Digitalisierung Potentiale, Herausforderungen, Hindernisse - SLV NRW
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ISSN Nr. 977 1865-3391 :TITELTHEMA 1 977 1865-3391 Beruf : Schulleitung 15. Jahrgang Oktober 2020 5,60 € :UNSER TITELTHEMA Digitalisierung Potentiale, Herausforderungen, Hindernisse :AUSSERDEM Technik in der Schule Herausgegeben vom ASD – Allgemeiner Schulleitungsverband Deutschlands e.V. b:sl 04:2020 Regionalausgabe des SLV NRW – Schulleitungsvereinigung Nordrhein-Westfalen e.V.
2 :TITELTHEMA Virenfrei 99,9% Filterleistung im digitalen Gegen Covid 19 im Einsatz – jetzt kostenlos testen! Klassenzimmer Für ein gesundes und zeitgemäßes Lernumfeld Die Corona-Pandemie erfordert neue Lösungsansätze – auch oder gerade in der Schule. Schaffen Sie jetzt die optimalen Rahmenbe- dingungen für das digitale Lernen im Klassenzimmer. Mit dem neuartigen AiroDoctor sorgen Sie für saubere Luft und eine gesunde und virenfreie Umgebung. Mit moderner und innovativer Technologie begleiten wir Sie zudem auf dem Weg zum digitalen Klassenzimmer. Wir beraten Sie gerne und vermitteln Ihnen einen unserer bewährten Fachhandelspartner in Ihrer Nähe. Sprechen Sie uns an! Mehr Infos Antiviraler Luftreiniger auf Basis Interaktive Displays von Newline Dokumentenkameras mit effekti- einer UV-LED-Photokatalyse, der bieten umfangreiche Tools für ver interaktiver Lerntechnologie für infektiöse Aerosole nachweis- den Unterrichtsalltag – auch ver- Klassenräume. Sie ermöglichen lich rückstandslos unschädlich fügbar mit Pylonensystem und einen abwechslungsreichen und macht – auch Covid 19-Viren! analogen Klapptafeln. lebendigen Unterricht und sind Dank der einfachen Bedienung bei Schülern und Lehrern beliebt. Folgen Sie uns auf www.comm-tec.de b:sl 04:2020
:VORWORT 3 AKTUELL Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, 4 Aus den Bundesländern liebe Leserinnen und Leser! TITELTHEMA – DIGITALISIERUNG 6 Der Weg ist noch lang Schule, so konstatiert Prof. Stephan Huber im Leitartikel der vorliegenden 8 Wie Studierende für Schüler per Videokonferenz experimentieren b:sl-Ausgabe, kann durch die Digitalisierung „gerechter und schülerzentrierter“ 9 Online-Lernen bleibt für viele Schulen und Lernende eine werden. Der Paradigmenwechsel zum „blended learning“, den Schulforscher Herausforderung zu Recht herbeisehnen, erfolgt jedoch nicht voraussetzungsfrei, sondern unter 10 Corona hat dem digitalen Lernen und Arbeiten den Weg geebnet enormen Anstrengungen von Lehrerschaft und Leitung — sowie der Bildungspo- 11 30 Prozent der Schulkinder weltweit haben keinen Zugang zu litik als Ganzes. Online-Unterricht 12 Lernen mit YouTube Gerade die politischen Akteure verharrten jedoch in den vergangenen Jahren 13 Schlechtes Zeugnis für Deutschlands Schulen in ihrer Bringschuld, selbst wenn der „Digitale Bildungspakt“ einen großen 14 Pandemie-bedingte Digitalisierung an Schulen: Errungenschaften, Schritt in die richtige Richtung markierte. Auch heute noch fehlen Vorausset- Erfolge und Hindernisse zungen für den Einsatz digitaler Medien im Unterricht! Denn wer kann/soll die Geräte einrichten und warten? Bislang waren es häufig Lehrkräfte, doch THEMA – SCHULENTWICKLUNG in Zeiten des Lehrkräftemangels stehen auch diese nicht zur Verfügung oder 19 Scrum in die Schule? sind hierfür zu kostbar. Es braucht daher eine weitere Profession in der Schule: den New Media Assistenten oder Administrator! TITELTHEMA – TECHNIK IN DER SCHULE 23 High-Tech Humboldt Im März 2020 haben sich die Umstände radikal verändert. Aus der (ver- 24 Der Schutz sensibler Schülerdaten im Cloud-Zeitalter meintlich) optionalen Digitalisierung ist unter Pandemie-Bedingungen eine 26 So erstellen Sie einen Medienentwicklungsplan notwendige geworden. Dass diese einschneidenden Veränderungen nun mit all den anderen Belastungen zusammenfallen, die Covid-19 unserer THEMA – COVID-19 & SCHULE Gesellschaft aufbürdet, ist eine riesige Herausforderung. Perspektivisch bietet 27 Unterricht in Zeiten von Corona diese Veränderung allerdings auch eine große Chance für die Entwicklung von Schule insgesamt. THEMA – PRIVATSCHULEN 28 Privatschulen: Eltern bezahlen im Schnitt 2.000 Euro pro Jahr Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre! für einen Platz Ihre THEMA – SPRACHKOMPETENZ Gudrun Wolters-Vogeler 29 „Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt.“ Vorsitzende, Allgemeiner Schulleitungsverband Deutschland e.V. THEMA – BILDUNGSFORSCHUNG 31 Geschlechtsspezifische Unterschiede bei globalen und multikulturellen Themen THEMA – MEHRSPRACHIGKEIT 32 Wie können sprachliche Bildung und Mehrsprachigkeit vereinbart werden? THEMA – SCHULFORMENEMPFEHLUNGEN 33 Gesamtschulen: Bildungskarrieren, Schulerfolg und die Leistung der Schulform THEMA – HATTIE IN DER DISKUSSION 34 Hatties pädagogisch-konzeptionelle Grundlinien THEMA – LEHRERBILDUNG 38 Karliczek: Wir wollen unsere Lehrkräfte fit für die Zukunft machen 39 Lehrerfortbildung über Social Media THEMA – NEUES VON UNSEREN PARTNERN 40 DigitalPakt Schule — was bedeutet er für die Bildungslandschaft? RUBRIKEN 41 Lesestoff — Informationen für Schulleitungen IMPRESSUM 42 Adressen, Impressum TITEL Herausgegeben vom ASD — Julia M. Cameron, Pexels Allgemeiner Schulleitungsverband Deutschlands e.V. b:sl 04:2020
4 :AUS DEN BUNDESLÄNDERN Kurznachrichten aus den Bundesländern Wissenswerte Neuigkeiten — von der Redaktion zusammengestellt Quelle: bildungsklick.de SACHSEN BEGABUNGSGERECHTIGKEIT LEITET SACHSENS stützung, damit sie ihre Potenziale entfalten Die bereits vorhandene Expertise wird von BILDUNGSSYSTEM können und eine Unterforderung vermieden Beginn an eingebunden, die Haltung und das Sachsen ist das erste Bundesland, das syste- wird. Deshalb muss die Begabtenförderung so Grundverständnis der Teilnehmenden zum matisch die Begabtenförderung von der Kita früh wie möglich und nicht erst an den Gym- Thema Hochbegabung reflektiert. Das Fach- bis zum Abitur umsetzen wird. Kita, Grund- nasien erfolgen. Mit dem Projekt versuchen curriculum wird interdisziplinär aufgebaut und schule und Gymnasien werden unter Einbe- wir, auch bundesweit neue Wege zu gehen. Ich bezieht die Bedarfe aller mit ein. Sukzessive zug der Beratungsstelle zur Begabtenförde- bin schon sehr gespannt auf die Ergebnisse und werden Kompetenzzentren in der Begabungs- rung (BzB) im Erkennen und Fördern von freue mich, dass sich die Karg-Stiftung mit ih- und Begabtenförderung qualifiziert, die dann hochbegabten Kindern und Jugendlichen rer fachlichen Expertise wiederholt in Sachsen über den Freistaat Sachsen verteilte Netzwerke weiter qualifiziert und in der Netzwerkbil- engagiert“, so Kultusminister Christian Piwarz. bilden und ihre Expertise und Erfahrungen in dung unterstützt. der Begabtenförderung in ihren Regionen wei- Am 2. Oktober 2020 fand in Dresden Das Projekt basiert auf dem dreigliedrigen tergeben. So entstehen flächendeckende bega- die Auftaktveranstaltung zu dem sechs Jah- Konzept Karg Campus und beinhaltet folgen- bungsgerechte Bildungsstrukturen. re dauernden Projekt Karg Campus Sachsen de Komponenten: Fortbildung, Prozessbe- „Begabungsgerechte Bildungssysteme statt, das das Sächsische Staatsministerium gleitung und Vernetzung: haben alle Kinder und Jugendliche mit ihren für Kultus und die Karg-Stiftung gemeinsam Begabungen im Blick — vor allem diejenigen, durchführen. ▷▷ Fortbildung: Veranstaltungen für das ge- die unter erschwerten Bedingungen leben. In Sachsen hat die Begabtenförderung samte Team/Kollegium vor Ort sowie re- Gerade dort ist es wichtig, Hochbegabung zu schon lange einen hohen Stellenwert. Ziel gelmäßige zentrale Veranstaltungsformate suchen, so früh wie möglich zu entdecken und und Anliegen des Freistaates Sachsen ist die für Projektteams vermitteln das notwen- zu fördern. Denn je eher die Potenziale von Weiterentwicklung des umfassenden sächsi- dige Sach- und Handlungswissen in der hochbegabten Kindern und Jugendlichen er- schen Systems der Begabungs- und Begab- Förderung Hochbegabter. kannt werden, desto besser kann man sie auf tenförderung. Es gilt, vergleichbar starke ▷▷ Prozessbegleitung: Die Begleitung der pä- ihrem Bildungsweg begleiten. Daher ist es nur Strukturen wie im gymnasialen Bereich nun dagogischen Fach- und Lehrkräfte und der konsequent, Kitas als Bildungsorte und Orte auch für die Bereiche der Frühen Förderung Einrichtungen bei der Weiterentwicklung der Begabtenförderung zu verstehen und dort und der Primarstufe auf- und auszubauen. und Schärfung ihrer standortbezogenen die Grundlage zu legen. Ebenso konsequent Unter der Zielperspektive einer möglichst Angebote der Begabtenförderung und des sollte dann die Begleitung Hochbegabter früh einsetzenden und durchgängigen in- Transfers der Inhalte der Fortbildungen durch die Schulstufen erfolgen. Wir freuen klusiven Begabungsförderung soll ein letzt- stellt die Fachexpertise der Kolleginnen uns sehr auf dieses große Karg Campus-Pro- lich institutions- und schulartübergreifendes der Beratungsstelle der Begabtenförderung jekt mit dem Freistaat Sachsen und dem SMK, Netzwerk von Bildungseinrichtungen auch (BzB) sicher. denn zum ersten Mal wird die Begabtenförde- in der Begabungs- und Begabtenförderung ▷▷ Vernetzung: Die entstandenen Kita-/ rung so stringent in ein Bildungssystem einge- entstehen. Sachsen ist dann eines der ersten Grundschultandems werden mit den schon bettet“, so Dr. Ingmar Ahl, Vorstand Zwecker- Bundesländer mit einem wirklich durchge- bestehenden gymnasialen Kompetenzzen- füllung der Karg-Stiftung. henden Konzept und einem Bildungssystem tren und regionalen und überregionalen in der Begabungs- und Begabtenförderung. Akteuren der Begabtenförderung vernetzt. „Begabte Kinder brauchen eine ganz be- Hier steht das Voneinander-Lernen und die sondere individuelle Förderung und Unter- gemeinsame Weiterentwicklung im Fokus. b:sl 04:2020
:AUS DEN BUNDESLÄNDERN :TITELTHEMA 5 BAYERN NEUE WEGE BEI FÖRDERUNG DER LESE- UND SCHREIBKOMPETENZ Bayern stärkt die Vermittlung von Lese- und Schreibkompetenzen wei- ter und setzt dabei auf eine breite Kooperation verschiedener Partner. Mit dem Beginn des Schuljahres 2020/21 startete an mehr als 60 Schulen in ganz Bayern deshalb nun die Fortsetzung der gemeinsa- men Bund-Länder-Initiative „Bildung durch Sprache und Schrift“ (BiSS). Bei „BiSS-Transfer“ knüpfen die Schulen bei der Förderung der Lese- und Schreibkompetenzen an die Erfahrungen und Erfolge der ersten Phase (2013–2019) an. Herbert Püls, der Amtschef im Bay- erischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus, betont: „Gute Lese- und Schreibkompetenzen legen die Grundlage für erfolgreiches lebenslanges Lernen und Arbeiten. Sie sind Meilensteine der persön- lichen Entwicklung und heute wichtiger denn je. Die guten Leistun- gen der bayerischen Schülerinnen und Schüler unter den sich stetig verändernden Lern-, Arbeits- und Lebensbedingungen, die unsere Gesellschaft ausmachen, zu erhalten und weiter zu fördern, ist Bayern daher ein großes Anliegen.“ Anzeige BiSS-Transfer: Transfer von Sprachbildung, Lese- und Schreibförderung In der nun angelaufenen Transferphase des BiSS-Projektes nutzt Bay- Leiten Sie eine ern die Erkenntnisse, die in den vergangenen Jahren im Austausch mit anderen Ländern sowie dem Trägerkonsortium, bestehend aus dem Deutsche Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache, dem DIPF I Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinfor- Auslandsschule! mation und dem Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) gewonnen werden konnten. Dies gilt in besonderem Maße für die Erfahrungen der bayerischen Verbünde vor Ort, die regional sowie z. T. jahrgangsstufen-, schulartübergreifend und sogar über die Be- ■ Reizt Sie die Arbeit in einem bilateralen und international reiche von Vorschul- und Primarstufe hinweg kooperierten. Die dort kulturell geprägten Umfeld? erprobten Konzepte kommen nun einem breiteren Kreis an Schulen ■ Übernehmen Sie das Management eines komplexen Schulsytems! und damit Schülerinnen und Schülern zugute und werden noch stärker mit erfolgreichen bayerischen Initiativen und Programmen wie #lesen. bayern (www.lesen.bayern.de) und FiLBY (https://www.lesen.bayern.de/ www.auslandsschulwesen.de Tel.: 022899 358-3666 filby2) verknüpft. E-Mail: ZfA.Bewerbung@bva.bund.de Unterstützung erhält die Transferphase der BiSS-Initiative in Bay- ern neben den bereits genannten Partnern zusätzlich von erfahrenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern dreier bayerischer Uni- versitäten, die die Verbundschulen aktiv vor Ort begleiten und beraten. Besuchen Sie uns Wissenschaft und schulische Praxis arbeiten somit eng zusammen und bei der ZfA- erforschen neue Wege bei der Förderung der so wichtigen Kompeten- Online Veranstaltung zen für Schülerinnen und Schüler. Konkret unterstützen folgende bay- zu Austausch & erische Vertreterinnen und Vertreter der Forschung die Schulen inner- Information halb des BiSS-Transfers: am 28.10. oder 02.12. 2020 ▷▷ Prof. Dr. Anita Schilcher, Universität Regensburg (Nähere Informationen siehe QR-Code) ▷▷ Prof. Dr. Astrid Rank, Universität Regensburg ▷▷ Prof. Dr. Johannes Wild, Universität Bamberg ▷▷ PD Dr. Christel Meier, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg ▷▷ Prof. Dr. Markus Pissarek, Universität Passau b:sl 04:2020 BSL Magazin Schulleitungen 4/2020 ET: Oktober 20 Eckfeld 89x136mm
6 :TITELTHEMA DIGITALISIERUNG Wie lassen sich Lehr-/Lernangebote zeitgemäß umgestalten? Der Weg ist noch lang Didaktische Implikationen für die digitale Lehre Im Zuge der Bemühungen des Bildungssystems und der Bildungspolitik zur Schaffung von angemessenen und umsetzbaren Lernangeboten während der Corona-Pandemie sind sowohl Schulen als auch Hochschulen verstärkt gefordert, bisherige Wege des Unterrich- tens zu überdenken und umzugestalten. Dabei kommen zunehmend Diskussionen um digitale Lehr-/Lernangebote auf. Auch wenn diese Angebote nicht generell neuartig sind, so führt uns die aktuelle Krise derzeit klar vor Augen, dass die Anwendung von digitalen Lernangeboten bei Weitem noch nicht angemessen umgesetzt ist. Autor: Prof. Dr. Marc Beutner, Wirtschaftspädagoge an der Universität Paderborn • Foto: NeONBRAND, Unsplash I m Vorfeld der Corona-Situation wurde in der Bildungspolitik vor- rangig über die Schaffung technischer Voraussetzungen diskutiert. So wurden Schulen mit Smartboards, PCs, Laptops oder Tablets ausgestattet. damit in der CoronaZeit an, so findet man Lösungen von Lehrkräften, die durchaus überraschen. Wurde zuvor noch intensiv über die vielen As- pekte des Datenschutzes geredet, so werden nun Aufgaben teilweise auch Doch das ist zur Umsetzung längst nicht genug. Technisches Equipment über Wege versendet, die zuvor stark in der Kritik standen, etwa Skype, ist zwar eine notwendige Voraussetzung, aber kein Garant für die Um- Whatsapp und begrenzt abgesicherte CloudLösungen. setzung digitaler Lernangebote. Vielmehr geht es um die Kompetenzen von Lehrkräften, Dozentinnen und Dozenten, die mit den technischen Gegebenheiten umgehen können müssen. E-LEARNING: HERAUSFORDERUNGEN UND POTENZIALE Somit sind sowohl organisatorische als auch didaktische Kompeten- FÜR DIE DIDAKTIK zen für eine passende Umsetzung vonnöten. Hier ist es wichtig zu sehen, dass mit digitalen Lernangeboten verschiedene Aufgaben und Heraus- Lehrkräfte sowie Dozentinnen und Dozenten bringen sich intensiv ein forderungen einhergehen: etwa das Erstellen von Lernmaterialien und und sind um den Kontakt mit den Lernenden bemüht. Zudem setzen sie Aufgaben, Kommunikations - sowie Feedbackstrukturen, Betreuungs- sich dafür ein, den Lernenden Materialen zur Verfügung zu stellen, mit angebote, Umgang mit Datenschutz und Rechten, technische Unterstüt- denen diese arbeiten können. Oftmals werden hier EMailoder Down- zung der Lernenden sowie der Umgang mit kooperativen Lösungen auf load-Lösungen über Clouds umgesetzt. Doch genau in dieser Situation Lernplattformen und Clouds, mit dem Internet und Rechercheaufgaben treten auch eine Reihe von Kompetenzund Informationsdefiziten zutage. und mit der unterschiedlichen Qualität von Open Educational Resources. Bisweilen werden Aufgabenstellungen nicht speziell für den digita- Digitale Lehr-/Lernangebote wurden bisher sehr begrenzt einge- len Gebrauch entwickelt, sondern Scans von Lehrbuchseiten versendet setzt — in der Regel von Lehrenden, die bereits eine Affinität zu digita- oder reihenweise Aufgaben aus Lehrbüchern vergeben. Interaktive Mo- len Medien hatten. Die neue Situation stellt nun einen breiten Kreis von delle beschränken sich häufig auf Lösungen wie Videomeetings auf Sky- Lehrenden vor diese Aufgabe. Schaut man sich den aktuellen Umgang pe oder Zoom. Hier wird einfach das Sehen und Hören des Gegenübers b:sl 04:2020
:TITELTHEMA DIGITALISIERUNG :TITELTHEMA 7 fokussiert und oftmals nicht bedacht, dass zwischen den didaktischen Das Sommersemester 2020 wurde auf virtuelle Lehre umgestellt, sodass Anforderungen an Unterricht und einer Konferenz oder einem Meeting Module online angeboten werden. Das geht mit anderen Aufgaben und durchaus Unterschiede bestehen. Erfahrungen bei Lehrenden, Dozentinnen und Dozenten sowie bei den Lernplattformen mit geregelten Kursen, wie sie etwa mit Moodle, Ili- Studierenden einher. Lehrende müssen die Zielsetzungen und thema- as, CLIX, Learning Space, Blackboard oder anderen Lern-Management- tische Ausrichtung an verschiedene Mediennutzungen anpassen und -Systemen möglich sind, kommen aktuell eher weniger zum Einsatz. hier im Vorfeld Überlegungen zur Auswahl und Umsetzung anstellen. Dies ist zum einen damit zu erklären, dass die Schulen die technischen Inhalte gilt es vorzustrukturieren und in Teile zu zergliedern, die in Voraussetzungen dazu noch nicht haben, zum anderen damit, dass die Online-Medien behandelbar sind. Mit der Nutzung von Videostreams Lehrkräfte mit solchen Plattformen noch nicht vertraut sind. Hier wird können Vorlesungen zwar aufgezeichnet werden. Doch erfolgt hier auch deutlich, dass oftmals eigene Materialien der Lehrkräfte oder Bil- aufgrund des Kontaktverbots in der Corona-Situation gegebenenfalls dungsgänge wenig Anwendung finden, sondern stattdessen auf vorgefer- keine unmittelbare Studierendenkommunikation, so dass eine solche tigte Lösungen vertraut wird — wenngleich diese nicht immer zwingend im Stream auch nur sehr begrenzt dokumentiert werden kann. Hier zu den jeweiligen Curricula oder zum aktuellen Lernfortschritt passen. sind zusätzliche synchrone und asynchrone Kommunikations-und Blogs, zum Beispiel als Dokumentationstagebuch oder zur Online Betreuungskanäle sinnvoll, zum Beispiel über Zoom-Meetings, Chats Projektdokumentation, werden in der Breite wenig eingesetzt. Auch zum Modul, Diskussionsforen sowie Online-Sprechstunden im Netz. wenn einige Schulen sie bereits vor der CoronaKrise zur Praktikumsdo- kumentation genutzt haben, scheint eine durchgängige Befähigung für den Umgang damit nicht zu bestehen. Massive Open Online Courses GUT ABGESTIMMTES VORGEHEN VONNÖTEN (MOOCs), die in einfachen Formen bereits leicht umsetzbar sind, wer- den ebenfalls nur begrenzt eingesetzt. Auch Wikis könnten verstärkter in Im Sinne des Flipped Classroom sind Aufgaben und begleitende Unter- die Lehre einbezogen werden, da sie das Potenzial der Selbstorganisation lagen wie Texte, Audios und Kurzvideos gegebenenfalls vor der Veran- und -strukturierung mit sich bringen und eine aktive Auseinanderset- staltung zur Vorbereitung zur Verfügung zu stellen. Somit könnte dann zung mit dem Thema erfordern. in den Kommunikations- und Betreuungskanälen eine vertiefende Refle- Die Nutzung von virtuellen Klassenräumen ist ebenfalls eher sel- xion erfolgen. Für die Lernenden heißt das, dass zum einen disziplinierte ten zu beobachten, obgleich hier Klassensituationen mit fragend - Teilnahme sowie Vor- und Nachbereitung notwendig sind. Zum anderen -entwickelndem Unterricht, mit Gruppenarbeiten, Einzelaufgaben, müssen sie sich auf die veränderten Informationskanäle einstellen und Diskussionen und Präsentationen sowie Online-Abfragen und -Aufga- aktiv an Aufgaben arbeiten. Dabei ist es wichtig, sich der neuen Rolle im benstellungen recht angemessen abbildbar wären. Insbesondere bei den Rahmen des selbstorganisierten Lernens bewusst zu werden. Es ist eine virtuellen Klassenräumen fehlen oft die technischen Voraussetzungen — besondere Herausforderung, die unterschiedlichen Aufgaben selbstor- aber zudem auch Erfahrungen im Umgang mit dem Medium. gansiert und zeitgebunden zu bearbeiten. Hier ist eine klare Zeitplanung hilfreich und strukturiert die eigenen Lernprozesse. In Hochschulen und Schulen erfordert Digitalisierung auf Bildungs- LEHRKRÄFTE MÜSSEN LERNPROZESSE BEGLEITEN gangebene Abstimmung. Zum einen gilt es, sich über die technischen Notwendigkeiten zu verständigen und diese zu etablieren. Eine beson- Es ist wichtig, dass Lehrkräfte nicht nur die Rolle des Aufgabenverteilers dere Herausforderung ist die Schulung der Lehrenden für den didak- und Kontrolleurs übernehmen, sondern Lernprozesse begleiten. Dabei tisch adäquaten Umgang mit den digitalen Angeboten und Methoden. können beispielsweise Konzepte wie Online-Sprechstunden-Zeiten im Es muss jedoch auch eine inhaltliche Abstimmung erfolgen, um Dopp- Netz helfen. Bei digitalen Angeboten ist der didaktisch sinnvolle Einsatz lungen zu vermeiden und ein gemeinsames Arbeiten an einem Ziel zu genauestens zu planen und zu reflektieren. Hier kann es nicht allein da- ermöglichen. rauf ankommen, Lerninhalte zur Verfügung zu stellen und die Aufga- Lehrkräfte sowie Dozentinnen und Dozenten sollten in digitalen benerfüllung zu kontrollieren. Zielsetzungen, thematische Ausrichtung Kontexten nicht als Einzelkämpfer agieren. In der Regel ist es wichtig, und Methoden sollten auf die Zielgruppe abgestimmt sein. Ein Wechsel den Lernenden einen Eindruck von einem Gesamtkonzept zu vermitteln. von Methoden sowie Formen interaktiver Aufgabenstellungen sind sinn- Hierzu tragen die verschiedenen Lehrenden aktiv bei, indem sie die Ziele, voll und wichtig. Themen und Inhalte miteinander abstimmen und sich über die Ausrich- tung und die Beiträge der Kolleginnen und Kollegen informieren. Orga- nisatorisch bedarf es zudem Verantwortlicher, zum Beispiel Teamleiter, HOHES MASS AN DISZIPLIN GEFRAGT Bildungsgangleiter, Departmentsprecher oder IT-Fachkräfte. Hier geht es darum, Aufgaben zu koordinieren und die technischen Rahmenbedin- Berücksichtigt werden sollten die Motivation der Lernenden, zielgrup- gungen und Strukturen zu schaffen. penadäquate Themenstrukturierung, - erklärung und -reflexion, die Wichtig ist allerdings, dass jede Lehrkraft individuell die Verantwor- Unterstützung bei der Aneignung und somit eine Erleichterung von tung übernimmt. Oft wird eingebracht, vieles sei wegen technischer oder Lernprozessen sowie eine Rückmeldung über Lernerfolge mit Verbesse- organisatorischer Rahmenbedingungen nicht umsetzbar, was oftmals ein rungsvorschlägen und Aussagen zu Stärken. Auch eine Förderung und vorgeschobenes Argument ist, wie sich an einer Fülle von Umsetzungen Unterstützung im Rahmen des selbstgesteuerten Lernens und die aktive in Schulen und Hochschulen leicht illustrieren lässt. Eigenverantwor- Einforderung und Unterstützung von Kooperation und Kommunikation tung bedeutet auch, sich selbst aktiv mit den Möglichkeiten von digitalen sind wichtig. Angeboten auseinanderzusetzen und nicht auf eine Aufforderung oder Hier können Flipped-Classroom-Konzepte einen sinnvollen Anker Unterstützung zu warten. Es muss ja nicht immer eine hervorragende für die Organisation und Strukturierung bilden. Sie haben zum Ziel, High-End-Lösung sein. Vielmehr ist es wichtig, weitere Schritte zu gehen mehr Raum für interaktive Zusammenarbeit mit den Lernenden zu und selbst zu lernen. schaffen. Dies geschieht, indem klassische Erklärungsphasen nicht mehr Lehrkräfte, Dozentinnen und Dozenten leisten aktuell hervor- durch die Lehrenden erfolgen, sondern in ein Selbststudium verlagert ragende Arbeit. Diese gilt es weiter zu verstetigen, zu verbessern und werden, um anschließend eine Basis für eine gemeinsame Reflexion und auszubauen. Vertiefung zu bieten. Das stellt durchaus Anforderungen an die Lernen- den, sodass immer reflektiert werden sollte, inwieweit dieses Vorgehen für die Lernenden beziehungsweise ihren aktuellen Selbstorganisations- Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Gastbeitrag aus der Ausgabe grad als angemessen und umsetzbar eingestuft werden kann. 06/2020 von „DUZ — Magazin für Wissenschaft und Gesellschaft“. b:sl 04:2020
8 :TITELTHEMA DIGITALISIERUNG Wie Studierende für Schüler per Video- konferenz experimentieren Schülerlabore als außerschulische Lernorte Schülerlabore an Hochschulen sind außerschulische Lernorte von ganz besonderer Quali- tät. Dass sie auch digital funktionieren, stellt Sabrina Syskowski vom Institut für Chemie der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe unter Beweis. Die Doktorandin hat ihr Ange- bot zusammen mit den Studierenden, die es durchführen, pandemietauglich gemacht. Text: Pädagogische Hochschule Karlsruhe G emüsesaft ist nicht nur gesund, er kann auch dazu dienen, chemische Zusammen- hänge zu verdeutlichen. So lässt sich der unter renzen sind für die Studierenden ein komplett neues Spielfeld“, sagt Syskowski. Normalerwei- se begleiten sie die Schülerinnen und Schüler kator gelernt, sondern die angehenden Lehre- rinnen und Lehrer auch an Professionswissen gewonnen. anderem in Rotkohlsaft enthaltene Farbstoff in Präsenz beim Selbstexperimentieren, nun Cyanidin dazu einsetzen, den pH-Wert von sind sie es, die die Experimente durchführen Flüssigkeiten zu bestimmen. Platziert man ihn und dafür ebenso spannende wie lehrreiche ÜBER DAS LEHR-LERN-LABOR in Bubble-Tea-Bällchen und bringt diese mit Stundenentwürfe entwickeln. „Das funktio- MAKESCIENCE! verschiedenen Flüssigkeiten in Verbindung, niert richtig gut“, so Syskowski. verfärben sich die Bällchen. Rot werden sie Das Lehr-Lern-Labor makeScience! des Ins- beispielsweise, wenn die Flüssigkeit stark sau- tituts für Chemie der Pädagogischen Hoch- er ist, gelb, wenn sie stark alkalisch ist. Genau WELCHE FLÜSSIGKEIT BEFINDET SICH schule Karlsruhe ist sowohl außerschulischer dies macht sich Sabrina Syskowski, Doktoran- NOCHMAL IN GEFÄSS A? Lernort für Schülerinnen und Schüler der Se- din am Institut für Chemie der Pädagogischen kundarstufen I und II als auch Ort der Leh- Hochschule Karlsruhe (PHKA), in einem von Zwei Studentinnen beispielsweise heißen in rerbildung. Schülerinnen und Schüler führen ihr entwickelten Lehr-Lern-Konzept zunutze. ihrem Videokonferenzlabor zuerst alle sich hier angeleitet von Lehramtsstudierenden Die PHKA bietet es im Rahmen ihres Schüler- nacheinander zuschaltenden Schülerinnen und neu entwickelte Experimente zu lernplan- labors makeScience! an. Schüler willkommen, erläutern die Sicherheits- konformen oder weiterführenden Themen Doch in Zeiten von Covid 19 können hinweise, die auch an ihrem Küchenlabortisch durch. Und Studierende erhalten durch die Schülerinnen und Schüler nicht in den La- gelten, und beginnen die Lerneinheit mit einer Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern boren des Instituts für Chemie experimen- lockeren Fragerunde. Sie stellen live Bubb- einen tiefen Einblick in ihr späteres Berufs- tieren. Also hat Syskowski ihr Laborangebot le-Tea-Bällchen mit Rotkohlsaftkern her, schie- feld. Alle Angebote sind für Schulklassen „Chemische Reaktionen — platziert in Bubb- ben vorbereitete Folien auf den Bildschirm, kostenfrei. Die Angebote für die Sekundar- le-Tea-Bällchen“ dieses Semester kurzerhand füllen Zitronensaft, Wasser und weitere Subs- stufe II sind Teil des Gemeinschaftsprojekts in ein digitales Format umgewandelt. Statt tanzen in Gefäße, fragen und erklären und las- MINT²KA von Pädagogischer Hochschule Schüler vor Ort beim Selbstexperimentieren sen die Schüler dokumentieren, welche Bällchen Karlsruhe und Karlsruher Instituts für Tech- anzuleiten, realisieren Studierende der PHKA sich in welchem Gefäß wie verfärben. Geduldig nologie. und des Karlsruher Instituts für Technologie optimieren die Studentinnen die Webcam, da- (KIT) die Lerneinheiten in gekürzter Version mit alle gut sehen können, was sich in Gefäß A nun an zwei Terminen pro Woche per Video- befindet, und wiederholen gerne, dass Gefäß D Weitere Informationen: konferenz. Da dieses Lehr-Lern-Konzept Teil Seife enthält. Schritt für Schritt führen sie die https://www.ph-karlsruhe.de/projekte/ des Gemeinschaftsprojekts MINT²KA von Schüler dahin, selbst zu erkennen, dass sich Rot- schuelerlabor PHKA und KIT ist, arbeiten Studierende hier kohlsaft als pH-Wert-Indikator einsetzen lässt. https://www.mint2ka.de hochschulübergreifend zusammen. Und auch Eine Stunde dauert die digitale Lerneinheit, an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, anschließend geben die Schüler den Studieren- an der Sabrina Syskowski einen Lehrauftrag den Feedback: Das Angebot sei gut gewesen, hat, kommt es zum Einsatz. Bubble-Tea habe mit ihrem Alltag zu tun und „Mein Ziel war es, den Studierenden trotz Co- sie hätten etwas gelernt. Das freut nicht nur die rona den Kontakt mit Schülerinnen und Schü- Studierenden, sondern auch Sabrina Syskows- lern zu ermöglichen“, erläutert Syskowski und ki. Und nachdem sich die Schüler verabschie- freut sich, dass Studierende und Schulen das det haben, geht sie die Lerneinheit mit den bei- digitale Format so gut angenommen haben. den Studentinnen und weiteren Studierenden, Die Versuchsidee gibt sie vor, die Studierenden die zugeschaut haben, noch einmal kritisch setzen diese angeleitet in selbsterstellen Ler- durch. So haben nicht nur die Schülerinnen neinheiten für Schüler um. „Die Videokonfe- und Schüler etwas zum Thema pH-Wert-Indi- b:sl 04:2020
:TITELTHEMA DIGITALISIERUNG :TITELTHEMA 9 Online-Lernen bleibt für viele Schulen und Lernende eine Herausforderung Ergebnisse der PISA-Sonderauswertung Überall auf der Welt hat die COVID-19-Pandemie Schulen gezwungen, zu schließen und ihren Unterricht digital fortzuführen. Eine PISA-Sonderauswertung zeigt, dass die technischen Voraussetzungen hierfür sowie die Fähigkeiten des Lehrpersonals beim Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien sehr unterschied- lich ausgeprägt waren. Text: OECD Centre Berlin D ie Studie Effective Policies, Successful Schools basiert auf den Ergebnissen der jüngsten PISA-Erhebung 2018, an der etwa Die Studie zeigt auch große Unterschiede bei den Fähigkeiten der Lehrkräfte, vorhandene Technologien einzusetzen: Im OECD-Schnitt tigkeit. Insgesamt zeigen die Ergebnisse von PISA 2018 beachtliche Unterschiede zwischen begünstigten und benachteiligten Schulen in 600 000 15-jährige Schülerinnen und Schüler besuchten 65 Prozent der 15-Jährigen eine Bezug auf die personelle und materielle Aus- aus 79 Ländern und Volkswirtschaften teilge- Schule, in der die Lehrkräfte nach Angabe ih- stattung und insbesondere in Bezug auf die nommen haben. Sie zeigt: Im OECD-Schnitt rer Schulleitung über die erforderlichen tech- digitalen Ressourcen. So waren im OECD- hatte 2018 nahezu jeder 15-Jährige in der nischen und pädagogischen Kompetenzen Schnitt 27 Prozent der Schülerinnen und Schule Zugang zu einem Computer für den verfügen, um die digitalen Geräte im Unter- Schüler an einer Schule, deren Leitung angab, Unterricht. Allerdings bemängelten die Schul- richt zu nutzen. In Deutschland galt das für dass der Unterricht durch einen Mangel an leitungen vieler Länder, dass die Rechenleis- 57 Prozent, in Österreich für 83 Prozent und Lehrpersonal behindert wird. Personalmangel tung der Computer nicht ausreiche. Davon in der Schweiz für 70 Prozent. In Deutschland wurde dabei weit häufiger von Leitungskräften war insgesamt ein Drittel der Schülerinnen zeigte sich hier auch ein sozioökonomischer benachteiligter Schulen angegeben. Deutsch- und Schüler betroffen. Zusammenhang mit einem Vorsprung von land und Österreich gehören zu den Ländern, „Die Krise hat die vielen Unzulänglichkei- acht Prozentpunkten für die begünstigten in denen laut Schulleitungen auch ein ver- ten und Ungleichheiten in den Bildungssyste- Schulen (63 versus 55 Prozent). gleichsweise großer Mangel an Hilfspersonal men in aller Welt zum Vorschein gebracht“, so Im Durchschnitt der OECD-Länder be- bestand. In Deutschland gingen gut 50 Prozent OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher. suchten etwa 60 Prozent der 15-Jährigen eine der Schülerinnen und Schüler auf solche Schu- Besonders stark betroffen seien benachteiligte Schule, in der die Lehrkräfte nach Angaben der len, in Österreich waren es etwa 60 Prozent, im junge Menschen. „Jedes Land sollte sich stär- Schulleitung ausreichend Zeit haben, Unter- OECD-Schnitt 37 Prozent. ker anstrengen, um zu gewährleisten, dass alle richtsstunden vorzubereiten, in denen digitale Wenn allen Schülerinnen und Schülern Schulen über die erforderlichen Ressourcen Geräte integriert sind. Der Anteil reichte von unabhängig von ihrem sozioökonomischen verfügen, damit jedem Schüler gleiche Lern- nahezu 90 Prozent der Schülerinnen und Schü- Hintergrund gleiche Lern- und Erfolgs- und Erfolgschancen geboten werden.“ ler in den vier chinesischen Provinzen und chancen geboten werden sollen, müssen alle Zwischen begünstigten und benachteilig- Städten, die an PISA 2018 teilnahmen, bis zu Schulen über ausreichende und qualitativ ten Schulen gab es deutliche Unterschiede. So gut zehn Prozent der Schülerinnen und Schüler hochwertige Ressourcen verfügen und ange- hatten etwa in Spanien den befragten Leitungs- in Japan. In Deutschland betrug ihr Anteil etwa messen unterstützt werden, so die Autorin- kräften zufolge 70 Prozent der Schülerschaft in 44 Prozent, in Österreich etwa 81 Prozent und nen und Autoren der Studie. Die Studie zeigt begünstigten Schulen Zugang zu digitalen Ge- in der Schweiz etwa 75 Prozent. außerdem, dass die Basis für Bildungserfolg räten mit ausreichender Rechenleistung, aber Dagegen hatte eine Reihe von Schülerin- früh gelegt wird: Schülerinnen und Schüler nur 30 Prozent der Schülerschaft benachtei- nen und Schüler zu Hause nicht einmal die mit Vorschulbildung schnitten bei PISA bes- ligter Schulen. Als begünstigt werden hier die nötige Grundausstattung, um zu lernen. Im ser ab. In 68 von 78 Bildungssystemen, für bezeichnet, die nach sozioökonomischen Kri- Durchschnitt der OECD-Länder sagten neun die Vergleichsdaten vorliegen, kamen Schü- terien im Land zu den oberen 25 Prozent ge- Prozent der 15-Jährigen, sie hätten zu Hause lerinnen und Schüler ohne Vorschulbildung hören, als benachteiligt gelten die Schulen, die keinen ruhigen Platz zum Lernen. In Deutsch- mit weit größerer Wahrscheinlichkeit aus be- zu den unteren 25 Prozent auf derselben Skala land und der Schweiz galt das für knapp fünf nachteiligten Familien und gingen im Alter gehören. In Deutschland hatten nach Angaben Prozent, in Österreich für knapp vier Prozent. von 15 Jahren mit größerer Wahrscheinlich- der Schulleitungen knapp 60 Prozent Zugang Selbst in Korea, dem Land mit den besten PI- keit auf benachteiligte Schulen. zu leistungsstarken digitalen Geräten, in Öster- SA-Noten, gab jeder Fünfte in den am stärksten reich fast 80 Prozent und in der Schweiz sogar benachteiligten Schulen an, zu Hause keinen 86 Prozent. In diesen Ländern gab es auf die- ruhigen Platz zum Lernen zu haben. Hier finden Sie die vollständige Studie: sem Gebiet nur kleine Unterschiede zwischen Die Studie vergleicht auch andere Kernas- https://www.oecd.org/education/pisa-2018- benachteiligten und begünstigten Schulen. pekte von Schulpolitik und Chancengerech- results-volume-v-ca768d40-en.htm b:sl 04:2020
10 :TITELTHEMA DIGITALISIERUNG Corona hat dem digitalen Lernen und Arbeiten den Weg geebnet Auswertungen der Corona-Zusatzbefragung im Rahmen des Nationalen Bildungspanels Durch die temporären Schulschließungen zwischen März und Mai standen Lehrkräfte und Eltern ohne Vorlauf vor der Herausforderung, Kindern das selbstständige Lernen von zuhause aus zu ermöglichen. Erwerbstätige arbeiteten im Homeoffice, gingen in Kurzarbeit und mussten zusätzlich oftmals die Kinderbetreuung alleine stemmen. Text: LIfBi Leibniz-Institut für Bildungsverläufe • Foto: Annie Spratt, Unsplash D ie ersten Auswertungen der Corona-Zusatzbefragung im Rah- men des Nationalen Bildungspanels (NEPS — National Educa- tional Panel Study), der größten Langzeit-Bildungsstudie in Deutsch- ÜBER DAS NEPS UND DIE CORONA-ZUSATZBEFRAGUNGEN Das Nationale Bildungspanel (NEPS), das am Leibniz-Institut für land, zeigen jetzt, wie gut Eltern ihre Kinder beim Homeschooling Bildungsverläufe (LIfBi) in Bamberg beheimatet ist, besteht aus sechs wirklich unterstützen konnten und welche Erwerbstätigen von der großen Teilstudien, den sogenannten Startkohorten. Diese umfassen Flexibilisierung bei Arbeitszeiten und Arbeitsorten tatsächlich pro- insgesamt mehr als 60.000 getestete und befragte Personen von der fitiert haben. Geburt über Ausbildungs- und Erwerbsphase bis hinein in die Nacher- In der NEPS-Zusatzbefragung wurden unter anderem 1.452 El- werbsphase sowie 40.000 zusätzlich befragte Personen aus deren Um- tern von Schülerinnen und Schülern der 8. Klasse zu ihrer Selbstein- feld, etwa Eltern und pädagogisches Fachpersonal. Die Stichproben der schätzung darüber befragt, wie gut sie ihren Kindern beim Lernen Startkohorten wurden repräsentativ für ganz Deutschland gezogen. zuhause helfen konnten. Auch wenn die meisten Eltern sich dieser Das NEPS wird getragen von einem interdisziplinär zusammenge- Aufgabe gewachsen fühlten, traten Unterschiede in Abhängigkeit setzten, deutschlandweiten Exzellenznetzwerk, in dem zwölf renom- vom Bildungshintergrund zutage. So gaben fast ein Drittel der Eltern mierte Forschungsinstitute zusammenarbeiten. Geleitet wird das NEPS ohne akademischen Hintergrund an, sie hätten ihre Kinder schlecht von Prof. Dr. Cordula Artelt vom Leibniz-Institut für Bildungsverläufe oder gar nicht unterstützen können. Zudem hatten rund 13 Prozent in Bamberg. Wie bei allen im Rahmen des NEPS durchgeführten Be- der Kinder einen unzureichenden oder gar keinen Zugang zu der für fragungen üblich, werden auch die Daten der Corona-Zusatzbefragun- die digitale Lehre notwendigen Technik, wobei der Bildungshinter- gen sorgfältig anonymisiert und durch das LIfBi Bildungsforschenden grund hier keine Rolle spielte. weltweit zugänglich gemacht. Bildungsunterschiede spielten auch im Arbeitsleben während der Durch die im Nationalen Bildungspanel erhobenen Daten stehen Zeit der Corona-Beschränkungen eine große Rolle. Für die Zusatzerhe- Forscherinnen und Forschern international einzigartige Langzeitda- bung wurden Erwerbstätige aus unterschiedlichen Beschäftigten- und ten zur Verfügung, die nicht nur eine Momentaufnahme während der Altersgruppen befragt. Unter anderem zeigte sich, dass der Zugang Corona-Pandemie ermöglichen. Damit liefern die für Deutschland re- zum Homeoffice stark vom Bildungsniveau abhängt: Je niedriger das präsentativen Studien des NEPS einen wichtigen Beitrag für die Auf- Bildungsniveau, desto seltener konnten sie von zuhause aus arbeiten. arbeitung der Krise und können genutzt werden, um das Bildungssys- Junge Erwerbstätige mit niedriger Bildung bilden hier das Schlusslicht. tem langfristig zu stärken und auf zukünftige Krisen vorzubereiten. Gleichzeitig fühlte sich die Mehrheit der Befragten gut von ihren Ar- Auch die Auswirkungen der aktuellen Situation auf die Digitalisie- beitgebenden unterstützt. Dennoch zeigt sich über alle Gruppen hin- rung des Lernens, die Entwicklung sozialer Bildungsungleichheit und weg, dass die Corona-Pandemie bestehende Bildungsungleichheiten im die Folgen für verschiedenste Bildungsergebnisse können mithilfe der Arbeitsleben bereits kurzfristig verstärkt hat. Es ist zu befürchten, dass Längsschnittinformationen des NEPS untersucht werden. sich die sozialen Ungleichheiten in Beschäftigungssicherheit und bei den Arbeitsbedingungen auch langfristig verschärfen. Diese und weitere Ergebnisse der Auswertung finden sich in den Berichten „Corona-bedingte Schulschließungen... — und nun funkti- oniert alles digital?“ und „Erwerbsleben in der Corona-Krise: Welche Rolle spielen Bildungsunterschiede?“, die auf www.lifbi.de/Corona mit weiteren Hintergrundinformationen zum Download bereit stehen. Durch die Zusatzbefragung im Mai und Juni haben die Forsche- rinnen und Forscher die aktuellen Erlebnisse und Eindrücke der NEPS-Teilnehmenden in der Zeit zwischen dem Beginn der Beschrän- kungen und den ersten Lockerungen während der Corona-Krise er- mittelt und so für die Bildungsforschung nutzbar gemacht. Die Daten wurden gewichtet und poststratifiziert, so dass die Aussagen verall- gemeinerbar sind. Im NEPS werden rund 100.000 Teilnehmende und Das Gelingen von Homeschooling während des Lockdowns zu Pandemie-Be- deren Umfeld aus ganz Deutschland regelmäßig befragt. ginn hing auch vom akademischen Hintergrund der betreffenden Familien ab b:sl 04:2020
:TITELTHEMA DIGITALISIERUNG :TITELTHEMA 11 30 Prozent der Schulkinder weltweit haben keinen Zugang zu Online-Unterricht Fehlende Infrastruktur gefährdet Schulbildung Während in Deutschland die Schulen bald auch in den letzten Bundesländern unter einigermaßen normalen Umständen öffnen können, bleiben für Millionen Kinder welt- weit Bildungseinrichtungen aufgrund der Corona-Pandemie weiterhin geschlossen. Text: SOS Kinderdörfer weltweit „K indern auf der ganzen Welt stehen nicht die Voraussetzungen für Fernunterricht zur Verfügung, sie haben schlicht keinen Compu- ter oder Internetzugang“, sagt Boris Breyer, stellvertretender Presse- KONTAKT & ANSPRECHPARTNER sprecher der SOS-Kinderdörfer weltweit. „Welche gravierenden lang- Boris Breyer fristigen Auswirkungen die digitale Kluft auf die Bildungschancen von Stellvertretender Pressesprecher Kindern hat, wird jetzt deutlicher denn je.“ Laut UNICEF haben von den 1,5 Milliarden Schülerinnen und SOS-Kinderdörfer weltweit Schülern, deren Schulen geschlossen wurden, rund 463 Millionen — Tel.: 089/179 14-287 über 30 Prozent — keinen Zugang zum Online-Unterricht erhalten. E-Mail: boris.breyer@sos-kd.org Die Zahlen sind besonders alarmierend in Ländern mit niedrigem Ein- www.sos-kinderdoerfer.de kommen. In Afrika südlich der Sahara beispielsweise haben laut UN- ESCO fast 90 Prozent der Schülerinnen und Schüler keinen Zugang zu einem Computer oder Internet. ekz-Gruppe_Digitales Lernen_105x148_4c_ekz-Gruppe_digitales Lernen_105x14 Anzeige Rund ein Drittel aller Schülerinnen und Schüler war bereits vor der Coronakrise von der digitalen Welt ausgeschlossen. Die Pandemie ver- schärfte das Problem. „Kinder haben ein Recht auf Bildung und damit muss für alle ein adäquater Unterricht sichergestellt sein, in welcher Form auch immer“, sagt Breyer. Lernen digital! Die Welt wird digitaler. Ihre Bibliothek auch. COMPUTER FÜR FAMILIEN UNERSCHWINGLICH Die fehlende Infrastruktur gefährdet in vielen Ländern die angemes- sene Schulbildung von Millionen von Kindern, besonders in armen Familien. Das gilt für die Corona-Zeit, aber auch für die Zeit danach. Vor allem Afrika müsse seine Bildungssysteme anpassen. Der Zugang zum digitalen Klassenzimmer erfordere eine stabile Stromversorgung, Internet und Computer — alles Dinge, die für Familien, die generell ums Überleben kämpfen, völlig unerschwinglich seien, erklärt Breyer. „Digitales Lernen ist die Unterrichtsmethode, die in Zukunft eine herausragende Rolle in der Bildung spielen wird“, ist Breyer über- zeugt. Eine länderübergreifende Lösung sei erstrebenswert, liege aber in weiter Ferne, so Breyer. Zu unterschiedlich sei der digitale Wandel in den Regionen und Ländern vorangeschritten. „Es muss unser drin- gendstes Anliegen sein, die Ausbildung der Kinder in Afrika sicher- zustellen und ihnen dafür die bestmöglichen Methoden an die Hand Machen Sie Ihre Bibliothek zum Lieblingslernort – die ekz-Gruppe zu geben“, so Breyer abschließend. unterstützt Sie dabei mit innovativen Produkten und Services. eLearning, Onleihe-App, OpenLibrary Bibliothekssoftware MakerBoxen zu Robotik eKidz und Tigerbooks für erweiterte und Discoverysystem und Programmierung, b:sl 04:2020 zur Leseförderung Öffnungszeiten als Cloud-Service Lernräume zum Wohlfühlen
12 :TITELTHEMA DIGITALISIERUNG Lernen mit YouTube Ergebnisse der JIM-Jugendstudie Jugendliche verbringen immer mehr Zeit online, das beeinflusst auch ihre Art zu lernen. Daher ist es umso wichtiger, dass ihnen in der Schule die nötige Medienkompetenz ver- mittelt wird, um Informationen und Quellen richtig einordnen zu können. Doch hierfür mangelt es an deutschen Schulen immer noch an einer adäquaten digitalen Infrastruktur. Text: Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) J ugendliche sind der JIM-Jugendstudie zufolge jeden Tag deutlich mehr als drei Stunden online — und das nicht nur zum Vergnügen. Viele nut- VIDEOPLATTFORMEN SIND KEINE BILDUNGSPORTALE zen das Internet, um Hausaufgaben zu erledigen, Hausarbeiten zu schrei- Das Problem an der jugendlichen Freude am Bewegtbild: Videoplatt- ben oder Inhalte aus dem Schulunterricht zu verstehen und zu vertiefen. formen im Netz erfüllen mit ihren Inhalten nicht primär einen Bil- Laut einer vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) ausge- dungsauftrag. Vielmehr verbirgt sich dahinter ein Geschäftsmodell, werteten Befragung der IW JUNIOR ist das beliebteste Medium der das auf Klicks und Verweildauer baut. durchschnittlich 17-jährigen Jugendlichen das Video (siehe Grafik). Es gibt somit keinen unabhängigen Bewertungsprozess über die Mit großem Abstand folgen die Besprechungen im Unterricht mit 27 Inhalte und Quellen der Videos. Ob sie faktenbasiert und ausgewo- Prozent auf Rang zwei. Jeder Achte bevorzugt Texte, ein Zehntel erzielt gen oder meinungsgesteuert und verzerrt sind, muss der Nutzer allein die größten Erfolge beim Lernen mit Eltern und Freunden. herausfinden. Dass Videos von Jugendlichen gern zum Lernen genutzt werden, Daher ist es von großer Bedeutung, dass den Jugendlichen in der kann verschiedene Gründe haben. So sind Videos ständig verfügbar und Schule die entsprechende Medienkompetenz vermittelt wird, damit sie können beliebig oft wiederholt werden. Komplexe Inhalte können audi- ihr Wissen auf Fakten und zuverlässigen Informationen aufbauen. An- ovisuell oftmals besser aufbereitet und vermittelt werden als in Textform. dernfalls drohen ihnen nicht nur schlechtere Noten, sondern auch ein Außerdem ist die Themenvielfalt auf Videoplattformen wie YouTube verzerrtes Weltbild. mittlerweile groß — zu nahezu jeder Fragestellung lässt sich online ein Doch digitaler Unterricht ist in deutschen Klassenzimmern immer entsprechendes Video finden. noch eher die Ausnahme, wie eine Auswertung der PISA-Studie von 2018 Das IW hat ebenfalls untersucht, welche Kriterien für die Schüler bei zeigt. Und wenn Unterricht digital stattfindet, dann oft nur kurzzeitig. der Auswahl von Videos am wichtigsten sind. Persönliche Empfehlungen Viele Lehrer beschränken sich laut PISA-Studie darauf, den Schü- spielen demnach eine große Rolle: lern digitale Aufgaben zur Vor- oder Nachbereitung des Unterrichts zu ▷▷ Knapp 52 Prozent der Schüler gaben bei der Auswahl von Videos zu geben. Nur knapp die Hälfte aller Lehrkräfte hat ihren Schülern im Un- Lernzwecken dem Rat von Freunden die höchste oder zweithöchste terricht vermittelt, wie man feststellt, ob Informationen subjektiv sind. Priorität. ▷▷ Die Empfehlungen von Lehrern rangieren mit rund 39 Prozent dahinter. SCHÜLER BRAUCHEN MEDIENKOMPETENZ Digitaler Unterricht sollte stärker in den Fokus rücken. Dazu müssen auch die Lehrkräfte über die nötigen digitalen Kompetenzen verfü- Lernen mit gen sowie Konzepte zur entsprechenden Unterrichtsgestaltung an die 42 Videos 10 Eltern/Freunden Hand bekommen. Denn wenn Jugendliche in der Schule ihre Fähigkeiten verbessern, die Qualität von Online-Inhalten zu bewerten, profitieren nicht nur sie selbst, sondern auch ihr Umfeld: Je mehr Personen in der Lage sind, qualitativ hochwertige Inhalte von solchen zu unterscheiden, die von Besprechung 27 im Unterricht 3 Podcasts Interessen beeinflusst sind, desto eher können die Bewertungssysteme der Videoportale dazu beitragen, dass Fake News keine Chance haben. Das durch die Corona-Pandemie bedingte flächendeckende Ho- meschooling hat die Probleme in der digitalen Vermittlung von Ler- ninhalten nochmals verdeutlicht. Das Thema Medienkompetenz ist also wichtiger denn je und sollte so schnell wie möglich systematisch 13 Texte 4 Sonstiges und konzeptionell angegangen werden. Auch sollte das Potenzial digitaler Tools genutzt werden, um Schüler dabei zu unterstützen, Wissenslücken, die während der Phase der geschlossenen Schulen entstanden sind, wieder zu schließen. Die Zeit in der Schule sollte be- Abbildung 1: Lernmethoden — Schüler in Deutschland bevorzugen sonders auch vor dem Hintergrund drohender künftiger Schulschlie- Videos; 42 Pozent der befragten Schüler finden diese Lernmethode am ßungen optimal genutzt werden. Dies erfordert einen effizienten Me- besten (Stichprobe: 2.208 Schüler im Alter von 14–21, 2019) thodenmix aus analogen und digitalen Unterrichtsmethoden. Quelle: IW JUNIOR, IW Medien / iwd; (Darstellung angepasst) b:sl 04:2020
:TITELTHEMA DIGITALISIERUNG :TITELTHEMA 13 Schlechtes Zeugnis für Deutschlands Schulen Digital-Angebot überzeugt nicht Die Corona-Pandemie hat die Lücken der digitalen Bildung in Deutschland immens ver- deutlicht, wie die neuesten Daten der repräsentativen Kurzstudie von Civey und Digitale Bildung für Alle e.V. zeigen. Nicht mal jede fünfte Person mit schulpflichtigen Kindern (19%) bewertet das digitale Bildungsangebot, das die Kinder während der Pandemie ge- nutzt haben, als gut. Text: Civey R und 60 Prozent sind hingegen unzufrieden. Damit stellen Eltern den Schulen im Land ein schlechtes Zeugnis über das digitale An- gebot aus. Ausstattungen für Schüler und Lehrer verbessert werden. Rund 45 Pro- zent der Personen mit schulpflichtigen Kindern wünscht sich zudem, dass organisatorische Absprachen mit Lehrkräften leichter funktio- nieren. Eine Herausforderung stellen auch die Datenschutzrichtlinien für Videokonferenzen dar. Tatsächlich sprechen sich rund 44 Prozent BREMEN IST SPITZENREITER der Personen mit Kindern im Haushalt für eine Lockerung der Daten- schutzrichtlinien aus, um mehr Hilfestellung beim Homeschooling Jedoch zeigen sich regionale Unterschiede. So wird das digitale Ange- möglich zu machen. bot an Schulen in Bremen am Positivsten eingeschätzt. Hier bezeichnen Befragt wurden Personen mit schulpflichtigen Kindern ab 18 Jah- fast 30 Prozent der Befragten mit schulpflichtigen Kindern das digitale ren. Der Befragungszeitraum, die Stichprobengröße und der statisti- Angebot an Schulen als gut. Auch andere Länder wie Bayern (22,5 Pro- sche Fehler können in den Live-Daten eingesehen werden. zent), Niedersachsen und Schleswig-Holstein (jeweils ca. 21 Prozent) weisen überdurchschnittlich mehr zufriedene Eltern auf als andere Bundesländer. Die größte Unzufriedenheit gibt es in Sachsen-Anhalt Hier können Sie die Kurzstudie mit Live-Daten einsehen: (10 Prozent), wo nur jeder Zehnte das System als gut einstuft. https://app.civey.com/dashboards/kurzstudie-digitale-schulen-2751 „Hier ist eine genaue Analyse der Ländererfahrungen über die Som- merferien notwendig, um positive Konzepte zu stärken und Probleme dringend zu beheben. Nur so kann das neue Schuljahr mit Erfolg statt Sehr gut Eher gut Unentschieden Eher schlecht neuem Chaos starten“, sagt Janina Mütze, Gründerin und Geschäfts- führerin von Civey, die die Daten erhoben haben. Sehr schlecht Kann ich nicht beurteilen/Weiß nicht CORONA WAR DER STARTPUNKT Aus Sicht der Befragten darf die Zeit der Pandemie nicht nur mit digi- 19,0% talem Lernen überbrückt werden. Rund 72 Prozent der Personen mit schulpflichtigen Kindern fordern die Möglichkeit zu digitalem Unter- richt auch über die Pandemie hinaus. Eine Rückkehr zum Status Quo vor der Pandemie wird somit abgelehnt. Drei Viertel (77 Prozent) sind 10,3% der Überzeugung, dass digitale Bildung langfristig eine stärkere Beach- tung finden wird. „Mit der Corona-Krise haben wir ein nationales Bildungsexperi- ment durchlebt, das einhergeht mit rasantem Erkenntnis- und Erfah- 59,6% rungsgewinn. Jetzt müssen wir schnell und unbürokratisch die digitale Infrastruktur an den Schulen schaffen, um überhaupt eine Grundla- ge für digitale Bildung zu haben. Und dann braucht es konkrete Po- sitiv-Listen der Kultusministerien, welche Software, Plattformen und 11,1% digitalen Inhalte die Schulen nutzen dürfen“, betont Verena Pausder, Gründerin von Digitale Bildung für Alle e.V. 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% ELTERN ERWARTEN KOMPETENZ UND COMPUTER Abbildung 1: Wie würden Sie das digitale Angebot der Schulen bewerten, Wie die Erhebungen von Civey zeigen, erwarten Eltern vor allem, dass das Ihre Kinder während der Corona-Pandemie genutzt haben? digitale Kompetenzen der Lehrkräfte gestärkt und die technischen (Stichprobe: 10.248 verheiratete Personen mit schulpflichtigen Kindern) Grafik: Civey (Darstellung angepasst) b:sl 04:2020
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