DURCH TRANSFORMATION VON ERNÄHRUNGSSYSTEMEN DER KLIMAKRISE BEGEGNEN: Handlungsberichte aus 14 Ländern
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DURCH TRANSFORMATION VON ERNÄHRUNGSSYSTEMEN DER KLIMAKRISE BEGEGNEN: Handlungsberichte aus 14 Ländern GLOBAL ALLIANCE FOR THE FUTURE OF FOOD 2022
HAFTUNGSAUSSCHLUSS Dieses Dokument wurde von Global Alliance for the Future of Food bei Tasting the Future zur Nutzung durch die Mitglieder von Global Alliance und deren Partner in Auftrag gegeben. Es soll die Diskussion über wichtige Fragen im Zusammenhang mit der Transformation der Ernährungssysteme anregen und kollektives Handeln fördern. Global Alliance macht dieses Dokument als Beitrag zur Diskussion über nachhaltige Reformen von Ernährungssystemen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich. Dieses Dokument besteht aus Arbeiten unabhängiger Autoren. Die hier geäußerten Ansichten geben nicht notwendigerweise die Ansichten von Global Alliance oder deren Mitglieder wieder. Copyright © 2022 Global Alliance for the Future of Food. Dieses Werk ist unter einer Creative Commons Attribution-Non-Commercial 4.0 International License lizenziert. Empfohlene Referenzierung: Global Alliance for the Future of Food. Durch Transformation von Ernährungssystemen der Klimakrise begegnen: Handlungsberichte aus 14 Ländern. n.p.: Global Alliance for the Future of Food, 2022. Im Auftrag der Global Alliance for the Future of Food.
INHALT EINLEITUNG 2 Die Überschwemmungsgebiete in Bangladesch bilden den Kern der Bemühungen um 8 Ernährungssicherheit, Gerechtigkeit und Eindämmung des Klimawandels Erfahrungswerte für Klimaschutzpläne 9 Die kanadische Organisation nutzt Lebensmittel im Gesundheitswesen, um Patientinnen und 13 Patienten sowie den Planeten zu heilen Erfahrungswerte für Klimaschutzpläne 14 Die nationale Organisation unterstützt pflanzliche Alternativen in China 19 Erfahrungswerte für Klimaschutzpläne 20 Eine gemeinsame Vision, die Ernährung und Landflächen in den Mittelpunkt von Kolumbiens 25 Klimaschutz rückt Erfahrungswerte für Klimaschutzpläne 26 Entwicklung von nachhaltigen Gemeinschaften und klimafreundlicher Landwirtschaft in der 31 ägyptischen Wüste Erfahrungswerte für Klimaschutzpläne 32 Eine französische Stadt lädt ihre Bevölkerung ein, eine aktive Rolle bei der Umstellung der 37 Ernährungssysteme zu übernehmen Erfahrungswerte für Klimaschutzpläne 38 Die Stadt Nürnberg als Vorreiterin für Bio-Lebensmittelsysteme 42 Erfahrungswerte für Klimaschutzpläne 43 Kenia auf dem Weg zu „klima-smarter“ Landwirtschaft durch Agrarökologie und nachhaltigen 47 Landbau Erfahrungswerte für Klimaschutzpläne 48 Das nationale Biogas-Programm Senegals entwickelt alternativen Kochbrennstoff und 52 organischen Dünger 53 Erfahrungswerte für Klimaschutzpläne
INHALT In südafrikanischen Städten sind Waldgärten und Bäume entscheidend im Kampf gegen den 58 Klimawandel Erfahrungswerte für Klimaschutzpläne 59 Die „Barcelona Challenge“ fordert Stadtverwaltungen in Spanien und weltweit zum Handeln 64 für Ernährung und Klimaschutz auf Erfahrungswerte für Klimaschutzpläne 65 Die Zusammenhänge zwischen Ernährungssicherheit im Kindesalter, ernährungsbezogener 70 Ungleichheit und Klimaschutzmaßnahmen im Vereinigten Königreich Erfahrungswerte für Klimaschutzpläne 71 Datengestützte Lösungen zum Abbau von Nahrungsmittelverlust und Lebensmittelver- 76 schwendung in US-amerikanischen Ernährungssystemen Erfahrungswerte für Klimaschutzpläne 77 Stärkung der Anpassungsfähigkeit der pazifischen Inselgemeinschaften Vanuatus an den 82 Klimawandel Erfahrungswerte für Klimaschutzpläne 83 ANLAGEN: METHODIK 87 QUELLENANGABEN 88 DANKSAGUNGEN 90 ÜBER GLOBAL ALLIANCE FOR THE FUTURE OF FOOD 91
VORWORT Die Aufnahme der Transformation von Ernährungssystemen in die nationalen Klimaschutzbeiträge (Nationally Determined Contributions, NDCs) – die den Kern des Übereinkommens von Paris bilden – ist ausschlaggebend, um die miteinander verflochtenen Ziele in den Bereichen Umwelt, Artenschutz, Gesundheit, Wirtschaft, Ge- sellschaft und Kultur zu erreichen. Obwohl ein auf Ernährungssysteme gestützter Ansatz die Klimaresilienz stärken und eine Vielzahl kontextspezifischer Lösungen im Hinblick auf Produktion, Vertrieb, Nutzung und Entsorgung von Lebensmitteln bereitstellen würde, wird Ernährungssystemen in der Klimapolitik nur selten Priorität eingeräumt. Dieser Katalog globaler Fallstudien ergänzt eine Reihe von Publikationen, die das Ziel verfolgen, die Transformation von Ernährungssystemen in den Mittelpunkt der künftigen Klimapolitik zu rücken: 1. Ungenutzte Möglichkeiten für Klimaschutzmaßnahmen: Eine Bewertung von Ernährungssys- temen in national festgelegten Beiträgen: Ein Kurzbericht, der eine Zusammenfassung der 14 Länder- bewertungen enthält mit Empfehlungen und zu priorisierenden Maßnahmen für Personen mit entschei- denden und beratenden Funktionen im Bereich Klimapolitik 2. Praktischer Leitfaden zur Bewertung von Ernährungssystemen in NDCs: Leitlinien und Rahmen- vorgaben, die dazu befähigen sollen, bei der Erarbeitung künftiger NDCs und bei der Umsetzung kli- mapolitischer Maßnahmen einen auf Ernährungssysteme gestützten Ansatz anzuwenden 3. Eine Synthese aus 14 Länderbewertungen, in denen die jüngsten NDCs von 14 Ländern weltweit unter die Lupe genommen und Verbesserungs- und Gestaltungsmöglichkeiten aufgezeigt werden Empfehlenswert ist zudem die Publikation Durch Transformation von Ernährungssystemen der Klimak- rise begegnen: Handlungsberichte aus 14 Ländern, die eine Sammlung von internationalen Fallstudien zur Ergänzung des Ressourcenangebots für Personen mit entscheidenden, beratenden und unterstützenden Funktionen in der Klimapolitik enthalten 1 DURCH TRANSFORMATION VON ERNÄHRUNGSSYSTEMEN DER KLIMAKRISE BEGEGNEN | GLOBAL ALLIANCE FOR THE FUTURE OF FOOD
EINLEITUNG Der weltweiten Gemeinschaft wird eine „magische“ Grenze immer häufiger vor Augen geführt: 1,5°C (2,7°F). Diese im Übereinkommen von Paris 2015 festgelegte Angabe bezeichnet den Anstieg der globalen Durch- schnittstemperatur im Vergleich zum vorindustriellen Stand, die unser Planet nicht überschreiten darf, wenn wir eine katastrophale globale Erwärmung abwenden und eine Kette von ökologischen, wirtschaftlichen und ge- sundheitlichen Krisen vermeiden wollen. Die meisten Staaten verfügen jedoch nicht über ausreichend Klimaschutzmaßnahmen, um das gesteckte Ziel erreichen zu können. Im Rahmen der aktuellen länderspezifischen Klimaaktionspläne — national festgelegte Beiträge (NDCs)1 — verpflichten sich die Staaten gemeinsam zur Begrenzung der Erderwärmung auf 2,4°C (4,3°F), die jedoch weit über dem Ziel im Übereinkommen von Paris liegt. Bei den weltweiten politischen Vorbereitungen auf eine Verbesserung der NDCs im Jahr 20252 darf eine wichtige Emissionsquelle nicht übergangen werden. WARUM ERNÄHRUNGSSYSTEME? WARUM JETZT? Der Beitrag, den Ernährungssysteme zur Bekämpfung des Klimawandels leisten können, wird fortgesetzt ignori- ert. Ein Grund dafür ist, dass die durch Ernährungssysteme verursachten Emissionen nicht einem einzigen Sektor (wie Energie, Transport, Produktion) zugewiesen werden können. Die effektive Emissionshöhe von Ernährungssystemen lässt sich daher nur schwer aus Daten ableiten, die Treibhausgasemissionen bestimmten Sektoren zuordnen.3 Die globalen Ernährungssysteme haben einen effektiven Anteil von 21% bis 37% an allen vom Menschen verur- sachten Treibhausgasemissionen (TGH) und gehören zu den Haupttreibern für Umweltverschmutzung und -vernichtung, Verlust der Artenvielfalt und Wasserknappheit. Emissionen werden unter anderem bei Herstellung, Verarbeitung, Verpackung Beförderung, Lagerung, Ver- brauch und Entsorgung von Lebensmitteln verursacht. Unkontrolliert würden die durch Ernährungssysteme erzeugten Emissionen gemäß dem Grundszenario „Business as usual“ das Emissionsbudget von 1,5°C (2,7°F) bereits im Jahr 2051 sprengen. Auf Ebene des Einzelnen sind Lebensmittel und das Bedürfnis nach Nahrung eine Notwendigkeit, die über Grenzen, politischen Parteien, Überzeugungen und die wirtschaftliche Lage hinausgeht. Auf Systemebene ist es heute wichtiger denn je, die Klimafolgen von Ernährungssystemen anzuerkennen, um dem Klimanotstand zu begegnen und verschiedene andere Zusatznutzen zu erzielen: • Verbesserung und Wiederherstellung natürlicher Ökosysteme, wobei gleichzeitig eine ausreichende Ver- sorgung unserer wachsenden Bevölkerung mit nährstoffreichen Lebensmitteln sichergestellt werden muss; • Förderung einer gesünderen Ernährung, die der Gesundheit und dem Wohlergehen von Menschen zugute- kommt; und • Stärkung der kollektiven und ökologischen Resilienz gegen externe Erschütterungen wie Änderungen der Witterungsverhältnisse, häufigere und intensivere Klimaereignisse und die Auswirkungen von COVID-19 und potenziell künftigen Pandemien. Es können jedoch praktische Lösungen am Scheideweg zwischen Transformation von Ernährungssystemen und Klimaschutzmaßnahmen entwickelt werden, und ihre Umsetzung ist, wie wir in diesem Bericht darlegen werden, bereits im Gang. 2 DURCH TRANSFORMATION VON ERNÄHRUNGSSYSTEMEN DER KLIMAKRISE BEGEGNEN | GLOBAL ALLIANCE FOR THE FUTURE OF FOOD
SAMMLUNG FALLSTUDIE: EINLEITUNG Auf den folgenden Seiten werden Ihnen 14 Fallstudien aus 14 Ländern weltweit vorgestellt, die die positive Einflussnahme durch indigene Völker, Landwirtinnen und Landwirte, Bürgerinnen und Bürger, Gruppen der Zivilgesellschaft, Privatunternehmen und Regierungen aufzeigen. Wir hoffen, dass diese Berichte wichtige Erfahrungswerte vermitteln, um Initiativen zur Umgestaltung der Ernährungssysteme anzustoßen und auf diese Weise dem Klimanotstand zu begegnen. Die auf der Grundlage strenger Kriterien ausgewählten Fallstudien sind Teil einer breiter angelegten Initiative, in deren Rahmen politische und sonstige Entscheidungsträger angehalten werden, Maßnahmen für Ernährungssysteme in ihre nächste NDC-Verbesserung aufzunehmen – und zwar im Idealfall bereits im laufend- en Jahr 2022. WICHTIGE BEREICHSÜBERGREIFENDE ERKENNTNISSE Die vorliegenden Fallstudien verdeutlichen die Vielfalt an Politiken, Praktiken und Möglichkeiten für Klimaschutz- maßnahmen. Bezeichnend ist aber auch die Diversität der Akteure, die Veränderungen auf lokaler, regionaler und staatlicher Ebene erfolgreich auf den Weg bringen. Die Berichte geben Hoffnung und zeigen, was möglich ist, wenn wir einen auf Ernährungssysteme gestützten Ansatz für Klimaschutz und Klimaanpassung verfolgen. Weit über Lebensmittel und Klimaschutzmaßnahmen hinaus trägt das Erreichte zum Aufbau von gerechteren und inklusiven Gesellschaften und zu einem gesunden Planeten bei. Aus unseren Analysen lassen sich fünf wichtige bereichsübergreifende Erkenntnisse und Möglichkeiten ableiten, die die Transformation von Ernährungssystemen für den Klimaschutz beschleunigt vorantreiben können. 1) Ein inklusiver, rechtebasierter und partizipativer Ansatz ist für den Erfolg und die Wirkung der Projekte entscheidend. Allen Fallstudien ist gemein, dass die jeweiligen Zielgruppen von Anfang an in die Gestaltung von Politiken und Praktiken miteinbezogen wurden. Die aktive Teilnahme von indigenen Völkern, Frauen, kleinen Landwirtschafts- und Fischereibetrieben, der Jugend und anderen marginalisierten Gruppen ist von zentraler Bedeutung. Ein In Kolumbien In Kenia werden In Spanien hat die werden partizipative insbesondere Land- Stadt Barcelona Governance-Proz- wirtinnen durch transparente, esse auf den Weg Schulungen für kohärente und gebracht, um die strukturelle Marketing und Einzelhandel beim partizipative Governance-Mechanis- Ungleichheit und potenzielle Direktverkauf ihrer Produkte unter- men eingerichtet, die eine Mitgestal- Machtungleichgewichte zu beseiti- stützt, so dass Zwischenhändler tung der öffentlichen Politiken in den gen. Vor diesem Hintergrund ausgeschaltet werden und die Bereichen Klima, Ernährungs- wurden territoriale Roadmaps für Teilnehmenden ein höheres Einkom- gerechtigkeit und -sicherheit sowie eine neue Ernährungs- und Land- men erzielen können. Peer-to-Peer- Natur ermöglichen. nutzungsökonomie entwickelt. Learning und Schulungen in land- wirtschaftlichen Betrieben waren für Wissens- und Erfahrungsaustausch und die Hinterfragung der aktuellen Narrative in der Landwirtschaft ebenfalls von Bedeutung. 3 DURCH TRANSFORMATION VON ERNÄHRUNGSSYSTEMEN DER KLIMAKRISE BEGEGNEN | GLOBAL ALLIANCE FOR THE FUTURE OF FOOD
SAMMLUNG FALLSTUDIE: EINLEITUNG Die bereichsübergreifende Koordinierung und Zusammenarbeit war aus inklusiver Governance-Perspektive ein kritischer Erfolgsfaktor. Bei staatlichen und kommunalen Initiativen muss unter anderem die Zusammenarbeit zwischen den jeweiligen Ministerien und Behörden für einen kohärenten und konsistenten Regulierungsansatz gewährleistet sein. In Bangladesch In Ägypten wurden öde In Südafrika werden wurde der Zugang zu Wüstenlandschaften im Rahmen der einheimischen Fisch- durch den Einsatz von beschriebenen sorten durch Technol- biodynamischen und Initiative Schulungen ogien zur Wasserrückhaltung und ökologischen Anbaumethoden in Oasen angeboten und benachteiligte Ge- agrarökologische Reisanbaumetho- verwandelt. Neben anderen Aktivitäten meinschaften dabei unterstützt, den in Kombination mit Fischzucht zielt diese Initiative auf die Produktion von mehrjährige Waldgärten anzup- verbessert und die durch Reisfelder medizinischen Kräutern und Nahrung- flanzen. Diese Gemeinschaftsbereiche verursachten Methan-Emissionen smitteln ab und stößt durch Reduzierung haben sich zu einer großartigen gesenkt. von Pestiziden und chemischen Quelle für nachhaltige, nährstoffre- Düngemitteln, Anpflanzung von Bäumen iche Nahrungsmittel entwickelt, die und den Fokus auf Bodenfruchtbarkeit zudem Schatten in städtischer eine nachhaltige Entwicklung an. Umgebung spenden. 2) Veränderte Denkweisen und Narrative sind notwendig, um den Zusatznutzen von agrarökolo- gischen und regenerativen Formen der Lebensmittelproduktion freizusetzen. Mehrere Fallstudien zeigen, wie agrarökologische und regenerative Praktiken Klimaschutz- und Klimaan- passungsstrategien unterstützen können und dadurch eine Reihe weiterer Zusatznutzen erzielt werden. Politische und sonstige Entscheidungsträger müssen den Blick über die überholten, vorherrschenden Narrative hinweg auf ganzheitliche Systeme richten, die auf regenerativen Praktiken, einer kulturell angemessenen, gesun- den und nachhaltigen Ernährung und der Reduzierung von Nahrungsmittelverlusten und Lebensmittelver- schwendung aufbauen. 3) Gleicher Zugang zu einer nährstoffreichen, nachhaltigen und kulturell angemessenen Ernährung ist für die Reduzierung von durch Ernährung verursachte TGH-Emissionen von wesentlicher Bedeutung. Ebenso wichtig ist ein Lebensmittelumfeld, in dem Strategien zur Abfallreduzierung ein hoher Stellen- wert eingeräumt wird. Ernährungsgewohnheiten – vom Essen selbst bis hin zur Abfallentsorgung – können einen erheblichen Beitrag zur Reduzierung von anthropogenen THG-Emissionen durch Ernährungssysteme leisten. In mehreren Fallstudien wird darauf hingewiesen, wie wichtig die Herausbildung eines positiven Lebensmittelumfelds ist, in dem eine diversifi- zierte Lebensmittelproduktion an lokale Anbaubedingungen und sozialkulturelle Präferenzen angepasst wird. In China wird im Im Vereinigten In den Vereinigten Rahmen einer Initia- Königreich werden Staaten wird auf tive zur Reduzierung die sozioökono- eine Reduzierung der von THG-Emissionen mischen Determinant- Lebensmittelver- durch Ernährung Köchinnen und en für Ernährungsarmut bei Kindern schwendung vom Einzelhandel bis Köchen Tools an die Hand gegeben, durch eine Kampagne angegangen, hin zum Verbrauch durch eine um Menschen zu einer hochwertigen die den Zugang zu nährstoffreichem datengestützte Zusammenarbeit und vielfältigen Ernährung auf und bezahlbarem Frischobst und verschiedener Lebensmittelun- pflanzlicher Basis anzuhalten. Gemüse verbessern soll. ternehmen und Organisationen der Zivilgesellschaft hingewirkt. 4 DURCH TRANSFORMATION VON ERNÄHRUNGSSYSTEMEN DER KLIMAKRISE BEGEGNEN | GLOBAL ALLIANCE FOR THE FUTURE OF FOOD
SAMMLUNG FALLSTUDIE: EINLEITUNG Die Umstellung auf pflanzliche Lebensmittel, insbesondere im Globalen Norden, wurde ebenfalls häufig als Lösung zur Reduzierung der Klimafolgen durch Ernährung angeführt. In einigen Fallstudien wird zudem aufge- zeigt, wie wichtig es für die Bekämpfung des Klimawandels und die Reduzierung von THG-Emissionen ist, dass Nahrungsmittelverluste und Lebensmittelverschwendung gesenkt und Abfälle wiederverwendet werden. In Kanada werden In Deutschland In Ägypten wurde Gesundheitsfach- müssen in einer Stadt zusammen mit einer kräfte an der Leitung die in öffentlichen Organisation für von Projekten beteil- Kantinen – von Schulen, biodynamische igt, die die Verpflegung in Gesund- Gemeindeküchen und Krankenhäus- Landwirtschaft ein Gesundheitszen- heitseinrichtungen als Mittel zur ern – servierten Mahlzeiten einen trum errichtet und somit die Verknüp- Bekämpfung des Klimawandels Mindestanteil an biologischen und fungen zwischen nährstoffreicher erachten – während gleichzeitig eine regionalen Lebensmitteln und Zutaten Ernährung, menschlicher Gesundheit kulturell angemessene Patientenver- enthalten. Partnerschaften in den und nachhaltiger gemeinschaftlicher sorgung und das Wohlergehen der Ernährungssystemen tragen dazu bei, Entwicklung anerkannt. Gemeinschaft insgesamt dass dieses öffentliche Beschaf- gewährleistet werden. fungsziel in die Praxis umgesetzt wird. 4. Die Zusammenarbeit mit Interessenträgern an der Schnittstelle von Ernährung und Gesundheit ist eine Win-Win-Situation für die Gesundheit und das Wohlergehen von Mensch und Natur. Politiken und Methoden für Ernährungssysteme können die Gesundheit und das Wohlergehen von Mensch4 und Natur verbessern. In den Fallstudien wird festgestellt, dass Bedarf an verstärkter Zusammenarbeit in den Bereichen öffentliche Gesundheit, Ernährung und Klima besteht. 5. Innovative Investitions- und Finanzierungsmodelle sind von wesentlicher Bedeutung, um Gemein- schaftsaktionen für Klimaschutz und Klimaanpassung zum Erfolg zu bringen. Die Fallstudien zeigen die vielen Möglichkeiten auf, mit denen die Neuausrichtung von Finanzmitteln sicherg- estellt werden kann, um gemeinschaftliche Klimamaßnahmen und den sozialverträglichen Übergang („Just Transition“) zu unterstützen.5 Dazu gehört die Mobilisierung von finanzieller Unterstützung durch Regierungen, philanthropische Organisationen, Privatunternehmen, ethische Banken, multilaterale Gebereinrichtungen und andere Akteure. Außerdem müssen kooperative Gruppen gebildet sowie Mikrofinanzinitiativen und andere innovative Finanzierungsmodellen entwickelt werden, um die finanziellen Risiken und die Verschuldung von bereits marginalisierten oder entrechteten Gruppen zu senken. In Frankreich soll in Im Senegal wurde ein In Vanuatu stellte einer Stadt ein Leb- spezifisches Kreditga- die Regierung für ihr ensmittelgutschein- rantie-Programm nationales Aktionspro- programm getestet aufgelegt, um lokalen gramm für Klimaan- werden, das für die gesamte Stadtbev- Banken Anreize für die Vergabe von passungen erste Fördermittel bereit, ölkerung den gleichberechtigten Krediten an private Biogasunterneh- wodurch über 200 Mio. USD von Zugang zu nährstoffreichen Lebens- men zu geben. Durch die Erzeugung zwischenstaatlichen Organisationen, mitteln sicherstellen soll. Mit den von Biogas kann der Entwaldung eine anderen nationalen Regierungen und Gutscheinen können benachteiligte Ende gesetzt und Energie aus men- dem Privatsektor freigesetzt wurden. Familien in den teilnehmenden schlichen und tierischen Abfällen Dieses Beispiel legt dar, wie durch die Lebensmittelgeschäften und örtlichen erzeugt werden. Zuweisung öffentlicher Mittel private Lebensmittelbanken nach freier Wahl und gemischte Finanzierungsmodelle Obst- und Gemüsesorten einkaufen. genutzt werden können. 4 L ’Organisation mondiale de la santé a identifié cinq modes d’impact de l’alimentation sur la santé dans son rapport de juillet 2021, «Des systèmes alimentaires au service de la santé», disponible ici. 5 L e concept de transition juste vise à garantir que les avantages découlant d’une transformation des systèmes alimentaires sont largement partagés tout en soutenant les parties exposées à des pertes économiques, qu’il s’agisse de pays, de régions, de secteurs, de communautés, de personnels ou autres membres communautaires. 5 DURCH TRANSFORMATION VON ERNÄHRUNGSSYSTEMEN DER KLIMAKRISE BEGEGNEN | GLOBAL ALLIANCE FOR THE FUTURE OF FOOD
SAMMLUNG FALLSTUDIE: EINLEITUNG Aus den vorliegenden 14 Fallstudien geht klar und deutlich hervor, dass Ernährungssysteme kreative Lösungen zur Bekämpfung des Klimawandels bereitstellen können. Außerdem geben sie Hoffnung und Anregungen für einen alternativen Weg in die Zukunft, was mindestens ebenso wichtig ist. Alle Handelsberichte zeigen auf, wie dank der Zusammenarbeit von öffentlichen, privaten und philanthropischen Sektoren mit Akteuren im gesam- ten Ernährungssystem Maßnahmen vorangetrieben werden können, die den Status quo verbessern, die Emis- sionen senken und die Folgen des Klimawandels abmildern – und die gleichzeitig auf vielfältige Weise positive Veränderungen herbeiführen. 6 DURCH TRANSFORMATION VON ERNÄHRUNGSSYSTEMEN DER KLIMAKRISE BEGEGNEN | GLOBAL ALLIANCE FOR THE FUTURE OF FOOD
FALLSTUDIEN
SAMMLUNG FALLSTUDIE: BANGLADESCH FALLSTUDIE BANGLADESCH Die Überschwemmungsgebiete in Bangladesch bilden den Kern der Bemühungen um Ernährungssicherheit, Gerechtigkeit und Eindämmung des Klimawandels ZUSAMMENFASSUNG DES PROJEKTS Das Projekt basiert auf einem gemeinschaftlichen Ansatz für das Management des Reisanbaus in Kombina- tion mit Fischzucht in den Überschwemmungsgebieten von Bangladesch. In diesem Kontext konnten Ernährungssicherheit und Existenzgrundlagen verbessert und Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawan- dels implementiert werden. Die Initiative steht unter der Leitung von WorldFish, einer gemeinnützigen Organ- isation, die sich für die Bekämpfung von Hunger, Unterernährung und Armut in Afrika, Asien und dem Pazi- fik-Raum stark macht. ERNÄHRUNG UND KLIMA Die Überschwemmungsgebiete in Bangladesch beherbergen wichtige Anbau- und Zuchtsysteme für Reis und Fisch. Der Klimawandel und anthropogene Faktoren belasten diese wertvolle Umgebung. Verbesserte Techniken zur Bewirtschaftung von Überschwemmungsgebieten können die Folgen des Kli- mawandels in zweierlei Hinsicht deutlich senken: indem der Einsatz von Kunstdünger reduziert wird (Fischkot dient als natürlicher Dünger) und die Feuchtigkeit von Gebietsteilen sichergestellt und somit verhindert wird, dass durch die Zersetzung von organischem Material Methan und Kohlendioxid freigesetzt werden. KLIMAFAKTEN FAKTEN ZUM ERNÄHRUNGSSYSTEM •L ebensmittelproduktion und Emissionen. •W irtschaftlicher Beitrag. Auf Landwirtschaft, Die Landwirtschaft in Bangladesch verursacht Forstwirtschaft und Fischerei entfallen insgesa- 39% der nationalen TGH-Gesamtemissionen mt 12% des BIP von Bangladesch. 2012 und somit mehr als jeder andere • Beschäftigung. Die ländliche Bevölkerung in Wirtschaftssektor des Landes. Bangladesch bestreitet ihren Lebensunterhalt •N DC von Bangladesch. Im NDC ist ein direkt oder indirekt zu schätzungsweise 84% bedingungsloses Emissionsreduktionsziel von durch Landwirtschaft. 6,73% im Vergleich zum Stand von 2012 • Ernährungssicherheit. Trotz der in den festgelegt. Das Reduktionsziel könnte auf letzten Jahren erheblichen ökonomischen 15,12% erhöht werden, falls das Land interna- Fortschritte und Maßnahmen zur Armuts- tionale Unterstützung erhält.6 bekämpfung ist jeder Zehnte von schwerer •K limakonzept von Bangladesch. Die Re- Ernährungsunsicherheit betroffen. gierung von Bangladesch legt für die Erre- ichung von Klimaresilienz den Schwerpunkt auf die Anpassung an den Klimawandel anstatt auf dessen Eindämmung. 8 DURCH TRANSFORMATION VON ERNÄHRUNGSSYSTEMEN DER KLIMAKRISE BEGEGNEN | GLOBAL ALLIANCE FOR THE FUTURE OF FOOD
SAMMLUNG FALLSTUDIE: BANGLADESCH ERFAHRUNGSWERTE FÜR KLIMASCHUTZPLÄNE Das WorldFish-Programm für lokale Fischerei und Aquakultur (Community-Based Fisheries Aquaculture, CBFA) bietet eine Reihe von Erfahrungswerten für NDCs: •N DC-Gestaltungsprozess: Die aktive Mitgestaltung und die Konsultationsprozesse sollten eine Vielzahl von Interessenträgern, wie Fischer/innen, Landwirtinnen und Landwirte, Landlose, Frauen und NGOs einbeziehen. • I nhalt des NDC: Aquatische Nahrungsmittel aus Wildfang und Zucht spielen bei der Bereitstellung einer gesunden und nährstoffreichen Ernährung insbesondere in Ländern mit niedrigem und mittler- en Einkommen eine wichtige Rolle. Darüber hinaus sind geschlossene Aquakulturanlagen und Fisch- ereisysteme von zentraler Bedeutung für den Klimaschutz. Dank umweltschonender Wasserrückhal- tungstechnologien für Reisanbau in Kombination mit Fischzucht können der Zugang zu zahlreichen einheimischen Fischsorten verbessert und die Methan-Emissionen durch Reisfelder gesenkt werden. •U msetzung des NDC: Die Einbeziehung von Landwirtschafts- und Fischereibetrieben in die gemeins- ame Beurteilung, Überwachung und Bewertung von Projekten ist eine wesentliche Voraussetzung, um Vertrauen aufzubauen und den Projekterfolg zu sichern. WICHTIGE ERKENNTNISSE Ein bekanntes Sprichwort in Bangladesch lautet: Mache bhate Bengali, was übersetzt so viel heißt wie: „Ein Bengale ist aus Fisch und Reis gemacht.” Fisch und Reis sind die Hauptnahrungsmittel und tief in den Esskul- turen und Traditionen der Bevölkerung von Bangladesch verankert, insbesondere in ländlichen Gemeinden. In den ländlichen Gebieten liegen auch die Überschwemmungsgebiete von Bangladesch. Auf diese Flachland- gebiete entfallen bis zu 80% der gesamten Landfläche, von denen rund ein Viertel in den vier bis sechs Monaten der Monsunzeit unter Wasser steht. Die von den Hauptflüssen abzweigenden Überschwemmungsgebiete liegen in Bereichen, die regelmäßig durch Regenfälle überschwemmt werden und für den Reisanbau und die Fischzucht von zentraler Bedeutung sind. Sie sichern den Millionen von Menschen, die in der Landwirtschaft und der Fischerei tätig und für ihre Ernährung und ihr Einkommen auf diese Gebiete angewiesen sind, eine Lebensgrundlage und eine Reihe von Ökosystemleistungen. In diesen Feuchtgebieten wird vor allem Reisanbau in Kombination mit Fischzucht entsprechend den saisonalen Witterungszyklen betrieben. In Rahmen dieser Rotationssysteme wird in der Trockenzeit Reis für den Eigenver- brauch und den Verkauf auf den lokalen Märkten angebaut. Gleichzeitig werden Wild- oder Zuchtfische gefan- gen, die in den dichten Reispflanzen leben, um sich vor ihren natürlichen Feinden zu schützen. Die Zucht von Wildfischen und auch eingeführten Fischpopulationen ist von der vier- bis fünfmonatigen Monsunzeit abhängig, in der sich die überfluteten Flächen in weitläufige Gebieten für die Binnenfischereien verwandeln. Über Jahrhunderte vollzog sich dieser saisonale Zyklus reibungslos. Heute belasten jedoch klimatische und vom Menschen verursachte Faktoren diese Reis-Fisch-Systeme, darunter der schnelle Ausbau der Infrastruk- tur, die Umweltverschmutzung und der Befischungsdruck – in Verbindung mit unregelmäßigen Niederschlag- smustern, die Überschwemmungen, Dürren sowie eine Unterbrechung der Lebenszyklen von Fischen und anderen Wasserlebewesen verursachen. 9 DURCH TRANSFORMATION VON ERNÄHRUNGSSYSTEMEN DER KLIMAKRISE BEGEGNEN | GLOBAL ALLIANCE FOR THE FUTURE OF FOOD
SAMMLUNG FALLSTUDIE: BANGLADESH „CBFA ist ein gutes Beispiel dafür, wie ein auf Ökosystemen basierender Ansatz eine Win-Win-Situation für Gemeinschaften, gewerbliche Produktion und die Umwelt schaffen kann“ ,ERKLÄRT DR. BENOY BARMAN, DER ALS LEITENDER WISSENSCHAFTLER FÜR WORLDFISH TÄTIG IST. Die Belastungsfaktoren und die Störung von zuvor vorhersehbaren Wetterzyklen haben zu einem drastischen Rückgang der Fischernte und des Reisanbaus geführt. In der Folge haben auch kurzsichtige Verhaltensweisen zugenommen, wie der Einsatz von Kunstdünger und Pestiziden, die den Reisanbau auf kurze Sicht steigern, aber das Überleben von Fischen und den für Feuchtgebiete typischen Pflanzenarten bedrohen. VERBESSERTE BEWIRTSCHAFTUNG VON ÜBERSCHWEMMUNGSGEBIETEN FÜR MENSCH UND NATUR Um gerechterer Gemeinschaften aufzubauen, die Ernährungssicherheit zu erhöhen und widerstandsfähige und artenreiche Ökosysteme zu schaffen, wurde in den letzten Jahren auf eine Neuausrichtung und Ver- besserung der Bewirtschaftung von Bangladeschs Überschwemmungsgebieten hingewirkt. Für einen dieser Ansätze macht sich WorldFish stark, eine internationale gemeinnützige Forschungs- und Innovationsorganisation für Aquakultur und Fischerei. WorldFish leitet mehrere Projekte für lokale Fischerei und Aquakultur (CBFA), durch die eine neue Aquakulturmethode für Menschen eingeführt wurde, die in der Nähe der niedriggelegenen Reisfelder leben. Dabei werden Fische wie Karpfen in den Reisfeldern ausgesetzt, so dass sie zusammen mit natürlich auftretenden Wildfischarten gefangen werden können. Bangladesch konzentriert seine Bemühungen zur Eindämmung des Klimawandels auf die Überschwem- mungsgebiete. Laut Barman besteht eine dauerhafte Herausforderung darin, das Oberflächenwasser in der Monsunzeit in den Feuchtgebieten zurückzuhalten. Die Niederschläge sickern von den Feldern schnell in die nahe gelegenen Kanäle ab, was die Lebensfähigkeit der Aquakultur beeinträchtigt. Die entwässerten Feucht- gebiete verursachen zudem Emissionen, da Kohlendioxid und Methan freigesetzt werden, wenn nach dem Trocknen der Zersetzungsprozess des zuvor wassergesättigten organischen Materials einsetzt. Um den Feuchtigkeitsgehalt von CBFA-bewirtschafteten Überschwemmungsgebieten zu erhalten, errichten von WorldFish geschulte Gemeinschaftsmitglieder einfache Wasserrückhaltesysteme. Durch die dammähnli- chen Barrieren wird das Oberflächenwasser konstant gehalten, um somit zum Aufbau organischer Sub- stanzen, zum Feuchtigkeitsgehalt und zur Erhöhung der Artenvielfalt von einheimischer Fischen beizutragen.7 Forschung ist die tragende Säule von WorldFish, und die Organisation stellt weiterhin quantitative Analysen zu der Emissionsreduktion zusammen, die durch ihr CBFA-Produktionssystem erzielt wurde. Forschungsarbeiten aus ganz Asien zeigen, dass ähnliche „Techniken für abwechselnde Befeuchtung und Trockenlegung“ die TGH-Emissionen durch den Reisanbau, vor allem Methan, um 30% bis 70% senken konnten, ohne die Erträge zu beeinträchtigen. Und auch die für den Anbau erforderliche Wassermenge konnte reduziert werden. Andere Maßnahmen leisten ebenfalls einen Beitrag zur Bewältigung des Klimawandels. Im Rahmen einer weiteren CBFA-Innovation werden poröse Zäune angelegt, die es kleinen einheimischen Fischen ermöglichen, sich frei in und aus dem Überschwemmungsgebiet zu bewegen, während größere Setzlinge von Satzkarpfen zurückgehalten werden. Durch den Bestand an Jungfischen in den Reisfeldern sinkt der Bedarf an chemisch- 7 L a croissance de l’aquaculture au Bangladesh a entraîné un déclin de la diversité des poissons, dont la qualité nutritionnelle est négligée. Voir https://thefishsite.com/articles/aquaculture-to-combat-undernutrition-in-bangladesh. 10 DURCH TRANSFORMATION VON ERNÄHRUNGSSYSTEMEN DER KLIMAKRISE BEGEGNEN | GLOBAL ALLIANCE FOR THE FUTURE OF FOOD
SAMMLUNG FALLSTUDIE: BANGLADESCH em Dünger für das Reiswachstum, da Fischkot als natürlicher Dünger dient. Durch WorldFish wurde das CBFA-Bewirtschaftungssystem auf rund 500 km² der Flächen angewendet, wovon mehr als 100.000 Haushalte profitieren. Diese soziale Wirkung ist ein weiteres ungemein wichtiges Element des WorldFish-Ansatzes. GOVERNANCE VON ERNÄHRUNGSSYSTEMEN BASIEREND AUF GESELLSCHAFTLICHEM ENGAGEMENT Wie der Name schon sagt, sind die CBFA-Projekte von WorldFish ohne Mithilfe der Gemeinschaft undenkbar. Das aktive Engagement der lokalen Bevölkerung ist Voraussetzung für die Projektumsetzung. Die Teilnahme wurde unter anderem durch die Gründung mehrerer Genossenschaften ermöglicht, die mit der Aufsicht über den Reisanbau in Kombination mit Fischzucht in Überschwemmungsgebieten betraut sind. In diesen kooperativen Gruppen, die auch als lokale Basisorganisationen (BO) bekannt sind, engagieren sich viele Akteure aus der Fischerei und der Landwirtschaft sowie unter anderem Landlose und zivilgesellschaftli- che Gruppen, aber auch NGOs und Einrichtungen auf lokaler und auch auf staatlichen Ebene. Diese Pluralität wird auf unterschiedliche Weise erreicht. Beispielsweise erhalten Personen, die in die Genos- senschaften eintreten, Schulungen und können frei ihren eigenen lokal relevanten Governance-Ansatz für das Überschwemmungsgebiet entwickeln. In dem partizipativen Governance-Prozess werden Regeln und Vorschriften festgelegt, um sicherzustellen, dass das Projekt der Gemeinschaft zugutekommt. Die Genossenschaften erlauben landlosen Gemeindemitgliedern, kleine Fische im Überschwemmungsgebiet mit traditioneller Ausrüstung zu fangen. Das stärkt den Zusammenhalt zwischen den Genossenschaften und der lokalen Gemeinschaft – und bedürftigen Haushalten wird eine dauerhafte Nahrungsquelle bereitgestellt. WorldFish veranstaltet darüber hinaus verschiedene Programme zur Ernährungserziehung, bei denen die Stärkung der Rolle der Frau in der BO-Entscheidungsfindung und ihr Beitrag zur Verbesserung der Ernährungssituation ihrer Familie im Mittelpunkt stehen. Weitere Ziele der WorldFish-Projekte sind, die mit Unterernährung verbundenen Gesundheitskosten zu senken und eine Kultur des Verzehrs nährstoffreicher, einheimischer Fischarten herauszubilden. Auf Ebene der politischen Entscheidungsfindung arbeitet WorldFish eng mit lokalen und regionalen Re- gierungsbehörden zusammen. Die Organisation hat überzeugende Gründe für die Überarbeitung der Politik- en geliefert, die zu öffentlichen Investitionen in eine verbesserte Bewirtschaftung von Überschwemmungs- gebieten anhalten, und befürwortet die Selbstverwaltung dieser Ressourcen durch lokale Gemeinschaften. KÜNFTIGE ENTWICKLUNGEN Die CBFA-Projekte von WorldFish haben die Produktionssysteme nach dem Reis-Fisch-Konzept verbessert und neue lokale Bündnisse auf den Weg gebracht. Alle Probleme konnten jedoch nicht gelöst werden. Zum einen befinden sich die Überschwemmungsgebiete in Bangladesch teilweise in privater Hand und müssen von den Mitgliedern der BO gepachtet werden, damit sie dort fischen und Landwirtschaft betreiben können. Nach den geltenden Regelungen haben die meisten Pachtverträge eine Laufzeit von drei bis fünf Jahren. Dieser Zeitraum reicht für eine Genossenschaft jedoch nicht aus, um in ihre Aktivitäten zu investieren, da die Verträge nach Ablauf der Pachtzeit enden können. 11 DURCH TRANSFORMATION VON ERNÄHRUNGSSYSTEMEN DER KLIMAKRISE BEGEGNEN | GLOBAL ALLIANCE FOR THE FUTURE OF FOOD
SAMMLUNG FALLSTUDIE: BANGLADESCH Falls nicht Pachtverträge mit längeren Laufzeiten abgeschlossen werden können, könnten die durch CBFA-Pro- jekte erreichten positiven Veränderungen verloren gehen. WorldFish setzt sich zusammen mit seinen BO für längerfristige Pachtverträge (für mehr als 30 Jahre) ein, um mehr Sicherheit und den Landzugang zu gewährleis- ten – und den ökologischen Nutzen des Reisanbaus in Kombination mit Fischzucht dauerhaft sicherzustellen. Darüber hinaus sind weitere quantitative Forschungsarbeiten zu verschiedenen wissenschaftlichen und sozialen Themen erforderlich, unter anderem zur Verbesserung der Qualität des Fischbesatzes, zur Einbind- ung von mehr Gemeindemitgliedern und zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die Systeme der Über- schwemmungsgebiete. Die CBFA-Praktiken von WorldFish zeigen jedoch die Möglichkeiten für die Förderung der biologischen Vielfalt, die Eindämmung der Folgen des Klimawandels und eine Umgestaltung der Ernährungssysteme auf, um diese inklusiver, nährstoffsensibler und ökologisch sinnvoller zu gestalten. Barman glaubt daran, dass der von WorldFish und dank des Engagements der BO-Mitglieder getestete Ansatz ähnlich in ganz Bangladesch angewendet werden könnte, denn eine stärkere Beteiligung der Gemeinden und eine verbesserte Be- wirtschaftung von Überschwemmungsgebieten sind landesweit dringend erforderlich. Barman erklärte: „Wir hoffen, dass die Gesundheit der Natur aufgrund der vielen Innovationen der lokalen Basis- organisationen künftig verbessert wird und Überschwemmungsgebieten eine nachhaltigere Zukunft sichert.“ ERZIELTE EFFEKTE IM ÜBERBLICK •E in Best Practice-Modell. Andere Gemeinden in Bangladesch haben die positiven Ergebnisse der CBFA-Aktivitäten zur Kenntnis genommen und das Modell für ihre Gebiete übernommen. Auch das staatliche Ministerium für die Fischerei hat Interesse bekundet. • Einkommenszuwachs. Nach Schätzungen von WorldFish erhöht CBFA das Einkommen aus der Fischerei um das 3,74-Fache für Haushalte an den Projektstandorten im Vergleich zu Kontrollstan- dorten. • Höhere Produktivität und Gewinne. An einigen Standorten führte der CBFA-Ansatz zu einer Reduz- ierung der Anbaukosten für Reis um 10%. Diese Gewinne wurden ohne eine Reduzierung des Fangs von Wildfischarten erzielt, was die Annahme widerlegt, dass industrielle Systeme am kosteneffizientest- en sind. Im Rahmen des Projekts wurde auch die Fischproduktion deutlich erhöht, was wiederum zu einer Erhöhung der Gewinne pro Hektar der Flächen um 20% bis 85% gegenüber der zuvor in Über- schwemmungsgebieten erzielten Rentabilität führte. • Gerechtigkeit im Fokus. CBFA reduziert die Anfälligkeit von marginalisierten Gemeindemitgliedern, insbesondere von Frauen, Landlosen und einkommensschwachen Fischer/innen. Der CBFA-Ansatz bindet sie in Schulungen und die Entscheidungsfindung ein und schafft weitere Möglichkeiten für Subsistenzfischerei für bis zu sechs Monate im Jahr. Diese Einbindung führte zur Abflachung von Hierarchien und partizipativer Governance, während gleichzeitig das Vertrauen und die Handlungs- fähigkeit der Gemeindemitglieder gestärkt wurden. 12 DURCH TRANSFORMATION VON ERNÄHRUNGSSYSTEMEN DER KLIMAKRISE BEGEGNEN | GLOBAL ALLIANCE FOR THE FUTURE OF FOOD
SAMMLUNG FALLSTUDIE: KANADA FALLSTUDIE KANADA Die kanadische Organisation nutzt Lebensmittel im Gesundheitswesen, um Patientinnen und Patienten sowie den Planeten zu heilen ZUSAMMENFASSUNG DES PROJEKTS Nourish Leadership arbeitet an der Schnittstelle zwischen Ernährung und Gesundheitswesen. Die kanadische Organisation bringt führende Gesundheitsunternehmen, Organisationen, indigene Völker und andere Akteure zusammen, um lokal verankerte Lösungen mit Schwerpunkt Ernährung zu gestalten und ehrgeizige Initiativen in den Bereichen Klimaschutz, gesundheitliche Chancengleichheit und Wohlergehen der Gemeinschaft auf den Weg zu bringen. ERNÄHRUNG UND KLIMA Der kanadische Gesundheitssektor verursacht 5,2% der TGH-Gesamtemissionen. Die Ernährung hat einen signifikanten Anteil an dieser Bilanz – im Allgemeinen aufgrund von Lebensmittelverschwendung und nicht nachhaltiger Beschaffung von Zutaten. Der Klimawandel hat zudem unverhältnismäßig große Auswirkungen auf das physische und psychische Wohlergehen von indigenen Bevölkerungsteilen. Der Klimawandel kann die Ernährungsunsicherheit, die in den indigenen Gemeinschaften bereits weit verbreitet ist, verschärfen, indem er den Zugang zu traditionellen Lebensmitteln und Beschaffungspraktiken begrenzt. Außerdem verursacht der Wandel des Klimas ökologisches Leid, da die Menschen den Veränderungen oder dem Verlust ihres angestammten Landes beiwohnen müssen. KLIMAFAKTEN FAKTEN ZUM ERNÄHRUNGSSYSTEM •L ebensmittelproduktion und Emissionen. •L ebensmittelabfälle in Krankenhäusern. Auf die kanadischen Ernährungssysteme entfallen Einer Studie zufolge werden 40% des Essens in 30% bis 40% der THG-Gesamtemissionen des Krankenhäusern weggeworfen, was neben Landes. Die meisten Emissionen werden dabei unzufriedenen Patientinnen und Patienten zur durch Landnutzungsänderung, Energieverbrauch Verschärfung der Klimakrise führt. und Lebensmittelverschwendung verursacht. Der •E rnährungsbudget im Gesundheitswesen. kanadische Gesundheitssektor ist für 5,2% der Weltweit entfallen im Gesundheitswesen kanadischen CO2-Bilanz verantwortlich. geschätzte 4 Mrd. USD jährlich auf Lebensmit- •E ine globale Problematik. Der Organisation teldienste. Diese Mittel werden in den selten- Health Care Without Harm zufolge wäre der sten Fällen für lokale, nachhaltige und kulturell Gesundheitssektor, wenn er ein Land wäre, der angemessene Lebensmittel ausgegeben. fünftgrößte TGH-Emittent weltweit. •E rnährungssicherheit. In den Jahren 2017 und 2018 litten 12,7% der kanadischen •K anadas NDC. In Kanadas aktualisiertem NDC Haushalte unter einer Form von Ernährungsun- wird ein Emissionsreduktionsziel von 40% bis 45% sicherheit. In indigenen Bevölkerungsgruppen gegenüber dem Stand von 2005 bis 2030 festgelegt. ist die Ernährungsunsicherheit sogar doppelt Teil des Engagements ist die Erreichung von so hoch. CO2-Neutralität bis 2050.8 8 our une analyse de l’efficacité du Canada à intégrer les systèmes alimentaires dans son plan d’action pour le climat, P consulter l’évaluation par pays de l’Alliance mondiale: insérer lien. 13 DURCH TRANSFORMATION VON ERNÄHRUNGSSYSTEMEN DER KLIMAKRISE BEGEGNEN | GLOBAL ALLIANCE FOR THE FUTURE OF FOOD
SAMMLUNG FALLSTUDIE: KANADA ERFAHRUNGSWERTE FÜR KLIMASCHUTZPLÄNE Der Ansatz von Nourish Leadership bietet eine Reihe von Erfahrungswerten für NDCs: • NDC-Gestaltungsprozess: Nourish verfolgt einen systemübergreifenden Ansatz und verfügt über ein Programm für die Beteiligung von Interessenträgern, in dem indigene Völker und die Gesundheitsgemeinschaft stark vertreten sind. Diese Gruppen erarbeiteten gemeinsam ein Arbeitsprogramm mit Schwerpunkt Klimaschutz und gesundheitliche Zusatznutzen. Partnerschaft und Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteuren sind das Fundament, auf dem Nourish aufbaut, und sind richtungsweisend für die Ziele von Nourish, nämlich Veränderung von Narrativen und Aufbau von Bewegungen für Gesundheits- und Ernährungssysteme. • I nhalt des NDC: Nourish drängt auf Aktionen mit Zusatznutzen für Patientinnen und Patienten sowie den Planeten, darunter die Reduzierung von Lebensmittelverschwendung und die Ernährungsumstellung auf pflanzliche Kost. Die Organisation erachtet diese Aktionen als wesentliche Strategien zur Senkung der Kohlenstoffemissionen. Sie erkennt ausdrücklich die Rolle von indigenen Völkern in der Klimapolitik an und fördert diese, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf die Anerkennung der Verbundenheit der Gemeinschaften mit Land und Ort gelegt wird. •U msetzung des NDC: Nourish unterstützt den Aufbau einer Leadership Community für Praktiken. Dieser Gemeinschaft gehören verschiedene Akteure an, die sich zur Zusammenarbeit verpflichten, um Systeme zu verändern und evidenzbasiertes Wissen für künftige Anwenderinnen und Anwender aufzubauen. Nourish unterstützt Einrichtungen des Gesundheitswesens dabei, gemeinsam mit ihren Gemeinschaften in die sozialen und ökologischen Faktoren zu investieren, die die Ernährung, das Lebensmittelumfeld und den Zugang zu frischen, gesunden, kulturell relevanten und nachhaltigen Lebensmitteln verbessern. WICHTIGE ERKENNTNISSE Die Verpflegung in Gesundheitseinrichtungen kann ein wichtiges Instrument sein, um die Patientinnen und Patienten sowie den Planeten zu heilen. Auf dieser Grundidee baut die kanadische gemeinnützige Organisa- tion Nourish Leadership auf, um dem Gesundheitswesen im Bereich Klimaschutzmaßnahmen, gesundheitli- che Chancengleichheit und Wohlergehen der Gemeinschaft eine Vorreiterrolle einzuräumen. Nourish entstand aus dem Bestreben, Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen zum vermehrten Kauf und zur Bereitstellung von lokalen und kulturell angemessenen Lebensmitteln anzuhalten. Heute sieht sich die Organisation als eine wachsende nationale praxisbezogene Gemeinschaft, die über alle kommunalen, institutionellen und politischen Ebenen hinweg Innovationen begleitet, um den Übergang zu präventiveren, gerechteren und nachhaltigeren Gesundheitssystemen und einer nachhaltigen Zukunft zu bewältigen. Für die Umsetzung dieser Vision bringt Nourish Gesundheitsfachleute, kommunale Organisationen und indigene Bevölkerungsteile zusammen. Nourish erkennt die einheimischen Ernährungsgewohnheiten als einen Weg zu nachhaltigen Lebensmittelsystemen und einer kulturell angemessenen Versorgung an, bekräftigt aber auch, dass diese Bräuche und Kenntnisse in Kanada systematisch vernachlässigt wurden. Die Tatsache, dass Ernährungssys- teme sich von Werten wie Örtlichkeit, Gegenseitigkeit und Erfüllung von Existenzbedürfnissen wegbewegt haben, beeinträchtigt die Gesundheit von indigenen Völkern in Kanada und des Planeten insgesamt. NEUAUSRICHTUNG VON SYSTEMEN UND ORTSBEZOGENE VERÄNDERUNGEN Gesundheitseinrichtungen verfügen über erhebliche Kaufkraft und Einflussnahme. Angesichts der jährlichen Ausgaben von geschätzten 5,07 CAD (4 Mrd. USD) für Lebensmittel im Gesundheitswesen weltweit, hält Nourish die Ernährung für eine wesentliche soziale Determinante für die Gesundheit und einen wichtigen Ansatzpunkt im Kampf gegen den Klimawandel. 14 DURCH TRANSFORMATION VON ERNÄHRUNGSSYSTEMEN DER KLIMAKRISE BEGEGNEN | GLOBAL ALLIANCE FOR THE FUTURE OF FOOD
SAMMLUNG FALLSTUDIE: KANADA Die Organisation unterstützt Gesundheitseinrichtungen dabei, eine Vorreiterrolle in drei Kernbereichen zu übernehmen: Klima: Auf den kanadischen Gesundheitssektor entfallen 5,2% des CO2-Fußabdrucks des Landes, wobei Lebensmittel ein bedeutender Mitverursacher sind. Nourish setzt sich insbesondere für die Senkung von Lebensmittelverschwendung und die Umstellung des Gesundheitswesens auf klimafreundliche pflanzliche Kost und nachhaltige Beschaffung ein. Die Organisation beschäftigt sich auch mit indigenen Ernährungs- gewohnheiten als Quelle der Weisheit und einem möglichen Weg aus der Klimakrise. Chancengleichheit: Indigene Völker in Kanada leiden unverhältnismäßig stark unter Ernährungsunsich- erheit, ernährungsbedingten Krankheiten und den psychischen und emotionalen Folgen des Klimawan- dels. Die Gesundheitssysteme geraten durch die steigende Einkommens- und Vermögensungleichheit unter Druck, die durch Klimawandel und soziale Isolation weiter verschärft wird. Nourish bemüht sich gemeinsam mit Gesundheitseinrichtungen darum, die Kernursachen der Ungleichheit zu beseitigen. Die Organisation fordert Krankenhäuser auf, den Wert von indigenen Praktiken sowie der Bereitstellung einer kulturell angemessenen Ernährung anzuerkennen. W ohlergehen der Gemeinschaft: Verbundene Problematiken hinsichtlich Ernährung, Erschwinglich- keit und Zugang zu gesunden Lebensmitteln sollten durch präventive Maßnahmen angegangen werden. Nourish unterstützt Fachleute und Einrichtungen des Gesundheitswesens dabei, mit ihren Gemein- schaften zu kooperieren und in präventive Maßnahmen zu investieren, die die Ernährung, das Lebens- mittelumfeld, die im Gesundheitswesen bereitgestellte Kost und den Zugang zu frischen, gesunden, kulturell relevanten und nachhaltigen Lebensmitteln verbessern. Nourish hat eine Vielzahl von Projekten und Programmen im Rahmen seiner sechs „Nourish Food for Health Levers“ auf den Weg gebracht: Die „Food for Health Levers“ von Nourish Leadership sind eine Ressource, die dafür wegweisend ist, wie wir mit Lebensmitteln im Gesundheitswesen Einfluss auf das Klima, die Chancengleichheit und das Wohlergehen der Gemeinschaft nehmen können. (Quelle: Nourish Leadership.) 15 DURCH TRANSFORMATION VON ERNÄHRUNGSSYSTEMEN DER KLIMAKRISE BEGEGNEN | GLOBAL ALLIANCE FOR THE FUTURE OF FOOD
SAMMLUNG FALLSTUDIE: KANADA Jeder Hebel steht für eine ernährungsbezogene Maßnahme, die Einrichtungen und Gesundheitsdienstleister zugunsten von Klima, Chancengleichheit und Wohlergehen der Gemeinschaft ergreifen können. Auf der Website von Nourish werden diese Ansatzpunkte ausführlich erläutert und es werden spezifische Aktionen für Gesundheitsfachleute in Kürze dargestellt. BEREICHE, UM DIE ERNÄHRUNG UND DIE GESUNDHEITSVERSORGUNG DER ZUKUNFT ZU ERKUNDEN Nourish betreibt eine Vielfalt von Projekten, denen jedoch stets eines gemein ist, nämlich dass verschiedene Akteure aus den Gesundheits- und Ernährungssystemen zusammengebracht werden. Der erste Meilenstein war 2016 die Gründung von Nourish Innovator Cohort. Das zweijährige Programm brachte 26 Innovatoren aus ganz Kanada zusammen, die für die Ernährung im Gesundheitswesen verant- wortlich waren und ebenfalls anstrebten, ihre Rolle hinsichtlich Patientenversorgung und Wohlergehen der Gemeinschaft zu stärken. Innovatoren der ersten Kohorte entwickelten traditionelle und kulturelle Ernährungsprogramme, leisteten Pionierarbeit bei der wertebasierten Lebensmittelbeschaffung und brachten verschiedene Klima- und Nach- haltigkeitsmaßnahmen auf den Weg, darunter die Reduzierung von Fleisch und Verpackungen, das Anlegen von Krankenhausgärten und die Aufstellung von Bienenstöcken. Eine Innovatorin, Josée Lavoie, leitete das für Ernährungsdienste im Kinderkrankenhaus von Montreal zustän- dige Team. Nach der Kohorte führten Lavoie und ihr Team ein neues Zimmerservicemodell ein, über das Patientinnen und Patienten Mahlzeiten auf Abruf bereitgestellt wurden. Diese Lösung erwies sich als effizien- tes Mittel zur Eindämmung des Klimawandels, da Lebensmittelabfälle bei der Zubereitung von 45% auf 5% reduziert werden konnten. Dank des neuen Modells sind Patienten und Patienten zudem deutlich zufrieden- er mit dem Verpflegungsangebot im Krankenhaus. Ein anderer Innovator, Dan Munshaw aus der kanadischen Stadt Thunder Bay, konnte große Erfolge bei der wertebasierten Lebensmittelbeschaffung für die städtischen Pflegeheime und Krankenhäuser erzielen. Munshaw erarbeitete neue Strategien, um eine Beschaffung bei lokalen Landwirtschaftsbetrieben sowie indigenen Jäger- und Sammlergruppen zu ermöglichen. Er leistete auch Pionierarbeit hinsichtlich Ter- minkauf-Vereinbarungen mit lokalen Erzeugern, in denen sich die Stadt zur Abnahme einer bestimmten Menge an Lebensmitteln zu einem vereinbarten Preis verpflichtete. Dies kurbelte die Nachfrage nach lokal angebauten Lebensmittel an. Dank der Bemühungen von Munshaw ist der prozentuale Anteil lokaler Lebens- mittel an der gesamten Lebensmittelbeschaffung von 15% im Jahr 2012 auf 34% im Jahr 2018 gestiegen. Die jüngste Maßnahme von Nourish ist das Anchor Cohort-Programm, das erneut verschiedene Akteure zusammenbringt.9 Das Programm ermöglicht Kontakte zwischen Partnerschaften aus dem Gesundheitswe- sen und der Gemeinschaft, die als „Anchor Collaboratives“ bezeichnet werden. Gemeinsam gehen die Ak- teure verbundene Herausforderungen wie gesundheitliche Ungleichheit, Ernährungsunsicherheit, ernährungsbedingte chronische Krankheiten und die Folgen des Klimawandels an. 16 DURCH TRANSFORMATION VON ERNÄHRUNGSSYSTEMEN DER KLIMAKRISE BEGEGNEN | GLOBAL ALLIANCE FOR THE FUTURE OF FOOD
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