Europa im Unterricht Materialien für eine aktuelle EU-Bildung - Zeitschrift POLITIK & UNTERRICHT
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3/4-2020 Zeitschrift für die Praxis der politischen Bildung Europa im Unterricht Materialien für eine aktuelle EU-Bildung www.lpb-bw.de
„Politik & Unterricht“ wird von der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (LpB) heraus gegeben. Direktion der Landeszentrale: Lothar Frick, Sibylle Thelen Chefredakteur: Robby Geyer POLITIK robby.geyer@lpb.bwl.de Redaktionsassistenz: Sylvia Rösch sylvia.roesch@lpb.bwl.de UNTERRICHT Anschrift der Redaktion Lautenschlagerstraße 20, 70173 Stuttgart Thema im Folgeheft Telefon: 0711-164099-45; Fax: 0711-164099-77 Frankreich Redaktion Anja Binder, Studienrätin am Evangelischen Firstwald gymnasium, Kusterdingen Judith Ernst-Schmidt, Oberstudienrätin i.R. Dipl.-Päd. Martin Mai, Wilhelm-Lorenz-Realschule, Ettlingen Dipl.-Päd. Holger Meeh, Akademischer Rat, Pädagogische Hochschule, Heidelberg Dr. Wibke Renner-Kasper, Konrektorin der Schule am Stromberg, Gemeinschaftsschule Illingen-Maulbronn Angelika Schober-Penz, Oberstudienrätin, Erich-Bracher- Schule (Kaufmännische Schule), Kornwestheim Inga Schlenker, Studienrätin am Schickhardt-Gymnasium, Herrenberg Gestaltung Titel VH-7 Medienküche GmbH, Stuttgart Design Inhalt und Didaktik Christoph Lang, Rottenburg am Neckar www.8421medien.de Verlag Neckar-Verlag GmbH, Klosterring 1, 78050 Villingen-Schwenningen Marketing, Anzeigen Editorial Leitung: Rita Riedmüller, Telefon: 07721-8987-44 werbung@neckar-verlag.de Europa – nicht nur geografisch, sondern auch poli- Verkauf: Alexandra Beha, Telefon: 07721-8987-42 tisch und wirtschaftlich ist die europäische Ebene ein anzeigen@neckar-verlag.de wichtiger Bestandteil unseres Alltags geworden. Viele Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 6 gültig ab 01.01.2021 Jugendliche können sich europäische Grenzen mit Druck Kontrollen schon gar nicht mehr vorstellen. Reisen ist PFITZER GmbH & Co. KG, Benzstraße 39, 71272 Renningen selbstverständlich geworden. Schülerinnen und Schü- Politik & Unterricht erscheint vierteljährlich. Preise: Einzelheft 3,50 Euro, Doppelheft 7,00 EUR ler nutzen die Partnerschaften oder Austauschpro- Jahresbezugspreis: 14,00 EUR gramme ihrer Schulen, um europäische Nachbarländer Abbestellung zum Jahresende schriftlich. kennenzulernen. Und auch die Möglichkeit, einen Teil Namentlich gezeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die der Ausbildung im Ausland zu absolvieren, nehmen Meinung des Herausgebers und der Redaktion wieder. Für immer mehr junge Menschen in Anspruch. unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt die Redaktion keine Haftung. Mit der Europäischen Union (EU) verbinden Jugendli- Nachdruck oder Vervielfältigung auf elektronischen Daten che in Deutschland am häufigsten die Begriffe Freizü- trägern nur mit Genehmigung der Redaktion. gigkeit (95 %), kulturelle Vielfalt (87 %), Frieden (82 %), Titelfoto: picture alliance/blickwinkel/McPHOTO/C. Ohde Demokratie (79 %), aber auch Bürokratie (73 %), wie Auflage dieses Heftes: 18.000 Exemplare die 18. Shell Jugendstudie aus dem Jahr 2019 zeigt. Redaktionsschluss: 15. November 2020 Im Vergleich zur Studie von 2006 haben sich diese ISSN 0344-3531 Werte kaum verändert. Bei der jungen Generation im Alter von 15 bis 25 Jahren überwiegt zudem eine posi- tive Sichtweise auf die EU, und das Vertrauen in die EU Das komplette Heft finden Sie zum hat immer weiter zugenommen. Die politische Gemein- Download als pdf-Datei unter: www.politikundunterricht.de schaft von aktuell 27 Ländern wird also zumeist positiv bewertet, allerdings wird eine Weiterentwicklung der »Politik & Unterricht« wird um digitale Angebote erweitert. Zu jedem Heft stehen Arbeitsmaterialien EU hin zu einem einheitlichen Staat deutlich abgelehnt. online zur Nutzung in Kombination mit Beamer, inter- Nur 28 Prozent der Jugendlichen befürworten dies. Bei aktivem Whiteboard, PC oder Tablet zur Verfügung. der Shell Jugendstudie aus dem Jahr 2002 lag dieser Über den QR-Code oder die Internetadresse ist der direkte Zugang zu den Materialien möglich. Wert noch bei 49 Prozent. Junge Menschen scheinen demzufolge einen realistischen, keinen euphorischen Politik & Unterricht wird auf umweltfreundlichem Papier mit Zellstoff aus nachhaltiger Forstwirtschaft Blick auf den europäischen Einigungsprozess zu haben. und Recyclingfasern gedruckt. Wie fragil dieser Prozess ist, zeigen nationale Reflexe, wie sie beim Brexit oder bei den Grenzschließungen während der Corona-Pandemie zum Ausdruck kamen. Hinweis Allerdings beweist die EU in der aktuellen Krise durch- Die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg übernimmt keine Verantwortung für die Inhalte von Websites, aus Handlungsfähigkeit. Das im Juli 2020 beschlossene auf die in diesem Heft verwiesen oder verlinkt wird.
1 Inhalt Editorial Autoren dieses Heftes Unterrichtsvorschläge 46 Baustein E: Kommissare/-innen, Minister/-innen 2 Einleitung und Abgeordnete - Wer hat was zu entscheiden 10 Unterrichtspraktische Hinweise in der EU? 50 Baustein F: Regeln für Europas Bürger/-innen – Texte und Materialien Wie entstehen in der EU Gesetze? 24 Baustein A: Europa, ein Trümmerfeld – 56 Baustein G: Europawahlen und Europäische Wie ist die EU entstanden? Bürgerinitiative – Welche Möglichkeiten zur 32 Baustein B: Von der Montanunion zum politischen Partizipation haben die Bürgerinnen Vertrag von Lissabon – Wie hat sich die und Bürger in der EU? EU entwickelt? 61 Baustein H: Europa in der Corona-Krise – 36 Baustein C: Die EU im Alltag – Was tut die Wie können europäische Lösungen zur EU und wie beeinflusst sie unser Leben? Bewältigung der Epidemie aussehen? 42 Baustein D: Das Herz der europäischen Einigung – Wie funktioniert der europäische 71 Literatur- und Internethinweise Binnenmarkt? Autoren dieses Heftes europäische Aufbauprogramm über 750 Milliarden Euro oder die gemeinsame Impfstrategie sind zwei Beispiele Prof. Dr. Helmar Schöne ist Professor für Politikwis- hierfür. senschaft und ihre Didaktik an der Pädagogischen Wenn Europa und die EU im Unterricht behandelt Hochschule Schwäbisch Gmünd. Neben der politischen werden, geht es nicht nur darum, ein wichtiges und Bildung zählt die Beschäftigung mit dem Regierungssys- zugleich höchst aktuelles Thema des Bildungsplans tem Deutschlands zu seinen Arbeitsschwerpunkten. Er umzusetzen. Vielmehr muss es das Anliegen sein, hat mehrere Jean-Monnet-Projekte zur Europabildung in Jugendliche als mündige Bürgerinnen und Bürger in der Schule durchgeführt. ihrer politischen Handlungs- und Urteilsfähigkeit zu stärken, was ohne eine fundierte EU-Bildung nicht Thomas Stegmaier, AOR a.D., hat langjährig als Haupt- möglich ist. schullehrer für Gemeinschaftskunde gearbeitet und war Das vorliegende Heft von „Politik & Unterricht“ legt zuletzt als Akademischer Oberrat in der Abteilung Poli- den Schwerpunkt auf die Grundlagen der Europäischen tikwissenschaft der Pädagogischen Hochschule Schwä- Union. Neben den wichtigen Etappen der Erweiterung bisch Gmünd tätig. Seine Arbeitsschwerpunkte waren der Gemeinschaft und der Vertiefung der Zusammen- die Didaktik der politischen Bildung, das politische arbeit werden auch die Arbeitsweise und das Zusam- System der Bundesrepublik Deutschland und der EU. menwirken der europäischen Institutionen thematisiert. Weiterhin regen die Materialien dazu an, die Einfluss- möglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger sowie die Beeinflussung des Alltags durch die europäische Politik zu diskutieren. Die Bausteine berücksichtigen aktuelle Bezüge genauso wie die offene Frage nach der Finalität des europäischen Einigungsprozesses. Wir bedanken uns bei den beiden Autoren, Prof. Helmar Schöne und Thomas Stegmaier, denen das Thema EU- Bildung auch in der Ausbildung zukünftiger Lehrerin- nen und Lehrer an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd ein großes Anliegen ist. Gedankt Prof. Dr. Helmar Schöne Thomas Stegmaier sei auch Christoph Lang vom Medienstudio 8421 für die grafischen Arbeiten und die didaktische Beratung sowie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Neckar-Verlags, die auch diese Aufgabe von „Politik & Unterricht“ von der Herstellung bis zum Versand begleitet haben. Politik & Unterricht • 3/4-2020
2 Einleitung Europa im Unterricht Materialien für eine aktuelle EU-Bildung 8 Einleitung ist die europäische Integration inzwischen ein jahr- zehntelanger, vielschichtiger und in seinen Einzelheiten kaum noch zu überschauender Prozess. Zweitens sind die Regelungen zur Aufgabenteilung zwischen den Mit- gliedstaaten und der EU diffizil. Drittens gilt das europä- n Über die EU in der Schule unterrichten ische Institutionensystem als ein politisches System „sui Diese Ausgabe möchte anregen und ermutigen, die generis“ – ohne gleichen –, dessen Funktionsweise nur Europäische Union (EU) in der Schule zu unterrich- schwer verständlich ist. Das beginnt bereits bei ähnlich ten. Es unterbreitet Vorschläge für die Gestaltung ver- lautenden Bezeichnungen verschiedener Institutionen, schiedener Unterrichtsstunden. EU-Unterricht sollte die zu Verwechslungen einladen: Der Europäische Rat nicht nur deshalb stattfinden, weil die Bildungspläne ist nicht dasselbe wie der Rat der Europäischen Union. die Europäische Union und den europäischen Integ- Der dritte in Europa anzutreffende Rat, der Europarat, rationsprozess als verpflichtende Unterrichtsthemen wiederum ist kein Organ der EU. vorsehen, sondern vor allem, weil unser Alltag durch Entscheidungen der EU maßgeblich bestimmt wird. Die Es sind aber nicht nur diese „europäischen Unüber- Bearbeitung vieler politischer Themen der Gegenwart, sichtlichkeiten“ (Detjen 2004), welche die Lehrkräfte seien es die Umweltverschmutzung, der Klimawandel herausfordern können. Die Lehrkräfte haben bei der oder die Migrationsbewegungen, werden durch euro- Unterrichtsplanung auch die Adressatenseite zu berück- päische Entscheidungen beeinflusst. Das Handeln bzw. sichtigen. Sowohl das Interesse an der EU als auch Nicht-Handeln der EU bedeutet einen Unterschied für das Wissen über sie ist unter Bürgern/-innen (Westle/ die Gestaltung unseres Gemeinwesens. Daher ist ohne Johann 2010) wie unter Schülern/-innen (Oberle 2012) die Beschäftigung mit der Europäischen Union in der eher bescheiden. Die EU und EU-Politik werden häufig Schule das zentrale Ziel politischer Bildung – der mün- als Geheimlehre empfunden, zu der junge Menschen nur dige Bürger und die mündige Bürgerin – nicht erreich- schwer Zugang finden. Allerdings unterscheidet sich bar. Die Herausbildung politischer Urteilsfähigkeit ist das Wissens- und Interessenniveau sehr stark in unter- ohne Basiswissen über die Funktionsbedingungen euro- schiedlichen Sozialgruppen; diesbezügliche soziale päischer Politik heute nicht mehr denkbar. Es braucht Ungleichheiten sind bereits in der Grundschule angelegt Europabildung, wenn wir Schüler/-innen in die Lage ver- (vgl. Abendschön/Tausendpfund 2018). Die Distanz der setzen wollen, als sog. „reflektierte Zuschauer/innen“ Bürgerinnen und Bürger zur EU spiegelt sich auch in der oder – besser noch – als „interventionsfähige Bürger/ vergleichsweise geringen politischen Partizipations- innen“ (Detjen 2002) zu agieren. bereitschaft wider, für die beispielsweise die niedrige Wahlbeteiligung bei den Wahlen zum Europäischen Par- Über die Europäische Union zu unterrichten, wird von lament ein Ausdruck ist. vielen Lehrkräften als eine anspruchsvolle Aufgabe wahrgenommen. Die Europäische Union gilt einerseits Hinzu kommt, dass die europäische Integration neben als ein voraussetzungsvoller Unterrichtsgegenstand. der Migration zu einem Thema geworden ist, gegen das Andererseits teilen viele Lehrer/-innen die Erfahrung, rechtspopulistische Parteien und Bewegungen immer dass weder das Interesse noch das Vorwissen der wieder Stellung beziehen und es auch missbrauchen, Schüler/-innen über die EU besonders stark ausgeprägt um nationalistische Haltungen zu verbreiten. Nun ist das sind. Entsprechend fristet die EU im Unterrichtsalltag Ziel von Europabildung nicht die kritiklose Akzeptanz des trotz Bekenntnissen der Kultuspolitik zu ihrer Bedeutung Status quo der EU in ihrer gegenwärtigen Verfasstheit. und entsprechender Verankerung in den Bildungsplä- Das würde dem Kontroversitätsgebot des Beutelsbacher nen in der Regel eher ein Schattendasein (vgl. Schöne/ Konsenses widersprechen, nach dem im Unterricht als Immerfall 2015). Auf diese Herausforderungen zu strittig dargestellt werden soll, was in der Politik und in reagieren und vorhandene Schwierigkeiten beim Unter- der Wissenschaft kontrovers diskutiert wird. Sehr wohl richten über die EU zu überwinden, ist das Anliegen der ist es aber die Aufgabe von Europabildung, einseitigem in diesem Heft unterbreiteten Unterrichtsvorschläge. „EU-Bashing“ entgegenzutreten und stattdessen abge- wogene Urteile sowohl über die Leistungen als auch Ein komplizierter Unterrichtsgegenstand ist die Europä- über die Defizite der EU zu ermöglichen (vgl. Immerfall ische Union gleich aus verschiedenen Gründen: Erstens 2018). Politik & Unterricht • 3/4-2020
Einleitung 3 Auf die skizzierten Herausforderungen reagieren die können Antworten auf die Fragen finden, welche Mög- in diesem Heft unterbreiteten Unterrichtsvorschläge lichkeiten Bürger haben, ihre Interessen in den politi- wie folgt: Erstens vermitteln sie ein Grundlagen- und schen Entscheidungsprozess in der EU einzubringen, Überblickswissen über die EU, indem bewusst eine und wie die Macht zwischen den Organen der EU verteilt große thematische Bandbreite angesprochen wird. Nicht ist (Macht und Entscheidung), wie die einzelnen Instituti- einzelne Aspekte wie die Wahlen zum Europäischen onen innerhalb der EU zusammenwirken (Ordnung und Parlament, die aktuellen europäischen Vertragsgrund- Struktur) und wie sich Entscheidungen der EU auf das lagen des Lissabonner Vertrages oder die europäische Leben der Bürger auswirken (Interessen und Gemein- Asylpolitik bilden das Thema des Heftes, sondern das wohl)“ (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport 2016). Werden und Wirken der EU als Ganzes. Ziel ist es, den Nicht nur im Fach Gemeinschaftskunde schreibt der Bil- Schülerinnen und Schülern einen verständigen Zugang dungsplan die Beschäftigung mit der EU vor; im Fach zu den wichtigsten Entwicklungsschritten sowie zur Geschichte ist der europäische Integrationsprozess zur Arbeits- und Funktionsweise der Europäischen Union Thematisierung vorgesehen und im Fach Wirtschaft der zu eröffnen. Der europäische Integrationsprozess, die europäische Binnenmarkt. Im Idealfall sollte das Thema Akteure, Institutionen und Entscheidungsprozesse der also fächerübergreifend bearbeitet werden. EU, die Aufgabenteilung in der EU und damit die Wirkung europäischer Entscheidungen auf den Alltag sowie die n Die Europäische Union als dynamisches Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger in der EU sind Mehrebenensystem zentrale Inhalte des Heftes. Zwei Grundgedanken stehen hinter den hier unterbrei- teten Unterrichtsvorschlägen: Erstens ist die Funkti- Damit wird auch dem Grundanliegen des Bildungs- onsweise der EU von heute nur zu verstehen, wenn wir plans für das Fach Gemeinschaftskunde in Baden-Würt- ihre Entstehung und Entwicklung – ihr Werden – kennen. temberg entsprochen: „Die Schülerinnen und Schüler Zur Integrationsgeschichte gehören Kenntnisse über Foto: picture-alliance/dpa/Abaca 154879 Blick auf das Europaviertel in Brüssel – mit dem Sitz wichtiger EU-Institutionen gilt die belgische Hauptstadt zugleich als Hauptstadt Europas Politik & Unterricht • 3/4-2020
4 Einleitung die Motive für den europäischen Integrationsprozess, ische Integration – nach zwei verheerenden Weltkriegen über die zentralen, keineswegs geradlinig verlaufen- Frieden zwischen den Mitgliedstaaten zu stiften und den den, Entwicklungsschritte der EU (festgeschrieben in wirtschaftlichen Aufbau des kriegsgeschundenen Euro- den europäischen Verträgen) sowie ein Verständnis für pas voranzubringen – haben sich damit erfüllt. Der 1993 die Offenheit und Dynamik der europäischen Integration. eingeführte Binnenmarkt umfasst nach der Einheitlichen Der angestrebte Endzustand des europäischen Staaten- Europäischen Akte von 1986 die sog. vier Freiheiten, d. h. bündnisses wurde immer und wird weiter kontrovers nicht nur Waren, sondern auch Personen, Kapital und diskutiert und ist alles andere als festgelegt. Genauso Dienstleistungen können frei und ohne Beschränkungen wenig wie in den 1980er-Jahren die umfassende Erwei- ehemalige Grenzen überwinden. Jene Freiheiten wurden terung der EU um die mittelosteuropäischen Staaten auf ab 1999 durch eine gemeinsame Währung, den Euro, insgesamt 28 Länder vorhersehbar gewesen ist, war es ergänzt, an dem sich jedoch nicht alle Mitgliedstaaten zum Beginn des 21. Jahrhunderts vorherzusagen, dass beteiligen. die fortschreitende Integration einmal durch den Austritt einzelner Staaten unterbrochen werden würde. Die Bezeichnung der Gemeinschaft als Europäische Union erfolgte mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Zweitens ist das Wirken der EU nur verständlich zu Maastricht 1993. Die Namensänderung zeigt an, dass vermitteln, wenn sie nicht als ein eigenes politisches die Ziele und Aufgaben der EU ergänzt wurden und aus System, das neben den Nationalstaaten steht, themati- der Wirtschaftsgemeinschaft ein Staatenverbund mit siert wird. Stattdessen sollte die EU als Ergänzung des ausgedehnten Kompetenzen geworden ist, in dem euro- politischen Mehrebenensystems behandelt werden. päische Gesetze (die Richtlinien und Verordnungen) in Wie die Politik in Kommunen, den Ländern und im Bund allen Staaten gelten – und zwar ohne dass in den Par- – jeweils bezogen auf unterschiedliche Politikfelder – lamenten der Mitgliedstaaten darüber abgestimmt wird. unser Gemeinwesen und unseren Alltag prägt, so beein- Die EU verfügt seit dem Maastricht-Vertrag zusätzlich zu flusst heute auch die europäische Ebene unser Leben. ihren ökonomischen Zuständigkeiten über Befugnisse Die EU ist zur vierten Ebene unseres Staatsaufbaus im Bereich der „Gemeinsamen Außen- und Sicherheits- geworden. Der 1992 neu gefasste Artikel 23 des Grund- politik“ (GASP) sowie der Innen- und Justizpolitik. Aller- gesetzes (GG) regelt, dass Hoheitsrechte an die Euro- dings werden in diesen beiden Bereichen die politischen päische Union übertragen werden können. Der Artikel Entscheidungen überwiegend intergouvernemental und enthält ein klares Bekenntnis des GG zur europäischen nicht supranational getroffen. Einigung. n Entstehung und Entwicklung der EU Intergouvernementale Entscheidungen entstehen Das Werden der EU wird üblicherweise mit zwei Begrif- durch Verhandlungen zwischen den Regierungen fen beschrieben: Vertiefung und Erweiterung. Unter der EU-Staaten und sind nur bindend, wenn sie von Vertiefung wird die schrittweise Ausweitung der ökono- allen Mitgliedsländern anerkannt werden. Supra- mischen und politischen Zusammenarbeit zwischen den nationale Entscheidungen der EU entstehen in den EU-Mitgliedstaaten verstanden. Erweiterung meint den europäischen Institutionen – im Wesentlichen im Beitritt neuer Staaten zur EU. Dreieck von Parlament, Kommission und Ministerrat – und sind für alle Mitgliedstaaten unmittelbar ver- n Vertiefung bindlich. Supranationale Entscheidungen beziehen Die Europäische Union der Gegenwart ist ein Staaten- sich auf jene Themenfelder, welche die Mitglieder in verbund, also eine enge Verbindung von Staaten, die den europäischen Verträgen an die EU übertragen zwar souverän bleiben, aber auf vertraglicher Grund- haben, also vor allem die Regeln zur Europäischen lage Hoheitsrechte abgeben. Auf dieser Grundlage übt Wirtschaftsordnung. die EU, die auch als supranationale (überstaatliche) Organisation bezeichnet wird, öffentliche Gewalt aus. Aus einer Freihandelszone ist eine politische Gemein- Das derzeit gültige europäische Vertragswerk wurde schaft geworden, deren Zuständigkeit sich auch auf 2007 in der portugiesischen Hauptstadt verabschiedet. wirtschaftsferne Bereiche bezieht. Der Vertrag von Lissabon hat der EU zusätzliche Kom- petenzen, etwa in der Klimapolitik, übertragen und die Die heutige EU hat sich schrittweise aus ihren Vorgän- gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik gestärkt, gern entwickelt, aus der Europäischen Gemeinschaft z. B. durch die Einführung des Amtes eines „EU-Außen- für Kohle und Stahl (EGKS) von 1951, der Europäischen ministers“. Vor allem aber wurden einige institutionelle Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) von 1957 sowie der Reformen durchgeführt, welche die Entscheidungsfin- Europäischen Gemeinschaft (EG) von 1967. Damit hat dung in der EU sowohl demokratischer als auch effi- sich die Gemeinschaft von einer Organisation zur Kont- zienter machen sollten. Dazu zählte u. a. die Stärkung rolle der deutschen kriegswichtigen Industrien, nämlich des Europäischen Parlaments, das nun neben dem Kohle und Stahl, zu einer umfassenden Zollunion und Ministerrat gleichberechtigter Gesetzgeber ist, die Ein- schließlich zu einem vollständigen Binnenmarkt ent- führung der Europäischen Bürgerinitiative, die es den wickelt. Wichtige ursprüngliche Motive für die europä Bürgern/-innen ermöglicht, Gesetzesinitiativen anzure- Politik & Unterricht • 3/4-2020
Einleitung 5 gen, die Abkehr vom Einstimmigkeitsprinzip zugunsten Sie legen fest, dass Staaten, die in die EU aufgenommen von Mehrheitsentscheidungen im Ministerrat sowie die werden, bestimmte Standards zu erfüllen haben: Sie Schaffung der Position des Präsidenten des Europä müssen über eine demokratische und rechtsstaatliche ischen Rates. Ordnung verfügen, Menschenrechte und Minderheiten- schutz gewährleisten (politisches Kriterium), eine wett- n Erweiterung bewerbsfähige Marktwirtschaft haben (wirtschaftliches So wie sich in den fast 70 Jahren seit der Gründung der Kriterium) und die Übernahme des gesamten EU-Rechts EGKS die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaa- sicherstellen. ten sukzessive vertieft hat, ist die EU schrittweise um immer neue Mitglieder erweitert worden. Aus den sechs n Funktionsweise der EU Gründungsmitgliedern der EGKS bzw. der EG war 2013 An der Entstehung des EU-Rechts sind maßgeblich drei eine Gemeinschaft von 28 Staaten geworden. europäische Institutionen beteiligt: das Europäische Parlament, der Ministerrat und die Europäische Kom- Offenbar also ist die Mitgliedschaft in der EU eine sehr mission. In diesem Dreieck werden Richtlinien und Ver- attraktive Option, die auf die meisten europäischen Staa- ordnungen beschlossen. ten eine große Anziehungskraft ausübt. Jene hält auch über den Brexit hinaus an. Über den Austritt des Vereinig- ten Königreichs aus der EU wird häufig übersehen, dass Eine Richtlinie ist ein Rechtsakt, in dem ein Ziel es bereits weitere Beitrittskandidaten gibt. Allerdings ist festgelegt wird, das alle EU-Länder verwirklichen der Beitritt zur EU nicht zum Nulltarif zu haben. In der müssen. Wie die Staaten die Ziele erreichen, können Vorbereitung der größten Beitrittswelle, der sog. Oster- sie selbst entscheiden. Eine Verordnung ist ein ver- weiterung, bei der nach dem Ende des Kalten Krieges in bindlicher Rechtsakt, den alle EU-Länder mit ihren den Jahren 2004 und 2007 zehn mittel- und osteuropä- Verwaltungen in vollem Umfang umsetzen müssen. ische Staaten sowie Malta und Zypern der EU beigetre- ten sind, wurden von den Staats- und Regierungschefs der EU die sog. Kopenhagener Kriterien beschlossen. Bild: picture alliance/dpa/dpa-infografik GmbH Politik & Unterricht • 3/4-2020
6 Einleitung Im Zusammenspiel der drei Institutionen wird sichtbar, mindestens 65 Prozent der Bevölkerung repräsentie- warum die EU ein besonderes politisches System ist. ren müssen, für einen Vorschlag votieren. Über den Zugleich zeigt sich, dass trotz der Besonderheiten ein Ministerrat sind die Mitgliedstaaten unmittelbar an der Vergleich mit anderen, nationalen politischen Systemen Entstehung europäischer Regelungen beteiligt, die Aus- und die Unterscheidung von Legislative und Exekutive sage, allein „Brüssel“ würde europäisches Recht setzen, helfen, das Verständnis europäischer Politik zu erleich- ist daher unzutreffend. tern. Eine Besonderheit des politischen Systems der EU ist, Die Entscheidungen über die europäischen Gesetze dass nur jene Institution, die sich am ehesten als Regie- fallen in einem „Zweikammersystem“, nämlich im Parla- rung der EU beschreiben lässt, die Möglichkeit hat, ment und im Ministerrat. Das Parlament ist die gewählte Gesetzesvorschläge zu unterbreiten: die Kommission. Volksvertretung und vertritt die Interessen des euro- Bei ihr liegt das alleinige Initiativrecht. Dass Gesetzesin- päischen Souveräns. Es wird seit 1979 alle fünf Jahre itiativen nicht auch vom Parlament eingebracht werden von den EU-Bürgern/-innen gewählt. Der Lissabon- können, wird gemeinhin als Demokratiedefizit der EU ner Vertrag hat das sog. Mitentscheidungsverfahren gewertet. Insofern erfüllt die Kommission legislative eingeführt, d. h. das Parlament ist in den allermeisten Aufgaben. Zum anderen ist sie Exekutive, also ausfüh- Belangen gleichberechtigt mit dem Ministerrat an der rende Gewalt, weil sie die Umsetzung des europäischen Gesetzgebung beteiligt. Bis dahin war der Minister- Rechts überwacht. Auch ihre Zusammensetzung erin- rat das wichtigste Organ der europäischen Rechtset- nert an Regierungen und ihre Ministerialverwaltungen: zung. Er setzt sich aus den Fachministern/-innen der Der bzw. die vom Europäischen Rat vorgeschlagene und Mitgliedstaaten zusammen. Seine Zusammensetzung vom Parlament gewählte Kommissionspräsident/-in wechselt je nach Beratungsgegenstand. Insofern gibt leitet die Kommission, die aus 26 Kommissarinnen und es verschiedene Ministerräte, z. B. den der Wirtschafts- Kommissaren, also den Vertretern/-innen verschiede- und Finanzminister/-innen, der Außenminister/-innen, ner Fachressorts besteht. Kurzgefasst wird die Kom- der Umweltminister/-innen usw. Sie entscheiden i. d. R. mission oft als „Motor der Integration“ und „Hüterin der mit qualifizierter Mehrheit, d. h., Zustimmung ist erteilt, Verträge“ bezeichnet, die im Gegensatz zum Ministerrat wenn mindestens 55 Prozent der Mitgliedsländer, die europäische und nicht nationale Interessen vertritt. Bild: picture alliance/dpa/dpa-infografik GmbH Politik & Unterricht • 3/4-2020
Einleitung 7 Über diesem Dreieck steht der Europäische Rat, das n Didaktische Grundlagen für das Treffen der Staats- und Regierungschefs der Mitglied- vorliegende Heft staaten, das wenigstens viermal im Jahr stattfindet. In Der Anspruch, in der Breite über die EU zu informie- diesem Kreis, an dem auch die Kommissionsspitze betei- ren, heißt nicht, auf exemplarisches Lernen zu verzich- ligt ist, werden die grundlegenden Ziele und Prioritäten ten. Im Gegenteil: Das allen Unterrichtsvorschlägen der gemeinsamen europäischen Politik festgelegt und zugrundeliegende Prinzip lautet Schüler/-innen- und wichtige Streitfragen behandelt. Den ständigen Vorsitz Alltagsorientierung. Das Vorwissen der Jugendli- im Europäischen Rat führt der bzw. die auf zweieinhalb chen zu berücksichtigen, sie ernst zu nehmen und ihre Jahre gewählte Präsident/-in des Europäischen Rates. Lebenserfahrungen und Interessen einzubeziehen, sind bedeutende Einflussfaktoren für einen gelingen- Die Beschreibung der Kommission als europäischer den Politikunterricht. Adressatenorientierung kann z. B. Regierung bedarf einer weiteren Einschränkung: Sie bedeuten, die Beschäftigung mit dem Europäischen Par- kann die Umsetzung europäischen Rechts nur über- lament über europäische Regelungen zu beginnen, von wachen, aber nicht selbst für die Durchführung vor denen die Schülerinnen und Schüler direkt betroffen Ort sorgen; insofern sind ihre exekutiven Aufgaben sind (Mobilfunkgebühren, Plastikverbot, Klimaschutz). beschränkt. Es ist das Kennzeichen des europäisierten In jedem Fall soll Europa-Unterricht dazu beitragen, die Mehrebenensystems, dass EU-Recht über die nationalen Distanz der Jugendlichen zu den Institutionen zu über- Verwaltungsstrukturen umgesetzt wird. Im deutschen winden, die von ihrer Erfahrungswelt in der Regel weit Fall findet dies aufgrund des Föderalismus großteilig in entfernt sind (vgl. Massing 2014). den Ländern und Kommunen statt, die nicht nur Bundes- recht, sondern auch europäisches Recht in der Praxis Für alle Bausteine wird jeweils die didaktische Per- ausführen. spektive beschrieben, die den Unterricht anleitet. Mit der Entscheidung für eine didaktische Perspektive Kritik an der EU wird häufig mit dem Begriff des Demo- wird einesteils der Komplexität von Politik begegnet. kratiedefizits umschrieben. Die EU sei nicht so verfasst, Anderenteils werden begründeter Inhalt und pädagogi- wie es etablierte demokratische Systeme sind. Zum Bei- sches Ziel miteinander verknüpft, um die weitere Pla- spiel sei das Parlament trotz der erfahrenen Aufwertung nung zielgerichtet und effektiv fortsetzen zu können. nach wie vor zu schwach (wie das fehlende Initiativrecht Wir orientieren uns damit an den Planungsschritten beweise) und der intergouvernementale Ministerrat zu von Ackermann u. a. (2015) zur Gestaltung von Poli- einflussreich. Auch die Tatsache, dass der Spitzenkan- tikunterricht. Auch die einzelnen Unterrichtsphasen didat der größten Fraktion im Europaparlament nach (Einstieg, Information, Anwendung, Problematisie- der Europawahl 2019 nicht als Kommissionspräsident rung) folgen diesen Autoren. Den Unterrichtsphasen vorgeschlagen worden ist, zeige, dass die Staats- und sind Vorschläge geeigneter fachspezifischer Methoden, Regierungschefs die Entscheidungsfindung in Europa Sozialformen und Medien zugeordnet. Jeder der vor- auf Kosten der gewählten Volksvertretung blockierten. geschlagenen Bausteine bedient sich einer anderen Andere Beobachter weisen darauf hin, dass eine weitere Methode, so dass auch diesbezüglich die Voraussetzun- Demokratisierung der formalen Strukturen so lange gen für einen abwechslungsreichen und aktivierenden nicht viel ändern wird, bis die europäische Integration Unterricht gegeben sind. auch breit von den Bürgerinnen und Bürgern getragen würde. Die geringe Wahlbeteiligung bei den Europawah- Zudem werden die Kompetenzen beschrieben, die in len wird häufig als Hinweis auf das mangelnde Interesse den jeweiligen Unterrichtseinheiten vermittelt werden der Bevölkerung an der EU gelesen. sollen. Hierbei dient das Kompetenzmodell von Detjen u. a. (2012) als Orientierung. In den letzten Jahren scheinen die Streitpunkte zwi- schen den Mitgliedstaaten der Union zugenommen zu Aufgabe des EU-Unterrichts ist es, Fachwissen über haben, seien es die Diskussionen um die Bewältigung die EU zu vermitteln sowie die Urteilsfähigkeit der der Schulden- und Finanzkrise, um die Aufnahme nach Schüler/-innen über Strukturen, Prozesse und Inhalte Europa drängender Migranten/-innen oder über Grund- der europäischen Politik zu schulen. Aus pragmati- sätze von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Die schen Gründen beschränken sich die Ausführungen zur jüngste Debatte über die Einführung sog. Corona-Bonds, Urteilsbildung auf die ersten drei der in der Abbildung also der politische Streit um die Vergemeinschaftung genannten Urteilsarten. Entscheidungs- und Gestal- von Schulden der EU-Staaten, wird im Unterrichtsvor- tungsurteile können selbstredend ergänzt werden (vgl. schlag aufgegriffen, der dieses Heft abschließt. Detjen 2013). Die Handlungsfähigkeit der Schüler/ -innen zu fördern, heißt einesteils schüleraktivierende Methoden zu wählen und anderenteils aufzuzeigen, wie europäische Politik gestaltet wird und welche Möglich- keiten der Einflussnahme auf ihre Gestaltung vorhanden sind. Sich zu artikulieren, zu argumentieren, zu verhan- deln und Entscheidungen zu treffen, sind zentrale Kom- petenzen für die politische Handlungsfähigkeit, die in Politik & Unterricht • 3/4-2020
8 Einleitung Politikkompetenz – ein Modell Quelle: Achour, Sabine u. a. (Hrsg.) (2020): Methodentraining für den Politikunterricht, Frankfurt/Main: WOCHENSCHAU Verlag, S. 26. Basis- und Fachkonzepte der Politik Quelle: Achour, Sabine u. a. (Hrsg.) (2020): Methodentraining für den Politikunterricht, Frankfurt/Main: WOCHENSCHAU Verlag, S. 24. Politik & Unterricht • 3/4-2020
Einleitung 9 den Unterrichtsvorschlägen von den Schülerinnen und Basiskonzept Gemeinwohl Bausteine Schülern (SuS) beständig eingefordert werden. Zu den Frieden A; B Einstellungen, die im EU-Unterricht gefördert werden Menschenwürde A können, zählen z. B. die Stärkung des Interesses an Versorgung mit öffentlichen Gütern A; B; C; D; H europäischen Fragen oder die Förderung des politischen Sicherheit A; C Selbstbewusstseins, d. h. des subjektiven Gefühls, poli- Freiheit B; D; F; G tisch kompetent zu sein und sich zu Fragen im Zusam- Nachhaltigkeit C; D; H menhang mit Europa äußern zu können. Gleichheit D; F Solidarität H Das Modell der Politikkompetenz gliedert das Fachwis- Gerechtigkeit H sen in Basis- und Fachkonzepte. In den Basiskonzepten „Ordnung“, „Entscheidung“ und „Gemeinwohl“ lassen Für den Kompetenzerwerb in der politischen Bildung sich die zentralen Grundvorstellungen des Faches sind Textverständnis, Selbstständigkeit und Koope- zusammenfassen. Die Basiskonzepte selbst stehen nicht rationsbereitschaft der Schülerinnen und Schüler für Inhalte, die in einer Unterrichtseinheit vermittelt gefordert. Entsprechend sind die Materialien und die – werden (vgl. Detjen u. a. 2012, S. 30). Sie sind eine Struk- überwiegend handlungsorientierten – Methoden zu ihrer turierungshilfe. Die Fachkonzepte dagegen beschreiben Bearbeitung ausgewählt; der Umgang auch mit längeren in ihrer Gesamtheit das politische Grundlagenwissen in Texten und die gemeinsame Arbeit in Kleingruppen sind Form zentraler Begriffe, ohne deren Kenntnis und Ver- notwendigerweise die Regel. ständnis politische Partizipation und vor allem politische Urteilsfähigkeit kaum sinnvoll möglich ist. Die Fachkon- Ergänzende Vorschläge zur Klassenzimmergestaltung zepte sind den Basiskonzepten zugeordnet (für eine schließen ggf. die Darstellung der Unterrichtsphasen Liste der zu den Fachkonzepten zugehörigen konstituie- ab. Wenn im Unterricht erarbeitete Lernprodukte wie renden Begriffe vgl. Weißeno u. a. 2010, S. 193). Für die Plakate oder Wandtafeln im Klassenzimmer dauerhaft einzelnen Unterrichtsbausteine werden jeweils mehrere aufgehängt und über die Unterrichtseinheit sukzessive Fachkonzepte zur Vermittlung vorgeschlagen, welche ergänzt werden, wird damit das konzeptuelle Lernen die folgende Tabelle zeigt. Sie können je nach Kenntnis- durch die Klassenzimmergestaltung illustriert und visu- stand der Klasse vertieft und veranschaulicht werden. alisiert. n Übersicht zur Verwendung der Nicht zu vernachlässigen ist auch die unterrichtliche Fachkonzepte in diesem Heft Metakommunikation. Die Unterrichtseinheiten sollten hinsichtlich der angewendeten Inhalte, Methoden und Basiskonzept Ordnung Bausteine Medien reflektiert werden, um entsprechende Rück- Demokratie A; E; G schlüsse für zukünftige Unterrichtsvorhaben ziehen Grund- und Menschenrechte A; G zu können. Was war gut, was schlecht? Wie haben den Gewaltenteilung A; E; F Schülerinnen und Schülern die Methoden gefallen? Wie Europäische Integration A; B; C; D; H wurden die Materialien bzw. Medien angenommen? Internationale Beziehungen A Welche Erkenntnisse zum Thema wurden erlangt? Was Markt C; D; H sollte verbessert werden? Sozialstaat C; D; H Staat C; E Die Unterrichtsvorschläge sind so gestaltet, dass sie Repräsentation E; F; G Anpassungen an die Situation in der Klasse je nach Rechtsstaat H Vorkenntnissen und Motivation ermöglichen. Binnen- differenzierung ist hinsichtlich des Anspruchs und des Basiskonzept Entscheidung Bausteine Umfangs der Arbeiten immer möglich. Europäische Akteure A; B; C; D; E; F; G; H Interessengruppen A; D; F; H Konflikt A; E; F; H Legitimation A; C; E; F; G Macht A; E; F Parlament E; F; G Parteien E; F; G Regierung E; G Wahlen E; G Öffentlichkeit H Politik & Unterricht • 3/4-2020
10 Unterrichtspraktische Hinweise Unterrichtspraktische Hinweise 8 Baustein A n Didaktische Perspektive Die Schülerinnen und Schüler beschreiben den Zweck, tralen politischen Motive für den Beginn des europä zu dem die EU gegründet wurde, und bewerten die zen- ischen Integrationsprozesses. Kompetenzen Fachwissen w erkennen des Wunsches nach Frieden, Freiheit und Demokratie einerseits und nach Sicherheit sowie Wohlstand andererseits als politische Motivation für den beginnenden europäischen Verge- meinschaftungsprozess w kennen wichtiger Akteure der Gründungsphase der euro- päischen Gemeinschaft Politische Urteilsfähigkeit w beschreiben des Beginns der europäischen Integration und der politischen Ursachen (Feststellungsurteil) w unterscheiden der verschiedenen Motive der europäischen Integration nach dem Zweiten Weltkrieg und prüfen, inwiefern sie verwirklicht wurden (Erweiterungsurteil) w bewerten, ob die Integrationsmotive aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg heute noch Bedeutung haben (Werturteil) Politische Handlungsfähigkeit w Gruppenarbeit ermöglicht, Arbeitsergebnisse zu artikulieren und ihre Urteile auf der Grundlage der Quellenarbeit argumen tativ zu begründen Politische Einstellung und Motivation w erkennen, dass Aufwachsen in einem vereinten Europa nicht selbstverständlich ist und EU für eigenes Leben von Bedeutung ist w Interesse für nähere Beschäftigung mit EU entwickeln n Unterrichtsgestaltung Für die Einstiegsphase eignet sich das Material A1, Lösung für den Lückentext: das als Lückentext mit Bildmaterial gestaltet wurde. Bundeskanzlerin – Euro – Freiheit – Grund- und Der Lückentext kann in Einzelarbeit ausgefüllt werden. Menschenrechte – Konflikt – Macht – Beziehungen – Als Alternative bietet sich ein Zeitreisen-Vortrag durch Staaten – Berliner Mauer – Sicherheit – Demokratie die Lehrkraft an. Auch hier wird der Text von jedem/-r – Marktwirtschaft – Frieden – Europa – Infrastruktur Schüler/-in einzeln bearbeitet. Im Anschluss sollte der – Staat – Kontrolle Text auf jeden Fall besprochen und den Schülerinnen und Schülern die Gelegenheit für vertiefende Fragen gegeben werden. Das Bildmaterial soll die Situation Bereits 1946 machte Winston Churchill, der ehemalige in Deutschland und Europa nach dem Ende des Zwei- britische Regierungschef, erste Vorschläge für die euro- ten Weltkriegs veranschaulichen. Danach sollte durch päische Integration. George Marshall, der amerikanische die Lehrperson zu den drei Redeauszügen übergeleitet Außenminister, betonte 1947 den Willen der USA, beim werden. Aufbau der Marktwirtschaft in Europa mitzuhelfen. Und Politik & Unterricht • 3/4-2020
Unterrichtspraktische Hinweise 11 nach der Gründung der beiden deutschen Staaten stellte In der Anwendungsphase bearbeiten die Schülerinnen Robert Schuman, der französische Außenminister, 1950 und Schüler die Reden und präsentieren ihre Ergebnisse seine Ideen für die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwi- vor der Klasse. Zur Vorbereitung auf die Präsentation schen Frankreich und Deutschland vor. können die Arbeitsergebnisse im Schaubild A6 festge- halten werden. Die Dokumentation findet über ein Tafel- Im Mittelpunkt der Informationsphase steht als bild statt. Als Vorlage für das Tafelbild kann ebenfalls Methode die Textanalyse der Materialien A2 bis A4, A6 genutzt werden. Das Ergebnis kann als Wandtafel im die von den Schülerinnen und Schülern arbeitsteilig in Klassenraum auf Dauer aufgehängt werden; damit wird Gruppen bearbeitet werden sollen. Die Rede Churchills konzeptuelles Lernen auch durch die Klassenzimmerge- (A2), gehalten am 19. September 1946 in Zürich, handelt staltung unterstützt. von den Vereinigten Staaten von Europa unter Führung Frankreichs und Deutschlands. Die Rede von Georg C. Anschließend wird ein Ausschnitt (Minuten 3:30 bis 6:23) Marshall (A3) vom 5. Juni 1947 thematisiert den Wie- aus einem Video gezeigt, aus dem die Reaktion von Bun- deraufbau Europas und die Einbindung in das kapitalisti- deskanzler Adenauer auf die Vorschläge der drei alli- sche Gesellschaftssystem (Marshallplan). Die Erklärung ierten Politiker (Zusammenarbeit mit Frankreich, um Robert Schumans (A4) stammt vom 9. Mai 1950. Es geht Deutschland in den Westen zu integrieren) ersichtlich dabei um die Kontrolle der Rüstungsindustrie durch eine wird (A5). Es handelt sich um den Filmclip „Wozu die Vergemeinschaftung der Kohle- und Stahl-Produktion. EU?“ (aktualisierte Fassung 2019) von Planet Schule. Vor Beginn der Gruppenarbeit sollten die Arbeitsgrup- In der abschließenden Problematisierungsphase zu pen eingeteilt und die Texte diesen zugeteilt werden. diesem Baustein kann in einem Kreisgespräch das o. g. Außerdem sollten die drei Fragestellungen durch die Werturteil in den Mittelpunkt gerückt werden. Die Auf- Lehrerin/den Lehrer vorgestellt und erklärt werden. gaben zu den formulierten Feststellungs- und Erwei- terungsurteilen sollten bereits in der vorhergehenden Unterrichtsphase bearbeitet worden sein. 8 Baustein B n Didaktische Perspektive Die Schülerinnen und Schüler stellen zentrale Entwick- von Lissabon 2009 dar und beurteilen den Fortschritt lungsschritte der EU von der Europäischen Gemein- der europäischen Integration aus ökonomischer, geo- schaft für Kohle und Stahl (EGKS) 1952 bis zum Vertrag grafischer und politischer Perspektive. Kompetenzen Fachwissen w kennen der wichtigsten Stationen des europäischen Integrations- prozesses w analysieren der Motive und Ergebnisse dieses Prozesses Politische Urteilsfähigkeit w beschreiben der zentralen Stationen der europäischen Integra- tion sowie der politischen, ökonomischen und geografischen Folgen (Feststellungsurteil) w vergleichen der Motive, die hinter den jeweiligen Vertiefungs- schritten stehen, sowie der Motive der Beitrittsländer für die Mit- gliedschaft in der europäischen Gemeinschaft (Erweiterungs- urteil) w bewerten sowohl der Gewinne als auch der Herausforderungen (z. B. verkomplizierte Entscheidungsfindung, ungleiche ökonomi- sche Entwicklung), die sich aus dem fortschreitenden Vergemein- schaftungsprozess ergeben (Werturteil) Politische Handlungsfähigkeit w selbstständig Informationen zusammentragen und verarbeiten, um Selbststeuerung und Kooperation anzuregen Politische Einstellung und Motivation w erkennen, wie Entscheidungen aus der Vergangenheit die gegenwärtige EU prägen und welche Auswirkungen diese auf ihr eigenes Leben im 21. Jahrhundert haben Politik & Unterricht • 3/4-2020
12 Unterrichtspraktische Hinweise Die für den Unterricht zur Behandlung empfohlenen Entwicklungsschritte der EU 1952 EGKS (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl/„Montanunion“) – Vertrag über die Gründung der EGKS (Vergemeinschaftung der Kohle- und Stahlindustrie) – Zielsetzung: Frieden und Sicherheit 1958 EWG (Europäische Wirtschaftsgemeinschaft) – Römische Verträge (EWG- und Euratom-Vertrag für eine gemeinsame Zoll-, Handels-, Agrar- und Verkehrspolitik) – Zielsetzung: Wohlstand 1967 EG (Europäische Gemeinschaften) – Fusionsvertrag (Einrichtung einer gemeinsamen Kommission und eines gemeinsamen Rates für die drei Europäischen Gemeinschaften: EWG, Euratom, EGKS) – Zielsetzung: Modernisierung der Institutionen, Wohlstand 1987 EEA (Einheitliche Europäische Akte) – Binnenmarkt (Vier Freiheiten: Waren, Personen, Dienstleistungen, Kapital) – Zielsetzung: Wohlstand 1993 EU (Europäische Union) – Vertrag von Maastricht (Stärkung des Europäischen Parlaments durch Mitentscheidungsverfahren, Aus- dehnung der Zusammenarbeit auf die Bereiche Verteidigung sowie Justiz/Inneres, Vorbereitung der Einführung des Euro) – Zielsetzung: Schaffung einer politischen Union, Modernisierung der Institutionen, Sicherheit, Wohlstand 2009 EU (Europäische Union) – Vertrag von Lissabon (Stärkung des Europäischen Parlaments, Mehrheitsentscheidungen im Rat, Europäische Bürgerinitiative, Präsident des Europäischen Rates, Hoher Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik) – Zielsetzung: Effizienz im Entscheidungsverfahren, Demokratisierung Bei den Erweiterungsrunden seit 1951 empfiehlt sich die ische Einigungsprozess 1951 mit den Ländern Belgien, Orientierung am Schaubild „Geschichte der EU“ (Einlei- Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den tung, S. 5). Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus Niederlanden begann (Einstiegsphase). der EU, der am 31. Januar 2020 erfolgte, muss auf jeden Fall auch thematisiert werden. Bei der Überleitung zur Informationsphase gilt es deut- lich zu machen, dass nun der europäische Integrati- Am Beispiel der aktuellen Beitrittskandidaten und bei- onsprozess genauer untersucht werden soll. Ziel ist es trittswilligen Ländern können die für eine Aufnahme herauszufinden, welche Motive die europäischen Staa- zu erfüllenden „Kopenhagener Kriterien“ diskutiert ten hatten, ihre Zusammenarbeit zu verstärken, und werden. Sie wurden 1993 von den Staats- und Regie- welche konkreten Veränderungen bis heute stattgefun- rungschefs festgelegt. Diese bestehen aus einem poli- den haben. tischen Kriterium (Stabilität des politischen Systems, demokratische sowie rechtsstaatliche Ordnung, Wah- In der Informationsphase sollen mittels einer Internet- rung der Menschenrechte sowie Minderheitenschutz), recherche die Aufgaben in B2 und B3 bearbeitet werden. einem wirtschaftlichen Kriterium (funktionsfähige B2 kann als Einzelarbeit, aber auch als Partner- oder Marktwirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit innerhalb Gruppenarbeit angegangen werden. B3 ist als Grup- des EU-Binnenmarktes) und der Bereitschaft, den aktu- pen- oder Partnerarbeit angedacht. B2 befasst sich mit ellen Stand des gemeinschaftlichen Rechtssystems zu der Erweiterung der EU und B3 mit der Vertiefung der übernehmen. Zusammenarbeit. Zur Informationsphase gehört die Beschäftigung mit den „Kopenhagener Kriterien“ (B4). n Unterrichtsgestaltung Mit Hilfe der Karte (B1) kann in die Thematik Vertiefung Die Ergebnisse der Gruppen- bzw. Partnerarbeit werden und Erweiterung eingestiegen werden. In Form eines genutzt, um in der Anwendungsphase eine Wandzeitung Unterrichtsgesprächs können Ideen und Meinungen oder ein Plakat zu gestalten, welche(s) anschließend gesammelt und diskutiert werden, warum der europä- in der Klasse präsentiert wird. Die gesicherten Ergeb- Politik & Unterricht • 3/4-2020
Unterrichtspraktische Hinweise 13 nisse in den Materialien B2 (Karte) und B3 (Schaubild) In einer abschließenden Diskussionsrunde im Plenum dienen als Vorlage für die Wandzeitung bzw. das Plakat. (Problematisierungphase) können die beiden Zitate (B5) Die Anwendungsphase kann ergänzt werden, indem thematisiert werden. Dadurch werden Erweiterungs- die Schülerinnen und Schüler anhand der Kopenha- und Werturteile ermöglicht. Diese Phase kann mit wei- gener Kriterien (B4) die aktuellen Beitrittskandidaten teren Zitaten, die die Schüler/-innen selbst im Internet und deren EU-Mitgliedschaft bewerten. Auch hier kann recherchieren, ausgeweitet werden. arbeitsteilig (ein Land pro Arbeitsgruppe) vorgegangen werden. 8 Baustein C n Didaktische Perspektive Die Schülerinnen und Schüler identifizieren Alltagssi- Zuständigkeiten der EU benennen und kennen Richtlinien tuationen, in denen sie von europäischen Entscheidun- und Verordnungen als jene gesetzlichen Instrumente, gen betroffen sind. Auf dieser Grundlage können sie die die das Leben von EU-Bürgern/-innen beeinflussen. Kompetenzen Fachwissen w benennen und unterscheiden der Zuständigkeiten der EU w kennen von Richtlinien und Verordnungen als europäische Gesetze w benennen von Beispielen für den Einfluss der EU auf den eigenen Alltag Politische Urteilsfähigkeit w beschreiben der eigenen Betroffenheit von EU-Regelungen und Zuordnung zu unterschiedlichen Politikfeldern (Feststellungs- urteil) w vergleichen der Reichweite und Bedeutung verschiedener europäischer Regelungen für eigenen Alltag und prüfen der Vor- und Nachteile (Erweiterungsurteil) w Stellung nehmen, ob für ausgewählte Regelungsbereiche natio- nale oder europäische Lösungen sinnvoll, notwendig und effizient sind, und bewerten aus persönlicher, nationaler und europäischer Perspektive (Werturteil) Politische Handlungsfähigkeit w üben von argumentativer Auseinandersetzung w kennen von Partizipationsmöglichkeiten, insbesondere der Europawahlen Politische Einstellung und Motivation w erkennen, wie die EU das Alltagsleben beeinflusst und dass es sich lohnt, für die EU Interesse zu haben und an der Gestaltung europäischer Belange zu partizipieren n Unterrichtsgestaltung In der Einstiegsphase werden den Schülerinnen und zwischen den Gegenständen, ihnen und der EU besteht. Schülern Alltagsgegenstände gezeigt, die in Zusammen- Hierfür kann mit dem Material C1 gearbeitet werden. hang mit europäischen Verordnungen und Richtlinien Noch besser ist es, wenn die Gegenstände durch die stehen. Gemeinsam in der Klasse beschreiben sie bzw. Lehrkraft im Original mitgebracht werden. äußern sie ihre Vermutungen, welcher Zusammenhang Politik & Unterricht • 3/4-2020
14 Unterrichtspraktische Hinweise Im Mittelpunkt der Informations- und Anwendungs- Auswahl an möglichen Gegenständen phase stehen die Materialien und Aufgaben C2 und C3. (und Themen) für den Einstieg Die Tabelle (C3) soll mit Hilfe der beiden Schaubilder w EU-Reisepass (C2) zunächst alleine bearbeitet und anschließend in w Euro-Geldschein(e) oder -Münze(n)* einem 3er-Gespräch (Triangel) besprochen und ergänzt w EU-Führerschein* werden. Dann widmen sich die Schülerinnen und Schü- w Produkt mit Ökosiegel ler der Aufgabe C3. Anschließend wird die Aufgabe C3 w Packung Eier im Klassenplenum ausgewertet. w Umweltplakette (Feinstaubplakette)* w Glühlampe* In der Problematisierungsphase wird eine Fishbowl- w europäische Krankenversicherungskarte Diskussion durchgeführt, bei der der o. g. Werturteils- w nationale Grenze* Aspekt im Mittelpunkt steht. Fünf Schülerinnen bzw. w Mobiltelefon/Roaming* Schüler sitzen im Innenkreis und stellen ihre Beispiele w EU-Logo für geschützte geografische Angabe*, aus C4 vor, welche Themen auf europäischer und welche z. B. bei Schwäbischen Maultaschen, Schwarz- Themen auf nationaler Ebene geregelt werden sollten. wälder Schinken oder Nürnberger Rostbrat Die anderen Schülerinnen und Schüler nehmen dazu würsten Stellung. Wer außen sitzt und etwas zur Diskussion bei- w Blaue Flagge (Gütesiegel für Badestellen)* tragen möchte, wechselt auf den freien Stuhl im Innen- kreis. Im Innenkreis müssen neben einem freien Stuhl * Diese Gegenstände sind als Abbildungen im Material C1. für die Beiträge aus dem Außenkreis auch einer für den/ die Moderator/-in eingeplant werden. Die Moderation kann von der Lehrkraft übernommen werden. Ausgehend vom Wissensstand und den Vermutungen Vor der Fishbowl-Diskussion kann mit Hilfe des Materi- der Schülerinnen und Schüler soll anschließend genauer als C5 das Subsidiaritätsprinzip eingeführt werden. Die untersucht werden, welche Art von Regelungen durch Schülerinnen und Schüler können dieses Prinzip in ihre die EU beschlossen werden und wie diese den Alltag in Beurteilungen und eigenen Positionen einfließen lassen. der EU beeinflussen. Danach sollen die Vor- oder Nach- teile für das eigene Leben bewerten werden. Weitere Tipps zur Methode: www.bpb.de/lernen/grafstat/krise-und-sozialisation/ 223548/info-02-03-fish-bowl Foto: picture-alliance/ZB/Kalaene Jens Politik & Unterricht • 3/4-2020
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