Wir brauchen einen Neuanfang - Erziehung & Wissenschaft 06/2021 - GEW
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Gewerkscha Erziehung und Wissenscha Erziehung & Wissenschaft 06/2021 Zeitschrift der Bildungsgewerkschaft GEW Wir brauchen einen NeuanfangBUNDESTAGSWAHL 2021
2 GASTKOMMENTAR Foto: WZB/David Ausserhofer JUTTA NICOLA Foto: privat ALLMENDINGER BRANDT Vorfahrt für Kinder Die Corona-Pandemie zeigt einmal mehr: Kinder brauchen erfahren. Immer noch werden die Auswirkungen des stark gute Kitas und Schulen. Sie haben in den langen Monaten eingeschränkten Kita- und Schulbetriebs nicht ausreichend des Distanzunterrichts deutlich mehr Zeit als zuvor an Spie- berücksichtigt. Während es für Gastronomie, Hotels und Fit- lekonsolen und Bildschirmen verbracht, sich weniger be- nessstudios eine Öffnungsperspektive gibt, müssen Kinder wegt, waren von ihren Freunden getrennt. All dies wirkt sich vielerorts weiterhin an jedem zweiten Tag alleine zu Hause negativ auf ihre kognitiven und motorischen Fähigkeiten, lernen, allenfalls angeleitet von oft erschöpften und pädago- auf ihre psychische und körperliche Gesundheit aus. Außer- gisch nicht geschulten Eltern. dem fehlt bei Kita- und Schulschließungen ein wichtiges Ins- Schule und Kita brauchen nun vor allem eines: Priorität. trument zur Nachverfolgung häuslicher Gewalt. Dabei gilt es, Kinder, die aufgrund ihres Elternhauses oder Kinder, die zu Hause ein unterstützendes Umfeld vorfin- anderer Gründe weniger Chancen haben, besonders zu för- den und selbstständig zu arbeiten wissen, haben weniger dern. Eine Mindestbildung muss gewährleistet, Bildungs- unter diesen Folgen zu leiden. Der Lockdown trifft vor al- armut bekämpft werden. Der Bund muss und kann helfen. lem benachteiligte Kinder hart. Ihre Eltern haben weder Wie könnte das konkret aussehen? Michael Wrase und Jutta Zeit noch Geld oder die Kompetenzen, um beim Lernen zu Allmendinger vom Wissenschaftszentrum Berlin haben Hause zu unterstützen. Der Lernprozess leidet, Bildungs- kürzlich ein Bildungs- und Teilhabegesetz vorgeschlagen und Berufschancen schwinden. Wir wissen, dass die durch sowie die sozialpädagogische Förderung im Ganztag und die Schulschließung entgangene Bildung dauerhafte Fol- Leistungen nach dem Eingliederungsrecht. Das führt nicht gen für Kinder haben wird: für ihre Schul- und Berufslauf- zwingend zu mehr Bildungsgerechtigkeit, doch wie der Min- bahn, ihr Lebenseinkommen, ihre Gesundheit und Lebens- destlohn zieht es immerhin einen Sicherungsboden nach erwartung. unten ein. Es ist inzwischen allgemein anerkannt, dass schwächere Damit würde Kindern die so notwendige Bildung gegeben Schulkinder stärker unterstützt werden müssen, Lernpro- werden, deren Bedeutung weit über die Erwerbstätigkeit gramme sind darauf ausgerichtet. Auch die Bedeutung früh- hinausgeht: Sie ermöglicht ihnen die Aussicht, gesund zu kindlicher Bildung findet ganz andere Beachtung als noch bleiben, mit etwas Zuversicht den Herausforderungen des vor zehn Jahren. Gleichwohl beeinflusst in Deutschland die Lebens zu begegnen und sich den Veränderungen unserer soziale und finanzielle Stellung der Eltern noch immer Lern Gesellschaft nicht hilflos ausgeliefert zu fühlen. Solange wir erfolge von Kindern in viel stärkerem Maße als im Durch- Kindern dieses Minimum an Chancen versagen, können wir schnitt der Staaten der Organisation für wirtschaftliche ihnen die Schuld für Schwierigkeiten auf ihrem Bildungs- Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Rund 70 Prozent und Lebensweg nicht zuschieben. Das Versagen liegt bei uns der hiesigen Schulen mit besonders vielen benachteiligten als Gesellschaft, nicht bei ihnen. Kindern berichten von einem Mangel an Lehrkräften, der die Unterrichtskapazität hemmt – deutlich mehr als vergleich- Jutta Allmendinger, bare Schulen in anderen OECD-Ländern. Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) Der wichtigste Schluss aus diesen Befunden: Unsere Kin- Nicola Brandt, der und deren Bildung müssen eine höhere Wertschätzung Leiterin des OECD Berlin Centre Erziehung und Wissenschaft | 06/2021
INHALT 3 Prämie Inhalt des Monat s Seite 5 IMPRESSUM Erziehung und Wissenschaft Allgemeine Deutsche Lehrerzeitung · 73. Jg. Herausgeberin: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft im Deutschen Gewerkschaftsbund Vorsitzende: Marlis Tepe Redaktionsleiter: Ulf Rödde Gastkommentar Redaktion: Jürgen Amendt Redaktionsassistentin: Katja Wenzel Vorfahrt für Kinder Seite 2 Postanschrift der Redaktion: Reifenberger Straße 21 60489 Frankfurt am Main Impressum Seite 3 Telefon 069 78973-0 Fax 069 78973-202 katja.wenzel@gew.de www.gew.de Auf einen Blick Seite 4 facebook.com/GEW.DieBildungsgewerkschaft twitter.com/gew_bund Prämie des Monats Seite 5 Redaktionsschluss ist in der Regel der 7. eines jeden Monats. Erziehung und Wissenschaft erscheint elfmal jährlich. Nachdruck, Aufnahme in Onlinedienste und Internet Schwerpunkt: Bundestagswahl 2021 sowie Vervielfältigung auf Datenträger der „Erziehung und Wissenschaft“ auch auszugweise nur nach vorheri- 1. Anforderungen an die neue Bundesregierung: Weiter denken nach Corona Seite 6 ger schriftlicher Genehmigung der Redaktion. 2. Recht auf Bildung und Chancengleichheit: Versprechen, nicht eingelöst Seite 8 Die E&W finden Sie als PDF auf der GEW-Website unter: 3. Schwachstellen des Schulsystems: Weg mit der Gießkanne! Seite 14 www.gew.de/eundw. Hier wird die E&W auch archiviert. 4. Prof. Aladin El-Mafaalani zur Schulpolitik: „Wir brauchen einen Neuanfang“ Seite 16 Gestaltung: 5. Finanzierung der Ganztagsbetreuung: „Der Bund muss auf Qualität bestehen!“ Seite 18 Werbeagentur Zimmermann GmbH Kurhessenstraße 14 6. Investitionen in die frühkindliche Bildung: Früher und gezielter fördern Seite 20 60431 Frankfurt am Main 7. Überfällige Reformen an den Hochschulen: Soziale Schieflage Seite 22 Für die Mitglieder ist der Bezugspreis im Mitglieds- 8. Verschärfte Situation in der Jugendhilfe: Mehr Geld und Personal nötig Seite 24 beitrag enthalten. Für Nichtmitglieder beträgt der Bezugspreis jährlich Euro 7,20 zuzüglich Euro 11,30 9. Freiberufliche in der Weiterbildung: Kein Unterricht, kein Honorar Seite 26 Zustellgebühr inkl. MwSt. Für die Mitglieder der Landesverbände Bayern, Berlin, Brandenburg, Hessen, 10. GEW fordert gesetzliche Ausbildungsplatzgarantie: Von Österreich lernen Seite 28 Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, 11. Reform des Sozialgesetzbuches VIII: Die Pädagogik verliert Seite 30 Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen werden die jeweiligen Landeszeitungen der E&W beigelegt. Für un- verlangt eingesandte Manuskripte und Rezensionsexem- plare wird keine Verantwortung übernommen. Die mit Schule dem Namen des Verfassers gekennzeichneten Beiträge stellen nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder 1. PISA-Sonderstudie zur Lesekompetenz: Schlecht lesen = schlecht surfen Seite 31 der Herausgeberin dar. 2. Linderung der Pandemiefolgen: Aufholen für Akademikerkinder Seite 32 Verlag mit Anzeigenabteilung: 3. Kampagnenstart zu sexuellem Missbrauch: Tatort Schule Seite 36 Stamm Verlag GmbH Goldammerweg 16 4. Neue Studie zur Bildungsfinanzierung: Immenser Nachholbedarf Seite 38 45134 Essen Verantwortlich für Anzeigen: Mathias Müller 5. GEW-Umfrage: Eingeschränkte Lernmittelfreiheit Seite 44 Telefon 0201 84300-0 Fax 0201 472590 anzeigen@stamm.de Gesellschaftspolitik www.erziehungundwissenschaft.de gültige Anzeigenpreisliste Nr. 41 Rechtsextreme nutzen Distanzlernen für ihre Zwecke: „Querdenken“ im Harz Seite 34 vom 01.01.2019, Anzeigenschluss ca. am 5. des Vormonats Internationales Nutzungsrechte für digitale Pressespiegel erhalten Sie Privatisierung in Afrika: Schulbildung nur für Privilegierte? Seite 40 über die PMG Presse-Monitor GmbH unter www.presse-monitor.de fair childhood – Bildung statt Kinderarbeit Erfüllungsort und Gerichtsstand: Frankfurt am Main Gegen Kinderarbeit in Albanien: „Wir warten nicht auf Anweisungen von oben“ Seite 42 Mitgliederforum Seite 46 ISSN 0342-0671 e Diesmal Seite 48 Die E&W wird auf 100 Prozent chlorfrei gebleichtem Recyclingpapier gedruckt. emi d Pan a Beihefter in der Mitte dieser Ausgabe - n on oro a r GEW-Positionen zur Bundestagswahl 2021 c o ur de/ C s z . nfo gew Titel: Werbeagentur Zimmermann I elle w. u Ak ww t
4 AUF EINEN BLICK Aufruf für mehr Investitionen erklärten die Berechnung der BAföG-Sätze zwischen Oktober Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat zu Investitio- 2014 und Februar 2015 für verfassungswidrig und setzten das nen in Schulen und Bildung während und nach der Corona- Verfahren aus. Sie verwiesen den Fall an das Bundesverfas- Pandemie aufgerufen. Engagierte Schulleitungen, tolle Lehr- sungsgericht. Die Studentin hält den BAföG-Satz in Höhe von kräfte und wegweisende Ideen reichten nicht aus, sagte er monatlich 373 Euro im Vergleich zu Hartz-IV-Leistungen für Mitte Mai bei der Verleihung des Deutschen Schulpreises Arbeitslose für zu niedrig. Zuvor war die Studentin vor dem 2020/21 Spezial. „Damit Schulen sich entwickeln, ihre Schüle- Verwaltungsgericht Osnabrück und vor dem Oberverwal- rinnen und Schüler wirksam fördern und negative Folgen der tungsgericht Lüneburg mit ihrer Klage gescheitert. Schließungen abmildern können, brauchen sie jetzt die Unter- Die GEW sieht sich durch die Entscheidung in ihrer Kritik an stützung von Gesellschaft und Politik. Sie benötigen Aufmerk- der Entwicklung der staatlichen Studienförderung bestätigt. samkeit, Engagement und auch Geld.“ Die Bekämpfung der „50 Jahre nach dem Start ist das BAföG auf einem historischen Pandemie lasse die öffentliche Verschuldung steigen, sagte Tiefpunkt angekommen“, erklärte Vorstandsmitglied Andreas Steinmeier. „Der Kassensturz wird kommen – aber an Bildung Keller. „Damit wieder deutlich mehr Studierende unterstützt dürfen wir nicht sparen.“ werden, müssen die Fördersätze und Freibeträge kräftig an- Der Bundespräsident sagte weiter, er habe schon vor der Pan- gehoben und künftig automatisch angepasst sowie wieder als demie beklagt, dass der Bildungserfolg hierzulande immer Vollzuschuss gezahlt werden.“ (s. Seite 22 f.). noch viel zu stark von der Herkunft der Kinder und den finan- ziellen Möglichkeiten der Familien abhänge. Es sei bitter, dass Neues KMK-Gremium Leistungsunterschiede in der Corona-Zeit nun noch größer Ferienstreit, vergleichbare Abi-Aufgaben, Lernbedingungen werden könnten (s. Seite 6 ff. und Seite 32 f.). und Abschlüsse – diese und andere Herausforderungen des deutschen Bildungssystems will die Kultusministerkonferenz Weniger Ausbildungsverträge der Länder (KMK) künftig mit Hilfe eines neuen Expertengre- Im Corona-Jahr 2020 ist die Zahl der neu abgeschlossenen miums besser bewältigen. Die KMK setzte dafür Anfang Mai Ausbildungsverträge auf den niedrigsten Stand seit der Wie- eine „Ständige wissenschaftliche Kommission“ ein und berief dervereinigung gefallen. Nur noch 467.500 Menschen began- 16 Mitglieder. Es handelt sich um Wissenschaftlerinnen und nen 2020 eine Lehre. Das geht aus dem Anfang Mai veröffent- Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen, etwa aus den lichten Berufsbildungsbericht der Bundesregierung hervor. Bereichen Sprachförderung, frühkindliche Bildung, Berufsbil- Selbst in Zeiten der Finanzkrise 2008 war der Einbruch nicht dungsforschung oder Schulpädagogik. so drastisch ausgefallen. Ihre Aufgabe soll es nach KMK-Angaben sein, die Länder in Viele junge Menschen blicken daher pessimistisch in ihre Fragen der Weiterentwicklung des Bildungswesens zu bera- berufliche Zukunft. Das geht aus einer Ende April veröffent- ten. Es gehe dabei um die „Sicherung und Entwicklung der lichten repräsentativen Umfrage im Auftrag der Bertelsmann Qualität“, die „Verbesserung der Vergleichbarkeit des Bil- Stiftung hervor. Rund 71 Prozent von gut 1.700 Befragten dungswesens“ und Strategien „zu für die Länder in ihrer Ge- zwischen 14 und 20 Jahren meinen, dass sich ihre Chancen samtheit relevanten Bildungsthemen“. auf dem Ausbildungsmarkt durch die Corona-Pandemie Das Gremium hat eine lange Vorgeschichte: Ursprünglich verschlechtert haben. Bei Jugendlichen mit niedriger Schul- war die Einrichtung eines „Nationalen Bildungsrates“ unter bildung sind es sogar 78 Prozent. Mehr als jeder Zweite (53 Beteiligung des Bundes geplant, um die 16 deutschen Bil- Prozent) war bei der Befragung dungssysteme – für Bildung ist jedes Bundesland selbst zu- Foto: IMAGO/Becker&Bredel im Februar und März der Auffas- ständig – besser aufeinander abzustimmen (s. E&W 1/2020 sung, dass die Politik wenig bis und 12/2020). Hintergrund war unter anderem die Dauerde- gar nichts für junge Leute tue, die batte über die Vergleichbarkeit des Abiturs und der immer einen Ausbildungsplatz suchen. wiederkehrende Streit über die Sommerferienplanung. Bay- Wer demnächst ein Studium ern und Baden-Württemberg waren nach langen Beratun- beginnen möchte, sieht die Si- Die Zahl der neu ab- gen aber aus dem Vorhaben ausgestiegen, weil sie zu viel tuation laut Umfrage dagegen geschlossenen Ausbil- Einfluss aus Berlin auf ihre Bildungspolitik befürchteten und deutlich positiver. Lediglich ein dungsverträge ist im hatten das Projekt damit gekippt. Die GEW kritisiert, dass knappes Viertel der Befragten vergangenen Jahr auf den das KMK-Gremium allein aus Wissenschaftlern besteht und hält die Chancen auf einen Stu- niedrigsten Stand seit die Interessensvertretung der Beschäftigten ausgeschlossen dienplatz infolge der Pandemie der Wiedervereinigung bleibt. für beeinträchtigt (s. Seite 28 f.). gefallen. BAföG-Satz verfassungswidrig? In eigener Sache Der BAföG-Bedarfssatz liegt nach Auffassung des Bundesver- Die Drucklegung dieser Ausgabe der E&W erfolgte am waltungsgerichts unter dem notwendigen Existenzminimum 25. Mai 2021. Aktuelle Entwicklungen hinsichtlich der und könnte daher verfassungswidrig sein. Dies geht aus ei- Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie ner Entscheidung des Leipziger Gerichts von Ende Mai her- konnten daher nicht mehr berücksichtigt werden. vor. Geklagt hatte eine Studentin aus Osnabrück. Die Richter Erziehung und Wissenschaft | 06/2021
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6 BUNDESTAGSWAHL 2021 Weiter denken Weiter denken nach Corona nach Corona // Die Schere zwischen Arm und anderen Bereichen, und die Inzidenz- abgesichert sind, werden immer mehr Reich geht in Deutschland immer zahlen in armen Stadtteilen sind höher abgehängt. Sie haben nicht die Zeit oder weiter auseinander. Im Septem- als anderswo. die Kraft, sich am politischen Diskurs zu ber wird ein neuer Bundestag Die soziale Ungleichheit zeigt sich auch beteiligen. Mit den sozialen Benachtei- gewählt, und es wird eine neue im Bildungsbereich. Arme Familien ligungen gehen auch gesundheitliche Bundesregierung geben. Diese mit mehreren Kindern in viel zu klei- einher. Das muss sich ändern. Kita und muss die Umwelt in den Blick nen Wohnungen können nicht jedem Schule müssen in die Lage versetzt wer- nehmen, aber auch die Armut Kind ein digitales Endgerät und einen den, diesen Menschen mehr zu bieten. bekämpfen. // eigenen Schularbeitsplatz zur Verfü- Meine 30 Reisen im Rahmen von „GEW gung stellen. Sie haben auch nicht die in Bildung unterwegs“ haben immer Das „Ungleichheitsvirus“ – so betitelt Möglichkeit, im Garten zu spielen. Die wieder gezeigt, dass die mangelhaf- die Nothilfe- und Entwicklungsorga- soziale Schere geht durch die Corona- te personelle und finanzielle Ausstat- nisation Oxfam ihren Bericht über die Pandemie auch in Deutschland weiter tung von Kitas und Schulen besonders zunehmende weltweite Ungleichheit auseinander. benachteiligte Stadtteile trifft. Mein zwischen Arm und Reich im Januar Besuch der Herbert-Grillo-Gesamt- 2021. Oxfam rechnet vor, dass allein Arm und bildungsfern schule in Duisburg-Marxloh war beein- das Vermögen von Jeff Bezos, dem Chef Die Politik kennt die Folgen von Armut druckend, die Schüler:innen arbeiteten von Amazon, zwischen Februar 2019 für die Bildung. Aber sie handelt unzu- selbstständig und halfen sich gegen- und Dezember 2020 um 60 Milliarden reichend. PISA belegt seit 2001 regel- seitig. Aber der Schulleiter berichtete, US-Dollar gewachsen ist. Der Reichtum mäßig, dass die Chancen der Kinder in dass das Internet zusammenbricht, des Tesla-Gründers Elon Musk hat sich Deutschland, einen Berufsabschluss wenn die 60 (!) Laptops für etwa 700 sogar um 131 Milliarden US-Dollar ver- zu erreichen – sei es über die berufli- Schüler:innen gleichzeitig in Betrieb mehrt. Die Organisation verlangt einen che Bildung oder die Hochschule – für sind. An Grundschulen in Marxloh gebe Weckruf für eine demokratischere und Mädchen und Jungen aus armen Ver- es Klassen, in denen bis zu 60 Prozent gerechtere Weltwirtschaft und fordert hältnissen ungleich niedriger sind. Das der Eltern Analphabeten seien. Die die Regierungen zum Handeln auf: Su- zeigen auch die seit 2004 alle zwei Schule wünscht sich, einen gemeinsa- perreiche und Großkonzerne müssten Jahre erscheinenden Nationalen Bil- men Bildungsstandort Marxloh aufzu- ihren Beitrag in der Krise zahlen. bauen – ein Vorzeigeprojekt ähnlich wie Auch der Armutsbericht der Bundes- in Berlin-Neukölln am Campus Rütli. Mit regierung stellt im April 2021 klar: Es „Die soziale S chere einer solchen Strahlkraft, dass sowohl gibt immer mehr Arme, und die soziale geht durch die Corona- Lehrpersonal als auch Eltern für ihre Ungleichheit verfestigt sich, während Kinder diesen wählen. gleichzeitig die obere Hälfte der Bevöl- Pandemie auch in Hinter dem Projekt stehen die Schullei- kerung 99,5 Prozent des Gesamtver- mögens besitzt. Arbeit schützt nicht Deutschland weiter tungen von sechs Marxloher Schulen, darunter Grund- und Gesamtschulen, vor Armut. Hinzu kommt: Wer einmal auseinander.“ Gymnasium und berufsbildende Schu- arm ist, bleibt arm. Sozialer Aufstieg len. Sie benötigen ausgebildete Lehr- durch Beschäftigung, Bildung und Ei- kräfte in multiprofessionellen Teams, gentumserwerb bleibt oft ein leeres dungsberichte immer wieder. Zwar in denen Dolmet scher:innen, interkul- Versprechen. Diese Situation wird steigt die Bildungsbeteiligung, aber turelle Berater:innen, Schulsozialar durch die Corona-Pandemie erheblich das Risiko, bildungsarm zu bleiben, ist beiter:innen, Integrationshelfer:innen, verschärft: Menschen mit geringem weiterhin hoch. Arm, bildungsfern, mit Künstler:innen und Logopäd:innen zu- Einkommen müssen häufiger Einkom- Zuwanderungsgeschichte und/oder mit sammen arbeiten. Den Grundschulen mensverluste hinnehmen, und diese alleinerziehendem Elternteil, das sind fehlen Lehrkräfte. Nur ein Viertel der fallen bei ihnen stärker aus als bei Bes- die größten Risiken für gute Zukunfts- Stellen konnte im Sommer 2018 besetzt serverdienenden. chancen. werden. Den Kindern fehlten damit Pandemieausbrüche treffen Menschen Menschen, die Zeitungen nicht wirk- 3.400 Unterrichtsstunden pro Woche. in prekären Arbeitsverhältnissen wie lich lesen, Diskussionen nicht verfolgen Gerade an solch benachteiligten Stand- in der Fleischindustrie heftiger als in können, Ängste entwickeln, nicht sozial orten wirkt sich die Pandemie besonders Erziehung und Wissenschaft | 06/2021
BUNDESTAGSWAHL 2021 7 Von allen drei Risikolagen betroffen: Unter 3 Prozent 10 11 20 3 bis unter 4 Prozent Schleswig-Holstein 4 bis unter 5 Prozent 10 11 20 5 Prozent und mehr Schleswig-Holstein 14 8 27 Grafik: zplusz · Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, 8 27 14 11 13 22 Mecklenburg- Soziale Risikolage 11 13 22 Mecklenburg- Bildungsbezogene Risikolage Vorpommern Vorpommern Hamburg Hamburg Finanzielle Risikolage 20 24 35 20 24 TF 35 TF Bremen Bremen 15 16 24 10 13 20 15 16 Berlin 24 Mikrozensus, eigene Berechnungen Niedersachsen 10 12 20 10 13 20 Berlin 10 7 21 Deutschland 14 8 27 Brandenburg 13 Niedersachsen 17 25 Sachsen-Anhalt 10 12 20 Nordrhein-Westfalen 10 7 21 Deutschland 14 8 27 Brandenburg 10 6 21 13 17 25 Sachsen-Anhalt 11 6 21 Sachsen Thüringen Nordrhein-Westfalen 10 14 21 Hessen 8 12 21 10 6 21 Die Einnahmen des Staates müs- Rheinland-Pfalz 11 6 21 sen verbessert werden, um das Sachsen Thüringen Bildungssystem zu stärken. Die 10 14 21 GEW fordert deshalb: Schulden- 9 13 20 bremse abschaffen, Einnahmesei- Hessen Saarland 8 12 21 6 10 15 6 9 13 te durch gerechtere Steuern stärken, Bayern Rheinland-Pfalz Baden-Württemberg überfällige Investitionen in Bildung tä- tigen! Fachkräftemangel, Investitions- stau, digitale Ausstattung, Ganztag, po- litische Bildung und gute Arbeit müssen auf die Tagesordnung der Politik und 9 13 20 der Parteien (s. Beihefter „GEW-Posi- Saarland 6 9 13 tionen zur Bundestagswahl“ in dieser 6 10 15 E&W). Deshalb: nachhaltige Investitio- Bayern Baden-Württemberg nen in den Bildungsbereich! – , die jün ger als 18 Jahre sind Alle Menschen brauchen Teilhabe und r Menschen t Chancen. Deshalb fordert die GEW bei- Risikolagen de018 nach Ländern in Prozen spielsweise mehr Sprach-Kitas und e inen 2 besseren Fachkräfteschlüssel, multipro- fessionelle Teams in den Schulen und negativ aus. In ganz Deutschland der Wirtschaft muss nicht die Beseitigung des Investitionsstaus. nimmt der Mangel an Lehrkräften in nur die Umwelt in den Blick nehmen, Wir wollen, dass die Schulen inklusiv solchen Stadtteilen und in abgelegenen sondern auch die Armut. Die Wirtschaft werden. In den benachteiligten Stadt- Orten in der Fläche deutlich zu. muss gerechter werden. In den DGB- teilen brauchen wir erhebliche zusätz- Gewerkschaften kämpfen wir deshalb liche Ressourcen nach Sozialindex. Der Ungleichheit bekämpfen für bessere Tariflöhne, für Allgemein- Zugang zu Hochschulen und zur Weiter- Was tun? Im Wahlkampf vor der Bun- verbindlichkeit der Tarifverträge, für bildung muss durch eine BAföG-Reform destagswahl stellen die Parteien den einen höheren Mindestlohn. Die Städte erleichtert werden. Bürger:innen ihre Lösungen auch für dürfen nicht weiter in Arm und Reich Wir brauchen eine Diskussion darüber, dieses Problem vor. Darüber hinaus fin- getrennt sein, Wohnungen nicht an In- wie wir in diesem Land leben wollen. det Ähnliches bei den Landtagswahlen vestmentfonds verkauft werden. Das Die Pandemie hat die Schwachstellen in in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern Wohnen muss bezahlbar werden. Deutschland und weltweit aufgedeckt. und Thüringen sowie den Kommunal- Wir erwarten eine Bildungsoffensive Die Politik muss handeln. Wir haben wahlen in Niedersachsen und den Be- statt der Drohung, dass die Corona- Vorschläge, die umgesetzt werden müs- zirkswahlen in Berlin statt. Schulden möglichst schnell getilgt wer- sen. Wir mischen uns ein. Es kann kein „Weiter so!“ geben. Wir den müssten und deshalb in Zukunft wollen, dass die Schere nicht weiter nicht mehr Geld für Bildung da sei. Geld Marlis Tepe, auseinandergeht. Die Transformation ist vorhanden, nur falsch konzentriert. GEW-Vorsitzende Erziehung und Wissenschaft | 06/2021
8 BUNDESTAGSWAHL 2021 Bildung soll der Türöffner für gesell- schaftliche Teilhabe und Wohlstand sein. Für arme Familien blieb diese Tür in der fast vergangenen Legislatur periode von Schwarz-Rot häufig geschlossen. Foto: Kay Herschelmann Versprechen, nicht eingelöst // Wenn eine Bundestagswahl als Hügel bilanziert, zu zahlreich die verharrt seit 2014 „auf einem relativ naht, sind Reden über das Recht Kompromisse, zu wenig ambitioniert konstanten Niveau von ca. 6,5 Prozent“. auf Bildung für alle und die die Vorhaben. Es sagt also schon viel Die nächste Regierung dürfte vor al- Herstellung gleicher Chancen aus, dass er bald 13 Jahre später immer lem an der Verwirklichung des neuen nie fern. Ein Blick quer durch das noch als Referenz gilt – mit vor allem Rechtsanspruchs auf einen Ganztags- Bildungssystem zeigt, wie groß zwei gescheiterten Zielen. Erstens: die grundschulplatz gemessen werden: Im die Baustellen sind – und wie Halbierung der notorisch hohen Zahl Mai brachte das Kabinett das Ganztags- wenig die Versprechen in der der Schulabbrecherinnen und -abbre- förderungsgesetz auf den Weg, das ab Vergangenheit eingelöst wurden. cher. Diese sank von 2008 bis 2013 von dem Schuljahr 2026/27 jedem Kind, das Weil – von der Kita bis in die 8 auf 5,7 Prozent, seitdem steigt sie eingeschult wird, das Recht auf mindes- Erwachsenenbildung – viel zu aber wieder: 2018 verließen 6,8 Pro- tens acht Unterrichts- und Betreuungs- wenig investiert wird. // zent der Jugendlichen die Schule ohne stunden täglich montags bis freitags Abschluss; mit der Corona-Pandemie in der (vierjährigen) Grundschule ver- Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel dürften es weit mehr geworden sein. schafft (s. Seite 18). (CDU) im Herbst nach 16 Amtsjahren Philipp Lorenz leitet in Berlin-Wedding nicht wieder antritt, wird es an Rückbli- Enges Personalkorsett eine Grundschule, die in schwieriger cken nicht mangeln. Einer aus der Welt Zweitens: Nicht einmal das in Dresden Umgebung vieles von dem umsetzt, was der Bildung führt zurück in ihre erste der mühsam vereinbarte finanzielle Gerüst es in Zukunft viel häufiger braucht: Sie vier Amtszeiten, in eine Reise durch Ki- steht. 2015 sollten 10 Prozent des Brut- ist gebunden; alle Kinder verbringen so tas, Schulen, Ausbildungsbetriebe und toinlandsprodukts (BIP) in Bildung und gleich viel Zeit in der Schule. Durch das Hochschulen, mit der Erkenntnis: „Wir Forschung investiert werden, darunter Berliner Bonusprogramm für sogenann- müssen eine Bildungsrepublik werden.“ 7 in die Bildung. Während die 3-Pro- te Brennpunktschulen gibt es 100.000 So kam es zu dem Dresdner Bildungs- zent-Hürde in der Forschung längst Euro im Jahr extra, von denen man sich gipfel von 2008; wer heute noch einmal übersprungen wurde, will das bei der zusätzliche Sozialarbeit und Sprachver- über diesen nachliest, stellt fest: Unter Bildung einfach nicht gelingen: Ihr An- mittlung leisten kann. Außerdem wur- Bildungsexpertinnen und -experten teil, konstatiert der Nationale Bildungs- de eine Stelle umgewidmet, um einen wurde der Gipfel bereits damals eher bericht „Bildung in Deutschland 2020“, Psychologen einzustellen. „Das ist Gold Erziehung und Wissenschaft | 06/2021
BUNDESTAGSWAHL 2021 9 JOURIST DC80 Dokumentenkamera wert“, sagt Lorenz, „nicht nur für gogin Lisa Lewien ist wissenschaft die Arbeit mit den Schülerinnen liche Mitarbeiterin an einem Qua- und Schülern – auch im Kontakt litätspakt-Projekt an der TU Dres- mit den Eltern.“ den. Sie hält es für überfällig, den Lorenz ist stolz auf die Schule, stellt Personalschlüssel im Lehramtsstu- sie gern vor – und lässt dennoch dium aufzustocken: „Ohne Dritt- keinen Zweifel aufkommen, wie mittel ist gute Lehre kaum noch hart erkämpft das Erreichte, wie möglich“, berichtet sie, „es gibt zu eng das Personalkorsett ist: „Die wenige Seminare, in denen Studie- Kinder kommen mit einem riesigen rende nachhaltig arbeiten, ebenso • Ultra-HD-Auflösung Spektrum an Kompetenzen – und zu wenig Begleitung in die Berufs- • USB-Verbindung leider auch Defiziten, sprachlich praxis.“ Folglich könnten Metho- • A3-Aufnahmen bis motorisch. Im Grunde müssten den und didaktische Instrumente wir den ganzen Tag radikal indivi- „kaum ausprobiert, gelernt und • Für PC und Mac dualisierten Unterricht anbieten. professionell begleitet verbessert“ • Robust und leicht Das wiederum können wir schlicht werden. Lewien: „Und das so wich- nicht leisten.“ Dafür braucht es – tige Thema Inklusion fällt laufend und das gilt natürlich nicht nur für unter den Tisch.“ Preis: EUR 129,- seine, sondern für alle Schulen – Das Lehramtsstudium steht bei- inkl. MwSt. eine Lehrkräfteausstattung von 110 spielhaft für einen Hochschulbe- Prozent; mehr, wenn – wie an allen trieb, der mit der – ebenfalls in Berliner Grundschulen – Querein- Dresden beschlossenen, aber nie steigerinnen und -einsteiger einge- ausfinanzierten – Erhöhung der arbeitet werden. Außerdem Zeit für Studierendenquote nicht Schritt Eine Dokumentenkamera den Austausch in den multiprofes- halten kann: Von gut zwei auf na- für den Online- und Präsenzunterricht sionellen Teams – auch für die über hezu drei Millionen stieg die Stu- einen freien Träger beschäftigten dierendenzahl seit 2008. Helfen Zahlreiche zufriedene Lehrkräfte und unabhängige Tests Erzieherinnen und Erzieher. „Zu- sollten erst die sogenannten Hoch- bestätigen: Die Dokumentenkamera JOURIST DC80 ist un- dem sollte ein Sozialarbeiter pro schulpakte zwischen Bund und gemein praktisch. Die Kamera ermöglicht es den Schülerin- Jahrgangsstufe, bei uns sind das Ländern – die aber nichts daran nen und Schülern, auch kleinteilige Handlungen wie natur- vier Klassen mit rund 100 Kindern, änderten, dass sich nach Berech- wissenschaftliche Versuche oder Rechenoperationen im Standard sein“, sagt Lorenz. nungen von Volkswirtin Mecht- Detail nachzuvollziehen. Und das zu einem attraktiven Preis. Auch Platz wird benötigt. „Eigent- hild Schrooten zwischen 2010 und lich braucht jede Klasse einen 2017 der Ausgabenanteil weg von Der verwendete Sensor mit Ultra-HD-Auflösung liefert ein Klassen- und einen Teilungsraum“, der Lehre hin zu Forschung und detailreiches Bild. Der Kameraarm ist schwenkbar und lässt erklärt Lorenz, und sagt dazu, das Entwicklung verschob. Seit diesem sich ideal ausrichten. klinge angesichts der massiven Jahr werden die Hochschulen durch Drehen, spiegeln oder zoomen Sie das Bild, wie Sie es be- Raumnot an Schulen fast wie ein den „Zukunftsvertrag Studium und „Weihnachtsmannwunsch“. Diese Lehre stärken“ mit 1,88 Milliarden nötigen. Frieren Sie die Kameraaufnahme ein, nehmen Sie Not wiederum steht in direktem Euro jährlich (ab 2024 mit 2,05 Mil- ein Bild oder Video auf. Zusammenhang mit dem nach wie liarden) unterstützt (s. Seite 22 f.). vor massiven Investitionsstau, der Dank einer „bisher nie dagewese- Jourist Verlags GmbH, Tel: 040-21098290 auch an der Schule von Lorenz groß nen finanziellen Kraftanstrengung“, Produktdatenblatt: www.scanner.expert ist. Außerdem kann sich die Wed- wie Bundesbildungsministerin Anja Wir garantieren eine umgehende Lieferung und bieten ding-Schule vieles nur leisten, weil Karliczek (CDU) 2019 nach zähen einen kostenlosen telefonischen Support an. mehr als jede zweite Familie staat- Verhandlungen konstatierte. liche Transferleistungen erhält; nur Aber was kommt davon an? Un- dann kommt man nämlich in das ter dem Motto „#stop the cuts!“ Berliner Bonusprogramm. protestierten Studierende und Hochschulbeschäftigte im April Universitäre Lehre verliert von Hamburg über Göttingen bis Auch die Vorbereitung der Lehr- Marburg. „In sehr vielen Bundes- kräfte auf die komplexe Realität ländern sind Hochschulen struktu- an Schulen steht nicht da, wo sie rell unterfinanziert“, erklärte eine sollte; 2023 läuft zudem die 2013 Sprecherin der Mittelbauinitiative gestartete „Qualitätsoffensive Leh- bei einer Kundgebung an der Uni rerbildung“ aus. Die Berufspäda Hamburg; angesichts des- >>>
10 BUNDESTAGSWAHL 2021 >>> sen, wie viel Arbeit in den Zukunftsver- und in einen persönlichen Austausch bände rufen seit Jahren gebetsmühlen- trag floss, sei das „ärgerlich“. „Ihr seid mit den Dozierenden gehen können“, haft nach einer echten Reform – nun ist exzellent – wir sind insolvent“, hieß es erklärt Bayer. Damit wird die Rolle der auch die Hochschulrektorenkonferenz auf dem Plakat neben ihr. berüchtigten „Repetitorien“, in die an- (HRK) im Boot. Sie fordert seit Ende Ap- Daria Bayer, wissenschaftliche Mitar- gehende Examenskandidaten Tausende ril eine höhere Förderquote und eben- beiterin am Rechtshaus – der juristi- Euro stecken, noch wichtiger – und der so höhere Fördersätze, außerdem eine schen Fakultät der Universität Ham- Vorsprung der privilegierteren Studie- Liberalisierung der Regelstudienzeit, in burg –, beschreibt, womit Beschäftigte renden immer größer. der aktuell nur jeder Dritte sein Studi- wie Studierende an der Exzellenzuni- um abschließt. Außerdem spricht sich versität konfrontiert sind: „Weil Geld Gewissheit Altersarmut nun auch die HRK für einen Wegfall der fehlt, werden weniger Lehrbeauftragte Auch die staatliche Studienförderung Altersgrenze und flexible Lösungen für engagiert und Stellen an den Lehrstüh- bietet immer weniger sozialen Aus- Teilzeitstudierende aus. Denn: Auf eine len vakant gehalten. Die Lücken füllen gleich. Kaum mehr als jeder achte Stu- Studienrealität, die längst nicht mehr diejenigen, die ohnehin oft nur auf hal- dierende erhält das seit 2015 vollstän- jener der 1970er-Jahre entspricht, wur- de das BAföG-System ebenfalls nicht vorbereitet. Studierende, die nicht auf traditionellem Weg kommen, sind sehr oft älter als 30 Jahre – das ist die heu- tige Altersgrenze für eine Förderung –, Frauen noch häufiger als Männer. Ein Teilzeitstudium ist bis heute nur über einen Ausnahmeantrag förderfähig. Aufgabe des Bundes sind auch die Integrationskurse, in denen Neuzuge wanderte aus Nicht-EU-Staaten Grund- kenntnisse in Deutsch sowie der Ge- schichte und der gesellschaftlichen Realität der Bundesrepublik erhalten sollen – und müssen. Das gelingt immer seltener: Laut Nationalem Bildungsbe- richt sinken die Abschlussquoten seit 2015 „kontinuierlich“, den Deutsch-Test auf B1-Niveau bestanden 2018 nur 52 Prozent. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat zum Jahres- wechsel seine Finanzierung der Kurse Foto: Dominik Buschardt zwar erhöht, dies jedoch nur unzurei- chend: Statt 3,90 Euro pro Teilnehmen- dem und Stunde erhalten die Kursveran- stalter nun 4,40 Euro; die Honorare der freiberuflichen Lehrkräfte erhöhen sich Auf dem Bildungsgipfel in Dresden beschlossen Bund und Länder 2008, bis zum Jahr auf rund 41 Euro pro Stunde. Das Prin- 2015 7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Bildung und 3 Prozent in Forschung zu zip bleibt: Wer Zugewanderte auf das investieren. Dieses Ziel wurde bis heute nicht erreicht. Leben in Deutschland vorbereitet, muss sich dafür weiterhin auf eigene Kosten mit Zertifikaten für Deutsch als Fremd- ben Stellen und befristet beschäftigt dig vom Bund finanzierte BAföG, in den sprache/Deutsch als Zweitsprache aus- sind. So bleibt noch weniger Zeit für die 1970er-Jahren war es fast jeder zweite bilden – und hat einen Job ohne jede eigene Forschung und Lehre.“ Auch sie (s. Seite 22 f.). Experten wie der Bil- Sicherheit; die Corona-Pandemie mach- beschreibt eine Bildungswelt, unter der dungsökonom Dieter Dohmen halten te das noch einmal überdeutlich. vor allem die leiden, die man in Sonn- zudem angesichts der massiv gestiege- Spricht man mit Ingo Langenbach, er- tagsreden so gerne mitzunehmen vor- nen Kosten, unter anderem der Miete, zählt der erst einmal mit Freude, seinen gibt. Zum Wintersemester werden bei eine Anhebung um 25 Prozent für er- Kurs hätten im vergangenen Jahr trotz den Juristen sämtliche Arbeitsgemein- forderlich – statt einer Steigerung von 5 Pandemie fast alle bestanden. Dass es schaften gestrichen. „Diese sind die ein- Prozent, wie es sie 2019 gab, gefolgt von insgesamt hakt, wundert ihn nicht: Die zigen Gelegenheiten, bei denen Jura- 2 Prozent 2020. Die GEW, das Deutsche Kurse seien oft viel zu groß, zudem oft Studierende konkret an Fällen arbeiten Studentenwerk und Studierendenver- wild zusammengewürfelt – ohne Rück- >>> Erziehung und Wissenschaft | 06/2021
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12 BUNDESTAGSWAHL 2021 >>> sicht auf Herkunftsländer, Religion und Bedarf in den Ganztagsgrundschulen. zu kompensieren, und fehlende Zeit für vor allem die Bildungsbiografie: „Ob je- Zugleich fallen die Betreuungsverhält- Teamsitzungen und Gespräche mit Lei- mand drei Jahre in der Schule war oder nisse auseinander; in manchen Ländern tung sowie Eltern bis zum Verfassen von mit einem Hochschulabschluss kommt, im Osten kommen auf eine Erzieherin Sprachlerntagebüchern und Entwick- ist ein Riesenunterschied“, erklärt Lan- fast doppelt so viele Kinder wie in Ba- lungsberichten.“ Auch hier leiden vor al- genbach. Die Träger, fügt der Germanist den-Württemberg (s. Seite 20 f.). Mit lem die, die es am nötigsten hätten: In- mit mehreren – selbstfinanzierten – Zu- bundesweitem Blick gilt laut der Organi- klusion, sagt Erkisi, habe sich auch in der satzqualifizierungen hinzu, treffe dabei sation für wirtschaftliche Zusammenar- Kita längst zum „Reizwort“ entwickelt: meist keine Schuld: „Die müssen sehen, beit und Entwicklung (OECD): Jede drit- „Das zusätzliche Personal erweist sich dass sie ihre Kurse voll bekommen, te Fachkraft in Deutschland steht unter oft als Mogelpackung. Integrationser- sonst gerät prompt die BAMF-Finanzie- Stress, jede vierte überlegt, ihren Beruf zieherinnen und -erzieher übernehmen rung in Gefahr.“ Die Forderung, die er aufzugeben. meist ganz normale Aufgaben. Die Kin- mit Blick auf die Corona-Pandemie in Die GEW fordert seit Jahren ein bun- der, die mehr Begleitung benötigen, sind einem offenen Brief mit der Überschrift desweit einheitliches und verbindliches aber trotzdem da.“ Bei der Förderung „Aus Daseinsvorsorge wird Daseinsver- Kita-Qualitätsgesetz (s. Seite 20 f.). Der von Mädchen und Jungen aus zugewan- sagen!“ aufstellt: „Integration ist eine Erzieher Cem Erkisi, Personalratsvor- derten Familien gelte das Gleiche: „Auch Daueraufgabe“, es müsse „sinnvolle sitzender bei den Kita-Eigenbetrieben Mehrsprachigkeit ist nur dann eine Res- und faire Dauerlösungen geben anstatt Süd-Ost in Berlin, zeigte sich im April source, wenn man sie fördert.“ Das 2016 der Gewissheit auf Altersarmut“. nach einem Workshop zu einem sol- gestartete Bundesprogramm Sprach-Ki- chen Gesetz, veranstaltet von der GEW, tas, in dem Kindertagesstätten mit mehr Reizwort Inklusion der Arbeiterwohlfahrt und dem Bun- als 40 Prozent Kindern nichtdeutscher Nach Ansicht vieler Expertinnen und Ex- desverband Katholischer Tageseinrich- Herkunft mitmachen können und dann perten noch viel zu sehr Ländersache ist tungen für Kinder, vorsichtig optimis- eine halbe zusätzliche Stelle bekommen, die seit 2013 qua Rechtsanspruch mas- tisch: „Mein Eindruck ist, dass in den sei angesichts des Bedarfs „ein Tropfen siv ausgeweitete frühkindliche Bildung Parteien ankommt: Es geht weder ohne auf den heißen Stein“. Außerdem fehl- und Betreuung. Laut Institut der Deut- zusätzliche Mittel noch ohne eine bun- ten Erzieherinnen und Erzieher, die für schen Wirtschaft (IW) fehlen allein für desweite Regelung.“ den frühkindlichen Spracherwerb qua- die Kinder, die jünger als drei Jahre sind, Fragt man ihn, woran es den Kitas, in lifiziert sind. Erkisi: „Solange der Beruf rund 342.000 öffentlich geförderte Be- seinem Fall denen in Berlin-Neukölln, nicht attraktiver wird, kommen wir nicht treuungsplätze in Kita und Tagespflege; am meisten mangelt, weiß er kaum, weiter.“ laut Bundesfamilienministerium zudem wo er beginnen soll: „Es greift so vieles bis 2025 rund 190.000 Erzieherinnen ineinander: von der Fachkraft-Kind-Re- Jeannette Goddar, und Erzieher – nicht eingerechnet der lation über die Unmöglichkeit, Ausfälle freie Journalistin Auch ein zweites Ziel des Dresdner Bildungsgipfels 2008 ist nicht erreicht worden: Die Zahl der Schulabbreche- rinnen und -abbrecher sollte halbiert werden. Sie ist bis heute nur geringfügig gesunken. Foto: Kay Herschelmann Erziehung und Wissenschaft | 06/2021
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14 BUNDESTAGSWAHL 2021 Kinder und Jugendliche, die in ärmeren Kommunen aufwachsen, sind dreifach benachteiligt: Sie leben oft in schlechteren Wohn- gegenden, lernen in maroden Schulen und leiden unter den Auswirkungen von Arbeits losigkeit. Schulbildung darf daher in Zukunft nicht mehr wie bisher nach dem Gießkannenprinzip finanziert werden. Die Gelder müssen nach einem Sozialindex Foto: mauritius images/Maren Winter/Alamy fließen. Weg mit der Gießkanne! // Schwachstellen des Schulsys- der Persönlichkeit und vom Leistungs- bis zum Schuljahr 2030/31 in den wei- tems haben sich in der Corona- stand der Kinder zu machen. Die Eltern terführenden Schulen zwei Drittel der Pandemie noch deutlicher hoffen, dass das Personalkarussell nicht benötigten Fachlehrerinnen und -lehrer gezeigt als zuvor. Die GEW for- von neuem startet. fehlen. Klemm ist überzeugt, dass sich dert deshalb klare Signale gegen die Untersuchungsergebnisse auf ganz den Fachkräftemangel, mehr Multiprofessionalität stärken Deutschland übertragen lassen. Investitionen in Gebäude, einen Es hätte die Pandemie nicht gebraucht, Die GEW warnt schon lange vor den Schub bei der Digitalisierung um den Fachkräftemangel an den Folgen des Personalmangels – nicht nur und Bundesressourcen für eine Schulen offenzulegen. Aber die Krise mit Blick auf bestimmte Fächer, sondern gerechtere Bildung. // verschärft selbst die Lage an den auch wegen des geplanten Rechtsan- Gymnasien, die im Vergleich etwa zu spruchs auf Ganztag in den Grundschu- Für die 7. Klasse eines Gymnasiums in Grund- oder Berufsschulen noch ganz len ab 2025 (s. Seite 18). Für eine quali- Frankfurt am Main war es der dritte gut dastehen. Überall zeigt sich jetzt, tativ hochwertige Ganztagsgrundschule Lehrerinnenwechsel in Mathe inner- dass Personal fehlt, um Distanz- oder braucht es nach Berechnungen der GEW halb eines Jahres. Schon in normalen Wechselunterricht sinnvoll zu gestal- in den nächsten fünf Jahren mindestens Zeiten kein Idealzustand, im Lockdown ten und Kinder in kleineren Gruppen 50.000 zusätzliche Lehrkräfte. mit Distanzunterricht aber eine Kata zu betreuen. Vor allem in den MINT- Vor der Bundestagswahl fordert die Ge- strophe. Die Schülerinnen und Schüler Fächern (Mathe, Informatik, Natur- werkschaft deshalb beim Kampf gegen kennen ihre neue Lehrerin nicht von wissenschaft, Technik) mangelt es an den Fachkräftemangel eine „nationale Angesicht zu Angesicht. Auch die jun- Personal. Nach einer Prognose des Bil- Kraftanstrengung“. Zwar könne der Bund ge Pädagogin hat die Kinder noch nie dungswissenschaftlers Klaus Klemm für nicht direkt in Personal investieren, sagt „offline“ gesehen. Sie muss versuchen, die Telekom Stiftung* (s. E&W 4/2021) Ilka Hoffmann, im GEW-Vorstand verant- sich in Videokonferenzen ein Bild von werden allein in Nordrhein-Westfalen wortlich für den Bereich Schule. „Aber er Erziehung und Wissenschaft | 06/2021
BUNDESTAGSWAHL 2021 15 kann den Kommunen helfen und dafür „Der NC muss bundesweit abgeschafft rungsstau. In einer Untersuchung für die sorgen, dass die Digitalisierung voran- werden“, fordert Hoffmann: „Wir brau- Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) kommt und etwa Systemadministrato- chen jetzt eine starke Offensive für bilanzierte das Deutsche Institut für Ur- rinnen und -administratoren die Schulen neue Studienplätze.“ Gleichzeitig setzt banistik den Investitionsbedarf im ver- dauerhaft unterstützen.“ die GEW auch auf gut qualifizierte gangenen Jahr auf rund 44,2 Milliarden Mit Hilfe eines Bund-Länder-Kommu- Quereinsteigerinnen und Quereinstei- Euro. Nach Einschätzung der KfW könnte nen-Programms könnten nach An- ger ins Lehramt, denn ohne diese ist der die Corona-Krise für die Schulinfrastruk- sicht der GEW auch multiprofessio- Fachkräftemangel an den Schulen vor- tur und die Digitalisierung zu einer an- nelle Teams in den Schulen aufgebaut erst nicht zu beheben. „Dafür brauchen haltenden Belastungsprobe werden. Die werden, um allen Kindern gerecht zu wir Qualitätsstandards und ausgebilde- Kommunen als Schulträger, so das Fazit, werden. Gemeinsam könnten te Fachkräfte, die diese Kolleginnen und brauchten deshalb mehr Unterstützung. dann Themen in den Blick Kollegen betreuen.“ In Berlin etwa, wo Auch Tepe fordert den Bund auf, sich fi- genommen werden, die mittlerweile jede zweite Lehrkraft quer- nanziell mehr zu engagieren: „Gute Ge- in der Corona-Krise im- einsteige, mache man gute Erfahrungen bäude und eine gute digitale Versorgung mer weiter ins Abseits mit Mentoring-Programmen. Hoffmann sind nicht über Nacht zu erreichen, not- geraten – etwa die ist überzeugt, dass die Einstellungspo- falls muss man das in einem Zehnjahres- Umsetzung der Inklusi- litik an den Schulen generell verändert plan verbindlich angehen.“ on. „Länder wie Kanada werden müsse, weil sich das Lernen Vorankommen müssen Bund und Län- haben in der Pandemie und Lehren weiterentwickelt: „Die Pan- der auch beim Thema Fort- und Wei- wieder gezeigt, wie man demie zeigt, dass es immer mehr Kinder terbildung der Lehrkräfte. Die GEW will besser durch Krisen mit Unterstützungsbedarf gibt. In einer eine Offensive anstoßen, die sowohl kommt, wenn auch Gymnasialklasse mag es vielleicht nicht den Umgang mit Diversität als auch die Berufsgruppen wie so entscheidend sein, wie viele Kinder Digitalisierung im Blick hat. Die Corona- Sozialarbeiterinnen von einer Lehrkraft unterrichtet wer- Ausnahmesituation zeigt, wie unter- und Sozialarbeiter den. Aber in einem sozialen Brennpunkt schiedlich vorbereitet Lehrerinnen und oder Pflegekräfte ist die Klassengröße und damit die Lehr- Lehrer auf den digitalen Wandel sind. an den Schulen mit- kräftezuweisung ein wichtiger Faktor.“ Während die eine Lehrkraft regelmäßig arbeiten“, sagt Hoff- Videokonferenzen macht und Feedback mann. Dringend nötig ist Mehr Chancengleichheit übers Lernportal gibt, unterrichtet die aus Sicht der Gewerkschaft Die GEW setzt deshalb auf eine flexible- andere mit Arbeitsblättern, weil Technik außerdem, Grundschullehr- re Steuerung bei der Zuweisung finan- und/oder Know-how fehlen. Schon vor kräfte sowie Lehrerinnen und Lehrer zieller und personeller Ressourcen als der Pandemie hatten Studien gezeigt, an weiterführenden Schulen durch eine Hebel für mehr Chancengleichheit. Es dass es großen Nachholbedarf gibt. So bessere Bezahlung in allen Bundeslän- dürfe weder vom Wohnort noch vom betonte eine Sonderauswertung der dern aufzuwerten. sozialen Status der Eltern abhängen, PISA-Studie 2018, dass Pädagoginnen Geld allein wird den Fachkräftemangel welche Bildungsangebote ein Kind be- und Pädagogen in Deutschland zu wenig allerdings nicht beheben. Denn das Pro- komme, mahnt die GEW-Vorsitzende Fortbildungsmöglichkeiten hätten. Die blem beginnt bei der Ausbildung an den Marlis Tepe. Sie schlägt vor, Bundes- Folge: Weniger als 44 Prozent der Schul- Hochschulen. Zwar ist das Interesse am ressourcen nach einem Sozialindex zu leitungen hielten ihre Lehrkräfte für Lehramt hoch, jedoch bremsen viele verteilen. Das bedeutet: weg von der kompetent, neue Technologien didak- Hochschulen die Studieninteressierten bisher üblichen Gießkannen-Zuweisung tisch sinnvoll anzuwenden. Im Worst- mit einem Numerus clausus (NC) aus. an die Länder nach dem sogenannten Case-Szenario heißt das: schlechter Die GEW spricht von einem „hausge- Königsteiner Schlüssel. Schulen in är- Unterricht trotz guter Technik. machten Fachkräftemangel“, den vor al- meren Kommunen müssten anders lem die Länder zu verantworten hätten. behandelt werden als Einrichtungen in Katja Irle, Nach einer Expertise des ehemaligen prosperierenden Regionen, sagt auch freie Journalistin Berliner Bildungsstaatssekretärs Mark Hoffmann und spricht von einer drei- Rackles zur Lehrkräftebildung 2021** fachen Benachteiligung: „Kinder und (s. E&W 11/2020) haben in den vergan- Jugendliche in armen Kommunen leben *Klaus Klemm: Lehrkräftemangel in genen Jahren nur drei Bundesländer in der Regel in schlechteren Wohnge- den MINT-Fächern: Kein Ende in Sicht. bedarfsdeckend ausgebildet. Zwar er- genden, lernen in maroden Schulen Zur Bedarfs- und Angebotsentwicklung höhten zehn der 16 Länder mittlerweile und leiden unter den Auswirkungen von in den allgemeinbildenden Schulen der die Zahl der Studienplätze. Andere bau- Arbeitslosigkeit. Von gleichwertigen Sekundarstufen I und II am Beispiel ten aber Plätze ab. Immerhin hat zum Lebensverhältnissen, wie sie die Verfas- Nordrhein-Westfalens, Dezember 2020 Beispiel Bayern jüngst den NC für das sung vorsieht, sind wir noch weit weg.“ **Mark Rackles: Lehrkräftebildung 2021 Grundschullehramt aufgehoben, um Apropos marode Schulen: Seit Jahren – Wege aus der föderalen Sackgasse, mehr Studierende auszubilden. gibt es von München bis Kiel einen Sanie- September 2020 Erziehung und Wissenschaft | 06/2021
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