Energieunternehmen und Biogas - Hinrich Neumann-Ziele, Strategien, Potenziale
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Energieunternehmen und Biogas - -Ziele, Strategien, Potenziale – -Landwirt als Wertschöpfer oder Lieferant?- Hinrich Neumann Freier Journalist 26419 Schortens Tel.: 0 44 23 / 91 64 88 Hinrich.Neumann@t-online.de www.hinrich-neumann.de
Gliederung Einführung Situation der Stromerzeugung in Deutschland Aktivitäten der Energieversorger: Beispiele von konkreten Projekten Gründe für Bioenergie/Biogas aus Sicht der Energieversorger Rolle der Landwirte, Alternativen Aussichten
Energieversorger gegen erneuerbare Energien? „Der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien wird vom VdEW wörtlich als «Risiko» aufgefasst, dass die Stromkonzerne verhindern wollen.“ (VdEW = Verband der Elektrizitätswirtschaft) «Risiko Einspeisevergütungen: Weiterer starker Ausbau; einheitliche Regelzone Quotenmodell (vom VdEW bevorzugt): würde deutliche Verschlechterung der jetzigen rentablen Situation bedeuten; schlecht für kleine Erzeuger. Quelle: Positionspapier Bundesverband Erneuerbare Energien Mai 2005
...nur auf den ersten Blick! Analyse BEE: Durch die Umsetzung ihres Planes würden die Stromkonzerne zwei Ziele erreichen: Erst einmal würde der Ausbau der erneuerbaren Energien gestoppt werden. Der später einzurichtende Zertifikatehandel würde dafür sorgen, dass die unabhängigen Produzenten vom Markt verschwinden und die Stromkonzerne zukünftig auch die Erneuerbaren Energien allein beherrschen. Quelle: Positionspapier Bundesverband Erneuerbare Energien, Mai 2005
Bau und Erweiterung Kraftwerke ab 20 MW von 2001 – 2007 Anzahl Kraftwerke ab 20 MW 25 20 Biomasse 15 10 Kernkraft 5 Steinkohle 0 Erdgas Müll Braunkohle Andere Quelle: Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft
Stromerzeugung Deutschland 2007 1. Halbjahr Kraftwerkstyp Kapazität (%) Stromerzeugung (%) 2008 Kernkraft 22 23 28 Braunkohle 24 Steinkohle 19 22 Gaskraftwerke 16 12 62 Pumpspeicher/ Heizöl 12 6 Windenergie 16 7 Sonst. erneuerb. 15 Energie 9 7 Summe 100 100 100 Quelle: Bundesverband d. Energie- und Wasserwirtschaft
Zwischenfazit: Energieversorger sind nicht gegen Erneuerbare Energien Sie würden es nur gern selbst machen! Das beweisen folgende Zahlen:
Geplante Investitionen der Energiewirtschaft Bis 2012 sollen für 30 Mrd. € neue Kraftwerkskapazitäten von 39.000 MW gebaut werden. Davon: 8000 MW (20%) regenerativ Bis 2020: 40.000 bis 50.000 MW; Kosten: 80 bis 90 Mrd. Euro Quelle: BdEW 2007
Konkrete Projekte der Energiekonzerne, Beispiel RWE RWE Innogy AG (Tochter des RWE Konzerns): Bis 2012 zehn Biogasanlagen mit je 6,5 MW Leistung zur Gaseinspeisung Bis 2020 zehn Biomasse-Heizkraftwerke; Substrat: Waldrestholz, Energieplantagen (Anbau auf 10.000 ha bis 2012 in Deutschland und Osteuropa geplant). Herstellung von Biokohle-Pellets über Pyrolyse aus Reststoff-Biomasse (z.B. Wurzeln); Ziel: Mitverbrennung in Kohlekraftwerken. Verkauf von kleinen Windrädern (6 kW) nach Beteiligung an einem britischen Unternehmen.
Konkrete Projekte der Energiekonzerne, Beispiel E.ON Geplante Investitionen für erneuerbare Energien bis 2010: rund 6 Mrd. € (10 % der gesamten Investitionen von 63 Mrd. €). Verdopplung des Anteils der erneuerbaren Energien von heute 12 % der eigenen Kraftwerke (7.300 MW) bis 2015 auf mindestens 16.000 MW. Bis 2020 für 1,2 Mrd. € Aufbereitungsanlagen für Bioerdgas geplant. Geschätzte jährliche Wachstumsraten bis 2020: über 15 % bei Wind, über 12 % bei Bioerdgas und über 20 % bei Solartechnik.
Zitat Frank Mastiaux, CEO von E.ON Climate & Renewables „Projekte im kleineren Boutique-Maßstab werden mehr und mehr abgelöst durch Projekte industrieller Größenordnung. Unsere Priorität bei E.ON ist es deshalb, zügig und mit hoher Qualität große und vor allem bezahlbare Kapazitäten zu errichten. Dabei geht es uns nicht nur um die Windkraft.“
Konkrete Projekte der Energiekonzerne, Beispiel Electrabel Belgischer Konzern, betreibt Kraftwerke vor allem in Belgien, Holland und Polen, plant Kohlekraftwerke in Deutschland. Setzt heute etwa 2 Mio. Tonnen Biomasse zur Mitverbrennung in Kraftwerken ein (Holzpellets, Hackschnitzel, Reststoff-Biomasse). Davon: 1 Mio. Tonnen Holzpellets (30 % der Weltproduktion an Pellets wird laut Electrabel in Belgien verbraucht, v. a. in Kraftwerken). Planung: Verbrauch von drei Mio. t bis zum Jahr 2014.
Warum Energiekonzerne Biomasse verwenden -1 Prof. Fritz Vahrenholt, Vorsitzender der Geschäftsführung von RWE Innogy: „Mit unserem Engagement bei Biokohlepellets haben wir uns zu einem sehr frühen Zeitpunkt den Zugang zu einer Technologie gesichert, die die CO2-Emissionen in konventionellen Kraftwerken und die damit verbundenen finanziellen Belastungen effektiv senkt.“
Warum Energiekonzerne Biomasse verwenden -2 E.ON-Chef Wulf Bernotat: „Eines unserer übergeordneten Klimaziele ist, unsere spezifischen CO2-Emissionen bis 2030 um mindestens 50 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Dies wird uns nur mit einem breiten Energiemix 2030 gelingen, der dann zu über 50 Prozent Strom CO2-frei erzeugt.“
Zwischenfazit: Welche Energieträger für die Konzerne? Wind-, Solarenergie: Strom; Ziel: Einspeisevergütung Biomasse-Verfeuerung: Stromerzeugung Ziel: CO2-Emissionen senken Der Kampf um Rohstoffe ist auch bei der Biomasse voll im Gang – wenn auch noch unterschwellig!!
Warum Biomethan interessant ist Biomethan: Biogas, bei dem CO2 und andere Störstoffe abgetrennt sind; Methangehalt: 99 %. Einsatz: Durchleitung durchs Erdgasnetz, Einsatz in BHKW, Vergütung nach EEG. Wärmegesetz: Einsatz als Wärmeträger im Neubau Ökogas: Ähnlich wie beim Ökostrom zahlen umweltbewusste Kunden Aufschläge. Fahrzeugtreibstoff in Erdgasfahrzeugen.
Weitere Vorteile für Energiekonzerne Erdgasabsatz ist rückläufig (Verbrauchsrückgang – 20%); Biomethan bietet neue Wertschöpfungen. Deutschland ist von Gasimporten abhängig: 83 % (2007) müssen importiert werden; Problem: Leitungsgebunden (Russland!). Studie IE Leipzig für BdEW: 15 % des Erdgas könnte Biomethan decken.
Potenzial für Biomethan-Produktion 84 % Nachwachsende Rohstoffe, Ernterückstände, Exkremente und Dauergrünland. 16 % Abfall außerhalb der Landwirtschaft. Abfall ist daher zwar eine Option, rangiert aber im Stellenwert weit hinter den Energiepflanzen. Quelle: BdEW-Studie 2006
Landwirte nur noch Lieferanten? Einige 2 MW-Projekte von E.ON & Co. werden boykottiert: Angst vor steigenden Flächenpachten, steigenden Substratpreisen. Landwirte fürchten, dass sie vom EEG vom EEG und anderer Wertschöpfung nicht mehr profitieren. E.ON musste daraufhin einige Projekte stoppen.
Chancen der Zusammenarbeit Beispiele: Landwirte liefern Biomasse Erzeugergemeinschaften Günstiger Einkauf von Betriebsmitteln Betriebe laufen normal weiter Beteiligung an der Anlage Teilnahme an der Wertschöpfung Gemeinsame Interessen, Ausgleich Identifizierung
Chancen der Zusammenarbeit Gemeinsame Biogasanlage, Gewinnbeteiligung: Landwirte liefern Rohstoffe, nehmen Gärrest ab. Energieversorger verwertet Biogas oder des Biomethans. Beispiel: Biogasanlage (500 kW) in Wassenberg (Niederrhein): Kooperation zwischen 29 Landwirten und Energieversorger „EnergieWest GmbH & Co. KG) Beide sind zu 50 % beteiligt: Landwirte liefern Substrat und bekommen Gärrest, EVU betreibt Anlage Wärme wird an die Kommune vermarktet (Kombi-Bad, zukünftig Schule, Unterglasanbau, betreutes Wohnen)
Chancen der Zusammenarbeit Landwirte betreiben eine eigene Biogasanlage in Gemeinschaft und verkaufen das Gas an einen Energiekonzern, der sich um die Aufbereitung und Einspeisung kümmert. Beispiel: Biogas Ronnenberg (Hannover), wo fünf Landwirte Rohbiogas an Stadtwerke Hannover verkaufen; EVU betreibt Gasaufbereitung. Beispiel: Biogasanlage in Bad Bocklet, wo Landwirte und Maschinenring Biogas an Energieversorger verkaufen; EVU betreibt BHKW.
Biomethan selbst vermarkten? Modell: Landwirte bauen eigene Biogasanlage und Gasaufbereitung, vermarkten Biomethan. Abnehmer wären hier neben den großen Energieversorgern auch Stadtwerke oder Biomethanhändler. Denkbar, aber Hoher finanzieller Aufwand, Fachwissen und Zeit für das Gasgeschäft nötig
Künftige Chancen im Biogasmarkt Nur 11 % der Stadtwerke produzieren derzeit Strom in eigenen Anlagen, 10 % betreiben Kraftwerke gemeinsam mit anderen Stromkonzernen. Stadtwerke wollen selbst mehr Strom erzeugen: Über 25 % der derzeit gebauten Kraftwerke gehören Stadtwerken. Quelle: BdEW 2006
Auch an die Wärme denken! Wärme ist immer stärker gefragt: Kommunale Gebäude Wohngebiete Industriebetriebe: Energiekosten übersteigen in manchen Betrieben schon die Lohnkosten! Wärmelieferung über Holz, Biogasabwärme
Ideen für regionale Energievermarktung „Kommunen tun sich schwer, bei der Ausweisung von Neubau- oder Gewerbegebieten erneuerbare Energien einzuplanen“ (Rosa Hemmers, Eurosolar). Chance: Bei der Planung eingreifen (Erfolgreiches Beispiel: Bad Bocklet). Wichtig: Gemeinsames Vorgehen über Multiplikator (Maschinenring, Bauernverband, eigene Gesellschaft).
Ideen für regionale Energievermarktung Wärme verkaufen (Contracting) über eigenen Gesellschaft (Modell „Agrokraft Bad Neustadt“ mit Biogasabwärme) oder Genossenschaft (Modell „Regio Wärme Nord“, Hannover, mit Hackschnitzeln) Mikrogasleitungen nutzen (BHKW in der Stadt, Modell Steinburg/NRW).
Schlussfolgerungen I Biogas bleibt gefragte Technologie auch in den nächsten Jahren; neben Strom sind immer mehr die Wärme, aber auch das Gas selbst gefragt. Eine Vielzahl an Interessenten steigt in die Biogastechnologie ein. Ohne Landwirtschaft geht es nicht, auch wenn güllelose Vergärung möglich ist. Landwirte stellen Substrate, Ausbringfläche usw. Aber: Landwirte werden oft zu Substratlieferanten degradiert Egal, ob Fonds, EVU, Kommune: Wichtig ist echte Partnerschaft auf Augenhöhe, keine „Lohnmast“!
Schlussfolgerungen II Stärken bei Biogas liegen in der Dezentralität mit Ersatz fossiler Energie durch Biogas-Wärme. Vorsicht mit übergroßen Projekten (Penkun) oder Pilotanlagen (z.B. Trockenfermentation, Holzvergasung)! Immer daran denken: Wenn Sie jetzt nicht die Initiative ergreifen, machen es andere! Es gibt vor Ort viele interessante Möglichkeiten, um Wärme, Strom oder Biokraftstoffe zu vermarkten und in der Region eine hohe Wertschöpfung mit gleichberechtigten Partnern zu erzielen!
Ich hoffe, Sie konnten ein paar Anregungen mitnehmen und wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihren Projekten!
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