Faktor 5 und grünes BIP - Ernst Ulrich von Weizsäcker Ko-Präsident
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Die Diskussion um Alternativen zum BIP ist mindestens 30 Jahre alt. Denn jeder weiß: BIP misst Umsatz, nicht Wohlergehen.
Trotz 30 Jahren Diskussion kommt man mit der Überwindung des BIP kaum vom Fleck. Warum? Weil am BIP zwei „Heiligtümer“ hängen: Beschäftigung und Staatsfinanzen. Beide hängen am Umsatz, nicht am Wohlergehen!
Das ist einer der Gründe, weswegen ich die Diskussion über BIP, Glück, Grünes BIP etc. zwar mit viel Sympathie verfolge, aber gleichzeitig nach Strategien suche, wie man ökologische Ziele im Rahmen von Wirtschaftswachstum erreichen kann. Auch hierzu gibt es haufenweise Literatur. Motto: Abkoppeln der Wirtschaft vom Umweltverbrauch.
Doch bislang gibt es bloß „relative Abkopplung“. 100 50 GDP [10^12 intl. Dollars] Construction minerals Material extration [billion tons] GDP Ores and industrial Size minerals (Indexed) 80 Fossil energy carriers 40 Biomass GDP Relative Decoupling 60 30 40 20 100 Absolute Decoupling 20 10 Environmental 0 0 Pressure 1900 1905 1910 1915 1920 1925 1930 1935 1940 1945 1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 Figure 2.2 time
Nun der Versuch, zu Absolutzahlen zu kommen: Eine nachhaltige Gesellschaft hat einen hohen HDI (Human Development Index) und einen kleinen ökologischen Fußabdruck. Zu finden im Nachhaltigkeits-Viereck. 10 Fußabdrücke (Hektar pro Person) 8 Hoher HDI 6 Das Viereck der 4 Nachhaltigen Entwicklung 2 Kleiner Fußabdruck 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 HDI
Leider findet sich nur ein Land in diesem Viereck! Kuba
Bei einer Verfünffachung der Ressourcenpro- duktivität könnte die Verteilung etwa so werden (absolute Abkopplung im Norden, relative im Süden): 10 Fußabdrücke (Hektar pro Person) 8 Hoher HDI 6 Das Viereck der 4 Nachhaltigen Entwicklung 2 Kleiner Fußabdruck 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 HDI
Dezember 2009 März 2010 Oktober 2010 Effizienz ehrgeizig formuliert: das ist der Kern von Faktor Fünf
Effizienztechnologie + Erneuerbare Energien können zu einer faszinierenden technologischen Revolution, zu einem neuen Kondratieffzyklus führen!! Weltweit wird verlangt, dass das ein Wachstumszyklus ist
Der nächste Technologiezyklus muss “grün” sein. Biotech. Resourcen- IT produktivität, TV, Flugzeug, Erneuerbare Computer Energien Elektrizität, Chemie, Auto Stahl & Eisenbahn Mechanisierung
Amory Lovins‘ Hyperauto ist gut 5 mal effizienter als der Schnitt Hypercar 1,2 l/100km Today‘s cars 6-10 l/100km Energy efficiency
Passivhäuser zehnmal so energieeffizient wie Standardhäuser
Neu: Altbausanierung nach Passivhausstandard Oben: Photos Unten: Thermogramme
LED statt Glühbirnen: ein Faktor 10 an Effizienz. Philips 7W Master LED Energieeffizienz
Statt Portland Zement Geopolymerzement z.B. mit Flugasche aus Kraftwerken (vor allem in China!) Energieeffizienz
Aluminium aus Schrott statt aus Bauxit Energieeffizienz
Mehr jahreszeitlich, lokal, ökologisch, etwas weniger Fleisch …
Stadt- und Verkehrsstruktur USA Kopenhagen (oben) Energie- und Freiburg , Vauban (unten) Flächeneffizienz
Nicht nur Energie: Wasser einmal oder mehrfach nutzen Wassereffizienz
Komposttoilette statt WC Wassereffizienz
Tröpfchenbewässerung statt Schwemmbewässerung Wassereffizienz (Quelle: www.driptech.com)
Mineralien: Vom großen Baggern zum Urban Mining Mineralieneffizienz
Wird Effizienz allein uns retten?
Nein, wegen des „Rebound-Effekts“ William S. Jevon’s beschrieb 1865 in The Coal Question, wie die Erfindung der äußerst kohle- effizienten Dampfmaschine nicht etwa zu einem Rückgang, sondern zu einem steilen Anstieg des Kohleverbrauchs führte. Man nennt es auch “Bumerang-Effekt” oder “Jevons-Paradox” oder “Khazzoom-Brookes Postulat“.
Rebound-Effekt in den USA: Energieintensität nimmt ab, aber der , Energieverbrauch steigt. SUV‘s, Zersiedlung, Tausende neuer Stromanwendungen.
Umdenken bei der Produktivität. Und lernen aus der Erfolgsgeschichte der letzten 150 Jahre Seit 1850 hat sich Jetzt sollte sich die die Arbeitspro- Ressourcen- duktivität produktivität verzwanzigfacht verzehnfachen
Die Arbeitsproduktivität stieg mit den Löhnen (oder umgekehrt)
Und was war mit den Rohstoff-Marktpreisen? 2000-2005
Da die Märkte ständig das falsche Signal senden, müssen wir politisch dafür sorgen, dass die Preise einigermaßen die ökologische Wahrheit sagen. Das ist auch die einzig brauchbare Antwort auf den Rebound Effekt. Sanfte, sehr langfristige Ökosteuer: Energiepreise im Gleichschritt mit den Effizienzgewinnen anheben!
Wo wären die Gewinner und wo die Verlierer? Gewinner:IT-Branche; generell high tech Industrie; Handwerk; Wissenschaft; Ökobranche; Schienenverkehr; Wartung und Recycling; Bildung; Berater; Kultur. Verlierer: Lastwagen-Logistik, Flugzeuge; Grundstoff-Industrie; Grundstücke fern vom ÖPNV.
Wo wären die Gewinner und wo die Verlierer? Gewinner: Europa, Ostasien, die rohstoffarmen Entwicklungsländer Verlierer: USA, Kanada, Australien, Russland, und rohstoffexportierende Entwicklungsländer (dort vor allem die reichen Eliten).
Hohe Energiepreise brauchen der Wirtschaft nicht zu schaden, solange das Geld im Lande bleibt. Japan hatte 1975 – 1990 mit Abstand die höchsten Energiepreise! OECD data. Picture: Wuppertal Institute
Am Horizont sehe ich eine weltweite Allianz zwischen Europa und Asien (ohne auf die angelsächsischen Länder zu warten). Themen: • echter Klimaschutz; • ernsthaftes Recycling; • ökologische Preispolitik.
Aber nicht nur wegen Klima müssen wir Front machen gegen die Dominanz der angloamerikanischen Denkweise. Denn deren Grundvorstellungen von Ökonomie, Staat und Menschenbild kommen mir krank vor.
Ahnengalerie des angloamerikanischen Wirtschafts- und Menschenbildes Thomas Hobbes Adam Smith Herbert Spencer 1588-1679 1723-1790 1820 – 1903 Der Mensch als Zum Glück kann Der Staat soll den egoistisches Biest auch der Markt den Schwachen nicht helfen. das der „Leviathan“ Egoismus in Gemein- Die Evolution wird den dann zähmen muss. wohl verwandeln. Staat ganz überflüssig machen.
Und für die heutige Zeit Milton Friedman 1912-2006, Star der Chicagoer Ökonomenschule und Ideengeber für Augusto Pinochet, für den „Washington Consensus“, und für die makabren „Tea Parties“, die Präsident Obama am Regieren hindern.
Grünes BIP geht nicht ohne Suffizienz.
Zunächst: Schon die Faktor 5- Beispiele enthalten haufenweise Komponenten zur Änderung des Lebensstils. Essgewohnheiten Mobilität Komposttoiletten Wohnungspräferenzen (zusätzliche Bäder oder zusätzliche Wärmeisolierung?)
Deutlich extremer: „Transition Towns“
Der große Vordenker war E.F. Schumacher Ernst F Schumacher 1911 - 1977
Dass klein schön (und schmackhaft) sein kann, habe ich in Amerika von den Erdbeeren gelernt, wo immer noch „bigger is better“ gilt.
Auch aus der Wirtschaftentwicklung der Küchen in den letzten 50 Jahren können wir noch etwas über Suffizienz lernen
Küchengeräte der 1950er Jahre und heute!
Die Öfen
… und erst die Kochbücher!
Und nun das Sonntagsessen!
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