Dokumentation zum Wissenstransfer für Mentorinnen und Mentoren zum 9. Familienbericht "Eltern sein in Deutschland" - vom 21. Juni 2021, 14:00 ...
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Dokumentation zum Wissenstransfer für Mentorinnen und Mentoren zum 9. Familienbericht „Eltern sein in Deutschland“ vom 21. Juni 2021, 14:00 – 15:30 Uhr
Vorstellung Dagmar Müller Leiterin der Geschäftsstelle des neunten Familienberichts „Eltern sein in Deutschland“ Referentin 29.06.2021 | Wissenstransfer | 4
Gefördert vom: Eltern sein in Deutschland – der Neunte Familienbericht Dagmar Müller (DJI) Treffen der Mentorinnen und Mentoren der Lokalen Bündnisse für Familie, Online-Veranstaltung, 21. Juni 2021 5
Der Neunte Familienbericht … ➢ wurde zwischen Juli 2018 und August 2020 im Auftrag der Bundes- familienministerin Franziska Giffey von einer unabhängigen Sach- verständigenkommission unter Vorsitz von Prof. Dr. Sabine Walper (DJI) erarbeitet und im März 2021 zusammen mit der Stellungnahme der Bundesregierung vom Bundeskabinett verabschiedet ➢ beleuchtet zentrale gesellschaftliche Trends, Bedarfe und Lebenslagen von Familien als Grundlage einer nachhaltigen und sozialinvestiven Familienpolitik ➢ nimmt vor allem Eltern und, im Zusammenspiel mit anderen Akteuren und Institutionen, ihren Beitrag zum gelingenden Aufwachsen der Kinder in den Blick ➢ plädiert für Verantwortungspartnerschaften aller Beteiligten, um Chancengerechtigkeit in und für Familien zu erreichen und Familien als sozialen Mitte der Gesellschaft zu stärken 6
Die Sachverständigenkommission ➢ Prof. Dr. Helen Baykara-Krumme, Universität Duisburg-Essen ➢ Prof. Dr. Miriam Beblo, Universität Hamburg ➢ Prof. Dr. Nina Dethloff, Universität Bonn (stellvertretende Vorsitzende) ➢ Prof. Dr. Michaela Kreyenfeld, Hertie School, Berlin ➢ Prof. Dr. Axel Plünnecke, Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln ➢ Prof. Dr. Reinhard Pollak, GESIS Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften, Mannheim ➢ Prof. Dr. Sabine Walper, Deutsches Jugendinstitut e.V., Foto: BMFSFJ (2018) München (Vorsitzende) ➢ Geschäftsstelle am Deutschen Jugendinstitut e.V. (DJI), Leitung: Dagmar Müller 7
Ausgangspunkt ➢Steigende Ansprüche und Anforderungen an Eltern → „Intensivierung“ von Elternschaft ➢bei gleichzeitig zunehmender Diversität von Familien (strukturell, ethnisch, soziokulturell) ➢und größerer sozialer Ungleichheit sowie Heterogenität der Lebenslagen von Familien 8
Zunehmende Diversität von Familien Quellen: Deutsches IVF-Register, Statistisches Bundesamt (Mikrozensus, Statistik der Adoptionen), Berechnungen der Geschäftsstelle Neunter Familienbericht. Grafik: BMFSFJ 2021b, S. 11 9
Zunehmende Diversität von Familien In vier von zehn Familien mit minderjährigen Kindern haben Eltern und/oder Kinder einen Migrationshintergrund (d.h. sie nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren). Nur jedes fünfte Kind mit Migrations- hintergrund ist selbst zugewandert, die Mehrzahl der Kinder ist in Deutschland geboren und aufgewachsen. (Statistisches Bundesamt, 2020) Foto: pixabay.com 10
„Intensivierung“ von Elternschaft ➢ Veränderte Erziehungsmaximen: Kindzentrierung, Leitbilder „verantworteter“ Elternschaft und konsequent-liebevoller („autoritativer“) Erziehung ➢ Mediatisierung und Digitalisierung des (Familien-)Alltags ➢ Schlüsselrolle von Bildung in der Wissensgesellschaft: Einkommens- und Aufstiegschancen, mehr Teilhabe, bessere Gesundheit, „Lebensbewältigungskompetenz“ ➢ Erhöhter Abstimmungsbedarf durch Erwerbstätigkeit beider Elternteile und geteilte Sorgeverantwortung („doing family“) 11
„Was meinen Sie: Ist es heute im Allgemeinen leichter oder eher schwerer als früher, Kinder zu erziehen?“ Eltern mit Kindern unter 18 Jahren 12% 7% Sozioökonomischer Status leichter niedrig 58% schwerer 31% weder-noch mittel 49% 50% unentschieden hoch 44% Basis: Bundesrepublik Deutschland, Eltern mit Kindern unter 18 Jahren Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 8214 (2019) 12
Was es Eltern heute schwerer macht Sozioökonomischer Status niedrig mittel hoch Heute müssen Eltern untereinander mehr absprechen und 64 80 85 organisieren, da häufig beide Elternteile berufstätig sind. Die Anforderungen an die Bildung und Förderung der 70 70 64 Kinder sind deutlich gestiegen. Kinder zu haben, ist heute viel teurer als früher. 77 63 53 Die Medien machen es heute schwerer, Kinder zu erziehen. 51 52 52 Eltern sind heute im Allgemeinen unsicherer und besorgter, 48 43 40 ob wie alles richtig machen in der Erziehung. Basis: Bundesrepublik Deutschland, Eltern mit Kindern unter 18 Jahren Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 8214 (2019) 13
Was es Eltern heute leichter macht Sozioökonomischer Status niedrig mittel hoch Heute unterstützen sich die Partner besser in der 34 50 58 Kindererziehung als früher. Es gibt heute für Eltern mehr Modelle bzw. Möglichkeiten als früher, wie sie sich Erziehung und Betreuung aufteilen 28 46 53 können. Bei einer Trennung oder Scheidung übernehmen Väter 25 31 42 heute mehr Verantwortung als früher. Eltern haben es heutzutage leichter, weil es mehr 15 18 28 Betreuungsmöglichkeiten gibt. Basis: Bundesrepublik Deutschland, Eltern mit Kindern unter 18 Jahren Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 8214 (2019) 14
Zeitliche Intensivierung von Elternschaft Durchschnittliche tägliche Zeitverwendung für unterschiedliche Kinderbetreuungsaktivitäten als Hauptaktivität, Deutschland, 2001/2002 und 2012/2013 Väter 2001/2002 Körperpflege, 10 1 11 22 4 Beaufsichtigung Hausaufgabenbetreuung, Anleitung Väter 2012/2013 18 2 16 2 41 7 Spielen, Sport Gespräche Mütter 2012/2013 45 8 20 4 8 4 18 Begleitung Termin Vorlesen, Geschichten Mütter 2001/2002 33 6 14 3 5 2 12 erzählen Wegezeiten Kinderbetreuung 0 Min. 20 Min. 40 Min. 60 Min. 80 Min. 100 Min. 120 Min. Quelle: Zeitverwendungserhebung, Statistisches Bundesamt, 2006, 2015; BMFSFJ, 2021a 15
„Ich habe leider nicht genug Zeit, um mein Kind so zu fördern, wie ich es gerne möchte“ (Zustimmung in %) 31% 24% 18% 16% 2011 2019 Eltern insgesamt Eltern mit Kindern im Schulalter (6 bis unter 14 Jahre) Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfragen 6119, 8214 16
Erwerbstätigkeit von Müttern und Vätern nach Alter des jüngsten Kindes im Haushalt (Erwerbstätigenquote (15-64 Jahre) in %) 92% 93% 94% 93% 93% 84% 85% 81% 76% 56% Väter Mütter Teilzeitanteil Mütter: 71% im Früheren Bundesgebiet 47% in den Neuen Ländern unter 3 Jahre 3 bis unter 6 6 bis unter 10 10 bis unter 15 bis unter Quelle: Mikrozensus (2019), Statistisches Bundesamt, 2021 Jahre Jahre 15 Jahre 18 Jahre 17
Soziale Schere bei den Ausgaben für Kinder Absolute Konsumausgaben für Kinder (2013) Anteil der Konsumausgaben für Kinder (inflations- 3.000 € bereinigt) am Haushaltsnettoeinkommen (2013) (2745) 2.500 € Paar 1 Kind 16% 2.000 € 1817 1767 1693 Paar 2 Kinder 24% 1.500 € 1101 1165 1019 1015 1013 1.000 € Paar 3 Kinder 32% 660 679 612 (576) 500 € 364 (420) Alleinerziehend 1 Kind 31% 0€ Paar 1 Kind Paar 2 Kinder Paar 3 Kinder Alleinerziehend Alleinerziehend Alleinerziehend 2 Kinder 41% 1 Kind 2 Kinder Unterstes Einkommensdezil Mittel Oberstes Einkommensdezil Basis: EVS 2013, Berechnungen von M. Beblo und Mitarbeitern Quelle: BMFSFJ, 2021a 18
„Ich möchte mein Kind gerne stärker fördern, kann mir das aber finanziell nicht leisten “ (Zustimmung in %) 44% 19% 15% 2% Eltern niedrig mittel hoch insgesamt Sozioökonomischer Status Basis: Bundesrepublik Deutschland, Eltern mit Kindern unter 18 Jahren 19 Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 8214 (2019)
Ungleiche Voraussetzungen ➢ Ressourcenstärkere Eltern können dem Trend zunehmend engagierter Elternschaft leichter folgen → höhere zeitliche und materielle Investitionen in Bildung, Betreuung und Erziehung ➢ Ressourcenärmere Eltern (dar. v.a. Alleinerziehende, Migrant*innen) können ihre Kinder oft nicht in gewünschtem Maße fördern, zeigen oft weniger Selbstwirksamkeit und Vertrauen ins Bildungssystem und nutzen dies selektiv ➢ Soziale Ungleichheiten befördern den Wettlauf um höhere Bildungsabschlüsse und intensive Erziehung (Doepke & Zillibotti 2019) 20
Problematische Folgen und Gefahren ➢ Akzentuierung oder Verfestigung sozialer Ungleichheiten / abnehmende intergenerationale Mobilität ➢ Neue Erziehungsleitbilder adressieren vor allem Mütter („intensive mothering“), widersprüchliche Erwartungen an Väter („Ernährer“, „aktiver Vater“) → Retraditionalisierung der Geschlechterrollen ➢ Hohe psychosoziale Belastungen → Eltern an der Belastungsgrenze ➢ Teilweise Verschärfung der Problematiken durch die Corona- Pandemie und ihre wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen 21
Die Empfehlungen im Überblick Verantwortungspartnerschaften für Familien Befähigung durch Familienbildung und –beratung und Integration Vielfalt Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung & Teilhabe gelebter von Eltern- Entlastung und Bildungsgerechtigkeit durch Familien schaft im qualitativ hochwertige Bildungsinfrastruktur mit Recht mit mehr Ganztag Migrations- aner- geschichte kennen Wirtschaftliche Vereinbarkeit und fördern Absicherung egalitäre Arbeits- gewährleisten teilung stärken Solide Wissensbasis für eine evidenzbasierte Familienpolitik 22
Die Empfehlungen im Überblick Verantwortungspartnerschaften für Familien Befähigung durch Familienbildung und –beratung und Integration Vielfalt Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung & Teilhabe gelebter von Eltern- Entlastung und Bildungsgerechtigkeit durch Familien schaft im qualitativ hochwertige Bildungsinfrastruktur mit Recht mit mehr Ganztag Migrations- aner- geschichte kennen Wirtschaftliche Vereinbarkeit und fördern Absicherung egalitäre Arbeits- gewährleisten teilung stärken Solide Wissensbasis für eine evidenzbasierte Familienpolitik 23
Vereinbarkeit und egalitäre Arbeitsteilung stärken ➢ Die Erwerbstätigkeit beider Elternteile und eine gleichmäßigere Aufteilung der Familienarbeit sind zentral für die wirtschaftliche Stabilität der Familie ➢ Erschließung von Einkommenspotentialen und Absicherung von Armuts- risiken im Lebensverlauf (nach Trennung/Scheidung, bei Arbeitslosigkeit, im Alter) ➢ Wachsende Bedeutung angesichts steigender Trennungs-/Scheidungsraten (v.a. Existenzsicherung alleinerziehender Mütter) und des wirtschaftlichen Strukturwandels (Substitution von Arbeitsplätzen durch Digitalisierung und Dekarbonisierung) 24
Erwerbskonstellationen von Paaren mit Kindern unter 18 Jahren im Haushalt 100% 11% 13% Beide Vollzeit (über 36 Stunden) 90% 4% 4% 80% 6% 33% 47% Beide Teilzeit (bis 36 Stunden) 13% 12% 70% Mann Vollzeit, Frau 28-36 60% 17% Stunden 19% Mann Vollzeit, Frau 20-27 50% 15% Stunden 40% Mann Vollzeit, Frau unter 20 32% Stunden 30% 27% Mann alleinverdienend 20% 10% 9% Beide nicht erwerbstätig 5% 7% 6% 0% Sonstige 2006 2018 Quelle: Mikrozensus-Sonderauswertung der Prognos AG, Darstellung in Anlehnung an BMAS, 2021, S. 237 25
Empfehlungen der Kommission ➢ Abbau von Fehlanreizen für eine egalitäre Arbeitsteilung ➢ „Einstieg in den Ausstieg“ aus dem Ehegattensplitting ➢ Begrenzung marginaler Beschäftigung (Minijobs) ➢ Begrenzung/Abschaffung der beitragsfreien Mitversicherung in der Krankenversicherung ➢ Finanzielle Anreize für mehr Väterbeteiligung an der Kindererziehung ➢ Mehr exklusive Vätermonate und Dynamisierung beim Elterngeld → symmetrisches Modell 3 + 8 + 3 Monate; Einkommensersatz von 80% (max. 7 Monate), danach 50%; Mindestbezug von 2 Monaten, nur 1 Monat gleichzeitig mit Partner:in ➢ Weiterentwicklung der familienorientierten Unternehmenskultur ➢ Flexible Arbeitszeitmodelle (v.a. „vollzeitnahe Teilzeit“ bzw. „kurze Vollzeit“), Gestaltung des Homeoffice, gleiche Entwicklungs- und Aufstiegschancen für Beschäftigte mit Familienverantwortung ➢ Informations- und Erfahrungsaustausch über gute Vereinbarkeitslösungen 26
Empfehlungen der Kommission ➢ Weiterer Ausbau der Betreuungs- und Bildungsinfrastruktur für Kinder ➢ U3-Bereich und Ganztagsgrundschulen ➢ Qualität und Verbindlichkeit im Ganztag stärken ➢ Entlastung der Eltern und Förderung der Bildungsgerechtigkeit im Rahmen von Erziehungs- und Bildungspartnerschaften, auch multiprofessionelle Teams an Schulen ➢ Stärkung der lokalen Familienzeitpolitik ➢ Z.B. Verringerung von Wegen und Wartezeiten ➢ Schaffung familiengerechten und bezahlbaren Wohnraums Heterogenität der Lebenslagen und spezifische Bedarfe von Familien im Blick behalten 27
Danke für Ihr Interesse und Ihre Aufmerksamkeit! Foto: pixabay.com 28
Kontakt Dagmar Müller Deutsches Jugendinstitut e.V. Abt. Familie und Familienpolitik E-Mail: dmueller@dji.de Internet: www.dji.de/9_familienbericht 29
Literatur Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg,). (2021). Lebenslagen in Deutschland. Der Sechste Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. Berlin. https://www.armuts-und-reichtumsbericht.de/ Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.). (2021a). Neunter Familienbericht. Eltern sein in Deutschland. Bundestagsdrucksache. Berlin. Verfügbar unter https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/publikationen/neunter-familienbericht-eltern-sein-in- deutschland--179394 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.). (2021b). Eltern sein in Deutschland. Zusammenfassung des Gutachtens der Sachverständigenkommission. Berlin. Verfügbar unter https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/publikationen/eltern-sein-in-deutschland-174068 Doepke, M. & Zilibotti, F. (2019): Love, money, and parenting. How economics explains the way we raise our kids. Princeton: Princeton University Press. Institut für Demoskopie Allensbach (2020). Elternschaft heute. Eine Repräsentativbefragung von Eltern unter 18-jähriger Kinder. Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 8214. Allensbach. https://www.ifd-allensbach.de/fileadmin/IfD/sonstige_pdfs/8214_Elternschaft_heute.pdf Statistisches Bundesamt. (2006). Zeitbudgets – Tabellenband I. Zeitbudgeterhebung 2001/2002: Aktivitäten in Stunden und Minuten nach Geschlecht, Alter und Haushaltstyp. Wiesbaden: Statistisches Bundesamt. Statistisches Bundesamt. (2015). Zeitverwendungserhebung 2012/2013. Aktivitäten in Stunden und Minuten für ausgewählte Personengruppen. Wiesbaden: Statistisches Bundesamt. Statistisches Bundesamt. (2020). Bevölkerung mit Migrationshintergrund – Ergebnisse des Mikrozensus 2019 – Fachserie 1, Reihe 2.2. Wiesbaden. Statistisches Bundesamt. (2021). Erwerbstätigenquoten der 15- bis unter 65-Jährigen mit Kindern unter 18 Jahre, GENESIS-Online, Tabelle 12211- 0608 (Abruf 15.06.2021), https://www-genesis.destatis.de/genesis/online 30
Umfrage 29.06.2021 | Wissenstransfer| 31
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 29.06.2021 | Wissenstransfer | 32
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