfahren im öffentlichen für Arbeitskämpfe auf europäischer Eingang gefunden haben. Die Durch- Schienenpersonenverkehr und im Ebene zur Verfügung. Daher sind die führung und Einhaltung der Vereinba- Falle eines Betreiberwechsels“, richten europäischen Sozialpartner gezwun- rungen auf nationaler Ebene sowie eine sich an Drittparteien und legen politi- gen, Themen von gemeinsamem In- eventuelle Überarbeitung sind reguläre sche Standpunkte dar. Diese Texte sind 13
für die Lobbyarbeit von Bedeutung. • „Das Konzept der Beschäftigungsfä- interoperablen grenzüberschreiten- Der europäische Sozialdialog und der soziale Dialog im higkeit im Eisenbahnsektor“ (2007) den Verkehr tätig sind“, Eisenbahnsektor in den Ländern des Westbalkans Der regelmäßige Kontakt und die for- • „Förderung der Sicherheit und des • Vereinbarung über „bestimmte As- melle Anhörung durch die europäische Sicherheitsempfindens gegenüber pekte der Einsatzbedingungen des Eisenbahnagentur zum Arbeitspro- Gewalt von dritter Seite“ (2012) fahrenden Personals im interoperab- gramm und zum Entwurf von Empfeh- • „Identifizierung und Vorbeugung len grenzüberschreitenden Verkehr“. lungen, welche die soziale Dimension psychosozialer Risiken im Eisenbahn- betreffen, sind durch die EU-Gesetz- sektor“ (2014) Mit diesen Vereinbarungen waren die gebung sichergestellt. Die Umsetzung Sozialpartner in der Lage, ihre eigenen der Richtlinie über die Zertifizierung Gemeinsame Stellungnahmen Bedingungen für die betroffenen Arbeit- von Triebfahrzeugführern, die Aufga- • „Soziale Aspekte und Schutz der nehmer zu definieren. Die Vereinbarung ben des fahrenden Personals und der Beschäftigten bei Ausschreibungs- über „bestimmte Aspekte der Einsatzbe- Arbeitsschutz im Rahmen der Techni- verfahren im öffentlichen Schienen- dingungen des fahrenden Personals im schen Spezifikationen der Interopera- personenverkehr und im Falle eines interoperablen grenzüberschreitenden bilität gehören beispielsweise zu den Betreiberwechsels“ (2013) Verkehr“ wurde im Juli 2005 im Rahmen Aufgaben der Agentur. des 3. Eisenbahnpakets in europäisches Gemeinsame Berichte Recht überführt (Richtlinie 2005/47/ Gemeinsame Projekte zu sozialen The- • Jahresbericht 2013 über die Beschäfti- EG). Der Inhalt der Vereinbarung über men. Im Hinblick auf die Erreichung gung von Frauen im Eisenbahnsektor die „europäische Lizenz für Triebfahr- von Ergebnissen entsprechend den (Jahresbericht 2014 in Vorbereitung) zeugführer“ wurde in den Entwurf der Zielsetzungen der jährlichen Arbeits- Richtlinie der Kommission „über die Zer- programme führen CER und ETF ge- Gemeinsame Projekte tifizierung von Triebfahrzeugführern, die meinsame Projekte und Studien durch. • Beschäftigungsfähigkeit im demo- Lokomotiven und Züge im Eisenbahn- Im Rahmen dieser Projekte werden ver- graphischen Wandel (3 Studien von system der Gemeinschaft führen“ aufge- schiedene Instrumente oder Know-how 2004 bis 2010) nommen und in die Richtlinie 2007/59/ entwickelt, wie z.B. Trainingsmodule, • Umstrukturierung des Schienengü- EG aufgenommen. wissenschaftliche Analysen, Beispiele terverkehrs und ihre Auswirkungen für bewährte Verfahren, gemeinsame auf die Beschäftigung (2008-2009) Die zwei Vereinbarungen sehen allge- Empfehlungen oder Standpunkte usw. • Sozialer Dialog in neuen Mitglied- meine Standards für die Qualifikation staaten und Bewerberländern (3 Pro- und den Arbeitsschutz vor, mit dem Das Arbeitsprogramm zeigt, dass die jekte in 2004, 2006, 2014) Ziel, ein Sozialdumping zu vermeiden. Sozialpartner in vollem Umfang sämt- • Chancengleichheit (3 Projekte: Sie sind ein wichtiger Beitrag der Sozi- liche Instrumente nutzen, die ihnen im 2004/2005, 2007 und 2012) alpartner des Eisenbahnsektors im Hin- Rahmen des europäischen Sozialdia- • Unsicherheit und Gewalt von dritter blick auf die Schaffung eines gemeinsa- logs zur Verfügung stehen, einschließ- Seite (2012) men europäischen Eisenbahnmarktes. lich der Unterrichtung und Anhörung, • Identifizierung und Vorbeugung psy- der gemeinsamen Stellungnahmen, chosozialer Risiken (2013) Die Verhandlungen waren schwierig Aushandlung von Vereinbarungen und • Soziale Aspekte und Schutz der Be- und alle Sozialpartner durchliefen einen gemeinsamer Projekte. schäftigten bei einem Wechsel des Lernprozess, der nötig war, um eine Ei- Bahnbetreibers (2013) nigung zu erzielen. Verhandlungen auf Überblick über die Ergebnisse europäischer Ebene mit einer multina- der vergangenen 10 Jahre tionalen Delegation mit Partnern aus 2.3.2 VEREINBARUNGEN unterschiedlichen Systemen und Ver- Vereinbarungen DER SOZIALPARTNER handlungskulturen erfordern eine große • Vereinbarung über eine „europäische Fähigkeit und Bereitschaft, den eigenen Lizenz für Triebfahrzeugführer, die im Die im Jahr 2003 ausgehandelten und nationalen Hintergrund zurückzustellen interoperablen grenzüberschreiten- am 27. Januar 2004 unterzeichneten und eine gemeinsame europäische Sicht den Verkehr tätig sind“ (2004) Vereinbarungen waren wegweisend zu finden. Aufgrund dieser erfolgreichen • Vereinbarung über „bestimmte Aspek- für den europäischen Sozialdialog im Verhandlungen konnten die europäi- te der Einsatzbedingungen des fahren- Eisenbahnsektor, da sie die möglichen schen Sozialpartner im Eisenbahnsektor den Personals im interoperablen gren- Folgen der EU-Politik für die Marktöff- wertvolle Erfahrungen sammeln. züberschreitenden Verkehr“ (2004) nung des Eisenbahnsektors und das Erfordernis für europäische soziale Re- Vereinbarung über eine „europäische Gemeinsame Empfehlungen geln vorwegnahmen. Lizenz für Triebfahrzeugführer, die im • „Bessere Vertretung und Integration • Vereinbarung über eine „europäische interoperablen grenzüberschreiten- 14 von Frauen im Eisenbahnsektor“ (2007) Lizenz für Triebfahrzeugführer, die im den Verkehr tätig sind“:
Auszug aus den Bestimmungen der Ver- von 12 Doppelruhen (48 h + 12 h) ohne Der europäische Sozialdialog und der soziale Dialog im einbarung (für den grenzüberschreiten- Wochenendgarantie. Eisenbahnsektor in den Ländern des Westbalkans den Verkehr): Mindestpausen: Bestimmungen für 2.3.3 GEMEINSAME Triebfahrzeugführer: bei einer Arbeits- EMPFEHLUNGEN zeit zwischen 6 - 8 Stunden ohne Unter- brechung: 30 Minuten; über 8 Stunden: Gemeinsame Empfehlungen sind pro- PROJEKTARBEITSGRUPPE 45 Minuten. Bestimmungen für anderes zessorientierte Texte, die, obwohl sie PSR-RAIL Berlin 2013 Fahrpersonal: bei einer Arbeitszeit von nicht verbindlich sind, befolgt werden mehr als 6 Stunden: 30 Minuten. müssen und die Fortschritte bei der Die CER-ETF-Vereinbarung hat den Umsetzung sind regelmäßig zu be- Vorschlag für die Zertifizierung von Tägliche Ruhezeit am Wohnort: Mindes- werten.12 Daher haben diese Verein- Triebfahrzeugführern 2007/59/EG) tens 12 Stunden; einmal pro Woche: 9 barungen eine große Bedeutung für weitgehend beeinflusst. Die Fahrer- Stunden (bei Ausgleich durch die fol- Unternehmen und Gewerkschaften im laubnis geht direkt auf diese Initiative gende Ruhezeit am Wohnort). Eine re- europäischen Eisenbahnsektor. Bislang der europäischen Sozialpartner zurück. duzierte Ruhezeit darf nicht zwischen 2 gibt es folgende Empfehlungen: Die Vereinbarung zielt auf die Sicher- auswärtigen Ruhezeiten liegen. • „Bessere Vertretung und Integrati- stellung von Qualifikationsstandards on von Frauen im Eisenbahnsektor“ und somit auf die Gewährleistung der Auswärtige Ruhezeit: Mindestens 8 (Rom, 12. Juni 2007) Sicherheit und die Erhöhung der Mo- Stunden. Eine tägliche Ruhezeit am • „Das Konzept der Beschäftigungs- bilität der Triebfahrzeugführer ab. Die Wohnort folgt auf eine tägliche aus- fähigkeit im Eisenbahnsektor“ (Bel- Fahrzeugführer erhalten eine europäi- wärtige Ruhezeit (Ausnahmen für grad, 4. Oktober 2007) sche Fahrerlaubnis und eine zusätzliche eine zweite auswärtige Ruhe sind auf • „Förderung der Sicherheit und des Bescheinigung, aus der die Infrastruktur nationaler und Unternehmensebene Sicherheitsempfindens gegenüber und das Rollmaterial hervorgehen, das möglich und werden zwischen den Gewalt von dritter Seite“ (Brüssel, 5. der Triebfahrzeugführer führen darf. Sozialpartnern ausgehandelt). Das Dezember 2012) Entgelt wird auf nationaler oder Unter- • „Identifizierung und Vorbeugung Vereinbarung über „bestimmte As- nehmensebene festgesetzt. psychosozialer Risiken im Eisenbahn- pekte der Einsatzbedingungen des sektor“ (Brüssel, 11. März 2014) fahrenden Personals im interoperablen Wöchentliche Ruhezeit: Mindestens 24 grenzüberschreitenden Verkehr“: Stunden + tägliche Ruhezeit (12 Stun- „Bessere Vertretung und Integration den), Garantie von 104 Ruhezeiten von von Frauen im Eisenbahnsektor“ Diese Vereinbarung wurde in die Richt- 24 Stunden / Jahr, Garantie von 12 Dop- linie 2005/47/EG (Anwendung von Art. pelruhen (48 h + 12 h), die den Samstag Auf der Basis einer gemeinsamen Stu- 155(2) AEUV) umgewandelt und in die und Sonntag umfassen, und Garantie die der Sozialpartner, die das Ziel hatte, nationalen Gesetzgebungen überführt. Sie sieht eine Begrenzung der Fahrzei- ten sowie Bestimmungen über Pausen, PROJEKTARBEITSGRUPPE “Protection of staff“ Paris 2013 tägliche und wöchentliche Ruhezeiten und die maximale Anzahl der auswärti- gen Ruhezeiten vor. Diese Vereinbarung hat das Ziel, die Sicherheit zu erhöhen und Sozialdumping zu vermeiden. Bewerberländer sind noch nicht von dieser Vereinbarung betroffen, die nur auf den grenzüberschreitenden Verkehr Anwendung findet, aber sie bietet Schutz angesichts des bevor- stehenden Wettbewerbs. Es gibt eine Rückschrittsklausel: die Vereinbarung darf nicht dazu dienen, die bereits in den nationalen Gesetzen und Verein- barungen verankerten Standards ab- zusenken. 15
die Vertretung von Frauen in den Bahn- Frankreich, Deutschland, Italien, Polen Mit den gemeinsamen Empfehlungen Der europäische Sozialdialog und der soziale Dialog im unternehmen und den verschiedenen und Schweden. wollen die europäischen Sozialpartner Eisenbahnsektor in den Ländern des Westbalkans Bahnberufen festzustellen, die Situati- des Eisenbahnsektors ihre Mitglieder – on zu bewerten und Beispiele für eine „Das Konzept der Beschäftigungsfä- die angeschlossenen Gewerkschaften bewährte Praxis zu identifizieren, die higkeit im Eisenbahnsektor“ und Unternehmen – bei der Ergreifung eine bessere Integration von Frauen von Maßnahmen unterstützen, die zur Folge hat, haben die Sozialpartner Mit den Empfehlungen zur Beschäfti- der Erhöhung der Sicherheit und des CER und ETF im Jahr 2007 gemeinsa- gungsfähigkeit raten die europäischen Sicherheitsempfindens der Beschäf- me Empfehlungen zur Förderung der Sozialpartner CER, EIM und ETF ihren tigten und der Fahrgäste gegenüber Chancengleichheit für Frauen im Eisen- Mitgliedsorganisationen und ange- Gewalt von dritter Seite dienen. Zu- bahnsektor vereinbart. Die Sozialpartner schlossenen Mitgliedern, die Strategie dem wollen sie einen Beitrag zur Stei- wollten einen Beitrag zu einer besseren der Beschäftigungsfähigkeit anzu- gerung der Qualität der Arbeitsbedin- Vertretung und Integration von Frauen wenden, wie sie in dem Memorandum gungen im Schienenpersonenverkehr in dem Sektor leisten, der traditionell von 2007 als zentraler Leitfaden für leisten und Strategien zur Prävention männlich dominiert ist. Daher verein- die Personalpolitik beschrieben wird. und zum Umgang mit Gewalt von drit- barten sie Empfehlungen die sich an ihre Das strategische Konzept basiert auf ter Seite am Arbeitsplatz entwickeln angeschlossenen Mitglieder richten und Vorbeugung und zielt darauf ab, ein durch praktische Maßnahmen der zur Umsetzung auf nationaler, regiona- Arbeitsumfeld zu schaffen, das die Kommunikation, der Vorbeugung, der ler und Unternehmensebene bestimmt Qualifikation, die Kompetenzen, die Intervention und der Nachsorge. Diese sind. Verweise auf den vollständigen Gesundheit und Eignung der Arbeit- Maßnahmen sollten auf die jeweiligen Text der Empfehlungen sind in den bib- nehmer bewahrt und verbessert. Alle Arbeits- und Unternehmensbereiche liografischen Angaben enthalten. beteiligten Parteien – Unternehmen, abgestimmt werden. Ein ganzheit- Arbeitnehmer, Betriebsräte und Ge- licher und gemeinsamer Ansatz gilt Laut den Gemeinsamen Empfehlungen werkschaften – tragen Verantwortung hierbei am erfolgversprechendsten. von 2007 wurde 2012 ein Folgeprojekt in diesem Bereich. Die Strategie sollte Die europäischen Sozialpartner emp- durchgeführt: „Folgeprojekt der Ge- auf der Basis des Sozialdialogs zwischen fehlen daher, dass eine nachhaltige Po- meinsamen Empfehlungen von CER / den Sozialpartnern im Hinblick auf ei- litik angewandt werden sollte, bei der ETF ‚Bessere Vertretung und Integration nen maximalen Nutzen für alle Partner in folgenden Bereichen Maßnahmen von Frauen im Eisenbahnsektor‘: Um- vereinbart werden. Der europäische ergriffen werden: setzung – Bewertung – Überarbeitung“. Sozialdialog hat den Prozess überwacht • Bewusstsein schaffen Die Studie hatte das Ziel, die Entwick- und gefördert und im Jahr 2008 eine • Einrichtung einer spezialisierten Stelle lungen in Bezug auf die Situation im Tagung zur Bewertung der bisherigen • Dokumentation, Erfassung und Analyse Jahr 2003 zu vergleichen, statistische Ergebnisse der Gemeinsamen Empfeh- • Sicherheitsmanagement und Daten hinsichtlich der besseren Ver- lungen durchgeführt. 2010 wurde ein Ausrüstung tretung von Frauen in den Bahnun- Folgeprojekt zur „Beschäftigungsfähig- • Präventive Ausbildung und ternehmen und den entsprechenden keit im demografischen Wandel“ durch- Sensibilisierung der Beschäftigten Gewerkschaften zu aktualisieren so- geführt, bei dem Beispiele für bewährte • Nachsorge wie die Umsetzung der Gemeinsamen Verfahren gesammelt und die Situation • Rechts- und Ordnungspartnerschaften Empfehlungen zu überwachen und zu in den Unternehmen in einer Studie • Bewährte Praxis bewerten. Dies umfasst die Bewertung, dargelegt wurden. • Dialog mit Politikern, anderen in welchem Umfang die Zielsetzun- Akteuren und Sozialpartnern / ziviler gen der Charta für Chancengleichheit „Förderung der Sicherheit und des und sozialer Dialog erreicht werden, die Identifizierung, Sicherheitsempfindens gegenüber • Vergabe öffentlicher Aufträge im welche Art von positiven Aktionen Gewalt von dritter Seite“ Schienenpersonenverkehr durchgeführt werden, und die Unter- • Abschluss einer Vereinbarung der suchung, ob die Bewertungsprozesse Die Sicherheit der Beschäftigten und Sozialpartner erfolgten und (quantifizierbare) Ziele der Fahrgäste der Eisenbahnen in Eu- • Regelmäßige Bewertung der festgesetzt wurden. Der Bericht enthält ropa ist für die europäischen Sozial- Effektivität der Maßnahmen die wesentlichen Ergebnisse der ver- partner und ihre angeschlossenen Un- gleichenden Analyse und die Bewer- ternehmen und Gewerkschaften von Eine detaillierte Erläuterung ist in einer tung. Er basiert auf einer quantitativen grundlegender Bedeutung. Obwohl vollständigen Fassung der Empfehlun- Befragung von 25 Unternehmen in 17 der Schienenpersonenverkehr grund- gen im Anhang enthalten. Ländern und 16 Gewerkschaften in 13 sätzlich sicher ist, sind die Sozialpart- Ländern, Mitgliedern von CER und ETF, ner vor allem besorgt über Gewalt von „Identifizierung und Vorbeugung und Interviews mit Unternehmens- und dritter Seite gegenüber den Beschäf- psychosozialer Risiken im Eisen- 16 Gewerkschaftsvertretern in Österreich, tigten im Schienenpersonenverkehr. bahnsektor“
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