EIN FILM VON FLORIAN DAVID FITZ - INDIEKINO BERLIN
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WARNER BROS. PICTURES präsentiert eine Produktion von PANTALEON FILMS WARNER BROS. FILM PRODUCTIONS GERMANY ERFTTAL FILM & FERNSEHPRODUKTION und WS FILMPRODUKTION FLORIAN DAVID FITZ MATTHIAS SCHWEIGHÖFER MIRIAM STEIN HANNELORE ELSNER WOLFGANG STUMPH MARIA FURTWÄNGLER und KATHARINA THALBACH als OMA KONASKE Regie FLORIAN DAVID FITZ Produzenten DAN MAAG, MATTHIAS SCHWEIGHÖFER, MARCO BECKMANN Co-Produzenten FLORIAN DAVID FITZ, KLAUS DOHLE Producer DANIEL SONNABEND Drehbuch FLORIAN DAVID FITZ inspiriert von PETRI LUUKKAINENS „My Stuff“ Bildgestaltung BERNHARD JASPER (BVK) Casting FRANZISKA AIGNER Szenenbild CHRISTIAN EISELE Maske CHARLOTTE CHANG (BVM), KATHARINA DE MALOTKI Kostümbild METIN MISDIK Schnitt ANA DE MIER Y ORTUÑO, DENIS BACHTER (BFS) Originalton MARC MEUSINGER Musik ARNE SCHUMANN, JOSEF BACH, CHESTER TRAVIS, JONATHAN KLUTH Sound Design ACHIM HOFMANN Mischung CHRISTIAN BISCHOFF Postproduction Supervisor CHRISTIAN VENNEFROHNE Music Supervisor PEGGY WEIß Project Manager STEPHANIE SCHETTLER-KÖHLER Herstellungsleitung PATRICK ZORER Produktionsleitung DIRK SEIBERT Deutscher Filmstart: 6. Dezember 2018 im Verleih von Warner Bros. Pictures Germany a division of Warner Bros. Entertainment GmbH
3 inhaltsverzeichnis | 100 dinge INHALT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .4 LANGINHALT .............................................................5 ÜBER DIE PRODUKTION . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .7 Freunde und Konkurrenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Eine Berliner Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Ein Mysterium an Frau. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Von Hipstern und Flitzern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Prominente Familienbande. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Die Moral von der Geschichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 DARSTELLER Florian David Fitz, Paul Konaske . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Matthias Schweighöfer, Toni Katz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Miriam Stein, Lucy. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Hannelore Elsner, Renate Konaske. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Wolfgang Stumph, Wolfgang Konaske . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Katharina Thalbach, Oma Konaske . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 HINTER DER KAMERA Florian David Fitz, Regie, Drehbuch, Ko-Produzent. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Matthias Schweighöfer, Produzent. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Dan Maag, Produzent. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Marco Beckmann, Produzent. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Bernhard Jasper, Bildgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 DIE BESETZUNG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 DER STAB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
100 dinge | inhalt 4 Toni liebt seine Espressomaschine. Paul liebt sein Handy. Toni kann nicht INHALT ohne Haarpillen, Paul nicht ohne seine heiligen Sneakers. Aber vor allem kann Paul nicht ohne Toni und Toni nicht ohne Paul. Aber das wissen sie nicht. Immer geht es darum, wer besser oder cooler ist, und das haben sie nun davon: Jetzt sitzen sie da, ohne Möbel, ohne Kleidung, nackt und ver- froren. Und das ist erst Tag eins! 100 Tage, haben sie gewettet, müssen sie auf alles verzichten. Jeden Tag kommt nur ein Gegenstand zurück. Und schon verheddern sie sich in Fragen, die ihnen vorher nie gekommen sind: Was braucht man wirklich? Besitzen wir unsere Dinge oder unsere Dinge uns? Gibt es den freien Willen überhaupt, und wie oft kann man eine Unterhose wenden, bevor sie auf den Sondermüll muss?
5 langinhalt | 100 dinge LANGINHALT Für das junge Start-up-Unternehmen der Freunde Paul Konaske (Florian David Fitz) und Toni Katz (Matthias Schweighöfer) geht es um alles: Seit fünf Jahren tüfteln die beiden Berliner an ihrer App NANA, einer künst- lichen Intelligenz, die jedem Smartphone eine individuelle Stimme und sogar Emotionen und Humor verleiht. Bei einer Präsentation berichtet Paul voller Enthusiasmus der Jury (unter dem Vorsitz von Maria Furtwängler), dass NANA aus dem Smartphone den besten Freund oder die beste Freundin des Nutzers macht. Im Gegensatz zu Paul verbindet Toni mit diesem Poten- zial vor allem kommerzielle Interessen. So hat er Pauls Vertrauen zu NANA (Stimme: Alexandra Schalaudek) ausgenutzt, um heimlich die Wünsche und Interessen des Freundes auszuspionieren. Durch geschickt platzierte Werbung auf seinem Smartphone kaufte Paul in der Versuchsphase stolze 151 Produkte. „Ich fall doch nicht auf meine eigene Erfindung rein“, wehrt sich Paul. Doch letztlich weiß er: NANA hat dazu beigetragen, seine ohnehin ausge- prägte Kaufsucht noch zu verschlimmern. Das imponiert dem jungen US-amerikanischen Internet-Milliardär David Zuckermann (Artjom Gilz), der via Webcam die Präsentation mitverfolgt hat. Er bietet vier Millionen Euro für NANA und will die beiden Erfinder in vier Wochen am Rande einer Computermesse in Berlin treffen. In der kleinen Start-up-Firma knallen die Korken. Programmierer Ronnie (Johannes Allmayer), Sekretärin Betty (Sarah Viktoria Frick) und alle wei- teren Mitarbeiter sind erleichtert, dass sich die schlecht bezahlte Arbeit der letzten Jahre endlich auszahlen wird. Doch die Partystimmung schlägt in Streit um, als sich Paul und Toni gegenseitig vorwerfen, dem Kapitalismus und Konsumrausch vollkommen verfallen zu sein. Denn Toni liebt seine Espressomaschine und kauft Pillen gegen Haarausfall, Paul kann nicht ohne sein Smartphone leben und sammelt Sneakers, die er selten bis gar nicht trägt. Im leicht angetrunkenen Zustand schließen beide eine Wette ab: Sie verzichten 100 Tage auf alles, was sie in ihrem Leben gekauft und gehortet haben, und dürfen auch nichts kaufen! Wer aufgibt oder pfuscht, überschreibt den Mitarbeitern seine 50 Prozent der Anteile am Unternehmen. Deal? Deal! Am nächsten Morgen wachen Paul und Toni nackt in ihrer leeren Wohnung auf. Sie tragen nur einen Schlüssel um den Hals. Langsam dämmert es den beiden, dass sie in der letzten Nacht den Mund zu voll genommen haben. Die Mitarbeiter, so denken die Chefs, werden wohl Verständnis dafür haben, dass die Wette nur ein Scherz war. Doch dann kommt Pro- grammierer Ronnie und erklärt: Das gesamte Hab und Gut aus beiden Wohnungen wurde über Nacht in zwei Lagerräume gebracht. Jeden Tag
100 dinge | langinhalt 6 um Mitternacht darf sich jeder ein Ding zurückholen: „Zwei Socken und zwei Schuhe gelten jeweils als eins. Da sind wir großzügig“, sagt Ronnie. Essen und trinken können die beiden Kontrahenten in der Firma. Am späten Abend rennen Paul und Toni nackt durch Berlin, um zu ihren Lagerräumen zu kommen. Jetzt ist logisches Denken gefragt: Was braucht man am nötigsten im verschneiten Berlin? Paul wählt einen Mantel, Toni nimmt den Schlafsack, der ihn wärmt und das fehlende Bett ersetzt. Pauls Eltern reagieren unterschiedlich auf die ungewöhnliche Aktion. „Wozu?“, fragt Renate Konaske (Hannelore Elsner), doch ihr Mann Wolfgang (Wolfgang Stumph) findet dieses Zeichen gegen den Konsum klasse: „Renate, die Jugend wacht auf!“ Die Eltern fahren an die Ostsee und bitten Paul, ab und zu bei seiner Oma (Katharina Thalbach) vorbeizuschauen. Die wundert sich auch, warum die Jungs solch eine Wette abschließen. „Habt ihr keine Frauen?“, fragt die Oma und reißt damit unverhofft alte Wunden auf. Denn vor vielen Jahren hat Toni seinem Freund Paul die große Schulliebe Anna Kloske ausgespannt. Tag für Tag geht vorbei. Nacht für Nacht kehren die Kontrahenten zu ihren Lagerräumen zurück und wählen jeweils einen Gegenstand aus. In der Nacht treffen Paul und Toni auf die geheimnisvolle Lucy (Miriam Stein), die zwei benachbarte Lagerräume angemietet hat und durch ihren
7 langinhalt/über die produktion | 100 dinge mondänen Kleidungsstil auffällt. „Willst du ein Date mit mir?“, fragt Toni, eigentlich nur, um dem schüchternen Paul zuvorzukommen. Lucy willigt ein, und damit beginnen Tonis Probleme: Er hat nichts anzuziehen, er kann Lucy nicht zum Essen einladen. Und zu allem Überfluss jucken die Augen, weil er seine Kontaktlinsen nicht wechseln kann. Er empfängt Lucy ohne Hose und mit verquollenen Augen. Lucy gefällt das seltsame Date. Da platzt Paul plötzlich in die romantische Stimmung. „Du machst das nur wegen Anna Kloske“, fährt Toni ihn an und macht mehr als deutlich, dass er Lucy verführen will. Sie belauscht das Gespräch, nimmt das Angebot gern an, und sie verbringen eine Liebesnacht zusammen. Für die folgende Nacht lädt sie ihn in ihre Lagerräume ein. Die sind stilvoll eingerichtet, mit Möbeln, Mode und allerlei Accessoires. Die Gefühle überschlagen sich, doch Lucy hat eine Bitte an Toni: Er soll die Nächte genießen, aber sie nicht am Tag sehen und sich keinesfalls auf die Suche nach ihr machen. Der erste Monat der Wette ist vorüber. Die wichtigsten Dinge stehen Paul und Toni schon wieder zur Verfügung, als David Zuckermann seine Ankün- digung wahr macht und das Start-up-Unternehmen besucht. Paul kann es nicht fassen, als Toni am Verhandlungstisch blufft und den Preis für NANA von vier Millionen auf 14 Millionen Euro in die Höhe treibt. Zuckermann willigt ein, und Toni kennt auch den Grund dafür: „Seine Währung sind die Daten.“ Paul will Toni in Erinnerung rufen, dass NANA mit dem Ziel ent- wickelt wurde, Gutes für die Menschen zu tun. Doch Toni ist nur stolz darauf, dass er „dem Kackladen gerade ein Vermögen beschert“ hat. Es kommt zum Bruch zwischen den ehemals besten Freunden. Zu allem Überfluss ist auch noch Pauls Oma in ihrer Wohnung gestürzt und muss ins Krankenhaus. Als er sie besuchen will, macht Paul eine Entdeckung, die viele Erfahrungen der letzten Wochen in einem neuen Licht erscheinen lassen und die Frage aufwirft: Was und wie viel im Leben eines Menschen ist wirklich wichtig? ÜBER DIE PRODUKTION Die Berliner staunten nicht schlecht, als in einer kalten Februarnacht zwei nackte Männer über die Oberbaumbrücke flitzten. Und wer genauer hin- schaute, hatte noch mehr Grund zum Staunen. Die beiden Flitzer entpupp- ten sich als zwei der beliebtesten deutschen Schauspieler der Gegenwart: Florian David Fitz und Matthias Schweighöfer. „Weil wir zu zweit gerannt sind, fand ich die Nacktheit gar nicht so schlimm“, erinnert sich Florian David Fitz an jene Nacht. „Ich glaube, wenn ich allein gerannt wäre, hätte ich das nicht so cool gefunden. Aber das ist ja der Vorteil an der Filmarbeit: Man macht völlig absurde Dinge, die man privat niemals machen würde.“ Matthias Schweighöfer ergänzt: „Ein Freund sagte mir: Du hast echt den
100 dinge | über die produktion 8 coolsten Job der Welt. Wer darf sonst schon einfach mal nackt durch Berlin rennen?“ Aber warum eigentlich? Weil es in „100 Dinge“ um Verzicht geht: um Ver- zicht auf Konsum, Verzicht auf Luxus und eben auch um Verzicht auf Kleidung. Die zweite Zusammenarbeit von Florian David Fitz und Matthias Schweighöfer seit „Der geilste Tag“ (2016) handelt von der Wette der Freunde und Geschäftspartner Paul Konaske und Toni Katz: Wer schafft es, 100 Tage lang auf Konsum zu verzichten? Beide starten nackt in einer leeren Wohnung. Um den Hals tragen sie jeweils nur den Schlüssel der beiden Lagerräume, in denen ihr gesamtes Hab und Gut deponiert ist. Tag für Tag darf jeder nur einen Gegenstand holen und damit sein Leben etwas angenehmer gestalten. „Die entscheidende Frage lautet: Was holt man sich als Erstes?“, sagt Florian David Fitz, der das Drehbuch schrieb und bei „100 Dinge“ auch Regie führte. „Jeder von uns besitzt heute im Schnitt 10.000 Dinge. Doch was davon brauchen wir tatsächlich? Ist die Summe aller Dinge, die wir ständig kaufen und horten, ein Maßstab dafür, wie glücklich wir sind?“ Florian David Fitz stützte sein Drehbuch auf ein Selbstexperiment, das der finnische Filme- macher Petri Luukkainen für seinen Dokumentarfilm „My Stuff“ (2013) durchführte. Ihm fiel auf, dass er in den drei Jahren seit der Trennung von seiner Freundin etliche Dinge angehäuft hatte. Nur als Liebesersatz? Oder weil er sie wirklich brauchte? Also packte er alles in ein Lagerhaus in Helsinki und holte ein Jahr lang täglich nur einen Gegenstand in sein Leben zurück. Luukkainen gefiel die Idee, dass aus seiner Dokumentation, die 2015 auch in ausgewählten Programmkinos in Deutschland lief, ein großer Spielfilm werden sollte, und gab die Einwilligung dazu. „Sein Selbstexperiment war eine großartige Prämisse für einen Film, ich habe daraus aber einen Wettkampf zwischen zwei Freunden gemacht“, sagt Florian David Fitz. „Ein Mann allein, der auf Konsum verzichtet, ist sehr philosophisch, aber nicht zwingend der Stoff für einen Spielfilm, der die Menschen ins Kino lockt.“ Tempo, Witz und Reibung brachte Fitz in sein Drehbuch, indem er zwei Kontrahenten den Konsumverzicht ins Absurde führen lässt, den sie bei einem Solo-Experiment nicht wagen würden. Dieser „Battle“ zwischen Paul und Toni gab Florian David Fitz auch die Möglichkeit, nach zweijähriger Pause wieder mit Matthias Schweighöfer zu arbeiten. „Nach ,Der geilste Tag‘ haben wir jeweils separat Filme gedreht, jetzt wurde es wieder Zeit für ein gemeinsames Projekt“, sagt Florian David Fitz. Matthias Schweighöfer produzierte den Film, gemeinsam mit Marco Beckmann und Dan Maag von PANTALEON Films und Warner Bros. Pictures Germany.
9 über die produktion | 100 dinge FREUNDE UND In „100 Dinge“ spielen Florian David Fitz und Matthias Schweighöfer die KONKURRENTEN Start-up-Unternehmer Paul Konaske und Toni Katz. Sie kennen sich seit frühester Kindheit, da Toni weitgehend in Pauls Elternhaus aufwuchs, wäh- rend seine Mutter durch die Weltgeschichte reiste, um Propaganda für den real existierenden Sozialismus zu machen. „Vermutlich wollte Toni sich an seiner Mutter rächen und wurde zur Ausgeburt des Kapitalismus“, sagt Florian David Fitz über Matthias Schweighöfers Rolle. „Er möchte reich werden, um anderen und sich selbst zu beweisen, was für ein toller Kerl er ist.“ Dagegen beschreibt Matthias Schweighöfer die Rolle des Paul, den Florian David Fitz spielt, als „herzlichen, notorischen und auch ängstlichen Typ, der viel zu viel nachdenkt und vollkommen abhängig ist von dem kleinen Radius, den er sich selbst steckt“. Florian David Fitz sieht das ähnlich: „Paul hat große Sehnsüchte. Er möchte eigentlich immer glücklich sein und andere Leute glücklich machen. Des- halb hat er NANA fürs Handy entwickelt, eine künstliche Intelligenz, die mit individueller Stimme spricht, lernfähig ist, Humor entwickelt und dem Handy eine ganz eigene Persönlichkeit gibt.“ Es kommt, wie es kommen muss. „Paul verliebt sich in seine eigene Erfindung“, sagt Florian David Fitz. Toni interessiert an NANA nicht die Gefühlsduselei, sondern die Aus- sicht aufs schnelle Geld: „Wenn all die internetabhängigen Menschen ihr Handy als Freund oder Freundin betrachten und dieser Maschine ihre geheimsten Wünsche anvertrauen, lassen sich diese Informationen kom- merziell ausschlachten“, sagt Florian David Fitz. Tatsächlich interessiert sich der junge US-Internet-Milliardär David Zuckermann (Artjom Gilz) für Pauls Erfindung und bietet der jungen Start-up-Firma vier Millionen Euro. Der Konflikt ist vorprogrammiert: Soll NANA die Menschen glücklich machen? Oder soll NANA die Menschen ausspionieren, damit sie noch mehr unnütze Dinge im Internet bestellen, als sie es ohnehin schon heute tun? So schlägt die Freude über den bevorstehenden Millionen-Deal schnell in einen handfesten Streit um, der schließlich zur verhängnisvollen Wette führt: Wer schafft es, 100 Tage lang auf den gewohnten Luxus zu verzichten und Tag für Tag nur ein Ding in sein Leben zurückzuholen, das wirklich wichtig ist? EINE BERLINER Berlin stand früh als Dreh- und Spielort für „100 Dinge“ fest. „Paul und GESCHICHTE Toni haben ein Start-up-Unternehmen und wollen ihre Erfindungen auf den Weltmarkt bringen“, sagt Producer Daniel Sonnabend. „Dafür bietet sich Berlin besser als jede andere deutsche Stadt an.“ Die Hauptmotive in der Hauptstadt sind Pauls und Tonis Wohnungen, die zu Beginn des Films bis zum Anschlag mit schicken Möbeln, Luxusartikeln und Kleidung gefüllt
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11 über die produktion | 100 dinge sind, aber schon nach wenigen Szenen komplett leer sind. „Wir standen vor dem Problem, dass leere Wohnungen eigentlich kein reizvolles Kino- motiv sind, das man sich anderthalb Stunden lang auf der Leinwand anschauen möchte“, räumt Florian David Fitz ein. Doch schon das zweite Motiv, das er gemeinsam mit Szenenbildner Christian Eisele und Kamera- mann Bernhard Jasper besichtigte, erwies sich als Volltreffer. Eine Aikido-Schule in Berlin-Steglitz, die in einem Aufbau auf dem Dach einer ehemaligen Fabrik untergebracht ist, bot durch ihre riesigen Glaswände einen traumhaften Blick auf Berlin. „Wir haben lang und intensiv gekämpft, um dort drehen zu dürfen“, sagt Producer Daniel Sonnabend, „und unser Art Department hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, um aus der Aikido- Schule zwei übereinanderliegende Wohnungen zu machen. Dabei war besonders absurd, dass die aufwendigsten Motive nur für einen Drehtag voll eingerichtet waren, dann komplett leer geräumt werden mussten, um sie sukzessive wieder mit Requisiten zu füllen.“ Für Kameramann Bernhard Jasper erwiesen sich die großen Fensterwände des Hauptmotivs als Segen und Fluch zugleich. Als Segen, weil der unver- baute Blick auf die Hauptstadt sogar aus leeren Wohnungen starke Motive machte. Als Fluch, weil die Beleuchtung eine größere Herausforderung darstellte als bei üblichen Innenmotiven. „Wir mussten nehmen, was an Licht und Wetter da war“, sagt Florian David Fitz. „Im Gegenzug wurden wir aber auch reich beschenkt. An den zehn Drehtagen hatten wir Glück mit der natürlichen Lichtstimmung. Das Wetter hat mitgespielt, was an anderen Drehtagen nicht unbedingt der Fall war.“ Ende Februar, als die erste Klappe fiel, hatte ein harter Winter Berlin noch fest im Griff. Das machte die Dreharbeiten in der Lagerhalle, in der Pauls und Tonis gesamtes Hab und Gut weggesperrt ist, zu einer echten Zitter- partie. Gedreht wurde in einem Parkhaus in Kreuzberg, durch das ein eisiger Wind wehte. „Wir hatten eine Heizung installiert, aber über Nacht wurden die Leitungen geklaut – es ist halt Kreuzberg“, lacht Florian David Fitz. EIN MYSTERIUM Während Pauls und Tonis Lagerräume einfach nur ihren Zweck erfüllen AN FRAU und alle Dinge aus den Wohnungen, von der Zahnbürste bis zur edlen Kaffeemaschine, aufbewahren, gleichen zwei benachbarte Lagerräume einer Berliner Szene-Boutique. Sie sind das verborgene Reich der geheim- nisvollen Lucy, gespielt von Miriam Stein. „Lucy ist ein Mysterium an Frau“, sagt Matthias Schweighöfer. „Sie ist immer nur nachts da, trägt aus- gefallene Klamotten und weckt so natürlich die Neugier der beiden Jungs.“ Florian David Fitz kannte Miriam Stein von gemeinsamen Dreharbeiten für Christian Züberts Komödie „Hin und weg“ (2014) und besetzte sie nun
100 dinge | über die produktion 12 auch für „100 Dinge“. „Miriams prominenteste Eigenschaft ist, dass sie eine unfassbare Ehrlichkeit und Natürlichkeit hat“, sagt Fitz. „Man sympa- thisiert mit Lucy, weil sie ein großes Herz hat, aber man glaubt ihr auch die Probleme, die im Laufe des Films an die Oberfläche treten.“ Miriam Stein beschreibt die gegensätzlichen Seiten ihrer Rolle: „Die Lucy, die der Zuschauer zuerst kennenlernt, ist verspielt, verträumt, fantasievoll, glücklich und extrovertiert. Doch wenn die Nacht endet und der Tag beginnt, ist Lucy unglücklich und einsam.“ Kostümbildner Metin Misdik legte nach langen Gesprächen und vielen Kostümproben mit Miriam Stein Lucys ausgefallenen Kleidungsstil fest, Szenenbildner Christian Eisele stattete Lucys Lagerräume wie einen Spiegel ihrer Seele aus: Kleider ständer voller Marken- und Vintage-Textilien, ein alter Plattenspieler, magische bunte Lichterketten und tausend kleine Accessoires, mit siche- rem Geschmack ausgewählt und liebevoll arrangiert. „Lucy wünscht sich nichts sehnlicher, als jemand anders zu sein, und flüchtet in eine Fantasie- welt“, sagt Miriam Stein. Als sie die beiden Männer kennenlernt, deren Lagerräume an ihr kleines Reich grenzen, lädt sie Toni vorsichtig in ihre Fantasiewelt ein. „Toni fragt Lucy nach einem Date, damit Paul sie nicht bekommt“, beschreibt Florian David Fitz die Konkurrenzsituation zwischen den Freunden. Lucy lässt sich darauf ein und erlebt in Tonis leerer Wohnung einen wahrhaft unvergesslichen Abend: „Weil Toni sein einziges Paar Kontaktlinsen par- tout nicht wechselt, läuft das erste Date komplett aus dem Ruder“, sagt Miriam Stein. „Toni trägt keine Hose, weil er sie gegen eine Sonnenbrille eingetauscht hat, um dahinter seine geschwollenen Augen zu verstecken, und beide sitzen in einer leeren Wohnung auf dem Boden. Ich glaube, jeder normale Mensch würde sich wundern, aber Lucy findet genau das span- nend. So verliebt sie sich in Toni, obwohl sie das gar nicht vorhatte.“ Neben den Lagerräumen und Wohnungen der Protagonisten rückte Kamera VON HIPSTERN mann Bernhard Jasper auch viele markante Berliner Sehenswürdigkeiten UND FLITZERN ins Bild. In der Haupthalle des 2008 stillgelegten Flughafens Tempelhof entstand die Szene mit 350 Hipstern, die allesamt ihre neuesten Erfindungen pitchen wollen. „Die sehen ja alle aus wie wir. Ich dachte, wir sind was Beson- deres“, bemerkt Toni beim Anblick der vielen Bart- und Anzugträger. Nach allen anderen Hipstern dürfen auch Paul und Toni ihre Erfindung NANA präsentieren. Die Jury (unter dem Vorsitz von Maria Furtwängler) reagiert auf die personalisierte Handy-Stimme genauso gelangweilt wie auf alle vorherigen Erfindungen. Doch David Zuckermann, per Webcam aus den USA zugeschaltet, erkennt das weitreichende Potenzial dieser Maschine, die
13 über die produktion | 100 dinge dank Pauls Erfindung menschliche Züge zeigt, und will die beiden Start- up-Unternehmer zur Vertragsunterzeichnung in Berlin treffen. NANA, im Film gesprochen von Alexandra Schalaudek, ist Zuckermann vier Millionen Euro wert. Für die Rolle des ebenso kumpelhaften wie berechnenden US-Milliardärs hatte Casting-Agentin Franziska Aigner zunächst nach einem amerikanischen Muttersprachler gesucht. Letztlich ging die Rolle an Artjom Gilz, der 1987 in der damaligen Sowjetunion zur Welt kam und in Berlin aufwuchs. „Artjom spricht so perfekt amerikanisches Englisch, dass ihn selbst am Set alle für einen Amerikaner hielten“, sagt Producer Daniel Sonnabend. „Er behielt die Sprache auch in den Pausen und im Catering bei, damit sich nicht der Hauch eines deutschen Akzents ein- schleichen konnte. Erst bei der Abschiedsfeier stellten viele im Team fest, dass Artjom Deutscher ist.“ Oberbaumbrücke, Kottbusser Tor, East Side Gallery: Die Szene, in der Paul und Toni am ersten Tag ihrer 100-Dinge-Wette nackt durch Berlin flitzen müssen, zeigt viele bekannte Orte der Hauptstadt. „Wir haben uns im Vor- feld gefragt: Wo in Berlin ist es maximal unangenehm, wenn man an öffentlichen Plätzen nackt rumlaufen muss?“, sagt Daniel Sonnabend. Die Antwort lautete: an viel besuchten Sehenswürdigkeiten und viel befahrenen Hauptverkehrsadern. „Wir haben die Bürgersteige mit Kehrmaschinen gereinigt, damit die Schauspieler nicht in Scherben oder Müll treten, und auch mehr Blocker eingesetzt als bei normalen Dreharbeiten“, sagt der Producer, „aber eine komplette Sperrung ist an solchen Orten in Berlin sehr schwierig.“ Auf der Oberbaumbrücke, die nicht erst seit „Lola rennt“ (1998) zu den berühmtesten Drehorten Berlins gehört, konnte zum Bei- spiel nur eine Fahrbahn gesperrt werden, damit der Kamerawagen parallel zu Florian David Fitz und Matthias Schweighöfer fahren konnte. Gleich daneben waren die Berliner mit Autos und Fahrrädern unterwegs und bekamen das seltene Schauspiel zweier prominenter Flitzer geboten. „Bei Minusgraden nackt durch Berlin zu laufen ist eine Erfahrung, die ich so schnell nicht vergessen werde“, betont Matthias Schweighöfer, der besonders vor der Szene an der East Side Gallery Respekt hatte: „Normaler- weise hat uns die Kamera relativ von der Seite gefilmt und dadurch einen gewissen Schutz geboten. Aber als wir an der East Side Gallery entlang der Mauer rannten, blieb die Kamera weit hinter uns. Da werden uns außen- stehende Beobachter für ganz normale Flitzer gehalten haben.“ Florian David Fitz nahm die Nacktheit gelassen hin: „Was willst du machen? Bei Dreharbeiten hat man ja keine Wahl, wenn das Drehbuch eine bestimmte Szene vorgibt. Bei ,Der geilste Tag‘ musste ich kopfüber an einem Kran hängen. Bei ,100 Dinge‘ mussten wir uns halt ausziehen. Wir hatten zwar
100 dinge | über die produktion 14 zwei Jungs am Set, die uns in sehr weiten Einstellungen hätten doubeln können, aber am Ende haben Matthias und ich gesagt: Komm, das machen wir selber! Es hat ja auch irgendwie Spaß gemacht.“ Gleich zu Beginn von „100 Dinge“ wirft der Film einen Blick in die Ver- PROMINENTE gangenheit: Was brauchten frühere Generationen, um leben zu können? FAMILIENBANDE Die Urgroßeltern besaßen im Schnitt 57 Dinge, die Großeltern 200 und die Eltern 600. Stellvertretend für jede Generation zeigt der Film auch Paul Konaskes Oma und seine Eltern. „Es gab keine lange Diskussion darüber, dass Katharina Thalbach die Oma spielen sollte, auch wenn die Masken- bildnerinnen sie deutlich älter machen mussten, als sie im wahren Leben ist“, sagt Producer Daniel Sonnabend. Als die Oma im Jahr 1945 aus Ost- preußen übers Haff fliehen musste, durfte sie nur einen einzigen Koffer mitnehmen: „Wir waren jung, wir haben überlebt, das war schon ziemlich viel“, sagt Katharina Thalbach in ihrer Rolle. Enkel Paul, im Wohlstand aufgewachsen und abhängig von den Verlockungen der Online-Händler und Markenhersteller, wird angesichts des früheren Minimalismus ein wenig neidisch: „Bei euch war alles einfacher, ihr hattet nichts, ihr wart glücklich. Wir haben keinen Grund, unglücklich zu sein. Ihr hattet wenigs- tens den Krieg.“ Florian David Fitz besetzte seine Filmfamilie bewusst mit großen Namen: „Die Oma und die Eltern stehen jeweils für eine ganze Generation und deren Lebensträume, für deren Streben nach Glück. Deshalb war es mir wichtig, dass sie in ihren kurzen Auftritten eine komplette Biografie verkörpern. Das heißt: Der Mensch muss durch pure Anwesenheit eine Geschichte erzählen können. Und das ist bei Katharina Thalbach ebenso der Fall wie bei Hannelore Elsner und Wolfgang Stumph.“ Schon als er das Drehbuch schrieb, hatte Florian David Fitz Hannelore Elsner, die bereits in „Hin und weg“ (2014) seine Filmmutter spielte, und Wolfgang Stumph als Pauls Eltern Renate und Wolfgang Konaske vor Augen. „Die Kombination ist eher ungewöhnlich, weil beide sehr gegensätzliche Persönlichkeiten sind“, sagt Florian David Fitz, „aber wenn man sie zusammen auf der Leinwand erlebt, sind sie ein großartiges Paar.“ Wolfgang Konaske feiert Pauls und Tonis Absicht, 100 Tage lang dem Konsum abzuschwören, als politische Aktion: „Endlich kommt ihr in die Puschen“, lobt er die beiden „Teufelskerle“ und stellt erleichtert fest: „Renate, die Jugend wacht auf!“ Der Vater fühlt sich an seine eigene Vergangenheit erinnert. „Er träumt noch ein bisschen von der Zeit, als er politisch aktiv war und für ein besseres Leben für alle kämpfte“, sagt Wolfgang Stumph. „Ihm ist das nach dem Fall der Mauer leider nicht gelungen, aber jetzt deutet er die Wette der beiden Jungs als ein Plädoyer gegen den
15 über die produktion | 100 dinge Kapitalismus: Es gibt wichtigere Dinge im Leben als Höher, Schneller, Wei- ter und Mehr! Das deckt sich auch mit meiner persönlichen Überzeugung.“ Hannelore Elsner kritisiert das Konsumverhalten, das ihr Filmsohn Paul zu Beginn von „100 Dinge“ zeigt: „Er hat ein ganzes Zimmer voller neuer Turnschuhe. Im Grunde benutzt er sie gar nicht, er will sie nur kaufen und
100 dinge | über die produktion 16 besitzen. Aus Sicht seiner Mutter ergibt das keinen Sinn. Denn sie stammt noch aus einer Generation, die weniger Dinge besessen hat, diese aber umso mehr nutzte, pflegte und liebte.“ Seit Florian David Fitz für sein Regiedebüt „Jesus liebt mich“ (2012) erstmals mit Hannelore Elsner arbeitete, ist er ein Fan der Schauspielerin: „Hannelore ist einer der größten Schätze, die wir in Deutschland haben. Es gibt keine andere Schauspielerin, die so ist wie sie. Sie bringt etwas Blühendes, Blumiges, Verspieltes und sehr viel Seele mit. Ich war auch diesmal wieder begeistert, mit welcher Leidenschaft sie die Rolle der Mutter gespielt hat.“ Hannelore Elsner gibt das Lob an Florian David Fitz zurück: „Es hat mir große Freude bereitet, ein Teil dieses Projektes zu sein. Florian hat die Dialoge auf den Punkt geschrieben, und ich mag die Art, wie er Regie führt. Sein Blick, mit dem er die Schauspieler fixiert, ist einmalig. Ich habe ihm gesagt, den Blick muss er auch als Schauspieler nutzen. Der ist so intensiv und analysierend, durchdringend und trotzdem freundlich unterstützend.“ Hannelore Elsner gefiel die Atmosphäre, die Florian David Fitz und Matthias Schweighöfer am Set schafften: „Im Grunde sind die beiden wie 15-Jährige. Die kabbeln sich und streiten sich und lachen miteinander. Das gefällt mir gut, denn es färbt auf das ganze Team ab.“ Auch Wolfgang Stumph schwärmt rückblickend von der „Fröhlichkeit, Leichtigkeit und Jugendlichkeit“, die bei den Dreharbeiten herrschte. „Ich habe die Rolle angenommen, weil ich neugierig war auf Florian David Fitz und Matthias Schweighöfer“, sagt Wolfgang Stumph. „Sie sind nicht nur Schauspieler, sondern auch Regisseure, Produzenten und Autoren, die selbstbestimmt ihre Ideen umsetzen. Das imponiert mir, weil das auch das Prinzip meiner Karriere war. Ich wollte nie für die Ideen anderer benutzt werden, sondern immer eigene Ideen verwirklichen.“ Miriam Stein ergänzt: „Florian und Matthias schaukeln sich gegenseitig auf ein gutes Energie level hoch. Das hat man schon bei ,Der geilste Tag‘ gemerkt, dass beide vor und hinter der Kamera sehr gut harmonieren. Matthias bringt dieses komö- diantische Talent und dieses Tempo mit. Und Florian ist als Autor quasi der Geburtshelfer des ganzen Projektes. Es ist sein Baby, und deshalb steckt sehr viel Herz und Leidenschaft in seiner Arbeit.“ Matthias Schweighöfer vergleicht die Energie, die er und Florian David Fitz auf der Leinwand freisetzen, mit der Energie von Jack Lemmon und Walter Matthau in deren früheren Komödien. „Wir sind wie Omi und Opi, aber irgendwie auch die coolen Dudes von nebenan“, sagt Schweighöfer. „Wir sind beide Schauspieler, führen beide Regie und schreiben beide Dreh bücher. Wenn wir etwas zusammen machen, bringt jeder sein Bestes ein, um daraus einen guten Film zu machen.“ Florian David Fitz betont, dass
17 über die produktion | 100 dinge er Matthias Schweighöfer durch die Dreharbeiten zu „Der geilste Tag“ und vor allem durch die anschließende gemeinsame Kinotour besonders gut kennengelernt hat: „So entwickelt man ein Gefühl für den anderen. Ich muss nur einen Raum betreten und Matthias sehen, dann weiß ich sofort, wie es ihm geht und wie die Stimmung ist. So konnten wir bei diesem Projekt freundschaftlich miteinander umgehen, aber manchmal auch här- ter, wenn es die Arbeit erforderte. Als Regisseur kann ich sehr streng sein, und Matthias muss dann darunter leiden. Aber alles in allem genieße ich sein Vertrauen, weil er ,Der geilste Tag‘ mochte und weiß, dass meine Regieanweisungen ihm auch guttun. Wir haben aber schon im Scherz gesagt, dass wir den Spieß irgendwann mal umdrehen müssen. Dann führt er Regie – und ich muss alles tun, was er mir sagt.“ DIE MORAL VON Nach 30 Drehtagen in Berlin und fünf Drehtagen in Mitteldeutschland fiel DER GESCHICHTE am 30. April 2018 die vorerst letzte Klappe. Allerdings sahen sich Florian David Fitz, Matthias Schweighöfer, Miriam Stein und ein kleines Team noch einmal am 23. Mai für den 36. und definitiv letzten Drehtag. Der fand in Polen statt, auf einer Düne an der Ostsee. Inzwischen hatten die Cutter Denis Bachter und Ana de Mier y Ortuño große Teile des Films geschnitten. 18 ausgewählte Musiktitel, vom gecoverten George-Michael-Nummer-eins- Hit „Faith“ über den britischen Singer-Songwriter Roo Panes bis zu Deich- kinds Partyhymne „Remmidemmi“, unterstreichen die Stimmung der ein- zelnen Szenen. Das Berliner Komponistenduo Arne Schumann und Josef Bach schrieb den Filmscore. Weitere Stücke trugen Chester Travis und Jonathan Kluth bei. „Der Zuschauer darf sich auf Florian David Fitz und Matthias Schweighöfer freuen, unterstützt von weiteren hochkarätigen Schauspielern“, verspricht Producer Daniel Sonnabend. „Man kann viel lachen, es wird sehr berührend, denn es geht im Film um Freundschaft, um Liebe und um ein ernstes, relevantes Thema: den Konsumverzicht in einer Zeit, in der wir uns nur allzu gern zum Konsum verführen lassen.“ „100 Dinge“ hat einen Grundton, der den Film von anderen Kinokomödien unterscheidet: „Florian scheut nicht vor Slapstick zurück, aber die Tonalität seiner Filme mischt das Beste aus den beiden Welten Komödie und Drama“, sagt Daniel Sonnabend und betont: „Filme wie ,Der geilste Tag‘ und ,100 Dinge‘ sind beste Unterhaltung, haben aber auch immer gesellschaftliche Relevanz.“ Florian David Fitz stellt klar: „Wenn ein Film eine Botschaft hat, klingt das ein bisschen nach Schulfernsehen. Ich würde sagen: ,100 Dinge‘ hat eine Moral, weil ich ein moralischer Mensch bin. Aber wir sagen nicht: Wirf
100 dinge | über die produktion 18 dein Handy weg, und entsage allen irdischen Gütern, damit du ein glück- licher Mensch wirst! Das wäre Unsinn. Wir bieten keine Lösungen, aber wir stellen Fragen und regen zum Nachdenken an.“ Im Film erkennt Toni, warum die Menschen ständig Dinge kaufen: „Weil’s glücklich macht!“ Lucy hinterfragt diese These: „Das bedeutet doch im Umkehrschluss, dass wir nicht glücklich sind.“ Genau darin sieht Toni den Schlüssel zum kommerziellen Erfolg: „Keiner darf glücklich sein, sonst läuft der Laden nicht.“ Das Internet, der Versandhandel, die Werbung, die Warenhäuser und der Welthandel leben davon, dass die steinzeitlichen Triebe nach Jagen, Sammeln und Horten bis zum Exzess ausgelebt und ausgenutzt werden. „Die längste Zeit hatten die Menschen überhaupt keine Wahl, wie sie leben und was sie besitzen wollen. Sie mussten schauen, dass sie überhaupt leben“, sagt Florian David Fitz. „Aber der Mensch hat trotz- dem immer Wege gesucht, sein Glück zu finden. Es gab die Religion, dann gab es ein Jahrhundert der Ideologien. Der Sozialismus hat nicht so richtig geklappt. Als letzte Heilsidee blieb dann der Kapitalismus, der die Men- schen bei ihrer Gier packt. Wir sind ein Homo oeconomicus, ein wirtschaft- licher Mensch. Doch allmählich kommen wir an einen Punkt, an dem wir erkennen, dass der Mensch mehr braucht als Konsum.“ Matthias Schweighöfer kann diese These unterschreiben: „Heutzutage besitzt der Mensch wirklich extrem viele Dinge. Und ich denke, die meisten davon braucht er gar nicht. Umso schöner finde ich, dass der Film unser Konsumverhalten hinterfragt. Schließlich sollte es immer nur darum gehen, welche Eigenschaften ein Mensch hat, und nicht darum, wie viele Dinge er kauft und hortet.“ Miriam Stein gefällt, wie Florian David Fitz diese Erkenntnis in den Film eingewoben hat: „Der Zuschauer spürt, dass die Moral von der Geschichte nicht noch schnell ans Ende gepackt wurde, um dem Film einen Sinn zu geben. Die Message, dass wir in einem unfass- baren Überfluss leben, aber auf die meisten Dinge verzichten könnten, baut sich Stück für Stück auf, wenn wir Paul, Toni und Lucy bei ihren Erfolgen und Niederlagen zuschauen.“ „Es geht um Ehrgeiz, Geldgier, Erfolgsdruck und um eine Freundschaft, die genau daran zu zerbrechen droht“, fasst Hannelore Elsner „100 Dinge“ zusammen. Ihr Filmpartner Wolfgang Stumph kommt zu dem Schluss: „Wir brauchen keine 100 und schon gar nicht 10.000 Dinge, um glücklich zu sein. Ich glaube, man braucht überhaupt nur drei: Familie, gute Freunde und Gesundheit. Alle anderen Dinge sind nur Beigaben, die einem das Leben angenehmer machen, die in ihrer Fülle aber auch belastend sein können.“
19 darsteller | 100 dinge DARSTELLER Florian David Fitz, geboren 1974 in München, ging nach dem Abitur 1994 in die USA, um am Boston Conservatory Musik und Theater zu studieren. FLORIAN DAVID FITZ Neben dem Uni-Alltag schrieb er mehrere Quartette und gründete eine Paul Konaske A-capella-Gruppe. Das Studium schloss er 1998 als Bachelor of Fine Arts ab und tourte als Mitglied einer englischen Theatergruppe mit „The Rocky Horror Picture Show“ durch Italien, Österreich, die Schweiz und Deutsch- land. Seine musikalischen Fähigkeiten konnte er unter anderem als Sänger des Songs „Weit weg von hier“ für den Disney-Kinofilm „Tiggers großes Abenteuer“ unter Beweis stellen. Bereits 2001 wurde er für seine schau- spielerische Leistung in „Verdammt verliebt“ mit dem Rising Movie Award beim Münchner Filmfest geehrt. Es folgten Rollen in quotenstarken Fern- sehformaten wie „Polizeiruf 110“, „Der Bulle von Tölz“, „Soko 5113“ oder „Berlin, Berlin“, aber auch in ambitionierten Kinoproduktionen wie „3 Grad kälter“ (2004) oder „Leon & Lara“ (2006). Im viel gelobten Fernsehfilm „Meine verrückte türkische Hochzeit“ spielte Florian David Fitz einen jungen Mann, der sich in eine junge Türkin ver- liebt, die bereits einem anderen Mann versprochen wurde. Die Rolle brachte ihm 2007 den Adolf-Grimme-Preis als Bester Hauptdarsteller ein. In der Fernsehkomödie „Fast ein Volltreffer“ (2007) spielte er einen Kunst- studenten, der zum Kunstfälscher wird. In drei Staffeln der RTL-Serie „Doctor’s Diary“ (2007 bis 2010), die mehrfach mit dem Deutschen Comedy preis ausgezeichnet wurde, übernahm Fitz eine der Hauptrollen als sym- pathisch-arroganter Arzt Marc Meier. Auch in Friedemann Fromms Drei- teiler „Die Wölfe“ spielte er 2009 eine der Hauptrollen. Anschließend stand er für Simon Verhoevens Kinokomödie „Männerherzen“ vor der Kamera. Der prominent besetzte Ensemblefilm gehörte mit 2,4 Millionen Zuschauern zu den größten deutschen Kinohits des Jahres 2009. Florian David Fitz schrieb das Drehbuch zum Kinofilm „Vincent will Meer“ (2010), der unter der Regie von Ralph Huettner entstand und in dem Fitz die männliche Hauptrolle spielte. Der Film hatte über eine Million Zuschauer und gewann den Deutschen Filmpreis in der Kategorie Bester Film. Fitz selbst gewann die Trophäe als Bester Hauptdarsteller. Unter der Regie von Detlev Buck spielte er in der Bestsellerverfilmung „Die Vermes- sung der Welt“ (2012) den Mathematiker Carl Friedrich Gauß. Mit „Jesus liebt mich“ legte Florian David Fitz seine erste, viel beachtete Regie-Arbeit vor. Der Film startete Weihnachten 2012, neben Fitz in der Hauptrolle spielten Jessica Schwarz, Henry Hübchen und Hannelore Elsner. Es folgten Hauptrollen in Holger Haases „Da geht noch was“ (2013), Vanessa Jopps „Lügen und andere Wahrheiten“ (2014), Christoph Hochhäuslers „Die Lügen der Sieger“ (2014) und Christian Züberts Roadmovie „Hin und weg“
100 dinge | darsteller 20 (2014). Für „Der geilste Tag“ (2016) schrieb Florian David Fitz das Dreh- buch, führte Regie und übernahm neben Matthias Schweighöfer die Haupt- rolle. Der Film hatte mehr als 1,7 Millionen Zuschauer. Im Oktober 2016 sahen 6,88 Millionen Zuschauer Florian David Fitz als Hauptdarsteller in Lars Kraumes Fernsehfilm „Terror – Ihr Urteil“ nach dem gleichnamigen Theaterstück von Ferdinand von Schirach. Im deutsch-österreichischen Fernsehfilm „Kästner und der kleine Dienstag“ (2016) spielte er den Autor Erich Kästner. Ebenfalls 2016 startete Simon Verhoevens „Willkommen bei den Hartmanns“. Die mit 3,8 Millionen Zuschauern erfolgreichste deut- sche Komödie des Jahres wurde unter anderem mit dem Deutschen Film- preis, dem Bayerischen Filmpreis, dem Deutschen Comedypreis, dem Bambi, dem Jupiter und dem Friedenspreis des Deutschen Films ausge- zeichnet. Zuletzt war Florian David Fitz in Sönke Wortmanns Komödie „Der Vorname“ (Oktober 2018) an der Seite von Christoph Maria Herbst, Caroline Peters und Justus von Dohnányi zu sehen. Matthias Schweighöfer, 1981 in Anklam geboren, zählt zu den markantes- MATTHIAS SCHWEIGHÖFER ten deutschen Schauspielern der Gegenwart. In kürzester Zeit hat er sich Toni Katz mit Fernsehfilmen wie „Babykram ist Männersache“ (Regie: Uwe Janson), „Verbotenes Verlangen“ (Zoltan Spirandelli), „Mein Vater, die Tunte“ (Uwe Janson) und dem märchenhaften „Küss mich, Frosch“ (Dagmar Hirtz), für den es eine Emmy®-Nominierung gab, in die A-Liga gespielt. Seine künstle- rische Arbeit wurde im Jahr 2000 von der Jury des Deutschen Fernsehpreises mit dem Förderpreis gewürdigt. 2002 gehörte er zum Ensemble von Martin Eiglers hochgelobtem Kino- regiedebüt „Freunde“ und spielte an der Seite von Tom Schilling in „Herz im Kopf“ (Michael Gutmann). Im selben Jahr wurde Dominik Grafs „Die Freunde der Freunde“ beim Münchner Filmfest uraufgeführt. Der Film lief im Programm der ARD und wurde mit dem Adolf-Grimme-Preis ausgezeichnet. Für diese Rolle und für die Rolle des Ben in „Soloalbum“ erhielt Matthias Schweighöfer 2003 die Goldene Kamera als Bester Nach- wuchsschauspieler. Auch die Leserinnen und Leser des Magazins Bunte kürten ihn zum beliebtesten Nachwuchsschauspieler. Außerdem startete „Die Klasse von ’99“ im Kino. Dominik Grafs „Kalter Frühling“ und Uwe Jansons Brecht-Adaption „Baal“ gehörten 2004 zu den Fernsehereignissen des Jahres. Im Kino war Matthias Schweighöfer in „Kammerflimmern“ (Hendrik Hölzemann) zu sehen und gewann für seine Rolle den Bayeri- schen Filmpreis als Bester Nachwuchsdarsteller. 2005 spielte er die Titel- rolle in der viel beachteten Fernsehbiografie „Schiller“ (Martin Weinhart) und erhielt den Undine Award. Auf der Leinwand wirkte er in Tomy Wigands
21 darsteller | 100 dinge „Polly Blue Eyes“ mit. Als Jack the Ripper war Schweighöfer in Uwe Jansons Fernsehadaption von Wedekinds „Lulu“ im März 2006 auf Arte zu sehen. 2007 trat Schweighöfer als Rainer Langhans in dem Uschi-Obermaier-Biopic „Das wilde Leben“ (Achim Bornhak) auf. Diese Rolle brachte ihm den Bambi und seinen zweiten Undine Award ein. In Til Schweigers Kinoerfolg „Keinohrhasen“ wirkte er als Boulevardfotograf mit. Dieselbe Rolle spielte er zwei Jahre später in der erfolgreichen Fortsetzung „Zweiohrküken“. Unter der Regie von Nikolai Müllerschön war er als „Der rote Baron“ Manfred von Richthofen im Kino zu sehen. Außerdem trat er neben Joseph Bierbichler in „Der Architekt“ auf. Neben Tom Cruise wirkte er im Stauffenberg-Epos „Operation Walküre – Das Stauffenberg-Attentat“ („Valkyrie“) und neben Danny Glover in „Night Train“ (Brian King) mit. 2009 feierte Schweighöfer einen großen Erfolg mit der Titelrolle im TV-Biopic „Mein Leben – Marcel Reich-Ranicki“. Dafür bekam er seine zweite Goldene Kamera in der Kategorie Bester deutscher Schauspieler. Zudem spielte er den Gödeke Michels in „12 Meter ohne Kopf“. 2010 spielte Schweighöfer an der Seite von Friedrich Mücke in Markus Gollers „Friendship!“. Neben Christian Tramitz war er in der Komödie „3faltig“ zu sehen. Großen Anklang fand seine Darbietung unter der Regie von Florian Schwarz in der „Tatort“-Episode „Weil sie böse sind“. Eine weitere populäre Rolle spielte Matthias Schweighöfer 2011 in Detlev Bucks „Rubbeldiekatz“, ausnahmsweise in Frauenkleidern. Es folgte die Best- sellerverfilmung „Russendisko“ und eine Selbstparodie in Til Schweigers „Kokowääh 2“. Gemeinsam mit Til Schweiger übernahm er auch Sprech rollen in den Animationsfilmen „Keinohrhase und Zweiohrküken“ sowie in „Der kleine Prinz“ („The Little Prince“). Außerdem synchronisierte er den Titelhelden im Animationsfilm „Robinson Crusoe“ (2016). Schweighöfers Regiedebüt, die Komödie „What a Man“, erwies sich 2011 als Riesenhit – er übernahm selbst die Hauptrolle und verfasste (mit Doron Wisotzky) das Drehbuch. Seine zweite Regiearbeit „Schlussmacher“ bestä- tigte 2013 sein außergewöhnliches Talent: Fast 2,5 Millionen Zuschauer sahen die Komödie im Kino. Im Oktober 2013 war er in der Komödie „Frau Ella“ (Regie: Markus Goller) zu sehen. Mit „Vaterfreuden“ startete 2013 seine dritte Regiearbeit direkt auf Platz eins in den deutschen Kinos. Er war in der Hauptrolle an der Seite von Friedrich Mücke, Tom Beck und Isabell Polak zu sehen. „Vaterfreuden“ erreichte mehr als 2,3 Millionen Zuschauer. Der Film wurde mit dem Bogey Award und dem Jupiter Award ausgezeichnet. Seine Erfolgsserie konnte Schweighöfer 2015 fortsetzen und startete direkt auf Platz eins der deutschen Kinocharts: In „Der Nanny“ spielte er neben
100 dinge | darsteller 22 Milan Peschel die Hauptrolle, übernahm abermals die Regie und trat auch als Produzent in Erscheinung. 2016 kam Schweighöfers Hit-Produktion „Der geilste Tag“ in die Kinos, in der er neben Regisseur Florian David Fitz auch eine Hauptrolle übernahm. In Wolfgang Petersens Komödie „Vier gegen die Bank“ war er neben Til Schweiger, Jan Josef Liefers und Michael Bully Herbig zu sehen. Danach spielte er in der ebenfalls von ihm produ- zierten Komödie „Hot Dog“ neben Til Schweiger. 2017 landete Schweig- höfer als Produzent und Hauptdarsteller der innovativen Amazon-Thril- ler-Serie „You Are Wanted“ einen weltweiten Online-Hit. Die zweite Staffel wurde im Mai 2018 veröffentlicht. Miriam Stein wurde 1988 in Wien geboren. Mit elf Jahren stand sie erst- MIRIAM STEIN mals für die Titelrolle in Peter Reichenbachs „Das Mädchen aus der Fremde“ Lucy vor der Kamera. Ihre Darstellung eines verstörten Flüchtlingskindes aus dem Kosovo brachte ihr 2001 den Förderpreis des Deutschen Fernsehpreises ein. Von 2006 bis 2009 studierte Miriam Stein an der Zürcher Hochschule der Künste und erwarb den Bachelor of Arts in Theater. Es folgte ein Auslands- jahr am Pariser Conservatoire National Supérieur d’Art Dramatique. Einem großen Publikum wurde sie durch Philip Stölzls Liebesdrama „Goethe!“ (2010) bekannt. Für ihre Rolle als ungestüme Lotte Buff erhielt sie den New Faces Award als Beste Nachwuchsschauspielerin. Hermine Huntgeburths Romanverfilmung „Neue Vahr Süd“, in dem Miriam Stein neben Frederick Lau spielte, wurde 2011 mit dem Adolf-Grimme- Preis und dem Bayerischen Fernsehpreis ausgezeichnet. In Markus Imbodens Drama „Der Verdingbub“ (2011), ausgezeichnet mit dem Prix Walo und dem Schweizer Fernsehpreis, spielte Miriam Stein die Lehrerin Esther. Es folgten eine Rolle als Marianne Sägebrechts Filmenkelin Martina in Tomy Wigands Komödie „Omamamia“ (2012) und eine durchgehende Rolle als Ärztin in der österreichischen Fernsehserie „Vier Frauen und ein Todesfall“ (2012 bis 2016). In Philipp Kadelbachs viel beachtetem Fernseh- mehrteiler „Unsere Mütter, unsere Väter“ (2013) spielte Miriam Stein die Krankenschwester Charlotte. Das Ensemble, dem auch Volker Bruch, Tom Schilling, Katharina Schüttler und Ludwig Trepte angehörten, erhielt den Bayerischen Fernsehpreis. Der Mehrteiler wurde mit dem Deutschen Fern- sehpreis, der Goldenen Kamera, dem Jupiter und dem International Emmy Award ausgezeichnet. Christian Züberts Roadmovie „Hin und weg“ markierte 2014 die erste Zusammenarbeit mit Hauptdarsteller Florian David Fitz. Im selben Jahr nahm Miriam Stein den österreichischen Film- und Fernsehpreis Romy als beliebteste Schauspielerin entgegen. Unter der Regie von Wolfgang
23 darsteller | 100 dinge Murnberger spielte sie im Filmdrama „Kleine große Stimme“ (2015) sowie in den „Landkrimi“-Folgen „Steirerblut“ (2014) und „Steirerkind“ (2017). Im Historienzweiteiler „Gotthard“ (2016) spielte Miriam Stein die weib liche Hauptrolle. Die bislang aufwendigste Produktion des Schweizer Fern- sehens über den Bau des ersten Gotthardtunnels gewann unter anderem den Prix Walo. Zuletzt stand Miriam Stein für Matti Geschonnecks Fern- sehmehrteiler „Unterleuten“, basierend auf einem Roman von Juli Zeh, vor der Kamera, der 2019 im ZDF ausgestrahlt wird. HANNELORE ELSNER Hannelore Elsner zieht mit ihrer Schauspielkunst seit Jahrzehnten ein Renate Konaske großes Publikum in ihren Bann und inspiriert die wichtigsten deutschen Autoren und Regisseure zu immer neuen Meisterwerken. Das gilt beson- ders für jene Rollen, die speziell für sie geschrieben wurden, zum Beispiel die in Oskar Roehlers „Die Unberührbare“ (2000) und Oliver Hirschbiegels „Mein letzter Film“ (2002). In beiden Fällen wurde sie als Beste Haupt darstellerin mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet. Für ihre Rolle in Doris Dörries „Kirschblüten – Hanami“ (2008) wurde sie als Beste Neben- darstellerin für den Deutschen Filmpreis nominiert. Hannelore Elsner gewann in ihrer Karriere weitere hochrangige Auszeich- nungen, darunter den Adolf-Grimme-Preis, den deutschen Kritikerpreis, den Bambi, den Telestar, die Goldene Kamera, den Bayerischen Filmpreis und den Preis als Beste Hauptdarstellerin auf internationalen Filmfestivals in Monte Carlo, Chicago und Istanbul. Zudem erhielt sie das Bundes verdienstkreuz 1. Klasse, den Bayerischen Verdienstorden und die Ehren- preise des Bayerischen Filmpreises, des Bayerischen Fernsehpreises sowie des Hessischen Film- und Kinopreises. 2015 erhielt sie den öster- reichischen Film- und Fernsehpreis Romy als beliebteste Schauspielerin, 2016 den Askania Award. Die 1942 im bayerischen Burghausen geborene Tochter eines Ingenieurs wuchs in München auf und arbeitete nach Abschluss ihrer Schauspielaus- bildung an Theatern in München und Berlin. Im Alter von 17 Jahren gab sie ihr Filmdebüt als Partnerin von Freddy Quinn in „Freddy unter fremden Sternen“ (1959) und wirkte ab 1968 in der Kinokomödienreihe „Die Lümmel von der ersten Bank“ mit. Ihre großen Fernsehrollen reichen zurück bis in die 1960er-Jahre, als Jürgen Roland sie für die legendäre Krimireihe „Stahlnetz“ engagierte. Es folgten „Die Kommissarin“ (1994– 2006), „Das Mädchen Rosemarie“ (1996), „Ich schenk Dir meinen Mann“ (1998), „Nicht alle waren Mörder“ (2006), der internationale Vierteiler „Krieg und Frieden“ (2007), „Lüg weiter, Liebling“ (2010), „Alles Liebe“ (2010) und „Besondere Schwere der Schuld“ (2014). Zuletzt spielte sie
100 dinge | darsteller 24 Rudolph Moshammers Mutter Else in Alexander Adolphs Filmsatire „Der große Rudolph“ (2018). Im Kino glänzte Hannelore Elsner in Dani Levys „Alles auf Zucker!“ (2005), in der Bernd-Eichinger-Produktion „Zeiten ändern Dich“ (Regie: Uli Edel, 2010), in Hans Steinbichlers Familiendrama „Das Blaue vom Himmel“ (2011) sowie in den Komödien „Jesus liebt mich“ (Regie: Florian David Fitz, 2012), „Wer’s glaubt, wird selig“ (2012) und Uwe Jansons „Auf das Leben!“ (2014). In der Kinofilmreihe „Hanni & Nanni“ spielte sie von 2010 bis 2013 die Direktorin des Internats Lindenhof, bevor sie 2014 für „Alles inklusive“ erneut mit Regisseurin Doris Dörrie zusammenarbeitete. Im selben Jahr war sie im Roadmovie „Hin und weg“ an der Seite von Florian David Fitz und Miriam Stein zu sehen. Zuletzt stand Hannelore Elsner für Doris Dörries „Kirschblüten & Dämonen“ (2019) vor der Kamera. Ganz Deutschland kennt Wolfgang Stumph als den Prototyp des Sachsen – WOLFGANG STUMPH im Kabarett, im Fernsehen und im Kino. 1946 in Niederschlesien geboren Wolfgang Konaske und in Dresden aufgewachsen, absolvierte er zunächst eine Lehre als Kessel bauer und studierte Ingenieurpädagogik. Schon als Student gründete er das Amateur-Kabarett „Die Lachkarte“ und stand nach abgeschlossenem Schau- spielstudium später auf der Bühne des Dresdener Kabaretts „Die Herkules- keule“, bevor ihm der Sprung in die Fernsehunterhaltung gelang: Als „Beutelgermane“ brachte er das DDR-Publikum in Gunther Emmerlichs „Showkolade“ nicht nur zum Lachen. 1991 kam der bundesweite Kino-Triumph: Als Deutschlehrer, der mit seiner Familie auf Goethes Spuren nach Italien reist, zeigte Wolfgang Stumph, was so alles in einem Sachsen und einem Trabant steckt: Peter Timms Komödie „Go Trabi Go“ wurde zum Kultfilm in Ost und West. Die Fortsetzung „Go Trabi Go – Das war der wilde Osten“ kam ein Jahr später in die Kinos. Ab 1993 ging es im Fernsehen Schlag auf Schlag: In der ZDF-Sitcom „Salto Postale“ spielte Wolfgang Stumph den renitenten Postbeamten Wolle Stankoweit aus dem fiktiven brandenburgischen Ort Niederbörnicke. Die 24-teilige Reihe wurde 1995 mit dem Telestar (Deutscher Fernsehpreis) ausgezeichnet. Für die Sitcom „Salto Kommunale“ (1998 bis 2002) wechselte der Postbeamte Stankoweit schließlich als aufmüpfiger Gemeindebeamter in die Bürgermeisterei von Niederbörnicke und beendete die „Salto“-Reihe nach 50 Folgen. Parallel übernahm Wolfgang Stumph beim ZDF einen weiteren, nicht ganz ungefährlichen Job: In der Krimi-Reihe „Stubbe – Von Fall zu Fall“ (1995 bis 2014) löste er als Kriminalhauptkommissar Wilfried Stubbe erfolgreich insgesamt 50 Kriminalfälle. Stumphs Tochter Stephanie spielte in der Reihe die Rolle der Tochter des Kommissars.
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