TÄTIGKEITSBERICHT 2008/2009 - Wiener Umweltanwaltschaft
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INHALTSVERZEICHNIS VORWORT 7 IN aller Kürze 8 ARBEITSSCHWERPUNKTE – WICHTIGSTE PROJEKTE 11 STADTÖKOLOGIE Biodiversität 12 Klimawandel 14 Verkehr 14 NATURSCHUTZ Baumschutz 16 Neuauflage des „Gstettn'führers“ 16 UVP „Flussbauliches Gesamtprojekt Donau östlich von Wien (FGP)“ 16 Eingriffs-Ausgleichs-Regelung im Wiener und im Deutschen Naturschutzgesetz 17 Bauführungen im Schutzgebiet Wald- und Wiesengürtel (SWW) sowie im Parkschutzgebiet (SPK) 17 Vogelanprall an Glasflächen 18 Lichtverschmutzung 19 VANESSA – Schmetterlingsprojekt für Kinder 20 Schmetterlingsfilm „Lilli Raupe-Puppe-Schmetterling“ 20 Wohnservice für Wildtiere 20 Swimmingpools als Tierfallen 20 Pannonisches Gründach 21 Nachhaltige Balkonbepflanzung in Wien 21 4 Blaues Wasser – Gewässerschutz 21 RESSOURCENMANAGEMENT PUMA 22 Klip II-Erstellung 22 „ÖkoKauf Wien“ 23 Abfallwirtschaft SUP – Abfallwirtschaftskonzept 24 Initiative Mehrweg 24 Umweltfreundliches Baustellenmanagement 24 UMWELT & GESUNDHEIT Nanotechnologie 25 WIDES-Datenbank 25 Urbane Luft Initiative-Wien – Strategische Umweltprüfung NO2-Programm 26 Lärmschutz 26 Mobilfunk – Expertengutachten 27 ENERGIE Solaranlagen und Stadtbild 28 Kraftwerk Freudenau 28 Der Energieausweis 28 Elektromobilität – Elektromotor als alternativer Antrieb im Verkehr 28 Studie „Zukünftige Chancen der Solarthermie in Wien“ 29
Die Wiener Umweltanwaltschaft als Atomschutzbeauftragte für Wien Bilaterale Nuklearexpertentreffen 30 Kernkraftwerk Mochovce 3 und 4/Slowakei 30 Leistungserhöhung KKW Mochovce 1 und 2/Slowakei 31 UVP für neues KKW in Litauen 31 Reaktivierung KKW Bohunice – Vertragsverletzung der Slowakei 31 Fertigstellung KKW Cernavodâ in Rumänien 32 Neue finnische Kernkraftwerke 32 Neubaupläne für das KKW Temelin – aktuelle Studie 32 Studie zu internationalen UVP-Verfahren von KKW 33 Störfälle in europäischen KKW 33 KKW Mühleberg/Schweiz – unbefristete Betriebsbewilligung 33 VERNETZUNG DER UMWELTANWALTSCHAFTEN ÖSTERREICHS Treffen der LandesumweltanwältInnen 34 Positionspapier „Biomassenutzung“ 34 Positionspapier „Stärkung der Mehrweggetränkeverpackungen“ 35 UmweltanwältInnen bei Bundesminister Berlakovich 35 Gemeinsame Stellungnahmen 35 Bürgerservice 37 Anfragen und Beschwerden 38 Solaraktion 2008 und 2009 39 Gespräche der Umweltanwaltschaft mit BezirksvertreterInnen 39 Kooperationen mit den NGOs 40 Lokale Agenda (LA ) 21 in Wien 40 Dialogforum Flughafen 40 5 Begutachtungen und Verfahren 43 Teilnahme an Verfahren und Wahrnehmung der Parteistellung 44 Strategische Umweltprüfung 44 SUP in der Flächenwidmung 44 Flächenwidmungsverfahren 45 UVP-Verfahren 46 UVP-Feststellungsverfahren 49 AWG-Verfahren 50 Begutachtung von Gesetzen und Verordnungen 50 Verfahren nach Wiener Landesgesetzen 52 In eigener Sache und Öffentlichkeitsarbeit 55 Controlling 56 Budget 56 Personal 56 Öffentlichkeitsarbeit 56
6 Impressum Medieninhaberin, Herausgeberin und Redaktion: Wiener Umweltanwaltschaft, Muthgasse 62, 1190 Wien, Tel.: 01 / 37979 / 0, E-Mail: post@wua.wien.gv.at, www.wua-wien.at, Gestaltung: DYNAMOWIEN/Sabine Brauner, Druck: Gugler cross media, 3390 Melk, gedruckt auf ökologischem Druck- papier aus der Mustermappe von „ÖkoKauf Wien“ und nach der Richtlinie „Schadstoffarme Druckerzeugnisse“ des Österreichischen Umweltzeichens, UWZ 609. Bilder: istockphoto.com
VORWORT Ich freue mich, Ihnen den Bericht Besonders intensiv waren im Berichtszeitraum die Aktivitäten der Wiener Umweltanwaltschaft gegen den Ausbau der Atomkraft in Europa. Der Weiterbe- (WUA) für den Zeitraum 2008/2009 trieb von alten Kernkraftwerken sowie die Errichtung von Re- vorlegen zu können. Das Dokument aktoren im Nahbereich von Wien, wie in Mochovce oder Te- wendet sich in erster Linie an poli- melin, bergen ein hohes Risiko und zeigen, dass das Engage- tische EntscheidungsträgerInnen, ment Wiens sowohl in fachlicher als auch in politischer Hin- © Niko Formanek aber auch an Kooperationspartner sicht wichtig ist. Mit mehr als 204.000 Unterschriften gegen Innen in der Verwaltung, der Wis- die Fertigstellung von Mochovce 3 und 4 hat die Wiener Anti- senschaft und unter BürgerInnen, Atomarbeit eine starke Bestätigung erfahren. an NGOs und Wissenschaft. Auch in diesem Berichtszeitraum haben wir die Erfahrung Die Aufgaben und Ziele der WUA sind sowohl durch die Vor- gemacht, dass die fachliche Arbeit der WUA grundsätzlich gaben des Wiener Umweltschutzgesetzes 1993 definiert, als geschätzt wird. Auch wenn unsere Vorschläge, Ansichten auch aus dem obersten Ziel „höchste Umwelt- und Lebens- und Standpunkte selbstverständlich unseren Zielen und Auf- qualität für Wien“ entwickelt. Die Arbeitsschwerpunkte verän- gaben entsprechen und nicht immer Mehrheitsmeinung dern sich mit den Herausforderungen, stehen aber immer im sind, erhalten wir häufig positives Feedback zu unseren In- Bezug zur nachhaltigen Entwicklung Wiens mit einem starken halten, was mich natürlich besonders freut und das ganze stadtökologischen Standpunkt. Team motiviert. Im Vorfeld von naturschutz- und baubehörd- lichen Verfahren werden Anliegen der WUA vielfach bereits An der Breite und Komplexität der bearbeiteten Themen ist in der Planungsphase integriert. Durch die frühzeitige Einbin- klar ersichtlich, dass wir unsere Ziele für die Umwelt- und Le- dung der Umweltanwaltschaft bei konfliktträchtigen Themen bensqualität der Menschen in Wien nur in vernetzter Arbeit und Fällen gelingt es häufig, kritische Punkte schon im Vor- sowie gemeinsam mit mündigen BürgerInnen erreichen kön- feld abzuklären und gemeinsam gute Lösungen im Konsens nen. Ich bedanke mich daher bei allen PartnerInnen, die mit zu erarbeiten. Dadurch ist es die Ausnahme, dass die WUA uns im Sinne von Umweltqualität und Nachhaltigkeit koope- zum Mittel der Berufung und Beschwerdeerhebung greifen 7 rieren und mit denen wir gemeinsame Umweltanliegen verfol- muss – manchmal wird der Schritt allerdings notwendig. gen und durchsetzen können. Im Berichtszeitraum konnten wir die direkte Kommunikation Die WUA hat sich zusätzlich zu den traditionellen Aufgaben- mit den BürgerInnen erweitern und haben auch unsere Infor- gebieten wie Naturschutz, erneuerbare Energien, Umwelt- mationstätigkeit im Internet verstärkt. Auch mit der bürger- management und Abfallwirtschaft auch in dieser Arbeitsperi- nächsten Ebene der Kommunalpolitik besteht gute Zusam- ode mit den Herausforderungen für Wien in dem Bereich menarbeit. Erwähnen möchte ich besonders die Kooperation nachhaltige Stadt beschäftigt. Die globalen Rahmenbedin- mit BezirksvorsteherInnen in der Solaraktion. gungen werden auch für wohlhabende Städte wie Wien schwieriger. Die Verknappung von Energie und Ressourcen Ich werde mich freuen, wenn der Bericht wieder möglichst bringt zwar einen großen Aufschwung für neue Umwelttech- viele LeserInnen findet und hoffe, dass er auch abseits der nologien – man denke nur an die Fernkälte – und damit mehr Tagesaktualität verwendet wird. Ich danke den Landtagsab- Energieeffizienz, wenn aber die wirtschaftlichen Rahmenbe- geordneten aller Fraktionen für ihr Interesse an Umweltthe- dingungen in der bestehenden Form aufrecht erhalten wer- men und an der Arbeit der WUA und ich lade Sie ein, sich den, ist die Folge, dass Technologiesprünge und Effizienz- laufend über unsere Tätigkeit zu informieren, sei es direkt, maßnahmen an anderer Stelle im System wieder „verbraucht über unsere Website www.wua-wien.at oder unsere Zeitung werden“. Die eigentliche Herausforderung besteht daher in „umweltstadt“ . einer echten Restrukturierung zur Nachhaltigkeit. Das heißt, dass eine Entkopplung von Wohlstand und Lebensqualität Ich danke besonders meinem motivierten Team, das gemein- von Ressourcenverbrauch erstmals dringend notwendig wird. sam mit mir die Tätigkeit der Wiener Umweltanwaltschaft mit Der Fragenkomplex „Wie hält Wien den in vielen Studien do- Sinn, Leben und Inhalten erfüllt und gestaltet. kumentierten Vorsprung in Umwelt- und Lebensqualität un- ter geänderten Rahmenbedingungen?“ bleibt weiter ein zen- traler Arbeitsschwerpunkt. Tatsache ist, dass Menschen in Wien aufgrund effizienter Strukturen für die städtische Mobi- lität, der höheren Dichte und der Energieaufbringung „nach- haltiger“ leben können als in anderen Teilen Österreichs. An diesem Ziel und den dazugehörigen Einzelprojekten arbeiten Mag.a Dr.in Andrea Schnattinger alle MitarbeiterInnen der WUA hochmotiviert mit. Wiener Umweltanwältin
IN ALLER KÜRZE Die Wiener Umweltanwaltschaft (WUA) wurde durch das Zum Thema „Vogelanprall an Glasflächen“ konnten so- Umweltschutzgesetz 1993 als weisungsfreie und unab- wohl eine Fachtagung für OrnithologInnen als auch eine hängige Einrichtung des Landes Wien geschaffen. Das Anwendertagung für PlanerInnen und ArchitektInnen ab- oberste Ziel der Umweltanwaltschaft ist, im Sinne der Wie- gehalten werden. ner Bevölkerung, die Interessen des Umweltschutzes zu vertreten und zu wahren. Sie reagiert mit fachkundiger In- Neu sind Informationen zum Thema „Swimmingpools als formation und Beratung auf Anfragen und Beschwerden Tierfallen“ und Maßnahmen dagegen. der Wienerinnen und Wiener. Die WUA arbeitet in engem Dialog mit vielen KooperationspartnerInnen für die Um- weltqualität in Wien. Auf allen Ebenen setzt sie sich strate- WUA als Atomschutzbeauftragte Wiens gisch für den Vorsorgegedanken im Umweltschutz ein. Das Kernkraftwerk Mochovce in der Slowakei soll nach Im Berichtszeitraum erschienen sechs Ausgaben der Pu- den Wünschen der Betreiber um die Reaktoren 3 und 4 blikation „umweltstadt“ und regelmäßige Newsletter. Die erweitert werden. Die WUA hat sowohl im Vorverfahren, als Homepage der WUA unter www.wua-wien.at verzeichnete auch im grenzüberschreitenden UVP-Verfahren den Aus- im Berichtszeitraum hohe Zugriffszahlen, vor allem in den bau abgelehnt. Für die öffentliche Auflage wurden Bürger Bereichen „Atomschutz“ und „Energie“. Der Internetauf- Inneninformationen erstellt, die letztlich dazu geführt ha- tritt der WUA unter www.wien.at wurde im Jahr 2009 auch ben, dass mehr als 204.000 WienerInnen gegen das Pro- in englischer Sprache erarbeitet und publiziert. jekt Stellung bezogen haben. Zusätzlich nahm die WUA an UVP-Verfahren zu Kernkraftwerken in Rumänien, Finnland In den Jahren 2008 und 2009 behandelte die WUA 2.318 und Litauen teil. protokollierte Akte und zahlreiche nicht protokollierte Auskünfte. Im Auftrag der WUA wurden Studien zum „Ausbau des KKW Temelin“, zu „Internationalen UVP-Verfahren von KKW“ und zur „Rückkehr des Uranabbaus nach Europa“ 8 Stadtökologie erstellt. Ein Schwerpunkt wurde zum Thema „Biodiversität – vielfäl- Um laufende Infos über die Kernkraftwerke in den Nach- tige städtische Lebensräume“ gesetzt. Durchgrünte Städte barstaaten zu erhalten, nimmt die WUA an den Nuklearex- sind artenreich. Auch im Sinne der Abmilderung der Aus- pertInnentreffen teil. wirkungen des Klimawandels setzt sich die WUA für die zu- sätzliche Begrünung von Fassaden und Dächern ein. Bürgerservice Will man einen weiteren Anstieg des Stromverbrauchs durch Kühlung stoppen, muss sowohl in der Gebäudesa- Im Berichtszeitraum wurden 359 protokollierte Anfragen nierung als auch im Neubau auf Sommertauglichkeit von und Beschwerden, die fast zur Gänze innerhalb von 3 Ta- Gebäuden mehr Wert gelegt werden. gen erledigt werden konnten, in der WUA bearbeitet. Zu- sätzlich war festzustellen, dass zu bestimmten Themen Schwerpunkt ist auch weiterhin die Verbesserung der Be- sehr viele einzelne BürgerInnen sowie Bürgerinitiativen dingungen für FußgängerInnen und RadfahrerInnen sowie Kontakt mit der WUA suchten. Häufig wurden die Themen der Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum. bei persönlichen Gesprächen in der WUA erörtert. Wich- tige Themen waren: Naturschutz (Amphibien, Falken, Bi- ber, Hamster), Baumschutz, Grünraum (Innenhöfe, Park- Naturschutz anlagen), Mobilfunk, Energie und Lärm. Der beliebte Gstett’nführer wurde aktualisiert und neu auf- Gemeinsam mit den Bezirken wurden kostenlose Solar-In- gelegt und vom ORF als Basis für einen Universum-Film foabende für insgesamt etwa 700 interessierte BügerInnen verwendet. Bei einigen Bauprojekten konnte die WUA ge- angeboten. Zusätzlich wurden auf der Messe Bauen & En- meinsam mit AnrainerInnen für die Erhaltung von Baum- ergie etwa 2.000 BesucherInnen informiert. bestand sorgen. Große naturschutzrelevante Projekte wa- ren das „Flussbauliche Gesamtprojekt Donau östlich von Wien“, ein Vergleich der Möglichkeiten der „Ausgleichsre- gelungen im Naturschutz“ und die Erarbeitung eines Posi- tionspapiers zur „Lichtverschmutzung“.
Kooperation mit BezirksvertreterInnen Energie Die WUA hat im Berichtszeitraum zahlreiche Einladungen Die WUA hat eine Initiative gesetzt um die Vereinbarkeit zu Sitzungen der Umweltausschüsse und Bauausschüsse von Stadtbildanforderungen, Denkmalschutz und Solaran- in Wiener Bezirken wahrgenommen und Gespräche mit lagen zu verbessern. BezirksvorsteherInnen zu speziellen Umweltanliegen im Bezirk geführt. Schwerpunkte waren Flächenwidmungen, Um Möglichkeiten der Anwendung von Solarthermie in Baumschutz, erneuerbare Energien, Lärm, Mobilfunk und städtischen Strukturen zu untersuchen, wurde vom Aus- Verkehr. trian Institute of Technology eine Studie erstellt. Zur Ökologisierung des MIV hat die WUA die Aufnahme Round Table NGOs des Themas Elektromobilität in das KLIP II betrieben. Im Berichtszeitraum hat die WUA alle interesssierten NGOs zum Austausch zu diversen Umweltthemen eingela- Umwelt und Gesundheit den. Themen waren unter anderem Donauausbau, Abfall, Umweltinformation, UVP und Anti-Atomarbeit. Ein Positionspapier zur Nanotechnologie wurde ausgear- beitet. Die Desinfektionsmitteldatenbank WIDES fand große Resonanz beim Fachpublikum und konnte im Sep- Dialogforum Flughafen tember 2009 sogar im Internet frei geschaltet werden. Schwerpunkt war die begleitende Kontrolle zur Einhaltung Zum Thema Mobilfunk und verwandte Technologien wurde der Mediationsvereinbarungen für die UVP 3. Piste. ein aktuelles Expertengutachten eingeholt. Das Dialogforum hat die Aufgabe über das Mediationsver- 9 fahren hinaus die Kommunikation und Diskussion zwi- Vernetzung der Umweltanwaltschaften schen den Interessensgruppen fortzusetzen (Bürgerinitia- Österreichs tiven, Länder, Gemeinden, Umweltanwaltschaften, Flug hafen). Im Rahmen des Netzwerks hat die WUA gemeinsame Stel- lungnahmen/Positionspapiere der UmweltanwältInnen ko- ordiniert, z. B. zum UVP-Gesetz und zur Biomassenutzung. Ressourcenmanagement PUMA, KLIP und ÖkoKauf Begutachtung und Verfahren Im Rahmen von PUMA werden seit 2008 die Dienststellen dabei begleitet, ihre spezifischen Dienstleistungen und Die WUA hat im Berichtszeitraum zahlreiche Stellungnah- Produkte zu ökologisieren. Die Umsetzung der allgemein men zu Gesetzes- und Verordnungsentwürfen abgegeben. gültigen Umweltmaßnahmen bleiben natürlich aufrecht. Die WUA war in 795 Verfahren nach der Wiener Bauord- nung (Flächenwidmungs- und Bebauungspläne, Lüftungs- Die WUA hat intensiv an der Erstellung des neuen Kli- anlagen, Grundabteilungen), 146 Verfahren nach dem maschutzprogramms (KLIP II) mitgearbeitet, das Ende Wiener Naturschutzgesetz und 83 Verfahren nach dem 2009 vom Wiener Gemeinderat beschlossen wurde. Mitar- Wiener Elektrizitätswirtschaftsgesetz eingebunden. Zusätz- beiterInnen der WUA leiten die Ökokauf-Arbeitsgruppen lich wurden einige UVP-Verfahren und UVP-Feststellungs- „Elektrische Geräte“, „Baustellenumweltlogistik“, „Desin- verfahren sowie Verfahren nach dem AWG bearbeitet. fektion“ und „Nanotechnologie“. Seitens der WUA wurden zusätzlich Schwerpunkte zu den Budget Themen Vermeidung von PVC, Gentechnik und zu fairer/ nachhaltiger Produktion gesetzt. Der Wiener Umweltanwaltschaft standen in den Jahren 2008 und 2009 jeweils 245.000 Euro zur Verfügung.
ARBEITSSCHWERPUNKTE – WICHTIGSTE PROJEKTE
01 Arbeitsschwerpunkte – wichtigste Projekte STADTÖKOLOGIE Biodiversität Wichtige Beiträge zur Erhaltung der Biodiversität in Wien auSSerhalb der WUA Biodiversität in der Stadt – ein wesent- licher Faktor der Lebensqualität Das Netzwerk Natur ist ein Programm der MA 22-Wiener Umweltschutzabteilung, ist im Wiener Naturschutzgesetz Die WUA setzt sich mit dem Thema Artenvielfalt (Biodiversi- verankert und hat die dauerhafte Erhaltung der Vielfalt in tät) in der Stadt in einem laufenden Diskurs vor allem mit Wien zum Ziel. Naturschutzfachliche Konzepte (Arten- und Wissenschaft und Verwaltung auseinander. Zu diesem Kern- Lebensraumschutzprogramme) für prioritär geschützte Ar- thema sind viele Einzelinitiativen und konkrete Projekte der ten und Lebensräume werden in einer Kooperation mit den WUA entstanden, sodass wir in diesem Bericht aus diesem Bezirken, der MA 49-Forstamt und Landwirtschaftsbetrieb Grund und aus Anlass des Internationalen Jahres der Biodi- der Stadt Wien, MA 42-Wiener Stadtgärten und MA 45-Wie- versität auch die Hintergrundgedanken ausführen wollen. ner Gewässer, Vereinen und der Bevölkerung umgesetzt. Pflegepläne für Trockenwiesen, die Anlage von Lesestein- Unsere Städte sind die zentralen Experimentier- und Erfah- haufen in Weingärten und die begleitende Aufnahme und rungsräume für das Zusammenleben von Mensch und Na- Überwachung seltener Arten und Lebensräume sind kon- tur. Die urbane Artenvielfalt leistet einen signifikanten Bei- krete Beispiele für Aktivitäten des Netzwerks Natur. Die Bro- trag zur Lebensqualität einer zunehmend durch Städte ge- schüre „Wohnservice für Wildtiere“ bietet wertvolle Anlei- prägten globalen Gesellschaft. tungen für den Artenschutz in Wien. Ein jährlich abgehal- tener Tag der Artenvielfalt ergänzt das Bildungsangebot. Eine artenreiche Tier- und Pflanzenwelt hat die besten Chan- cen, sich an veränderte Umweltbedingungen anzupassen. Wald- und Wiesenpflege durch die MA 49-Forstamt und Vor dem Hintergrund eines globalen Klimawandels mit ex- Landwirtschaftsbetrieb der Stadt Wien sichert den Lebens- tremen Umgestaltungen von Lebensräumen in kürzester raum für mehr als 5000 höhere Tier- und über 2000 Pflan- Zeit ist dies von besonderer Bedeutung. zenarten. Die Erhaltung des Wiener Grüngürtels mit den für die Biodiversität so wichtigen Gebieten wie Nationalpark Lo- 12 Die Biodiversität – die Vielfalt der Gene, Arten und Ökosy- bau, Biosphärenpark Wienerwald (z. B. Lainzer Tiergarten) steme – ist eine grundlegende Strategie der Natur und Be- oder Bisamberg erfordert ein besonderes Verständnis dieses gründung für die Existenz von Leben. Sie ist eine Art „Le- Themas. So kommen zum Beispiel nahezu alle Spechtarten bensversicherung“ der Natur und auch der Mensch ist auf Europas in hoher Individuenzahl am Wiener Wilhelminen- die Natur und ihre Biodiversität angewiesen. berg vor. Das Angebot an abgestorbenen Ästen, in denen sie zahlreiche Insekten vorfinden und morsche Bäume als Nistplätze, fördern diese Artenvielfalt. Auch der hohe Anteil Wodurch ist Biodiversität bedroht? an Biolandbau fördert die Biodiversität. Die Veränderung von Lebensräumen durch Baumaßnahmen Dachbegrünungen werden von der MA 42-Wiener Stadtgär- sowie land- und forstwirtschaftliche Nutzungsänderungen, ten, gefördert. Die Höhe der Förderung richtet sich nach der kann wertvolle Lebensräume zerstören. Höhe der durchwurzelbaren Aufbaudicke der neu be- Durch Stoffeinträge in Lebensräume und die Erhöhung des grünten Dachfläche. Nährstoffangebots werden generell die Lebensbedingungen von Wasser- und Bodenlebewesen sowie der Vegetation ver- ändert. Dünger, Pestizide, hormonaktive Substanzen, Schad- Städtische Lebensräume stoffimmissionen aus Industrie und Verkehr tun ein Übriges. Der Lebensraum Stadt bietet, sofern eine entsprechende Die Folgen von Industrialisierung und Globalisierung haben Durchgrünung gegeben ist, durchaus Vorteile für Arten. An große Auswirkungen auf die Artenvielfalt. Emission von der Übergangszone zwischen Stadt und dem umgebenden Treibhausgasen und der Ozonabbau verursachen einen glo- Grünland ist die Artenvielfalt höher als im landwirtschaft- balen Klimawandel mit gravierendem Einfluss auf die Ver- lichen Gebiet selbst. Viele Wildtiere haben sich angepasst breitungsgebiete von Pflanzen und Tieren. 3° C Tempera- und kommen mit dem Menschen und städtischen Strukturen turerhöhung bedeuten 30 % Artenverlust. Lichtemissionen nicht nur zurecht, sondern werden auch gefördert. Der Weg- von Straßenbeleuchtungen und Anstrahlungen von Bauwer- fall von Jagd und diversen Pestiziden sowie die Vielfalt von ken und Werbeeinrichtungen ziehen nachtaktive Insekten Gärten und Stadtlandschaften schaffen auch vielfältige Le- aus ihren Lebensräumen ab und irritieren Zugvögel. bensräume. Gefahren sind aber zum Beispiel große Straßen, ausladende Glasstrukturen oder Glasgebäude sowie zu viel Diesen Gefahren wirkt Wien mit vielfältigen Maßnahmen und falsche Beleuchtung. Diese Fehlentwicklungen erfordern entgegen. Abhilfemaßnahmen, für die sich die WUA massiv einsetzt. Im
Stadtökologie Jahr 2050 werden zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städ- Wien weist trotz hohem Grünraumanteil noch ein großes Po- ten leben, was durchaus Vorteile für die Biodiversität bringen tential für Begrünung in dicht verbauten Gebieten auf. Eine kann, sofern die Fußabdrücke nicht zu groß werden, sprich erste Abschätzung errechnet, dass die Begrünung der zur die Ressourcen, die die Städte außerhalb ihrer Grenzen ver- Verfügung stehenden Dachflächen an heißen Tagen schon brauchen nicht zu hoch sind. Das heißt, dass Städte, die eine zu einer Temperatursenkung um 5° C im städtischen Gebiet energieeffiziente, nachhaltige Lebensweise ermöglichen auch führen könnte. Bäume haben durch ihre Beschattungs- positiv für die Biodiversität wirken. funktion und die hohe Verdunstung bei ausreichendem Wasserangebot eine kühlende Wirkung. Dieselbe Tempera- tur wird im Schatten eines Baumes angeblich subjektiv nur Zusätzliche Lebensräume in der Stadt – Win- halb so hoch empfunden wie in der prallen Sonne. Grünflä- Win Situation für Mensch und Biodiversität chen ab einer Größe von 1,6 Hektar kühlen auch das Um- feld von einigen 100 m um die Grünfläche. Die Beschattung Problemstellung Klimawandel von Gebäuden durch Pflanzen hat zudem positive Effekte auf das Innenraumklima und kann im Idealfall sogar Kühl Großstädte weisen mit ihrem hohen Bebauungs- und Ver- energie einsparen. Sogar Bäume, die in Containern um siegelungsgrad eine große Wärmespeicherkapazität auf. Häuser platziert wurden, sparten 7 bis 40 Prozent der Kühl Während sommerlicher Hitzewellen können durch den so energie in den Gebäuden ein. Wenn man bedenkt, dass ein bedingten „Wärmeinseleffekt“ die innerstädtischen Tempe- Gutteil des jährlichen Stromverbrauchszuwachses auf Ge- raturen bis zu 10° C über jenen des umliegenden Grün- bäudekühlung entfällt, sollte diese natürliche Kühlungs- landes liegen. Insbesondere die nächtliche Abkühlung fällt möglichkeit – mit umfassenden Komfortgewinn – genutzt in solchen Wärmeinseln deutlich geringer aus. Gerade diese werden. ist jedoch für die Erholung des menschlichen Organismus nach einem Hitzetag besonders wichtig. Eine verpflichtende Dachbegrünung unter definierten Be- dingungen und unter Festlegung von ökologischen Min- Wien weist auf Grund des Grüngürtels eine relativ gute destkriterien, eine Förderung vertikaler Begrünungen und nächtliche Durchlüftung auf. Dennoch bauen sich zwischen eine stärkere Einbindung der Bevölkerung, die sich häufig 13 Stadtzentrum (Messstelle Innere Stadt) und Stadtrand (Ma- mehr Grün wünscht, könnten neue Impulse für eine ökolo- riabrunn) an heißen Tagen bis zum Abend Temperaturun- gische Stadtentwicklung in Wien setzen. terschiede von bis zu 7° C auf. Der Klimawandel wird solche Phänomene zusätzlich verstärken und in Städten somit eine Die Initiativen der WUA werden auf den näch- gewisse Beschleunigung erfahren. In den letzten 23 Jahren sten Seiten in den Einzelthemen zu Stadtökolo- gab es in der Innenstadt um 28 % mehr Hitzetage als auf gie und Naturschutz genauer ausgeführt! der Hohen Warte. Eine der einfachsten Möglichkeiten der sommerlichen Überwärmung von Städten und der damit einhergehenden Beeinträchtigung des thermischen Kom- forts im Innen- und Außenraum zu begegnen, ist die syste- matische Durchgrünung von Städten. Grüne Dächer und Fassaden als Lebensraum und Kühlung Da Freiflächen in Städten generell ein sehr begrenztes Gut sind, müssen Alternativen zu den „klassischen Arten der Be- grünung“, wie Baumpflanzungen, Parkanlagen und gestalte- te Innenhöfe genutzt werden und vertikale und horizontale Freiflächen an Gebäuden zusätzlich begrünt werden. Jede Art des Grünraumes unterstützt auch die Ansiedlung von Tieren, wobei man durch entsprechendes Design und Pflanzenauswahl, gezielt die Ansiedelung heimischer Pflan- zen und damit auch Tiere fördern kann. Vor allem vertikale Strukturen (Fassadenbegrünungen) bieten vielen Vögeln ideale Nistplätze. Nicht zuletzt können Gründächer, sofern sie begehbar ausgestaltet werden, den HausbewohnerInnen als grüner Erholungsraum in unmittelbarer Nähe dienen, welcher der Qualität von Gärten durchaus gleichgesetzt werden darf.
01 Arbeitsschwerpunkte – wichtigste Projekte frastruktur vor klimabedingten Schadensereignissen Klimawandel oder Evakuierungsmaßnahmen stellen insbesondere an Städte umfangreiche Herausforderungen. Klimawandel-Anpassung 3. Internationale Studien haben gezeigt, dass der Hand- Die österreichische Bundesregierung hat sich das Ziel ge- lungsspielraum auf der kommunalen Ebene bei der Ge- setzt, unter der Federführung des Lebensministeriums bis staltung (Verkehrs- und Raumplanung, Bauordnung, zum Jahr 2011 eine nationale Anpassungsstrategie an den Katastrophenschutz etc.) in der Regel sehr hoch ist. Die Klimawandel zu erarbeiten (siehe auch www.klimawandel Dichte ermöglicht jedoch Effizienz und hohe Wirksam- anpassung.at/nationale-anpassungsstrategie/). Die Wiener keit von Maßnahmen. Städte sind daher Hauptadres- Umweltanwaltschaft (WUA) war bisher in alle vorbereiten- saten, sowohl bei der Entwicklung von Klimaschutz- als den Workshops des Ministeriums als Teilnehmerin einge- auch Klimawandel-Anpassungskonzepten. bunden und ist auch Mitglied im Beteiligungsprozess, in dem die sogenannte organisierte Öffentlichkeit (Länderver- treter, Kammern, Umweltorganisationen etc.) fachlichen Auswirkungen des Klimawandels Input zur Konkretisierung der Anpassungsstrategie leistet. auf Gebäude Dabei bemüht sich die WUA insbesondere darum, spezi- fisch städtische Themen stärker ins Blickfeld zu rücken. Insgesamt haben ArchitektInnen und PlanerInnen in den Dazu gehören die Vermeidung von Wärmeinseln in der letzten Jahrzehnten häufig bei ihrer Arbeit zuwenig Rück- Stadtplanung, die Anpassung von Baunormen und Gebäu- sicht auf das lokale Klima genommen. Glasfassaden im desimulationsmodellen an aktuelle und künftige klima- Büro- oder große unbeschattete Fensterflächen im Wohn- tische Bedingungen, die Integration von Vorgaben für die bau sowie geringe Speichermassen haben wenig sommer- Sommertauglichkeit von Gebäuden in die Sanierungsför- taugliche Gebäude entstehen lassen, die nur mit energie- derung, die CO2-arme Deckung unvermeidbaren Kühlbe- aufwändiger Haustechnik thermischen Komfort bieten. darfs oder die Erarbeitung von Alarmplänen zum Schutz sensibler Personengruppen bei Hitzewellen. Städtenetz- In einer Zeit von Klimawandel und Marktverknappungen werke in Österreich und international haben eine wichtige nicht erneuerbarer Energieträger, wie Öl und Gas, ist es von Rolle bei der Klimawandelanpassung und tragen bei, dass essentieller Bedeutung, Gebäude wieder stärker an das lo- 14 städtespezifische Themen ausreichend in den Anpas- kale Klima anzupassen und dabei auch künftige Verände- sungsstrategien vertreten sind. rungen zu berücksichtigen. Es muss „mit“ dem Klima statt „gegen“ dieses geplant werden. Bei Berücksichtigung der zu erwartenden Erwärmung bedeutet dies z. B. Einplanung Eindrücke von der URS 2009 in von Beschattungs- und anderen natürlichen Kühlungsele- Marseille, einer internationalen Konfe- menten, wie Dach- und Fassadenbegrünung. renz zu „Städten und Klimawandel“ Rechentools zur Simulation des lokalen Mikroklimas in Ab- Vom 27. – 30. Juni 2009 wurde in Marseille eine Konferenz hängigkeit von Vegetation, Gebäudeorientierung und Ober- der Weltbank mit VertreterInnen aus 90 Ländern zum flächentemperaturen sollten auch in der Wiener Städtepla- Thema „Städte und Klimawandel“ abgehalten, an der auch nung Anwendung finden, um einen optimalen Mix von na- eine Vertreterin der WUA teilnahm (siehe auch www. türlicher Durchlüftung, hellen oder begrünten Fassaden urs2009.net/). Dort wurde von der Weltbank die Empfeh- und Dachflächen sowie Schatten- und Feuchtigkeitsspen- lung ausgesprochen, Städte bei den internationalen Kli- dern zu entwickeln, der bestehende Wärmeinseln sanieren maschutz- und Klimawandel-Anpassungsverhandlungen di- hilft und neue vermeidet. rekt als Verhandlungspartner einzubinden. Dies aus fol- genden Gründen: Niederschläge sollten nicht in der Kanalisation landen, son- dern in hohem Ausmaß zur Verdunstung gebracht werden, 1. Bis 2030 werden etwa zwei Drittel der Weltbevölkerung um in heißen Sommermonaten den damit verbundenen in Großstädten leben (siehe auch www.earthscan.co.uk). Kühleffekt zu nutzen. Sie sind damit Hauptansprechpartner für Klimaschutz- maßnahmen. Die Wende zu einer nachhaltigen Gesell- schaft muss vor allem und in erster Linie in den Städten geschehen. Verkehr 2. Städte sind aufgrund der Bevölkerungsdichte und der Mit dem Ziel einer Stadt mit hoher Lebensqualität ist das Dichte an Infrastruktur hoch vulnerabel gegenüber Kli- Öffentliche Verkehrsnetz vor allem in den künftigen Stadt- mawandelfolgen. Wärmeinseleffekte bei Hitzewellen, erweiterungsgebieten flächendeckend engmaschig auszu die Ausbreitung neuer Krankheiten, der Schutz der In- bauen.
STadtökologie Mit einem guten Anschluss an das Öffentliche Verkehrsnetz Stellplätze/Garagen können viele zusätzliche Autofahrten vermieden werden. Eine Intervallverdichtung und eine Attraktivierung der Halte- Im Laufe der Jahre 2008/2009 wurden rund 55 Akten be- stellenbereiche (Beleuchtung, Wetterschutz, Fahrradab- treffend Stellplätze und Garagen bei der Wiener Umweltan- stellmöglichkeit, ...) wird den Umstieg auf Öffentliche Ver- waltschaft bearbeitet. Grundsätzlich handelt es sich dabei kehrsmittel fördern. Auch der Ausbau des Straßen- um Anfragen betreffend: bahnnetzes sollte vorangetrieben werden. • die Errichtung von Pflichtstellplätzen bzw. freiwilligen • Begleitet von Geschwindigkeitsüberwachungen, mobi- Stellplätzen in Innenhöfen len Tempoanzeigen und baulichen Maßnahmen sollte die Ausweitung der Tempo-30-Zonen weitergeführt wer- • die Errichtung von Flugdächern in Innenhöfen für das den. Tempolimits vor Schulen, Kindergärten, Parks, Unterstellen von Fahrzeugen Spielplätzen und im Wohnbereich erhöhen das Sicher- heitsgefühl und der Lebensraum Straße kann wieder • Tiefgaragen verschiedener Größen ( von ca. 8 Stellplät- von den Menschen zurückerobert werden. In neuen zen aufwärts) unter Gebäuden (meistens bei Neu- Stadtteilen sollte man mehr Mut für innovative Verkehrs- bauten), unter Innenhöfen bzw. unter Parkanlagen lösungen im Wohnbereich zeigen, wie z.B. das Modell des „shared space“ aus Holland oder die “Begegnungs- • die Errichtung von Parkhäusern zone“ aus der Schweiz. Besonderes Augenmerk wird darauf gelegt, dass die Innen- • Im Bereich des Stellplatzregulativs soll es im Falle eines höfe generell von Pkws freigehalten werden, wenn es die Neubaus keine gesetzlich vorgeschriebene Vollausstat- örtlichen Gegebenheiten nicht erlauben, das heißt, wenn tung mit Parkplätzen mehr geben. Die geforderten Kfz- die Zufahrt zu schmal bzw. zu lang ist, wenn die Innenhöfe Parkplätze sollen in dafür vorgesehenen Garagen ange- selbst zu klein sind, wenn viele Fenster von Aufenthaltsräu- boten werden. Auch muss der im Garagengesetz gefor- men in den Hof hineingehen, wenn Bäume gefällt werden derte Stellplatzrückbau an der Oberfläche forciert wer- müssen. Auch im Falle von der Errichtung von Flugdächern den, damit der Straßenraum wieder als Lebensraum in Innenhöfen gelten dieselben Beurteilungskriterien. nutzbarer und sicherer wird. 15 Tiefgaragen, die bei Neubauten unter den Gebäuden errich- • Ein gut ausgebautes Radwegenetz muss fixer Bestand- tet werden, werden grundsätzlich positiv bewertet, solange teil in einem neuen Stadtteil sein. Ein lückenloser An- ein Verkehrsgutachten die Aufnahme des zusätzlichen Ver- schluss an das bereits bestehende Radwegenetz muss kehrsaufkommens in den bereits existierend Verkehrsstrom gegeben sein. Im Falle eines Neubaus müssen Fahr- positiv beurteilt. radabstellplätze mit eingeplant werden, die leicht zu- gänglich (ohne Stufen, steile Rampen, Angsträume) und in ausreichender Qualität und Quantität vorhanden Worldcafe „Radfahren in Wien“ sind. Die WUA organisierte gemeinsam mit dem VCÖ im Oktober • Neben der weiterführenden Errichtung gänzlich auto- 2009 ein Worldcafe zum Thema „Radfahren in Wien“. verkehrsfreier Zonen (Fußgängerzonen), sollen im Vor- feld sensibler Nutzungen wie Schulen, Kindergärten, Rund 30 Fachleute der Wiener Stadtverwaltung (zum Bei- Kirchen, Seniorenheime, Krankenhäuser, Parkanlagen spiel MA 46-Verkehrsorganisation und technische Verkehrs- und Spielplätzen temporäre autofreie Zonen in Straßen- angelegenheiten) und aus der Privatwirtschaft (zum Bei- zügen und auf Plätzen ermöglicht werden. Bei Neupla- spiel Betreiber der Citybikes) diskutierten im Rahmen der nungen (insbesondere von Plätzen und Geschäftsstra- Veranstaltung über Ansatzpunkte zur Steigerung des Rad- ßen) sind Gehsteige großzügiger (mindestens 2 m) zu verkehrs in Wien. dimensionieren und auf eine Attraktivierung des Fuß- gängerbereiches zu achten (schattenspendende Be Der Schweizer Gastvortragende Oskar Balsiger vom Tiefbau- pflanzungen, Rampen, längere Grünphasen, gute Be- amt des Kanton Bern stellte durch kontroversielle Beispiele leuchtung, Sitzgelegenheiten, ...) dar, wie Radverkehr in Städten erfolgreich gefördert werden kann. Daran anschließend diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an vier Tischen – in wechselnder Zusam- mensetzung – unterschiedliche Fragestellungen, Erfah- rungen und Überlegungen.
01 Arbeitsschwerpunkte – wichtigste Projekte NATURSCHUTZ Bereits 1994 wurden erstmals Gstett’n von der WUA defi- Baumschutz niert und aufgespürt. Seit damals gehört der Gstettn’führer mit seinem umfangreichen Karten- und Fotomaterial zu Bäume haben in der Stadt vor allem für die Bewohner den beliebtesten Publikationen der WUA. Daher wurden Innen in der unmittelbaren Umgebung vielfach eine emoti- im Sommer 2008 die vorhandenen Stadtwildnisflächen onale Bedeutung. Werden Großbauvorhaben wie Tiefgara- wieder überprüft und deren Veränderungen dokumentiert. gen angekündigt, bilden sich rasch Bürgerinitiativen, die Somit steht nun die 4. Auflage des Wiener Stadtwildnisfüh- bei der Wiener Umweltanwaltschaft (WUA) technisch- rers zur Verfügung. fachliche und rechtliche Informationen bekommen. Bei der Aktualisierung des Gstettn’führers waren die posi- Am Dr. Karl-Lueger-Platz im 1. Bezirk war unmittelbar ne- tiven Auswirkungen der Renaturierung weiterer Abschnitte ben einer 1928 gepflanzten Platane eine Tiefgarage ge des Liesingbaches auf Tier- und Pflanzenwelt deutlich zu plant. Die Bürgerinitiative Luegerplatz fürchtete um den sehen, an den vom Steinkorsett befreiten Ufern finden Au- Bestand des zum Naturdenkmal erklärten Baumes und gehölze, Froschlöffel, Rohrglanzgras und Minze neue stellte die vom Bauwerber beigebrachten Gutachten in Standorte. Frage. Weitere Gutachten, die einen drei Meter tiefen Wur- zelsuchgraben notwendig machten, führten zur Verschie- Auf Basis des Gstettn’führers wurde vom ORF auch ein bung der Tiefgarage. Bei einer Befragung der Bezirksvor- Universum-Film produziert. stehung im Juni 2009 haben sich die AnrainerInnen schließlich mehrheitlich gegen die Errichtung der Tiefga- rage ausgesprochen – das Projekt wird somit nicht realisiert. UVP „Flussbauliches In Wien 13, Fleschgasse soll ebenfalls ein Bauwerk im Wur- Gesamtprojekt Donau 16 zelraum eines zum Naturdenkmal erklärten Baumes errich- östlich von Wien“ (FGP) tet werden. Auch hier wird ein Wurzelsuchgraben zeigen, ob eine Realisierung des Projektes in dieser Form möglich ist. Ziele des Projekts sind die Stabilisierung der Donausohle, die Erhöhung der Fahrwassertiefe für die Schifffahrt unter Für den Ausbau der S 80 im Bereich des Mühlwassers im Niederwasserbedingungen und die Verbesserung der öko- 22. Bezirk wurde die Rodung von Bäumen während der logischen Verhältnisse des Nationalparks Donau-Auen. Brutsaison diverser baumbrütender Vögel beantragt. Da eine Verschiebung der Arbeiten aus wirtschaftlichen Grün- Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist bereits vor der Ertei- den nicht möglich war, wurde auf Initiative der WUA ein lung der Grundsatzgenehmigung für das gesamte Vorha- Ornithologe mit der Untersuchung des Baumbestandes ben durchzuführen. Die Detailgenehmigungen behandeln auf Nestlinge durchgeführt. Da keine Jungvögel gefunden deshalb nur noch Belange, die nicht UVP-relevant sind. wurden, konnte die Rodung planmäßig erfolgen. Durch die Ausweisung als Nationalpark und Natura Um eine qualifizierte Beurteilung der Auswirkungen von 2000-Gebiet sind die Donauauen höchstrangige Schutzge- Eingriffen in den Lebensraum von Bäumen sicherzustel- biete, für die ein günstiger Erhaltungszustand zu gewähr- len, nehmen die Sachverständigen der WUA an entspre- leisten ist. Dies bedeutet, dass zumindest der Ist-Zustand chenden Seminaren und Fachveranstaltungen teil. als Mindeststandard zu garantieren ist. Dieser Status quo definiert damit Schwellenwerte, die keinesfalls unterschrit- ten werden dürfen. Droht durch einen Eingriff eine Ver- schlechterung, sind Kompensationsmaßnahmen Neuauflage des vorzusehen. „Gstettn’führers“ Die Prognosen zu den Umweltauswirkungen des Projektes sind mit Unsicherheiten behaftet. Aus diesem Grund wur- Die WUA leistet mit ihrem beliebten „Gstettn’führer“ einen den seitens der Sachverständigen Auflagen formuliert, die Beitrag zur Bewusstseinsbildung unter Kindern und Ju- das Risiko nachhaltiger Beeinträchtigungen reduzieren sol- gendlichen. Die liebevoll illustrierte Broschüre zeigt an- len. Die Auflagen betreffen u. a. Aspekte der Schwellen- schaulich, dass Stadtwildnis nicht nur Rückzugsraum von wertbildung und des Projektumsetzungsmodus, die seltenen Tieren und Pflanzen, sondern auch ein faszinie- Beweissicherung und Angaben zur ökologischen render Abenteuerspielplatz sein kann. Bauaufsicht.
NATURSCHUTZ Ein großes Problem für den Naturschutz besteht darin, gegangen. Die Wahl des Verhandlungsortes und die man- dass die Wirkung von Maßnahmen, welche die negativen gelnde Information der Beteiligten führten zu erhöhtem Auswirkungen der Sohlstabilisierung kompensieren sollen, Misstrauen der NGOs und Bürgerinitiativen. Aus Sicht der langfristig nicht absehbar sind. Die Stabilisierung der WUA ist in den vorgelagerten moderierten Gesprächen die Donausohle mittels granulometrischer Sohlverbesserung Gelegenheit zu einer echten Mediation verpasst worden, führt zu einer Reduktion des Normalgeschiebetriebes auf sodass die auch vorhandenen positiven Aspekte des Pro- rund 10 % des Ist-Zustandes. Das Neubildungspotenzial jekts in der Diskussion nicht mehr gehört werden. Auf von Schotterflächen und Inseln ist dadurch höchstwahr- Grund der divergierenden Positionen ist ein konfliktfreier scheinlich eingeschränkt. Welche konkreten Auswirkungen Verfahrensablauf im vorliegenden Fall nicht mehr möglich. langfristig auf die Qualität der Kiesstandorte zu erwarten sind, ist derzeit offen. Auf Grund der zahlreichen Unwäg- barkeiten kommt der Beweissicherung sowie einer exakten Definition von Schwellenwerten (ab wann Handlungsbe- Eingriffs-Ausgleichs- darf gegeben ist) hohe Bedeutung zu. Regelung im Wiener und Für den Wiener Bereich des Projektes wurden von den im Deutschen Natur- Sachverständigen zur Gewährleistung der Umweltverträg- schutzgesetz lichkeit u. a. folgende Auflagen formuliert: • Die Gefahr einer Kolmatierung der rollierten Strom- 2008 hat Dr. Jürgen Rienesl (MA 22-Umweltschutz) vor sohle ist durch eine Geschiebezugabe im Ausmaß von übergehend das Team der Wiener Umweltanwaltschaft ver- ca. 40.000m³/Jahr zu verhindern, wobei die genauen stärkt. Er beschäftigte sich u. a. mit dem Vergleich der Ein- Korngrößenzusammensetzungen im Detailprojekt fest- griffs-Ausgleichs-Regelung im Wiener und im Deutschen zulegen sind. Naturschutzgesetz aus der Sicht des Sachverständigen. • Durch Uferrückbau, Buhnenabtrag und Hinterrinner- herstellung sind bei Q3000 angeströmte naturnahe Anlass für die Untersuchung war die schleichende Zerstü- Uferzonen bis 3 m Wassertiefe im Ausmaß von 100 ha ckelung und Zersiedelung, mit welcher der Naturschutz in herzustellen. den letzten Jahren besonders in Landschaftsschutzgebie- 17 • Bis Q3000 sind strömungsgeschützte Uferbuchten im ten vermehrt konfrontiert ist. Maßgeblich sind hier die vie- Ausmaß von zumindest 500 m²/km anzulegen. len kleinen Eingriffe, die im Einzelnen bewilligungsfähig • Falls Laichplätze in der Donau durch die granulome- erscheinen, die aber in Summe zu einer Veränderung der trische Sohlverbesserung bzw. durch die Sohlanpas- Charakteristika der Landschaft führen können. Das Pro- sungen oder die Niederwasserregulierung in erheb- blem besteht also in der kumulativen Wirkung kleiner und lichem Ausmaß betroffen sind, sind entsprechende Er- kleinster Eingriffe, die jeder für sich genommen auf den satzlaichplätze im selben Größenausmaß innerhalb des ersten Blick „irrelevant“ erscheinen mögen. Projektsgebietes herzustellen. In der Studie wird die Anwendbarkeit von Begriffen und Das Projekt wurde im März 2006 eingereicht. Im Herbst Themenbereichen aus dem Deutschen Bundesnatur- 2008 fand in Hainburg eine drei Tage dauernde mündliche schutzgesetz im Wiener Naturschutzgesetz diskutiert. Verhandlung statt, an der sich Bürgerinitiativen und NGOs rege beteiligten. Gestützt auf das Gutachten eines renom- mierten Sachverständigen für Wasserbau hat die WUA bei dieser Verhandlung auf offene Fragen hingewiesen. Auf Bauführungen im Schutz- Grund der vielen offenen Fragen, die sich im Zuge der mündlichen Verhandlung ergeben haben, wurden von den gebiet Wald- und Wiesen- Behörden und NGOs noch weitere Gutachten in Auftrag gürtel (SWW) sowie im gegeben. Eine abschließende Entscheidung der Behörden Parkschutzgebiet (SPK) aus Niederösterreich und Wien wird im Laufe des Jahres 2010 erwartet. Kollegium Kalksburg Das gesamte Projekte zeichnet sich durch sehr komplexe Wechselwirkungen der einzelnen Maßnahmen aus. Die Im 23. Wiener Bezirk befindet sich im SPK auf dem Ge- WUA war von Beginn an in das Projekt eingebunden, ohne lände der Gesellschaft Jesu das Kollegium Kalksburg hin- aber entscheidend auf das Projekt einwirken zu können. ter dem ein Wohnprojekt umgesetzt werden soll. Als pro- Ähnlich ist es den beteiligten NGOs und Bürgerinitiativen blematisch hat sich der Baustellenverkehr herausgestellt, ergangen. Auf Vorschläge bzw. Gegengutachten wird von da dieser nicht durch den Trakt des denkmalgeschützten Projektwerber- und Behördenseite teilweise zu wenig ein- Patresgebäudes geführt werden kann.
01 Arbeitsschwerpunkte – wichtigste Projekte Der Vorschlag der WUA und der MA 49-Forstamt, den Nach der erfolgreichen Fachtagung organisierte die WUA Baustellenverkehr schlicht übers eigene Gelände hinter im April 2009 eine Veranstaltung für PlanerInnen, Archi- dem Schulgebäude zu führen, wurde wegen der erheb- tektInnen und BauherrInnen. An der Fachveranstaltung lichen Beeinträchtigung des Schulbetriebs durch den Bau- nahmen rund 50 Personen teil. Einleitend erörterte DI Mar- stellenverkehr abgelehnt. tin Rössler von der Biologischen Station Auring Ringelsdorf den aktuellen Stand des Wissens bei der Vermeidung von Ein Teil des Baustellenverkehrs wurde auf dem Grund des Vogelanprall. Diplombiologe Heiko Haupt berichtete von Antragstellers abgewickelt, es war jedoch notwendig auch seinen Untersuchungen am Post-Tower in Bonn, an den in den Stadtwanderweg zu benutzen. Im Naturschutzverfah- einem Jahr über 1000 Vögel anprallten. ren war vor allem Amphibienschutz zu berücksichtigen. Der Wanderweg wurde in diesem Bereich für die Baudauer Referate von Vertretern der Glasindustrie haben gezeigt, umgeleitet. dass die vogelfreundliche Gestaltung von Glasflächen be- reits als Geschäftsfeld erkannt wird und Patente für UV- Beschichtungen und spezielle Lacke eingereicht sind. Von Zufahrt 19. Bezirk, ZahnradbahnstraSSe kreativen ArchitektInnen und DesignerInnen werden die Möglichkeiten der Oberflächengestaltung von Glas bereits Da die gewidmete Zufahrt über Fremdgrund führt und als zusätzliches Ausdrucksmittel eingesetzt. Architekt DI keine Einigung mit dem Eigentümer dieser Liegenschaft Andreas Treusch belegte dies mit der Vorstellung der erzielt werden konnte, suchte ein Bauwerber um Bewilli- Lärmschutzwand Theodor-Körner-Hof, bei der in Zusam- gung einer Zufahrt durch das angrenzende SWW an der menarbeit mit der MA 29-Brücken- und Grundbau vorbild- Zahnradbahnstraße in Wien 19 an. Nach langen Diskussi- licher Vogelschutz umgesetzt wurde. onen von WUA und MA 22-Umweltschutz mit dem Bau- werber wurde schließlich eine Variante bewilligt, bei der als Die Mehrkosten für vogelfreundliches Siebdruckglas betra- Kompensation für die befestigte Zufahrt im SWW eine we- gen cirka 30 Euro pro m², wobei aber für die nachträgliche sentlich größere Fläche des privaten Grünraumes des Bau- Sanierung von „Vogelfallen“ mit Folien 50 bis 120 Euro pro werbers öffentlich nutzbar gemacht wird. Sobald die ge- m² anzusetzen sind. widmete Zufahrt realisiert werden kann, wird die Zufahrt im SWW rückgebaut. Bei der Tagung konnte bei PlanerInnen, ArchitektInnen 18 und BauherrInnen vermehrtes Bewusstsein für die Not- wendigkeiten des Vogelschutzes bei Glasbauwerken und die gestalterischen und technischen Möglichkeiten beim Vogelanprall an Einsatz von Glas als Baustoff geschaffen werden. Wieder- Glasflächen holt wurden gesetzliche Regelungen zur Verhinderung von Vogelfallen gefordert. Die WUA engagiert sich seit nunmehr zehn Jahren für wir- kungsvolle Vogelschutzmaßnahmen an Glasflächen und Positive Beispiele hat deren wissenschaftliche Untersuchung in Österreich initiiert. Mit Partnern aus Verwaltung und Wirtschaft konn- In Wien ist die MA 29–Brücken- und Grundbau nach wie ten bereits mehrere vorbildliche Projekte umgesetzt wer- vor bemüht, Glasbauwerke nach dem aktuellen Stand des den. Prominentestes Beispiel ist die Lärmschutzwand vor Wissens vogelfreundlich zu gestalten. Auch bei der Gesamt dem Theodor-Körner-Hof am Margaretengürtel. instandsetzung der Friedensbrücke wird der durchsichtige Windschutz vogelschlagsicher ausgeführt. Architekt An- dreas Treusch kann auf seine Erfahrung aus der Gestaltung Fach- und Anwendertagung zum Thema des Theodor-Körner-Hofes zurückgreifen. Vogelanprall an Glasflächen Die Ornithologische Fachtagung 2008 und die Anwenderta- Im Rahmen einer Fachtagung der WUA im Februar 2008 gung 2009 haben offensichtlich dazu beigetragen, dass in Wien, referierten renommierte Ornithologen zum Thema dem Thema Vogelanprall an Glasflächen mehr Bedeutung „Vogelanprall an Glasflächen“. Allgemein wird der man- zugemessen wird. In Zusammenarbeit mit der MA 34-Bau- gelnde Wissensstand beim Thema Vogelanprall an Glasflä- und Gebäudemanagement wurde für den gläsernen Verbin- chen in der Bevölkerung, aber auch bei PlanerInnen und dungsgang im Amtshaus Muthgasse ein für Vögel gut sicht- BauträgerInnen betont. Die Schweizerische Vogelwarte hat bares Muster als Folie aufgebracht. BesucherInnen und deshalb gemeinsam mit der WUA die Broschüre „Vogel- MitbenützerInnen des Gebäudes hatten sich zuvor mehr- freundliches Bauen mit Glas und Licht“ verfasst. Die Ta- fach bei der Tierschutzombudsstelle (TOW) und der Gebäu- gung wurde von 50 Interessierten besucht. deverwaltung über tote Vögel beschwert, die an den Glasflä- chen verunglückt waren. Seit die von MA 34, PUMA und
NATURSCHUTZ WUA finanzierten Folien aufgebracht wurden, sind keine das Recht hat, den Sternenhimmel und unbeeinträchtigte Opfer mehr zu beklagen. Nachtlandschaften als Teil der Natur zu erleben. Gefordert wird unter anderem eine Minimierung der negativen Ein- Auch die gläserne Lärmschutzwand am Amtshaus Mariahil- flüsse künstlichen Lichts auf Fauna und Flora. Licht darf im fer Gürtel soll auf Initiative der MA 34 vogelschlagsicher ge- Außenraum nur in der sicherheitstechnisch erforderlichen In- staltet werden. tensität und nur dort eingesetzt werden, wo es notwendig ist. Naturschutzfachlich sensible Lebensräume wie Trockenra- Vorträge der WUA wie vor dem Umweltausschuss des 22. sen und Gewässer sind besonders zu schützen. Bezirks tragen zur Bewusstseinsbildung in dieser Frage bei. Seit der Anwendertagung treffen vermehrt Anfragen von Ar- chitektInnen zur vogelfreundlichen Gestaltung von Glasbau- Ökologische Kriterien für AuSSenbeleuchtungen werken bei der WUA ein. sind aus Sicht der WUA: Neben der Wiener hat auch die Niederösterreichische Um- • In naturschutzfachlich sensiblen Gebieten (z. B. in der weltanwaltschaft die Entwicklung vogelfreundlicher Glasde- Nähe von Gewässern) muss die Beleuchtung hinsicht- signs maßgeblich unterstützt. Vielfach wird in Niederöster- lich Dauer und Intensität auf das sicherheitstechnisch reich bei Lärmschutzwänden bereits vogelschlagsicheres notwendige Minimum beschränkt werden. Glas von der Naturschutzbehörde vorgeschrieben. Nach • Zur Ausleuchtung von Straßen und Wegen sind grund- Wiener Vorbild will nun die Niederösterreichische Landes sätzlich Lampen zu wählen, die soweit technisch mög- akademie eine Informationsveranstaltung zum Thema „Ver- lich nur nach unten strahlen. meidung von Vogelanprall an Glasflächen“ organisieren, • Lampengehäuse müssen insektendicht sein. Zielgruppe sind technische BeamtInnen des Landes Nieder • Bei den Lampen sind jene vorzuziehen, die möglichst österreich und ArchitektInnen. wenig Licht im für Insekten besonders attraktiven 400 nm-Bereich emittieren. • Skybeamer und andere intensive über große Distan- ÖBB und Wiener Linien zen wirkende Beleuchtungen sind wegen ihrer desori- entierenden Wirkung auf Zugvögel abzulehnen. Im Zuge der Bahnhofsinitiative und des Ausbaus des Schie- • Gebäudeanstrahlungen, Effektbeleuchtungen und 19 nennetzes mit zahlreichen Lärmschutzwänden errichten die leuchtende Werbeträger sind auch auf ihre Auswir- ÖBB österreichweit eine Vielzahl von Glasbauwerken. Im- kungen auf die Tierwelt zu untersuchen und im Einzel- mer wieder werden der WUA Kollisionen von Vögeln mit die- fall zu beurteilen. Aus der Sicht des Umweltschutzes sen Glasflächen berichtet. Seitens der ÖBB gab es lange handelt es sich bei dieser Art von Beleuchtung meist Zeit keine Reaktion, obwohl die WUA auf verschiedenen um Energieverschwendung. Ebenen bis zur Konzernleitung interveniert hatte. Seit der Teilnahme eines Referenten der ÖBB bei der Anwenderta- gung der WUA im April 2009 wird zumindest die Informa- Von medizinischer Seite wird darauf hingewiesen, dass der tion zum Thema Vogelschlag an die Leiter der diversen Bau- Einfluss künstlichen Lichts auf den menschlichen Organismus werke weitergeleitet, die Auswirkungen dieser Maßnahme gravierende gesundheitliche Störungen hervorrufen kann. sind aber derzeit noch nicht absehbar. Die vertretenen Gruppierungen und die WUA sind sich da- Wo es in UVP-Verfahren vorgeschrieben wird, rüsten die rin einig, dass Lichtimmission im Außenraum als rechtlich Wiener Linien U-Bahnstationen mit vogelschlagsicherem relevanter Tatbestand eingestuft werden muss. Zur Eindäm- Glas aus. Auch bei der Nachrüstung der U4-Stationen mung der eskalierenden Effektanstrahlungen und Werbebe- wurde vielfach der Vogelschutz berücksichtigt. Leider gibt leuchtungen sind gesetzliche Regelungen zu fordern. es noch immer eine Vielzahl von Vogelfallen unter den Glas- bauwerken der Wiener Linien, zu denen die WUA das Ge- Die WUA ist an der Erstellung einer ÖNORM „Lichtimmis- spräch sucht. sion im Außenraum“ und bei der Ausbildung von Lichttech- nikern am Austrian Standards Institut beteiligt. Auch im Rahmen von Vorträgen wird auf die Umweltauswirkungen von künstlicher Beleuchtung hingewiesen. Lichtverschmutzung Gemeinsam mit UmweltmedizinerInnen, AstronomInnen, En- tomologInnen, OrnithologInnen und TourismusvertreterInnen wurde aufbauend auf der „La Palma Deklaration zum Schutz des Sternenhimmels“ ein „Positionspapier Lichtverschmut- zung“ erarbeitet. Darin wird festgehalten, dass jeder Mensch
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