Elektronische Wahlen E-Government Memorandum 2013 | Online Formulare

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Elektronische Wahlen E-Government Memorandum 2013 | Online Formulare
Ausgabe Nr.
                                                 Juli 2009
                                               ISSN 1997-4051
                                                                4

      Elektronische Wahlen
E-Government Memorandum 2013   | Online Formulare
Elektronische Wahlen E-Government Memorandum 2013 | Online Formulare
eGovernment Review | Nr. 4 | Juli 2009   | 3

                                                                                                Editorial

Liebe E-Government Interessierte,

Auch in der 4. Ausgabe von eGovernment Review er-          informieren über die vor kurzem stattgefundene Wahl
warten Sie interessante Beiträge zum Thema E-Govern-       der Österreichischen Hochschülerschaft die erstmals als
ment. Im Interview mit Prof. Reinhard Posch wird u.a.      elektronische Wahl durchgeführt wurde. Etwa 4% der
auf Weiterentwicklungen im Umfeld von E-Government         teilnehmenden Wähler hat diese Form der Stimmabgabe
auf Grund rechtlicher Veränderungen eingegangen. Die       gewählt. Daran ist deutlich zu sehen, welches Potential
EU-Dienstleistungsrichtlinie ermöglicht ausländischen      hier noch vorhanden ist.
Unternehmen alle Behördenverfahren über einen einheit-
                                                                                                                                FH-Prof. Dr. Wolfgang
lichen Ansprechpartner abzuwickeln. Dieses innovative      Im Abschnitt mit den Fachartikeln sind wieder eine Reihe             Eixelsberger
Konzept ermöglicht einen radikal vereinfachten Zugang      hochwertiger Artikel zu finden, die einen Reviewprozess              Fachhochschule Kärnten
                                                                                                                                Studiengang
zur Verwaltung. Mittelfristig ist davon auszugehen, dass   durchlaufen haben und vom eGovernment Review Bei-
                                                                                                                                Public Management
auch inländischen Unternehmen die gleiche Möglichkeit      rat zur Veröffentlichung freigegeben wurden. Die Artikel
geboten werden wird. Konsequenterweise wird die Frage      spannen einen weiten Bogen von Referenzarchitekturen
diskutiert werden müssen, ob man nicht auch den Bür-       bis zu elektronischen Vollmachten. Damit wird wieder die
gern diese Möglichkeit bieten sollte. Das könnte in der    Vielfältigkeit der Aktivitäten im Umfeld von E-Govern-
Verwaltung für große Umwälzungen sorgen und könnte         ment deutlich. Vielfalt im Sinne technischer und organi-
zur Vereinheitlichung von Verfahren beitragen und gene-    satorischer Lösungen, aber auch Lösungen für verschie-
rell für eine Erhöhung der Kunden- sprich Bürgerzufrie-    dene Zielgruppen und Verwaltungsbereiche. Es ist davon
denheit sorgen.                                            auszugehen, dass diese Vielfalt in den kommenden Jahren
                                                           noch ansteigen wird und das Thema E-Government so-
Im aktuellen Teil der vorliegenden Ausgabe wird das        wohl inhaltlich als auch thematisch noch einiges Entwick-
E-Government Memorandum 2013 vorgestellt. Die Au-          lungspotential aufweist.
toren präsentieren einen neun-Punkte Katalog dessen
Umsetzung einen wesentlichen Schritt für die Zukunft       Wir wünschen Ihnen viel Lesevergnügen mit der vierten
des E-Government darstellt. Zentrale Anliegen sind u.a.    Ausgabe von eGovernment Review,
die Verbindung der Verwaltungsmodernisierung mit E-
Government, eine österreichweit abgestimmte Entwick-
lung der E-Services und die organisationsübergreifende
(Neu)Gestaltung von Prozessen. Die Themen weisen auf
eine zu verbessernde Koordination hin. Unabgestimmtes
Vorgehen ist ein wesentlicher Schwachpunkt bei vielen E-   FH-Prof. Dr. Wolfgang Eixelsberger
Government Aktivitäten. Hier ist insbesondere auch die     Studiengang Public Management
Politik gefordert, die anstehende Verwaltungsreform als    Fachhochschule Kärnten
gesamtheitliches Thema zu erkennen und Maßnahmen zu
setzen, um Modernisierungsmaßnahmen mit E-Govern-
                                                           info

ment Aktivitäten zu vereinen.                                     eGovernment Review veröffentlicht ausgewählte Artikel
                                                                  zu verschiedensten Aspekten von E-Government. Wenn
                                                                  Sie einen Artikel in eGovernment Review veröffentlichen
Manfred Wundara diskutiert in seinem Beitrag „Beyond              wollen, senden Sie eine Kurzbeschreibung (zwischen
E-Government“ Visionen für ein zukünftiges E-Govern-              150 und 300 Worte) an w.eixelsberger@fh-kaernten.at.
ment. In diesem „Next-Generation-Government“ sol-                 Der eGovernment-Review-Beirat wird die eingereichten
len gestützt auf die IuK-Technologien völlig neue Wege            Artikel bewerten und selektierte zur Veröffentlichung
und Formen der Verwaltungsdienstleistungserbringung               freigeben. Einreichungen für die fünfte Ausgabe werden
                                                                  bis zum 12. Oktober 2009 angenommen.
realisiert werden. Robert Krimmer und Daniel Botz
4 |   eGovernment Review | Nr. 4 | Juli 2009

                    eGovernment-Review-Beirat
                    Der Beirat wählt die zu erscheinenden Artikel aus, schlägt
                    Interviewpartner vor und gibt Input zur generellen Ausrichtung
                    von eGovernment Review.

                                       FH-Prof. Dr. Dietmar Brodel
                                       Rektor der Fachhochschule Kärnten, Leiter Studienbereich Wirtschaft
                                       Fachhochschule Kärnten

                                       FH-Prof. Dr. Wolfgang Eixelsberger
                                       Professur aus Wirtschaftsinformatik
                                       Fachhochschule Kärnten

                                       Dr. Peter Parycek, MSc
                                       Zentrumsleiter Zentrum für E-Government
                                       Donau-Universität Krems
                                       Lektor FH Kärnten

                                       Prof. Dr. Reinhard Posch
                                       Leiter des IAIK (Institute for Applied Information Processing and Communications)
                                       TU Graz
                                       CIO des Bundes

                                       Prof. DI. Dr. Reinhard Riedl
                                       Leiter Kompetenzzentrum Public Management & E-Government
                                       Berner Fachhochschule

                                       Prof. Dr. Jürgen Stember
                                       Dekan Fachbereich Verwaltungswissenschaften
                                       Hochschule Harz

                                       DI. Manfred Wundara
                                       CIO der Stadt Villach
                                       Mitglied des Präsidiums des Fachausschusses für Informationstechnologie
                                       des Österreichischen Städtebundes
                                       Leiter der Arbeitsgruppe Q-SKF der Plattform Digitales Österreich
eGovernment Review | Nr. 4 | Juli 2009                    | 5

                                                                                               Inhalt
                                                                                       Ausgabe Nr. 4 | Juli 2009

                                           „Der Nutzen muss der Technologie noch folgen“                             6

                                                                                                                           aktuelle informationen
                                                                   Interview mit Reinhard Posch (CIO des Bundes)

                                                              E-Government Memorandum 2013                           8
Harald Hoffmann (METADAT) I Gerhard E. Ortner (FernUniversität Hagen) I Peter Parycek (Donau-Universität Krems) I
                      Walter Seböck (Donau-Universität Krems) I Arthur Winter (Bundesministerium für Finanzen)

                                                                                Beyond E-Government                  10
                                                        Manfred Wundara (Gemeindeinformationszentrum Kärnten)

          Wahlen 2.0 nun auch in Österreich: E-Voting bei den ÖH Wahlen 2009                                         12
                                                                       Robert Krimmer I Daniel Botz (E-Voting.CC)

                              Wiki-basierte Fortschreibung einer Verwaltungsvorschrift                               14

                                                                                                                           fachartikel
                              Norbert Gronau (Universität Potsdam) I Reiner Pokorny (Landeshauptstadt Potsdam) I
                                                                         Tanja Röchert-Voigt (Universität Potsdam)

                                         HERA: Eine modellgetriebene Referenzarchitektur                             16
                                                        Ulrich Reimer I Stephan Streit (Fachhochschule St. Gallen)

                                           Mehr als bloß Europas Meister im eGovernment                              18
                                                       Christine Leitner I Marleen Haase (Donau-Universität Krems)

                                                         Verifizierbarkeit elektronischer Wahlen                     20
                               Lucie Langer I Axel Schmidt I Melanie Volkamer (Technische Universität Darmstadt)

                       Elektronische Vollmachten im österreichischen E-Government                                    22
                                                                          Thomas Rössler I Arne Tauber (TU Graz)

                                                                                     E-Partizipation-Bus             24
                                               Andreas Spichiger I Michael Kaschewsky (Berner Fachhochschule)

                                                              Neue Formen der Zusammenarbeit                         26
                                                     Silke Weiß I Josef Makolm (Bundesministerium für Finanzen)

                                              Online-Formulare für die Kärntner Gemeinden                            28
                                         Roland Wohlfahrt I Ulrike Dummer (Gemeindeinformatikzentrum Kärnten)

                                                                                              MyHELP.gv.at           30
                                                            Harald Pirker I Peter Reichstädter (Bundeskanzleramt)

                                                   Testen komplexer E-Government-Systeme                             32
                                      Andrea Kling I Richard Seidl (ANECON Software Design und Beratung GmbH)

                             Sinn und Nutzen einer klaren Strategie für E-Government                                 34
                                                    Michael Kaschewsky I Andreas Kühn (Berner Fachhochschule)

                                      E-Government Tagungen, Konferenzen und Messen                                  36
                                                                                                                           service

                                                                       E-Government Publikationen                    38
6 |   eGovernment Review | Nr. 4 | Juli 2009                                                                                 aktuelle information

                     „Der Nutzen muss der
                     Technologie noch folgen“
  interview

              Prof. Reinhard Posch ist seit 2001 Chief Information Officer (CIO) des Bundes.
              Er leitet das IAIK (Institut für Angewandte Informationsverarbeitung und
              Kommunikationstechnologie) an der TU Graz und ist seit 1999
              wissenschaftlicher Leiter von A-SIT. Seit 2007 ist er Vorsitzender von ENISA
              (European Network and Information Security Agency).

                     Seit 2001 sind Sie CIO des Bundes. In welcher Form gestalten   Eine zweite Entwicklung wird in Richtung Verbreitung
                     Sie E-Government in Österreich mit?                            gehen. Wir haben derzeit eine sehr gute Infrastruktur im
                     In meiner Funktion als „Chief Information Officer“ bin         Bereich des Back Offices. Es gibt verschiedene Bereiche,
                     ich Vorsitzender der Plattform „Digitales Österreich“.         wie den elektronische Akt, den Portalverbund, verschie-
                     Diese Plattform besteht operativ aus zwei Gremien. Das         dene Register und ähnliche Aktivitäten. Im Front-Office,
                     eine Gremium ist IKT-Bund, indem alle Ministerien              zu den Bürgerinnen und Bürgern, sind wir in einzelnen
                     durch Ihren CIO vertreten sind. Das zweite Gremium             Punkten, wie in etwa im Bereich FinanzOnline, sehr gut
                     ist die Kooperationsgruppe Bund, Länder, Städte, Ge-           aufgestellt. In anderen Bereichen, in denen die Bürger re-
                     meinden, Sozialversicherung und auch Wirtschaftsver-           lativ selten Kontakt zur Verwaltung haben, gibt es noch
                     treter und auch Vertreter der freien Berufe (BLSG). Vor        einiges zu tun. Die Themen, elektronische Dokumente
                     allem in dieser zweiten Gruppe werden die strategieori-        und elektronische Zustellung, werden in den nächsten
                     entierten Themen insoweit behandelt, als dort für Öster-       drei bis vier Jahren eine deutlichen Schub bescheren.
                     reich wichtige Konventionen und Standards in Arbeits-
                     gruppen erarbeitet und dann gemeinsam verabschiedet            Der dritte Aspekt stellt einen Wandel der Paradigmen
                     werden. Damit besteht eine relativ gute Koordination           und der Methoden im E-Government dar. Am Thema
                     über die verschiedenen Ebenen hinweg. In den letzten           EU-Dienstleistungsrichtlinie, die am 28. Dezember 2009
                     Jahren konnten wir damit beweisen, dass die Koordi-            umgesetzt sein muss, lässt sich das bereits gut darstellen.
                     nation in der Praxis erfolgreich ist.                          Wenn danach ein Unternehmen in der EU einen An-
                                                                                    trag stellt und die Verwaltung nicht innerhalb einer be-
                     Wie sehen Sie generell die Weiterentwicklung im E-Govern-      stimmten Zeit reagiert, dann ist der Antrag automatisch
                     ment in Österreich in den nächsten Jahren?                     genehmigt. Für die Unternehmen bewirkt das ein ganz
                     Die Weiterentwicklung von E-Government wird durch              anderes Verwaltungsparadigma. Das Verfahren ist nicht
                     drei Elemente geprägt sein. Zum einen die internationa-        mehr geprägt von Warten und Unsicherheit, sondern
                     le Entwicklung auf EU-Ebene. Die derzeit stattfinden-          ist ein sehr strukturiertes und europaweit koordiniertes
                     den Großflächenversuche, die sogenannten „Large-Sca-           Verfahren, in welchem das betroffene Unternehmen sehr
                     le-Pilots“, an denen auch Österreich teilnimmt, werden         genau abschätzen kann, wie die Verwaltung sich verhal-
                     intensiviert werden. Sie werden im Rahmen der nächs-           ten wird. Wir werden aber auch in anderen Verfahren,
                     ten Kommissionsperiode zu sogenannten „European                möglicherweise zur Steigerung der Effizienz, aber auch
                     Large Scale Actions“ voraussichtlich mit einem Budget          zur Steigerung des Komforts, neuere Methoden sehen.
                     von 400 bis 500 Millionen Euro ausgeweitet werden.             Die Stadt Graz beginnt in diesem Herbst, Bauverfahren
                     Diese werden durch drei Schwerpunkte geprägt sein,             auf sogenannte ontologiebasierte Systeme umzustel-
                     wobei ein Schwerpunkt die elektronische Identifikation         len, in denen eine sehr rasche und sehr intensive Kopp-
                     sein wird.                                                     lung zwischen dem Gesetzeswerk und dem Verfahren
aktuelle information                                                                               eGovernment Review | Nr. 4 | Juli 2009   | 7

stattfindet. Das Verfahren wird nicht, wie wir es gewohnt     Ausgleich, dieses Abgrenzen der Rechtsräume besser in
sind, explizit ausprogrammiert, sondern automatisch ge-       den Griff zu bekommen. Heute bekommen Sie ca. 70 bis
neriert werden.                                               80 % Mails als Spam, obwohl wir in Österreich und Eu-
                                                              ropa sehr strikte Spam-Gesetze haben, diese aber nicht
Vor einigen Wochen bestand bei den Österreichischen Hoch-     durchsetzen können. Das Vertrauen der Benutzer kann
schülerschaftswahlen erstmals die Möglichkeit zur elektro-    durch geeignete Mechanismen durchaus gestärkt werden,
nischen Wahl. Wie sehen Sie hier die weitere Entwicklung in   zum Beispiel wenn der Benutzer sicher sein kann, sich
den nächsten Jahren?                                          bei einem europäischen Anbieter zu befinden und nicht
Ich hätte mir persönlich gewünscht, dass man mehr in-         irgendwo sonst.
haltliche Erfahrung herausbekommt und weniger emoti-
onale Kommunikation betreibt. Das Thema wurde leider          Obwohl E-Government bereits seit vielen Jahren ein wich-
von Anfang an auf einer emotionalen Ebene gespielt. Die       tiges Thema ist, wird es in der Öffentlichkeit nicht wirklich
Gruppe von Wissenden bzw. Studierenden stellt eine ide-       wahrgenommen. Was könnte hier getan werden?
ale Gruppe zur Abhaltung einer solchen Wahl dar. Jeder        E-Government ist in der Tat in der breiten Öffentlichkeit
dieser Studierenden - zumindest an meiner Universität         kein Thema. Einerseits deshalb, weil das Thema „elektro-
– kann all seine Erledigungen, ob es jetzt Studienange-       nische Verwaltung“ im Ausbildungsbereich deutlich un-
legenheiten oder sonstige sind, nur elektronisch durch-       terrepräsentiert ist und andererseits hängt es auch damit
führen. Umso verwunderlicher sind die Emotionen zu            zusammen, dass das Thema viel zu wenig in den Medien
diesem Thema. Was wir daraus gelernt haben ist, dass          transportiert wird. Es ist mir deshalb ein Anliegen, weil
man auch nochmals nachdenken muss, welche Emotio-             auf der einen Seite viel über Verwaltungsvereinfachung
nen hier hineingebracht werden. Die Frage der Sicherheit      und über Einsparungen in der Verwaltung gesprochen
wurde hochgespielt und da stellt sich auch die Frage, wel-    wird und dort wo wir etwas erreichen könnten, nämlich
ches Vertrauen in der Umsetzung erreicht wird. In diesem      durch die breite Beteiligung der Bürgerinnen und Bür-
Bereich wird man möglicherweise auch im technischen           ger am E-Government, dort ist die mediale Umsetzung
Sinne nachdenken müssen. Wir haben jedenfalls noch            zu schwach. Dieses „gemeinsame Anliegen“ müssen wir
einen langen Weg vor uns, bevor wir an elektronische          ein Stück vorantreiben. Dabei können sehr triviale „Maß-
Wahlen in einem anderen Umfeld denken können. Zum             nahmen“, wie z.B. das Thema E-Government einfach
einen brauchen wir dazu eine Verfassungsmehrheit, zum         auch im Mediengeschehen ins Gerede zu bringen etwas
anderen ist die Infrastruktur, die auf Universitäten sehr     bewirken. In dem Moment, wo Funktionen wie elektro-
wohl gegeben ist, im breiten Umfeld ja nicht gegeben und      nische Zustellung u.ä. zur Verfügung stehen und genutzt
wir haben nicht alle Wahllokale elektronisch ausgerüstet.     werden, spart sich der Einzelne ja tatsächlich etwas. Ein
Ich glaube, dass es trotzdem ein Signal in Richtung elekt-    Beispiel ist ein Pendler, der nicht zu Hause bleiben muss,
ronische Bürgerbeteiligung gibt. Ich meine jetzt gar nicht    um seinen RSA-Brief abzuholen, sondern diesen elekt-
so sehr das Wählen einer Partei, sondern die Teilnahme        ronisch zugestellt bekommt. Volkswirtschaftlich gese-
am Verwaltungsgeschehen. In diesem Bereich wird man           hen ist das natürlich ein immenser Faktor den wir hier
Technologien einsetzen wollen, um den Bürgerinnen und         erreichen könnten und hier müssen wir gemeinsam was
Bürger mehr Möglichkeiten einzuräumen, sich gegenüber         unternehmen. Zum einen auf der Informationsseite, zum
der Verwaltung und deren Vorhaben äußern zu können.           anderen auf der Medienseite. Ziel soll es sein, das Thema
                                                              E-Government in das Bewusstsein der Bürgerinnen und
Sie haben das Thema IT-Sicherheit gerade angesprochen.        Bürger zu verankern. Wir haben derzeit kein Problem,
Welche Entwicklungen wird es im Umfeld von E-Government       dass wir zu wenig Technologie umgesetzt haben, sondern
in den nächsten Jahren dazu geben?                            wir haben eher das Problem, dass die umgesetzte Techno-
IT-Sicherheit ist keine spezifische E-Government Frage.       logie zu wenig bekannt ist und zu wenig genutzt wird. n
Wenn Sie heute die großen Risiken im Bereich der IT-
Sicherheit sehen, dann kommen diese Risiken zum über-
wiegendem Prozentsatz aus anderen Rechtsräumen, wie
aus Fernost oder Südamerika. Wir werden natürlich mit
der ansteigenden Frequenz auch Attacken im Umfeld von
E-Government bemerken. Wir werden uns überlegen
müssen, ob wir im Internet der Zukunft bessere Gover-
nance, einen Steuerungsmechanismus haben, um diesen           Das Interview wurde geführt von Wolfgang Eixelsberger.
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                      E-Government
                      Memorandum 2013
                      Harald Hoffmann I Gerhard E. Ortner I Peter Parycek I Walter Seböck I Arthur Winter

             E-Government beschreibt eine durch Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) unterstützte Verwaltungs-
  abstract

             modernisierung sowie den Informationsaustausch zwischen BürgerInnen, Staat, Wirtschaft und Nichtregierungsorganisationen
             auf Basis moderner Kommunikationsformen. Hierbei ermöglicht die IKT einen fundamentalen Einschnitt, da neue Technologien
             nicht als Unterstützung der bisherigen Strukturen und Kommunikationswege zu betrachten sind, sondern Möglichkeiten bieten,
             die Beziehungen innerhalb der Verwaltung sowie zwischen Behörden und ihren KundInnen grundlegend neu zu gestalten.

                     1. Verwaltungsmodernisierung mit E-Government verbinden.            prozesse, die One-Stop-Zugänge mit einheitlichen An-
                     Die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen ist einer              sprechpartnern und Prozessverantwortlichen bieten.
                     der zentralen Bereiche von E-Government und kann                    Das bisherige Abfrageparadigma der Behörden muss
                     einen Eckpfeiler einer Verwaltungsreform darstellen.                in vielen Fällen geändert werden. Nicht der Blick auf
                     Durch die Verwendung moderner Technologien sollen in                die gesamten Daten des Registers sondern die Status-
                     der Verwaltung redundante Prozesse obsolet werden und               meldung aus dem Register muss die Regel werden, so
                     Kontrollmechanismen trotz verkürzter Abläufe intensiver             dass als Antwort „Ja“ oder „Nein“ ausreicht (z.B. „Hat
                     greifen. Gut geschulte Bedienstete können die durch IKT             österreichische Staatsbürgerschaft?“). Allerdings bedarf
                     ermöglichten, neuen Kooperationsmodelle für Behörden                es klarer Vereinbarungen, wer für welche Daten verant-
                     effektiv nutzen und dazu beitragen, dass E-Government               wortlich ist, und wer unter welchen Bedingungen auf
                     die herrschenden Prozessstrukturen und räumlichen Be-               diese zugreifen darf.
                     grenzungen sprengt.
                                                                                         4. Ortsunabhängige Eingaben ermöglichen. Grundsätzlich
                     2. E-Services Bundesweit weiterentwickeln. Digitalisierung          ist festzuhalten, dass aus technischer Sicht jede elektroni-
                     darf keine bloße Spiegelung der „Papierwelt“ bedeuten,              sche Eingabe an eine Behörde bereits eine ortsunabhängi-
                     sondern muss zu neuen Ansätzen bei der Speicherung                  ge Eingabe darstellt. Ab der ersten erledigten Bearbeitung
                     und beim Abrufen von Informationen führen. Daraus                   liegt die Information bei der sachlich zuständigen Behör-
                     sollen Erleichterungen für BürgerInnen entstehen, die               de. Neben der digitalen ortsunabhängigen Eingabe muss
                     mit einer pro-aktiven Verwaltung kommunizieren und                  auch eine reale Eingabe bei einer örtlich „unzuständigen“
                     über anstehende Leistungen vorab informiert werden (1).             Behörde möglich werden.
                     Beispielsweise erinnert eine moderne Verwaltung auto-
                     matisch an den Ablauf einer Frist, und das Vorlegen ei-             5. BürgerInnen- und Unternehmensportale einrichten. Der
                     nes Meldezettels wird durch das Zentrale Melderegister              One-Stop-Zugang zu allen am Verfahren beteiligten Stel-
                     (ZMR) der Vergangenheit angehören, da Behörden auto-                len erfordert eine einheitliche Schnittstelle für die Ein-
                     matisch auf bestimmte Daten Zugriff haben. Solche Ein-              und Ausgabe. Mittels Single-Sign-On (einfaches und ein-
                     richtungen verstärken den Servicecharakter bestehender              heitliches Identitäts- und Accessmanagement) können
                     Behörden und lassen BürgerInnen schnell einen persön-               User Anträge stellen, Informationen abrufen, Bescheide
                     lichen Nutzen von E-Government erkennen.                            erhalten etc. Dabei könnte die Authentifizierung einer-
                                                                                         seits mittels Bürgerkarte erfolgen, andererseits durch den
                     3. Organisationsübergreifende Prozesse neu gestalten. Ak-           Provider. Auf einem zentralen Portal für BürgerInnen
                     tuell verlangt die Umsetzung der sogenannten Dienst-                bzw. Wirtschaft könnten Dienste für bestimmte Anliegen
                     leistungsrichtlinie automatisierte organisationsüber-               gebündelt bereitstehen. Eine naheliegende Überlegung
                     greifende Prozesse. Mittelfristig wird der Einsatz von              wäre, HELP.gv.at als umfassendes Informations- und Ser-
                     IKT generell zum Treiber für innovative Verwaltungs-                viceportal auszubauen.
aktuelle informationen                                                                                      eGovernment Review | Nr. 4 | Juli 2009     | 9

Das virtuelle Amt ist dennoch kein ausreichender Ersatz       gelnden Schreib- und Lesekompetenzen vor erheblichen
für die individuelle Betreuung im Gemeindeamt. Selbst         bis unüberwindlichen Problemen. Alphabetisierung, Ba-
internetaffine BürgerInnen, die gerne vollautomatisierte      sisbildung und Sprachkenntnisse sind daher unerlässliche
Angebote wie Meldebestätigung oder Strafregisteraus-          Grundvoraussetzungen für die aktive Beteiligung aller
                                                                                                                                          Dr. Harald HOFFMANN
zug annehmen, greifen bei komplexeren Anliegen auf            gesellschaftlichen Gruppen. Zusätzlich sollten essentielle                  Gastprofessor der Donau-
                                                                                                                                          Universität. Gründer des
persönliche Beratung zurück. Allerdings können diese          E-Government Informationen auch mehrsprachig ange-                          Beratungsunternehmens
Amtswege online vorbereitet werden, indem man sich            boten werden.                                                               METADAT
vorab informiert, Unterlagen zusammenstellt und mit-          Je höher der Bildungsstand und damit zusammenhän-                           harald.hoffmann@metadat.com

tels HELP-Kalenderservice einen Wunschtermin für die          gend die Medienkompetenz, desto größer ist in der Regel
persönliche Beratung reserviert.                              die Motivation, sich durch IKT mit staatlichen Einrich-
                                                              tungen in Verbindung zu setzen. Zusätzlich verstärkt sich
6. Mehr-Kanal-Zugänge zu E-Services eröffnen. Kein In-        diese Entwicklung demographisch durch das Heranwach-
formationskanal kann sämtliche Anforderungen allein           sen einer neuen Generation von „Digital Natives“, denen
erfüllen, auch wenn das Internet als konvergentes Me-         die virtuelle Welt vertraut ist. Bildungsmaßnahmen für
dium die Einbindung verschiedener Medien ermöglicht.          „Digital Skills“ erleichtern die E-Inclusion benachteiligter
Verschiedene Kommunikationsmöglichkeiten parallel             Bevölkerungsgruppen, wie etwa Senioren.                                     Univ.-Prof. Dr. Dr.
                                                                                                                                          Gerhard E. ORTNER
anzubieten, um die öffentlichen Services allen BürgerIn-                                                                                  FernUniversität Hagen
nen zugänglich zu machen, ist als ein Grundangebot der        9. Teilnahmemöglichkeiten bieten. Zur Einbindung der                        Universitätsprofessor für
                                                                                                                                          Betriebswirtschaftslehre
Verwaltungsreform auch demokratiepolitisch obligat.           breiteren Öffentlichkeit bietet sich das sogenannte Web                     gerhard.ortner@
Nicht zuletzt aufgrund der „Digitalen Kluft“ sind neben       2.0 an, das unterschiedliche Kommunikationsplattfor-                        fernuni-hagen.de

Online- auch Offline-Zugänge anzubieten. Durch die            men bietet. Die Zusammenarbeit „auf gleicher Augenhö-
fortschreitende Digitalisierung wurde kein Medium ob-         he“ zwischen BürgerInnen und Politikern stärkt die zi-
solet, vielmehr ergänzen sich die Kanäle für verschiedene     vilgesellschaftliche Selbstorganisation und kann letztlich
Gruppen von NutzerInnen und deren Bedürfnisse (2).            zu einer neuen demokratischen Qualität beitragen. So
Sämtliche Services sollten österreichweit bzw. internati-     können elektronische Medien und digitale Services dazu
onal einheitlich gestaltet sein, um die Kontaktaufnahme       beitragen, das Engagement bei Beteiligungsprozessen zu
und Informationsbeschaffung zu erleichtern.                   erhöhen und das Interesse der BürgerInnen für Anliegen
                                                              des Gemeinwesens zu aktivieren (3). Deshalb ist ange-                       Dr. Peter PARYCEK, MSc
                                                                                                                                          Donau-Universität Krems
7. Datenschutz und Transparenz vereinbaren. Österreich        sichts des gesunkenen Vertrauens in die Parteienpolitik                     Zentrumsleiter für
spielt eine Vorreiterrolle in der Nutzung elektronischer      auch in Österreich der Ausbau von E-Partizipationsange-                     E-Government
                                                                                                                                          peter.parycek@donau-uni.ac.at
Register, doch diese durchaus wünschenswerte Entwick-         boten unverzichtbar. n
lung hin zu Standardisierung, Zentralisierung und Ver-
knüpfung bisher getrennter Systeme erhöhen die Risiken
des Datenmissbrauchs. Laufende Kontrollen durch un-
                                                                  literatur

abhängige Einrichtungen, effektiver Rechtsschutz und                          (1) Aichholzer, G. (2007): E-Government als globales
Transparenz sollen sensible Daten schützen. E-Govern-                         Projekt – Divergente Entwicklungsmuster und Wir-
ment bietet jedenfalls einfache technische Möglichkeiten,                     kungsbefunde. [Buchverf.] Alfons Bora ua. Technology
den gesetzeskonformen Umgang mit personenbezogenen                            Assessment in der Weltgesellschaft. Berlin.
                                                                                                                                          Dr. Walter SEBÖCK, MSc
Daten zu protokollieren und kontrollieren. Hierbei kön-                       (2) Wesselmann, C. (2002): Internet und Partizipa-          MBA
nen auch die einzelnen BürgerInnen Datenverantwor-                            tion in Kommunen – Strategien des optimalen                 Donau-Universität Krems
                                                                                                                                          Leiter des Zentrums für
tung übernehmen, indem sie beispielsweise ihre Steuer-                        Kommunikations-Mix. Wiesbaden.                              Praxisorientierte Informatik
und Pensionskonten abrufen, überprüfen, etwaige Fehler                                                                                    walter.seboeck@donau-
                                                                              (3) Bieber, C./ Leggewie, C. (2006): Innovationsrheto-      uni.ac.at
melden und nachvollziehen, wer wann auf welche Daten                          rik, Innovationsresistenz, Innovationsdesirate – Das
zugegriffen hat. Dieses „informationelle Selbstbestim-                        Beispiel E-Demokratie. [Buchverf.] Olga Drossou
mungsrecht“ stärkt darüber hinaus das Vertrauen in die                        ua. Die wunderbare Wissensvermehrung – Wie Open
öffentliche Verwaltung – eine unerlässliche Grundlage                         Innovation unsere Welt revolutioniert. Hannover.
für pro-aktive Verwaltungsservices.
                                                                  info

8. Alle Gesellschaftsgruppen integrieren. Sämtlichen Bevöl-                   Weiter Informationen und Diskussionsmöglichkeiten
                                                                              finden Sie auf dem neuen Blog des Zentrums für
kerungsgruppen muss nichtdiskriminierender Zugang
                                                                              E-Government – http://digitalgovernment.wordpress.          SC Dr. Arthur WINTER
zu E-Services gewährleistet werden. Hierfür müssen von                                                                                    Bundesministerium für
                                                                              com/egov2013. Eine ausführliche Version dieses Artikels
Seiten der Anbieter technische und ökonomische Hürden                         erschien in Jahnel, D. (Hg.) (2009): Datenschutzrecht
                                                                                                                                          Finanzen
                                                                                                                                          Leiter der Sektion für
beseitigt werden. Da E-Government-Kommunikation                               und E-Government: Jahrbuch 2009. NWV: Wien.                 Informationstechnologie
weitgehend schriftlich erfolgt, stehen Personen mit man-                                                                                  arthur.winter@bmf.gv.at
10 | eGovernment Review     | Nr. 4 | Juli 2009                                                                                aktuelle information

                       Beyond E-Government
                       Manfred Wundara

               Österreich ist zweimaliger E-Government Europameister. Auch die regelmäßige Konsultation Österreichs in Fragen der
    abstract

               E-Government Umsetzungen und Strategien unterstreichen diese europäische Spitzenposition. Eine nachhaltige Wirkung
               und die Absicherung der Spitzenposition Österreichs ist jedoch nur möglich, wenn eine Transformation in Richtung inno-
               vativer, leistungsfähiger Verwaltung gelingt. E-Government kann nicht als Projekt sondern als kontinuierlicher Innovations-
               prozess, als ein weit über technologische Basisinstrumente hinausgehender gesamtheitlicher Ansatz, verstanden werden.

                       Strategie und Leitbild. Die gesamteuropäischen Initiativen     vidualität der Verwaltungseinrichtungen aber auch ver-
                       aber auch die nationalen E-Government Anstrengungen            fassungsmäßige Prinzipien sind zu berücksichtigen.
                       Österreichs haben einen umfangreichen Veränderungs-
                       prozess in den öffentlichen Verwaltungen eingeleitet. Die      Wirtschaftlichkeit und Steuerung. Die wirtschaftlichen Ent-
                       Internettechnologien haben die Möglichkeiten für mo-           wicklungen machen vor den öffentlichen Institutionen
                       derne Verwaltungsprozesse radikal erweitert und sollen         nicht halt. Gerade in Zeiten knapper finanzieller Res-
                       zu völlig neu strukturierten Verwaltungshandlungen füh-        sourcen haben sich sämtliche E-Government Aktivitäten
                       ren. Investitionen in Technologien, Standardisierungen         nutzen- und zielgerichtet an den Prinzipien der Wirt-
                       und die Schaffung von gesetzlichen Rahmenbedingungen           schaftlichkeit zu orientieren. Die Ziele und der Mittelein-
                       haben die Voraussetzungen für eine IKT-gestützte Ver-          satz müssen transparent, steuerungsrelevant und messbar
                       waltung geschaffen. Beispiele wie Finanz-Online zeigen,        sein. Ansätze wie die Produktorientierung aber auch Kos-
                       welche Möglichkeiten diese technikgetriebenen Verände-         ten- und Leistungsrechnungen sind hier der erste Schritt
                       rungsprozesse bieten.                                          in die richtige Richtung. Ein offenes Klima für Bench-
                       „Interoperable Systemarchitekturen, sichere automatisier-      marking, basierend auf leistungsorientierten Kennzahlen
                       te Geschäftsprozesse, technologieneutrale Entwicklungen,       wäre der nächste notwendige Schritt.
                       strukturierte und standardisierte Prozessmodelle, Kosten-
                       bewusstsein, Integration existierender Methoden und Ver-       Struktur und Verwaltungsgrenzen. Die derzeitige Verwal-
                       fahren, Netzwerk- und Informationssicherheit und Change        tungsstruktur ist durch eine starke Zuständigkeitsorien-
                       Management kennzeichnen die moderne und effiziente Ver-        tierung im Denken und Handeln geprägt. Die Anforde-
                       waltung. Dazu gehört auch die Einbindung der Mitarbeite-       rungen an eine moderne und effiziente Verwaltung lassen
                       rinnen und Mitarbeiter bei der Einführung neuer Techno-        sich mit diesem Organisationsmodell – auch bei best-
                       logien. Die veraltete „fragmentierte“ Verwaltungsstruktur      möglichen Technologieeinsatz - nur schwer erfüllen. Er-
                       wird abgelöst durch ein kooperatives Verwaltungsmodell.“       forderlich erscheint eine stärkere Prozess- und Ergebnis-
                       (1). Die österreichische E-Government Strategie zeigt ei-      orientierung bei gleichzeitig hoher Kooperationsfähigkeit
                       nen Anspruch an E-Government, der weit über die bishe-         und Wahrnehmung als moderner Dienstleister. Nicht die
                       rigen Umsetzungen hinausgeht. Neben der Entwicklung            Zuständigkeit darf dabei im Mittelpunkt stehen, sondern
                       der Technik muss ein Klima der Innovationsbereitschaft,        das – auch interkommunale - zuständigkeitsübergreifen-
                       eine Kultur der kontinuierlichen Veränderung geschaffen        de Denken über Ziele, Ergebnisse und Lösungen.
                       werden. Die Konzentration auf Prozesse und Technologi-
                       en greift zu kurz. Nur innovative Lösungen zur Steigerung      Ressourcen und Kultur. Neben der Technologie ist der we-
                       der Effizienz und der Flexibilität der Verwaltung erhöhen      sentliche Erfolgsfaktor für die Erreichung der gesteckten
                       die Produktivität der Verwaltungseinrichtungen. Zeit-          Ziele die Fähigkeit, die Mitarbeiternnen für diesen Ver-
                       lich parallel zu den bisherigen Aktivitäten und inhaltlich     änderungsprozess zu gewinnen. E-Government Lösun-
                       komplementär müssen daher das Personal, die Steuerung          gen müssen auch für die MitarbeiterInnen nutzenstiftend
                       und die Organisation weiterentwickelt werden. Die Indi-        wirken. Ein Klima der Veränderung kann nur durch
aktuelle information                                                                                                                                           eGovernment Review | Nr. 4 | Juli 2009   | 11

 Verwaltungsumfeld                                                          (1) Managementprozesse: adaptiv                          (2) Organisation: dezentralisiert
 •B  ürgerinnen und Bürger,          • Kostendruck wächst                 • Ziele: ambitionierte, relative, eigenbestimmte        • Selbststeuerung: Schaffung eines an den
    Wirtschaft fordern effizientere   • Objektivitätsanforderungen           Schlüsselindikatoren als Triebfeder für                  Zielen und dem Nutzen orientierten Leistungs-
    Verwaltungshandlungen                und Informationsbedürfnisse          nachhaltigen Erfolg; kontinuierliche Anpassung           klimas
 •M  angel an qualifizierten            wachsen                            • Vergütung: teambasierte Anreize, Wettbewerb           • Herausforderung und Werte: teambezogen,
    Mitarbeiter/innen                 • Stärkere Verschränkungen der         unterstützt Innovationsprozesse                          klare Werte, geteilte finanzielle Anreize
 •W  achsende Innovationsrate           Verwaltungsprozesse über           • Strategie: delegierte, an Globalzielen orientierte    • Ergebnis-Verantwortung: Entscheidungsver-
 • S tandortwettbewerb wächst           Verwaltungsgrenzen hinweg            Strategie- und Maßnahmenplanung mit ereignis-            antwortung liegt bei verwaltungsprozessnahen
    regional und international        • …                                    getriebener Fortschreibung                               Teams: Handlungsfreiheit und Handlungsfähigkeit
                                                                            • Ressourcen: direkter Zugang innerhalb                   schaffen
                                                                              vereinbarter Parameter; Aufhebung klassischer          • Empowerment: operativen Führungskräften
                                                                              Budget-(Jahres)Grenzen; Nutzengetriebene,                stehen Ressourcen zum selbstständigen Handeln
 Erfolgsfaktoren                                                              zielorientierte Allokation                               zur Verfügung
 • S chnellere Reaktionsfähigkeit    •N  achhaltige Leistungserbringung
                                                                            • Koordination: dynamisch, Orientierung am              • Organisationsform: Netzwerk prozess- und
 •Q  ualifizierte Manager /          •M  odernes Kosten- und                Bürger / an der Bürger/innen und der Wirtschaft;         zielorientierte r Teams; Fähigkeit und Ressourcen
    Mitarbeiter/innen                   Leistungsverständnis                  permanentes Normenscreening auf Hemm-                    werden dabei dynamisch geteilt; Konzentration
 • K ontinuierliche Innovation       • K onzentration auf Stärken           schwellen und Hindernisse                                auf Stärken; Aufbrechen historischer Verwal-
 •B  ürger/innen Orientierung        • K ooperative Vorgehensweisen       • Messung/Kontrolle: relative Indikatoren;                tungsgrenzen
 • K lare Ausrichtung an Nutzen      • Interkommunale Kooperation           vielschichtige, vielseitige Information für            • Transparenz: offene, transparente Informations-
    und Zielen                        •…                                     dezentrale Entscheidung                                  systeme und Informationsprozesse; pro-aktiv

Abb. 1: Managementmodell Beyond E-Government (2)

motivierte und leistungsbereite MitarbeiterInnen gelebt                                            nung an die Prinzipien des Beyond-Budgeting könnte ein
werden. Neben der Fort- und Weiterbildung im Sinne                                                 ähnliches Managementmodell für die öffentliche Verwal-
des lebenslangen Lernens benötigen die Verwaltungsein-                                             tung wie in Abbildung 1 (siehe oben) aussehen.
heiten ein modernes Personalmanagement, welches die
MitarbeiterInnen in die wesentlichen Entscheidungspro-                                             Wesentliche Erfolgskriterien dabei wären:
zesse einbezieht und ihnen Freiraum für eigenständiges,                                            • adaptive Managementprozesse, welche ein an den
verantwortungsbewusstes Handeln bei gleichzeitiger leis-                                             Bedürfnissen der BürgerInnen und der Wirtschaft
tungsorientierter Bezahlung gibt. Dies bedarf auch einer                                             orientiertes Handeln bei gleichzeitig laufenden An-
Führungs- und Verwaltungskultur, die Veränderungspro-                                                passungsmöglichkeiten an geänderte Umfeldbedin-
zesse nicht nur unterstützt sondern auch aktiv fordert.                                              gungen gestattet. Flexible Prozesse sind dabei der
                                                                                                     Schlüssel zum Erfolg, und
Aufgabenkritik und Normenscreeing. Verwaltungshandlun-                                             • Dezentralisierung von Entscheidungen und lokale Au-
gen orientieren sich nach rechtsstaatlichen Prinzipien an                                            tonomie, wobei die Entscheidungsprozesse beschleu-
rahmen- und strukturschaffenden Normen. Zur effizien-                                                nigt, Handeln flexibilisiert und dem Verwaltungs-                                     DI Manfred WUNDARA
                                                                                                                                                                                           Geschäftsführer GIZ-K
ten Gestaltung moderner Verwaltungsprozesse aber auch                                                körper das gesamte Potential der MitarbeiterInnen                                     (Gemeindeinformatik-
zur effizienten Nutzung der Informationstechnologien ist                                             erschlossen wird, also die Rückgabe der Entschei-                                     zentrum Kärnten)
                                                                                                                                                                                           manfred.wundara@
es erforderlich, bestehende Methoden, Strukturen, Nor-                                               dungskompetenz an die bürger- und wirtschaftsnah
                                                                                                                                                                                           giz-k.at
men und gesetzliche Regelungen aber auch Abläufe in                                                  agierenden Teams.
den Verwaltungseinheiten kritisch zu hinterfragen und
im Bedarfsfalle neu zu definieren. Das Normenscreening                                             Viele am Markt erfolgreiche Unternehmungen wie IKEA,
im Zusammenhang mit der Dienstleistungsrichtlinie                                                  DM, Google, Toyota oder DELL nutzen bereits dieses
zeigt hier das Potential einer derartigen Vorgehensweise.                                          Managementmodell in einem dynamischen Umfeld. Die
Dies kann jedoch nicht ein einmaliger Vorgang bleiben                                              öffentliche Verwaltung und gerade Österreich in seiner
sondern sollte als kontinuierlicher Prozess verstanden                                             Vorreiterrolle im Bereich E-Government sollte daraus
werden.                                                                                            einen Nutzen ziehen und ein neues Managementmodell,
                                                                                                   welches die E-Government Bemühungen nachhaltig un-
Die Erreichung dieser Visionen und Zielsetzungen, wel-                                             terstützt, entwickeln. n
che durch das Leitbild skizziert werden, erfordert den
Schritt über die Reorganisation und Automatisierung von
Verwaltungsprozessen hinaus in ein „Next-Generation-
Government“, bei der gestützt auf moderne Technologien
völlig neue Wege und Formen der Verwaltungsdienst-
leistungserbringung - Beyond E-Government - realisiert
werden können. Unternehmungen standen und stehen
                                                                                                             literatur

                                                                                                                         (1) Österreichische E-Government Strategie.
laufend vor ähnlichen Herausforderungen. Auch hier
                                                                                                                         URL: http://www.digitales.oesterreich.gv.at)
stehen bestehende Führungsprinzipien wie hierarchische
Organisationsstrukturen und zentralisierte Entschei-                                                                     (2) Pfläging, N. (2003): Fundamente des Beyond
dungsfindungen im Konflikt mit innovativen Lösungsan-                                                                    Budgeting, In: Controller Magazin 02/2003 .
sätzen und einer Kultur der permanenten Veränderun-                                                                      URL: http:// www.balanced-scorecard.de/docs/
                                                                                                                         Beyondbudgeting8.pdf
gen. Aus diesen Spannungsverhältnis heraus wurde das
Beyond-Budgeting-Modell entwickelt, ein integriertes                                                                     (3) Artikel zu Beyond-Budgeting aus Wikipedia,
Managementmodell, welches aus einem Set von unterei-                                                                     URL: http://de.wikipedia.org
nander interdependenten Prinzipien besteht. In Anleh-
12 |   eGovernment Review | Nr. 4 | Juli 2009                                                                            aktuelle informationen

                      Wahlen 2.0 nun auch in Österreich:
                      E-Voting bei den ÖH-Wahlen 2009
                      Robert Krimmer I Daniel Botz

              Zu einer modernen, globalisierten Gesellschaft gehören auch ebenso modernen Wahlformen, auch wenn
   abstract

              diese vom Status Quo abweichen. Österreich hat diesen mutigen Schritt in Richtung Modernisierung der
              Stimmabgabe auf elektronischem Wege im Zuge der Wahlen zur Österreichischen Hochschülerschaft
              beschritten und reiht sich in die Liste der Innovatoren ein.

                      „e-cht von überall. e-cht zu jeder Zeit.“ lautete ein Slo-   Parallel dazu wurde mit Beginn des Studienjahrs 2008
                      gan der Awarenesskampagne zur Wahl der Österreichi-          die E-Government-Initiative Studi.gv.at gestartet, wo
                      schen Hochschülerschaft (ÖH), die vom 18. bis 22. Mai        Studierende über die Möglichkeiten des E-Government
                      auf elektronischem Wege stattfand. Damit reihte sich nun     und dessen Anwendungen informiert wurden. Bis Ende
                      auch Österreich in die Europäischen Pionier-Länder der       Juni 2009 wurden 14.000 e-cards von Studierenden mit
                      rechtsgültigen, elektronischen Stimmabgabe mit Estland,      der Bürgerkartenfunktionalität ausgestattet.
                      der Schweiz, Großbritannien, den Niederlanden und
                      Frankreich, ein.                                             Im März 2009 war die erste Probe für die Studierenden
                                                                                   der Montanuniversität Leoben und der Wirtschaftsuni-
                      Das „Projekt ÖH-E-Voting“ hat seine Wurzeln im Jahr          versität, wo sie bei einem Usabilitytest erstmals die Mög-
                      2000, als der damalige Vorsitzende der ÖH, Martin Faißt,     lichkeit hatten das Wahlsystem zu testen. Daraus ergaben
                      die Einführung einer Distanzwahlmöglichkeit für Öster-       sich für das Projektteam aufschlussreiche Erkenntnisse.
                      reichs Studierende vom Bildungsministerium einforder-        Die Benutzerführung, die intuitive Erfassbarkeit der
                      te. Ergebnis einer darauf hin gegründeten Arbeitsgruppe      Wahlsystemoberfläche und nicht zuletzt die technische
                      war ein Nationalratsbeschluß am 1. Februar 2001, der eine    Realisation konnten dadurch weiter verbessert werden.
                      elektronische Stimmabgabe im ÖH-Gesetz verankerte.           Dies führte im Endeffekt sicher zu höherer Akzeptanz
                      Bis zur Einführung dauerte es aber noch einige Zeit. Es      unter den WählerInnen.
                      wurden auf Initiative von der Arbeitsgruppe E-Voting.at
                      an der WU zwei Schattenwahlen zu Testzwecken abge-           Im Vorfeld der Wahl gab es zwischen 23 und 30. April
                      halten, deren Ergebnisse nicht rechtsverbindlich waren.      für potentielle E-Voting Wähler die Möglichkeit auf der
                      Diese Erfahrungen brachten den damaligen Innenminis-         Website online die Wahlberechtigung zu überprüfen, und
                      ter Strasser dazu die Möglichkeit von E-Voting im Rah-       so sicherstellen dass man korrekt in Wählerverzeichnis
                      men einer Arbeitsgruppe näher zu untersuchen.                der jeweiligen Universität eingetragen ist. Bei einer feh-
                                                                                   lerhaften Eintragung konnte dagegen Berufung eingelegt
                      Im April 2007 war es nun soweit und Wissenschaftsmi-         werden. Diese Maßnahmen, aber auch unbekannte Vari-
                      nister Johannes Hahn startete die Umsetzung von E-Vo-        able, führten dazu, dass einer Umfrage, die im März vom
                      ting für die ÖH-Wahlen. Dazu wurde er von E-Voting.          Peter Hajek unter 600 Studierenden durchgeführt wurde,
                      CC, dem TU Institut INSO, und der Institut für Verwal-       85% der der Meinung waren, die Stimmabgabe auf elekt-
                      tungsmanagement begleitet. Als technische Projektpart-       ronischem Wege sei „eine gute Sache“. Nur 12% sprachen
                      ner wurden mit dem Bundesrechenzentrum (BRZ) für             sich explizit dagegen aus. Der Bekanntheitsgrad des Be-
                      die Infrastruktur und der spanischem, auf Wahlsysteme        griffes „E-Voting“ entwickelte sich massiv. 2008 wussten
                      spezialisierte, Firma Scytl für die Programmierung des       13%, dass es diese Wahlmöglichkeit gibt und was dies
                      Wahlsystems, zwei sehr erfahrene und kompetente Pro-         bedeutet. In persönlichen Gesprächen mit Kollegen be-
                      jektpartner für die Umsetzung ausgewählt.                    merkt man, dass mittlerweile fast jeder von dieser neuem
aktuelle informationen                                                                        eGovernment Review | Nr. 4 | Juli 2009   | 13

Abb. 1: E-Voting Prozess in Österreich

Wahlkanal weiß und den Begriff der elektronischen Wahl      machen. Der Prozess wurde durch Beigabe der privaten
richtig einordnen kann!                                     Schlüssel der Wahlkommissionsmitglieder und dadurch
                                                            Beginn des eigentlichen Auszählprozesses gestartet. Das
Der Wahlprozess selbst lief folgendermaßen ab. Der          Ergebnis der Stimmenzählung wurde dann vom Bun-
Wähler besuchte im Zeitraum 18. Mai 8 Uhr durchge-          desrechenzentrum an die jeweiligen Wahlkommissio-
hend bis 22. Mai 2009 18 Uhr die Seite der ÖH Wahl          nen übermittelt und dort zur Ermittlung des Gesamt-
(www.oeh-wahl.gv.at) und konnte sich für eine der           ergebnisses herangezogen. In Summe wurden von 2.161
beiden Möglichkeiten zur Authentifizierung mittels          WählerInnen auf elektronischem Wege die Stimmen                 Mag. Robert KRIMMER
Bürgerkarte entscheiden. Entweder mittels der auf           abgegeben, was in etwa 1% der Stimmberechtigten und             E-Voting.CC
                                                                                                                            Geschäftsführender
seinem Computer lokal installierte Bürgerkartensoft-        immerhin einem Anteil von 4% unter allen teilgenom-
                                                                                                                            Direktor
ware, oder über eine neu eingeführte Möglichkeit der        menen Studierenden entspricht.                                  r.krimmer@e-voting.cc
„Online-Bürgerkartenumgebung“. Letztere hatte den
Vorteil, dass keine Software installiert werden muss. Die   Zusammenfassend kann man sagen, dass das System
Stimme wurde abgegeben und mittels digitaler, qualifi-      ohne technische Zwischenfälle funktioniert hat. Die
zierter Signatur bestätigt und an die Wahlkommission        Wahlbeteiligung war im Bereich des erwarteten, die Ak-
verschlüsselt übermittelt und bis zur Auszählung auf        tion zur Verteilung der Bürgerkarten übertraf sogar alle
einem Hochsicherheitsserver im Bundesrechenzentrum          Erwartungen. Komplexe Projekte lassen jedoch immer
verwahrt. Im Zuge der öffentlich stattfindenden Aus-        Raum für Verbesserungen und so wurde zugleich mit
zählung am 28. Mai in den gesicherten Räumlichkeiten        dem Abschluss des Projekts eine Evaluierung gestartet.
des BRZ wurden dann unter Beigabe der vier schlüssel                                                                        Daniel BOTZ
aller Wahlkommissionsmitglieder die Signaturen von          Dieses innovative Projekt ist in jedem Fall ein wichtiger       E-Voting.CC
                                                                                                                            Konferenzmanager
den Stimmen getrennt. Anschließend wurden die Stim-         Schritt in der Wahlgeschichte Österreichs gewesen und           EVOTE2010
men gemischt, um Rückschlüsse von der Reihenfolge           trägt zur Anpassung an Gegebenheiten einer modernen,            d.botz@e-voting.cc
der abgegebenen Stimme auf den Wähler unmöglich zu          globalen Gesellschaft bei. n
14 |   eGovernment Review | Nr. 4 | Juli 2009                                                                                     fachartikel

                      Wiki-basierte Fortschreibung
                      einer Verwaltungsvorschrift
                      Norbert Gronau I Reiner Pokorny I Tanja Röchert-Voigt

              Die Universität Potsdam hat zusammen mit der Landeshauptstadt Potsdam eine Wiki-Lösung zur Aktualisierung einer
   abstract

              innerbehördlichen Verwaltungsvorschrift entwickelt. Herkömmlicherweise wird eine solche Vorschrift in einem langwierigen
              verwaltungsbehördlichen Beteiligungsverfahren fortgeschrieben und aktualisiert, in dem viele Dokumente in unterschied-
              licher Form anfallen. Im konkreten Fall würde die Bearbeitung der Vorschrift mehre Monate in Anspruch nehmen.
              Das Wiki bietet nun eine effiziente Möglichkeit, zeitnah einen abschließenden Entwurf zu realisieren.

                      Ausgangssituation für den Wiki-Einsatz. Die Allgemeine        ven Informationsaustausch anregt und von der Eigenini-
                      Dienst- und Geschäftsordnung (ADGO) der Landes-               tiative der Nutzer lebt (1 S. 22).
                      hauptstadt Pots-dam ist als innerdienstliche Verwal-          Nach einem intensiven Auswahl- und Testverfahren hat
                      tungsvorschrift ein Regelwerk der Verwaltungsführung,         sich ein Open-Source MediaWiki mit einer Open-Source
                      das für alle Mitarbeiter verbindlich ist. Sie dient der Si-   MySQL-Datenbank als für die Verwaltungsanwendung
                      cherstellung des Dienst- und Geschäftsbetriebes. Hier-        geeignete Wiki-Lösung herausgestellt. Neben den Funk-
                      in werden insbesondere die Verantwortlichkeiten und           tionen „Lesen“ und „Bearbeiten“ ist hier auch eine „Dis-
                      die Bearbeitungsprozesse geregelt und ein einheitliches,      kussion“ jeweils zu den einzelnen Vorschriften möglich.
                      zweckorientiertes, wirtschaftliches Vorgehen der Verwal-      Darüber hinaus ist eine Versionsverfolgung und –kont-
                      tung sichergestellt.                                          rolle gegeben. Für eine benutzerfreundliche Handhabung
                      Der Entwurf für eine geänderte ADGO muss im Beteili-          der „Bearbeiten“-Funktion durch die Verwaltungsmitar-
                      gungsverfahren bearbeitet werden. Auf dem vorgeschrie-        beiter wurde ein What-You-See-Is-What-You-Get-Editor
                      benen verwaltungsorganisatorischen Weg werden die             (wikEd) angepasst. Dieser Editor hat den entscheidenden
                      Stellungnahmen und Änderungswünsche der Geschäfts-            Vorteil, dass Programmier- oder Syntaxkenntnisse nicht
                      bereichsleiter und der Fachbereichsleiter eingeholt und       erforderlich sind und die Verwaltungsmitarbeiter Inhalte
                      der Personalrat zusätzlich beteiligt. Die Stellungnahmen      so ändern und ergänzen können, wie sie es mit den jewei-
                      und Änderungswünsche gelangen dann in unterschiedli-          ligen Textverarbeitungsprogrammen gewohnt sind.
                      chen Formen - als Papierdokument mit handschriftlichen
                      Anmerkungen, als digital überarbeitetes Gesamtdoku-           Arbeit mit dem Wiki und erste Evaluationsergebnisse. Ne-
                      ment oder als mit der „Überarbeiten-Funktion“ bearbei-        ben der Implementierung einer verwaltungsspezifischen
                      tetes digitales Dokument - mit durchschnittlich 25 Än-        internen Wiki-Lösung stand das Projekt auch vor der He-
                      derungen pro Dokument an die zuständige Stelle zurück,        rausforderung der Nutzung neuer Technologien durch
                      die dann die Auswertung und Zusammenstellung eines            die Verwaltungsmitarbeiter.
                      endgültigen ADGO-Entwurfs zur Beschlussvorlage beim           Die Anmeldung im Wiki erfolgt aufgrund der verwal-
                      Oberbürgermeister vornimmt. Dieses Verfahren ist nicht        tungsinternen LDAP-Anbindung über die bekannten
                      nur zeitaufwendig, sondern auch sehr arbeitsintensiv für      Benutzernamen und Passwörter. Die jeweiligen Rubri-
                      alle am Prozess Beteiligten.                                  ken „Inhalt der ADGO“, „Glossar zur ADGO“, „Weitere
                                                                                    Dokumente“ und „Schulungsunterlagen“ sind als Link zu
                      Softwareauswahl und -anpassung. Im Rahmen eines halb-         den inhaltlichen Seiten ausgestaltet. Die bearbeitbaren
                      jährigen Projektes wurde eine Wiki-basierte Open-Sour-        Inhalte des Inhaltsverzeichnisses wurden jeweils auf Un
                      ce-Lösung zur Fortschreibung der ADGO im Intranet             terseiten verlinkt, auf denen der Nutzer über den Media-
                      der Verwaltung aufgebaut. Ein Wiki ist ein Kollaborati-       Wiki-typischen „Bearbeiten“-Reiter Inhalte ändern oder
                      onstool und Wissensmanagementwerkzeug (2), das akti-          ergänzen kann.
fachartikel                                                                                               eGovernment Review | Nr. 4 | Juli 2009       | 15

                                                           Bei der Nutzung des Wikis durch einen erweiterten Kreis
                                                           von Verwaltungsmitarbeitern in einer zweiten Stufe, an
                                                           der 30 Führungskräfte, Mitarbeiter aus dem Bereich Per-
                                                           sonal und Organisation, sowie dem Personalrat mitwirk-
                                                           ten, konkretisierte sich, dass die gewohnte herkömmliche
                                                           Arbeitsweise mit der Papierakte die neue Arbeitsweise
                                                           mit dem Wiki noch überschattet. Es konnte festgestellt
                                                           werden, dass eine Delegation der Aufgabe der Bearbei-
                                                                                                                                       Prof. Dr.-Ing. Norbert
                                                           tung durch einen Nutzer aufgrund der Rechtevergabe im
                                                                                                                                       GRONAU
                                                           Wiki nicht mehr möglich ist. Das beeinflusste auch die                      Universiät Potsdam
                                                           Entscheidungsfindung jedes einzelnen am Prozess betei-                      Lehrstuhlinhaber Lehr-
                                                                                                                                       stuhl für Wirtschaftsin-
Abb. 1: Screenshot Wiki der LHP                            ligten Mitarbeiters. Positiv wurde aber hervorgehoben,                      formatik und Electronic
                                                           dass es aufgrund des Wikis möglich sei, schnell auf die                     Government
                                                           Bearbeitungsergebnisse anderer zuzugreifen, diese zu                        norbert.gronau@wi.uni-
                                                                                                                                       potsdam.de
                                                           vergleichen und dazu Stellung zu beziehen.
Darüber hinaus kann im Rahmen der „Diskussion“             Da das Wiki als soziotechnisches System zu verstehen ist
zu jedem inhaltlichen Gliederungspunkt auf spezi-          (3), genügen der Organisationsstruktur angepasste tech-
fische Argumente für die jeweils gewollte Änderung         nische Voraussetzungen nicht allein. Vielmehr ist weitere
hingewiesen werden. Da die Änderungswünsche und            Basisvoraussetzung für einen erfolgreichen Wiki-Einsatz
–gründe nunmehr in einheitlicher digitaler Form vor-       die aktive Nutzung des Tools.
liegen, kann medienbruchfrei insgesamt ein angepasster
ADGO-Entwurf durch die zuständige Stelle gewonnen          Fazit. Insgesamt wird das Wiki als sinnvolles und über-
werden, was gegenüber der herkömmlichen Verfah-            sichtliches Tool für eine praktikable und schnelle Bear-
rensweise eine deutliche Verbesserung darstellt. Über      beitung der ADGO erachtet. Da es als soziotechnisches                       Dr. Reiner POKORNY
die Versionskontrolle kann eine Qualitätssicherung, ge-    System insbesondere von der Eigeninitiative der Mitar-                      Landeshauptstadt
                                                                                                                                       Potsdam
gebenenfalls auch durch Zurücksetzen in einen vorhe-       beiter lebt, ist es notwendig, dass eine entsprechende Or-
                                                                                                                                       Leiter Servicebereich
rigen Bearbeitungsstand, erfolgen. Im Gegensatz zu der     ganisationsstruktur und –kultur gegeben ist.                                Verwaltungsmanagement
herkömmlichen Verfahrensweise besteht nunmehr die          Der Einsatz eines Wikis zur Fortschreibung einer inner-                     reiner.pokorny@rathaus.
                                                                                                                                       potsdam.de
Möglichkeit, dass alle nutzungsberechtigten Mitarbeiter    dienstlichen Verwaltungsvorschrift ist ein neuer, innova-
gleichzeitig innerhalb eines bestimmten, vorgegebenen      tiver Ansatz in Richtung digitale Verwaltung und Abbau
Zeitrahmens ihre Änderungswünsche einpflegen und           innerbehördlicher Bürokratie. n
auch zu Änderungswünschen der anderen Mitarbeiter
Stellung beziehen können. Damit wird die ADGO-Fort-
schreibung auch zeitlich effizienter.
Nach einer kurzen Testphase mit zehn zuvor geschul-
                                                                literatur

ten Mitarbeitern in einer ersten Stufe der Wiki-Nut-                        (1) Leuf, B./ Cunningham, W. (2001): The Wiki-Way –
zung, konnten erste Erfahrungen gesammelt werden.                           Quick Collaboration on the Web. New-York.
Alle Mitarbeiter standen dem Einsatz eines solchen Tools                    (2) Müller, C./ Dibbern, P. (2006): Selbstorganisiertes
grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber. Ferner gestalte-                    Wissensmanagement in Unternehmen auf Basis
                                                                                                                                       RAin Tanja RÖCHERT-
te sich die Arbeitsweise mit dem Wiki aufgrund des Edi-                     der Wiki-Technologie - ein Anwendungsfall. In:             VOIGT
tors benutzerfreundlich, weil sie dem Umgang mit den                        Hildebrandt, K./Hoffmann, J. (Hg.): Social Software, HMD   Universität Potsdam
gewohnten Textverarbeitungsprogrammen entsprach.                            – Praxis der Wirtschaftsinformatik, 252, 6, S. 45-54.      wiss. Mitarbeiterin am
                                                                            Heidelberg.                                                Lehrstuhl für Wirtschafts-
Konkret würden sieben der zehn Mitarbeiter der ers-                                                                                    informatik und Electronic
ten Stufe mit dem Tool arbeiten wollen. Die ablehnende                      (3) Müller, C./ Gronau, N. (2008): Wikis. In: Back, A./    Government
Haltung von drei Mitarbeitern resultierte aus einer ge-                                                                                tanja.roechert-voigt@
                                                                            Gronau, N./ Tochtermann, K.: Web 2.0 in der Unterneh-
                                                                                                                                       wi.uni-potsdam.de
nerellen Unsicherheit im Umgang mit der rein digitalen                      menspraxis. Grundlagen, Fallstudien und Trends zum
Verwaltungsarbeit am Bildschirm.                                            Einsatz von Social Software, S.10-17. München.
16 |   eGovernment Review | Nr. 4 | Juli 2009                                                                                     fachartikel

                      HERA: Eine modellgetriebene Referenz-
                      architektur zur Unterstützung organisations-
                      übergreifender E-Government Prozesse
                      Ulrich Reimer I Stephan Streit

              Im Projekt HERA wurde ein generischer Ansatz zur Unterstützung organisationsübergreifender E-Government-Prozesse
   abstract

              entwickelt. Der Ansatz basiert auf einer Referenzarchitektur, in welche mittels eines modellgetriebenen Ansatzes
              konkrete Anwendungsmodelle hineingeneriert werden können. In HERA ist dieses Vorgehen für die Realisierung des
              E-Government-Prozesses für die Gewinnsteuererklärung für juristische Personen eingesetzt und anschliessend
              mit den Anwendungspartnern evaluiert worden.

                      Die Erbringung einer behördlichen Dienstleistung ist oft    • Der Prozess untergliedert sich in mehrere (organi-
                      ein organisationsübergreifender Prozess mit mehreren          sationsübergreifende) Teilprozesse („Jahresabschluss
                      Beteiligten, wie Behörden, Unternehmen, Bürger, etc. So       erstellen“, „Steuererklärung erstellen“, etc.).
                      beinhaltet die Einreichung der Gewinnsteuererklärung        • Jeder Teilprozess hat einen Hauptverantwortlichen,
                      (in der Schweiz) nicht nur den Schritt der eigentlichen       der den Teilprozess steuert und treibt. Jedem Teilpro-
                      Einreichung des Steuerformulars, sondern auch dessen          zess sind mehrere Prozessteilnehmer mit bestimmten
                      Vorbereitung mit Treuhändern und Revisionsstellen, die        Rollen zugeordnet.
                      Verschickung des Veranlagungsbescheids, die Behand-         • Innerhalb der Teilprozesse gibt es keinen fest vordefi-
                      lung von Nachforderungen usf.                                 nierten Workflow. Die Aktivitäten in den Teilprozes-
                      Die Entwicklung eines Frameworks zur Unterstützung            sen sind zielorientiert von dem Teilprozessverantwort-
                      organisationsübergreifender E-Government-Prozesse             lichen gesteuert und haben mehr Kollaborations- als
                      war der Gegenstand des Projekts HERA (siehe auch:             Prozesscharakter.
                      http://www.hera-projekt.ch) (2). Das Projekt verfolgte
                                                                                  • Die Prozessdauer kann Monate oder gar Jahre dau-
                      die folgenden Ziele:
                                                                                    ern, woraus eine ungenügende Transparenz bzgl. Sta-
                                                                                    tus des Prozesses, seiner Historie sowie den aktuellen
                      • die Entwicklung einer generischen Referenzarchitek-
                                                                                    Verantwortlichkeiten und Aufgaben resultiert.
                        tur, die organisationsübergreifende E-Government-
                        Anwendungen und -Prozesse unterstützt;
                                                                                  Ein spezielles Merkmal des Prozesses (wie anderer orga-
                      • die prototypische Implementierung des E-Govern-           nisationsübergreifender E-Government-Prozesse) ist die
                        ment-Prozesses für die Einreichung der Gewinnsteu-        Untergliederung in Teilprozesse auf der einen Seite und
                        ererklärung für juristische Personen, um die Praxist-     die stark ad-hoc-artige Kommunikation innerhalb der
                        auglichkeit der Referenzarchitektur zu illustrieren;      Teilprozesse auf der anderen. Eine Workflow-Unterstüt-
                                                                                  zung auf der Ebene der Teilprozesse ist deshalb sinnvoll,
                      • die Realisierung eines modellgetriebenen Ansatzes,        nicht jedoch innerhalb der Teilprozesse. Andererseits
                        um auf einfache Weise die fachliche Logik einer kon-      ist die gewünschte Prozesstransparenz nur realisierbar,
                        kreten Anwendung (wie die Gewinnsteuererklärung)          wenn das HERA-System auch die kollaborativen Aktivi-
                        in die generische Referenzarchitektur zu bringen und      täten innerhalb der Teilprozesse mitverfolgt. Es ist des-
                        über deren Lebensdauer hinweg leicht warten zu kön-       halb vorgesehen, dass alle diese Aktivitäten innerhalb des
                        nen.                                                      HERA-Systems angestoßen werden und jeglicher Aus-
                                                                                  tausch zwischen den involvierten Personen über HERA
                      Integration von Prozess- und Kollaborationsunterstützung.   läuft. Ein Benutzer initiiert eine Kollaborationsaktivität,
                      Eine detaillierte Analyse des bestehenden Prozesses der     z.B. um eine elektronische Unterschrift einzuholen, feh-
                      Gewinnsteuererklärung ergab die folgenden Charakte-         lende Buchungsbelege anzufordern oder eine Steuerer-
                      ristika:                                                    klärung einzureichen.
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