Elektronische Wahlen E-Government Memorandum 2013 | Online Formulare
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Ausgabe Nr. Juli 2009 ISSN 1997-4051 4 Elektronische Wahlen E-Government Memorandum 2013 | Online Formulare
eGovernment Review | Nr. 4 | Juli 2009 | 3 Editorial Liebe E-Government Interessierte, Auch in der 4. Ausgabe von eGovernment Review er- informieren über die vor kurzem stattgefundene Wahl warten Sie interessante Beiträge zum Thema E-Govern- der Österreichischen Hochschülerschaft die erstmals als ment. Im Interview mit Prof. Reinhard Posch wird u.a. elektronische Wahl durchgeführt wurde. Etwa 4% der auf Weiterentwicklungen im Umfeld von E-Government teilnehmenden Wähler hat diese Form der Stimmabgabe auf Grund rechtlicher Veränderungen eingegangen. Die gewählt. Daran ist deutlich zu sehen, welches Potential EU-Dienstleistungsrichtlinie ermöglicht ausländischen hier noch vorhanden ist. Unternehmen alle Behördenverfahren über einen einheit- FH-Prof. Dr. Wolfgang lichen Ansprechpartner abzuwickeln. Dieses innovative Im Abschnitt mit den Fachartikeln sind wieder eine Reihe Eixelsberger Konzept ermöglicht einen radikal vereinfachten Zugang hochwertiger Artikel zu finden, die einen Reviewprozess Fachhochschule Kärnten Studiengang zur Verwaltung. Mittelfristig ist davon auszugehen, dass durchlaufen haben und vom eGovernment Review Bei- Public Management auch inländischen Unternehmen die gleiche Möglichkeit rat zur Veröffentlichung freigegeben wurden. Die Artikel geboten werden wird. Konsequenterweise wird die Frage spannen einen weiten Bogen von Referenzarchitekturen diskutiert werden müssen, ob man nicht auch den Bür- bis zu elektronischen Vollmachten. Damit wird wieder die gern diese Möglichkeit bieten sollte. Das könnte in der Vielfältigkeit der Aktivitäten im Umfeld von E-Govern- Verwaltung für große Umwälzungen sorgen und könnte ment deutlich. Vielfalt im Sinne technischer und organi- zur Vereinheitlichung von Verfahren beitragen und gene- satorischer Lösungen, aber auch Lösungen für verschie- rell für eine Erhöhung der Kunden- sprich Bürgerzufrie- dene Zielgruppen und Verwaltungsbereiche. Es ist davon denheit sorgen. auszugehen, dass diese Vielfalt in den kommenden Jahren noch ansteigen wird und das Thema E-Government so- Im aktuellen Teil der vorliegenden Ausgabe wird das wohl inhaltlich als auch thematisch noch einiges Entwick- E-Government Memorandum 2013 vorgestellt. Die Au- lungspotential aufweist. toren präsentieren einen neun-Punkte Katalog dessen Umsetzung einen wesentlichen Schritt für die Zukunft Wir wünschen Ihnen viel Lesevergnügen mit der vierten des E-Government darstellt. Zentrale Anliegen sind u.a. Ausgabe von eGovernment Review, die Verbindung der Verwaltungsmodernisierung mit E- Government, eine österreichweit abgestimmte Entwick- lung der E-Services und die organisationsübergreifende (Neu)Gestaltung von Prozessen. Die Themen weisen auf eine zu verbessernde Koordination hin. Unabgestimmtes Vorgehen ist ein wesentlicher Schwachpunkt bei vielen E- FH-Prof. Dr. Wolfgang Eixelsberger Government Aktivitäten. Hier ist insbesondere auch die Studiengang Public Management Politik gefordert, die anstehende Verwaltungsreform als Fachhochschule Kärnten gesamtheitliches Thema zu erkennen und Maßnahmen zu setzen, um Modernisierungsmaßnahmen mit E-Govern- info ment Aktivitäten zu vereinen. eGovernment Review veröffentlicht ausgewählte Artikel zu verschiedensten Aspekten von E-Government. Wenn Sie einen Artikel in eGovernment Review veröffentlichen Manfred Wundara diskutiert in seinem Beitrag „Beyond wollen, senden Sie eine Kurzbeschreibung (zwischen E-Government“ Visionen für ein zukünftiges E-Govern- 150 und 300 Worte) an w.eixelsberger@fh-kaernten.at. ment. In diesem „Next-Generation-Government“ sol- Der eGovernment-Review-Beirat wird die eingereichten len gestützt auf die IuK-Technologien völlig neue Wege Artikel bewerten und selektierte zur Veröffentlichung und Formen der Verwaltungsdienstleistungserbringung freigeben. Einreichungen für die fünfte Ausgabe werden bis zum 12. Oktober 2009 angenommen. realisiert werden. Robert Krimmer und Daniel Botz
4 | eGovernment Review | Nr. 4 | Juli 2009 eGovernment-Review-Beirat Der Beirat wählt die zu erscheinenden Artikel aus, schlägt Interviewpartner vor und gibt Input zur generellen Ausrichtung von eGovernment Review. FH-Prof. Dr. Dietmar Brodel Rektor der Fachhochschule Kärnten, Leiter Studienbereich Wirtschaft Fachhochschule Kärnten FH-Prof. Dr. Wolfgang Eixelsberger Professur aus Wirtschaftsinformatik Fachhochschule Kärnten Dr. Peter Parycek, MSc Zentrumsleiter Zentrum für E-Government Donau-Universität Krems Lektor FH Kärnten Prof. Dr. Reinhard Posch Leiter des IAIK (Institute for Applied Information Processing and Communications) TU Graz CIO des Bundes Prof. DI. Dr. Reinhard Riedl Leiter Kompetenzzentrum Public Management & E-Government Berner Fachhochschule Prof. Dr. Jürgen Stember Dekan Fachbereich Verwaltungswissenschaften Hochschule Harz DI. Manfred Wundara CIO der Stadt Villach Mitglied des Präsidiums des Fachausschusses für Informationstechnologie des Österreichischen Städtebundes Leiter der Arbeitsgruppe Q-SKF der Plattform Digitales Österreich
eGovernment Review | Nr. 4 | Juli 2009 | 5 Inhalt Ausgabe Nr. 4 | Juli 2009 „Der Nutzen muss der Technologie noch folgen“ 6 aktuelle informationen Interview mit Reinhard Posch (CIO des Bundes) E-Government Memorandum 2013 8 Harald Hoffmann (METADAT) I Gerhard E. Ortner (FernUniversität Hagen) I Peter Parycek (Donau-Universität Krems) I Walter Seböck (Donau-Universität Krems) I Arthur Winter (Bundesministerium für Finanzen) Beyond E-Government 10 Manfred Wundara (Gemeindeinformationszentrum Kärnten) Wahlen 2.0 nun auch in Österreich: E-Voting bei den ÖH Wahlen 2009 12 Robert Krimmer I Daniel Botz (E-Voting.CC) Wiki-basierte Fortschreibung einer Verwaltungsvorschrift 14 fachartikel Norbert Gronau (Universität Potsdam) I Reiner Pokorny (Landeshauptstadt Potsdam) I Tanja Röchert-Voigt (Universität Potsdam) HERA: Eine modellgetriebene Referenzarchitektur 16 Ulrich Reimer I Stephan Streit (Fachhochschule St. Gallen) Mehr als bloß Europas Meister im eGovernment 18 Christine Leitner I Marleen Haase (Donau-Universität Krems) Verifizierbarkeit elektronischer Wahlen 20 Lucie Langer I Axel Schmidt I Melanie Volkamer (Technische Universität Darmstadt) Elektronische Vollmachten im österreichischen E-Government 22 Thomas Rössler I Arne Tauber (TU Graz) E-Partizipation-Bus 24 Andreas Spichiger I Michael Kaschewsky (Berner Fachhochschule) Neue Formen der Zusammenarbeit 26 Silke Weiß I Josef Makolm (Bundesministerium für Finanzen) Online-Formulare für die Kärntner Gemeinden 28 Roland Wohlfahrt I Ulrike Dummer (Gemeindeinformatikzentrum Kärnten) MyHELP.gv.at 30 Harald Pirker I Peter Reichstädter (Bundeskanzleramt) Testen komplexer E-Government-Systeme 32 Andrea Kling I Richard Seidl (ANECON Software Design und Beratung GmbH) Sinn und Nutzen einer klaren Strategie für E-Government 34 Michael Kaschewsky I Andreas Kühn (Berner Fachhochschule) E-Government Tagungen, Konferenzen und Messen 36 service E-Government Publikationen 38
6 | eGovernment Review | Nr. 4 | Juli 2009 aktuelle information „Der Nutzen muss der Technologie noch folgen“ interview Prof. Reinhard Posch ist seit 2001 Chief Information Officer (CIO) des Bundes. Er leitet das IAIK (Institut für Angewandte Informationsverarbeitung und Kommunikationstechnologie) an der TU Graz und ist seit 1999 wissenschaftlicher Leiter von A-SIT. Seit 2007 ist er Vorsitzender von ENISA (European Network and Information Security Agency). Seit 2001 sind Sie CIO des Bundes. In welcher Form gestalten Eine zweite Entwicklung wird in Richtung Verbreitung Sie E-Government in Österreich mit? gehen. Wir haben derzeit eine sehr gute Infrastruktur im In meiner Funktion als „Chief Information Officer“ bin Bereich des Back Offices. Es gibt verschiedene Bereiche, ich Vorsitzender der Plattform „Digitales Österreich“. wie den elektronische Akt, den Portalverbund, verschie- Diese Plattform besteht operativ aus zwei Gremien. Das dene Register und ähnliche Aktivitäten. Im Front-Office, eine Gremium ist IKT-Bund, indem alle Ministerien zu den Bürgerinnen und Bürgern, sind wir in einzelnen durch Ihren CIO vertreten sind. Das zweite Gremium Punkten, wie in etwa im Bereich FinanzOnline, sehr gut ist die Kooperationsgruppe Bund, Länder, Städte, Ge- aufgestellt. In anderen Bereichen, in denen die Bürger re- meinden, Sozialversicherung und auch Wirtschaftsver- lativ selten Kontakt zur Verwaltung haben, gibt es noch treter und auch Vertreter der freien Berufe (BLSG). Vor einiges zu tun. Die Themen, elektronische Dokumente allem in dieser zweiten Gruppe werden die strategieori- und elektronische Zustellung, werden in den nächsten entierten Themen insoweit behandelt, als dort für Öster- drei bis vier Jahren eine deutlichen Schub bescheren. reich wichtige Konventionen und Standards in Arbeits- gruppen erarbeitet und dann gemeinsam verabschiedet Der dritte Aspekt stellt einen Wandel der Paradigmen werden. Damit besteht eine relativ gute Koordination und der Methoden im E-Government dar. Am Thema über die verschiedenen Ebenen hinweg. In den letzten EU-Dienstleistungsrichtlinie, die am 28. Dezember 2009 Jahren konnten wir damit beweisen, dass die Koordi- umgesetzt sein muss, lässt sich das bereits gut darstellen. nation in der Praxis erfolgreich ist. Wenn danach ein Unternehmen in der EU einen An- trag stellt und die Verwaltung nicht innerhalb einer be- Wie sehen Sie generell die Weiterentwicklung im E-Govern- stimmten Zeit reagiert, dann ist der Antrag automatisch ment in Österreich in den nächsten Jahren? genehmigt. Für die Unternehmen bewirkt das ein ganz Die Weiterentwicklung von E-Government wird durch anderes Verwaltungsparadigma. Das Verfahren ist nicht drei Elemente geprägt sein. Zum einen die internationa- mehr geprägt von Warten und Unsicherheit, sondern le Entwicklung auf EU-Ebene. Die derzeit stattfinden- ist ein sehr strukturiertes und europaweit koordiniertes den Großflächenversuche, die sogenannten „Large-Sca- Verfahren, in welchem das betroffene Unternehmen sehr le-Pilots“, an denen auch Österreich teilnimmt, werden genau abschätzen kann, wie die Verwaltung sich verhal- intensiviert werden. Sie werden im Rahmen der nächs- ten wird. Wir werden aber auch in anderen Verfahren, ten Kommissionsperiode zu sogenannten „European möglicherweise zur Steigerung der Effizienz, aber auch Large Scale Actions“ voraussichtlich mit einem Budget zur Steigerung des Komforts, neuere Methoden sehen. von 400 bis 500 Millionen Euro ausgeweitet werden. Die Stadt Graz beginnt in diesem Herbst, Bauverfahren Diese werden durch drei Schwerpunkte geprägt sein, auf sogenannte ontologiebasierte Systeme umzustel- wobei ein Schwerpunkt die elektronische Identifikation len, in denen eine sehr rasche und sehr intensive Kopp- sein wird. lung zwischen dem Gesetzeswerk und dem Verfahren
aktuelle information eGovernment Review | Nr. 4 | Juli 2009 | 7 stattfindet. Das Verfahren wird nicht, wie wir es gewohnt Ausgleich, dieses Abgrenzen der Rechtsräume besser in sind, explizit ausprogrammiert, sondern automatisch ge- den Griff zu bekommen. Heute bekommen Sie ca. 70 bis neriert werden. 80 % Mails als Spam, obwohl wir in Österreich und Eu- ropa sehr strikte Spam-Gesetze haben, diese aber nicht Vor einigen Wochen bestand bei den Österreichischen Hoch- durchsetzen können. Das Vertrauen der Benutzer kann schülerschaftswahlen erstmals die Möglichkeit zur elektro- durch geeignete Mechanismen durchaus gestärkt werden, nischen Wahl. Wie sehen Sie hier die weitere Entwicklung in zum Beispiel wenn der Benutzer sicher sein kann, sich den nächsten Jahren? bei einem europäischen Anbieter zu befinden und nicht Ich hätte mir persönlich gewünscht, dass man mehr in- irgendwo sonst. haltliche Erfahrung herausbekommt und weniger emoti- onale Kommunikation betreibt. Das Thema wurde leider Obwohl E-Government bereits seit vielen Jahren ein wich- von Anfang an auf einer emotionalen Ebene gespielt. Die tiges Thema ist, wird es in der Öffentlichkeit nicht wirklich Gruppe von Wissenden bzw. Studierenden stellt eine ide- wahrgenommen. Was könnte hier getan werden? ale Gruppe zur Abhaltung einer solchen Wahl dar. Jeder E-Government ist in der Tat in der breiten Öffentlichkeit dieser Studierenden - zumindest an meiner Universität kein Thema. Einerseits deshalb, weil das Thema „elektro- – kann all seine Erledigungen, ob es jetzt Studienange- nische Verwaltung“ im Ausbildungsbereich deutlich un- legenheiten oder sonstige sind, nur elektronisch durch- terrepräsentiert ist und andererseits hängt es auch damit führen. Umso verwunderlicher sind die Emotionen zu zusammen, dass das Thema viel zu wenig in den Medien diesem Thema. Was wir daraus gelernt haben ist, dass transportiert wird. Es ist mir deshalb ein Anliegen, weil man auch nochmals nachdenken muss, welche Emotio- auf der einen Seite viel über Verwaltungsvereinfachung nen hier hineingebracht werden. Die Frage der Sicherheit und über Einsparungen in der Verwaltung gesprochen wurde hochgespielt und da stellt sich auch die Frage, wel- wird und dort wo wir etwas erreichen könnten, nämlich ches Vertrauen in der Umsetzung erreicht wird. In diesem durch die breite Beteiligung der Bürgerinnen und Bür- Bereich wird man möglicherweise auch im technischen ger am E-Government, dort ist die mediale Umsetzung Sinne nachdenken müssen. Wir haben jedenfalls noch zu schwach. Dieses „gemeinsame Anliegen“ müssen wir einen langen Weg vor uns, bevor wir an elektronische ein Stück vorantreiben. Dabei können sehr triviale „Maß- Wahlen in einem anderen Umfeld denken können. Zum nahmen“, wie z.B. das Thema E-Government einfach einen brauchen wir dazu eine Verfassungsmehrheit, zum auch im Mediengeschehen ins Gerede zu bringen etwas anderen ist die Infrastruktur, die auf Universitäten sehr bewirken. In dem Moment, wo Funktionen wie elektro- wohl gegeben ist, im breiten Umfeld ja nicht gegeben und nische Zustellung u.ä. zur Verfügung stehen und genutzt wir haben nicht alle Wahllokale elektronisch ausgerüstet. werden, spart sich der Einzelne ja tatsächlich etwas. Ein Ich glaube, dass es trotzdem ein Signal in Richtung elekt- Beispiel ist ein Pendler, der nicht zu Hause bleiben muss, ronische Bürgerbeteiligung gibt. Ich meine jetzt gar nicht um seinen RSA-Brief abzuholen, sondern diesen elekt- so sehr das Wählen einer Partei, sondern die Teilnahme ronisch zugestellt bekommt. Volkswirtschaftlich gese- am Verwaltungsgeschehen. In diesem Bereich wird man hen ist das natürlich ein immenser Faktor den wir hier Technologien einsetzen wollen, um den Bürgerinnen und erreichen könnten und hier müssen wir gemeinsam was Bürger mehr Möglichkeiten einzuräumen, sich gegenüber unternehmen. Zum einen auf der Informationsseite, zum der Verwaltung und deren Vorhaben äußern zu können. anderen auf der Medienseite. Ziel soll es sein, das Thema E-Government in das Bewusstsein der Bürgerinnen und Sie haben das Thema IT-Sicherheit gerade angesprochen. Bürger zu verankern. Wir haben derzeit kein Problem, Welche Entwicklungen wird es im Umfeld von E-Government dass wir zu wenig Technologie umgesetzt haben, sondern in den nächsten Jahren dazu geben? wir haben eher das Problem, dass die umgesetzte Techno- IT-Sicherheit ist keine spezifische E-Government Frage. logie zu wenig bekannt ist und zu wenig genutzt wird. n Wenn Sie heute die großen Risiken im Bereich der IT- Sicherheit sehen, dann kommen diese Risiken zum über- wiegendem Prozentsatz aus anderen Rechtsräumen, wie aus Fernost oder Südamerika. Wir werden natürlich mit der ansteigenden Frequenz auch Attacken im Umfeld von E-Government bemerken. Wir werden uns überlegen müssen, ob wir im Internet der Zukunft bessere Gover- nance, einen Steuerungsmechanismus haben, um diesen Das Interview wurde geführt von Wolfgang Eixelsberger.
8 | eGovernment Review | Nr. 4 | Juli 2009 aktuelle informationen E-Government Memorandum 2013 Harald Hoffmann I Gerhard E. Ortner I Peter Parycek I Walter Seböck I Arthur Winter E-Government beschreibt eine durch Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) unterstützte Verwaltungs- abstract modernisierung sowie den Informationsaustausch zwischen BürgerInnen, Staat, Wirtschaft und Nichtregierungsorganisationen auf Basis moderner Kommunikationsformen. Hierbei ermöglicht die IKT einen fundamentalen Einschnitt, da neue Technologien nicht als Unterstützung der bisherigen Strukturen und Kommunikationswege zu betrachten sind, sondern Möglichkeiten bieten, die Beziehungen innerhalb der Verwaltung sowie zwischen Behörden und ihren KundInnen grundlegend neu zu gestalten. 1. Verwaltungsmodernisierung mit E-Government verbinden. prozesse, die One-Stop-Zugänge mit einheitlichen An- Die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen ist einer sprechpartnern und Prozessverantwortlichen bieten. der zentralen Bereiche von E-Government und kann Das bisherige Abfrageparadigma der Behörden muss einen Eckpfeiler einer Verwaltungsreform darstellen. in vielen Fällen geändert werden. Nicht der Blick auf Durch die Verwendung moderner Technologien sollen in die gesamten Daten des Registers sondern die Status- der Verwaltung redundante Prozesse obsolet werden und meldung aus dem Register muss die Regel werden, so Kontrollmechanismen trotz verkürzter Abläufe intensiver dass als Antwort „Ja“ oder „Nein“ ausreicht (z.B. „Hat greifen. Gut geschulte Bedienstete können die durch IKT österreichische Staatsbürgerschaft?“). Allerdings bedarf ermöglichten, neuen Kooperationsmodelle für Behörden es klarer Vereinbarungen, wer für welche Daten verant- effektiv nutzen und dazu beitragen, dass E-Government wortlich ist, und wer unter welchen Bedingungen auf die herrschenden Prozessstrukturen und räumlichen Be- diese zugreifen darf. grenzungen sprengt. 4. Ortsunabhängige Eingaben ermöglichen. Grundsätzlich 2. E-Services Bundesweit weiterentwickeln. Digitalisierung ist festzuhalten, dass aus technischer Sicht jede elektroni- darf keine bloße Spiegelung der „Papierwelt“ bedeuten, sche Eingabe an eine Behörde bereits eine ortsunabhängi- sondern muss zu neuen Ansätzen bei der Speicherung ge Eingabe darstellt. Ab der ersten erledigten Bearbeitung und beim Abrufen von Informationen führen. Daraus liegt die Information bei der sachlich zuständigen Behör- sollen Erleichterungen für BürgerInnen entstehen, die de. Neben der digitalen ortsunabhängigen Eingabe muss mit einer pro-aktiven Verwaltung kommunizieren und auch eine reale Eingabe bei einer örtlich „unzuständigen“ über anstehende Leistungen vorab informiert werden (1). Behörde möglich werden. Beispielsweise erinnert eine moderne Verwaltung auto- matisch an den Ablauf einer Frist, und das Vorlegen ei- 5. BürgerInnen- und Unternehmensportale einrichten. Der nes Meldezettels wird durch das Zentrale Melderegister One-Stop-Zugang zu allen am Verfahren beteiligten Stel- (ZMR) der Vergangenheit angehören, da Behörden auto- len erfordert eine einheitliche Schnittstelle für die Ein- matisch auf bestimmte Daten Zugriff haben. Solche Ein- und Ausgabe. Mittels Single-Sign-On (einfaches und ein- richtungen verstärken den Servicecharakter bestehender heitliches Identitäts- und Accessmanagement) können Behörden und lassen BürgerInnen schnell einen persön- User Anträge stellen, Informationen abrufen, Bescheide lichen Nutzen von E-Government erkennen. erhalten etc. Dabei könnte die Authentifizierung einer- seits mittels Bürgerkarte erfolgen, andererseits durch den 3. Organisationsübergreifende Prozesse neu gestalten. Ak- Provider. Auf einem zentralen Portal für BürgerInnen tuell verlangt die Umsetzung der sogenannten Dienst- bzw. Wirtschaft könnten Dienste für bestimmte Anliegen leistungsrichtlinie automatisierte organisationsüber- gebündelt bereitstehen. Eine naheliegende Überlegung greifende Prozesse. Mittelfristig wird der Einsatz von wäre, HELP.gv.at als umfassendes Informations- und Ser- IKT generell zum Treiber für innovative Verwaltungs- viceportal auszubauen.
aktuelle informationen eGovernment Review | Nr. 4 | Juli 2009 | 9 Das virtuelle Amt ist dennoch kein ausreichender Ersatz gelnden Schreib- und Lesekompetenzen vor erheblichen für die individuelle Betreuung im Gemeindeamt. Selbst bis unüberwindlichen Problemen. Alphabetisierung, Ba- internetaffine BürgerInnen, die gerne vollautomatisierte sisbildung und Sprachkenntnisse sind daher unerlässliche Angebote wie Meldebestätigung oder Strafregisteraus- Grundvoraussetzungen für die aktive Beteiligung aller Dr. Harald HOFFMANN zug annehmen, greifen bei komplexeren Anliegen auf gesellschaftlichen Gruppen. Zusätzlich sollten essentielle Gastprofessor der Donau- Universität. Gründer des persönliche Beratung zurück. Allerdings können diese E-Government Informationen auch mehrsprachig ange- Beratungsunternehmens Amtswege online vorbereitet werden, indem man sich boten werden. METADAT vorab informiert, Unterlagen zusammenstellt und mit- Je höher der Bildungsstand und damit zusammenhän- harald.hoffmann@metadat.com tels HELP-Kalenderservice einen Wunschtermin für die gend die Medienkompetenz, desto größer ist in der Regel persönliche Beratung reserviert. die Motivation, sich durch IKT mit staatlichen Einrich- tungen in Verbindung zu setzen. Zusätzlich verstärkt sich 6. Mehr-Kanal-Zugänge zu E-Services eröffnen. Kein In- diese Entwicklung demographisch durch das Heranwach- formationskanal kann sämtliche Anforderungen allein sen einer neuen Generation von „Digital Natives“, denen erfüllen, auch wenn das Internet als konvergentes Me- die virtuelle Welt vertraut ist. Bildungsmaßnahmen für dium die Einbindung verschiedener Medien ermöglicht. „Digital Skills“ erleichtern die E-Inclusion benachteiligter Verschiedene Kommunikationsmöglichkeiten parallel Bevölkerungsgruppen, wie etwa Senioren. Univ.-Prof. Dr. Dr. Gerhard E. ORTNER anzubieten, um die öffentlichen Services allen BürgerIn- FernUniversität Hagen nen zugänglich zu machen, ist als ein Grundangebot der 9. Teilnahmemöglichkeiten bieten. Zur Einbindung der Universitätsprofessor für Betriebswirtschaftslehre Verwaltungsreform auch demokratiepolitisch obligat. breiteren Öffentlichkeit bietet sich das sogenannte Web gerhard.ortner@ Nicht zuletzt aufgrund der „Digitalen Kluft“ sind neben 2.0 an, das unterschiedliche Kommunikationsplattfor- fernuni-hagen.de Online- auch Offline-Zugänge anzubieten. Durch die men bietet. Die Zusammenarbeit „auf gleicher Augenhö- fortschreitende Digitalisierung wurde kein Medium ob- he“ zwischen BürgerInnen und Politikern stärkt die zi- solet, vielmehr ergänzen sich die Kanäle für verschiedene vilgesellschaftliche Selbstorganisation und kann letztlich Gruppen von NutzerInnen und deren Bedürfnisse (2). zu einer neuen demokratischen Qualität beitragen. So Sämtliche Services sollten österreichweit bzw. internati- können elektronische Medien und digitale Services dazu onal einheitlich gestaltet sein, um die Kontaktaufnahme beitragen, das Engagement bei Beteiligungsprozessen zu und Informationsbeschaffung zu erleichtern. erhöhen und das Interesse der BürgerInnen für Anliegen des Gemeinwesens zu aktivieren (3). Deshalb ist ange- Dr. Peter PARYCEK, MSc Donau-Universität Krems 7. Datenschutz und Transparenz vereinbaren. Österreich sichts des gesunkenen Vertrauens in die Parteienpolitik Zentrumsleiter für spielt eine Vorreiterrolle in der Nutzung elektronischer auch in Österreich der Ausbau von E-Partizipationsange- E-Government peter.parycek@donau-uni.ac.at Register, doch diese durchaus wünschenswerte Entwick- boten unverzichtbar. n lung hin zu Standardisierung, Zentralisierung und Ver- knüpfung bisher getrennter Systeme erhöhen die Risiken des Datenmissbrauchs. Laufende Kontrollen durch un- literatur abhängige Einrichtungen, effektiver Rechtsschutz und (1) Aichholzer, G. (2007): E-Government als globales Transparenz sollen sensible Daten schützen. E-Govern- Projekt – Divergente Entwicklungsmuster und Wir- ment bietet jedenfalls einfache technische Möglichkeiten, kungsbefunde. [Buchverf.] Alfons Bora ua. Technology den gesetzeskonformen Umgang mit personenbezogenen Assessment in der Weltgesellschaft. Berlin. Dr. Walter SEBÖCK, MSc Daten zu protokollieren und kontrollieren. Hierbei kön- (2) Wesselmann, C. (2002): Internet und Partizipa- MBA nen auch die einzelnen BürgerInnen Datenverantwor- tion in Kommunen – Strategien des optimalen Donau-Universität Krems Leiter des Zentrums für tung übernehmen, indem sie beispielsweise ihre Steuer- Kommunikations-Mix. Wiesbaden. Praxisorientierte Informatik und Pensionskonten abrufen, überprüfen, etwaige Fehler walter.seboeck@donau- (3) Bieber, C./ Leggewie, C. (2006): Innovationsrheto- uni.ac.at melden und nachvollziehen, wer wann auf welche Daten rik, Innovationsresistenz, Innovationsdesirate – Das zugegriffen hat. Dieses „informationelle Selbstbestim- Beispiel E-Demokratie. [Buchverf.] Olga Drossou mungsrecht“ stärkt darüber hinaus das Vertrauen in die ua. Die wunderbare Wissensvermehrung – Wie Open öffentliche Verwaltung – eine unerlässliche Grundlage Innovation unsere Welt revolutioniert. Hannover. für pro-aktive Verwaltungsservices. info 8. Alle Gesellschaftsgruppen integrieren. Sämtlichen Bevöl- Weiter Informationen und Diskussionsmöglichkeiten finden Sie auf dem neuen Blog des Zentrums für kerungsgruppen muss nichtdiskriminierender Zugang E-Government – http://digitalgovernment.wordpress. SC Dr. Arthur WINTER zu E-Services gewährleistet werden. Hierfür müssen von Bundesministerium für com/egov2013. Eine ausführliche Version dieses Artikels Seiten der Anbieter technische und ökonomische Hürden erschien in Jahnel, D. (Hg.) (2009): Datenschutzrecht Finanzen Leiter der Sektion für beseitigt werden. Da E-Government-Kommunikation und E-Government: Jahrbuch 2009. NWV: Wien. Informationstechnologie weitgehend schriftlich erfolgt, stehen Personen mit man- arthur.winter@bmf.gv.at
10 | eGovernment Review | Nr. 4 | Juli 2009 aktuelle information Beyond E-Government Manfred Wundara Österreich ist zweimaliger E-Government Europameister. Auch die regelmäßige Konsultation Österreichs in Fragen der abstract E-Government Umsetzungen und Strategien unterstreichen diese europäische Spitzenposition. Eine nachhaltige Wirkung und die Absicherung der Spitzenposition Österreichs ist jedoch nur möglich, wenn eine Transformation in Richtung inno- vativer, leistungsfähiger Verwaltung gelingt. E-Government kann nicht als Projekt sondern als kontinuierlicher Innovations- prozess, als ein weit über technologische Basisinstrumente hinausgehender gesamtheitlicher Ansatz, verstanden werden. Strategie und Leitbild. Die gesamteuropäischen Initiativen vidualität der Verwaltungseinrichtungen aber auch ver- aber auch die nationalen E-Government Anstrengungen fassungsmäßige Prinzipien sind zu berücksichtigen. Österreichs haben einen umfangreichen Veränderungs- prozess in den öffentlichen Verwaltungen eingeleitet. Die Wirtschaftlichkeit und Steuerung. Die wirtschaftlichen Ent- Internettechnologien haben die Möglichkeiten für mo- wicklungen machen vor den öffentlichen Institutionen derne Verwaltungsprozesse radikal erweitert und sollen nicht halt. Gerade in Zeiten knapper finanzieller Res- zu völlig neu strukturierten Verwaltungshandlungen füh- sourcen haben sich sämtliche E-Government Aktivitäten ren. Investitionen in Technologien, Standardisierungen nutzen- und zielgerichtet an den Prinzipien der Wirt- und die Schaffung von gesetzlichen Rahmenbedingungen schaftlichkeit zu orientieren. Die Ziele und der Mittelein- haben die Voraussetzungen für eine IKT-gestützte Ver- satz müssen transparent, steuerungsrelevant und messbar waltung geschaffen. Beispiele wie Finanz-Online zeigen, sein. Ansätze wie die Produktorientierung aber auch Kos- welche Möglichkeiten diese technikgetriebenen Verände- ten- und Leistungsrechnungen sind hier der erste Schritt rungsprozesse bieten. in die richtige Richtung. Ein offenes Klima für Bench- „Interoperable Systemarchitekturen, sichere automatisier- marking, basierend auf leistungsorientierten Kennzahlen te Geschäftsprozesse, technologieneutrale Entwicklungen, wäre der nächste notwendige Schritt. strukturierte und standardisierte Prozessmodelle, Kosten- bewusstsein, Integration existierender Methoden und Ver- Struktur und Verwaltungsgrenzen. Die derzeitige Verwal- fahren, Netzwerk- und Informationssicherheit und Change tungsstruktur ist durch eine starke Zuständigkeitsorien- Management kennzeichnen die moderne und effiziente Ver- tierung im Denken und Handeln geprägt. Die Anforde- waltung. Dazu gehört auch die Einbindung der Mitarbeite- rungen an eine moderne und effiziente Verwaltung lassen rinnen und Mitarbeiter bei der Einführung neuer Techno- sich mit diesem Organisationsmodell – auch bei best- logien. Die veraltete „fragmentierte“ Verwaltungsstruktur möglichen Technologieeinsatz - nur schwer erfüllen. Er- wird abgelöst durch ein kooperatives Verwaltungsmodell.“ forderlich erscheint eine stärkere Prozess- und Ergebnis- (1). Die österreichische E-Government Strategie zeigt ei- orientierung bei gleichzeitig hoher Kooperationsfähigkeit nen Anspruch an E-Government, der weit über die bishe- und Wahrnehmung als moderner Dienstleister. Nicht die rigen Umsetzungen hinausgeht. Neben der Entwicklung Zuständigkeit darf dabei im Mittelpunkt stehen, sondern der Technik muss ein Klima der Innovationsbereitschaft, das – auch interkommunale - zuständigkeitsübergreifen- eine Kultur der kontinuierlichen Veränderung geschaffen de Denken über Ziele, Ergebnisse und Lösungen. werden. Die Konzentration auf Prozesse und Technologi- en greift zu kurz. Nur innovative Lösungen zur Steigerung Ressourcen und Kultur. Neben der Technologie ist der we- der Effizienz und der Flexibilität der Verwaltung erhöhen sentliche Erfolgsfaktor für die Erreichung der gesteckten die Produktivität der Verwaltungseinrichtungen. Zeit- Ziele die Fähigkeit, die Mitarbeiternnen für diesen Ver- lich parallel zu den bisherigen Aktivitäten und inhaltlich änderungsprozess zu gewinnen. E-Government Lösun- komplementär müssen daher das Personal, die Steuerung gen müssen auch für die MitarbeiterInnen nutzenstiftend und die Organisation weiterentwickelt werden. Die Indi- wirken. Ein Klima der Veränderung kann nur durch
aktuelle information eGovernment Review | Nr. 4 | Juli 2009 | 11 Verwaltungsumfeld (1) Managementprozesse: adaptiv (2) Organisation: dezentralisiert •B ürgerinnen und Bürger, • Kostendruck wächst • Ziele: ambitionierte, relative, eigenbestimmte • Selbststeuerung: Schaffung eines an den Wirtschaft fordern effizientere • Objektivitätsanforderungen Schlüsselindikatoren als Triebfeder für Zielen und dem Nutzen orientierten Leistungs- Verwaltungshandlungen und Informationsbedürfnisse nachhaltigen Erfolg; kontinuierliche Anpassung klimas •M angel an qualifizierten wachsen • Vergütung: teambasierte Anreize, Wettbewerb • Herausforderung und Werte: teambezogen, Mitarbeiter/innen • Stärkere Verschränkungen der unterstützt Innovationsprozesse klare Werte, geteilte finanzielle Anreize •W achsende Innovationsrate Verwaltungsprozesse über • Strategie: delegierte, an Globalzielen orientierte • Ergebnis-Verantwortung: Entscheidungsver- • S tandortwettbewerb wächst Verwaltungsgrenzen hinweg Strategie- und Maßnahmenplanung mit ereignis- antwortung liegt bei verwaltungsprozessnahen regional und international • … getriebener Fortschreibung Teams: Handlungsfreiheit und Handlungsfähigkeit • Ressourcen: direkter Zugang innerhalb schaffen vereinbarter Parameter; Aufhebung klassischer • Empowerment: operativen Führungskräften Budget-(Jahres)Grenzen; Nutzengetriebene, stehen Ressourcen zum selbstständigen Handeln Erfolgsfaktoren zielorientierte Allokation zur Verfügung • S chnellere Reaktionsfähigkeit •N achhaltige Leistungserbringung • Koordination: dynamisch, Orientierung am • Organisationsform: Netzwerk prozess- und •Q ualifizierte Manager / •M odernes Kosten- und Bürger / an der Bürger/innen und der Wirtschaft; zielorientierte r Teams; Fähigkeit und Ressourcen Mitarbeiter/innen Leistungsverständnis permanentes Normenscreening auf Hemm- werden dabei dynamisch geteilt; Konzentration • K ontinuierliche Innovation • K onzentration auf Stärken schwellen und Hindernisse auf Stärken; Aufbrechen historischer Verwal- •B ürger/innen Orientierung • K ooperative Vorgehensweisen • Messung/Kontrolle: relative Indikatoren; tungsgrenzen • K lare Ausrichtung an Nutzen • Interkommunale Kooperation vielschichtige, vielseitige Information für • Transparenz: offene, transparente Informations- und Zielen •… dezentrale Entscheidung systeme und Informationsprozesse; pro-aktiv Abb. 1: Managementmodell Beyond E-Government (2) motivierte und leistungsbereite MitarbeiterInnen gelebt nung an die Prinzipien des Beyond-Budgeting könnte ein werden. Neben der Fort- und Weiterbildung im Sinne ähnliches Managementmodell für die öffentliche Verwal- des lebenslangen Lernens benötigen die Verwaltungsein- tung wie in Abbildung 1 (siehe oben) aussehen. heiten ein modernes Personalmanagement, welches die MitarbeiterInnen in die wesentlichen Entscheidungspro- Wesentliche Erfolgskriterien dabei wären: zesse einbezieht und ihnen Freiraum für eigenständiges, • adaptive Managementprozesse, welche ein an den verantwortungsbewusstes Handeln bei gleichzeitiger leis- Bedürfnissen der BürgerInnen und der Wirtschaft tungsorientierter Bezahlung gibt. Dies bedarf auch einer orientiertes Handeln bei gleichzeitig laufenden An- Führungs- und Verwaltungskultur, die Veränderungspro- passungsmöglichkeiten an geänderte Umfeldbedin- zesse nicht nur unterstützt sondern auch aktiv fordert. gungen gestattet. Flexible Prozesse sind dabei der Schlüssel zum Erfolg, und Aufgabenkritik und Normenscreeing. Verwaltungshandlun- • Dezentralisierung von Entscheidungen und lokale Au- gen orientieren sich nach rechtsstaatlichen Prinzipien an tonomie, wobei die Entscheidungsprozesse beschleu- rahmen- und strukturschaffenden Normen. Zur effizien- nigt, Handeln flexibilisiert und dem Verwaltungs- DI Manfred WUNDARA Geschäftsführer GIZ-K ten Gestaltung moderner Verwaltungsprozesse aber auch körper das gesamte Potential der MitarbeiterInnen (Gemeindeinformatik- zur effizienten Nutzung der Informationstechnologien ist erschlossen wird, also die Rückgabe der Entschei- zentrum Kärnten) manfred.wundara@ es erforderlich, bestehende Methoden, Strukturen, Nor- dungskompetenz an die bürger- und wirtschaftsnah giz-k.at men und gesetzliche Regelungen aber auch Abläufe in agierenden Teams. den Verwaltungseinheiten kritisch zu hinterfragen und im Bedarfsfalle neu zu definieren. Das Normenscreening Viele am Markt erfolgreiche Unternehmungen wie IKEA, im Zusammenhang mit der Dienstleistungsrichtlinie DM, Google, Toyota oder DELL nutzen bereits dieses zeigt hier das Potential einer derartigen Vorgehensweise. Managementmodell in einem dynamischen Umfeld. Die Dies kann jedoch nicht ein einmaliger Vorgang bleiben öffentliche Verwaltung und gerade Österreich in seiner sondern sollte als kontinuierlicher Prozess verstanden Vorreiterrolle im Bereich E-Government sollte daraus werden. einen Nutzen ziehen und ein neues Managementmodell, welches die E-Government Bemühungen nachhaltig un- Die Erreichung dieser Visionen und Zielsetzungen, wel- terstützt, entwickeln. n che durch das Leitbild skizziert werden, erfordert den Schritt über die Reorganisation und Automatisierung von Verwaltungsprozessen hinaus in ein „Next-Generation- Government“, bei der gestützt auf moderne Technologien völlig neue Wege und Formen der Verwaltungsdienst- leistungserbringung - Beyond E-Government - realisiert werden können. Unternehmungen standen und stehen literatur (1) Österreichische E-Government Strategie. laufend vor ähnlichen Herausforderungen. Auch hier URL: http://www.digitales.oesterreich.gv.at) stehen bestehende Führungsprinzipien wie hierarchische Organisationsstrukturen und zentralisierte Entschei- (2) Pfläging, N. (2003): Fundamente des Beyond dungsfindungen im Konflikt mit innovativen Lösungsan- Budgeting, In: Controller Magazin 02/2003 . sätzen und einer Kultur der permanenten Veränderun- URL: http:// www.balanced-scorecard.de/docs/ Beyondbudgeting8.pdf gen. Aus diesen Spannungsverhältnis heraus wurde das Beyond-Budgeting-Modell entwickelt, ein integriertes (3) Artikel zu Beyond-Budgeting aus Wikipedia, Managementmodell, welches aus einem Set von unterei- URL: http://de.wikipedia.org nander interdependenten Prinzipien besteht. In Anleh-
12 | eGovernment Review | Nr. 4 | Juli 2009 aktuelle informationen Wahlen 2.0 nun auch in Österreich: E-Voting bei den ÖH-Wahlen 2009 Robert Krimmer I Daniel Botz Zu einer modernen, globalisierten Gesellschaft gehören auch ebenso modernen Wahlformen, auch wenn abstract diese vom Status Quo abweichen. Österreich hat diesen mutigen Schritt in Richtung Modernisierung der Stimmabgabe auf elektronischem Wege im Zuge der Wahlen zur Österreichischen Hochschülerschaft beschritten und reiht sich in die Liste der Innovatoren ein. „e-cht von überall. e-cht zu jeder Zeit.“ lautete ein Slo- Parallel dazu wurde mit Beginn des Studienjahrs 2008 gan der Awarenesskampagne zur Wahl der Österreichi- die E-Government-Initiative Studi.gv.at gestartet, wo schen Hochschülerschaft (ÖH), die vom 18. bis 22. Mai Studierende über die Möglichkeiten des E-Government auf elektronischem Wege stattfand. Damit reihte sich nun und dessen Anwendungen informiert wurden. Bis Ende auch Österreich in die Europäischen Pionier-Länder der Juni 2009 wurden 14.000 e-cards von Studierenden mit rechtsgültigen, elektronischen Stimmabgabe mit Estland, der Bürgerkartenfunktionalität ausgestattet. der Schweiz, Großbritannien, den Niederlanden und Frankreich, ein. Im März 2009 war die erste Probe für die Studierenden der Montanuniversität Leoben und der Wirtschaftsuni- Das „Projekt ÖH-E-Voting“ hat seine Wurzeln im Jahr versität, wo sie bei einem Usabilitytest erstmals die Mög- 2000, als der damalige Vorsitzende der ÖH, Martin Faißt, lichkeit hatten das Wahlsystem zu testen. Daraus ergaben die Einführung einer Distanzwahlmöglichkeit für Öster- sich für das Projektteam aufschlussreiche Erkenntnisse. reichs Studierende vom Bildungsministerium einforder- Die Benutzerführung, die intuitive Erfassbarkeit der te. Ergebnis einer darauf hin gegründeten Arbeitsgruppe Wahlsystemoberfläche und nicht zuletzt die technische war ein Nationalratsbeschluß am 1. Februar 2001, der eine Realisation konnten dadurch weiter verbessert werden. elektronische Stimmabgabe im ÖH-Gesetz verankerte. Dies führte im Endeffekt sicher zu höherer Akzeptanz Bis zur Einführung dauerte es aber noch einige Zeit. Es unter den WählerInnen. wurden auf Initiative von der Arbeitsgruppe E-Voting.at an der WU zwei Schattenwahlen zu Testzwecken abge- Im Vorfeld der Wahl gab es zwischen 23 und 30. April halten, deren Ergebnisse nicht rechtsverbindlich waren. für potentielle E-Voting Wähler die Möglichkeit auf der Diese Erfahrungen brachten den damaligen Innenminis- Website online die Wahlberechtigung zu überprüfen, und ter Strasser dazu die Möglichkeit von E-Voting im Rah- so sicherstellen dass man korrekt in Wählerverzeichnis men einer Arbeitsgruppe näher zu untersuchen. der jeweiligen Universität eingetragen ist. Bei einer feh- lerhaften Eintragung konnte dagegen Berufung eingelegt Im April 2007 war es nun soweit und Wissenschaftsmi- werden. Diese Maßnahmen, aber auch unbekannte Vari- nister Johannes Hahn startete die Umsetzung von E-Vo- able, führten dazu, dass einer Umfrage, die im März vom ting für die ÖH-Wahlen. Dazu wurde er von E-Voting. Peter Hajek unter 600 Studierenden durchgeführt wurde, CC, dem TU Institut INSO, und der Institut für Verwal- 85% der der Meinung waren, die Stimmabgabe auf elekt- tungsmanagement begleitet. Als technische Projektpart- ronischem Wege sei „eine gute Sache“. Nur 12% sprachen ner wurden mit dem Bundesrechenzentrum (BRZ) für sich explizit dagegen aus. Der Bekanntheitsgrad des Be- die Infrastruktur und der spanischem, auf Wahlsysteme griffes „E-Voting“ entwickelte sich massiv. 2008 wussten spezialisierte, Firma Scytl für die Programmierung des 13%, dass es diese Wahlmöglichkeit gibt und was dies Wahlsystems, zwei sehr erfahrene und kompetente Pro- bedeutet. In persönlichen Gesprächen mit Kollegen be- jektpartner für die Umsetzung ausgewählt. merkt man, dass mittlerweile fast jeder von dieser neuem
aktuelle informationen eGovernment Review | Nr. 4 | Juli 2009 | 13 Abb. 1: E-Voting Prozess in Österreich Wahlkanal weiß und den Begriff der elektronischen Wahl machen. Der Prozess wurde durch Beigabe der privaten richtig einordnen kann! Schlüssel der Wahlkommissionsmitglieder und dadurch Beginn des eigentlichen Auszählprozesses gestartet. Das Der Wahlprozess selbst lief folgendermaßen ab. Der Ergebnis der Stimmenzählung wurde dann vom Bun- Wähler besuchte im Zeitraum 18. Mai 8 Uhr durchge- desrechenzentrum an die jeweiligen Wahlkommissio- hend bis 22. Mai 2009 18 Uhr die Seite der ÖH Wahl nen übermittelt und dort zur Ermittlung des Gesamt- (www.oeh-wahl.gv.at) und konnte sich für eine der ergebnisses herangezogen. In Summe wurden von 2.161 beiden Möglichkeiten zur Authentifizierung mittels WählerInnen auf elektronischem Wege die Stimmen Mag. Robert KRIMMER Bürgerkarte entscheiden. Entweder mittels der auf abgegeben, was in etwa 1% der Stimmberechtigten und E-Voting.CC Geschäftsführender seinem Computer lokal installierte Bürgerkartensoft- immerhin einem Anteil von 4% unter allen teilgenom- Direktor ware, oder über eine neu eingeführte Möglichkeit der menen Studierenden entspricht. r.krimmer@e-voting.cc „Online-Bürgerkartenumgebung“. Letztere hatte den Vorteil, dass keine Software installiert werden muss. Die Zusammenfassend kann man sagen, dass das System Stimme wurde abgegeben und mittels digitaler, qualifi- ohne technische Zwischenfälle funktioniert hat. Die zierter Signatur bestätigt und an die Wahlkommission Wahlbeteiligung war im Bereich des erwarteten, die Ak- verschlüsselt übermittelt und bis zur Auszählung auf tion zur Verteilung der Bürgerkarten übertraf sogar alle einem Hochsicherheitsserver im Bundesrechenzentrum Erwartungen. Komplexe Projekte lassen jedoch immer verwahrt. Im Zuge der öffentlich stattfindenden Aus- Raum für Verbesserungen und so wurde zugleich mit zählung am 28. Mai in den gesicherten Räumlichkeiten dem Abschluss des Projekts eine Evaluierung gestartet. des BRZ wurden dann unter Beigabe der vier schlüssel Daniel BOTZ aller Wahlkommissionsmitglieder die Signaturen von Dieses innovative Projekt ist in jedem Fall ein wichtiger E-Voting.CC Konferenzmanager den Stimmen getrennt. Anschließend wurden die Stim- Schritt in der Wahlgeschichte Österreichs gewesen und EVOTE2010 men gemischt, um Rückschlüsse von der Reihenfolge trägt zur Anpassung an Gegebenheiten einer modernen, d.botz@e-voting.cc der abgegebenen Stimme auf den Wähler unmöglich zu globalen Gesellschaft bei. n
14 | eGovernment Review | Nr. 4 | Juli 2009 fachartikel Wiki-basierte Fortschreibung einer Verwaltungsvorschrift Norbert Gronau I Reiner Pokorny I Tanja Röchert-Voigt Die Universität Potsdam hat zusammen mit der Landeshauptstadt Potsdam eine Wiki-Lösung zur Aktualisierung einer abstract innerbehördlichen Verwaltungsvorschrift entwickelt. Herkömmlicherweise wird eine solche Vorschrift in einem langwierigen verwaltungsbehördlichen Beteiligungsverfahren fortgeschrieben und aktualisiert, in dem viele Dokumente in unterschied- licher Form anfallen. Im konkreten Fall würde die Bearbeitung der Vorschrift mehre Monate in Anspruch nehmen. Das Wiki bietet nun eine effiziente Möglichkeit, zeitnah einen abschließenden Entwurf zu realisieren. Ausgangssituation für den Wiki-Einsatz. Die Allgemeine ven Informationsaustausch anregt und von der Eigenini- Dienst- und Geschäftsordnung (ADGO) der Landes- tiative der Nutzer lebt (1 S. 22). hauptstadt Pots-dam ist als innerdienstliche Verwal- Nach einem intensiven Auswahl- und Testverfahren hat tungsvorschrift ein Regelwerk der Verwaltungsführung, sich ein Open-Source MediaWiki mit einer Open-Source das für alle Mitarbeiter verbindlich ist. Sie dient der Si- MySQL-Datenbank als für die Verwaltungsanwendung cherstellung des Dienst- und Geschäftsbetriebes. Hier- geeignete Wiki-Lösung herausgestellt. Neben den Funk- in werden insbesondere die Verantwortlichkeiten und tionen „Lesen“ und „Bearbeiten“ ist hier auch eine „Dis- die Bearbeitungsprozesse geregelt und ein einheitliches, kussion“ jeweils zu den einzelnen Vorschriften möglich. zweckorientiertes, wirtschaftliches Vorgehen der Verwal- Darüber hinaus ist eine Versionsverfolgung und –kont- tung sichergestellt. rolle gegeben. Für eine benutzerfreundliche Handhabung Der Entwurf für eine geänderte ADGO muss im Beteili- der „Bearbeiten“-Funktion durch die Verwaltungsmitar- gungsverfahren bearbeitet werden. Auf dem vorgeschrie- beiter wurde ein What-You-See-Is-What-You-Get-Editor benen verwaltungsorganisatorischen Weg werden die (wikEd) angepasst. Dieser Editor hat den entscheidenden Stellungnahmen und Änderungswünsche der Geschäfts- Vorteil, dass Programmier- oder Syntaxkenntnisse nicht bereichsleiter und der Fachbereichsleiter eingeholt und erforderlich sind und die Verwaltungsmitarbeiter Inhalte der Personalrat zusätzlich beteiligt. Die Stellungnahmen so ändern und ergänzen können, wie sie es mit den jewei- und Änderungswünsche gelangen dann in unterschiedli- ligen Textverarbeitungsprogrammen gewohnt sind. chen Formen - als Papierdokument mit handschriftlichen Anmerkungen, als digital überarbeitetes Gesamtdoku- Arbeit mit dem Wiki und erste Evaluationsergebnisse. Ne- ment oder als mit der „Überarbeiten-Funktion“ bearbei- ben der Implementierung einer verwaltungsspezifischen tetes digitales Dokument - mit durchschnittlich 25 Än- internen Wiki-Lösung stand das Projekt auch vor der He- derungen pro Dokument an die zuständige Stelle zurück, rausforderung der Nutzung neuer Technologien durch die dann die Auswertung und Zusammenstellung eines die Verwaltungsmitarbeiter. endgültigen ADGO-Entwurfs zur Beschlussvorlage beim Die Anmeldung im Wiki erfolgt aufgrund der verwal- Oberbürgermeister vornimmt. Dieses Verfahren ist nicht tungsinternen LDAP-Anbindung über die bekannten nur zeitaufwendig, sondern auch sehr arbeitsintensiv für Benutzernamen und Passwörter. Die jeweiligen Rubri- alle am Prozess Beteiligten. ken „Inhalt der ADGO“, „Glossar zur ADGO“, „Weitere Dokumente“ und „Schulungsunterlagen“ sind als Link zu Softwareauswahl und -anpassung. Im Rahmen eines halb- den inhaltlichen Seiten ausgestaltet. Die bearbeitbaren jährigen Projektes wurde eine Wiki-basierte Open-Sour- Inhalte des Inhaltsverzeichnisses wurden jeweils auf Un ce-Lösung zur Fortschreibung der ADGO im Intranet terseiten verlinkt, auf denen der Nutzer über den Media- der Verwaltung aufgebaut. Ein Wiki ist ein Kollaborati- Wiki-typischen „Bearbeiten“-Reiter Inhalte ändern oder onstool und Wissensmanagementwerkzeug (2), das akti- ergänzen kann.
fachartikel eGovernment Review | Nr. 4 | Juli 2009 | 15 Bei der Nutzung des Wikis durch einen erweiterten Kreis von Verwaltungsmitarbeitern in einer zweiten Stufe, an der 30 Führungskräfte, Mitarbeiter aus dem Bereich Per- sonal und Organisation, sowie dem Personalrat mitwirk- ten, konkretisierte sich, dass die gewohnte herkömmliche Arbeitsweise mit der Papierakte die neue Arbeitsweise mit dem Wiki noch überschattet. Es konnte festgestellt werden, dass eine Delegation der Aufgabe der Bearbei- Prof. Dr.-Ing. Norbert tung durch einen Nutzer aufgrund der Rechtevergabe im GRONAU Wiki nicht mehr möglich ist. Das beeinflusste auch die Universiät Potsdam Entscheidungsfindung jedes einzelnen am Prozess betei- Lehrstuhlinhaber Lehr- stuhl für Wirtschaftsin- Abb. 1: Screenshot Wiki der LHP ligten Mitarbeiters. Positiv wurde aber hervorgehoben, formatik und Electronic dass es aufgrund des Wikis möglich sei, schnell auf die Government Bearbeitungsergebnisse anderer zuzugreifen, diese zu norbert.gronau@wi.uni- potsdam.de vergleichen und dazu Stellung zu beziehen. Darüber hinaus kann im Rahmen der „Diskussion“ Da das Wiki als soziotechnisches System zu verstehen ist zu jedem inhaltlichen Gliederungspunkt auf spezi- (3), genügen der Organisationsstruktur angepasste tech- fische Argumente für die jeweils gewollte Änderung nische Voraussetzungen nicht allein. Vielmehr ist weitere hingewiesen werden. Da die Änderungswünsche und Basisvoraussetzung für einen erfolgreichen Wiki-Einsatz –gründe nunmehr in einheitlicher digitaler Form vor- die aktive Nutzung des Tools. liegen, kann medienbruchfrei insgesamt ein angepasster ADGO-Entwurf durch die zuständige Stelle gewonnen Fazit. Insgesamt wird das Wiki als sinnvolles und über- werden, was gegenüber der herkömmlichen Verfah- sichtliches Tool für eine praktikable und schnelle Bear- rensweise eine deutliche Verbesserung darstellt. Über beitung der ADGO erachtet. Da es als soziotechnisches Dr. Reiner POKORNY die Versionskontrolle kann eine Qualitätssicherung, ge- System insbesondere von der Eigeninitiative der Mitar- Landeshauptstadt Potsdam gebenenfalls auch durch Zurücksetzen in einen vorhe- beiter lebt, ist es notwendig, dass eine entsprechende Or- Leiter Servicebereich rigen Bearbeitungsstand, erfolgen. Im Gegensatz zu der ganisationsstruktur und –kultur gegeben ist. Verwaltungsmanagement herkömmlichen Verfahrensweise besteht nunmehr die Der Einsatz eines Wikis zur Fortschreibung einer inner- reiner.pokorny@rathaus. potsdam.de Möglichkeit, dass alle nutzungsberechtigten Mitarbeiter dienstlichen Verwaltungsvorschrift ist ein neuer, innova- gleichzeitig innerhalb eines bestimmten, vorgegebenen tiver Ansatz in Richtung digitale Verwaltung und Abbau Zeitrahmens ihre Änderungswünsche einpflegen und innerbehördlicher Bürokratie. n auch zu Änderungswünschen der anderen Mitarbeiter Stellung beziehen können. Damit wird die ADGO-Fort- schreibung auch zeitlich effizienter. Nach einer kurzen Testphase mit zehn zuvor geschul- literatur ten Mitarbeitern in einer ersten Stufe der Wiki-Nut- (1) Leuf, B./ Cunningham, W. (2001): The Wiki-Way – zung, konnten erste Erfahrungen gesammelt werden. Quick Collaboration on the Web. New-York. Alle Mitarbeiter standen dem Einsatz eines solchen Tools (2) Müller, C./ Dibbern, P. (2006): Selbstorganisiertes grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber. Ferner gestalte- Wissensmanagement in Unternehmen auf Basis RAin Tanja RÖCHERT- te sich die Arbeitsweise mit dem Wiki aufgrund des Edi- der Wiki-Technologie - ein Anwendungsfall. In: VOIGT tors benutzerfreundlich, weil sie dem Umgang mit den Hildebrandt, K./Hoffmann, J. (Hg.): Social Software, HMD Universität Potsdam gewohnten Textverarbeitungsprogrammen entsprach. – Praxis der Wirtschaftsinformatik, 252, 6, S. 45-54. wiss. Mitarbeiterin am Heidelberg. Lehrstuhl für Wirtschafts- Konkret würden sieben der zehn Mitarbeiter der ers- informatik und Electronic ten Stufe mit dem Tool arbeiten wollen. Die ablehnende (3) Müller, C./ Gronau, N. (2008): Wikis. In: Back, A./ Government Haltung von drei Mitarbeitern resultierte aus einer ge- tanja.roechert-voigt@ Gronau, N./ Tochtermann, K.: Web 2.0 in der Unterneh- wi.uni-potsdam.de nerellen Unsicherheit im Umgang mit der rein digitalen menspraxis. Grundlagen, Fallstudien und Trends zum Verwaltungsarbeit am Bildschirm. Einsatz von Social Software, S.10-17. München.
16 | eGovernment Review | Nr. 4 | Juli 2009 fachartikel HERA: Eine modellgetriebene Referenz- architektur zur Unterstützung organisations- übergreifender E-Government Prozesse Ulrich Reimer I Stephan Streit Im Projekt HERA wurde ein generischer Ansatz zur Unterstützung organisationsübergreifender E-Government-Prozesse abstract entwickelt. Der Ansatz basiert auf einer Referenzarchitektur, in welche mittels eines modellgetriebenen Ansatzes konkrete Anwendungsmodelle hineingeneriert werden können. In HERA ist dieses Vorgehen für die Realisierung des E-Government-Prozesses für die Gewinnsteuererklärung für juristische Personen eingesetzt und anschliessend mit den Anwendungspartnern evaluiert worden. Die Erbringung einer behördlichen Dienstleistung ist oft • Der Prozess untergliedert sich in mehrere (organi- ein organisationsübergreifender Prozess mit mehreren sationsübergreifende) Teilprozesse („Jahresabschluss Beteiligten, wie Behörden, Unternehmen, Bürger, etc. So erstellen“, „Steuererklärung erstellen“, etc.). beinhaltet die Einreichung der Gewinnsteuererklärung • Jeder Teilprozess hat einen Hauptverantwortlichen, (in der Schweiz) nicht nur den Schritt der eigentlichen der den Teilprozess steuert und treibt. Jedem Teilpro- Einreichung des Steuerformulars, sondern auch dessen zess sind mehrere Prozessteilnehmer mit bestimmten Vorbereitung mit Treuhändern und Revisionsstellen, die Rollen zugeordnet. Verschickung des Veranlagungsbescheids, die Behand- • Innerhalb der Teilprozesse gibt es keinen fest vordefi- lung von Nachforderungen usf. nierten Workflow. Die Aktivitäten in den Teilprozes- Die Entwicklung eines Frameworks zur Unterstützung sen sind zielorientiert von dem Teilprozessverantwort- organisationsübergreifender E-Government-Prozesse lichen gesteuert und haben mehr Kollaborations- als war der Gegenstand des Projekts HERA (siehe auch: Prozesscharakter. http://www.hera-projekt.ch) (2). Das Projekt verfolgte • Die Prozessdauer kann Monate oder gar Jahre dau- die folgenden Ziele: ern, woraus eine ungenügende Transparenz bzgl. Sta- tus des Prozesses, seiner Historie sowie den aktuellen • die Entwicklung einer generischen Referenzarchitek- Verantwortlichkeiten und Aufgaben resultiert. tur, die organisationsübergreifende E-Government- Anwendungen und -Prozesse unterstützt; Ein spezielles Merkmal des Prozesses (wie anderer orga- • die prototypische Implementierung des E-Govern- nisationsübergreifender E-Government-Prozesse) ist die ment-Prozesses für die Einreichung der Gewinnsteu- Untergliederung in Teilprozesse auf der einen Seite und ererklärung für juristische Personen, um die Praxist- die stark ad-hoc-artige Kommunikation innerhalb der auglichkeit der Referenzarchitektur zu illustrieren; Teilprozesse auf der anderen. Eine Workflow-Unterstüt- zung auf der Ebene der Teilprozesse ist deshalb sinnvoll, • die Realisierung eines modellgetriebenen Ansatzes, nicht jedoch innerhalb der Teilprozesse. Andererseits um auf einfache Weise die fachliche Logik einer kon- ist die gewünschte Prozesstransparenz nur realisierbar, kreten Anwendung (wie die Gewinnsteuererklärung) wenn das HERA-System auch die kollaborativen Aktivi- in die generische Referenzarchitektur zu bringen und täten innerhalb der Teilprozesse mitverfolgt. Es ist des- über deren Lebensdauer hinweg leicht warten zu kön- halb vorgesehen, dass alle diese Aktivitäten innerhalb des nen. HERA-Systems angestoßen werden und jeglicher Aus- tausch zwischen den involvierten Personen über HERA Integration von Prozess- und Kollaborationsunterstützung. läuft. Ein Benutzer initiiert eine Kollaborationsaktivität, Eine detaillierte Analyse des bestehenden Prozesses der z.B. um eine elektronische Unterschrift einzuholen, feh- Gewinnsteuererklärung ergab die folgenden Charakte- lende Buchungsbelege anzufordern oder eine Steuerer- ristika: klärung einzureichen.
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