Ernährung und Darmflora - Ihre Bedeutung bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
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Prof. Dr. med. S.C. Bischoff Ernährung und Darmflora Ihre Bedeutung bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa Ein Service der ARDEYPHARM GmbH 58 313 Herdecke · Loerfeldstraße 20 Telefon 0 23 30 - 977-677 · Telefax 0 23 30 - 977-697 office@ardeypharm.de · www.ardeypharm.de Ein Service der Ardeypharm GmbH, Herdecke
Prof. Dr. med. S.C. Bischoff Ernährung und Darmflora Ihre Bedeutung bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
Inhaltsverzeichnis Vorwort 5 1. Grundlagen Was sind chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) 7 Die Darmflora und ihre Bedeutung bei CED 8 Warum ernährungsmedizinische Maßnahmen bei CED 11 Mangelernährung bei CED 13 Kann die Ernährung auch Auslöser von CED sein 16 2. Ernährungsformen Orale Ernährung 18 Enterale Ernährung 18 Parenterale Ernährung 19 3. Bevorzugte Ernährungsformen im akuten Schub 20 Vorschläge zum Kostaufbau nach akutem Schub einer CED 22 4. Ernährungsweise in der Remissionsphase 24 5. Ernährungsmedizinische Konzepte bei Komplikationen (Fisteln, Stoma, Kurzdarmsyndrom) 27 6. Allgemeine Empfehlungen zur oralen Kost 33 7. Ernährung in besonderen Situationen 40 Verfasser: Prof. Dr. med. S.C. Bischoff 8. Speziell angereicherte Diäten bei CED 43 Lehrstuhl Ernährungsmedizin/Prävention Universität Hohenheim 9. Einfluss der Ernährung auf die Darmflora 45 Fruwirthstraße 12 · 70593 Stuttgart 10. Zusammenfassung 46 Tel. 0711 / 459 41 01 · Fax 0711 / 459 43 43 Unter Mitarbeit von 11. Glossar: Fachausdrücke und Abkürzungen 48 Dipl. oec. troph. Sylvia Gastell, Düsseldorf Diätassistentin Sabine Schuklies, Fachklinik Sonnenhof, Waldachtal Diätassistentin Claudia Seipt, Medizinische Hochschule Hannover © 2006 2 3
Vorwort Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED), zu denen der Morbus Crohn und die Colitis ulcerosa gerechnet werden, sind in Schüben ver- laufende Erkrankungen des Verdauungstrakts, die dessen Funktion erheblich beeinträchtigen. Zu den möglichen Folgen zählen häufig Störungen der Nahrungsaufnahme mit Mangelernährung und bei Kindern Wachstumsver- zögerungen. Es wird angenommen, dass etwa 2⁄3 der Patienten mit Morbus Crohn und 1⁄ 3 der Patienten mit Colitis ulcerosa einen Gewichtsverlust von mehr als 10 % der Norm aufweisen. Die Mangelernährung kann sich außer- dem in Form von Blutarmut, Eiweißmangel im Blut, Verlust von Stickstoff oder Mangel an Blutsalzen, Vitaminen und Spurenelementen äußern. Offen- sichtlich gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Ernährungsstatus und der Krankheitsaktivität. Aus diesen Gründen sind ernährungsmedizinische Maß- nahmen ein wichtiger Bestandteil in der Behandlung von Patienten mit CED. Aus jüngster Zeit stammen neue Erkenntnisse zur Bedeutung der Darmflora, sowohl im Hinblick auf die Entstehung als auch die Behandlung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen. Darauf begründet sich der Einsatz pro- biotischer Arzneimittel bei CED. Offen bleibt die Frage, ob Ernährungsfaktoren auch die Ursache von CED sein können. Eine „CED-Diät“ gibt es nicht. Vielmehr wird empfohlen, sich ausgewogen, d. h. nach allgemeiner Ansicht „gesund“, zu ernähren und lediglich individuelle Unverträglichkeiten zu beachten. Viele CED-Patienten geben Beschwerden an, die auf primäre Nahrungsmittelallergien oder auf im Krankheitsverlauf erworbene, durch die gestörte Darmfunktion bedingte, sekundäre Unverträglichkeiten und Mangelerscheinungen zurückzuführen sind. Ein besonderes Thema ist der Stellenwert der künstlichen Ernährung bei CED. Die Notwendigkeit einer künstlichen Ernährung ist in Spezialsituationen (Fisteln, Kurzdarm, Stenosen) unbestritten, während im akuten Schub nicht generell künstlich ernährt werden muss. Trotz einiger offener Fragen lassen sich klare Empfehlungen zur Ernährung bei CED geben, die in dieser Broschüre zusammengefasst sind. Wir hoffen, damit Betroffenen Anregungen zur Ernährung geben zu können und das Verständnis für ernährungsmedizinische Maßnahmen bei CED zu erhöhen. Für Anregungen und konstruktive Kritik sind wir dankbar. Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen! Prof. Dr. med. S.C. Bischoff Stuttgart, im Juni 2006 5
1. Grundlagen Was sind chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED)? Der Morbus Crohn und die Colitis ulcerosa sind schubweise ver- laufende Erkrankungen des Verdauungsapparates. Nach Schätzung der Deutschen Morbus Crohn / Colitis ulcerosa Vereinigung (DCCV) sind in Deutschland ca. 300.000 Menschen an einer CED erkrankt. Überwiegend sind jüngere Menschen im Alter zwischen 15 und 40 Jahren betroffen. Während bei Colitis ulcerosa die Entzündungsreaktion auf die ober- flächlichen Schichten der Darmwand im Bereich des Dickdarmes begrenzt ist, kann bei Morbus Crohn die gesamte Darmwand im Bereich des Dünn- und Dickdarms betroffen sein. Bei Patienten mit Morbus Crohn treten die Entzündungen bevorzugt im Bereich des unteren Ileums und des Dickdarms auf, können sich jedoch auf alle Abschnitte des Magen-Darm-Trakts ausbreiten. In der Folge kann es zu Darmverengungen und Fistelbildungen kommen. Die Colitis ulcero- sa nimmt ihren Anfang immer im Enddarm, kann aber auch bis zum Quercolon verlaufen („linksseitige Kolitis“) oder den gesamten Dick- darm befallen („Pankolitis“). Die Patienten klagen über krampfartige Schmerzen im Unterbauch, Übelkeit, Durchfälle, Appetitverlust, Gewichtsabnahme, Blutungen aus dem Darm und Fieber. Die Folgen sind häufig Mangelerschei- nungen (Eiweiß- und Vitaminmangel) und bei Kindern zusätzlich Wachstumsstörungen. Bei CED-Patienten kann es zur Mitbeteiligung anderer Organe außer- halb des Verdauungstraktes kommen. Zu diesen sogenannten extra- intestinalen Manifestationen gehören z. B. Gelenkentzündungen, ent- zündliche Hautveränderungen, Knochenschwund (Osteoporose) oder auch Entzündungen der Augen. 6 7
Die Darmflora und ihre Bedeutung bei CED Der Magen-Darm-Trakt ist von zahlreichen Kleinstlebewesen lebensnotwendig. Sie unterstützt die Entwicklung des Immunsystems (Mikroorganismen) – hauptsächlich Bakterien – besiedelt, die zusam- und ermöglicht es dem Körper, Krankheitserreger abzuwehren. Das men auch als Darmflora bezeichnet werden. Immunsystem des Darmes ist das größte Immunorgan des Körpers Die meisten Bakterien befinden sich im Dickdarm. Ihre Zahl kann man und steht mit den Immunsystemen anderer Gewebe in Verbindung. sich nur schwer vorstellen: es sind 100.000.000.000.000 (100 Billionen Die Immunzellen, die sich in der Darmwand befinden, werden durch oder 1014) Bakterien. Verständlicher ist wahrscheinlich das Gewicht den ständigen Kontakt mit von außen aufgenommenen Stoffen und dieser Bakterien im Dickdarm: sie wiegen zusammen ca. 1 kg. Auch Bakterien aktiviert. Eine gesunde Darmflora „trainiert“ diese Abwehr- die Stuhlmasse (Feuchtgewicht) besteht zu 50 -- 60 % aus Bakterien. zellen und bereitet sie auf die Bekämpfung von Krankheitserregern vor. Ohne die normale Darmflora kann die optimale Funktion des Die Bakterien im Darm leben und betreiben einen intensiven Stoff- Immunsystems nicht aufrechterhalten werden. wechsel. In der Gesamtheit erreicht er die Stoffwechselleistung der Leber, die als zentrales Stoffwechselorgan des Körpers gilt. Im Darm Bei der Entstehung der CED wirken mehrere Faktoren zusammen. leben die verschiedensten Bakterienarten zusammen und bilden bei Dazu zählen eine erbliche Veranlagung und überschießende Immun- gesunden Menschen ein kompliziertes Ökosystem aus. Das Gleich- reaktionen, ausgelöst durch bestimmte Umwelteinflüsse. Hier spielt gewicht der Bakterien im Darm wird von zwei großen Gruppen die Darmflora eine zentrale Rolle. In jüngster Zeit wurden interessante bestimmt: auf der einen Seite den „aeroben“ Keimen, die auf Sauer- Erkenntnisse über die Kommunikation zwischen den Darmbakterien stoff angewiesen sind, und auf der anderen Seite den „anaeroben“ als den Bewohnern und dem Menschen als Wirt gewonnen. Als ge- Keimen, für die Sauerstoff schädlich ist. Im Dickdarm bzw. im Dick- sichert gilt, dass CED nicht wie bestimmte Infektionskrankheiten auf darminhalt des Erwachsenen sind die Anaerobier zahlenmäßig über- einen bestimmten Erreger zurückzuführen sind. Vielmehr werden legen, da die Aerobier hauptsächlich an der Darmwand siedeln. überschießende Immunreaktionen beobachtet, die sich gegen das Anders ist es direkt nach der Geburt. Zu diesem Zeitpunkt befindet eigene Darmgewebe richten. Normalerweise besteht eine natürliche sich noch Sauerstoff im Magen-Darm-Trakt. Als erstes besiedeln des- Toleranz des Darmimmunsystems gegenüber der Darmflora. Bei CED- halb Bakterien den Darm, die Sauerstoff verbrauchen und das Milieu Patienten scheint diese verloren gegangen zu sein. Auffällig ist auch, im Darm so verändern, dass sich danach auch anaerobe Mikro- dass ein akuter Schub häufig im Anschluss an eine Durchfall- organismen ansiedeln und vermehren können. Der wichtigste Erst- erkrankung auftritt. besiedler des Darms ist Escherichia coli. Er baut den Sauerstoff ab, der Die CED betreffen hauptsächlich den Dickdarm und damit den über das Blut zum Darm transportiert wird und bereitet somit das Bereich des Verdauungstraktes mit den meisten Bakterien. Im Ver- anaerobe Milieu des Dickdarms und stabilisiert das bakterielle Gleich- gleich zu Gesunden werden bei CED-Patienten vermehrt Bakterien gewicht der Darmflora unser Leben lang. unmittelbar an oder sogar in der Darmschleimhaut gefunden. Häufig Keimfrei (steril) sind wir in unserem ganzen Leben nur während des sind die Keime der gesunden Darmflora vermindert, während poten- Zeitraumes vor der Geburt. Unmittelbar danach werden alle Körper- ziell krankmachende Keime vermehrt vorkommen. Dazu gehören z. B. oberflächen des Neugeborenen, auch der Magen-Darm-Trakt, mit die normalerweise nur in sehr geringen Mengen vorhandenen Myko- Bakterien besiedelt. Die Bakterien stammen aus der Scheiden- und bakterien, Salmonellen, pathogene E. coli, Chlamydien, Yersinien oder Darmflora der Mutter und aus der Umgebung (z.B. von den Händen Proteus. Dieser Nachweis echter Infektionserreger ist allerdings eher der Ärzte und Schwestern im Krankenhaus oder aus der Luft). Diese eine Folge der Darmentzündung. Diese Keime sind nicht die Ursache Keimbesiedlung des menschlichen Körpers ist ganz natürlich und der Erkrankung, sondern sie siedeln sich auf der entzündeten 8 9
Schleimhaut leichter an und können einen akuten Schub auslösen Warum ernährungsmedizinische Maßnahmen bei CED? bzw. unterhalten. Zudem kann eine so veränderte Darmflora nicht Zu den typischen Komplikationen bei CED-Patienten zählen eine im selben Maße wie eine gesunde Darmflora die essentiellen Nähr- Mangelernährung und bei Kindern Wachstumsverzögerungen. Etwa stoffe (kurzkettige Fettsäuren) für die Schleimhaut bereitstellen. Das 2⁄ 3 der Patienten mit Morbus Crohn und 1⁄ 3 der Patienten mit Colitis führt zu einem frühzeitigen Absterben der Darmzellen und dem ulcerosa weisen einen Gewichtsverlust von mehr als 10 % des klinischen Bild der Entzündung. Normalgewichts auf. Die Mangelernährung zeigt sich außerdem in Die Erkenntnisse zur Bedeutung der Darmflora bei CED haben auch Form von Eiweißmangel im Blut (insbesondere Albuminmangel), Blut- therapeutische Konsequenzen. So wird mit dem probiotischen E. coli armut (Anämie) und Mangel an Mineralstoffen, Vitaminen und Stamm Nissle 1917 (Mutaflor®) die Remission einer Colitis ulcerosa Spurenelementen (Tabelle 1). Bei hoher Krankheitsaktivität ver- aufrechterhalten oder der Prednisolonverbrauch bei Patienten mit schlechtert sich im allgemeinen der Ernährungszustand der Betroffenen. Morbus Crohn des Dickdarms gesenkt. Über die Wirkmechanismen Deshalb sind ernährungsmedizinische Maßnahmen ein wichtiger dieser speziellen Bakterien wurde in den vergangenen Jahren intensiv Bestandteil in der Behandlung von Patienten mit CED. geforscht. Heute weiß man, dass sie die Barrierefunktion des Darm- epithels stärken, vor einer Vielzahl krankmachender Keime schützen und einen positiven Effekt auf das menschliche Immunsystem ausüben. Tabelle 1: Mangelerscheinungen bei CED-Patienten (Häufigkeit in %) Beeinflussung der Darmflora, Morbus Crohn Colitis ulcerosa ein Therapieprinzip bei CED, weil: Gewichtsverlust 60 -- 75 % 20 -- 60 % Blutarmut 60 -- 80 % 60 % • Hauptbefallsort Dickdarm, wo die meisten Bakterien leben Mangel an: • Besserung der Symptomatik nach Darmspülungen und Anti- Eiweiß 25 -- 80 % 25 -- 50 % biotikagabe Eisen 40 % 80 % • Infektiöse Darmerkrankung kann akuten Schub auslösen Vitamin B12 50 % 5% Folsäure 40 -- 50 % 30 -- 40 % • Vermehrter Nachweis von Krankheitserregern wie z. B. Myko- Vitamin D 25 -- 75 % 35 % bakterien, Salmonellen, pathogene E. coli , Chlamydien, Zink 20 -- 40 % – Yersinien, Proteus Kalzium 13 % – • Austausch der Darmflora durch Stuhleinläufe von Darm- Magnesium 15-30 % – gesunden kann Entzündung bekämpfen Kalium 5 -- 20 % – • Therapieerfolg durch probiotische Arzneimittel (z. B. Mutaflor®) 10 11
Die Ernährungsdefizite können eine Reihe von unterschiedlichen Mangelernährung bei CED Beschwerden und Folgeerkrankungen hervorrufen (Tabelle 2). Mit Zu den wichtigsten Aufgaben des Magen-Darm-Trakts gehört die ernährungsmedizinischen Maßnahmen wird versucht, Mangel- Aufnahme der Nahrungsinhaltsstoffe (Kohlenhydrate, Eiweiß, Fett, erscheinungen zu beseitigen und den Krankheitsverlauf der CED posi- Mineralstoffe, Vitamine und Spurenelemente). In verschiedenen tiv zu beeinflussen. Abschnitten des Darms werden unterschiedliche Stoffe aufgenom- men (Tabelle 3). Mangelerscheinungen bei CED-Patienten hängen Tabelle 2: somit wesentlich von den betroffenen Darmabschnitten und dem Begleitsymptome bei CED, ausgelöst durch einen Mangel Ausmaß der Entzündung ab. an Nahrungsinhaltsstoffen Tabelle 3: Symptom möglicher Mangel z. B. an: Lokalisation der Aufnahme von Nahrungsinhaltsstoffen Blutarmut Eiweiß, Folsäure, Vitamin B12, B6 in den einzelnen Darmabschnitten Knochenschwund Eiweiß, Kalzium, Vitamin D Zwölffingerdarm, Leerdarm Wasser, Fett, Eiweiß, Kohlenhydrate, Muskelschwund Eiweiß, Kalzium, Vitamin D, (Duodenum und Jejunum) Mineralstoffe (Elektrolyte), Magnesium Vitamine (außer B12) Wachstumsverzögerungen Eiweiß, Kalzium, Folsäure Krummdarm (Ileum) Wasser, verbleibende Substrate, Nervenleiden Vitamine B2, B6, B12 Mineralstoffe (Elektrolyte), Gallensäuren, Vitamin B12 Überfunktion der Schilddrüse Kalzium, Vitamin D Dickdarm (Kolon) Wasser, Mineralstoffe (Elektrolyte), Schleimhautblutungen Vitamine K und C kurzkettige Fettsäuren, Vitamin K Schwellungen (Wassersucht) Eiweiß 12 13
Verschiedene Mechanismen führen zur Mangelernährung bei CED Besonders hervorzuheben sind die möglichen Folgen einer Mangel- (Tabelle 4). Dazu könnte neben der gestörten Schleimhautresorption ernährung bei CED im Kindesalter. Hierbei kommt es häufig zu einer auch ein gestörter Stoffwechsel beitragen. Abgemagerte Patienten Wachstumsverzögerung. Diese wird bei 15 -- 40 % der vorpubertären mit Morbus Crohn nehmen selbst bei ausreichender Energiezufuhr Kinder mit Morbus Crohn und bei 2--20 % der Kinder mit Colitis schwer an Gewicht zu. Möglicherweise haben sie eine von der Nah- ulcerosa beobachtet. Mit ernährungsmedizinischen Maßnahmen sollte rungsaufnahme unabhängige hohe Fettverbrennung. bei diesen Kindern so früh wie möglich begonnen werden, weil nach Abschluss der Knochenreifung der Minderwuchs kaum mehr Tabelle 4: aufzuholen ist. Es ist daher wichtig, die Mangelernährung frühzeitig Mögliche Gründe für eine Mangelernährung bei CED zu erkennen und rechtzeitig Trinknahrungen oder enterale Diäten einzusetzen. Mechanismen Ursachen Verminderte orale Bauchschmerzen, Durchfall, Messverfahren zur Erfassung des Nahrungsaufnahme Übelkeit, Erbrechen, Ernährungszustandes Appetitlosigkeit, strenge Diäten, unzureichende künstliche Ernährung Neben den Ursachen einer Mangel- bzw. Fehlernährung ist es wichtig, den Grad der Gestörte Aufnahme von Verminderte funktionstüchtige Schleim- Mangelsituation zu erfassen. Nahrungsinhaltsstoffen hautoberfläche durch Entzündungen vom Darm in das Blut oder operative Entfernung eines kranken Zur Beurteilung des Ernährungszustandes dienen: Darmabschnittes („Kurzdarm-Syndrom“), • Gewicht (kg) und Körpergröße (m) Erkrankungen der Leber, Bakterielle Fehlbesiedlung des Darms, • „Body mass index“= BMI Medikamente (s. u.) (Gewicht/Größe2 in kg/m2) Verlust von Körper- Durchfall, Blutungen im Magen-Darm- • Trizeps-Hautfaltendicke am Oberarm (mm) flüssigkeiten, Trakt („Eiweißverlust-Syndrom“) • Oberarmumfang (cm) Mineralstoffen und • Körperzusammensetzung Spurenelementen (Body impedance analysis, BIA) Gesteigerter Bedarf an Entzündungen, Fieber, Wundheilung Nährstoffen (Energie!), an Darmschleimhaut bzw. Darmwand, • Energieverbrauch (Kalorimetrie) Vitaminen, beschleunigter Umsatz der roten • Laborbefunde (z.B. Blutbild, Protein, Elektrolyte, Mineralstoffen etc. Blutkörperchen Vitamine, Eisen und Zink) Stoffwechselstörungen, Nebenwirkungen von Arzneimitteln • Hautveränderungen z. B. Kalzium-, Eiweiß- wie z. B. Kortison (Prednisolon), stoffwechsel, Folsäure- Sulfasalazin oder Colestyramin und Vitamin-Mangel (besonders A, D, E, K) 14 15
Kann die Ernährung auch Auslöser von CED sein? Neben Bakterien werden auch Nahrungsmitteleiweiße oder Umwelt- Welche Bedeutung die Ernährung bzw. das Stillen im Säuglingsalter schadstoffe als Ursache für CED diskutiert. Sie könnten bestimmte auf die Entstehung von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa haben Abwehrzellen der Darmwand stimulieren, wodurch dann verschiedene ist unbekannt. Die Muttermilch hat positive Auswirkungen sowohl Entzündungsreaktionen in Gang gesetzt würden. auf die Entwicklung einer normalen Darmflora als auch auf das Immunsystem. Umweltfaktoren haben einen Einfluss auf die Häufigkeit von CED. Beispielsweise kommt der Morbus Crohn in Industrieländern und ins- Ob immunologische Reaktionen gegen Nahrungsmittel an der Ent- besondere in Stadtgebieten häufiger vor als in ländlichen Gegenden stehung von CED beteiligt sind, ist ebenfalls noch nicht abschließend und Entwicklungsländern. Neben vielen anderen denkbaren Fakto- untersucht. Im Blut von CED-Patienten sind vermehrt Antikörper ren könnten dabei auch Ernährungsgewohnheiten eine Rolle spielen. gegen Nahrungsproteine (z. B. Saccharomyces cerevisiae aus Bäcker- So wurden raffinierter Zucker (Haushaltszucker), gehärtete Fette (Mar- hefe, Lactoglobulin aus Milch, Gliadin aus Getreide oder Ovalbumin garine) oder auch für die Herstellung von Süßspeisen und anderen aus Eiern) nachweisbar. Ihre Bedeutung ist unklar. Die Zweifel beru- Fertigprodukten verwendete Stabilisatoren (z. B. Carrageen) in Zusam- hen unter anderem darauf, dass eine menhang mit dem gehäuften Auftreten des Morbus Crohn gebracht. Hefe-freie Diät keinen Effekt auf Abschließende Erkenntnisse fehlen derzeit noch. die Krankheitsaktivität bei Morbus Crohn hat. Ande- rerseits führt das Weglas- sen bestimmter Nahrungs- mittel, die vom Patienten als unverträglich einge- stuft werden, zu einer Erhöhung der Remissions- rate. Kinder mit CED haben besonders häufig eine Kuhmilchallergie. Die Zusammen- hänge zwischen Allergie und CED treffen möglicherweise nur für bestimmte Patienten bzw. Stadien der Erkrankung zu. Eine allergolo- gische Abklärung ist häufig sinnvoll. 16 17
2. Ernährungsformen Die Nährstoffrelationen basieren auf den Empfehlungen der Deut- schen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Diese Form der Ernährung Orale Ernährung setzt voraus, dass die Aufspaltung und Aufnahme der Nährstoffe im Wann immer es möglich ist, sollte einer „normalen“ Ernährung mit Darm weitestgehend funktionieren. Die meisten enteral ernährten natürlichen Lebensmitteln vor einer künstlichen Ernährung der Vorzug Patienten mit CED können optimal mit diesen Nährlösungen verpflegt gegeben werden. Man spricht von der oralen Ernährung – dem Essen werden. und Trinken über den Mund. Die ausgewählten Speisen richten sich In den niedermolekularen Nahrungen sind die Nährstoffe schon nach den jeweiligen Bedürfnissen, Vorlieben und Abneigungen sowie soweit gespalten, dass eine Zerkleinerung durch körpereigene Ver- Unverträglichkeiten. Industriell gefertigte Trinknahrungen in ver- dauungssäfte nicht mehr notwendig ist. Diese Nahrungen können in schiedenen Geschmacksrichtungen (früher „Astronautenkost“ der akuten Entzündungsphase oder bei Patienten, die aufgrund von genannt) werden eingesetzt, wenn der Patient normal essen, die Operationen einen stark verkürzten Dünndarm aufweisen, eingesetzt erforderlichen Mengen an Nährstoffen aber nicht verzehren kann. werden. Es gibt niedermolekulare Nahrungen auch zum Trinken in Ihre ausschließliche oder langfristige Verwendung wird selten tole- verschiedenen Geschmacksrichtungen. riert. In der Regel werden maximal 500 ml Trinknahrung (entspricht meistens 500 kcal) pro Tag zugeführt. Parenterale Ernährung Man spricht von einer parenteralen Ernährung, wenn der Magen- Enterale Ernährung Darm-Trakt völlig umgangen wird und die Nährlösungen über eine Bei der enteralen Ernährung gelangt die Nahrung über eine Sonde Vene direkt in das Blut gelangen. Eine Verdauung ist überhaupt nicht direkt in den Magen bzw. Dünndarm. Sollen mehrere Tage Zusatz- mehr nötig. Für die parenterale Ernährung ist ein spezieller Zugang nahrungen zugeführt werden, wird häufig eine Nasensonde emp- erforderlich, der sogenannte zentrale Venenkatheter (ZVK). Dieser fohlen. Dies ist ein dünner Schlauch, der über die Nase und durch die wird nach örtlicher Betäubung am Hals oder in der Nähe des Schlüs- Speiseröhre bis in den Magen („nasogastrale“ Sonde) oder in den selbeins eingeführt und über die obere Hohlvene bis vor das Herz Dünndarm („nasoduodenale“ Sonde) vorgeschoben wird. geschoben. Mit dieser Form der Ernährung soll der Darm „ruhig Soll länger als 4 -- 6 Wochen enteral ernährt werden, ist oft eine ande- gestellt“ werden. Die parenterale Ernährung wird nur bei sehr schwe- re Versorgung ratsam. Es wird dann während einer Magenspiegelung ren Entzündungen, bei Fisteln und Darmverengungen eingesetzt und eine Sonde direkt durch die Bauchwand in den Magen oder den betrifft in der Regel nur Krankenhaus-Patienten. Dünndarm gelegt. Diese Sonde wird als „PEG“ (= perkutane endo- Probleme der totalen parenteralen Ernährung (TPE) sind Katheterin- skopische Gastrostomie) bezeichnet. Bei Fisteln am Magen kann das fektionen bis hin zur schweren Sepsis und bei längerer Anwendung Verfahren nicht angewendet werden. die Ausbildung einer Fettleber (hohe Glukosezufuhr!) sowie ein Gal- Enterale Ernährungslösungen werden meist industriell gefertigt. lestau. Letzterer wird bei etwa 15% der Patienten beobachtet, wes- Unterschieden wird zwischen „Nährstoffdefinierten Diäten“ (NDD) halb bei dauerhafter parenteraler Ernährung die frühzeitige Entfer- und niedermolekularen Nahrungen, früher auch „chemisch definierte nung der Gallenblase zu erwägen ist. Diät“ (CDD) genannt. Nährstoffdefinierte Diäten sind hochmolekulare, flüssige Nahrungen, die aus natürlichen Nahrungsmitteln industriell hergestellt werden und in ihrer Zusammensetzung einer normalen Mischkost entsprechen. 18 19
3. Bevorzugte Ernährungsformen im akuten Schub Die TPE von Patienten mit CED ähnelt in der Durchführung der TPE bei anderen Erkrankungen, wie sie z. B. in der intensivmedizinischen Nicht jeder akute Schub eines Morbus Crohn oder einer Colitis ulcerosa Betreuung üblich ist. Die Zusammensetzung orientiert sich am indi- erfordert eine „künstliche“ Ernährung. Je nach Schweregrad ernähren viduellen Bedarf an Kalorien, Flüssigkeit und Mikronährstoffen sich die Patienten mit Wunschkost oder einer leicht verdaulichen (Mineralstoffe, Vitamine, Spurenelemente). Kost. In Einzelfällen kann es sinnvoll sein, zusätzlich oder ausschließ- lich eine Trinknahrung zu verabreichen. Individuell unverträgliche Die Frage nach dem Nutzen der künstlichen Ernährung bei Patienten Nahrungsmittel sollten gemieden werden. mit CED wird kontrovers diskutiert. So ist umstritten, ob die TPE kurz vor und kurz nach Bauchoperationen wirklich einen Vorteil hat. Die enterale Ernährung im akuten Schub wird gewählt, wenn die Dagegen ist die TPE als primäre Therapie in Kombination mit anti- orale Nahrungsaufnahme nicht ausreichend möglich ist. Sie hat weni- entzündlicher medikamentöser Therapie im akuten Schub, insbeson- ger Nebenwirkungen und ist kostengünstiger als die parenterale dere bei Morbus Crohn, weit verbreitet. Es gibt die Vorstellung, dass Ernährung. Allerdings hat sich diese Überzeugung noch nicht immer im durch eine „Ruhigstellung“ des Darms ein Rückgang der Beschwer- klinischen Alltag durchgesetzt, weil die praktische Durchführung der den und der Entzündung erreicht werden kann. Andererseits hat sich enteralen Ernährung häufig zeitaufwendiger und weniger geläufig ist. gezeigt, dass die Darmwand, die bei CED meist schon vorgeschädigt Ob im akuten Schub des Morbus Crohn die Kombination der medi- ist, durch die TPE mitunter noch durchlässiger wird, auch für patho- kamentösen Therapie mit einer enteralen Ernährung dazu führt, dass gene Bakterien. Dies könnte dann sogar negative Effekte haben, die mehr Patienten in kürzerer Zeit eine Remission erreichen, ist noch bis zu einer Sepsis führen. nicht geklärt. Es gibt Patienten, die eine Therapie mit Kortikosteroiden Aufgrund der Risiken und der Kosten der TPE sollte sie bei Morbus ablehnen und denen dann z. B. eine enterale Ernährung angeboten Crohn nur dann eingesetzt werden, wenn eine enterale Ernährung wird. Die alleinige Therapie des akuten Morbus Crohn mit enteraler nicht durchführbar ist. Deutlich weniger Erfahrungen liegen zur TPE Ernährung ist allerdings weniger effektiv als eine korrekte medika- bei Colitis ulcerosa vor. Der Ernährungszustand der Patienten besserte mentöse Therapie. Bei Patienten mit Colitis ulcerosa im akuten Schub sich meist, das Beschwerdebild und das Ausmaß der Darment- scheinen die enterale und die parenterale Ernährung als zusätzliche zündung dagegen nicht immer. Deshalb kann für die Colitis ulcerosa Maßnahmen vielfach sinnvoll zu sein. im akuten Schub keine generelle Empfehlung zur TPE ausgesprochen werden. Eingesetzt wird sie z. B. bei einer massiven Darmerweiterung Die totale parenterale Ernährung (TPE) von Patienten („toxisches Megacolon“) oder einer schweren Pancolitis mit starken mit CED kann erwogen werden Darmblutungen. • vor bzw. nach großen Bauchoperationen, Wie erfolgt der Wechsel von künstlicher auf normale, orale Ernährung, wenn der akute Schub überwunden ist? Dazu hat sich • bei Darmverschluss, Stenosen, Fisteln ein Kostaufbau in vier Stufen bewährt, der in der Regel über 2-- 3 oder Kurzdarm, Tage je Stufe durchgeführt wird. • im akuten Schub. 20 21
Art und Dauer des Kostaufbaus sind individuell zu bestimmen und Vorschläge zum Kostaufbau nach akutem Schub einer CED u.a. abhängig von der Ausdehnung und dem Schweregrad der Am Anfang schluckweise Tee und Wasser, Erkrankung, dem Vorhandensein von Fisteln, Stenosen, Nahrungs- später zusätzlich Zwieback mittelunverträglichkeiten etc. Es wird in Stufe 1 mit einer ballaststoff- armen Kost begonnen (Ballaststoffanteil unter 10 --15 g / Tag). Der • Kostaufbaustufe 1: überwiegend leicht verdauliche Kohlenhydrate (Zwieback, Milchzuckergehalt sollte bei Laktose-Intoleranz auf etwa 8 g/Tag Toast, Gelee, Hafersuppe, Brühe, Nudeln, Reis) beschränkt sein. Es werden vorwiegend Kohlenhydrate zugeführt (ca. 80 % der Energie), dafür weniger Fett (15 %) • Kostaufbaustufe 2: bzw. Eiweiß (5 %). Der Kaloriengehalt zusätzlich leicht verdauliche Eiweiße (gedünstetes Fleisch, beträgt etwa 1600 kcal/Tag. Über fettarmer Käse), dadurch Einführung von Milchzucker Stufe 2 bis 4 wird die Art der • Kostaufbaustufe 3: Kalorienzufuhr schrittweise zusätzlich leicht verdauliches Gemüse (gekocht), zugunsten von Fett (35 %) weitere Milchprodukte, Erweiterung der Brotauswahl und Eiweiß (15 %) verän- • Kostaufbaustufe 4: dert sowie die Kalorienzu- Erweiterung der Brot- und Gebäckauswahl, zusätzlich leicht fuhr auf etwa 2500 kcal/ verdauliches Kompott Tag gesteigert. Die vier Stu- • Danach: Gastroenterologische Basisdiät (leicht verdauliche fen sollten so lange wie Kost) bzw. Vollkost unter Berücksichtigung individueller nötig, aber auch so kurz wie Unverträglichkeiten (siehe auch Tabellen 5 – 8, Seite 35 ff) möglich durchgeführt werden, sonst droht zunehmend die Gefahr eines Nährstoffmangels. All- mählich können dann auch vermehrt Ballaststoffe und Milchzucker eingenommen werden. Ziel ist die schrittweise Wiederanpassung von Dünn- und Dickdarm an eine Vollkost. Das vorgestellte Schema wurde aus der eigenen Erfahrung heraus entwickelt und hat sich in der klinischen Praxis über Jahre bewährt. 22 23
4. Ernährungsweise in der Remissionsphase Abgesehen vom Ausgleich konkreter Defizite Morbus Crohn auch eine Fettverdauungsstörung gibt es keine allgemeinen Richtlinien zur vor, insbesondere bei Befall des Zwölffinger- Ernährung während der Remissionsphase einer darms oder bei Gallensäurenverlust nach Ent- CED. Stattdessen wird eine normale, ausgewo- zündung oder Entfernung des terminalen gene Kost entsprechend den Ernährungsemp- Ileums, d.h. des untersten Dünndarmab- fehlungen der Deutschen Gesellschaft für schnittes. In diesen Fällen sind eine fettarme Ernährung (DGE, siehe auch www.dge.de) emp- Diät bzw. mittelkettige Triglyceride (MCT) emp- fohlen. Pauschal sollte keine Reduktion von Bal- fehlenswert. Bei Gallensäurenverlust kann laststoffen erfolgen. Ausnahmen sind Patienten Colestyramin (Quantalan ®, 1-- 3 Beutel/Tag) mit Stenosen bzw. speziellen Fisteln, die von sinnvoll sein, insbesondere nach Ileumresektion, einer ballaststoffarmen Diät profitieren könnten. denn dieses Medikament bindet Gallensäuren. Ein Vorteil von speziellen Kostformen für die Nach Ileumresektion ist häufig auch eine Gabe Dauerbehandlung der CED, beispielsweise von Vitamin B12 notwendig. Aminosalicylathal- hinsichtlich der Rezidivrate, ist nicht gesichert. tige Medikamente wie z. B. Salofalk®, Claversal® Insbesondere ist nicht belegt, ob das Meiden und Pentasa® können im Darm zu einer vermin- von raffiniertem Zucker oder von gehärteten derten Aufnahme von Folsäure führen. Deshalb Fetten die Rezidivrate vermindert. In Einzelfäl- ist bei manchen CED-Patienten eine Folsäure- len kann eine individuelle Eliminationsdiät bei substitution sinnvoll. Schließlich sollte an die Patienten mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten Verabreichung von Kalzium und Vitamin D bei sinnvoll sein. laktosearmer Kost bzw. Knochenschwund Vielfach leiden Patienten mit Morbus Crohn, (Osteoporose) gedacht werden. insbesondere in der Akutphase, unter einer vorübergehenden Milchzuckerunverträglichkeit. Diese Patienten profitieren von einer milch- zuckerfreien Diät. Häufig liegt bei Patienten mit 24 25
Die Bedeutung der künstlichen Ernährung in der Remissionsphase, 5. Ernährungsmedizinische Konzepte bei d. h. in Zeiten ohne oder zumindest ohne akute Beschwerden, ist Komplikationen unklar. Sowohl die TPE als auch die enterale Ernährung sind mit Ein- schränkungen der Lebensqualität und mit Risiken verbunden. Einige CED-Patienten müssen ihre Ernährung bestimmten Bedingungen Zunächst sollte eine Mangelernährung durch eine ausgewogene orale anpassen, u. a. Patienten mit Fisteln, Stoma oder einem Kurzdarm- Ernährung, verbunden mit einer gezielten Diätberatung, bekämpft syndrom. werden. Schwere Mangelernährungen und insbesondere die dadurch Fisteln bedingten Wachstumsstörungen bei Kindern sind allerdings vielfach nur mittels künstlicher Ernährung erfolgreich zu behandeln. Hierfür Manche Fisteln heilen unter medikamentöser Therapie ab, manche sind grundsätzlich parenterale Ernährung, enterale Ernährung müssen operiert werden, andere rezidivieren häufig. Die Ernährungs- und/oder orale Trinknahrungen einsetzbar. therapie kann z. B. helfen, durch Fisteln verursachte Ernährungsdefizite auszugleichen und die Zeit bis zur Operation zu überbrücken. In kom- plizierten Fällen ist eine künstliche Ernährung angezeigt. In welchen Fällen parenteral bzw. enteral ernährt werden sollte, zeigt die folgende Übersicht zur Ernährung bei Darmfisteln: Enterale Ernährung • Fisteln an der Speiseröhre, am Magen und Zwölffingerdarm, wenn ein Zugang über eine Sonde möglich ist, die die Fistel überbrückt • Fisteln am Ileum mit geringem Ausfluss • Fisteln am Dickdarm Parenterale Ernährung • Unverträglichkeit von bzw. Kontraindikationen für enterale Ernährung • Große Fisteln am Zwölffingerdarm • Ileale Fisteln mit starkem Ausfluss • Fisteln an der Speiseröhre, am Magen, Zwölffinger- und weiteren Dünndarm, wenn ein Zugang über eine Sonde nicht möglich ist 26 27
Stoma Ernährung beim Kurzdarmsyndrom Stomaträger sollten bezüglich ihrer oralen Ernährung individuell Das Kurzdarmsyndrom ist definiert als Resorptions- und Verdauungs- beraten werden. Es gilt u. a., die Flüssigkeitsbilanz zu erhalten und störung bei einer Restlänge des Dünndarms von unter zwei Metern Wasser- und Elektrolytverluste über das Stoma zu vermeiden. Bei bzw. weniger als 50 % der ursprünglichen Länge. Die verbleibende einem Kolostoma (meist im Bereich des Colon transversum angelegt) Resorptionsfähigkeit des Darms ist vom Umfang des Eingriffs ab- bestehen relativ selten Probleme. Beim Ileostoma sind die Ent- hängig und davon, welcher Darmabschnitt entnommen wurde. Eine leerungsmengen und damit der Flüssigkeitsverlust erheblich größer. Entfernung des terminalen Ileums führt z. B. zu einer deutlich ver- kürzten Passagezeit des Nahrungsbreis. Damit ist auch die Resorp- Generell sollten Stomaträger viele kleine Mahlzeiten über den Tag tionsfähigkeit herabgesetzt. verteilt einnehmen. Wichtig ist das ausgiebige Kauen, insbesondere bei Verzehr von zähem Fleisch, Tomaten und Paprika. Abends sollte Neben diesen Effekten ist nach einer Dünndarmoperation der Umsatz weniger gegessen werden, um nächtlichen Stuhlgang zu vermeiden. an Darmflüssigkeiten zu berücksichtigen. Den normalen Dünndarm Faserige Nahrungsmittel wie Spargel oder Rhabarber sind wegen der passieren etwa 9 Liter Flüssigkeit pro Tag. Es werden ca. 1,5 l mit der Verstopfungsgefahr ebenso zu meiden wie blähende Nahrungsmittel Nahrung aufgenommen; 7,5 l sind körpereigene Flüssigkeiten aus (z. B. Bohnen, Kohlsorten, Zwiebeln). Zum „Eindicken“ können reife Darm, Galle und Pankreas. Nahezu 8 l werden im Dünndarm wieder Bananen und stärkehaltige Lebensmittel (Brot, Nudeln) probiert resorbiert, weshalb üblicherweise nur 0,6 l in den Dickdarm gelangen werden. Eier, Fisch und Knoblauch sollten besonders bei Blähungen und 0,1-- 0,2 l mit dem Stuhl ausgeschieden werden. Der Dickdarm eingeschränkt werden. Bei Verstopfung haben Obst und Obstsäfte kann maximal 5 l pro Tag zurückfiltern. Dieses Limit ist entscheidend häufig eine abführende Wirkung. Immer ist auf eine ausreichende für das Zustandekommen eines Durchfalls beim Kurzdarmsyndrom, Flüssigkeitszufuhr zu achten. einem der häufigsten Symptome. Bei Patienten mit Kurzdarmsyndrom gelangen vermehrt Gallensäu- ren, nicht absorbierte Kohlenhydrate und freie Fettsäuren in den Dickdarm. Dadurch steigt die Konzentration gelöster Teilchen (Osmo- larität) und es kommt zusätzlich zu einem „osmotisch bedingten“ Durchfall. Operationen am oberen Dünndarm verursachen deutlich weniger Durchfall bzw. Wasser- und Salzverluste im Vergleich zur Entfernung des Ileums und des Kolons. Bereits die Entfernung von 100 cm Ileum führt zu Fettstühlen. Zusätzlich gehen Gallensäuren verloren, wodurch es zu Durchfall und damit zu Mangelerscheinungen (Kalium, Magnesium, Vitamine) kommt. Als Faustregel gilt, dass Resektionen bis zu 33 % des Darms zu keiner merklichen Störung führen und Resektionen bis 50 % noch ohne spezielle Hilfe toleriert werden. Bei Verlust von mehr als 75 % des Darmes ist in der Regel eine intensive ernährungsmedizinische Betreuung und meist auch eine dauerhafte künstliche Ernährung notwendig. Das Kurzdarmsyndrom zeichnet sich durch vielfältige ernährungsmedizinische Probleme aus. 28 29
Wenn der verbliebene Darm länger als 60 -- 80 cm ist, besteht eine Ernährungsmedizinisch relevante Probleme des Kurzdarm- reelle Chance, sich mit der Zeit wieder komplett oral oder enteral zu syndroms ernähren. Die orale Ernährung beginnt zunächst fettarm und bedarf • Starke Durchfälle, dadurch Verluste an Nährstoffen eines langsamen, mehrstufigen Kostaufbaus. Die Fettzufuhr kann je und Elektrolyten (Kalium, Kalzium, Magnesium) nach Verträglichkeit und Grad der Verdauungsstörung allmählich (z. B. in 10 g-Schritten alle 3 Tage) gesteigert werden, wobei bevorzugt • Fettstühle durch eine gestörte Fettverdauung mittelkettige Triglyceride eingesetzt werden sollten. Auch die Zufuhr • Gallensäurenverlust-Syndrom durch verminderte Aufnahme- von Milchzucker und Ballaststoffen wird erst allmählich gesteigert. fähigkeit des Ileums und daraus resultierenden Durchfällen Auf eine ausreichende Flüssigkeits- und Elektrolytzufuhr ist zu achten. • Erbrechen Kritische Zusatzstoffe sind insbesondere die fettlöslichen Vitamine (A, D, E, K). • Gewichtsverlust Ist der Darm kürzer als 60 -- 80 cm, muss die orale Diät meistens durch • Vitaminmangel (A, D, E, K, B12, Folsäure) eine enterale Ernährung ergänzt oder auf diese umgestellt werden. • Mangel an Spurenelementen (Eisen, Zink, Selen) Bei der enteralen Ernährung sind einige praktische Dinge zu beach- • Milchzuckerunverträglichkeit durch Enzymmangel ten. So sollten anfänglich max. 25 ml einer auf Zimmertemperatur (Laktasemangel) angewärmten Nährlösung pro Stunde mit einer Pumpe über einen geeigneten Zugang verabreicht werden. Zu wählen ist dabei zwischen • Bildung von Gallen- und Nierensteinen einer Nasoduodenalsonde oder einer PEG, die sich bei langfristiger • Blähungen, Luft- bzw. Gasansammlungen im Darm enteraler Ernährung anbietet. Bevorzugt wird meist eine nährstoff- (durch bakterielle Überwucherung des Restdarmes) definierte, eventuell mit MCT-Fetten angereicherte Kost. Therapieziele bei einem Kurzdarmsyndrom sind eine ausreichende Ernährung und eine Minimierung des Durchfalls. Zunächst wird parenteral ernährt und die orale Ernährung reduziert bzw. eingestellt, um die Aufnahme osmotisch wirksamer Substanzen zu minimieren. Es wird auch versucht, die Magensaftsekretion zu hemmen und die Darmpassage des Nahrungsbreis zu verlangsamen. Flüssigkeits- und Elektrolytverluste werden ersetzt. Als Richtgröße dient ein Flüssig- keitsbedarf von mehr als 40 ml Wasser pro kg Körpergewicht und Tag. Eine teilweise orale oder enterale Ernährung sollte so früh wie möglich neben der parenteralen Ernährung angestrebt werden. Dies ist ein wichtiger und natürlicher Anreiz für die verbliebene Darm- schleimhaut, bis zu einem bestimmten Grad die verlorene Funktion auszugleichen. 30 31
Beträgt die Restdarmlänge deutlich weniger als 60 cm oder hatten die 6. Allgemeine Empfehlungen zur oralen Kost anderen Maßnahmen keinen Erfolg, ist eine parenterale Ernährung Bis heute gibt es keine spezielle Diät, die generell bei CED empfohlen erforderlich. Begonnen wird dann meist mit einer totalen parenteralen wird. Dies bedeutet nicht, dass die Ernährungsberatung keine Bedeu- Ernährung (TPE). Während der parenteralen Ernährung ist besonders tung bei CED hat, denn durch eine dem Krankheitsbild angepasste auf einen ausgeglichenen Flüssigkeitshaushalt und eine ausreichende Ernährungsform können diverse Symptome positiv beeinflusst wer- Zufuhr von Salzen, Vitaminen und Spurenelementen (insbesondere den. Bei allen Empfehlungen gilt prinzipiell: „Erlaubt ist, was gut ver- Zink) zu achten. tragen wird“. Dies ist individuell sehr unterschiedlich und gilt des- halb nur für den Einzelfall. Die Ursachen für individuelle Nahrungsmittelunverträglichkeiten sind variabel. Beispielsweise kann ein Patient Hülsenfrüchte aufgrund ihrer Blähwirkung nicht vertragen und leidet zusätzlich an einer Nah- rungsmittelallergie. Die Häufigkeit von „echten“, d.h. immunologisch vermittelten, Nahrungsmittelallergien wird bei CED auf 1-- 5 % geschätzt. Dagegen geben mehr als 50 % der Betroffenen Nah- rungsmittelunverträglichkeiten im weiteren Sinn an. Trotz moderner diagnostischer Möglichkeiten kann es im Einzelfall schwierig sein, die wirklichen Ursachen herauszufinden. Deshalb bleibt vielfach nur die Möglichkeit, sich danach zu orientieren, was – aus welchen Grün- Im Verlauf sollten die Möglichkeiten geprüft werden, die parenterale den auch immer – nicht vertragen wird. Ernährung zugunsten einer teilweisen oder ausschließlichen enteralen oder oralen Ernährung zu reduzieren. Die künstliche Ernährung kann Ursachen für individuelle Nahrungsmittelunverträglich- eingestellt werden, wenn Ernährungstagebuch und Gewichtsverlauf keiten bei CED: über einen Zeitraum von mindestens 3 Monaten dokumentieren, dass die orale Ernährung möglich und ausreichend sein wird. Vorher soll- • Blähende Lebensmittel (Hülsenfrüchte etc.) ten ein Venenkatheter oder eine PEG nicht entfernt werden. Die • Nahrungsmittelintoleranzen, z.B. Milchzuckerunverträglichkeit Lebensqualität der Patienten kann unter einer gut geführten TPE oder (Laktose-Intoleranz) und andere Enzymdefekte enteralen Ernährung besser sein, als wenn 10 --12 kleine Diätmahl- • Nahrungsmittelallergien (immunologisch vermittelte Reaktion) zeiten eingenommen werden müssen und ebenso häufig Stuhlgang abgeführt wird. Prinzipiell wäre das Kurzdarmsyndrom durch eine Dünndarm-Trans- plantation heilbar. Diese ist allerdings noch kein Standardverfahren. Die Ergebnisse der bislang durchgeführten Transplantationen variieren sehr stark und die längerfristigen Erfolgsraten sind noch unbekannt. 32 33
Häufig bekömmliche oder weniger bekömmliche Nahrungsmittel Tabelle 5: Eiweißhaltige Nahrungsmittel und deren Verträglichkeit Ein guter Ernährungszustand wird mit einer vollwertigen, ballaststoff- und abwechslungsreichen Mischkost erzielt. Die meisten Menschen Häufig bekömmlich Oft weniger bekömmlich kennen ihre Unverträglichkeiten. Als Hilfestellung kann die folgende Lebensmittelauflistung dienen, die auf Erfahrungswerten vieler fettarme Milchprodukte größere Mengen Sahne, Betroffener beruht. Dabei ist wichtig zu betonen, dass es keine „ver- (insbesondere Sauermilchprodukte) Schmand und Creme fraiche botenen Lebensmittel“ gibt. Es könnte z. B. sein, dass ein Lebens- wie z. B. Joghurt, Buttermilch, mittel, das als „weniger bekömmlich“ eingestuft wird, gut vertragen Kefir, Dickmilch, saure Sahne, wird oder umgekehrt. verdünnte Schlagsahne als Ersatz bei Unverträglichkeit von Trinkmilch Milch- und Milchprodukte, Ei, Fleisch und Fisch milde Käsesorten mit bis zu scharfe und lang gereifte Kurz nach einem akuten Schub einer CED kann eine Unverträglichkeit 40 % F. i. Tr. wie z. B. Frischkäse, Käsesorten wie z. B. gegenüber Milchprodukten auftreten. In diesem Fall sind Soja- körniger Frischkäse, Camembert, Roquefort, produkte eine Ausweichmöglichkeit. Wichtig ist, dass man nicht junger Schnittkäse; Speisequark Gorgonzola, Limburger, generell auf Milchprodukte verzichtet, sondern immer wieder testet, Esrom; warmer Käse ob Milchprodukte nicht doch vertragen werden. Ggf. sollte ein Test weichgekochte Eier, Rührei, hartgekochte Eier, auf Milchzuckerunverträglichkeit bzw. Milchallergie durchgeführt Eierstich ... gebratene Eier werden. Generell werden gesäuerte Milchprodukte besser vertragen. alle fettarmen und zarten sehr fette, stark gewürzte, Milchunverträglichkeit darf nicht mit einem Nichtvertragen des hohen Fleischsorten oder geräucherte Fleischsorten Fettgehaltes einiger Milchprodukte verwechselt werden. Hinweise zu (z.B. Geflügel, Rind, Kalb, häufig bekömmlichen und weniger bekömmlichen eiweißhaltigen Lamm, Wild) Nahrungszubereitungen sind in Tabelle 5 aufgeführt. Bratenaufschnitt, luftgetrockneter geräucherte, fette und scharf Schinken, Rindersaftschinken, gewürzte Wurstsorten wie Lachsschinken, deutsches z. B. Salami, Teewurst; Corned beef, Geflügelsülze, handelsübliche Fleischsalate Schinkensülze fettarme Fischsorten wie Forelle, fettreiche Fischsorten wie Aal, Schellfisch, Kabeljau, Scholle, Hering *, Karpfen, Makrele *, schwarzer Heilbutt, Steinbutt, Lachs *, Thunfisch * scharfe und Seezunge, Rotbarsch, fettreiche Zubereitungen wie Seelachs; Hummer, Krabben, z. B. panierter Fisch, Anchovis, Austern, Muscheln Ölsardinen, Räucherfisch, Fischkonserven, Fischsalat * Die Austestung der individuellen Verträglichkeit dieser Fischsorten wird wegen des hohen Gehalts an EPA (siehe S. 43) besonders empfohlen. 34 35
Getreide, Obst und Gemüse Tabelle 6: Verträglichkeit von Getreide, Obst und Gemüse Getreide kann durch seinen hohen Ballaststoffgehalt Wasser binden, so den Stuhlgang regulieren und Verstopfung und Durchfall mildern. Häufig bekömmlich Oft weniger bekömmlich Hier helfen besonders gut Getreidebreie und -schleimsuppen. Getrei- debreie, Getreidegerichte und Brote aus feingemahlenem Getreide alle Arten feingemahlener Sorten ganze Körner und sollten bevorzugt werden, weil dies die Bekömmlichkeit steigert. Bei Mehl, Grieß etc. grobgeschrotete Körner Darmproblemen kann das Obst und Gemüse geschält werden, da die Zwieback, Toastbrot, Mischbrote sehr frisches Brot und fein- Schale abführend wirkt. Eine Ausnahme ist das Pektin im rohen Apfel, z. B. Grahambrot vermahlenes Vollkornbrot, das den Durchfall hemmt. Ein großer Teil des Pektins befindet sich in der Schale. Ganz fein gerieben kann es seine volle Wirkung entfalten. Banane, Melone, Mango, Kiwi, frische Zitrusfrüchte, Gegartes und evtl. zusätzlich püriertes Gemüse wirkt regulierend bei reifer Apfel und weiche Birne Trockenobst, Durchfall, während rohes Gemüse und rohe Salate meist abführend (evtl. geschält), Pfirsich und Brombeeren, Johannisbeeren, wirken (Tabelle 6). Aprikose ohne Haut, Mirabellen, Kirschen, Erdbeeren, Himbeeren, Pflaumen, Preiselbeeren, Heidelbeeren, als Kompott Reneclauden, Rhabarber, außerdem Ananas und Stachelbeeren, Weintrauben, Mandarine Zwetschgen, Avocado, Nüsse Salzkartoffeln, Kartoffelpüree, Pommes frites, Kroketten, Klöße, Pellkartoffeln Kartoffelpuffer, Bratkartoffeln gegartes Gemüse: Blumenkohl, Hülsenfrüchte, Brechbohnen, Broccoli, Chicoreé, Chinakohl, Grünkohl, Paprikaschoten, feine Erbsen, Fenchel, Gurke, Porree, Pilze, Rettich, Rosen- junger Kohlrabi, Möhren, kohl, Rotkohl, Sauerkraut, Prinzessbohnen, Romanesco, Spitzkohl, Weißkohl, Wirsing, Rote Bete, Sellerie, Spargel, Zwiebeln, Oliven Spinat, Tomaten Blattsalate Gurkensalat, Rettichsalat, fettreiche Salate 36 37
Fette, Öle, Getränke Süßwaren und Gewürze Grundsätzlich sind Dünsten, Dämpfen, Garen in Alufolie, Römertopf Grundsätzlich sollten die Speisen nicht zu scharf gewürzt werden. oder Bratenfolie sowie leichtes Braten und Grillen bekömmlichere Gegen Zucker und Süßigkeiten in Maßen wäre eigentlich nichts ein- Zubereitungsarten als Panieren, Fritieren und starkes Braten oder zuwenden, aber sie verflüssigen häufig den Stuhl, machen ihn säuer- Grillen. Gehärtete Margarinen, Schlachtfette und Speck sind weniger lich und führen dadurch dazu, dass das Entleeren des Darmes zu empfehlen als der sparsame Einsatz von Pflanzenölen und Butter schmerzhaft werden kann. Häufig genannte „Alternativen“ wie (Tabelle 7). Honig, Fruchtzucker und Fruchtdicksäfte sind Zucker, die nicht selten in Kombination mit Vollgetreide Blähungen verursachen. Deshalb gilt Tabelle 7: die Empfehlung, Zucker und Honig sparsam zu verwenden (Tabelle 8). Verträglichkeit von Fetten, Ölen und Getränken Häufig bekömmlich Oft weniger bekömmlich Pflanzenöle, Schweine- und Gänseschmalz, z. B. aus Sonnenblumen, Rinder- und Hammelfett, Maiskeim, Raps, Oliven, Disteln Speck, Fritierfette, gehärtete (nicht zum Braten verwenden), Margarine und Fette ungehärtete Margarine, Butter (besonders in Fertigprodukten und Süßwaren) Schlagsahne in kleinen Mengen Mayonnaise (bei Fettunverträglichkeit verdünnt) Wasser, stilles Mineralwasser, kohlensäurereiches Mineral- reizarmer Bohnenkaffee, wasser, sehr starker Früchte- Tabelle 8: alle Teesorten, Malzkaffee, tee (Säure!), sehr saure Säfte Verträglichkeit von Süßwaren und Gewürzen Gemüsesaft, Fruchtsäfte aus wie z. B. Johannisbeersaft, säurearmen Obstsorten wie alkoholische Getränke, Häufig bekömmlich Oft weniger bekömmlich Aprikosen, Birnen, Äpfeln, insbesondere säurereiche, in Maßen: fettreiche Süßigkeiten wie Pfirsichen, Trauben, evtl. kohlensäurereiche und Zucker, Honig, Gelee, Schokolade, Pralinen, Nougat, mit Wasser gemischt hochprozentige Sorten Zuckerrübensirup, Birnendicksaft, Marzipan, Zuckeraustausch- Ahornsirup, Fruchtbonbons, stoffe wie z. B. Sorbit und Pfefferminz, Lakritz, Fruchtzucker, Schaumzucker- Weingummi, Wassereis waren, Milchspeiseeis, Dill, Petersilie, milder Curry, Knoblauch, Meerrettich, Muskat, milder Paprika, Safran, scharfer Paprika, scharfer Ingwer, Zimt Pfeffer, scharfer Senf, scharfe und fettige Fertigsoßen 38 39
7. Ernährung in besonderen Situationen Tabelle 9: Beispiele für eine kalziumreiche, oxalsäure-arme Lebens- Durchfall mittelauswahl Erster und wichtigster Behandlungsschritt bei Durchfallerkrankungen ist der frühzeitige Ausgleich des Verlustes an Flüssigkeit und Mine- Empfehlenswerte Nicht zu empfehlende ralstoffen (Elektrolyten). Ein Erwachsener benötigt hierfür, je nach (kalziumreiche) Lebensmittel (oxalsäure-reiche) Lebensmittel Ausmaß des Durchfalls, eine Trinkmenge von 2-- 4 Litern täglich. Milchprodukte, insbesondere Käse, Spinat, Mangold, Rote Bete, Geeignet sind gesalzene Brühe, kaliumreiche Obstsäfte (oder Brause- Broccoli, Fenchel, Bleichsellerie, Bohnen, Rhabarber, Stachel- tabletten), gezuckerter Tee, verdünnte und gesalzene zuckerhaltige Lauch, Trockenobst, beere, Himbeere, Erdbeere, Limonaden, alle Formen von Schleimdiäten (Hafer-, Reis-, Gersten- angereicherte Sojaprodukte, Kakao, Schokolade, Nuss- schleim) und z. B. Karottensuppen, geriebener Apfel und fein pürierte kalziumreiches Mineralwasser Nougat-Creme, dunkles Brot, Bananen. Mit fortschreitender Besserung von Allgemeinbefinden schwarzer und grüner Tee, und Stuhlbeschaffenheit erfolgt dann die Aufwertung der Kost Pfefferminztee durch Zulage von Eiweiß und leichtverdaulichen Fetten (siehe auch Kostaufbau). Mit dem Erreichen einer normalen Stuhlfrequenz und -beschaffenheit wird der vorsichtige Übergang auf gewohnte Ernährungsgewohnheiten unter besonderer Beachtung bekannter Blähungen Nahrungsmittelunverträglichkeiten und der Notwendigkeit des Aus- Ob Blähungen im Zusammenhang mit bestimmten Nahrungsmitteln gleichs möglicher Defizite an Nährstoffen und Energie eingeleitet. auftreten, sollte im Zweifelsfall durch Auslass- und Wiederein- führungsversuche individuell getestet werden. Häufigste Auslöser sind Durchfall bei Gallensäurenverlustsyndrom („chologene Diarrhö“) Hülsenfrüchte, fett geschmorter Kohl, Zwiebeln, rohe Pflaumen, Bei chologenen Diarrhöen wird eine zu den Mahlzeiten zeitversetzte Trockenobst, grobes Schwarzbrot, frisches Hefegebäck, Müsli, kohlen- Einnahme des Medikamentes Colestyramin empfohlen. Nach Ileum- säurehaltige Getränke, Zuckeraustauschstoffe und Milchzucker. Eine resektion ist häufig auch die Gabe von Vitamin B 12 notwendig. Hat ausreichende Ballaststoffzufuhr ist unverzichtbar, allerdings ist die der Patient auch Fettstühle („Steatorrhö“), sollte die Kost mit Ermittlung der individuell optimalen Menge und Auswahl der am MCT–Fetten (mittelkettige Fettsäuren) angereichert werden. Diese wenigsten blähenden Ballaststoffträger nicht unproblematisch. Am Fettsäuren können vom Körper leichter aufgenommen werden als ehesten geeignet sind z. B. nicht ganz frisches Vollkornbrot, Graham- andere Fette. Leider werden sie nicht immer gut vertragen, weshalb brot, Vollkornknäckebrot, gekochte Vollkornhaferflocken und Lein- ihre Dosis schrittweise erhöht werden sollte. samenschrot. Mit der Behandlung einer Verstopfung durch eine ballaststoffangereicherte Kost verschwinden häufig auch die Blähun- Mit einer kalziumreichen, oxalat-armen Kost wird Gallen- und gen. Hierfür können z. B. indische Flohsamenschalen (Plantago ovata) Nierensteinen vorgebeugt (Tabelle 9). Ggf. können auch Kalzium- verwendet werden, was in zwei Studien bei CED wirksam war. Wichtig brausetabletten genommen werden (> 1500 mg Kalzium pro Tag). ist immer eine reichliche Trinkmenge und eine ausgewogene Ver- Die Patienten sollten ausreichend trinken und 5 -- 6 kleine Mahlzeiten teilung der Hauptnährstoffe (Kohlenhydrate, Eiweiß, Fett). über den Tag verteilt zu sich nehmen. Die zusätzliche Gabe der fett- löslichen Vitamine A, D, E und K, bedarfsweise auch von Vitamin B12 und Eisen, wird empfohlen. 40 41
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