Lernen im Netz - Erziehung & Wissenschaft 12/2019 - GEW
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Gewerkscha Erziehung und Wissenscha Erziehung & Wissenschaft 12/2019 Zeitschrift der Bildungsgewerkschaft GEW Lernen im Netz
2 GASTKOMMENTAR Foto: Claudia Höhne/Körber-Stiftung JULIA ANDRÉ Es geht um mehr als Technik Was machen Sie, wenn Sie ein Rezept ausprobieren, Ihr neues um nicht weniger als die Frage, wie wir das Kerngeschäft neu Handy in Betrieb nehmen, mehr über ein unbekanntes Reise- justieren. Wie das aussehen könnte? Hier drei Vorschläge zur ziel oder die historischen Hintergründe der neuesten Netflix- Diskussion: Serie herausfinden wollen? Richtig, Sie gehen ins Netz. Im Grundlagen sichern. Der Versuch, die gegenwärtige Wis- Netz nach Informationen, nach Anleitungen, nach Erklärun- sensexplosion durch immer mehr Stoff oder gar neue Fächer gen zu suchen, ist für uns alle mittlerweile selbstverständlich. zu beherrschen, ist hoffnungslos zum Scheitern verurteilt. Was folgt daraus für unsere Bildungseinrichtungen? Zunächst Mehr denn je besteht die pädagogische Verantwortung darin, vor allem, dass es ebenso unsinnig wie aussichtslos wäre, das Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden. Statt Lehrplä- Netz als gigantischen Lern- und Wissensraum zu ignorieren. ne weiter aufzublähen, brauchen wir eine verbindliche Ver- Aber: Lernen im Netz heißt nicht Verlagerung, sondern Verän- ständigung über die elementaren Grundlagen: Was müssen derung von Lernen. „Pädagogik vor Technik“, dieses verfüh- alle (wirklich alle) verlässlich wissen und können? Mit Blick auf rerische Diktum suggeriert, dass man das eine – die Pädago- Schule gehören dazu sicher die traditionellen Kulturtechniken gik – vom anderen – der Technik – säuberlich trennen könne. Lesen, Schreiben und Rechnen sowie fachliche „Schlüsselkon- Das Medium ist aber mitnichten ein neutrales Vehikel, wie zepte“ (Anne Sliwka). wir seit Marshall McLuhan wissen. Es beeinflusst Gegenstand Denken lernen. Auf diesem Fundament gesicherten Wissens und Prozess des Lernens. Wenn wir diese Wechselwirkungen und Könnens kann das „Denken lernen“ (Jürgen Kaube) in ausblenden, landen wir bei einer „palliativen Didaktik“ (Axel den Mittelpunkt des pädagogischen Tuns rücken. Je unüber- Krommer): der bloßen Ummantelung alten Unterrichts mit sichtlicher die Wissensbestände sind, desto wichtiger wird es, neuer Technik. anhand exemplarischer Fragestellungen die Fähigkeit einzu- Die Tragweite der digitalen Transformation und ihre Konse- üben, sich Wissen selbstständig anzueignen, es zu befragen quenzen für zeitgemäßes Lehren und Lernen bekommen wir und einzuordnen, darin Zusammenhänge zu erkennen und nur in den Blick, wenn wir sie nicht auf neue technische Mög- neue Verknüpfungen herzustellen. lichkeiten reduzieren, sondern als grundlegenden Wandel hin Vernetzt agieren. Wissen in einer (digital) vernetzten Welt zu einer (auch unser analoges Miteinander prägenden) Kultur ist verteiltes, dynamisches Wissen. Es gehört nicht einzelnen, der Digitalität (Felix Stalder) verstehen. Deren wesentliches sondern entsteht und wächst im Austausch und in der Zusam- Signum ist die neue Unübersichtlichkeit: Uns steht täglich menarbeit mit anderen. Komplexe Probleme wird nur lösen, mehr Wissen zur Verfügung, aber keine verlässliche Instanz wer sich auf andere beziehen, mit Kritik und Feedback um- mehr, die die wachsende Informationsfülle für uns filtern, gehen, Kompromisse aushandeln und gemeinsam mit Dritten prüfen und sortieren würde. agieren kann. Wissensbestände zugänglich zu machen, ist seit ihren An- Nichts davon ergibt sich von selbst – auch und gerade nicht fängen der zentrale Auftrag – und das Monopol – von Bil- im Netz. Für all das braucht es mehr denn je konzise Konzepte dungseinrichtungen gewesen. Mit der steten Verfügbarkeit und vor allem: gute Pädagoginnen und Pädagogen. von Wissen im Netz ist dieses Monopol endgültig gefallen. Wenn wir über digitale Bildung – oder besser: Bildung unter Julia André, den Bedingungen der Digitalität – diskutieren, geht es folglich Leiterin des Bereichs Bildung der Körber-Stiftung Erziehung und Wissenschaft | 12/2019
INHALT 3 Prämie Inhalt des Monat s Seite 5 Gastkommentar IMPRESSUM Es geht um mehr als Technik Seite 2 Erziehung und Wissenschaft Allgemeine Deutsche Lehrerzeitung · 71. Jg. Impressum Seite 3 Herausgeberin: Auf einen Blick Seite 4 Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft im Deutschen Gewerkschaftsbund Vorsitzende: Marlis Tepe Prämie des Monats Seite 5 Redaktionsleiter: Ulf Rödde Redaktion: Jürgen Amendt Schwerpunkt: Lernen im Netz Redaktionsassistentin: Katja Wenzel Postanschrift der Redaktion: 1. Thüringer Pilotschule setzt den Digitalpakt um: Einfach machen Seite 6 Reifenberger Straße 21 2. Interview mit IT-Rechtsanwalt Roman Pusep: „Juristisch auf dünnem Eis“ Seite 10 60489 Frankfurt am Main Telefon 069 78973-0 3. Medientechnik in der Grundschule: Stift, Kleber, Schere, Tablet Seite 12 Fax 069 78973-202 4. Sollten digitale Medien schon in der Kita eingesetzt werden?: Trial and error Seite 14 katja.wenzel@gew.de 5. Digitalisierung an der Uni hat Potenzial nach oben: Interaktiver und diskursiver Seite 16 www.gew.de 6. #Twitterlehrerzimmer – Eine bessere Lehrerin dank Twitter Seite 18 facebook.com/GEW.DieBildungsgewerkschaft twitter.com/gew_bund 7. Digitalpakt reicht nicht für alle Schulen: 21 statt 5,5 Milliarden Euro Seite 20 Redaktionsschluss ist in der Regel Tarifpolitik / Jugendhilfe und Sozialarbeit der 7. eines jeden Monats. Erziehung und Wissenschaft erscheint elfmal jährlich. Tarifrunde Sozial- und Erziehungsdienst 2020: Türöffner Gesundheitsschutz Seite 22 Nachdruck, Aufnahme in Onlinedienste und Internet sowie Vervielfältigung auf Datenträger der „Erziehung Berufliche Bildung / Weiterbildung und Wissenschaft“ auch auszugweise nur nach vorheri- ger schriftlicher Genehmigung der Redaktion. 1. DGB-Ausbildungsreport 2019: Behandelt wie Idioten Seite 24 2. GEW-Herbstakademie: Die Schuldenbremse ist eine Bildungsbremse Seite 42 Die E&W finden Sie als PDF auf der GEW-Website unter: www.gew.de/eundw. fair childhood – Bildung statt Kinderarbeit Hier wird die E&W auch archiviert. Faire Weihnachten! Seite 25 Gestaltung: Werbeagentur Zimmermann, Bildungspolitik Heddernheimer Landstraße 144 60439 Frankfurt 1. IQB-Bildungstrend: Stabil verbesserungswürdig Seite 26 2. Reform des Bildungs- und Teilhabepakets: Viel Bürokratie, wenig Teilhabe Seite 38 Für die Mitglieder ist der Bezugspreis im Mitglieds- beitrag enthalten. Für Nichtmitglieder beträgt der Bezugspreis jährlich Euro 7,20 zuzüglich Euro 11,30 Gesellschaftspolitik Zustellgebühr inkl. MwSt. Für die Mitglieder der 1. GEW-Kommentar von Olaf Schäfer: „Pädagogik politisch begreifen“ Seite 27 Landesverbände Bayern, Berlin, Brandenburg, Hessen, 2. GEW-Tagung „Haltung zeigen!“: Stark gegen rechts! Seite 40 Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen werden die jeweiligen Landeszeitungen der E&W beigelegt. Für un- Jugendhilfe und Sozialarbeit verlangt eingesandte Manuskripte und Rezensionsexem- 1. Ländermonitoring Frühkindliche Bildung: Eine kriechende Aufwärtsbewegung Seite 28 plare wird keine Verantwortung übernommen. Die mit dem Namen des Verfassers gekennzeichneten Beiträge 2. Schulsozialarbeit: Aus dem Schulalltag nicht mehr wegzudenken Seite 30 stellen nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder der Herausgeberin dar. Hintergrund: Lobbyismus und Schule 1. Schulwerbefilme für Google & Co.: „Keine Dienstpflichtverletzungen erkennbar“ Seite 32 Verlag mit Anzeigenabteilung: Stamm Verlag GmbH 2. Interview mit Prof. Tim Engartner: „Brainwashing in Reinkultur“ Seite 34 Goldammerweg 16 3. Qualitätsprüfung von Unterrichtsmaterial: Neustart für den Materialkompass Seite 36 45134 Essen Verantwortlich für Anzeigen: Mathias Müller Telefon 0201 84300-0 Hochschule Fax 0201 472590 Hochschulleitungen verteidigen die „Bayreuther Erklärung“: Unendlich befristet? Seite 37 anzeigen@stamm.de www.erziehungundwissenschaft.de Internationales gültige Anzeigenpreisliste Nr. 41 vom 01.01.2019, US-Lehrergewerkschaft NEA wächst: Gewerkschaftsfeindlicher Angriff abgewehrt Seite 43 Anzeigenschluss ca. am 5. des Vormonats Initiative „Bildung. Weiter denken!“ Erfüllungsort und Gerichtsstand: Frankfurt am Main Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz: Lohnende Investitionen Seite 44 Leserforum Seite 45 Diesmal Seite 48 ISSN 0342-0671 Die E&W wird auf 100 Prozent chlorfrei Titel: Werbeagentur Zimmermann gebleichtem Recyclingpapier gedruckt. Erziehung und Wissenschaft | 12/2019
4 AUF EINEN BLICK „Students for Future“ gen fort. Allerdings verzeichnen einige Bundesländer sinken- Im Rahmen der weltweiten Klimabewegung „Fridays for de Einschulungszahlen. Den größten prozentualen Rückgang Future“ organisierten Studierende Ende November eine mit 5 Prozent gab es in Schleswig-Holstein. Klimastreikwoche. Unter dem Motto „Public Climate Von allen neu eingeschulten Kindern waren 48,6 Prozent School“ protestierten sie an den Hochschulen unter an- Mädchen. Das Geschlechterverhältnis in Grundschulen derem gegen die Klimaschutzmaßnahmen der Bundes- (49,1 Prozent Mädchen), Integrierten Gesamtschulen (49,2 Pro regierung. Das vom Deutschen Bundestag Mitte Novem- zent Mädchen) und Freien Waldorfschulen (50,4 Prozent ber beschlossene Klimapaket sei „in jeder Hinsicht völlig Mädchen) war weitgehend ausgeglichen; in Förderschulen unzureichend“, hieß es in dem Aufruf. Die GEW solidari- wurden dagegen deutlich mehr Jungen als Mädchen (67,9 Pro- siere sich mit den Studierenden, erklärte Andreas Keller, zent) eingeschult. Dieses Ungleichgewicht im Geschlechter- stellvertretender Vorsitzender und Vorstandsmitglied für verhältnis an Förderschulen sei, so das Statistische Bundes- Hochschule und Forschung. „An den Hochschulen wird amt, bereits seit Jahrzehnten zu beobachten. Wissen für die wirtschaftliche, ökologische und soziale Ent- wicklung von morgen geschaffen, Fachleute für Industrie, Dienstleistungen und Bildung werden hier ausgebildet. Auslandsschulen müssen attraktiver werden Studierende und Hochschulbeschäftigte sind daher beson- Der Deutsche Bundestag hat einen Antrag der Koalitions- ders gefordert, sich mit dem Klimawandel auseinander- fraktionen zur Unterstützung der 140 Deutschen Auslands- zusetzen und sich der gesellschaftlichen Verantwortung schulen beschlossen. Inklusion, berufliche und frühkind der Wissenschaft zu stellen.“ Bund und Länder müssten liche Bildung sollen stärker gefördert und die Attraktivität auch nach dem Wegfall der Hochschulbaumittel ab 2021 der Auslandsschulen, die unter Lehrkräftemangel leiden, für eine ausreichende Finanzierung von Investitionen verbessert werden. Die GEW begrüßt, dass sich der Bun- sorgen (s. auch Kommentar S. 27, weitere Informationen: destag dafür einsetzt, die Auslandsschulen attraktiver zu https://studentsforfuture.info). machen. Gleichzeitig kritisierte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe den Beschluss als unzureichend. „Interkulturelles Lernen und die Vermittlung demokratischer Werte sind Gemeinsam gegen Schuldenbremse zentrale Aufgaben der Deutschen Auslandsschulen“, sagte Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und Tepe. „Dazu findet sich in dem Bundestagsbeschluss leider der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordern gemein- nichts.“ Auch auf die Arbeitssituation der Lehrkräfte geht sam von der Bundesregierung ein auf mehrere Jahre an- der Beschluss nicht ein. Zwar werde betont, dass Lehrkräf- gelegtes Programm für deutlich höhere öffentliche und te der wichtigste Pfeiler für die Qualität der Auslandsschu- private Investitionen. In einer gemeinsamen Studie haben len sind. Nicht erwähnt werde jedoch, dass die Zahl prekä- das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) und das rer Beschäftigungsverhältnisse seit Jahren zunimmt. „Um gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Kon- die Auslandsschulen attraktiver für Lehrkräfte zu machen, junkturforschung (IMK) in Düsseldorf errechnet, dass mit müssen die Arbeitsbedingungen stimmen“, stellt Tepe fest. insgesamt 450 Milliarden Euro bis 2030 nicht nur der In- „Dazu gehören gute Bezahlung, sichere Altersversorgung, vestitionsstau in den Kommunen aufgelöst werden könnte, ein Recht auf Teilzeitarbeit und Aufstiegsmöglichkeiten. sondern auch dringend nötige Fortschritte in der Qualität Außerdem fehlt den Auslandsschulen eine Personalvertre- des Bildungssystems, bei Daten- und Verkehrsnetzen so- tung mit echten Beteiligungs- und Schutzrechten, wie sie wie der Dekarbonisierung des Landes erzielt würden. Dazu zur deutschen Schulkultur gehört.“ sei es allerdings notwendig, die Regelungen zur Schulden- bremse „so schnell wie möglich zu modifizieren“, um den notwendigen Spielraum für Kredite zu ermöglichen. Bis Plaßmanns Rückblick dahin sollten Freiräume im Rahmen der aktuell gelten- Und schon wieder ist ein Jahr (fast) vorbei. Karikaturist den Gesetze zur „Schuldenbremse“ genutzt werden, etwa Thomas Plaßmann, dem die E&W zahlreiche treffende durch einen Extrahaushalt. Zeichnungen ver- dankt (s. „Diesmal“, S. 48), blickt in „Un- Mehr Einschulungen term Strich“ humor- Die Zahl der Erstklässlerinnen und Erstklässler in Deutschland voll und pointiert ist erneut gestiegen. Zu Beginn des laufenden Schuljahres auf das Jahr 2019 2019/20 wurden in Deutschland 733.000 Kinder eingeschult. zurück. Das waren 4.600 oder 0,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach vorläufigen Er- gebnissen weiter mitteilte, ist die Zahl der Einschulungen Thomas Plaßmann: in Hamburg (+3,4 Prozent) und Berlin (+3,2 Prozent) am Unterm Strich, stärksten gestiegen. Damit setzt sich der seit dem Schuljahr Klartext-Verlag, Essen 2016/17 zu beobachtende Anstieg der Zahl der Einschulun- 2019, 128 Seiten Erziehung und Wissenschaft | 12/2019
Mitmachen lohnt sich ... ... mit jedem neu geworbenen GEW-Mitglied können Sie andere aktiv unterstützen.* Prämie des Monats Dezember: 30-Euro-Spende Eine Spende in Höhe von 30 Euro für die GEW-Stiftung „fair childhood“ oder den Heinrich-Rodenstein-Fonds für verfolgte Gewerkschafter*innen Neues Mitglied werben und Prämie online anfordern www.gew.de/praemienwerbung *Dieses Angebot gilt nicht für Mitglieder des GEW-Landesverbandes Niedersachsen. Keine Lust auf unser Online-Formular? Fordern Sie den Prämienkatalog an! Per E-Mail: mitglied-werden@gew.de | Per Telefon: 0 69 / 7 89 73-211 oder per Coupon: E&W-Prämie des Monats Dezember 2019/Spende Bitte in Druckschrift ausfüllen. Vorname/Name GEW-Landesverband Straße/Nr. Telefon Fax PLZ/Ort E-Mail Bitte den Coupon vollständig ausfüllen und an folgende Adresse senden: # Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Reifenberger Straße 21, 60489 Frankfurt a. M., Fax: 0 69 / 7 89 73-102
6 LERNEN IM NETZ Einfach machen Lernen // Mit dem milliardenschweren Digitalpakt sollen Deutschlands Schulen besser für das 21. Jahr- diert, er will etwas bewegen und be- geistert sich für digitale Technik. Für den Wunsch, iPads einzuführen, berief im Netz hundert ausgestattet werden. er damals einen Elternabend ein und Doch beim Aufbau von Technik erntete Zustimmung. Im Sommer 2013 und Medien werden die Lehr- fanden sich in der Klassenstufe 7 erste kräfte kaum mitgenommen. Wie Tablet-Klassen zusammen. Für den Ein- ein hauseigener Digitalpakt trotz- stieg in die neue Zeit nahm der Förder- dem gelingen kann, demonstriert verein einen Kredit auf, bezahlt wurden die Goethe-Schule in Schleiz, die Tablets von den Eltern, denn das die zu den 20 „Digitalen Pilot- Budget der Schule reichte dafür nicht schulen“ in Thüringen gehört. // aus. Die Idee setzte sich nach und nach durch, mittlerweile arbeiten alle 7. bis Das Herz der Digitalisierung der Goe- 10. Klassen und alle Lehrkräfte mit Tab- the-Schule Schleiz schlägt auf dem lets. Die Apps und ihre Nutzung werden Dachboden. Unter dem Holzgebälk der über den Administrator der Schule ver- thüringischen Gründerzeitschule wur- waltet, bei dem die Geräte angemeldet de eine Wand maigrün gestrichen, als werden. „Greenscreen“ für ein Fernsehstudio, in dem Jugendliche Nachrichten aus dem iPad kein Ersatz für Pädagogik Schulleben aufnehmen. Ihr Titel: GNTN. Rau sitzt am Lehrertisch vor einer Goethes Neuste Top News. In den grü- 9. Klasse, eine Schülerin schiebt die alte nen Hintergrund der Ansager bauen die grüne Kreidetafel nach unten. Dahinter Fernsehmacher per Computer Fotos kommt ein riesiger 65-Zoll-Bildschirm und Videos ein. Die Beiträge können zum Vorschein. Raus Finger fliegen über sich die Lehrerinnen und Lehrer, Schü- sein Tablet, er verbindet sich drahtlos lerinnen und Schüler auf ihren Tablets mit dem großen Monitor in seinem Rü- ansehen, von denen jeder an der Schule cken und startet eine der vielen Apps, eins hat – rund 220 iPads insgesamt. die auch die Schülerinnen und Schüler „Einfach machen“ könnte über dem Ein- haben. Mit Google-Earth können sie die gang der Schleizer Schule stehen. „Wir Erde erkunden, mit dem „Geotrainer“ probieren viel aus – und verwerfen man- einen Vulkanausbruch simulieren. Rau, ches wieder“, erzählt Schulleiter Toralf begeisterter Geografielehrer, schiebt Hieb, ein wortgewandter, zupackender mit den Fingern die Plattentektonik Mathe- und Physiklehrer, der seit 1989 auseinander und verändert den unter- an der Schule unterrichtet und sie seit irdischen Lavastrom. „Mit dem iPad 2012 leitet. Heute ist sie nicht nur eine kann man jeden Fachunterricht gestal- von 20 „Digitalen Pilotschulen“ in Thü- ten“, sagt er. „Das Internet ist voll von ringen, sie ist auch bundesweit eine Lern-Apps für jede Schulart, jedes Fach Foto: Sebastian Willnow Wegbereiterin im Umgang mit Tablets und jedes Alter.“ Von seinem Gerät aus und WLAN im Klassenzimmer, mit di- kann der Lehrer die Tablets der Schüler gitalem Notenbuch und interaktiven ansteuern, sie auf die große Monitor- Arbeitsblättern. Der Digitalpakt kommt Tafel rufen oder auf eine App festlegen, Schulleiter Hieb gerade recht: Er will vor sodass sie keine andere Anwendung allem Geld für bessere Studiotechnik be- nutzen können. inzwischen selbst an – in der Schule antragen. Zudem hofft er auf einen Glas- „Die Kolleginnen und Kollegen entschei- werden vor allem Fragen besprochen faseranschluss im nächsten Jahr, damit den selbst, wofür sie die Tablets einset- und Übungen gemacht. „So kann man manches noch schneller geht. zen“, sagt Schulleiter Hieb. Die Anwen- sehr gut nach dem Lernstand differen- An der Goethe-Schule wurde das Ende dungen sind vielseitig. Mit Apps kann in zieren“, sagt Hieb. Hausaufgaben lässt der Kreidezeit 2013 eingeläutet. Damals Teams und Projekten gelernt werden, er sich manchmal zu einem festen Ter- kam Florian Rau an die Schule, ein Re- ältere Schülerinnen und Schüler können min auf seinen Account schicken. Das ferendar aus dem nahen Oberfranken. jüngeren etwas beibringen. Manchen iPad ist ihm dabei aber kein Ersatz für Der heute 36-Jährige hat in Jena stu- Lernstoff eignen sich die Jugendlichen gute Pädagogik: „Wenn ich keine Diszi- Erziehung und Wissenschaft | 12/2019
LERNEN IM NETZ 7 An der Goethe-Schule im thüringischen Schleiz gehören Tablets zum Unterrichtsalltag. Manchen Lernstoff eignen sich die Jugendlichen inzwischen selbst an – in der Schule werden vor allem Fragen besprochen und Übungen gemacht. plin in der Klasse habe, habe ich sie mit Klassen- und Fachräumen. Mit großen den seien. „Technologie ist kein Ersatz iPads auch nicht.“ Investitionen in Infrastruktur und Lehr- für gut ausgebildete Lehrkräfte“, betont kräftebildung allein ist es dabei nicht Hoffmann. Zugleich warnt sie vor einer Fortbildungen nötig getan, betont Ilka Hoffmann, GEW- Hegemonie internationaler Konzerne Was in Schleiz mit viel Elan gelingt, ist Vorstandsmitglied für Schule. Digitale an Schulen. „Wir wollen nicht, dass die noch lange kein Standard in Deutsch- Medien führten nur dann zu einem pä- Digitalindustrie den Schulen Konzepte land. Nach unterschiedlichen Studien dagogischen Mehrwert, wenn sie sinn- überstülpt.“ (s. S. 32 f.) hat nur etwa ein Drittel der Schulen voll in ein gutes Unterrichtskonzept mit Wenn dabei Lehrkräften mangelnde schnelles Internet und WLAN in den dem Primat der Pädagogik eingebun- Bereitschaft unterstellt werde, sich >>> Erziehung und Wissenschaft | 12/2019
8 LERNEN IM NETZ >>> „Rudimentäre“ digitale Kompetenz Mit dem im Mai dieses Jahres in Kraft getretenen DigitalPakt Schule** sollen die Schulen in Deutschland beim Ausbau der digitalen Infrastruktur unterstützt werden. Der Bund wird den allgemeinbildenden Schulen in den kommenden fünf Jahren insgesamt fünf Milliarden Euro bereitstellen, davon 3,5 Milliarden noch in dieser Legislaturperiode. Die Länder bringen zusätzlich einen finanziel- len Eigenanteil in Höhe von 10 Prozent ein. Für Support und Weiterentwicklung werden allerdings weitere Gelder benötigt. Die Länder haben bereits deutlich gemacht, dass sie die Anschlussfinanzierung allein nicht stemmen können. Die GEW hat Empfehlungen zur Umsetzung des Digitalpaktes in den Ländern for- muliert, die unter anderem das Prinzip der Lernmittelfreiheit bei der Anschaf- fung der Geräte sowie die Notwendigkeit ausreichender Fortbildung für die Lehrkräfte betonen***. Wie wichtig Investitionen in die digitale Lernkultur sind, zeigt die Schulleis- tungsstudie ICILS („International Computer and Information Literacy Study“) 2018****, für die mehr als 3.500 Schülerinnen und Schüler der 8. Klassen in Deutschland getestet und zusätzlich befragt wurden. Sie mussten zum Beispiel am Computer Bilder bearbeiten oder Präsentationen und Grafiken erstellen, simulierte Internetrecherchen durchführen oder sich in komplexeren Com- putersimulationen zurechtfinden, wie der Steuerung einer Drohne oder eines Schulbusses. Im Vergleich zur Vorgängerstudie aus dem Jahr 2013 haben sich die Ergebnis- se kaum verändert. Jeder dritte deutsche Schüler besitzt demnach lediglich „rudimentäre“ Computerkenntnisse, kann also zum Beispiel einen Link in einer E-Mail öffnen oder ein Wort in einem Textverarbeitungsprogramm korrigieren; an komplexeren Aufgaben aber scheiterten viele. Weiterhin ist der Anteil der Achtklässlerinnen und Achtklässler, der Kompetenzen im Bereich der höchs- ten Stufe erreicht, im internationalen Vergleich gering. An der Erhebung nah- men neben Deutschland auch Chile, Dänemark, Finnland, Frankreich, Italien, Kasachstan, Luxemburg, Portugal, Südkorea, Uruguay und die USA teil. Die Leiterin der Studie für Deutschland, Prof. Birgit Eickelmann von der Uni- versität Paderborn, bezeichnete es als besorgniserregend, dass im Bereich der digitalen Bildung die soziale Herkunft großen Einfluss auf den Kompetenzstand habe. „Dass der Geldbeutel der Eltern entscheidet, ob man in der digitalen Welt mithalten kann oder nicht, ob man einen Arbeitsplatz findet, der den eigenen Wünschen entspricht, ob man merkt, was im Internet Propaganda ist und was nicht – da hat man Sorge, was die Stabilität der Gesellschaft angeht“, sagte sie bei der Vorstellung der Ergebnisse. jam mit technischen Innovationen aus- Kollegen zugeschnitten seien, betont einanderzusetzen, greife diese Ar- die Schulexpertin. gumentation viel zu kurz. Bei einer Dass der Weg zur Digitalisierung nicht repräsentativen GEW-Befragung im immer leicht ist, haben sie auch an Sommer 2018 zeigte sich, dass die der Goethe-Schule erlebt: Manches Schulen selbst bei der Digitalisierung Mal sind sie in eine Sackgasse geraten schlecht aufgestellt sind*. „82 Prozent und mussten wieder kehrtmachen. Am Fotos: Sebastian Willnow der Befragten mahnten die Verbesse- Anfang ihres digitalen Zeitalters zum rung der digitalen Ausstattung an“, so Beispiel haben sie ein Whiteboard an- Hoffmann. Besonders dringlich seien geschafft, das als Tafel und Bildschirm die Wartung und Betreuung. Zugleich diente. „Das haben wir wieder rausge- betonten 85 Prozent, dass Fortbildun- schmissen“, sagt Hieb. Es sei überteu- Schulleiter Toralf Hieb unterrichtet seit gen dringend nötig seien. Gebraucht erte Technik, die wenig nutze: „Einer 1989 an der Goethe-Schule in Schleiz würden dafür neben zeitlichen Res- macht was vor – die anderen 27 gucken und gehört zu den Pionieren des digita- sourcen vor allem Angebote, die auf zu.“ Große Monitore seien deutlich len Lernens in Thüringen. die Bedürfnisse der Kolleginnen und günstiger, interaktiver und effektiver. Erziehung und Wissenschaft | 12/2019
LERNEN IM NETZ 9 Früher haben sie auch mit digitalen Um Neues zu entdecken, sind die auch überfordert. „Es gibt viel Geld für Schulbüchern gearbeitet. Aber die Zei- Schleizer viel unterwegs, tauschen sich Medientechnik, aber wenig für Medien- ten sind vorbei, PDFs seien zu statisch, mit bundesweiten Vorreitern der Di- pädagogik. Flächendeckende Fortbildung man müsse ständig zwischen Apps hin- gitalisierung aus, wie der Waldschule findet kaum statt.“ Dabei gehe es gerade und herwechseln, erzählt Hieb. Hatten und dem Büro „Mobiles Lernen um neue pädagogische Wege, den Lehr- Oldenburg“, der Ernst-Reuter-Gemein- plan und schulische Inhalte mit digitalen Taschenrechner sind tabu schaftsschule in Karlsruhe und der Real Medien umzusetzen und die Medienkom- Eine Viertelmillion Euro, schätzt der schule Gauting bei München. Auf zen petenz aller Beteiligten zu stärken. „Der Schulleiter, haben Lehrerinnen und trale Fortbildungen werden die knapp Digitalpakt sagt nichts dazu“, so Buche- Lehrer, Eltern, Förderverein, Sponso- 30 Kolleginnen und Kollegen aber nicht le, „welches Medium sinnvoll ist und wo ren und die Schule für ihren hauseige- geschickt. Sie wählen eigenverantwort- man es am besten einsetzen kann.“ nen Digitalpakt seit 2013 bewegt. Ein lich Kurse aus, die für sie passen. immenser Kraftakt. Warum tut er sich Gerade bei der Fort- und Weiterbildung Sven Heitkamp, und seinem Kollegium das an? „Mit sieht auch Kai-Thorsten Buchele einen freier Journalist den Methoden von gestern kann ich Schwachpunkt des Digitalpakts. Er leitet nicht auf das digitale Leben von morgen das Institut für Demokratie und Medi- vorbereiten“, sagt Hieb. Tugenden wie enkompetenz in Leipzig und begleitet *Die GEW-Mitgliederbefragung „Gebäude eine gute Handschrift und Kopfrech- bundesweit Schulen bei Projekten. Der qualität von Bildungseinrichtungen“ nen werden trotzdem gepflegt. „Wir Digitalpakt, sagt er, komme ihm vor wie finden Sie auf der GEW-Website unter: schreiben viel mit der Hand“, betont ein Wirtschaftsförderprogramm. „Man www.gew.de/befragung-digitale-schulen Hieb. Taschenrechner wurden von den vergisst dabei, die Lehrkräfte mitzuneh- **www.digitalpaktschule.de Tablets verbannt – zu verführerisch. men“, sagt Buchele. Viele Lehrerinnen ***www.gew.de/bildung-digital/ „Manches“, sagt Hieb, „hat sich für uns und Lehrer seien durchaus ambitioniert digitalpakt-schule einfach nicht bewährt.“ und keineswegs hilflos – aber mitunter ****bit.ly/icils-bericht2018 „Mit dem iPad kann man jeden Fachunterricht gestalten“, sagt Geografielehrer Florian Rau. Von seinem Gerät aus kann Rau die Tablets der Schüler ansteuern, sie auf die große Monitor-Tafel rufen oder auf eine App festlegen, sodass sie keine andere Anwendung nutzen können. Erziehung und Wissenschaft | 12/2019
10 LERNEN IM NETZ „Juristisch auf dünnem Eis“ // Roman Pusep, Fachanwalt für IT-Recht in Köln, E&W: Wie sieht die über rechtliche Fallstricke und Lösungen im Haftung für Lehrerin- Umgang mit WLAN und Tablets an Schulen. // nen und Lehrer aus? Pusep: Für die Lehr- E&W: Was müssen Schulen aus rechtlicher Sicht beachten, kräfte gibt es bei wenn sie offene WLAN-Netze aufbauen und Tablets einfüh- der Haftung keine ren? Risiken, solange sie Roman Pusep: Dahinter stehen vor allem Fragen der Haftung im Auftrag der Schu- und des Datenschutzes. Gerade öffentliche Einrichtungen le handeln und sich haben eine besondere Verantwortung bei der Zulässigkeit an die Regeln und und Nachvollziehbarkeit von Datenverarbeitungsprozessen. Weisungen halten. Foto: privat Leider gibt es für die Umsetzung aller innovativen und tech- Die Verantwortung nisch anspruchsvollen Lösungen – trotz des Digitalpaktes der tragen die Schulen Bundesregierung – bisher keinen klaren, rechtssicheren Weg und die Schulträger. Roman Pusep und keine zentrale Anlaufstelle. Die Schulen bewegen sich da Dabei sollten sich die juristisch auf dünnem Eis. Schulen mit ihrem E&W: Was wäre der sicherste Weg? Schulträger und dem IT-Dienstleister, der sie betreut, abstim- Pusep: Der rechtlich sicherste Weg wäre wohl der Verzicht. men und Verträge oder Vereinbarungen treffen. Aber digitale Abstinenz und kein Internet im Unterricht wür- E&W: Wie sollte der Umgang mit Tablets geregelt sein? den die Schulen um Jahrzehnte zurückversetzen, sie würden Pusep: Beschaffen Schulen Tablets selbst, was ich für den si- den Anschluss an die Wirklichkeit verlieren. Der rechtlich chersten Weg halte, sollten sie ein paar Aspekte beachten. So gangbare Weg ist daher, dass Schulen klare Regelungen über sollten Gesichtserkennung und Fingerabdrücke ebenso ausge- ihr WLAN treffen und – je nach Altersgruppe – mit allen Eltern schlossen sein wie Tracking-Funktionen, um Nachverfolgungen und Schülern eindeutige Nutzungs- und Haftungsvereinba- zu verhindern. Ähnliches gilt für Kamera- und Mikrofonfunkti- rungen treffen. Eine Zustimmung zu Nutzungsbedingungen, onen. Stellen Sie sich nur vor, jemand Drittes greift von außen wie sie bei einem Gäste-WLAN üblich sind, wäre nur der auf Geräte zu, die bei Schülern im Zimmer liegen! Ein guter Minimalkonsens. Weg wäre auch, nummerierte Tablets nur für einzelne Aufga- ben zuzuweisen. So werden persönliche Daten und Kontrolle vermieden. Wenn die Familien die Tablets in Absprache mit der Schule selbst anschaffen, kann dagegen eine Vermischung entstehen, die kaum zu kontrollieren und zu regeln ist. E&W: Was raten Sie bei der Auswahl der Apps? Pusep: Einzelne Datenschutzbeauftragte der Länder haben Schulen bereits vor der Nutzung von Cloud-Angeboten wie von Microsoft Office, aber auch Apple- und Google-Cloud gewarnt. Denn wenn persönliche Daten der Schülerinnen und Schüler auf Konzernserver in die USA gehen, kann keiner kontrollieren, ob der Datenschutz beachtet wird. Es gibt aber viele sehr gute andere Lernangebote. E&W: Geraten Schulen mit der Digitalisierung in eine Grau- zone? Pusep: Nicht ganz. In den Schul- und Datenschutzgesetzen der einzelnen Bundesländer sind bereits unterschiedliche Foto: imago images/Westend61 Regelungen getroffen. Ganz wichtig ist, dass Schulen ihre di- gitale Struktur gründlich durchdenken. Juristische Fehler kön- nen passieren. Aber dann ist es entscheidend, dass die Schule nachweisen kann, dass sie sich um Rechtskonformität bemüht und Regelungen getroffen hat. Helfen kann dabei ein Fachan- walt für IT-Recht, der sich in den Regelungen des jeweiligen Schulen müssen beim Aufbau eines eigenen WLAN-Netzes und Bundeslandes auskennt. bei der Anschaffung von Tablets für den Unterricht besonders auf den Datenschutz achten. Vor allem die zahlreichen Apps, Interview: Sven Heitkamp, die die Internet-Konzerne anbieten, bergen Risiken. freier Journalist Erziehung und Wissenschaft | 12/2019
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12 LERNEN IM NETZ Foto: picture alliance/Bernd Settnik/dpa-ZB An der Rosa-Luxemburg-Grundschule im brandenburgischen Potsdam wird Wert darauf gelegt, dass die Schülerinnen und Schüler auch mit den digitalen Lernmedien im Team arbeiten. Zum Beispiel wurde mit dem Tablet ein Stop-Motion-Film zum Thema Kinderrechte erarbeitet. Die Schule nimmt seit 2016 am Landesprogramm „medienfit“ teil, das Einrichtungen mit Computer- und Medientechnik ausstattet. Stift, Kleber, Schere, Tablet // Ob Raupen fotografieren oder richtet. Natürlich, fügt sie hinzu, würden nach, Schülerinnen und Schüler eigene Legofiguren in Szene setzen: die Kinder neue Buchstaben auch wei- Videos produzieren zu lassen. „Das för- Grundschulkinder können mit terhin malen, ausschneiden, fühlen, kne- dert kooperatives Arbeiten.“ digitalen Medien tolle Erfah- ten. „Digitale Medien sollen eine sinn- Die Kinder flitzen zum Beispiel mit einer rungen sammeln. Aber für die volle Ergänzung sein, kein Ersatz“, betont Kamera durch die Schule und intervie- Jüngsten braucht es eigene die Pädagogin. Wenn es um Tablets & wen die Schulleiterin. Das Bild wackelt Konzepte. // Co. an Grundschulen geht, gibt es immer leicht, der Ton hallt. Klar ist: Bei den noch Skepsis. Viele Lehrkräfte und Eltern Videos zählt nicht der professionelle Wenn die Kinder in der 1. Klasse einen wehren erst einmal ab: „Digitale Medien Anspruch, sondern die gemeinsame Ak- neuen Buchstaben lernen, drückt ihnen an Grundschulen. Muss das sein?“ tivität. Negativ bei digitalen Medien sei Grundschullehrerin Anke Leucht-Dobler Ja, sagt Lehrerin Katja Kaden von der die „passive Nutzerzeit“, erklärt Kaden. ein Tablet in die Hand und schickt sie Rosa-Luxemburg-Schule in Potsdam. Davon kann in ihrer Schule keine Rede raus auf den Schulhof. A wie Ameise. „Wir können die Kinder nicht alleine las- sein. Die Kinder filmen sich gegenseitig Klick. Ast, Apfel, Auto: Je zu zweit foto- sen in der medialen Welt.“ Schließlich beim Plätzchenbacken, drehen Erklär- grafieren die Schülerinnen und Schüler gehören neue Medien längst zum Alltag videos: Was ist ein Präteritum? Oder alles, was sie mit dem Anfangsbuchsta- der Mädchen und Jungen dazu, auch spielen mit Legofiguren die Geschichte ben A finden können. Zurück im Klassen- wenn in der Primarstufe die Mehrheit von „Arthur und die Freunde der Tafel- zimmer erstellen sie gemeinsam ein di- noch kein eigenes Handy besitzt. Al- runde“ nach, machen von jeder Szene gitales Buch. „Das ist eine tolle Übung“, lerdings macht die Pädagogin deutlich, ein Foto und fügen sie zu einem Stop- sagt die Lehrerin, die beim Landesme- dass an Grundschulen andere Regeln Motion-Film zusammen. dienzentrum Baden-Württemberg für gelten. Ganz wichtig, betont Kaden, die Medienbildung in der Grundschule sei die Verknüpfung der realen mit der Tablets im Gepäck zuständig ist und an der Schillerschule in medialen Welt. Außerdem legt sie Wert Der Erziehungswissenschaftler Thomas dem knapp zehn Kilometer südlich von darauf, dass die Kinder im Team arbei- Irion betont ebenfalls, dass sich der Ein- Heidelberg gelegenen Walldorf unter- ten. Gut eignet sich ihrer Erfahrung satz digitaler Medien an Grundschulen Erziehung und Wissenschaft | 12/2019
LERNEN IM NETZ 13 von der Sekundarstufe unterschei- lenangst zu nehmen“, sagt Leucht- den muss. So sei es zum Beispiel Dobler. Zum Beispiel mit Minifort- wenig sinnvoll, die Kinder eine bildungen. An der Schillerschule ist Stunde lang im Computerraum mittwochs Medientag. Die Lehr- vor den Bildschirm zu setzen. „Sie kräfte können ohne Anmeldung im sollen gar nicht zu stark ins Medi- Mehrzweckraum vorbeischauen um abtauchen.“ Aktuell setze sich und in Kleingruppen den Umgang der Trend durch, an Grundschulen mit Tablets üben. Eine Einheit dau- mit Tablets zu arbeiten. Die Gerä- ert 30 Minuten. te ermöglichten einen „nahtlosen Damit hat auch die Rosa-Luxem- Übergang“ von Realerfahrungen burg-Schule gute Erfahrungen zur Nutzung digitaler Medien, be- gemacht. Noch bis vor ein paar richtet der Direktor des Zentrums Jahren habe es an ihrer Schule das für Medienbildung an der Päda- übliche Computerkabinett gege- gogischen Hochschule Schwäbisch ben, berichtet Kaden, mit Schutz- Gmünd. Wichtig sei, dass sich Ta- folie auf der Tastatur. Die Mehrheit blets direkt in den Unterricht ein- des Kollegiums habe der Nutzung fügten, analog zu Stift, Kleber und digitaler Medien kritisch bis ab- Schere. lehnend gegenübergestanden. Bis Digitale Medien sollten keine realen die Schule gemeinsam mit der Uni Erlebnisse ersetzen, betont Irion. Potsdam ein Konzept zur Medien- So sollten Klassen weiterhin Aus- nutzung entwickelte – und sich mit flüge in den Wald unternehmen, Geldern einer Stiftung eine Grund- Kastanien und Blätter sammeln, ausstattung zulegte. „Wir haben Tablets im Gepäck. Damit könnten drei Koffer bekommen“, so die sie Bäume fotografieren und später Lehrerin. „Zwei Koffer voller i-Pads die Arten recherchieren. Eine be- und einen Koffer voller Probleme.“ sondere Möglichkeit sei, multime- Ein „kleines Team von Enthusias- diale Bücher selbst zu erstellen, so ten“ habe sich fortgebildet – und in der Professor. Schon in der 1. Klasse Minifortbildungen die Kolleginnen könnten Kinder kurze Texte schrei und Kollegen geschult. Wichtig sei ben und Videos, Tonsequenzen dabei vor allem die Freiwilligkeit oder Fotos hinzufügen. Davon profi- gewesen, betont Kaden. Inzwi- tierten besonders Schülerinnen und schen seien die Tablets fest im Un- Schüler, die sich mit der Sprache et- terricht verankert. was schwertäten. „Digitale Medien Wer sich darauf einlasse, meint bieten eine neue Möglichkeit, die auch Leucht-Dobler, entdecke Gedanken festzuhalten“ – und för- schnell die Vorteile. So müssten derten Inklusion. Kolleginnen und Kollegen nicht mehr zum Kopierer laufen, eine Die Angst der Lehrkräfte Schwarz-Weiß-Folie erstellen und Ob Kinder mit Tablets die Entwick- auf den Overheadprojektor legen, Wie viel soziale Herkunft steckt in Zukunft? lung der Raupe zum Schmetterling sondern brauchten nur den Visua- dokumentieren oder in Kostümen lizer anzuklicken. „Klar können sie Digitales Lern- und Erfahrungsspiel für den Unterricht ab Klasse 10 selbst ein Video zu einem Gedicht auch im Stuhlkreis etwas der Klas- EINLEBEN thematisiert soziale Herkunft, Zufriedenheit und drehen, es gibt viele tolle Beispie- se zeigen“, sagt die Lehrerin, „aber Entscheidungsspielräume. Schülerinnen und Schülern begegnen le. „Ziel ist, dass digitale Medien nicht mit so einer guten Sicht und typische Lebensereignisse im Alter zwischen 16 bis 30 Jahren. in jeder Klassenstufe und in jedem nicht so smart.“ Hinzu kommt: „Die Fach genutzt werden“, sagt Leh- Kinder finden es großartig und sind Sie treffen Entscheidungen, ob und welche Ressourcen sie bei rerin Leucht-Dobler. Leider fehle total motiviert.“ Damit sich der Ef- diesen Ereignissen einsetzen wollen. Die Schülerinnen und vielerorts noch die technische Aus- fekt nicht abnutzt, gilt es jedoch, Schüler lernen soziokulturelle Faktoren zu erkennen, eigene stattung. Schulen könnten Tablets digitale Medien mit Bedacht ein- Entscheidungsspielräume auszuschöpfen, ihren persönlichen ausleihen, aber dadurch werde die zusetzen. „Nur, wenn es wirklich Hürde höher. Und viele Lehrkräfte passt.“ Zufriedenheitsbegriff zu definieren. boell.de/einleben seien ohnehin zögerlich, was den Schumannstr. 8 +49.30.2 85 34-0 Einsatz digitaler Medien angehe. Kathrin Hedtke, Die grüne politische Stiftung 10117 Berlin boell.de „Wir versuchen, ihnen die Schwel- freie Journalistin Erziehung und Wissenschaft | 12/2019
14 LERNEN IM NETZ Trial and error // Schon Dreijährige können mit Tablet und Smartphone umge- hen, Erzieherinnen nutzen digi- tale Geräte ganz selbstverständ- lich im privaten Alltag. Sollten digitale Medien dann nicht auch in der Kita eingesetzt werden? // Wenn Benjamin Wockenfuß zum Work- shop in Kitas geht, hört der Gründer des Medienkompetenz-Projektes DigiKids immer dieselben Fragen: Wann stö- Foto: imago images/Westend61 ren digitale Tools die Entwicklung von Kleinkindern, wann fördern sie diese? „Es kommt auf die Balance an“, ant- wortet Wockenfuß dann und nennt ein entscheidendes Kriterium: Was ist der Mehrwert eines „digitalen Impulses“? „Eine App für 2,99 Euro, mit der man Das Internet erobert das Kinderzimmer. Heute ist bereits jeder zehnte Dreijährige in Kreise und Quadrate in digitale Löcher Deutschland zumindest ab und an online. Experten fordern daher mehr Medienkompe- ziehen kann, ist Unsinn.“ Beim Streichen tenz – für Kinder wie für Eltern. Mädchen und Jungen erst mit elf an Tablet und Smart- über Glas fehlt das Gefühl der Kanten, phone zu lassen, ist aber genauso unsinnig, wie digitales Konsumfeuer für Zweijährige. beim Einsortieren von virtuellen Klöt- zen das Geräusch der fallenden Klötze. Ein Ausflug mit dem Tablet in den Wald trieren sollen“, so Cohen. „Die anderen fuß, „sondern müssen Kinder pädago- dagegen, bei dem die Kids die Natur fil- sehen die Digitalisierung nahezu eupho- gisch auf den Umgang mit den digitalen men, fotografieren und in der Kita dar- risch als Allheilmittel.“ Bei vielen Fach- Medien vorbereiten – unabhängig und aus einen Film schneiden, lehrt sie ana- kräften produziert das Unsicherheit. kritisch.“ loge und digitale Welt zu verbinden. Zwar nutzen sie privat digitale Medien Das kann nur gelingen, wenn die Fach- Noch sind solche Lerneinheiten eine selbstverständlich, doch beruflich fra- kräfte mitziehen. Doch wie genau Ausnahme in den Kitas. Zwar ist digitale gen sie sich oft: Ist das wirklich schon sehen das die Erzieherinnen und Er- Medienkompetenz mittlerweile in fast was für so kleine Kinder? zieher? Welche Einstellungen haben allen Bundesländern in den Rahmenplä- sie zur Nutzung digitaler Medien? Das nen für frühkindliche Bildung verankert. Teil des Alltags wollen FU-Erziehungswissenschaftlerin Mal mehr, wie in Bayern und Nordrhein- Allmählich aber, so Cohen, sickere die Cohen und ihr Team derzeit mit einem Westfalen, mal weniger, wie in Sachsen- Erkenntnis durch, dass digitale Bildung Forschungsprojekt herausfinden. Im Anhalt und Bremen. „Doch in vielen Ein- kein Modethema ist, sondern Notwen- Januar startet sie eine Online-Umfrage richtungen ist digitale Bildung immer digkeit. Fortbilder Wockenfuß kann unter 200 Fachkräften. Begleitend sol- noch ein Randthema“, sagt Franziska die Nachfrage kaum noch stemmen. In len 60 Erzieherinnen und Erzieher meh- Cohen, Erziehungswissenschaftlerin an zwei Dutzend Kitas war er mit DigiKids, rere Wochen lang ihren Berufsalltag in der Freien Universität Berlin (FU). dem Modellprojekt der Hessischen Lan- einem Tagebuch dokumentieren und Lange galt digitale Bildung als Hype auf desstelle für Suchtfragen und der Tech- reflektieren. Cohen: „Aus den Ergebnis- Tagungen und Kongressen. Müssen wir niker Krankenkasse, seit 2017 schon sen der Studie soll ein Praxisleitfaden uns mal mit beschäftigen, wird schon unterwegs. Denn immer mehr wird klar: für die Kita-Arbeit entstehen.“ wieder vorbeigehen. Das liege, so die Digitale Medien sind aus dem Alltag von Tief in der Praxis steckt bereits seit Forscherin, vor allem an einer ambiva- Kleinkindern nicht mehr wegzudenken. September 2018 der Modellversuch lenten Einstellung gegenüber der Digi- Schon 2015 belegte die Studie „Kinder „Medienkompetenz in der Frühpäda- talisierung in der Gesellschaft, die sich in der Digitalen Welt“ des Deutschen In- gogik“ des Bayerischen Staatsinstituts in den Kitas widerspiegele. „Den einen stituts für Vertrauen und Sicherheit im für Frühpädagogik (IFP). Die Wissen- gilt die Kita als Schonraum, in der die Internet*: Internetnutzung ist schon bei schaftler haben 19 Mediencoaches in Kids vor einem digitalen Overkill ge- Dreijährigen omnipräsent. „Wir dürfen 100 Modellkitas geschickt, um die Ein- schützt werden und sich auf ‚natürliche‘ das Feld nicht der Wirtschaft überlas- richtungen bei der Arbeit mit Tablets Tätigkeiten wie soziales Lernen konzen- sen“, fordert DigiKids-Gründer Wocken- im Kita-Alltag zu begleiten. 80 Prozent Erziehung und Wissenschaft | 12/2019
LERNEN IM NETZ 15 der Kitas hatten damit vorab kaum Er- beispiele nach Abschluss des Modell- Medien herrsche, sollten Pädagoginnen fahrungen. Alle wurden für den Modell- versuchs online stellen**. und Pädagogen auch Vorbild sein und versuch mit Materialien ausgestattet, zeigen: „Manchmal kann es auch ohne regelmäßig kamen Mediencoaches zum Eltern mit einbeziehen Smartphone gehen, ich muss nicht dau- „Training on the Job“. Ein erstes Fazit im Das ist dringend notwendig, denn es ernd online sein!“ Oktober 2019 ergab: Daumen hoch. 95 fehlt ebenso gut geschultes Personal wie Und auch DigiKids-Experte Wockenfuß Prozent der Fachkräfte wurden fitter in Forschung zu geeigneten Konzepten. sagt: „Medienkompetente Kinder brau- der technischen Handhabung der Me- „Wir sind nach wie vor auf trial and er- chen medienkompetente Erwachsene.“ dien, 93 Prozent lernten neue Metho- ror angewiesen“, sagt Forscherin Cohen. Eltern also, die ihr Kind nicht mit dem den kennen, 91 Prozent erfuhren von Gute Ideen gibt es: Wenn etwa Fach- Tablet im Kinderwagen ruhigstellen, neuen Kreativ-Apps. Auch für Organi- kräfte die Übersetzungsfunktionen des sondern klare Ansagen machen und sation, Kommunikation, Beobachtung Smartphones nutzen, zeigen sie Wert- selbst souverän mit den Medien umge- und Dokumentation werden digitale schätzung für Mehrsprachigkeit. Cohen: hen können. „Kinder erst mit elf Jahren Tools immer häufiger eingesetzt, von „Die Kinder lernen, dass man digitale an Tablet und Smartphone zu lassen, Krankmeldungen via WhatsApp bis zum Medien nicht nur zur Entspannung und ist genauso unsinnig, wie digitales Kon Informationsaustausch mit Eltern via Unterhaltung konsumieren, sondern sumfeuer für Zweijährige.“ Kita-App. „Das macht den Teamalltag auch kreativ und produktiv nutzen kann, ruhiger“, sagt Eva Reichert-Garschham- um die Welt besser zu verstehen.“ Da- Anja Dilk, mer vom IFP und resümiert: „Die Of- mit das nachhaltig etwas bringt, müss- freie Journalistin fenheit ist spürbar gewachsen.“ Damit ten dabei die Eltern einbezogen werden, Kitas bundesweit von den Erfahrungen fordert GEW-Kita-Experte Björn Köhler. der Modellkitas profitieren, wird das Gerade wenn in den Familien ein sehr *bit.ly/divsi-studie-kinder-digital IFP alle Ergebnisse und Anwendungs- unreflektierter Umgang mit digitalen **www.kita-digital-bayern.de BSW-Bezügekonto der Commerzbank Das kostenfreie Konto, das Geld hinzuverdient!* Jetzt Konto eröffnen! bsw-bezuegekonto.de Oder bei einer von rund Einmalige Vorteile für 1000 Filialen der Commerzbank den Öffentlichen Dienst! + 100 EUR Startguthaben* + Mindestgeldeingang lediglich 1 Cent* + Gebührenfreie Kontoführung* + Beitragsfreie BSW-Nutzung* Mit BSW bekommen Sie bei Ihren Einkäufen Geld zurück auf * Kostenlos nur bei privater Nutzung, ab 0,01 Euro mtl. Mindestgeldeingang, sonst 9,90 Euro je Monat, belegloser Kontoführung und Nutzung von Commerzbank-/Cash Group-Geldautomaten. Ihr BSW-Bezügekonto. + B-Tarif für die ganze Familie: Zusätzlich fallen 1,50 Euro je Vorgang/Scheck für beleghafte Inlands-/SEPA-Überweisungen, Einzug von auf Euro ausgestellten Inlandsschecks sowie je Bargeldaus- und Bargeldeinzahlung am Schalter der Commerzbank an. Diese und alle weiteren Bedingungen und Informationen finden Sie unter www.bsw-bezuegekonto.de. Auch Ihre Kinder und Lebenspartner können das Konto eröffnen. BSTHIL EL F S EW AMTEN ERK gegr. Info unter: 1960 BE Telefon: 0800 444 00 14 (gebührenfrei; Mo - Fr: 8:00-19:00 Uhr) bsw-bezuegekonto.de Erziehung und Wissenschaft | 12/2019
16 LERNEN IM NETZ Vorlesungen am Laptop verfolgen, Fragen an Professoren online stellen: Lernmanagementsysteme ermöglichen ein zeit- und ortsunabhängiges Arbei- ten. Viele Hochschulen üben allerdings noch Zurückhaltung, wenn es darum geht, innovative digitale Bildungs- und Weiterbildungsangebote zu entwickeln und bereitzustellen. Foto: imago images/Christine Roth Interaktiver und diskursiver // Die Digitalisierung ist an den Sie ermöglichen ein zeit- und ortsunab- schnellsten und lautesten sind“, sagt Hochschulen angekommen. Ihre hängiges Lernen und damit mehr Flexi- der Bildungs- und Erziehungswissen- Potenziale, Studium und Lehre bilität. Und sie sind weit verbreitet. In schaftler. „Es geht dann um die Fragen, besser zu machen, werden aber einer aktuellen Befragung, die für die die gerade für die meisten Studieren- längst nicht ausgeschöpft. // Expertenkommission Forschung und den am wichtigsten sind.“ Innovation durchgeführt wurde, gaben Wenn Franziska morgens beim Früh- 85 Prozent der teilnehmenden Hoch- Bessere Klausurergebnisse stück sitzt, wird die Küche ihrer WG schulen an, dass sie solche IT-Systeme Möglich wäre auch, Vorlesungen auf- zum Seminarraum. Bevor die 22-jährige vollständig oder zumindest teilweise zuzeichnen und den Studierenden die Politikstudentin in die U-Bahn steigt, implementiert haben. Mitschnitte online zur Verfügung zu um nach Berlin-Dahlem zur Freien Uni- Allerdings sind die Möglichkeiten di- stellen. „Leider machen das bislang nur versität zu fahren, meldet sie sich über gitaler Lehrformate damit keineswegs wenige Dozenten“, sagt Sarah Henkel- Zedat, die Zentraleinrichtung für Da- ausgeschöpft. „Da würde noch sehr viel mann, die Sprecherin des Netzwerks tenverarbeitung der FU, an und kann mehr gehen“, sagt Florian Rampelt vom Digitale Bildung. Dabei entlaste dies die so auf das Material zugreifen, das die Hochschulforum Digitalisierung. Der Lehrenden und sei bei den Studieren- Dozenten auf die Online-Lernplattform Thinktank, der sich als Impulsgeber ver- den sehr gefragt. „Und die Klausuren Blackboard hochgeladen haben. Sie steht, wurde vor fünf Jahren gegründet werden dadurch auch besser.“ Hen- kann Fragen stellen und Diskussionen und wird vom Bundesforschungsminis- kelmann, die Ministerien, Schulen und mit anderen Studierenden führen. Und terium gefördert. Der digitale Wandel, Hochschulen zum Einsatz interaktiver sie kann sich für Kurse anmelden und ist Rampelt überzeugt, kann viele nütz- Medien und Technologien berät, nimmt Semesterpläne erfahren. „Das ist schon liche Potenziale entfalten. Studium und zwar durchaus eine „Aufbruchstim- eine Erleichterung“, sagt Franziska. „Ich Lehre werden nicht nur effizienter, son- mung“ wahr, was die Digitalisierung an kann meine Zeit so besser planen.“ dern auch interaktiver und diskursiver. den Hochschulen betrifft. „Doch nach Die Digitalisierung, die in Deutschland Austausch ersetzt den Frontalunter- wie vor“, sagt sie, „gibt es einen riesigen vor allem im Bildungsbereich noch im- richt. „Dass praktisch alle Studierenden Nachholbedarf.“ mer als großes Sorgenkind gilt, ist längst Handys haben, könnte man zum Bei- Die Expertenkommission Forschung und in den Hochschulen angekommen. Lern- spiel für sogenannte Audience-Respon- Innovation (EFI) kommt in ihrem aktu- managementsysteme (LMS) wie Black- se-Systeme nutzen“, sagt Rampelt. „So ellen Jahresgutachten für die Bundes- board gibt es bereits seit vielen Jahren. kommen nicht nur die zu Wort, die am regierung zu einem ähnlichen Ergebnis. Erziehung und Wissenschaft | 12/2019
LERNEN IM NETZ 17 Die große Mehrheit der Hochschulen ken“ überwunden werden. Die Kommis- sagt GEW-Vize-Vorsitzender Andreas messe dem Thema Digitalisierung zwar sion spricht von einer „Daueraufgabe“. Keller. „Hochschulbeschäftigte müssen einen hohen bis sehr hohen Stellenwert entsprechend unterstützt und qualifi- bei, lobt die Kommission. Doch wenn Unis unzureichend vorbereitet ziert werden, sie benötigen Zeit und Res- es darum geht, innovative digitale Bil- Um diese zu stemmen, sind die Hochschu- sourcen, um die zusätzlichen Herausfor- dungs- und Weiterbildungsangebote zu len jedoch schlecht gerüstet. Es fehlt das derungen zu bewältigen.“ entwickeln und bereitzustellen, übten Geld. „Das deutsche Hochschulsystem ist Nachholbedarf gibt es aber auch in der die Hochschulen nach wie vor „Zurück- strukturell unterfinanziert“, konstatiert Lehrkräfte-Ausbildung. „Medienpäda- haltung“, kritisiert das Papier. Nur 14 die Kommission. Nötig sei eine „nachhal- gogik ist bislang kein Querschnittsfach Prozent der Hochschulen, die für das tige Finanzierung“, die über einzelne – in und muss nicht verpflichtend belegt Gutachten befragt wurden, verfügen der Regel zeitlich begrenzte – Projektmit- werden“, sagt Henkelmann. „Das müss- über eine Digitalisierungsstrategie. 41 tel und Fördergelder hinausgeht und eine te sich ändern.“ Schließlich findet an Prozent sind gerade dabei, eine solche kontinuierliche Entwicklung sicherstellt. vielen Schulen schon digitale Bildung zu erarbeiten, 31 Prozent wollen es tun.* „Wir brauchen langfristige Unterstüt- statt, die künftigen Lehrkräfte müssen Dass es trotz aller Fortschritte bei der zungsstrukturen an den Hochschulen“, darauf vorbereitet sein. „Wir brauchen Umsetzung immer noch so sehr hapert, fordert Rampelt. „Die vielen befristeten nach dem Digitalpakt Schule auch einen hat laut den Experten mehrere Gründe. Arbeitsverträge gerade im Mittelbau Digitalpakt Hochschule“, fordert sie. Da ist zunächst einmal die Komplexität sind ein großes Problem.“ der Aufgabe. Digitalisierung heißt nicht Der weit überwiegende Teil der Stellen nur, dass eine neue Technik eingeführt von Wissenschaftlerinnen und Wissen- Verena Kern, und bislang analoge Prozesse einfach schaftlern an staatlichen Universitäten stellvertretende Chefredakteurin des Online- bloß ins Digitale übertragen werden. Er- ist zeitlich befristet. „Statt das Personal Magazins klimareporter° forderlich ist sehr viel mehr: Mitarbeiter an den Hochschulen nach dem Hire-and- müssen geschult, Abläufe umstruktu- Fire-Prinzip zu beschäftigen, brauchen riert, Abteilungen vernetzt und „Siloden- wir Dauerstellen für Daueraufgaben“, *bit.ly/efi-gutachten2019-pdf IM GRUNDE SIND SIE NUR NOCH KÖRPERLICH ANWESEND? In letzter Zeit fühlen Sie sich von den Anforderungen im Alltag zunehmend überlastet und oft selbst Kleinigkeiten nicht mehr gewachsen? Dann könnten das erste Anzeichen für eine psychische Erkrankung sein, die Sie ernst nehmen sollten. In der Habichtswald Privat-Klinik helfen wir Ihnen, neue Kraft zu schöpfen und Ihr Leben wieder lebenswert zu machen: Dabei integrieren wir in unserem ganzheitlichen Therapiekonzept gleichwertig die Methoden modernster wissenschaftlicher 986 Schulmedizin und bewährter Naturheilverfahren und verstehen SEIT 1 den Menschen immer als Einheit von Körper, Seele und Geist. re 30 Jah in tise Gerne beraten wir Sie ausführlich und persönlich. Exper icher Rufen Sie uns jetzt gebührenfrei an unter 0800 - 890 11 01. ei tl ganzh pie Thera Aufnahme im Bedarfsfall: einfach und schnell. Wigandstraße 1 · 34131 Kassel-Bad Wilhelmshöhe www.habichtswaldklinik.de/privat
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