Energiewirtschaft der Schweiz und im Kanton Schwyz Öffentliche und private Versorger in den Verbundnetzen Innovative Solarselbsthilfe
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D I E W I R T S C H A F T S Z E I T S C H R I F T J U L I 2 0 2 2 Energiewirtschaft der Schweiz und im Kanton Schwyz Öffentliche und private Versorger in den Verbundnetzen Innovative Solarselbsthilfe «Energiestabilität und gesicherte Verfügbarkeit» • Schwerpunkte der Schweizer Energiesicherheit (BFE) und die Versorgungsqualität im Kanton Schwyz • Verbundversorgung der Energiewirtschaft in der March • Nachhaltiger Strom und Fernwärme aus Biomasse • Energieversorgung auf regionaler Ebene Talkessel Schwyz • BIZ: Berufsabschluss für Erwachsene • Konjunkturdaten und Wirtschaftsspiegel aus den Regionen • H+I-Lunch Juni 2022 www.h-i-sz.ch 1 H+I-AUSLESE Juli 2022 auslese-juli03.indd 1 14.07.22 16:35
Ausgabe Juli 2022 Inhaltsverzeichnis «Energiegeladen in die Zukunft», Regierungsrat Sandro Patierno I 3 «Erfolgreich mit neuen Ideen – und bereit für die Zukunft», Katrin Leuenberger, Amt für Umwelt und Energie, Abteilung Energie und Klima I 4 «Erfolgreich mit neuen Ideen – und bereit für die Zukunft», Michael Kost, Leiter Sektion Analysen und Perspektiven, Bundesamt für Energie BFE, :Axel-B. :Bott I 8 Der hürdenreiche Weg zur Konzessionserneuerung I, Hans Bless, Geschäftsführer der ebs Energie AG, Franz Steinegger I 14 Der hürdenreiche Weg zur , Konzessionserneuerung II, Vera Ziltener, Umweltorganisationen, Franz Steinegger I 16 Energiealternative: Solaranlage im Selbstbau, :Axel-B. :Bott I 17 Energieautonomie in der March, :Axel-B. :Bott I 18 Berufsabschluss für Erwachsene, Christine Hund, Berufs-, Studien- und Laufbahnberaterin, Pfäffikon I 20 Talkessel Schwyz: Strom und Wärme aus regional nachwachsenden Rohstoffen, Claus Jörg im Gespräch mit der AUSLESE, :Axel-B. :Bott I 23 Energie Aussschwyz AG - grundlastsichere Strom- und Wämeverteilung von Dorf zu Dorf, Urs Rhyner im Gespräch mit der AUSLESE, :Axel-B. :Bott I 24 KOF Konjunkturbarometer, Philipp Baumann I 28 Wirtschaftsspiegel, Franz Steinegger I 28 Regierungsrat Kaspar Michel zu Gast beim H+I-Lunch, Jürg Auf der Maur I 30 Intern, Inhalt nächste Ausgabe AUSLESE, September 2022, Impressum I 31 Urheber- und Nutzungsrechte von Abbildungen/Fotos 8.07.2022 Titelseite Regierungsrat Sandro Patierno, Seite 3, © Kanton SZ, Seite 4, Katrin Leuenberger © Kanton SZ, Seite 5, Grafik © Kanton SZ , © Sepp Knüsel AG, Stéphanie Engels, Seite 7, © Schwyz Next, Gebäude © Canstock, Zielbild, © Prognos AG, Dina Tschumi, Seite 9, Michael Kost, © BFE, Seite 10, Elektroindustrie © Canstock, Seite 11, Atomindustrie © Canstock, Vera Ziltener, Seite15, Joe Zihlmann, Ruedi Reichmuth, Hans Bless, ebs, © Franz Steinegger, Seite 16, Privat, ebs-Kartons, Seite 16 © ebs, Solarmontage, Seite 17, © Canstock, Seite 18, Linth-Stromleitungen © :Axel-B. :Bott; Seite 18 Emil Woodtli, © Privat, Seite 19, March-Luftaufnahme © :Axel-B. :Bott; Christoph Holenstein © privat, Seite 20, Cardona Luna, © BIZ, Seite 22 - 23, Agro Energie Schwyz, © :Axel-B. :Bott; Seite 24 - 25, 27, © :Axel-B. :Bott; © Energie Ausserschwyz Grafik Seite 25 und 27, © Energie Ausserschwyz, Seite 28, Diagramm KOF, © KOF, Seite 29, Porträt Martin Ebner und Estée Lauder Gebäude © Bote der Urschweiz; Seite 30, Lunch Wollerau, © :Axel-B. :Bott. Inhalte von redaktionellen Beitragen liegen jeweils in Verantwortung der Autoren und müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen. H+I-AUSLESE Juli 2022 2 www.h-i-sz.ch auslese-juli03.indd 2 15.07.22 15:06
Editorial – das Energiesystem muss daher so schnell wie möglich um- gebaut werden, um die Treibhausgasemissionen so schnell wie möglich zu senken. Die Energiewende dient aber nicht nur dem Klimaschutz, sondern auch der Stärkung der Versorgungssi- cherheit der Schweiz in Zeiten globaler Krisen. Die genaue Um- setzung diskutieren wir nach wie vor kontrovers. Dabei ist aber allen klar, dass massive öffentliche und private Investitionen in lokale, erneuerbare Energien getätigt, Anreize geschaffen und die gesetzlichen Rahmenbedingungen angepasst werden müssen. Es gibt für alle noch viel zu tun. Innovationen, Arbeitsplätze und ein positives Image Viele Unternehmen im Kanton Schwyz haben die Chancen die- ser Veränderungen frühzeitig erkannt. Sie entwickeln innova- tive und attraktive Produkte und Dienstleistungen, die bereits heute eine hohe Nachfrage geniessen. Sie erschliessen neue Märkte und entwickeln neue Technologien wie beispielsweise landwirtschaftliche Fahrzeuge mit Elektroantrieb oder nutzer- freundliche Lösungen für das Energie- und Lademanagement. Zudem erreichen uns regelmässig Neuigkeiten über fünf- bis sechsstellige Förderbeiträge, welche der Bund für innovative Unternehmen im Kanton im Energie- und Klimabereich spricht. Als selbstständiger Unternehmer im Energiebereich habe ich diese dynamischen Entwicklungen hautnah miterlebt und geprägt – daher kann ich aus Überzeugung allen Unternehme- rinnen und Unternehmern ans Herz legen, das Thema Energie und Nachhaltigkeit im Betrieb konsequent zu berücksichtigen. Ein nachhaltiger Umgang mit Energie im Rahmen von Prozess- optimierungen, Investitionen in den Gebäudepark oder der Ins- tallation von PV-Anlagen spart nämlich nicht nur Geld, sondern schützt Ihr Unternehmen im Falle einer Strommangellage und trägt gleichzeitig zu einer nachhaltigeren Schweiz bei. Die Energiewende ist schon (fast) überall angekommen – machen Sie mit! «Energiegeladen in die Zukunft» Täglich rüsten mehr Unternehmen Ihre Dach- und Fassadenflä- chen mit PV-Anlagen auf, da diese nicht nur betriebswirtschaft- Strommangellage, Klimawandel, steigende Energiepreise oder lich sinnvoll sind, sondern in Kombination mit Speicherlösun- der russische Angriffskrieg – das Thema Energie macht in unter- gen auch vorbeugend im Rahmen des Risikomanagements schiedlichster Form täglich Schlagzeilen. Auch von Seiten der Be- von höchster Relevanz sind. Auch profitieren Unternehmen in völkerung, der Wirtschaft und der Politik bin ich in meiner Funkti- diesen Bereichen vom positiven Image. Das motiviert Mitarbei- on als Regierungsrat regelmässig mit Fragen rund um die Energie tende zu Höchstleistungen und bietet Vorteile im Wettbewerb konfrontiert. Dabei werden hauptsächlich die Herausforderungen um Fachkräfte. und Risiken thematisiert, welche zum Beispiel rund um die Ver- sorgungssicherheit auftreten. Gleichzeitig finden sich im Kanton Im Kanton Schwyz gibt es bereits zahlreiche Unternehmen je- Schwyz innovative Unternehmen, die sich die Chancen zu eigen der Grösse, die die Chancen der Veränderungen erkannt haben. gemacht und sich erfolgreich auf dem Markt positioniert haben. Start-Ups wie WE ARE ZRCL, das nachhaltige Schwyzer Modela- Sie schaffen Arbeitsplätze, fördern die Wertschöpfung und leis- bel, mischen zuvorderst mit. Auch Konzerne wie Kühne+Nagel ten mit innovativen Technologien und Dienstleistungen – oft im setzen auf den nachhaltigen Einsatz von Energie und Rohstof- Stillen – einen wichtigen Beitrag zu den Herausforderungen der fen, genauso wie zahlreiche KMUs und landwirtschaftliche Energiewende und des Klimawandels. Betriebe. Schauen Sie sich um und tauschen Sie sich unterei- nander aus – Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und Klimaschutz Energie und Klima – vom Reizthema zum Innovationstreiber sind heutzutage weit verbreitet und einfacher umzusetzen als Noch vor zehn Jahren wurde intensiv darüber diskutiert, ob eine gedacht! Energiewende denn notwendig oder der Klimawandel tatsäch- lich menschgemacht sei. Diese Fragen sind heute geklärt und Regierungsrat Sandro Patierno, ein breiter Konsens ist etabliert: der Klimawandel ist menschge- Vorsteher Umweltdepartement des macht, er ist einzudämmen und die Folgen kosten uns viel Geld Kantons Schwyz www.h-i-sz.ch 3 H+I-AUSLESE Juli 2022 auslese-juli03.indd 3 14.07.22 16:35
Wie vertragen sich Innovation und Tradition? «Mal gut, mal gar nicht», sagt Engels. Etablierte Unternehmen tun sich generell schwer mit radikalen Wechseln. Zu den Vorteilen traditioneller Unternehmen zählen ein grosses Knowhow und die Entwicklung. Doch manchmal verhindert das Festhalten an guter Erfahrung auch Veränderungen. Im Kanton Schwyz hat sich die letzten Jahre viel getan: Die Milchmanufaktur in Einsiedeln stellt lokal klassische Milchprodukte her, behält dabei die Wertschöp- fungskette in der Region. Die AGRO Energie Schwyz AG, Energie Ausserschwyz AG und weitere Fernwärmeverbunde setzen auf ökologische Wärme- und Stromproduktion und versorgen mehre- re Ortschaften mit Fernwärme. Der Verein Schwyz Next (früher Technologiezentrum Schwyz) ist Katrin Leuenberger, eine gute Anlaufstelle für Unternehmen, die Innovationen umset- Amt für Umwelt und zen möchten. Der Verein pflegt ein grosses Netzwerk, dazu zäh- Energie, Abteilung Energie und Klima len Unternehmen, Forschungsinstitutionen aber auch Gemein- den und kantonale Ämter. Seit einem Jahr zählt Nachhaltigkeit zu den Schwerpunkten von Schwyz Next. Stéphanie Engels und ihr Team bieten Begleitung beim Aufbau von Start-ups, Beratung zur Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen sowie Innovations- coachings. «Erfolgreich mit neuen Ideen – Chancen für Entwicklung sieht Stéphanie Engels für neue Unter- und bereit für die Zukunft» nehmen genauso wie für traditionelle Betriebe. Auch eine kleine Bäckerei in Familienbesitz hat die Möglichkeit, nachhaltiger zu werden. Ihr Ansatz: Energieverbrauch senken, eigene Energie er- Katrin Leuenberger, zeugen, Lieferketten erweitern und Abfall reduzieren. «Man muss Amt für Umwelt und Energie, Abteilung Energie und Klima sein Unternehmen gut kennen, um es vorwärts zu bringen.» Nachhaltiges Wirtschaften und Innovationen wirken sich po- Der Druck auf Unternehmen steigt: verschärfte Vorgaben des sitiv aus, auf die Umwelt und das Klima sowie auf die Gesell- Gesetzgebers, die Nachfrage von Kundenseite nach nachhalti- schaft. Zugleich ermöglichen sie wirtschaftliche Vorteile. Sie gen Produkten und der fortschreitende Klimawandel. Das Thema schaffen Arbeitsplätze, erschliessen neue Geschäftsfelder Nachhaltigkeit ist definitiv im öffentlichen Bewusstsein ange- und reduzieren Abhängigkeiten. Der Kanton Schwyz fördert die kommen. Unterbrochene Lieferketten, Abhängigkeiten in der nachhaltige Entwicklung und stellt fest: Die Richtung stimmt, Energieversorgung und steigende Preise haben Auswirkungen doch noch immer gibt es viel zu tun. auf unser Leben. Die Corona-Pandemie hat zu gesellschaftlichen Verhaltensänderungen geführt, zum Beispiel zur Senkung von Sind Unternehmen im Kanton Schwyz besonders innovativ? Die- Umweltbelastungen durch Mobilität und zur Stärkung lokaler An- se Frage stellen wir Stéphanie Engels, Co-Geschäftsführerin von gebote. Schwyz Next: «Kleine und mittlere Unternehmen sind oft innova- tiv, und davon gibt es in Schwyz viele.» Das Thema Nachhaltigkeit Drei Säulen, ein Ziel sei in den letzten drei bis vier Jahren sehr aktuell geworden, sagt Auf Bundesebene ist Nachhaltigkeit in der Agenda 2030 veran- sie, auch für KMU. Den Schwyzerinnen und Schwyzern attestiert kert: 17 globale Ziele für nachhaltige Entwicklung bilden den Re- Engels eine gewisse Naturverbundenheit und einen guten Sinn ferenzrahmen. Die drei Säulen der Nachhaltigkeit sind Ökonomie, für Ökosysteme. Ob Schwyzer Unternehmen im interkantonalen Ökologie und Soziales: Vergleich besonders nachhaltig wirtschaften, ist nicht bekannt, dazu gibt es keine Benchmark. • Ökologische Nachhaltigkeit fordert einen sorgfältigen Umgang mit natürlichen Ressourcen wie Wasser, Energie und nicht rege- Stéphanie Engels beobachtet, dass es im Kanton Schwyz viele nerativen Rohstoffe. Start-ups gibt, die erfolgreich auf Innovation und Nachhaltigkeit setzen. Etwa Shavejack, die hochwertige Rasierer herstellen. Die • Soziale Nachhaltigkeit stellt den Menschen in den Mittelpunkt: Holzgriffe dafür werden in Handarbeit und in der Region gefertigt. Gerechtigkeit, Sicherheit und faire Bezahlung. Die Würde und freie Oder die Kleidermarke ZRCL, deren ganze Wertschöpfungskette Entfaltung sollen respektiert werden. auf Nachhaltigkeit basiert. Ebenso die Marlaux GmbH, die unter dem Namen Share a Look Kleider für spezielle Anlässe vermietet. • Ökonomische Nachhaltigkeit bedeutet, eine Wirtschaft zu gestalten, die langfristig gewinnbringend bestehen kann – ohne dabei eine der anderen beiden Säulen zu missachten. H+I-AUSLESE Juli 2022 4 www.h-i-sz.ch auslese-juli03.indd 4 14.07.22 16:35
Fokus Die drei Säulen der Nachhaltigkeit. © Kanton Schwyz Um Wege zu finden, eine erfolgreiche Wirtschaft nach dies Grund- sätzen zu gestalten, sind neue Ideen und Technologien gefragt. Sie ermöglichen es, gewinnbringend zu wirtschaften, ohne eine der drei Säulen zu vernachlässigen. Nachhaltigkeit im Unterneh- men ist dabei nicht nur als Herausforderung, sondern auch als Chance zu verstehen. Innovation hat Tradition Ein Familienbetrieb mit Mut zur Innovation: Der Rigitrac wird elektrisch Die Rigitrac Traktorenbau AG aus Küssnacht zeigt, dass sich Tra- betrieben und in der Schweiz hergestellt. (c) Sepp Knüsel AG dition und Innovation gegenseitig nicht ausschliessen. Entsprun- gen ist der Betrieb als Tochterunternehmen der Landmaschinen- Auch die Rigitrac setzt in ihrem Betrieb seit Jahren auf Solarener- fabrik Sepp Knüsel AG, die in den 1970er-Jahren gegründet wurde. gie. Auf der Fertigungshalle ist eine grosse Photovoltaikanlage in- 2003 hat Rigitrac den ersten eigenen Traktor entwickelt, 2010 mit stalliert, inklusive einer Stützbatterie. So lässt sich die gewonne- der Entwicklung eines elektrisch betriebenen Traktors begonnen. ne Energie auch abends und in der Nacht nutzen. Nachhaltigkeit, Im kommenden Jahr wird der vollelektronische Rigitrac bereit für sagt Marlis Knüsel, ist in ihrem Unternehmen stark verankert: die Serienproduktion sein. Rigitrac ist heute erfolgreich als Famili- «Wir leben das einfach, es ist für uns selbstverständlich.» enbetrieb in zweiter Generation tätig. Es arbeitet die ganze Fami- lie mit: das Gründerehepaar Sepp und Marlis Knüsel sowie die vier Vorgaben und Förderung durch den Kanton Töchter, Theres Beutler-Knüsel als Geschäftsleiterin. Erneuerbare Energien sind im Kanton Schwyz ein aktuelles The- ma. Seit dem 1. Mai 2022 ist das revidierte Energiegesetz in Kraft. Die Traktoren werden in der Schweiz entwickelt und hergestellt, Der Kanton erhöht die Energieanforderungen an Gebäude. Ein Ziel was einmalig ist. Dass es sich auszahlt, innovativ und nachhal- ist es, den Energiebedarf von Gebäuden zu senken. Neubauten tig zu sein, hat Firmengründerin Marlis Knüsel selbst erlebt: «Es müssen einen Teil ihres Strombedarfs selbständig erzeugen, was braucht etwas länger Zeit, kostet etwas mehr – aber auf die Jahre meist mithilfe von Photovoltaikanlagen erreicht wird. Vom Kanton zahlt es sich aus.» Die Geschäftszahlen belegen es: Der Famili- Schwyz gefordert – und gefördert – werden Effizienzmassnah- enbetrieb beschäftigt 40 Angestellte, rund 400 Traktoren sind men wie die Dämmung von Gebäudehüllen sowie der Ersatz fos- im Einsatz, und das nicht nur nahe der Rigi. Der Traktor hat einen siler und elektrisch betriebener Heizungen durch Heizungen mit Allradantrieb, ist besonders sicher, bodenschonend und vielseitig Energien aus erneuerbaren Quellen. einsetzbar. Das haben auch die Kunden erkannt. So ist der Rigi- trac als Kommunalfahrzeug in Köln unterwegs, die Schweizer Ar- Energiebedingte Emissionen machen im Kanton Schwyz einen mee nutzt ihn, ebenso wie der Flughafen Zürich. Dem Team rund Grossteil der Treibhausgasemissionen aus. Arthur Nauer, Abtei- um Marlis Knüsel ist es gelungen, offen für Neues zu bleiben und lungsleiter Energie und Klima, rät Unternehmen dazu, ihre Gebäu- unablässig weiter zu tüfteln. Die Sicherheit durch den bisherigen de zu überprüfen und zu optimieren: «Die günstigste Energie ist Firmenerfolg sei für sie zwar hilfreich gewesen, doch ebenso die, die man gar nicht erst verbraucht.» Bereits Massnahmen, die wichtig sei ihre Einstellung, offen für Neues zu sein und nicht im sich mit geringem Initialaufwand umsetzen lassen, ermöglichen gewohnten Trott weiterzugehen. beachtliche Einsparungen von Strom und Energie: der Einsatz ef- fizienter Lüftungsanlagen oder die Dämmung von Dächern und Die verschärften Abgasnormen für Landmaschinen waren, unter Gebäudehüllen. anderen, Ansporn für die Entwicklung des Elektrotraktors. Oder Der Kanton Schwyz fördert über das Gebäudeprogramm bauli- wie Marlis Knüsel ihre Idee von damals formuliert: «Autos fahren che Massnahmen zur energetischen Sanierung von Gebäuden bereits elektrisch, also können das auch Traktoren.» Zudem ha- ebenso wie den Ersatz fossiler Heizungen und Elektroheizungen. ben Landwirtschaftsbetriebe oft Solaranlagen auf Scheunendä- Dafür stehen jährlich 9,5 Millionen Franken zur Verfügung. Für chern installiert: Perfekt, um den Rigitrac vor Ort zu laden. Photovoltaikanlagen gibt es Förderbeiträge des Bundes. Weiter auf Seite 6 ... www.h-i-sz.ch 5 H+I-AUSLESE Juli 2022 Foto © :Axel-B. :Bott auslese-juli03.indd 5 14.07.22 16:35
Fortsetzung von Seite 5 Die ständige Weiterentwicklung der Produkte ist entscheidend für den Erfolg. Worauf Hugo Steiner und sein Team Wert legen, das Diese Beiträge sowie die sinkenden Kosten für Installation ma- würde er auch anderen Unternehmen empfehlen: «Offen sein, chen Photovoltaikanlagen interessant für Unternehmen. Insbe- sich im technischen Umfeld weiterbilden und neue Technologien sondere grosse Dachflächen sind besonders wirtschaftlich. Ob nutzen.» sich der Standort dafür eignet, lässt sich online in wenigen Sekun- Gegründet wurde Girsberger Informatik 1988 als Einzelfirma. den prüfen (www.sonnendach.ch). Inzwischen ist daraus eine AG entstanden, die rund 25 Personen beschäftigt und Lernende ausbildet. Steiner bestätigt: «Innova- Daten sammeln, Energie sparen tion und Nachhaltigkeit zahlen sich ganz klar aus. Mit unserer Energie sparen, Effizienz steigern und Emissionen senken: Das Software können wir den Energieverbrauch aufzeigen und sen- gehört zum Geschäftsmodell der Software-Entwicklungs-Firma ken. Das Sparpotenzial ist gross, einzelne Kunden haben dadurch Girsberger Informatik AG aus Brunnen. Eine eigens entwickelte fünfstellige Beträge über einen längeren Zeitraum eingespart.» Software erstellt aus Messdaten Reports und Prognosen. Zu den Auch seinen eigenen Verbrauch analysiert das Unternehmen und Kunden zählen Unternehmen mit hohem leitungsgebundenem hegt Pläne, in Zukunft autonomer zu werden, was den elektri- Energieumsatz wie Energieversorger, Hochschulen, Transportun- schen Energieverbrauch betrifft. ternehmen und Flughafenbetreiber. Die Daten zeigen etwa auf, wie stark ein Gebäude im Verlauf der Woche frequentiert ist, um Wichtig für die Zukunft welche Tageszeiten der Wasser- und Energieverbrauch markant So wie im Kanton Schwyz, ist Nachhaltigkeit im Bewusstsein der ansteigt und wie viel Energie die Kälte- und Wärmesysteme ver- meisten Schweizer Unternehmen angekommen: 86 Prozent der brauchen. Erhoben werden Daten zu Strom, Gas, Wärme und Käl- KMU bezeichnen sie als «notwendig für die Zukunftsfähigkeit» te, Wasser sowie Emissionen. und 81 Prozent «als massgeblich für den dauerhaften Erhalt der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit». Diese Resultate stammen «Je innovativer wir sind und uns auf dem Markt behaupten, aus einer Umfrage der Commerzbank, befragt wurden 140 KMU umso mehr Arbeitsplätze können wir schaffen», sagt Geschäfts- in der Schweiz. Um die Wirtschaft zu stärken, setzt der Kanton leiter Hugo Steiner. Die Steigerung der Energieeffizienz und Ent- Schwyz weiterhin auf Förderung von Nachhaltigkeit und Innova- wicklung neuer Technologien ist nicht nur nachhaltig sinnvoll, tion. Hier ist sich der Kanton einig mit Expertin Stéphanie Engels: sondern auch wirtschaftlich attraktiv. «Wir nehmen Rückmeldun- «Nachhaltigkeit ist ganz klar ein Wettbewerbsvorteil.» gen unserer Kunden ernst und entwickeln daraus neue Ideen.» Der schönste Strom- Akku weit und breit. www.ebs.swiss H+I-AUSLESE Juli 2022 6 www.h-i-sz.ch auslese-juli03.indd 6 14.07.22 16:35
Fokus Stéphanie Engels, Co-Geschäftsführerin von Schwyz Next. Foto © Schwyz Next Innovation Neues wagen, weiterkommen Gebäudeprogramm des Kantons Schwyz Stéphanie Engels, weshalb sollten Unternehmen Ob im KMU, im Familienbetrieb oder am eigenen Haus: Inves- auf Innovation setzen? titionen in Liegenschaften lohnen sich. Der Kanton Schwyz Veränderung ist zum Überleben notwendig. Darwins Evolu- fördert energetische Erneuerungen von Gebäudehüllen, Haus- tionstheorie «Survival of the Fittest» zählt auch in der Wirt- technik sowie Gesamtsanierungen. So gehen Sie vor, um schaft. Dass Innovation wichtig ist, ist recht einfach verständ- Fördergelder für die Sanierung zu erhalten: lich. Schwieriger ist das bei der Nachhaltigkeit. 1. Energieberatung einholen: Weshalb? Die Impulsberatung «erneuerbar heizen» für Ein- und Mehr- Nachhaltigkeit sehe ich als die Königsdisziplin, weil sie über familienhäuser ist kostenlos. Der Gebäudeausweis der Kan- das reine Geldverdienen hinausgeht. Grosse börsenkotierte tone (GEAK) wird ebenfalls gefördert. Fachpersonen finden Unternehmen haben erkannt, wie wichtig nachhaltiges Wirt- Sie unter www.geak.ch/experten/experten-finden. schaften ist. Bei den kleinen Unternehmen kommt das jetzt an. Es geht dabei um den ökologischen Fussabdruck, Ener- 2. Sanierungskonzept erstellen: giegewinnung und um kulturelle Themen. Diese Trends las- Mit einem umsichtigen Gesamtkonzept schützen Sie sich sen sich nicht mehr wegdenken. vor Fehlinvestitionen und können Steueroptimierungen be- rücksichtigen. Gibt es eine Zauberformel, wie man als Unternehmen innovativ wird? 3. Fördergelder beantragen: Entscheidend ist das Interesse am Thema und der Wille zur Sobald ein Sanierungskonzept vorliegt, können Sie Förder- Veränderung, das Mindset. Gerade Kleinstunternehmen im gelder beantragen. Wichtig ist dabei, dass Sie das Förderge- Kanton sind es sich gewohnt, in Netzwerken zu arbeiten und such vor Baubeginn einreichen. Informationen zu den För- sich für den Austausch und die Ideensuche zusammenzu- derprogrammen finden Sie unter www.energiefranken.ch. schliessen. Ein Unternehmen muss sich die Frage stellen: Wo kann ich den Hebel ansetzen? Nicht jeder Betrieb hat diesel- 4. Sanierung umsetzen: ben Kompetenzen im Haus. Die Fördergelder werden nach Abschluss der Sanierung aus- bezahlt. Wie unterstützt Schwyz Next die Unternehmen dabei? Wir suchen in unserem Netzwerk nach dem richtigen Partner, der die nötige Expertise mitbringt. So bringen wir Menschen und Unternehmen zusammen. Um welche Entwicklungen werden Unternehmen in Amt für Umwelt und Energie den kommenden Jahren nicht herumkommen? Kollegiumstrasse 28, 6431 Schwyz Das sind drei grosse Themen: Energieversorgung, Kreislauf- Telefon 41 819 20 35 wirtschaft und neue Geschäftsmodelle. Kreislaufwirtschaft auf@sz.ch, www.sz.ch/afu ist ein gutes Einstiegsthema, denn dabei geht es auch darum, die eigenen Prozesse zu optimieren und Geld zu sparen. www.h-i-sz.ch 7 H+I-AUSLESE Juli 2022 auslese-juli03.indd 7 14.07.22 16:35
2. Welche Bezugsquellenverschiebung erwartet die «Erfolgreich mit neuen Ideen – Schweizer Energiewirtschaft zum Jahresende 2022 und und bereit für die Zukunft» bis etwa 2030? BFE: Eine Abschätzung der Bezugsquellenverschiebung bis zum Jahresende ist nicht möglich! Das BFE publiziert jeweils Mitte Michael Kost, Leiter Sektion Analysen und Perspektiven, Bundes- Jahr seine Statistik zu Erzeugung und Verbrauch von elektrischer amt für Energie BFE im Gespräch mit der AUSLESE : Axel-B. :Bott Energie in der Schweiz des vergangenen Jahres (Elektrizitätssta- Das Interview mit dem Eidgenössisches Departement für tistik). Mit den Energieperspektiven 2050+ hat das BFE eine Ent- Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK, Bundesamt wicklung des Energiesystems analysiert, welche mit dem lang- für Energie BFE, Medien und Politik wurde schriftlich geführt. fristigen Klimaziel von Netto-Null Treibhausgasemissionen im Jahr 2050 kompatibel ist und gleichzeitig eine sichere Energie- 1. Herr Kost, wie sieht der aktuelle Strommix in % von 100 aus, versorgung gewährleistet. Im Hauptszenario (ZERO Basis) liegt bzw. aus welchen Quellen bezieht die Schweiz aktuell wieviel der Elektrizitäts-Produktionsmix der Schweiz bis 2030 bei rund Strom? 66 Prozent Wasserkraft, 14 Prozent Kernkraft und 2.5 Prozent BFE: Die Stromproduktion der Schweiz setzt sich aus rund 61.5 aus konventionell-thermischen Kraft- und Fernheizkraftwerke, Prozent Wasserkraft, 28.9 Prozent Kernenergie, 3.6 Prozent wobei diese dann nur noch aus Energie nicht-erneuerbarer Quel- konventionell-thermischer Kraft- und Fernheizkraftwerke, wel- len stammt. Die restliche Energie, rund 17 Prozent, stammt aus che teilweise mit Energie aus erneuerbaren, teilweise aus nicht- den übrigen erneuerbaren Quellen, wobei Photovoltaik hier immer erneuerbaren Quellen betrieben werden, sowie 6 Prozent aus di- noch den grössten Anteil hat. versen erneuerbaren Quellen zusammen, wobei hier der grösste Teil aus Photovoltaik-Anlagen stammt (Zahlen 2021). Da Strom 3. Für 2050 gilt als Ziel eine 2000-Watt-Gesellschaft. Als Zwi- international gehandelt wird, stammt nicht der gesamte Strom schenziel ist bereits bis 2030 der Wert auf 3500 Watt ange- ab Steckdose aus Schweizer Produktion. Die Daten zum Schwei- hoben. Heute liegen wir bei 5000 Watt, ohne graue Energie die zer Strom-Liefermix werden jährlich im Stromkennzeichnungs- nochmals bei ca. 4000 Watt liegen dürfte. Welchen Anstieg kal- Cockpit veröffentlicht. 2020 stammte der Strom aus Schweizer kulieren Sie bei gleichzeitiger Entwicklung der Elektromobilität Steckdosen zu rund 76 Prozent aus Energien aus erneuerbaren ist bis 2030 bei privat und bei den öffentlichen Betrieben? Quellen: Zu 66 Prozent aus Grosswasserkraft und zu rund 10.3 BFE: 2020 lag der Primärenergieverbrauch in Watt Dauerleistung Prozent aus Photovoltaik, Wind, Kleinwasserkraft und Biomasse. bei 3900 Watt pro EinwohnerIn. Bis 2030 soll dieser auf 3000 20 Prozent stammten aus Kernenergie und knapp 2 Prozent aus Watt reduziert werden, bis 2050 auf 2000 Watt. Das 2000-Watt- Abfällen und fossilen Energieträgern. Zu bemerken ist, dass es Gesellschaft Szenario für die Mobilität und den Verkehr ist auf die sich hierbei um Zahlen gemäss Stromkennzeichnung handelt: Energiestrategie 2050 abgestützt und geht von einer Redukti- die Herkunftsnachweise geben Auskunft über die Produktionsart on der Endenergie für Verkehr bis 2035 von 42 Prozent resp. 64 und Herkunft des gelieferten Stroms. Herkunftsnachweise kön- Prozent bis 2050 im Vergleich zu 2010 aus. Die Daten der Koordi- nen europaweit gehandelt werden und entsprechen nicht dem nationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentli- tatsächlichen physikalischen Stromhandel. chen Bauherren (KBOB) zeigen, dass Elektrofahrzeuge über den gesamten Lebenszyklus des Fahrzeuges (Betrieb, Fahrzeuger- H+I-AUSLESE Juli 2022 8 www.h-i-sz.ch auslese-juli03.indd 8 14.07.22 16:35
Fokus stellung und Infrastruktur) effizienter in Bezug auf Primärenergie und Treibhausgasemissionen sind und dies umso mehr, wenn der Strom aus erneuerbaren Quellen stammt. Auf globaler und stra- tegischer Ebene trägt die Elektrifizierung des Verkehrs mit einer Versorgung aus 100 % erneuerbaren Energien daher wirksam zur Erreichung der Ziele für die Reduktion des Endenergieverbrauchs im Verkehrssektor bei. Sie orientieren die Elektrifizierung des Verkehrs an einer Ver- sorgung aus 100 % Energie aus erneuerbaren Quellen. Ist die- ser Wert ein rechnerisches Ziel anhand der installierten Nenn- leistung erneuerbaren Quellen oder ist dieser Wert tatsächlich durch Netto-Megawatt (MW)-Erträge abgestützt? BFE: Das BFE hat mit den Energieperspektiven 2050+ eine Ent- Michael Kost, wicklung des Energiesystems analysiert, welche mit dem lang- Leiter Sektion fristigen Klimaziel von Netto-Null Treibhausgasemissionen im Analysen und Jahr 2050 kompatibel ist und gleichzeitig eine sichere Energie- Perspektiven © BFE versorgung gewährleistet (s. «Zielbild» links). Die Energieper- spektiven 2050+ (EP 2050+) zeigen Technologiepfade auf, mit denen das langfristige Klimaziel von Netto-Null erreicht werden kann. Bis 2050 kann die Energieversorgung fast vollständig aus inländisch produzierter, erneuerbarer Energie bestehen. Im Ver- kehrssektor kann der Endenergieverbrauch gegenüber 2019 um sicherheiten wegen der Ukraine, Ausfälle von französischen 40 Prozent sinken, dies insbesondere aufgrund der höheren Effi- Atomkraftwerken, gestiegene Erdgas- und Kohlepreise ge- zienz der Elektrofahrzeuge. nannt. Mit welcher Tarifkorrektur rechnet das BFE? BFE: Die Schweizer Netzbetreiber müssen ihre Elektrizitätstarife 4. Gemäss admin.ch stammte der Strom aus Schweizer Steck- für das nächste Jahr jeweils per 31. August sowohl ihren Kunden dosen zu rund 76% aus erneuerbaren Energien: Zu 66% aus als auch der ElCom bekannt geben. Die genannte Tarifsteigerung Grosswasserkraft und zu rund 10.3% aus Photovoltaik, Wind, gilt für die Tarife 2022, welche im August des letzten Jahres fest- Kleinwasserkraft und Biomasse. 20% stammten aus Kern- gelegt wurden. Damit sind sie noch nicht von den Preiserhöhun- energie und knapp 2% aus Abfällen und fossilen Energieträ- gen, welche insbesondere aufgrund des Ukraine-Krieges auftre- gern. Frankreich meldet zu erwartende Lieferengpässe. Durch ten, betroffen. Gemäss der Strombranche sollen die Stromtarife welche erneuerbaren und sofort aktivierbaren Quellen in der in der Grundversorgung im kommenden Tarifjahr um 20 Prozent Schweiz soll das Grundlastdefizit abgefangen werden? steigen. Gemäss einer Umfrage der ElCom wird ein Grossteil der BFE: Es handelt sich bei den Zahlen um Daten zum Schweizer befragten Netzbetreiber für das kommende Tarifjahr je nach Be- Strom-Liefermix, welche jährlich erhoben und auf www.strom- schaffungsprofil im Durchschnitt rund 47 Prozent (gewichtet) kennzeichnung.ch im Stromkennzeichnungs-Cockpit veröffent- höhere Energietarife verrechnen. Da der Energieteil nur eine von licht werden. Die Zahlen beziehen sich auf die Herkunftsnachwei- vier Komponenten (Netznutzungstarif, Energietarif, Abgaben an se, welche unabhängig vom physischen Strom gehandelt werden das Gemeinwesen, Netzzuschlag) des Stromtarifs ist, ist dies können. Bei der Beschaffung werden absehbare Produktionseng- mit der von der Strombranche genannten Tariferhöhung kompa- pässe berücksichtigt, die Strommarktplätze reflektieren diese tibel. Das BFE hat dazu keine weiteren Angaben. Kostentreiber und Lieferverträge werden dementsprechend abgeschlossen. sind insbesondere die hohen Gaspreise, die im Stromhandel zu Der Bundesrat hat verschiedene Massnahmen zur Sicherung deutlich erhöhten Beschaffungskosten führen. Neben den Gas- der Versorgungssicherheit getroffen. So wird die Förderung aus preisen sind auch die Kohlepreise und CO2-Preise gestiegen, was erneuerbaren Quellen verlängert und verbessert und die Spei- die Preise ebenfalls beeinflusst. Die Auswirkungen auf die Strom- cherwasserkraft vor allem für die Versorgung im Winter gestärkt. preise für die Kunden in der Grundversorgung sind in der Schweiz Damit Projekte für Energien aus erneuerbaren Quellen schneller landesweit unterschiedlich und hängen davon ab, wie hoch der als heute realisiert werden können, ist vorgesehen, die Planungs- Anteil an Elektrizität aus eigenen Kraftwerken ist. Je höher der und Bewilligungsverfahren zu beschleunigen und den Bau von Eigenanteil in der Erzeugung eines Versorgers ist, desto geringer Solaranlagen steuerlich und administrativ zu erleichtern. Kurz- wird der Preisanstieg sein (und vice versa). Im laufenden Tarifjahr bis mittelfristig richtet der Bundesrat eine Wasserkraft-Reserve gab es in der Grundversorgung die genannten geringen Anpas- bereits auf den Winter 2022/2023 ein und treibt die Planung sungen, deutlich höhere Auswirkungen gab es im freien Markt. von klimaneutral betriebenen Reserve-Kraftwerken voran. Diese beiden Instrumente sollen zusammenspielen und als Rückver- 6. Die Schweiz plant den Kapazitätsausbau ihrer erneuerbaren sicherung in Ausnahmesituationen dienen. Gleichzeitig will der Quellen. Bekannt sind die langen Planungs-, Genehmigungs- Bundesrat die Stromeffizienz verbessern, um den Strom sinnvoll und Rekursverfahren bei Einsprachen. Regenerative und wet- einzusetzen und der Stromverschwendung entgegenzuwirken. terabhängige Energiequellen (Wind und Solar) gelten dabei als nicht grundlastsicher und wegen der hohen Quersubventionen 5. Netz- und Energiekosten steigen in der Schweiz etwa um 2 wirtschaftlich ineffizient. Wieviel Prozent eines real zu erwar- % p.a., z.Z. 21,2 Rappen/kWH gemäss admin.ch. Als Tarifkom- tenden Zubaus könnten bei welchen Quellen tatsächlich mittel- ponenten nennen Sie Netznutzung, Energie, Abgaben und fristig (bis 2030) realisiert werden? Netzzuschlag. Auf Seite der Strombörse spricht man jedoch von Tariferhöhungen um bis zu 20 %. Als Ursachen werden Un- Weiter auf Seite 11 ... www.h-i-sz.ch 9 H+I-AUSLESE Juli 2022 auslese-juli03.indd 9 14.07.22 16:35
Schweiz, einst Musterland für unabhängige Ener- giequellen, heute durch eine ideologisch geprägte Energipolitik und Annähe- rung an EU-Sanktionen, zu einem abhängigen Bittstellerland geworden H+I-AUSLESE Juli 2022 10 www.h-i-sz.ch auslese-juli03.indd 10 14.07.22 16:35
Fokus Atomkraft, neben Kohle, Gas und Wasserkraft , immer noch eine konservativ-solide Grundlastsicherung Fortsetzung von Seite 9 dingt (Flatterstrom) übers Jahr gerechnet. Windkraftanlagen Gemäss den Energieperspektiven 2050+ (Szenario ZERO Basis) in Deutschland mit vergleichbaren Windhöffigkeitsstandorten liegt die installierte Leistung der Photovoltaik bei 9.8 GW, beim weisen jedoch ein Defizit zwischen Nenn- und Nettoleistung Wind bei 0.3 GW. Dies entspricht einem Zubau von 288 Prozent von teilweise über 80 % aus. Mit welchen Ersatzenergiequellen gegenüber dem Jahr 2019 bei der Photovoltaik und einem Zubau wird die Schweiz das ausgleichen (Schattenkraftwerke Gas, 226 Prozent bei Wind. Diese Zubau-Zahlen leiten sich aus den Atom) oder soll diese Menge sortenrein (regenerative Quellen) Zielszenarien der Energieperspektiven ab. Seit einigen Jahren importiert werden? wächst der Photovoltaikmarkt jährlich mit Raten von über 40 Pro- BFE: Hier muss zwischen installierter Leistung und Jahrespro- zent. 2021 wurden 705 MW installiert, was einem neuen Jahres- duktion unterschieden werden: Zubau-Rekord entspricht. Für das Jahr 2022 werden weitere Stei- • Die installierte Leistung = Nennleistung wird beim Wind in der gerungen erwartet. Regel in MW (Mega Watt = 106 Watt) angegeben. Sie stellt eine Ei- Bei der Windenergie beträgt die installierte Leistung aktuell 87 genschaft einer Anlage dar. MW mit 41 Windenergieanlagen (WEA). Die jährliche Produktion • Die jährlichen Produktion wird beim Wind in der Regel in GWh/a liegt bei rund 145 GWh/a. Seit März 2021 haben fünf Windener- (Giga Watt Stunden pro Jahr = 109 Watt Stunden pro Jahr) ange- gieprojekte grünes Licht erhalten und werden in den nächsten geben. drei Jahren realisiert werden können. Gleiches gilt für ein Projekt, Eine Windanlage läuft natürlich nicht immer auf Nennleistung. das bewilligt worden ist und nicht bis vor Bundesgericht ziehen Wenn dies so wäre, dann würde die jährliche Produktion 24 x 365 musste. Insgesamt sind dies 29 WEA (installierte Leistung: rund x Nennleistung betragen. Es geht hier also nicht um Flatterstrom, 100 MW; Produktion: rund 190 GWh/a). Projekte mit total 75 WEA sondern darum, dass die Anlagen in Norddeutschland vielleicht haben ihren Nutzungsplan aufgelegt oder befinden sich bereits etwas häufiger auf Nennleistung laufen. in einem Beschwerdeverfahren. Diese Anlagen sollten in den nächsten 5 Jahren gebaut werden können (installierte Leistung: ca 200 MW; Produktion ca. 375 GWh/a). Weitere Projekte mit 230 WEA befinden sich in Planung. Wenn es die Rahmenbedingungen zulassen, sollten sicher 150 WEA davon bis 2035 realisiert wer- den können (installierte Leistung: ca 800 MW; Produktion: ca. 750 GWh/a). Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK Sie nennen bei Photovoltaik und Windenergie installierte MW- Bundesamt für Energie BFE Leistungsangaben, also Nennleistung. Als Produktionsleistung 3003 Bern nennen Sie ein Vielfaches in GW, vermutlich schwankungsbe- Telefon 058 462 56 11, Fax: 058 463 25 00 www.h-i-sz.ch 11 H+I-AUSLESE Juli 2022 auslese-juli03.indd 11 14.07.22 16:35
Die Versorgungs- strategien von ebs, der regionalen Netzbetreiberin Als Strom-, Erd- und Biogas sowie Datennetzbe- treiberin hat die ebs Energie AG einige Haushalte, die sie rund um die Uhr versorgen muss. Hans Bless, Vorsitzender der Geschäftsleitung, gewährt einen Einblick in das vernetzte Unternehmen. Verteilnetz Verteilnetz wird wird stetig stetig ausgebaut ausgebaut Wasserkraft Wasserkraft und und die die Konzessionserneuerung Konzessionserneuerung Die Die ebs ebs Energie Energie AGAG investiert investiert stetig stetig inin das das Strom- Strom- Rund Rund 5757 Prozent Prozent des des Schweizer Schweizer Stroms Stroms stammt stammt netz netz und und somit somit inin die die Versorgungssicherheit. Versorgungssicherheit. Wir Wir heute heute aus aus umweltfreundlicher umweltfreundlicher Wasserkraft. Wasserkraft. Die Die bauen bauen unser unser Verteilnetz Verteilnetz kontinuierlich kontinuierlich ausaus und und füh- füh- Vorteile Vorteile liegen liegen auf auf der der Hand: Hand: zuverlässig, zuverlässig, inin die die ren ren Unterhaltsarbeiten Unterhaltsarbeiten und und Erneuerungen Erneuerungen unserer unserer Landschaft Landschaft eingebettet, eingebettet, einheimisch einheimisch und und erneuer- erneuer- Anlagen Anlagen zeitnah zeitnah durch. durch. Damit Damit Stromunterbrüche Stromunterbrüche in in bar. bar. Die Die Energie Energie stammt stammt aus aus der der Schweiz Schweiz undund ist ist Zukunft Zukunft noch noch weniger weniger werden. werden. Daneben Daneben verlegen verlegen eine eine natürliche natürliche Ressource, Ressource, die die hier hier vorhanden vorhanden ist. ist. wir wir immer immer mehr mehr Freileitungen Freileitungen inin den den Boden, Boden, wowo sie sie Sie Sie wird wird regional regional produziert produziert und und verteilt, verteilt, schafft schafft durch durch Naturereignisse Naturereignisse weniger weniger gefährdet gefährdet sind. sind. Und Und Arbeitsplätze Arbeitsplätze und und generiert generiert Aufträge Aufträge für für das das Ge- Ge- nicht nicht zuletzt zuletzt investieren investieren wir wir viel viel in in unsere unsere Schutz- Schutz- werbe. werbe. und und Steuerungssysteme. Steuerungssysteme. Sollte Sollte der der Extremfall Extremfall den- den- noch noch eintreten, eintreten, könnten könnten diedie ebs-Mitarbeitenden ebs-Mitarbeitenden ebs ebs hat hat letzten letzten Herbst Herbst das das Gesuch Gesuch für für die die Erneue- Erneue- dank dank eines eines eigenen eigenen Funksystems Funksystems stromunabhängig stromunabhängig rung rung der der Wasserrechtskonzession Wasserrechtskonzession der der Muotakraft- Muotakraft- miteinander miteinander kommunizieren, kommunizieren, beispielsweise beispielsweise für für die die werke werke für für die die kommenden kommenden 80 80 Jahre Jahre eingereicht. eingereicht. Koordination Koordination von von Reparaturarbeiten. Reparaturarbeiten. Damit Damit sichern sichern wir wir uns uns das das Fundament Fundament für für die die wirtschaftliche wirtschaftliche Weiterentwicklung Weiterentwicklung unserer unserer Region Region für für kommende kommende Generationen. Generationen. Gleichzeitig Gleichzeitig unter- unter- stützen stützen wir wir alle alle Besitzer Besitzer von von Photovoltaikanlagen Photovoltaikanlagen bei bei der der Vermarktung Vermarktung des des Eigenverbrauchs Eigenverbrauchs auf auf pri- pri- vaten vaten Liegenschaften Liegenschaften sowiesowie mit mit einem einem attraktiven attraktiven Abnahmepreis Abnahmepreis für für die die Produktionsüberschüsse, Produktionsüberschüsse, vor vor allem allem im im Winter. Winter. Nebst Nebst dem dem altbewährten altbewährten investiert investiert ebs ebs auch auch in in neue neue Technologien Technologien und und Energiequellen. Energiequellen. H+I-AUSLESE Juli 2022 12 www.h-i-sz.ch auslese-juli03.indd 12 14.07.22 16:35
Elektroauto Elektroauto bequem bequem Zuhause Zuhause aufladen aufladen Im Im Bereich Bereich der der E-Mobilität E-Mobilität bieten bieten wir wir allen allen Elek- Elek- troauto-Besitzenden troauto-Besitzenden Ladestationen Ladestationen an, an, damit damit sie sie bequem bequem undund unkompliziert unkompliziert ihre ihre Fahrzeuge Fahrzeuge Zuhause Zuhause aufladen aufladen können. können. Neben Neben unserer unserer Lade- Lade- station station für für Einfamilienhäuser Einfamilienhäuser gibt gibt es es auch auch die die ebs-Ladelösung, ebs-Ladelösung, die die sich sich für für Mehrfamilienhäuser Mehrfamilienhäuser Wasserstoff Wasserstoff – – der der Energieträger Energieträger der der Zukunft Zukunft und und das das Gewerbe Gewerbe eignet. eignet. Über Über ein ein Kabel Kabel werden werden alle alle Parkplätze Parkplätze in in der der Tiefgarage Tiefgarage erschlossen erschlossen undund Durch Durch den den vermehrten vermehrten ZubauZubau erneuerbarer erneuerbarer Ladestationen Ladestationen können können beibei Bedarf Bedarf drangehängt drangehängt Energiesysteme, Energiesysteme, vor vor allem allem Photovoltaik, Photovoltaik, wird wird es es im im werden. werden. Eine Eine ideale ideale Lösung Lösung fürfür die die stetig stetig steigende steigende Sommerhalbjahr Sommerhalbjahr auch auch in in unserer unserer Region Region immer immer Nachfrage Nachfrage an an Elektrofahrzeugen. Elektrofahrzeugen. öfters öfters starke starke Stromüberschüsse Stromüberschüsse geben.geben. Um Um die- die- se se Überschüsse Überschüsse sinnvoll sinnvoll zu zu nutzen, nutzen, ist ist ebs ebs in in der der Vorabklärung Vorabklärung für für eine eine Wasserstoff-Anlage. Wasserstoff-Anlage. Mit Mit dieser dieser Anlage Anlage soll soll künftig künftig mit mit überschüssiger überschüssiger Ener-Ener- Schnelle Schnelle Verbindungen Verbindungen mit mit Glasfaser Glasfaser gie gie Wasserstoff Wasserstoff produziert produziert werden, werden, welcher welcher dann dann Das Das Glasfasernetz Glasfasernetz (auch (auch «fiber «fiber to to the the home», home», kurz kurz gespeichert gespeichert undund beispielsweise beispielsweise für für die die Mobilität Mobilität FTTH FTTH genannt) genannt) unserer unserer Tochterfirma Tochterfirma ebs ebs Tele- Tele- genutzt genutzt werden werden kann. kann. Mit Mit dem dem CO2-neutralen CO2-neutralen Net Net AG AG wird wird stetig stetig ausgebaut. ausgebaut. Die Die Digitalisierung Digitalisierung Wasserstoff Wasserstoff leistet leistet ebs ebs einen einen wichtigen wichtigen Beitrag Beitrag zur zur schreitet schreitet weiter weiter voran voran und und damit damit auch auch die die Daten- Daten- Reduktion Reduktion des des Klimawandels Klimawandels und und zur zur Realisation Realisation menge menge und und der der Bedarf Bedarf anan schnellen schnellen Leitungen. Leitungen. der der Energiestrategie Energiestrategie 2050. 2050. Nach Nach Abklärung Abklärung noch noch So So wurden wurden letztes letztes Jahr Jahr Verwaltungsgebäude Verwaltungsgebäude der der offener offener Punkte Punkte kann kann ebs ebs hoffentlich hoffentlich mit mit dem dem Pro- Pro- Gemeinden Gemeinden Illgau, Illgau, Lauerz, Lauerz, Muotathal, Muotathal, Steinen Steinen und und jekt jekt starten starten und und ihren ihren Kunden Kunden künftig künftig ein ein weiteres weiteres Unteriberg Unteriberg zusätzlich zusätzlich anan das das Glasfasernetz Glasfasernetz desdes nachhaltiges nachhaltiges undund regional regional hergestelltes hergestelltes Energie- Energie- Kantons Kantons angebunden. angebunden. produkt produkt bieten. bieten. ebs ebs Energie Energie AG AG 041 041 819 819 47 47 47 47 Riedstrasse Riedstrasse 17 17 info@ebs.swiss info@ebs.swiss 6430 6430 Schwyz Schwyz www.ebs.swiss www.ebs.swiss www.h-i-sz.ch 13 H+I-AUSLESE Juli 2022 auslese-juli03.indd 13 14.07.22 16:35
oder der Verlegung von neuen, grösseren Rohren, welche die Turbinierung grösserer Wassermengen ermöglichen, wenn die- se zur Verfügung stehen (z.B. nach der Schneeschmelze oder Hans Bless, bei anhaltenden Niederschlägen), kann der Verlust auf neun Geschäftsführer Prozent verringert werden. der ebs Energie AG Als grösste Herausforderung bezeichnet Hans Bless die «Kom- plexität der Situation». Umfangreiche Untersuchungen seien notwendig gewesen, weil rund 30 Wasserfassungen betroffen seien, welche teilweise in ökologisch heiklen Gebieten lägen. Zudem ist das Gewässer in viele Abschnitte und zufliessende Bäche gegliedert, die alle einzeln behandelt werden mussten. Sich der ökologischen Herausforderungen bewusst, wurden nach den technischen Abklärungen ab 2014 die Umweltorgani- sationen in den Prozess eingebunden. «Wir haben mit ihnen Be- wertungsmethoden entwickelt und verfeinert, die Systematik und Fragestellungen diskutiert und sind ihnen in vielen Forde- rungen entgegengekommen», schaut der ebs-Geschäftsführer auf den Entstehungsprozess zurück und folgerte: «Man liess uns im Gewissen, dass sie mit den Ersatzmassnahmen einver- standen sind.» Im Oktober 2021 war es dann soweit: Die ebs Energie AG hat das umfangreiche Regelwerk, das rund 6000 Seiten umfasst, einge- Der hürdenreiche Weg zur reicht. Zum Erstaunen von ebs (das Kürzel steht für den frühe- ren Namen «Elektrizitätswerk des Bezirks Schwyz») haben der Konzessionserneuerung I WWF, Pro Natura und Aqua Viva umfangreiche Einsprachen de- poniert. «Wir fühlen uns hintergangen», sagt Hans Bless. «Es sind fast ähnlich hohe Forderungen wie zu Beginn der Verhand- Franz Steinegger lungen, als hätten wir nicht miteinander gesprochen.» Die ebs Energie AG hat zwölf Jahre und über elf Millionen Man könne durchaus unterschiedliche Meinungen haben, «aber Franken in die Konzessionserneuerung investiert. Trotz Ein- es werden Sachen, die man besprochen hat und Kompromisse bindung der Umweltorganisationen haben diese nun doch eingegangen ist, jetzt wieder in Zweifel gezogen. Das macht die Einsprachen deponiert. Verhandlungen so schwierig.» Man könne sich nicht mehr auf das Wort verlassen. «Unter diesen Voraussetzungen hätten wir Im Jahr 2030 läuft die Konzession der ebs Energie AG zur Nut- das Konzessionsgesuch auch 2015 einreichen und die Gerichte zung der Wasserkraft der Muota aus. Bereits seit 2009 wurde darüber entscheiden lassen können.» Würden die Umweltver- die Planung für die Neukonzessionierung für weitere 80 Jahre bände ihre Maximalforderungen durchbringen, würde fast ein aufgenommen. Das Regelwerk ist äusserst anspruchsvoll, weil Drittel der heutigen Energieproduktion verloren gehen. Das sei unterschiedliche Interessen berücksichtigt werden müssen realistisch nicht umsetzbar. – von der Revitalisierung der Gewässer über Geschiebehaus- halt, Restwassermenge und Fischwanderung bis zur Schwall- Seitens der ebs Energie AG sind die Abklärungen zur Konzes- Sunk-Problematik, welche dort auftritt, wo das Wasser nach sionserneuerung nun abgeschlossen. Jetzt haben der Bezirk der Turbinierung wieder in den Fluss zurückfliesst. Um die Um- Schwyz als Konzessionsgeber und der Kanton als Behörde, weltauflagen zu erfüllen, hat die ebs Energie AG sogar das Klein- welcher für die Wasserkraftsanierung zuständig ist, die Verfah- wasserkraftwerk Langensteg in Ingenbohl, welches von der rensleitung übernommen. Mitte Juni fanden erstmals Einspra- Zementfabrik Hürlimann betrieben wurde, aufgegeben. Mit der cheverhandlungen statt. damit möglichen Aufweitung der Muota und deren Auenland- schaft lassen sich Ökopunkte gewinnen, welche die technische Hans Bless ist trotz der Enttäuschung über das Vorgehen der Aufrüstung und Erneuerungen im Oberlauf zulassen. Umweltorganisationen verhalten optimistisch. Erste Vorsondie- rungen hätten Lösungswege aufgezeigt. Deshalb habe er «das Die aufgelaufenen Projektierungskosten verschlangen bisher Gefühl», dass man doch noch zu einer Verhandlungslösung fin- über elf Millionen Franken, die Unterlagen füllen die Ordner mit den werde. «Niemand will den Gerichtsweg einschlagen, weder technischen Angaben und ökologischen Aufwertungsmassnah- wir noch die Umweltorganisationen, denn was die Richter ent- men. «Durch die gesetzlich geforderten Revitalisierungsmass- scheiden werden, ist offen und es ist ein langer und kostspie- nahmen gehen bis zu 15 Prozent der derzeitigen Stromproduk- liger Weg.» tion den Bach ab», erklärt CEO Hans Bless. Mit Optimierungen wie der Teilabdichtung des Glattalpsees zur Verlagerung der Energieproduktion in den Winter, dem Ausbau von Fassungen H+I-AUSLESE Juli 2022 14 www.h-i-sz.ch auslese-juli03.indd 14 14.07.22 16:35
Interview 5907 Seiten umfasst das Gesuch um Konzessionserneuerung, das im Februar 2019 eingereicht wurde von (von links): Dem damaligen Bezirksammann Joe Zihlmann, dem damaligen Verwaltungsratspräsidenten Ruedi Reichmuth und Hans Bless, Geschäftsführer der ebs Energie AG, Foto © Franz Steinegger Portrait der ebs Energie AG Die Einsprachen dienten den Umweltorganisationen offensicht- Die ebs Energie AG wurde 1950 nach einem politisch schwie- lich dazu, «möglichst viel herauszuholen». Den Schlüssel zum rigen Prozess als «Eigenwerk» gegründet. Die durch- Erfolg sieht Hans Bless darin, dass man eine Gesamtlösung schnittliche Jahresproduktion der Muota beträgt 254 Giga- finden müsse – beispielsweise, indem man im Unterlauf mehr wattstunden, was 45 Prozent der totalen Energieproduktion ökologische Aufwertungen macht, damit man im Oberlauf, wo im Kanton Schwyz entspricht und ca. 50 000 Haushalte mit die Energie produziert wird, weniger Einschränkungen zu ver- Strom versorgt. Die ebs Energie AG ist ein Unternehmen mit kraften hat. «Es ist ein Geben und Nehmen und daran sollten 104 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und generiert für die sich auch die Umweltorganisationen halten.» Die ebs Energie Region Innerschwyz eine jährliche Wertschöpfung von 21 AG wolle nur die bestehenden Anlagen erneuern. «Wir bauen Millionen Franken. nirgends eine neue Fassung oder ein neues Kraftwerk.» Sie ist zu 100 Prozent beteiligt an der ebs TeleNet AG und Für die Umsetzung der verschiedenen Massnahmen rechnet der Girsberger Informatik AG, zu 95,2 Prozent an der ebs die ebs Energie AG mit eigenen Investitionen von 150 Millio- Erdgas + Biogas AG sowie zu 13,33 Prozent an der Biogas- nen Franken, die in Teilprojekte bis ins Jahr 2040 einfliessen. anlage SwissFarmerPower Inwil AG. Teilhaber sind der Bezirk Weitere 65 Millionen Franken investiert der Bund, um negative Schwyz, die Oberallmeindkorporation Schwyz sowie die Beeinträchtigungen der Wasserkraftnutzung zu beseitigen, bei- Gemeinden Schwyz, Muotathal, Steinen, Sattel, Unteriberg, spielsweise in die Sanierung des Geschiebehaushalts oder die Lauerz und Illgau. Wiederherstellung der Fischwanderung. ebs Energie AG Riedstrasse 17 6431 Schwyz 041 819 47 47 info@ebs.swiss www.h-i-sz.ch 15 H+I-AUSLESE Juli 2022 auslese-juli03.indd 15 14.07.22 16:35
Die Muota wird nun während weiteren 80 Jahren genutzt. Den Umweltverbänden ist es wichtig, dass der Fluss weiterhin auch als Lebensraum dienen kann. 4. Was fordern Sie? Mehr Restwasser, Glattalpseeabdichtung oder weitere Abklärungen? V. Ziltener: Wir fordern nichts anderes als die Einhaltung der gel- tenden Umwelt- und Gewässerschutzgesetze. Die Muota soll Vera Ziltener beharrte einen ausgeglichenen Wasserhaushalt haben, die wertvollen auf Seiten der Umwelt- Lebensräume müssen geschützt werden und es braucht ange- organisationen auf messene Renaturierungsmassnahmen. eine kompromisslose Haltung gegenüber der ebs. 5. Wollen Sie damit Maximalforderungen durchbringen? Kom- promisse bei den Verhandlungen, dann Einsprache gegen die Kompromisse, um ein Maximum herauszuholen? V. Ziltener: Verhandlungslösungen sind nie Maximallösungen sondern stellen immer einen pragmatischen Kompromiss für beide Seiten dar. Das Auflageprojekt erfüllt derzeit die Natur- und Gewässerschutzgesetze nicht. Es braucht nun ein verbes- sertes Projekt, dass es den geltenden Gesetzen entspricht. Der hürdenreiche Weg zur 6. Welche Ängste stecken hinter den Einsprachen? Konzessionserneuerung II V. Ziltener: Es geht nicht um Ängste, sondern um die Einhaltung geltender Gesetze. Nochmals: Aufgabe der Umweltverbände ist es, die Einhaltung der Natur- und Gewässerschutzgesetze zu Franz Steinegger überprüfen. Die ebs und auch der Bezirk Schwyz verstehen und respektieren diese Rolle. In den Verhandlungen wird daran gear- Antworten der Umweltorganisationen zu Konzessions- beitet, dass die Nutzung der Muota für die Wasserkraft nicht zu erneuerung der ebs Energie AG. Lasten einer lebendigen Muota für die Zukunft geht. 1. Die Umweltorganisationen wurden ab 2014 in die Kon- zessionserneuerung eingebunden. Laut Aussagen von ebs Direktor Hans Bless liess man das Unternehmen «im Gewis- sen, dass die Umweltorganisationen mit den Ersatzmass- nahmen einverstanden seien». Warum hat man Einsprachen gemacht? V. Ziltener: Das Auflageprojekt erfülle die Natur- und Gewässer- Das 5907 Seiten grosse Werk im schutzgesetze nicht. Die Umweltschutzverbände waren des- Rahmen der halb trotz langer und intensiver Verhandlungen gezwungen, Umweltabklä- Einsprache zu erheben. Nun gilt es gemeinsam mit Betreibern rungen. Foto © und Behörden, das Projekt so zu verbessern, dass es den gel- Franz Steinegger tenden Gesetzen entspricht. Ziel ist gefährdete Arten und ihre Lebensräume, insbesondere der Muota-Seeforelle, zu erhalten 7. Wie gross sind Chancen, dass es zu einer Verhandlungs- und aufzuwerten, sodass sie langfristig überleben können. lösung kommt? V. Ziltener: Alle Parteien arbeiten unter Hochdruck an einer Ver- 2. Sind es die kantonalen oder die nationalen Umweltverbän- handlungslösung. Die ebs, der Bezirk und Umweltschutzver- de, die einsprechen? bände haben sich das gemeinsame Ziel gesetzt, dass es zu Die Einsprache wurde von den kantonalen und nationalen Um- einer Verhandlungslösung kommt. weltverbänden (Aqua Viva, Pro Natura und WWF) verfasst und eingegeben. Dies nach intensivem Studium des sehr umfas- 8. Die Umweltorganisationen sind auch für eine Energiewen- senden und komplexen Auflagedossiers. Dank der Einsprache de, weg von den Fossilen. Nun verhindern sie einen massvol- wurden die konstruktiven Verhandlungen mit der ebs wieder len Ausbau resp. die Erhaltung der nachhaltigen Nutzung der aufgenommen. Das ebs hofft, dass noch in diesem Jahr eine Wasserkraft. Wie geht das zusammen? Lösung gefunden wird. V. Ziltener: Die Einforderung der gesetzlichen Grundlagen, Dialog und Verhandlungslösung hat nichts mit Verhinderung zu tun. 3. Wo gibt es Differenzen? Wo liegt das Hauptproblem? Auch die ebs will die Muota aufwerten, denn um die Naturviel- V. Ziltener: Konkret geht es darum, dass die Muota-Seeforelle falt am und im Wasser steht es schlecht: Zwei Drittel der einhei- und die Bachforelle frei wandern können. Zudem soll das Moor- mischen Fischarten sind bedroht oder ausgestorben, weniger gebiet und die Quell- und Karstgebiete geschützt werden und als 5 Prozent unserer Fliessgewässer sind noch intakt. Alle angemessene Ersatzmassnahmen geplant werden. Parteien arbeiten nun mit der nötigen Ernsthaftigkeit an einer besseren Lösung. H+I-AUSLESE Juli 2022 16 www.h-i-sz.ch auslese-juli03.indd 16 14.07.22 16:35
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