Wunder - Alexa trifft Ursula Kostbar oder kurios Flucht nach vorn Camera obscura - MWK Zimmermann & Hähnel ...

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Wunder - Alexa trifft Ursula Kostbar oder kurios Flucht nach vorn Camera obscura - MWK Zimmermann & Hähnel ...
DA S M AG A Z I N N 3 2 019

Alexa trifft
Ursula

Kostbar
oder kurios

Flucht
nach vorn

Camera
obscura

               Wunder                        Kultur lebt in Köln.

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Wunder - Alexa trifft Ursula Kostbar oder kurios Flucht nach vorn Camera obscura - MWK Zimmermann & Hähnel ...
DA S M AG A Z I N N 3 2 0 1 9

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A U K T I O N E N I N KÖ L N U N D B R Ü S S E L
Alte Kunst, Schmuck, Kunstgewerbe: Nov., Moderne und Zeitgenössische Kunst, Photographie: Nov./Dez.
Asiatische Kunst: Dez., Afrikanische und Ozeanische Kunst: Jan.
Einlieferungen sind stets willkommen

                                                                                                                                          Henriette Reker
                                                                                                                                  Oberbürgermeisterin der Stadt Köln

                                                                                                                      Liebe Leserinnen und Leser, die Kultur ist die Seele der Stadt.
                                                                                                                      Mit Vitalität und Tradition prägen die Museen, die Theater, die
                                                                                                                      Oper, die Konzerthäuser und Orchester, die Bibliotheken, die
                                                                                                                      Volkshochschule, aber auch die unzähligen Künstlerinnen und
                                                                                                                      Künstler aus allen Sparten das Zusammenleben und die Außen-
                                                                                                                      wirkung unserer Stadt – national und international. Deshalb
                                                                                                                      finden wir: »Kultur lebt in Köln.« Und das seit mehr als zwei
                                                                                                                      Jahrtausenden. In hunderten Kulturorten. In tausenden Veran-
                                                                                                                      staltungen. In Millionen Köpfen – und Herzen.
                                                                                                                      Das Motto »Kultur lebt in Köln« steht von nun an für das
                                                                                                                      reichhaltige kulturelle Angebot unserer Stadt und beschreibt
                                                                                                                      zugleich eine Vision und eine Aufgabe, die es einzulösen gilt.
                                                                                                                      Daran arbeiten wir – jeden Tag. Für alle Kölnerinnen und
                                                                                                                      Kölner und alle Besucherinnen und Besucher der Stadt ist es
                                                                                                                      eine herzliche Einladung dazu, am kulturellen Reichtum Kölns
                                                                                                                      teilzuhaben.
                                                                                                                      Zum großen Kölner Kulturangebot gehört auch die vielfältige
                                                                                                                      Museumslandschaft, deren Sammlungen ein lebendiges Zeug-
                                                                                                                      nis der Kölner Kultur sind. Ein Beispiel dafür ist das Reliquiar
                                                                                                                      aus dem Museum Schnütgen, das Sie auf dem Titelbild sehen.
                                                                                                                      Ein mittelalterliches Objekt mit unveränderter Signalwirkung:
                                                                                                                      Innehalten, Nachdenken, Staunen und Bewundern – all das
                                                                                                                      kann Kultur auslösen.

    Pablo Picasso. Portrait de jeune fille, d‘après Cranach le Jeune. II, 1958. Linolschnitt. Auktion 29. Nov. 2019
                                                                                                                      die in den Sammlungen der museenkoeln aufleben.     .
                                                                                                                      Ich wünsche Ihnen spannende Einblicke in die Geschichten,

Neumarkt 3 50667 Köln T 0221-92 57 290 Bruxelles T +32 2 514 05 86 info@lempertz.com www.lempertz.com
                                                                                                                                                     3
Wunder - Alexa trifft Ursula Kostbar oder kurios Flucht nach vorn Camera obscura - MWK Zimmermann & Hähnel ...
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                                              Wunderbares aus
                                              den Sammlungen
                                              der Kölner Museen –
                                              die »Anbetung
                                              der Hirten« von
                                              Gerrit van Honthorst
                                              ­gehört dazu.

                                                                     28                        3 Editorial
                                                                                                  Henriette Reker
                                                                                                                                    28 Neues aus den Museen

                                                                                                                                    32 Nachgefragt
                                                                                                                                                                    56	 Das Wunder von Weiden
                                                                                                                                                                    		Eine Grabkammer
                                                                                                                                                                    		 im Nichts?
                                                                     Die Matrone am            4 Inhalt                                bei Moritz Woelk, Direktor

      62
                                                                     Neumarkt, ein
                                                                     17 Meter langes                                                   des Museum Schnütgen         58 Wunder des Überlebens:
                                                                     Kunstwerk und             6 Ein Wunder kommt
                                                                     Bienenvölker             		 selten allein                      33 Ihr Kompass                  58 »Lieber eine Kugel auf
                                                                     auf dem Dach:
   Flucht nach vorn:                                                 Neues aus den                Erstaunliches aus den                für die Kölner               		 der Flucht als den Tod
   Jabbar Abdullah,                                                  Kölner Museen.               Kölner Museen                        Museumslandschaft            		 durch die Schlinge«
      als Archäologe
        am Römisch-­                                                                                                                                                    Askold Kurow entkam
      Germanischen                                                                            16 Interview                          41 Museumsshopping                  der Gestapo
Museum beschäftigt,                                                                               Susanne Laugwitz-Aulbach             Sich wundern
 stammt aus Syrien.
                                                                                                  und Matthias Hamann                  mit allen Sinnen             62 »Es geht nur
                                                                                                                                                                    		 um die Freiheit«
                                                                                              18 1 von 30                           42 Der größte Schatz der            Ein Gespräch über Angst,
                                                                                                  Vorgestellt:                      		 »sancta Colonia«                 Hoffnung und das Wunder
                                                                                                  das Schokoladenmuseum                Wie die mittelalterlichen        des Überlebens
                                                                                                                                       Kölner*innen ihre Heiligen
                                                                                              20 Jedes Bild ein                        verehrten und Reliquien      69 Impressum
                                                                                              		 kleines Wunder                        wundersam vermehrten
                                                                                                  Warum das Medium                                                  70 Zu guter Letzt

                                                                     20                           Fotografie bis heute fasziniert

                                                                                              26 1 von 30
                                                                                                                                    50 Woher weiß das Wunder
                                                                                                                                    		 vom Wunsch?
                                                                                                                                       Von Glücksbringern, Ikonen
                                                                                                                                                                    	Kommt ein Auto geflogen –
                                                                                                                                                                      wie der Gullwing ins MAKK
                                                                                                                                                                      kam
                                                                     Aus der Wunderwelt der       Vorgestellt: das                     und Visionärinnen
                                                                     analogen Fotografie:
                                                                     ein Photoautomat am          Rautenstrauch-Joest-Museum –
                                                                     Kölner Ebertplatz.           Kulturen der Welt                 54 1 von 30

                       50
                                                                                                                                       Vorgestellt:
                                                                                                                                       die Domschatzkammer

                 »Siri – wer ist Carola
                 Rackete?« Von neuen
                  Heiligen und warum
                  wir auch ­heute noch
                   auf W
                       ­ under hoffen.

                                          4                                                                                                        5
Wunder - Alexa trifft Ursula Kostbar oder kurios Flucht nach vorn Camera obscura - MWK Zimmermann & Hähnel ...
Geheimrat von Goethe stehen die Haare          Descartes (1596 –1650) – »ein Zuviel an
                        zu Berge, als er im Juli 1815 die viel zu      Verwunderung negativ sein könne, da es
Texte: Rüdiger Müller   kleine, vollgestopfte Wohnung in der Alten     den Gebrauch des Verstandes verhindere«.
                        Dompropstei betritt. Hier also hütet der
                        über Kölner Stadtgrenzen hinaus bekannte       Herzkammer der Kölner Museen
                        Universalgelehrte und Sammler Ferdinand        Dem spielerischen Sammeltrieb kommt
                        Franz Wallraf (1748 – 1824) sein enormes       mehr und mehr eine wissenschaftliche
                        Arsenal, vom Stundenbuch eines Malte-          Bedeutung zu. Auch Ferdinand Franz
                        serritters bis zum versteinerten Vogelnest.    Wallraf, Professor und bis 1797 Rektor
                        Der Dichterfürst ist außer sich: »Wie ein      der Universität zu Köln, sieht den Sinn
                        Drache bewahrt er diese Schätze, ohne zu       seiner Sammlung vornehmlich in der
                        fühlen, dass Tag für Tag etwas Treffliches     Lehre, anhand seiner Objekte will er
                        und Würdiges durch Staub und Moder,            seinen Studenten die Welt in all ihren
                        durch Schieben, Reiben und Stoßen einen        Facetten erklären, den Geschmack und
                        großen Theil seines Wertes verliert.«          das Urteilsvermögen schulen. Folgerich-
                                                                       tig macht Wallraf, der Lokalpatriot, die
                        Die große Welt im Kleinen                      Stadt Köln im Jahr 1818 testamentarisch
                        Das vermeintliche Chaos hat Tradition:         zur Alleinerbin seiner an die 40 000 Ob-
                        Schon im 16. Jahrhundert sind es Fürsten       jekte starken Sammlung, die »zu ewigen
                        und betuchte Bürger, die in sogenannten        Tagen« und »zum Nutzen der Kunst
                        Wunderkammern neben Kunst und anti-            und Wissenschaft« hier und nirgend-
                        ken Skulpturen alles Erdenkliche horten.       wo anders verbleiben soll. Bereits Goe-
                        Darin haben in der Renaissance, auch           the hatte dringendst ein »hinreichendes
                        »Zeitalter des Staunens« genannt, Gold-        Local« empfohlen, um Wallrafs Schätze
                        schmiedearbeiten denselben Stellenwert         »zu ordnen, genießbar und nutzbar«
                        wie Tierpräparate, Erd- und Himmelsglo-        zu machen. Im Jahr 1861 eröffnet das
                        ben faszinieren ebenso wie chirurgisches       Wallraf-Richartz-Museum auf dem Ge-
                        Gerät, Korallen, Kirschkerne mit Miniatur-     lände des ehemaligen Minoritenklosters.
                        schnitzereien oder ostasiatisches Porzellan.   Aber auch andere Kölner Einrichtungen
                        Im Nebeneinander der Dinge, im Mitei-          profitieren von Wallrafs ungebremster
                        nander von Natur und Kunst, Geschichte         Sammelleidenschaft. So gilt er bis heute
                        und Wissenschaft erhofft sich der uner-        als Urvater der Kölner Museen. 100 Jahre
                        müdliche Sammler neben Prestige und ge-        später ist es der Kölner Domkapitular
                        lehrter Anerkennung auch eine schlüssige       und Kunstkenner Alexander Schnütgen
                        Antwort auf die Frage nach dem, was alles      (1843 – 1918), den schon als jungen Theo-
                        in allem zusammenhält. Und nicht zu-           logen der Sammeleifer packt. Aus ver-
                        letzt spielt bei manchem die schelmische       staubten Sakristeien rettet er vergessene,
                        Freude mit, sich als allmächtiger Schöpfer     vor allem mittelalterliche Kirchenschätze
                        einer eigenen Welt im Kleinen zu füh-          vor dem Verfall und für die Nachwelt.
                        len. Neben Rarem und Kuriosem hält vor         Schnütgen vermacht seine Sammlung im
                        allem im 18. Jahrhundert der technische        Jahr 1906 der Stadt, nachdem ihr das Erz-
                        Fortschritt Einzug in die europäischen         bistum keinen eigenen Museumsbau gön-
                        Sammelsurien: Maschinen und Automa-            nen mochte. Ihre Heimat haben die von
                        tenfiguren, Nachbildungen von Menschen         ihm zusammengetragenen Skulpturen,
                        und Tieren, die sich lebensecht bewegen        Tafelbilder und Gemälde, Elfenbeinschnit-
                        können. Ende des 18. Jahrhunderts werden       zereien, Kirchenmöbel, sogar komplet-
                        die Kammern von aufgeklärten und ratio-        te Chorgestühle im heutigen Museum
                        nal denkenden Zeitgenoss*innen zuneh-          Schnütgen gefunden.
                        mend kritisch als suspekte Überbleibsel
                                                                       Rüdiger Müller studierte Germanistik und Politologie.
                        vergangener Zeiten beäugt, da – so bereits     Heute arbeitet er als freier Autor und Gestalter. Er ist
                        der Philosoph und Mathematiker René            Chefredakteur von museenkoeln – Das Magazin.

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Wunder - Alexa trifft Ursula Kostbar oder kurios Flucht nach vorn Camera obscura - MWK Zimmermann & Hähnel ...
Verner Panton (1926 – 1998),                 Erstaunliches für alle, denen              Abenteuerliche Odyssee
                                                                                                                                            3       der dänische Designer, der          4        zur Gattung der Vögel erst        5        eines Kunstwerks: Otto

                                          Erstaunliches aus                                                                                         Pop-Art mit Möbeldesign
                                                                                                                                          kombinierte. Er entwarf Anfang der
                                                                                                                                                                                                 einmal das Twitter-Logo in
                                                                                                                                                                                      den Sinn kommt: Vögel zwitschern,
                                                                                                                                                                                                                                            Freundlichs Mosaik »Die
                                                                                                                                                                                                                                 Geburt des Menschen« war für die Vil-

                                         den Kölner Museen                                                                                1960er-Jahre eine transparente, mit
                                                                                                                                          Luft befüllte Sitzgelegenheit: den
                                                                                                                                                                                      können fliegen und – um darin zu
                                                                                                                                                                                      nisten – vollkommene Bauwerke kons-
                                                                                                                                                                                                                                 la des Tabakhändlers Josef Feinhals
                                                                                                                                                                                                                                 in Köln-Marienburg gedacht. Dort
                                                                                                                                          Inflatable Stool. Schon länger experi-      truieren. Eines davon hat dank einer       allerdings wird es nie installiert. So
                                                                                                                                          mentierte er mit Vinylfolie, die Vorteile   widerstandsfähigen Kruste aus Kalk         trotzt das filigrane Werk – welch Wun-
Auch in Zeiten, in denen scheinbar                 einander der glücklichen Eltern und                  Ein musikalisches Wunderkind      aufblasbarer Möbel lagen für ihn auf        die Jahrhunderte überdauert. Mit           der – dem Bombenhagel des Zweiten
alles eine schlüssige Erklärung hat,               staunenden Hirten. Das »Wunder der          2        erblickt in Köln am 20. Juni      der Hand: geradlinig im Design, leicht      höchster Wahrscheinlichkeit stammt         Weltkrieges im Schuppen einer Kölner
können uns noch Dinge in Erstau-                   Weihnacht«, so nahbar hat es wohl                    1819 das Licht der Welt: Ja-      zu lagern, zu transportieren und auf-       das Nest aus dem Naturalien- und           Mosaikwerkstatt. Bei den Nazis ist
nen versetzen. Wir haben uns in den                niemand sonst auf die Leinwand            kob »Jacques« Offenbach beherrscht           geblasen ein Wunder des Sitzkomforts.       Mineralienkabinett des Kölner Samm-        Freundlich als Avantgardist, Jude und
Sammlungen der Kölner Museen um-                   gebannt. Doch das Gemälde birgt           bereits in frühen Jahren die Violine in      Nur in Sachen Serienproduktion ging         lers Ferdinand Franz Wallraf. Objekte      Kommunist verhasst. Seine Skulptur
gesehen und sind auf Wunderbares                   noch mehr Geheimnisse – ein Team          Perfektion. Mit neun wird ihm die Geige      dem Wundermöbel wegen technischer           wie diese nutzte er als Gymnasialleh-      »Großer Kopf« wird als Titelmotiv
gestoßen, auf Wunderliches und auf                 museumseigener Kuratorinnen und           langweilig, und – selbst ist das Kind – er   Probleme beim Verschweißen die Luft         rer und Professor, um seinen Schülern      des Ausstellungsführers zum Sinnbild
Objekte, die unglaubliche Geschich-                Restauratorinnen macht bei seiner         bringt sich das Cellospielen bei. Vater      aus, Pantons Entwurf geriet in Ver-         die Wunder der Natur zu erklären.          »Entarteter Kunst« (1937), Freundlich
ten erzählen. Folgen Sie uns in das                Arbeit erstaunliche Entdeckungen:         Isaac Offenbach lässt den talentierten       gessenheit. Bis zur Wiedergeburt im         Das kuriose Stück findet sich im           1943 verhaftet und ermordet. 1954
Kabinett der Wunder …                              Honthorst selbst hatte die Krippenszene   Sprössling bei den besten Cellisten der      Sommer 2018: hundertfach als coole          Fossilien-Verzeichnis seiner Samm-         bringt die Stadt Köln das Mosaik in
                                                   nachträglich erweitert, der damalige      Stadt unterrichten. Mit 13 Jahren packt      Kulisse für Modenschauen von Pra-           lung unter den »Incrustaten« aus dem       einem Seitenflügel des neu errichte-
          Nicht nur zur Weihnachtszeit             Kurator des Wallraf-Richartz-Museums      Jakob Instrument und Koffer und zieht        da und zu erwerben im stilbewussten         Pflanzenreich. → GeoMuseum der             ten Opernhauses an, wo es aber trotz
  1       zählt Gerrit van Honthorsts
          »Anbetung der Hirten« zu
                                                   aber entschied, den ergänzten Teil des
                                                   Gemäldes nach hinten umzuschlagen.
                                                                                             nach Paris, wo er als »Liszt des Violon-
                                                                                             cellos« und schließlich als Weltstar der
                                                                                                                                          Prada-Koffer inklusive Elektropumpe.
                                                                                                                                          → MAKK – Museum für Angewandte
                                                                                                                                                                                      Universität zu Köln                        seiner Größe (über 2 × 3 Meter) ein
                                                                                                                                                                                                                                 Schattendasein fristet. Seit Beginn
den Publikumsmagneten im Wall-                     Vermutlich, weil es so besser in einen    Operette gefeiert wird. Noch kurz vor        Kunst Köln                                     Nr. 4                                   der Sanierungsarbeiten am Offen-
raf-Richartz-Museum: Im Jahr 1622                  vorhandenen Rahmen passte. Heute ist      seiner Abreise in Frankreichs Metropole                                                  Versteinertes Vogelnest aus der            bachplatz ist Freundlichs Hommage
                                                                                                                                                                                      Sammlung Wallraf, GeoMuseum
bringt der holländische Meister das                es wieder in voller Größe zu bewundern.   gibt Jakob Offenbach seine erste Kom-           Nr. 3                                    der Universität zu Köln,                   an Mensch und Kosmos in der Dauer-
Christkind zum Strahlen – als zentrale             → Wallraf-Richartz-Museum &               position in Druck, das »Divertimento         Verner Panton, Inflatable Stool,            Foto: Ralf Hollerbach                      ausstellung des Museum Ludwig zu
Lichtquelle im fast schon intimen Mit-             Fondation Corboud                         über Schweizerlieder«.                       Prada, 2018 (exklusiv produziert                                                       sehen. → Museum Ludwig
                                                                                                                                          von VERPAN), MAKK – M   ­ useum
                                                                                             → Historisches Archiv der Stadt Köln         für A
                                                                                                                                              ­ ngewandte Kunst Köln,
                                                                                                                                          Foto: ­DetlefSchumacher.com

   Nr. 1                          Nr. 2                                                                                                                                                                                                                               Nr. 5
Gerrit van Honthorst, Die       Jacques Offenbachs erste                                                                                                                                                                                                     Otto Freundlich,
Anbetung der Hirten, 1622,      veröffentlichte Komposition                                                                                                                                                                                        Die Geburt des Menschen,
Wallraf-Richartz-Museum &       »Divertimento über                                                                                                                                                                                                     1919, Museum Ludwig,
Fondation Corboud, Gemäl-       Schweizerlieder«, 1839,                                                                                                                                                                                                     Foto: Rheinisches
desammlung, Inv.-Nr. WRM        HAStK Best. 1136, A 1079                                                                                                                                                                                                      Bildarchiv Köln,
2122, Foto: Rheinisches Bild-                                                                                                                                                                                                                        B. Schlier, rba_d045266
archiv Köln, Sabrina Walz,
rba_d046633
                                                                     8                                                                                                                                      9
Wunder - Alexa trifft Ursula Kostbar oder kurios Flucht nach vorn Camera obscura - MWK Zimmermann & Hähnel ...
Verwundert reibt man sich                       Kein Scherz. Am 1. April 1960              Deutschland glaubt wieder       bis weit nach vorn und reicht spontan               33 Holzpüppchen. Und jedes                 Als Rosa Maria Cuéllar vor
  6        die Augen: eine farbenfrohe             7       kommt bei Ausgrabungen in          8       an Wunder, das Wunder von       das Foto durchs geöffnete Zugfens-         9        trägt einen weiblichen Vor-     10         Jahren wie Millionen Gläu-
           Szene, Menschen im Biergar-                     Köln-Braunsfeld ein wahres                 Bern. Neun Jahre nach Ende      ter ins Abteil der umjubelten Kicker.               namen. Was dahintersteckt?                 bige zum Gnadenbild der
ten. Das soll ein Bild von Käthe Kollwitz       Wunderwerk ans Tageslicht: Auf dem          des Zweiten Weltkrieges sind wir wieder   Auf der Rückseite verewigen sich         Die wunderbare Erfolgsgeschichte der       Jungfrau von Guadalupe in Mexi-
sein? Gemalt von jener Künstlerin, der          Gelände eines ehemaligen römischen          wer – Fußballweltmeister! Beim Zwi-       neben Trainerlegende Sepp Herberger      Hiller-Girls. Das legendäre Tanz- und      ko-Stadt pilgert, scheint die Gottes-
bekanntermaßen die ernsten, düsteren            Gutshofes und der späteren Sidol-Putz-      schenstopp des Sonderzuges mit der        auch Fritz Walter und Helmut Rahn,       Revueensemble, 1928 von Opernsänger        mutter ihre allerletzte Hoffnung: Ein
Themen der Menschheit am Herzen la-             mittelwerke entdecken Archäolog*in-         siegreichen Nationalelf ist am 5. Juli    Ex-FC-Köln-Spieler und Schütze des       Rudolf Hiller in Berlin gegründet, wurde   paar Tage ist Rosa Marias Tochter
gen: Armut und Krieg, Tod und Trauer.           nen mit dem Diatret-Becher ein er-          1954 halb Friedrichshafen in Aufruhr.     entscheidenden Tores gegen Ungarn.       in Windeseile populär – sein moderner,     auf der Welt, doch deren Überlebens-
Tatsächlich entdeckt Kollwitz auf               staunliches Stück römischer Glaskunst.      Die Massen strömen zum Bahnhof.           Das Familienbild mit Vergangenheit ist   perfekt synchroner Tanzstil, die selbst-   chancen sind gering. Die Ärzte sagen,
der Münchener Künstlerinnenschule –             Das dreifarbige Gefäß mit filigranem,       Auch Rosemarie Holze, die gerade eben     eine Schenkung der Tochter Christel      bewusst zur Schau gestellten weib-         nur eine riskante Operation könne
ihr Vater und Förderer träumt von einer         durchbrochenem Glasnetz und der             beim Fotografen ein Familienporträt       (auf der Fotografie vier Jahre alt).     lichen Reize machten die Formation         helfen – vielleicht. Die verzweifelte Frau
Karriere der Tochter als bewunderter            Ermunterung: »Trinke, lebe schön            abgeholt hat, wird vom Freudentaumel      → Deutsches Sport & Olympia              zu Lieblingen des Publikums. Selbst        fleht und gelobt, von nun an jedes Jahr
Historienmalerin – ein gewisses Faible          immerdar« gibt manches Rätsel auf.          gepackt. Sie schafft es am Bahnsteig      Museum                                   Nazideutschland lag ihnen zu Füßen –       Hunderte Becher Kaffee und Brote an
für die impressionistische Freilicht-           Bis heute ist man sich uneins, wie ein                                                                                         1936 tanzten die Hiller-Girls bei der      die Pilgerscharen vor der Basilika zu
malerei im Stil von Max Liebermann.             solches Glas, datiert auf das 4. Jahr-                                                                                         Eröffnungsfeier der Olympiade. Nach        verteilen. Heute ist die Tochter ge-
Aber hatte Kollwitz tatsächlich das             hundert nach Christus, überhaupt                                                                                               Kriegsende gehörten sie zum Inventar       sund – auch ohne den gefährlichen
Zeug zur bedeutenden Impressionistin?           hergestellt werden konnte. Diatrete aus              Nr. 8                                                                     der großen Revuefilme der 1950er-Jah-      Eingriff. Mutter und Tochter reisen
Die Antwort gibt die Künstlerin selbst,         dem Römischen Reich gibt es einige,                Familienfoto mit                                                            re oder der Fernsehshows mit Peter         noch immer alljährlich zur Jungfrau,
1941 erinnert sie sich, dass sie »mit der       aber nur sehr wenige sind so exzellent             Autogrammen                                                                 Frankenfeld. Und was ist nun mit den       um die Gläubigen zu versorgen. »Ich
                                                                                                   der Helden von
Farbe nicht weiterkommt«, und be-               erhalten wie dieses. Der Wert eines sol-           Bern, WM 1954,                                                              Puppen? Die nutzte die verantwortliche     bin sehr zufrieden, und wir geben mit
merkt: »Ich bin ja gar keine Malerin.«          chen Einzelstücks ist nicht zu beziffern.          Deutsches Sport &                                                           künstlerische Leiterin Gertrude Hiller,    ganzem Herzen«, sagt Rosa Maria. Das
Sie findet ihre Bestimmung schließ-             → Römisch-Germanisches Museum                      Olympiamuseum                                                               um ihren Girls die neusten Choreogra-      Armband mit dem Bild der Jungfrau
lich in der Druckgrafik, ihre Ölstudien                                                                                                                                        fien zu erklären. → Deutsches Tanz-        erinnert sie an schwere Zeiten. Und das
bleiben eine Rarität. → Käthe Kollwitz                                                                                                                                         archiv Köln                                Wunder von Guadalupe. → Rauten-
Museum Köln                                                                                                                                                                                                               strauch-Joest-Museum – Kulturen
                                                                                                                                                                                                                          der Welt

                                                                                                                                                                                                                                                   Nr. 9
                                                                                                                                                                                                                                                Bestand 080, Archiv
                                                                                                                                        Nr. 10                                                                                                  Rolf und Gertrude
   Nr. 6                                                                                                                              Wunder-Armband einer                                                                                      Hiller, Archiv der Hil-
Käthe Kollwitz, Biergarten II,       Nr. 7                                                                                            mexikanischen Pilgerin,                                                                                   ler-Girls, Deutsches
frühe 1890er-Jahre?,               Diatret-Becher,                                                                                    Foto: Rautenstrauch-Joest-                                                                                Tanzarchiv Köln, Foto:
Kölner Kollwitz-Sammlung,          Römisch-Germanisches Museum,                                                                       Museum – Kulturen der Welt,                                                                               Deutsches Tanzarchiv
Foto: Käthe Kollwitz Museum Köln   Foto: Rheinisches Bildarchiv Köln                                                                  Camilla Heldt                                                                                             Köln, Janet Sinica

                                                                       10                                                                                                                        11
Wunder - Alexa trifft Ursula Kostbar oder kurios Flucht nach vorn Camera obscura - MWK Zimmermann & Hähnel ...
Wo ist innen? Was ist außen?              Ein lebensgroßes Pferd           nen Rechenmeister Nicasius Hackeney,                     Nach 632 Jahren Bauzeit           ner Ingenieur im Dienst der Deutz AG                    Da steht er, die Ruhe selbst:
 11        Bei der »Garden Gallery« des    12        aus Lindenholz. Seit 1958        stammt es wohl aus der Zeit um 1500            13        ist es Mitte Oktober 1880 so      revolutioniert seit 1876 mit seinem          14         der Bodhisattva (der nach
           Star-Architekten Sou Fuji-                schmückte es über Jahrzehnte –   und ist damit eines der ältesten erhal-                  weit: Arbeiter setzen den letz-   Viertaktmotor (später: Ottomotor) den                   der höchsten Erkenntnis stre-
moto ist man sich da gar nicht mehr        als imposanter Mittelpunkt einer Ritter-   tenen Rüstkammerpferde europaweit.            ten Stein in die Spitze des Südturmes –      Planeten. Künftig bewegt er Maschinen,       bende) Jizô. Glatt rasiert der Schädel,
so sicher, denn die räumlichen Emp-        gruppe – die Dauerausstellung des Köl-     Im repräsentativen Entrée des Hauses          in Anwesenheit des Kaiserpaares feiert       Automobile, Menschen – und lässt die         in der rechten Hand ein Wunschjuwel in
findungen gehen beim Betrachten auf        nischen Stadtmuseums im Zeughaus.          trug die Skulptur nicht nur einen Ross-       Köln die Vollendung seines Domes. Mit        Kathedrale erstrahlen. Schon zum Fest        Tropfenform. Gilt er den Japaner*innen
wundersame Weise ineinander über.          Die Herkunft des wunderlichen Rosses       harnisch als Schutz des Vierbeiners für       seinen 157 Meter hohen Türmen lange          der Fertigstellung liefern Ottomotoren       doch als Schutzgott der Kinder, Frauen
Im Hof der offen gestalteten Archi-        jedoch lag lange Zeit im Dunkeln. Ver-     Kampf und Turniere, sondern auch die          Zeit das höchste Bauwerk der Welt. Ein       den notwendigen Strom für die Bogen-         und Reisenden. Aber auch als Fürst der
tektur ohne Dach und zusätzlichen          mutlich stand es im Treppenhaus des        Rüstung des stolzen Ritters und Rei-          Juwel der Gotik, das auch im Dunkeln         lampen, die Türme und Fassade ins            Unterwelt – mit der Macht, Verstorbene
Boden sorgt eine Gleditschie, auch         Hackeney’schen Hofes am Neumarkt,          ters selbst – in einer Art Geheimfach         leuchten soll. Da kommt die zünden-          rechte, feierliche Licht setzen. Das tech-   aus dem Höllenfeuer zu befreien. Die
Lederhülsenbaum genannt, für zusätz-       der Kölner Residenz Maximilians I. Ge-     unterhalb der abnehmbaren oberen              de Idee von Nicolaus August Otto             nische Wunder trifft auf ein Wunder der      aus Zedernholz geschnitzte Skulptur
liche Verblüffung. Verbunden mit dem       dacht als Präsent des Kaisers an seinen    Körperhälfte des Tieres. → Kölnisches         (1832 – 1891) gerade recht, der Köl-         Architektur. → Odysseum                      gibt Rätsel auf: 1911 von Adolf Fischer,
Grün des Parks drumherum, betont           1498 frisch in den Ritterstand erhobe-     Stadtmuseum                                                                                                                             dem Gründer des Museum für Ostasia-
das Gewächs – wie auch die beiden                                                                                                                                                                                             tische Kunst, im japanischen Nara ge-
Skulpturen von Hubert Kiecol und Per                                                                   Nr. 12                                                                                                                 kauft, bleibt nicht nur die Entstehungs-
                                                                                                     Lebensgroßes Holzpferd aus
Kirkeby –, dass man sich an einem Ort                                                                dem Hackeney’schen Hof, um                                                                                               zeit des Kultbildes lange schleierhaft,
befindet, der nicht eindeutig als Innen-                                                             1500, Kölnisches Stadtmu-                                                                                                sondern bis 1983 auch sein größtes Ge-
oder Außenraum definiert werden                                                                      seum, Rheinisches Bildarchiv                                                                                             heimnis verborgen: Bei Restaurierungs-
                                                                                                     Köln, rba_d014802
kann. Die »Garden Gallery«, seit 2011                                                                                                                                                                                         arbeiten stößt man auf die »Seele des
im Skulpturenpark Köln zu bestaunen,                                                                    Nr. 13                                                                                                                Jizô«: Im Innern der Figur finden sich
ist übrigens Fujimotos erste Architektur                                                             Liegender Einzylinder,                                                                                                   als Weihegaben Tausende Votivdrucke,
                                                                                                     um 1880, Foto: Odysseum
außerhalb seiner japanischen Heimat.                                                                                                                                                                                          religiöse Schriftrollen, kleine Holz- und
→ Skulpturenpark Köln                                                                                                                                                                                                         Bronzefiguren und eine Buddha-Reli-
                                                                                                                                                                                                                              quie, in Seide gehüllt. Zudem eine Stif-
                                                                                                                                                                                                                              tungsurkunde – datiert auf den elften
  Nr. 11                                                                                                                                                                                                                      Monat des Jahres 1249. → MOK –
Sou Fujimoto, Garden
Gallery, 2011, © Stiftung                                                                                                                                                                                                     Museum für Ostasiatische Kunst
Skulpturenpark Köln,                                                                                                                                                                                                          Köln
2019, Foto: Axel Schnei-
der, Frankfurt a. M.

                                                                                                                                      Nr. 14
                                                                                                                                    Bodhisattva Jizô
                                                                                                                                    Kôen (1207 – nach 1275),
                                                                                                                                    Japan, Kamakura-Zeit,
                                                                                                                                    datiert 1249,
                                                                                                                                    Museum für Ostasiatische
                                                                                                                                    Kunst Köln, B 11,37,
                                                                                                                                    Foto: Rheinisches Bildarchiv
                                                                                                                                    Köln, rba_c004107

                                                             12                                                                                                                                     13
Wunder - Alexa trifft Ursula Kostbar oder kurios Flucht nach vorn Camera obscura - MWK Zimmermann & Hähnel ...
Wer glaubt, wird selig: So                    Wenn die Dunkelkammer zur                   1968. In Berlin revoltieren die

                                                                                                                                       Motiv: shutterstock/mszucs
 15        sind für Christenmenschen          16         Wunderkammer wird: An die         17        Student*innen, in Köln geht
           die Reliquien von Heiligen, will              10 700 Negative des legen-                  es (noch) beschaulich zu:
sagen ihre körperlichen Überbleibsel,         dären August Sander (1876 – 1964) sind      »Märchen und Wunder unserer Zeit« ist
unschätzbar bedeutsam. Aufbewahrt             in der Photographischen Sammlung            das Motto der Session, und am Rosen-
in prachtvollen Behältnissen, soge-           archiviert. Von vielen existieren keine     montag fliegen traditionell Kamelle.
nannten Reliquiaren, sind sie oft die         Originalabzüge mehr. Umso wunderba-         Keine Pflastersteine. Die Revolution im
direkteste Verbindung zur höchsten            rer, dass im hauseigenen Labor anhand       Kölner Karneval lässt noch ein wenig
Instanz, zu Gott. Die Heiligen werden zu      von Sanders originalen Glasnegativen        auf sich warten: Barfuß, mit schrägen
                                                                                                                                                                                                   Ihr
                                                                                                                                                                                               Aboservice

                                                                                                                                                                    Verschenken
Ansprechpartnern und Vermittlern in           Neuabzüge, gern auch Modern Prints          Klamotten und einer Haarpracht im
                                                                                                                                                                                                 in Köln
der Hoffnung auf ein irdisches Wunder.        genannt, erstellt werden können. So         Hippie-Look entert wenig später eine
Mit dem geheimnisvollen Armreli-              schafft es noch heute manch nie ge-         junge kölsche Beatband die Bühnen
quiar, von Alexander Schnütgen in den         zeigtes Motiv aus Sanders epochalem         der Festsäle: Die Bläck Fööss um
1870/1880er-Jahren im norddeutschen           Kulturwerk in Lichtbildern »Menschen        Frontmann Tommy Engel sorgen mit
Kunsthandel erworben, konnte – sozu-          des 20. Jahrhunderts« in internationa-      Outfit und ihren Songs mit oft kriti-

                                                                                                                                                                    Sie van Gogh,
sagen stellvertretend für die Heiligen –      le Ausstellungen. So wie dieses, das        schen Texten bei Würdenträgern und
im Rahmen einer feierlichen Aus-              Porträt der Familie Weinbrenner, einer      Publikum für Stirnrunzeln. Da grenzt
setzung der Segen erteilt werden. Das,        Unternehmerfamilie aus Neunkirchen,         es an ein Wunder, dass die Fööss
worauf es ankommt, die eigentliche            nahe Sanders Geburtsort Herdorf, ent-       sich nicht haben beirren lassen. 2020
Reliquie, befindet sich im Handteller         standen kurz vor dem Ersten Weltkrieg.      feiert die Band »mit Stammbaum« ihr

                                                                                                                                                                    Beethoven und
des eigentümlichen Behälters – hinter         → Die Photographische Sammlung/             50. Bühnenjubiläum, auch »bei uns im
einem wertvollen Bergkristall.                SK Stiftung Kultur                          Veedel«. → Kölner Karnevalsmuseum
→ Museum Schnütgen – Kunst des
Mittelalters

                                                                                                                                                                    Frankenstein !
                                                       Nr. 16
                                                     August Sander, Die Familie
                                                     Weinbrenner, aus der Mappe
                                                     Der Kleinstädter, in: Menschen des
                                                     20. Jahrhunderts (hier während
                                                     des Entwicklungsprozesses), Foto:
                                                     Die Photographische Sammlung /
                                                     SK Stiftung Kultur, Janet Sinica

                                                       Nr. 17
                                                     Die Stowaways (später:
                                                     Bläck Fööss) bei einem
                                                     Beatfestival im September 1968,
                                                     Foto: Jens Hagen / HAStK

                                                                                                                                                                             Angebote
                                                     Bestand 1753: Hagen, Jens

   Nr. 15
Armreliquiar,
                                                                                                                                                                              in über
                                                                                                                                                                          30 Spielstätten
vermutlich Hildesheim,
2. Hälfte 12. Jahrhundert,
Museum Schnütgen,
Foto: Rheinisches
Bildarchiv Köln,                                                                                                                                                             der Stadt
rba_c006142

                                                                                                                                                                       Tel. 0221 - 952 99 10
                                                                                                                                                                       www.volksbuehne.de
                                                                  14
Wunder - Alexa trifft Ursula Kostbar oder kurios Flucht nach vorn Camera obscura - MWK Zimmermann & Hähnel ...
Interview                                                                                                            Theatergemeinde   KÖLN
                                                                                                                                                                     Ihr Weg zur Kultur!
              In der Natur, in der Kunst oder – wenn man die Augen offen hält – gleich um die Ecke:
           Das Leben steckt voller großer und auch kleiner Wunder. Nicht zuletzt sind die Sammlungen
          der Kölner Museen voll davon. Im Gespräch mit Matthias Hamann erklärt die Kulturdezernentin
            Susanne Laugwitz-Aulbach, warum man in Museen auch einfach einmal nur staunen sollte.

                             Susanne                           Matthias Hamann
                         Laugwitz-Aulbach                   Direktor des Museumsdienstes
                    Beigeordnete für Kunst und Kultur           Köln und Herausgeber
                             der Stadt Köln                  museenkoeln – Das Magazin

Frau Laugwitz-Aulbach, haben           Und wie kommt man im Museum            Neugier, Lust und Leidenschaft.
wir das Staunen verlernt?              den Wundern auf die Spur?              Ohne diese Eigenschaften wären
Man sucht ja ständig nach Schub-       Indem man sich Zeit nimmt, einfach     die Kölner Museen doch im Grun-
laden, um die Welt und die Dinge,      vor den Objekten und Kunstwerken       de undenkbar?!
möglichst wissenschaftlich fundiert,   verharrt, seinen Blick schärft, sich   Das stimmt. Es gab in Köln zu allen                  i e Ihre r!
                                                                                                                                 S        ou
einzuordnen. Da gibt es für jedes      überraschen lässt von der Kunst-       Zeiten Menschen, die Schönes, Rares,      t a rten ungst
                                                                                                                      S          k
                                                                                                                             dec
vermeintliche Wunder eine schlüs-      fertigkeit, von der Komposition der    Wunderbares und auch Wunder-             Ent
sige Erklärung, jedes Phänomen         Farben. Man kann sich einnehmen        liches zusammengetragen haben.
wird gleich entzaubert. Vielleicht     lassen von den verblüffenden Ideen,    Anderswo waren es die Kunst- und
ist uns da wirklich ein Stück weit     von den oft erstaunlichen Geschich-    Wunderkammern des Adels, in Köln

                                                                                                                     65 Bühnen,
die Fähigkeit abhandengekommen,        ten, die hinter einzelnen Werken       die Sammlungen und Schenkungen
neugierig und unvoreingenommen         oder den Objekten einer Ausstel-       engagierter und kunstinteressierter
durchs Leben zu gehen. Oder durch      lung stehen. Denn nicht nur in den     Bürger*innen, aus denen letztendlich

                                                                                                                       1880 Veranstaltungen,
die Museen unserer Stadt. Meiner       Kunstsammlungen, auch beispiels-       unsere heutigen Museen erwach-
Meinung nach sind sie die idealen      weise in den historischen Museen       sen sind. Ohne einen Wallraf, ohne
Orte, den Alltag zwischendurch ein-    der Stadt gibt es in dieser Hinsicht   Schnütgen, Boisseré oder Joest, ohne

                                                                                                                         eine Stadt, ein Partner!
mal weniger rational anzugehen.        vieles zu entdecken.                   Peter und Irene Ludwig wäre unsere
                                                                              Museumslandschaft nicht so glanz-
                                                                              voll und international bekannt.

                                                                                                                                                 www.theatergemeinde-koeln.de

                                                    16                                                               Kölns größter Abo-Partner
                                                                                                                                         17    in Sachen Kultur!
Wunder - Alexa trifft Ursula Kostbar oder kurios Flucht nach vorn Camera obscura - MWK Zimmermann & Hähnel ...
1von 30
30 Museen und kulturelle Einrichtungen in Köln
                                                    SCHOKOLADENMUSEUM                                                                                                                             Liebling
Hans Imhoff hatte einen Traum.                   vor der Müllabfuhr: historische Ma-                Standort für sein Vorhaben. Und                                                               Schokolade zu trinken – das galt im 18. Jahrhundert noch als Luxus für Privi-
Darin sah der Kölner Schokoladen-                schinen, alte Akten und Verpackun-                 genau dort wird das Schokoladen-                                                              legierte. Entsprechend wurden die Genussmomente zelebriert. Meist im privaten
fabrikant (1922 – 2007) sein eigenes             gen. Sie sollen den Grundstock für                 museum 1993 nach gerade einmal                                                                Rahmen, in adliger Familienrunde oder unter seinesgleichen beim Nachmittags-
prächtiges Schokoladenmuseum.                    sein Museum legen. Über die Jahre                  13-monatiger Bauzeit eröffnet –                                                               kakao. Gern wurde die erste Tasse heiße Schokolade schon am Morgen genom-
Und mittendrin einen Brunnen, aus                sammelt Imhoff weiter, erforscht                   samt dem ewig sprudelnden Scho-                                                               men, vom Dienstmädchen ans Bett gereicht, nicht selten in schmuckem Porzellan
dem wie durch ein Wunder unauf-                  die Kultur- und Industriegeschichte                kobrunnen. Das Haus mit seiner                                                                wie diesem: in der Trembleuse, einer durch einen Standring auf dem Unterteller
hörlich Schokolade sprudelt. Als er              der kakaohaltigen Köstlichkeit. Nach               4 000 Quadratmeter großen Ausstel-                                                            fixierten Tasse. Diese sollte verhindern, dass die braune Köstlichkeit beim Servie-
1971 die Stollwerck-Fabrik in der                langer Suche findet das Ehepaar                    lung wird zu einer Erfolgsgeschich-                                                           ren oder gar beim Genuss verschüttet und die kostbare Kleidung ruiniert wurde.
Kölner Südstadt übernimmt, ent-                  Imhoff mit dem Gebäude des ehe-                    te. Inzwischen gehört es – neben                                                              Zudem griff man zu Wasser und Brot, um die Geschmacksnerven zu neutralisie-
deckt Imhoff durch Zufall einen                  maligen Hauptzollamtes im Kölner                   dem Kölner Dom – zu Kölns meist-                                                              ren und den nächsten Schluck noch intensiver genießen zu können.
wunderbaren Schatz – und rettet ihn              Rheinauhafen endlich den idealen                   besuchten Sehenswürdigkeiten.                                                                  Schokoladenbecher mit Untertasse (Trembleuse), ca. 1735, Manufaktur du Paqier, Wien

                                                                                                                                                        Wunderbaum und Speise der Götter
»Mit mehr als
550.000 Gästen                                                                                                                                          Mit dem Kakaobaum (Theobroma              nate dauert es, bis die Kakaofrüchte              in einer Frucht – für eine 100-g-Tafel
jährlich sind wir                                                                                                                                       cacao) ist das so eine Sache, denn die    schließlich reif sind und ganzjährig              Schokolade braucht es je nach Rezep-

davon überzeugt,                                                                                                                                        Speise der Götter, so die Übersetzung
                                                                                                                                                        seines griechischen Namens, ist eine
                                                                                                                                                                                                  mit an Stangen befestigten Sicheln
                                                                                                                                                                                                  geerntet werden. Aus dem weißen,
                                                                                                                                                                                                                                                    tur zwischen 20 und 100 Bohnen.
                                                                                                                                                                                                                                                    Im begehbaren Tropenwald des Scho-
dass das Schoko-                                                                                                                                        Diva im Blütenkleid, ein höchst an-       klebrig-süßen Fruchtfleisch, auch für             koladenmuseums lässt sich erahnen,
ladenmuseum                                                                                                                                             spruchsvolles und pflegebedürftiges       die dort heimischen Affen und Eich-               unter welchen klimatischen Bedin-
                                                                                                                                                        Gewächs: Es gedeiht nicht auf jedem       hörnchen ein Genuss, löst man die                 gungen die wichtigste Zutat der süßen
der richtige Ort                                                                                                                                        Boden, liebt Temperaturen zwischen        Kakaobohnen heraus, um sie zunächst               Versuchung Schokolade reift. Neben
ist, um Menschen                                                                                                                                        25 und 28 °C, verlässlichen Nieder-       in Bottichen oder auf Bananenblättern             Kakaobäumen sind hier rund 100 wei-

Wissen und Werte                                                                                                                                        schlag und eine Luftfeuchtigkeit bis zu
                                                                                                                                                        90 Prozent. Da ist es nicht verwunder-
                                                                                                                                                                                                  zu fermentieren und dann, auf Mat-
                                                                                                                                                                                                  ten ausgebreitet, trocknen zu lassen.
                                                                                                                                                                                                                                                    tere tropische Pflanzen zu bewundern:
                                                                                                                                                                                                                                                    Avocados, Bananen, Ananas, ein Man-
für eine nachhal-                                                                                                                                       lich, dass sich der Kakaobaum allein im   20 bis 60 Kakaobohnen befinden sich               gobaum, Chili, Zuckerrohr und Palmen.

tige Entwicklung                                                                                    Museum mit Mission
                                                                                                                                                        tropischen Gürtel südlich und nördlich
                                                                                                                                                        des Äquators wirklich heimisch fühlt.                                                                                    Verkostung einer
zu vermitteln und                                NEU                                                In einer Welt mit sieben Milliarden Menschen        Vorzugsweise in Brasilien, Indonesien,
                                                                                                                                                                                                                                                                              frischen Kakaofrucht,
                                                                                                                                                                                                                                                                              Foto: Schokoladen-
sie zu ermutigen,
                                                                                                    und begrenzten Ressourcen zählt das Thema
                                                                                                    Nachhaltigkeit zu den größten Herausforderun-       Ghana und an der Elfenbeinküste.                                                                                      museum Köln
                                                                                                                                                        Bis zu 20 Meter reckt der Baum seine
zu einer nach-
                                                                                                    gen. Um das dafür notwendige Bewusstsein zu
                                                 Bitter-süße Wahrheiten                             schaffen, engagiert sich das Schokoladenmuse-                                                                                                                               Kakaofrüchte
                                                                                                                                                        Krone in schwindelnde Höhen, wird                                                                                     im Tropenhaus,
haltigen Welt                                    »Bittere Bohne – süßes Vergnügen?« Die Sonder-
                                                 ausstellung nimmt die Besucher*innen mit auf
                                                                                                    um in Stiftungen und Initiativen, unter anderem
                                                                                                    als Mitglied des Forums Nachhaltiger Kakao,         aber meist auf vier bis sechs Meter                                                                                   Foto: Schokoladen-

beizutragen.«                                    eine Reise durch die Welt des Kakaos, zeigt        mit dem zentralen Ziel der Verbesserung der         gestutzt, um die Ernte zu erleichtern                                                                                 museum Köln
                                                 die Lebens- und Arbeitsbedingungen westafri-       Lebensumstände und wirtschaftlichen Situation       und den Ertrag zu steigern. Denn da-
                                                 kanischer Kakaobauern und thematisiert den         der Kakaobäuer*innen und ihrer Familien. Zu-
Dr. Christian Unterberg-Imhoff,                  Zusammenhang zwischen unserem Schokoladen-         dem ist das Museum Teil der Initiative Eine-Welt    rauf kommt es an beim immergrünen
Geschäftsführer des Schokola-                    konsum, dem Klimawandel und der Vernichtung        Stadt Köln und unterstützt die erfolgreiche         Wunderbaum: Bis zu 70 000 winzig
                                                 tropischer Regenwälder. Auf die Kakaomärkte        Bewerbung der Stadt Köln zur Hauptstadt des         kleine Blüten trägt er das ganze Jahr
denmuseums Köln                                  können Europas Genussmenschen Einfluss neh-        fairen Handels. Kooperiert wird auch mit der
                                                 men: indem sie fair und nachhaltig produzierte     Tropenwaldstiftung OroVerde in Bonn, die im         über am Stamm und an den unteren
                                                 Schokolade kaufen. Aber mal ehrlich, wie erkennt   Museum vom Schokoladenverkauf aus histo-            dicken Ästen. Dort schimmern sie
                                                 man die? Antworten gibt noch bis zum 6. Januar     rischen Automaten profitiert. Zudem mit dem         weiß und rosa, in stetiger Erwartung
                                                 2020 die Ausstellung des Bundesministeriums für    Verein Plant-for-the-Planet, der es sich zum Ziel
                                                 wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung     gesetzt hat, die Klimakrise durch das Pflanzen      bestäubender Insekten. Im Notfall
 Kakaoernte, Foto: Schokoladenmuseum Köln        (BMZ) im Schokoladenmuseum.                        von Bäumen zu bekämpfen. Seit 2019 ist der Be-      helfen die Bauern auch mit Pinsel und
                                                                                                    trieb des Schokoladenmuseums klimaneutral.          Pinzette nach. Vier bis sieben Mo-

                                                                  18                                                                                                                                                  19
Warum das Medium Fotografie
    bis heute fasziniert
                                                   Jedes Bild ein
                                                  kleines Wunder
                                                                             Text: Damian Zimmermann

                              Die Fotografie feierte jüngst ihren 180. Geburtstag. Am Mit der Fotografie macht man eigentlich nichts anderes:
                              19. August 1839 wurde sie von Louis Daguerre und der Diese Camera obscura, wie die ersten Lochkameras ge-
                              Französischen Akademie der Wissenschaften in Paris der nannt wurden, ermöglicht das gleichberechtigte, demo-
                              Öffentlichkeit vorgestellt. Und obwohl die Fotografie kratische Darstellen der unterschiedlichsten Ereignisse
                              seitdem zahlreiche Veränderungen und Weiterentwick- und Gegenstände – die Kindergeburtstagsparty genauso
                              lungen erlebt hat, obwohl sie längst zum Massenphäno- wie ferne Galaxien, Werbung genauso wie Kunst, Leben
                              men herangewachsen ist und eine Bilderflut ausgelöst wie Tod, Krieg neben Liebe. Fotografie macht Unsicht-
                              hat: Von ihrer Faszination hat sie nichts eingebüßt. Ganz bares erst sichtbar. Und Sichtbares macht sie uns erst
                              im Gegenteil – für viele grenzt die Fotografie bis heute an bewusst. Mit der Fotografie kann etwas bewiesen oder
                              ein Wunder. Denn sie ermöglicht uns, Dinge, Menschen widerlegt, aber auch genauso gut manipuliert werden.
                              und Situationen festzuhalten und sie                                                      Die Fotografie ist so bunt und viel-
                              örtlich wie zeitlich miteinander zu                                                       seitig, wie es damals die Wunder-
                              teilen – über Jahrzehnte genauso hin-         Die Fotografie kammern waren, und zeigt Banales
                              weg wie über Kontinente. Jede Foto-
                              grafie ist eine winzige Zeitkapsel –
                                                                            bringt uns bis neben                                Besonderem. Vor allem aber:
                                                                                                                        Die Fotografie bringt uns bis heute
                              und direkt nach der Belichtung schon heute zum Stau- zum Staunen, sie weckt unsere Er-
                              Vergangenheit. Sie ist konservierte Ge-
                              schichte und erinnert uns zugleich an
                                                                             nen,         sie     weckt                 innerungen, und sie weckt unsere
                                                                                                                        Sehnsüchte.
                              die eigene Vergänglichkeit.                 unsere Erinne-                                       Natürlich hat der tagtägli-
                                     Jede Anhäufung von Fotogra-
                              fien, egal ob analog oder digital und
                                                                          rungen, und sie che                                Gebrauch der Digitalfotografie
                                                                                                                        seine Spuren hinterlassen, und auch
                              egal ob im alten Fotoalbum oder als            weckt unsere                               wenn das einzelne Foto vielleicht an
                              Stream auf Instagram, in der Tages-
                              zeitung oder in alten Archiven, ähnelt
                                                                               Sehnsüchte.                              Wert verloren hat – die Fotografie
                                                                                                                        an sich ist in ihrer Bedeutung noch
                              dabei kleinen Wunderkammern, wie                                                          einmal massiv aufgewertet worden:
                                                                         Vergrößerung/Belichtung des Negativs 711 731
                              man sie aus der Zeit der Spätrenais-      von K. H. Schmölz, Foto: Rheinisches Bildarchiv Heute werden in jeder Minute mehr
                              sance und aus dem Barock kennt. Es            Köln, Anna C. Wagner, rba_d029727_07        Fotos geschossen als im gesamten
                              waren Sammlungen aus der Früh-                                                            19. Jahrhundert, und es gibt kaum
                              phase der Museumsgeschichte im 17. Jahrhundert, und                eine technische oder gesellschaftliche Entwicklung, die
                              in ihnen wurden Objekte gemeinsam präsentiert, die                 sie nicht beeinflusst.
                              überhaupt nichts miteinander zu tun hatten. Egal ob                        Was durch die Digitalisierung allerdings ebenfalls
                              Naturalien oder Artefakte, Kunst oder Handwerk, alles              stattgefunden hat, ist eine Art Entfremdung: Kaum ein
                              stand gleichberechtigt nebeneinander: Tierpräparate                Mensch begreift heute noch, wie ein Foto eigentlich
                              neben Goldschmiedearbeiten, Muscheln neben Elfen-                  entsteht – ein Großteil der nachwachsenden Generation
                              beinschnitzereien, Spielautomaten neben Gemälden. Es               weiß noch nicht einmal mehr, was ein analoges Foto
                              war das »Zeitalter des Staunens«, und die Wunder der               eigentlich ist. Und den ganz Kleinen, die das Wischen
                              Welt versammelten sich in einem Raum.                              und Zoomen auf den Smartphone-Displays mit der

           20                                                                              21
»Für viele ist die                                                        DIE PHOTOGRAPHISCHE SAMMLUNG
                                                                                                                       Fotografie noch
                                                                                                                       immer ein Wunder.                                                   BORIS BECKER ——
                                                                                                                       Und Wunder können                                                      HOCHBUNKER
                                                                                                                                                                                       Photographien von Architekturen und Artefakten
                                                                                                                       Begeisterung und                                                                    6.9.2019––9.2.2020

                                                                                                                       Interesse auslösen.«

                                                                                                                                                                                                                                Photo: Boris Becker: Leverkusen, Karlstraße, 1987 © Boris Becker, VG Bild-Kunst, Bonn, 2019
                                                                                                                       senschaftler*innen sensibilisieren, so Gummlich.
                                                                                                                       »Fast jedes Archiv hat auch Fotografien, oft neben
                                                                                                                       Schriftstücken, in Fotoalben, Ausweisen und in
                                                                                                                       unterschiedlichen Formaten, beispielsweise als                  DIE PHOTOGRAPHISCHE
                                                                                                                                                                                       SAMMLUNG / SK STIFTUNG KULTUR
                                                                                                                       Negative oder Abzüge. Oft ist unklar, wie damit                 Im Mediapark 7, Köln
                                                                                                                       sinnvoll umgegangen werden sollte.«                             Täglich außer Mi 14–19 Uhr
                                                                                                                                                                                       erster Mo im Monat freier Eintritt
                                                                                                                              Gerade in der jüngeren Generation ist das                www.photographie-sk-kultur.de

                                                                                                                       Interesse am Analogen in den vergangenen Jahren
                                                                                                                       enorm gewachsen. Der Schallplattenspieler ge-
Fotoapparat, 1890, Foto: Rheinisches                        Fachkamera,
Bildarchiv Köln, rba_mf138265                               Foto: Damian Zimmermann                                    hört längst zur Standardausrüstung bei Musikfans     RZ AZ KMM_2.indd 1                                                                                                                                02.07.19 17:19

                                                                                                                       und Hipstern zugleich, und Walkmans werden
                                                                                                                       wieder genutzt, aber eben auch alte Kameras und
                                                                                                                       Fototechniken erleben eine Renaissance: Die Spie-
Muttermilch aufgesogen haben, ist es häufig noch nicht      ersten Mal in einer Dunkelkammer eigenständig ein          gelreflex aus den 1970er-Jahren ist der Anfang,
einmal begreiflich zu machen, dass es überhaupt jemals      Foto entwickeln, beginnen ihre Augen zu funkeln. Diese     oft folgt darauf der Schritt in die Dunkelkammer;
eine andere Fotografie als die digitale gegeben hat. Und    Erfahrung hat jüngst Johanna Gummlich gemacht. Die         und wer davon nicht genug hat, stellt seine Che-
auch heute noch gibt.                                       Leiterin des Rheinischen Bildarchivs Köln mit rund         mikalien und Kollodium-Nassplatten selbst her,
       So habe ich erst kürzlich mit meiner alten, analo-   5,4 Millionen Fotografien bot während des Photosze-        um wie im Jahr 1870 zu fotografieren.
gen Nikon meinen sechsjährigen Neffen fotografiert. Ich     ne-Festivals Schüler*innenworkshops mit vier Stationen            Entscheidend ist in meinen Augen dabei
spulte den Kleinbildfilm zurück und holte ihn aus der       an – u. a. im Positivarchiv und in der Dunkelkammer        vor allem, dass die Generation Z, also die zwi-
Kamera heraus. Als mein Neffe die Fotos sehen wollte,       des Hauses, wo die 16- und 17-Jährigen ihre ersten eige-   schen 1997 und 2012 Geborenen, sich für die
drückte ich ihm die Filmpatrone in die Hand und sagte:      nen Abzüge von Negativen machen konnten. Die Begeis-       analoge Fotografie begeistert, obwohl sie gar
»Die sind da noch drin. Ich muss den Film erst ent-         terung der Jugendlichen war dermaßen groß, dass sie        nicht mit ihr aufgewachsen ist.
wickeln, dann kannst du sie sehen.« Er hielt sich die       kaum zu bremsen waren. »Diese Erfahrung hat ein ganz              Ende der 1990er-Jahre begann der Sieges-
Spulenöffnung skeptisch vor sein Auge, schaute ange-        neues Bewusstsein bei uns ausgelöst«, sagt Gummlich,       zug der Digitalfotografie. Somit wurden ihre
strengt hinein, stellte nach wenigen Sekunden überzeugt     und ihr war klar, dass sie ihr Angebot im Bereich der      Einschulungsfotos bereits mit schlechten 4-Mega-
fest: »Da sind gar keine Fotos drin« – und verlor das       Archivpädagogik komplett neu denken und vor allem          pixel-Kameras aufgenommen und die Abiturfeier
Interesse.                                                  ausbauen muss. »Für viele ist die Fotografie noch immer    mit der neuesten spiegellosen Systemkamera –
       Vielleicht lag es am Alter meines Neffen, dass       ein Wunder. Und Wunder können Begeisterung und             oder vielleicht sogar nur noch mit dem Smart-
er nicht sofort in Begeisterung ausbrach oder zumin-        Interesse auslösen.« Ein neues Führungs- und Work-         phone. Eventuell haben sie auf einer Familienfeier
dest neugierig wurde. Vielleicht aber auch an meiner        shop-Angebot soll aber nicht nur Kinder und Jugend-        schon einmal eine Polaroid- oder eine Einweg-
mangelhaften Erklärung, denn wenn Jugendliche zum           liche, sondern auch angehende Archivar*innen und Wis-      kamera in die Hand gedrückt bekommen – ohne

                                                        22
Fritz Kempe, Porträt
        Lucia Moholy, 1980,
        Museum Ludwig,
        © Erika Kempe, Ham-
                                                                                     Info
        burg, Repro: Rheini-                                                          Aktuelle Fotoausstellungen zum Wundern und Staunen
        sches Bildarchiv Köln                                                         Aktuell gibt es gleich mehrere Fotografieausstellungen
                                                                                      in den Kölner Museen zu sehen. So zeigt das Museum
                                                                                      Schnütgen bis zum 16. 2. 2020 die Ausstellung »Skulp-
                                                                                      tur im Blick der Kamera« mit Fotografien von Alfred
                                                                                      Tritschler. Anlässlich des Bauhaus-Jubiläums präsentiert
                                                                                      das Museum Ludwig unter dem Titel »Fotogeschichte
                                                                                      schreiben« bis zum 2. 2. 2020 Arbeiten von Lucia Moholy.
                                                                                      Ebenfalls im Museum Ludwig ist bis zum 1. 3. 2020 die
                                                                                      Ausstellung »Wade Guyton: Zwei Dekaden MCMXCIX–
                                                                                      MMXIX« zu sehen, in der sich der Amerikaner mit
                                                                                      digitalem Bildmaterial auseinandersetzt. Das MAKK –
                                                                                      Museum für Angewandte Kunst Köln zeigt mit »The Look
                                                                                      of Sound« noch bis zum 8. 3. 2020 Porträtfotografien
                                                                                      von Norman Seeff aus der Musik- und Film-Szene der
                                                                                      1960er- bis 1980er-Jahre.

                                Engelskopf aus dem Chor
                                des Kölner Domes, Köln,
                                um 1300, fotografiert von
                                Alfred Tritschler, 1948,
                                ­Museum Schnütgen,
                                 © Dr. Paul Wolff & Tritschler,
                                 Historisches Bildarchiv,
                                 Offenburg

                                Norman Seeff,
                                Ray Charles, 1985,
                                © Norman Seeff

zu wissen, was das eigentlich ist. Im Grunde ist für               automaten, wie einer jüngst auf dem Ebertplatz errichtet
die 15- bis 25-Jährigen die analoge Fotografie genauso             wurde: Für drei Euro bekommt man einen echten Foto-
eine Entdeckung wie für die Pioniere des 19. Jahrhun-              streifen mit vier Bildern – in Schwarzweiß und ohne
derts – und sie übt exakt den gleichen Reiz auf sie aus            Instagram-Filter, dafür als Unikat mit hohem emotiona-
wie damals.                                                        lem Wert. Und wahrscheinlich ist es genau das, was die
      Und genau deshalb ist es auch mehr als bloß                  Begeisterung ausmacht: die Authentizität des unverän-
eine temporäre Reaktion der Jugend auf unser digitales             derten und ungeschönten Augenblicks, gepaart mit der
und virtuelles Zeitalter, um sich von der Elterngene-              Sentimentalität für das Vergängliche und der Faszination
ration abzugrenzen. Der Wunsch nach Authentizität,                 für die schlichte Technik. Denn natürlich ist die Foto-
wie sie speziell der analogen Fotografie anhaftet, ist             grafie chemisch und physikalisch schnell erklärt – und                         Gesundheit in der Domstadt
generationenübergreifend. Das sieht man am Revival                 dennoch bleibt sie immer auch ein kleines Wunder.
                                                                                                                                                  Dem Netzwerk Kölner Fachärzte gehören 54 Spezialisten
der Sofortbildkamera, die aktuell die höchste Zuwachs-                                                                                            aus diversen Kölner Stadtteilen und Frechen an.
                                                                   Damian Zimmermann, Jahrgang 1976, ist freier Journalist, Kunstkritiker,
rate auf dem deutschen Fotografiemarkt überhaupt                   Fotograf, Blogger, Kurator und Teil der Internationalen Photoszene Köln, die   Alle wichtigen Fachrichtungen sind in dem freien Verbund
hat, und an der zunehmenden Beliebtheit alter Foto-                Deutschlands ältestes Fotografiefestival veranstaltet.                         vertreten. Die Kölner Fachärzte arbeiten interdisziplinär
                                                                                                                                                  und mit gemeinsamem Interesse zum Wohle des Patienten.
                                                                  24
1von 30 RAUTENSTRAUCH-JOEST-MUSEUM –
30 Museen und kulturelle Einrichtungen in Köln
                                                                                                                                                                                                                                              KULTUREN
                                                                                                                                                                                                                                              DER WELT

                                                 Im Grunde sind es dieselben Fragen,                  ren auf ihrer Reise durch die Konti-
                                                 die sich die Menschen überall auf
                                                 diesem Planeten stellen – nur die
                                                 Antworten fallen unterschiedlich
                                                                                                      nente mehr über Unterschiede und
                                                                                                      erstaunliche Gemeinsamkeiten, über
                                                                                                      den europäischen Blick auf andere
                                                                                                                                                         Die Scheibe und das Wunder
                                                 aus: Das Rautenstrauch-Joest-Mu-                     Kulturen, der sich in Reiseberichten,
                                                                                                                                                         Der Tepeyac-Hügel in Mexiko-Stadt –
                                                 seum – Kulturen der Welt (RJM),                      in der Kunst oder in den Museen
                                                                                                                                                         wo die heilige Jungfrau von Guadalupe
                                                 das einzige seiner Art in Nord-                      widerspiegelt. Spezielle Themen-
                                                                                                                                                         Wunder wirkte und am 12. Dezember
                                                 rhein-Westfalen, zeigt, wie vielfältig               komplexe wie »Die Welt erfassen«
                                                                                                                                                         1531 auf dem Umhang eines Azteken
                                                 sich die Kulturen der Welt mit den                   und »Die Welt gestalten« zeigen die
                                                                                                                                                         erschien. Das Marienbildnis ist alljähr-
                                                 zentralen Themen des Lebens ausei-                   Lebensentwürfe aus verschiedenen
»2020 wird für das                               nandersetzen. Auf 3 600 Quadratme-                   Zeiten, Regionen und Kulturkreisen.
                                                                                                                                                         lich im Dezember Ziel von bis zu acht
                                                                                                                                                         Millionen Pilger*innen, die für Dank und
RJM ein Jahr des                                 tern Ausstellungsfläche im »Kultur-                  Dabei schöpft das RJM aus einer
                                                                                                                                                         Bitte den Hügel erobern. Wegen des
                                                 zentrum am Neumarkt« weckt das                       Sammlung von mehr als 60 000
Wandels und des                                  RJM Neugier und Entdeckergeist                       Originalexponaten aus Afrika, Asien,
                                                                                                                                                         Andrangs werden die Gläubigen auf
                                                                                                                                                         Laufbändern am Gnadenbild vorbei-
zehnjährigen Jubi-
                                                                                                                                                                                                                                                                    Raúl González mit der
                                                 seiner Besucher*innen: Diese erfah-                  Amerika, Ozeanien und Europa.                                                                                                                              von ihm selbst gestalteten
                                                                                                                                                         geleitet. Das gemeinsame Singen des
läums im Neubau.                                                                                                                                         Geburtstagsständchens für die Natio-
                                                                                                                                                                                                                                                                 Pilgerscheibe vor der
                                                                                                                                                                                                                                                                 Basílica de Guadalupe,

Unser Museum soll                                                                                                                                        nalheilige am 11. Dezember um Mitter-                                                                   Fotos: RJM, Anne Slenczka

ein lebendiger Ort                               NEU                                                                                                     nacht ist nicht nur vor Ort, sondern
                                                                                                                                                         landesweit ein Gänsehautmoment –           Dorfes am »rauchenden Berg«, dem          lez freundlich, aber bestimmt ab – da-
sein, ein Ort zum                                                                                                                                        Abermillionen verfolgen es live im Fern-   Popocatepetl. Von dort brauchte er zu     für bedeute sie ihm zu viel, er schlägt
                                                                                                                                                         sehen. Auch die mexikanische Gemein-       Fuß zweieinhalb Tage über den Pass        aber vor, ein Duplikat anzufertigen. Ei-
Diskutieren, Be-                                         Vielfalt verpflichtet:
                                                       Aurora Rodonò (rechts)                                                                            de in Köln begeht aus diesem Anlass        Richtung Mexiko-Stadt. Stets bei sich –   nige Tage später klingelt Anne Slencz­
gegnen und Mit-                                        und Carla de Andrade
                                                       Hurst (links) sind
                                                                                                                                                         eine feierliche Guadalupe-Messe.           die farbenfroh bemalte Pilgerscheibe      kas Handy – González habe sich mit

gestalten! Unsere                                      die neuen Diversity-
                                                       Managerinnen.
                                                                                                                                                         Vor der Basílica de Guadalupe haben
                                                                                                                                                         Tausende ihr Lager aufgeschlagen. Im
                                                                                                                                                                                                    aus Vulkangestein mit einer Darstel-
                                                                                                                                                                                                    lung der Jungfrau. González hatte sie
                                                                                                                                                                                                                                              der Gattin beraten und entschieden,
                                                                                                                                                                                                                                              die Pilgerscheibe dem RJM zu überlas-
Ausstellungen wer-                                     Fotos: RJM, privat                                                                                Getümmel trifft Anne Slenczka, Ameri-      nach seiner Hochzeit gestaltet, um für    sen. In seinem Heimatdorf nimmt die

den partizipativer,                                                                                                                                      ka-Kuratorin des RJM – in Vorbereitung     sein Glück zu danken und Schutz für       Kuratorin das Erinnerungsstück bewegt
                                                                                                                                                         der großen Pilgerausstellung im Jahr       die Zukunft zu erbitten: »Segne meinen    in Empfang. Raúl González hofft, »dass
multiperspektiver                                Miteinander reden                                    Füreinander da sein                                2015 –, auf viele der oft von weit her     Weg« steht darauf zu lesen.               man sich an dem Ort, wo die Jungfrau
und inklusiver. Wir                              In den ethnologischen Museen Europas finden          »360° – Fonds für Kulturen der neuen Stadtge-      angereisten Pilger*innen. Auch auf Raúl    Die vorsichtige Nachfrage des Kölner      aufbewahrt werden wird, immer an

wollen politischer,                              sich zahlreiche Kulturgüter aus der Kolonialzeit.
                                                 Die Frage, inwiefern diese an ihre Ursprungs-
                                                                                                      sellschaft«: Im Rahmen des Projektes, ins Leben
                                                                                                      gerufen von der Kulturstiftung des Bundes, zählt
                                                                                                                                                         González, Kunsthandwerker und Ka-
                                                                                                                                                         tastrophenschutzbeauftragter seines
                                                                                                                                                                                                    Gastes, ihm die Pilgerscheibe für die
                                                                                                                                                                                                    Ausstellung abzukaufen, lehnt Gonzá-
                                                                                                                                                                                                                                              Mexiko erinnern möge und auch an ihn
                                                                                                                                                                                                                                              selbst und an seine Frau«.
engagierter, vielfäl-                            länder zurückgegeben oder abgegolten werden
                                                 müssen, wird auch aktuell wieder leidenschaftlich
                                                                                                      neben der Stadtbibliothek nun auch das Rauten-
                                                                                                      strauch-Joest-Museum zu den in Köln geförder-

tiger und transpa-
                                                                                                                                                         Widerstand gefragt!
                                                 und kontrovers diskutiert. Ein Recherche- und        ten Einrichtungen. Mit Aurora Rodonò und Carla
                                                 Ausstellungsprojekt unter dem Titel »Invisible       de Andrade Hurst sind hier zwei Diversity-Ma-

renter werden und                                Inventories«, gefördert von der Kulturstiftung des
                                                 Bundes, will die europäische Debatte und die af-
                                                                                                      nagerinnen damit beschäftigt, Konzepte für
                                                                                                      eine zeitgemäße Museumsarbeit im Sinne der
mit neuen Forma-                                 rikanische Sichtweise zusammenbringen. Im Rah-
                                                 men einer auf zwei Jahre angelegten Kooperation
                                                                                                      gesellschaftlichen Vielfalt zu entwickeln: um
                                                                                                      soziale Diskriminierung zu stoppen, Sichtweisen                                               Im Oktober 2020 feiert das Rauten-        Geschichten von stillem oder auch
ten experimentie-                                zwischen dem Kölner Rautenstrauch-Joest-Mu-
                                                 seum und dem kenianischen Nationalmuseum in
                                                                                                      unterschiedlichster Communitys der Stadtgesell-
                                                                                                      schaft einzubeziehen, deren Teilhabe zu ermög-
                                                                                                                                                                                                    strauch-Joest-Museum sein zehnjäh-        lautem Widerstand zu erzählen. Ge-

ren. Wir freuen uns                              Nairobi werden nicht nur kenianische Kulturgüter     lichen und gemeinsam »den achtsamen und
                                                                                                                                                                                                    riges Bestehen im Neubau am Neu-
                                                                                                                                                                                                    markt. Das soll mit allen Kölner*innen
                                                                                                                                                                                                                                              sammelt werden die Beiträge und
                                                                                                                                                                                                                                              Ideen im Rahmen des neuen Diskus-
auf Sie!«
                                                 in Museen und Institutionen weltweit inventari-      kreativen Umgang mit unser aller Geschichte,
                                                 siert, sondern auch die Kolonialgeschichte an sich   Gegenwart und Zukunft« zu unterstützen. Dazu                                                  gefeiert und vorbereitet werden:          sionsforums »Die Baustelle« (ab 7. 12.
                                                 kritisch beleuchtet. Die Ergebnisse des Dialogs –    arbeiten beide nicht nur eng mit der Museums-                                                 Für die geplante Sonderausstellung        2019), wo das RJM mit Besucher*in-
                                                 auf wissenschaftlicher wie künstlerischer Ebene –    leitung, sondern auch mit den Kurator*innen und
Nanette Jacomijn Snoep,                          werden 2021 im Rahmen von Ausstellungen in           den für Veranstaltungs- und Bildungsangebote                                                  »Resist! Die Kunst des Widerstands«       nen, Künstler*innen, Vereinen und Ini-
Direktorin des Rautenstrauch-                    Nairobi und Köln präsentiert.                        zuständigen Kolleg*innen zusammen.                                                            (Eröffnung: 23. 10. 2020) sind alle       tiativen diskutieren und ins Gespräch
Joest-Museums                                                                                                                                                                                       aufgerufen, ihre ganz persönlichen        kommen möchte.

                                                                  26                                                                                                                                                  27
Neues                                                                                                                                              Kunst im
                                                                                                                                                   Treppenhaus
aus                                                                                                                                                Avery Singer denkt groß. Ihre
                                                                                                                                                   Arbeiten in mitunter imposanten

den
                                                                                                                                                   Formaten haben dabei eine ganz
                                                                                                                                                   spezielle Entstehungsgeschichte: Was
                                                                                                                                                   daherkommt wie klassische Malerei,

Museen
                                                                                                                                                   bedient sich moderner Computer-
                                                                                                                                                   technik. Die junge US-amerikani-
                                                                                 Matrone, 2. Jh. n. Chr.,
                                                                                 Köln, St. Gereon, Foto:                                           sche Künstlerin generiert Formen
                                                                                 RGM/RBA, A. Wegner                                                aus einem digitalen Grafikprogramm
                                                                                                                                                   für Architekturmodelle in 3-D und
                                                                                 Robert Indiana, Kunst-                                            überträgt die entstandenen Bildräu-

                                                                                                            Cologne-
                                                                                 markt Köln, 1967, arto-                                           me mithilfe von Airbrush, Acrylfarbe
                                                                                 thek/Schenkung Klaus                                              und Klebebändern auf Leinwand.              Zukunftsweisende Themen
                                                                                 Benden, © Morgan Art

                                                                                                            Indiana-
                                                                                 Foundation / ARS, New                                             Für die zweite Ausgabe der Reihe
                                                                                 York / VG Bild-Kunst,                                             »Schultze Projects« gestaltete Avery

                                                                                                            Connection
                                                                                 Bonn 2019, Foto: Rhei-                                            Singer speziell für das Treppenhaus
                                                                                 nisches Bildarchiv Köln,
                                                                                 Marion Mennicken                                                  des Museum Ludwig eine über
                                                                                                                                                   17 Meter lange und dreieinhalb Me-
                                                                                                            Als der Kunstmarkt Köln am             ter hohe Arbeit. Die neue Projektrei-
                                                                                 Avery in her studio,

                                                                                                                                                                                           Voraus-
                                                                                 Foto: Kate Enman           12. September 1967 im Gürzenich        he erinnert an das seit 1968 in Köln
                                                                                                            seine Pforten öffnet, ahnt noch nie-   lebende Künstlerpaar Ursula und

                                                                                                                                                                                           schauend
                                                                                                            mand, was sich daraus entwickeln       Bernard Schultze. Der Pionier der
                                                                                 MAKKfuture – das
                                                                                 Logo der neuen Ver-        wird: Die weltweit erste Verkaufs-     Kunstrichtung Informel zählte mit
                                                                                 anstaltungsreihe           messe für moderne Kunst wird           seiner Frau zu den festen Größen im
                                                                                                            zum Erfolgsmodell (fortgeführt         kulturellen Leben der Stadt und war     Im MAKK – Museum für Angewand-
                                                                                                            durch die heutige Art Cologne)         eng mit dem Museum Ludwig ver-          te Kunst Köln wirft die Zukunft ihre
                             Texte: Rüdiger Müller                                                          und festigt Kölns internationalen      bunden, das nun einen Großteil des      Schatten voraus: Mit MAKKfuture
                                                                                                            Ruf als Kunststadt. Das Plakat zur     künstlerischen Nachlasses verwaltet.    startet eine Veranstaltungsreihe, die
                                                                                                            Kunstmarkt-Premiere gestaltet der                                              sich in Form von Vorträgen, Sympo-
       Alte Funde im neuen Licht                                                                            New Yorker Pop-Art-Künstler Ro-
                                                                                                            bert Indiana. Dieses ikonische Stück
                                                                                                                                                                                           sien und Workshops mit den wich-
                                                                                                                                                                                           tigen und brisanten Themen von
                                                                                                            Kölner Kunstgeschichte kann man                                                heute für morgen auseinandersetzt.
   Mit dem frisch sanierten Belgischen    maske, die erst 2008 bei Bauarbeiten                              sich jetzt – zumindest eine Zeit                                               Den Anfang machen Führungen
   Haus hat das Römisch-Germanische       am Chlodwigplatz ausgegraben wur-                                 lang – nach Hause holen: Das Plakat                                            durch die neu gestaltete Daueraus-
   Museum (RGM) gerade ein repräsen-      de. Direktor Marcus Trier verspricht                              zählt zu einer Schenkung von über                                              stellung »Kunst + Design im Dialog«
   tatives Übergangsquartier bezogen.     den Besucher*innen einen »Lernort                                 70 Kunstwerken aus der Sammlung                                                im Hinblick auf Fragen zu Nach-
   Für den Zeitraum der Generalsa-        ohne erhobenen Zeigefinger«, der                                  Klaus Benden, die jetzt das Angebot                                            haltigkeit und Ökobilanz. Erfreulich:
   nierung am Roncalliplatz zeigt das     anhand von Geschichten und histori-                               der artothek – Raum für junge Kunst                                            Mit MAKKfuture etabliert sich neben
   RGM in Neumarkt-Nähe auf 1000          schen Zusammenhängen die Objekte                                  erweitert. Dieses Werk wie auch                                                cineMAKK – Filmvorführungen an
   Quadratmetern eine komplett neu        der Sammlung lebendig macht.                                      alle anderen Neuzugänge, darunter                                              jedem 1. Donnerstag im Monat –
   konzipierte Dauerausstellung: eine     Zudem wird im Festsaal wieder der                                 Werke von Claes Oldenburg, Wolf-                                               und MAKKfocus – mit begleitenden
   kleine, aber feine Auswahl – rund      deutsch-belgische Kulturaustausch                                 gang Tillmans, Rainer Fetting, Tomi                                            Angeboten zu den aktuellen Sonder-
   600 Objekte von der Altsteinzeit bis   gepflegt – Veranstaltungen in Zu-                                 Ungerer und Felix Droese, können                                               ausstellungen – bereits die dritte
   ins Frühmittelalter. Darunter »alte    sammenarbeit mit dem Verein der                                   mit Leihausweis (5 Euro pro Jahr)                                              regelmäßige Veranstaltungsreihe im
   Bekannte«, aber auch selten gezeigte   Freunde des Belgischen Hauses sind                                für nur 6 Euro zehn Wochen lang                                                Museumsbau an der Rechtschule.
   wie eine steinerne Theater-                  bereits geplant.                                            ausgeliehen werden.                                                            Mehr Infos dazu auf makk.de

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