Fast food, fast culture - Praktikumsdokumentation Martin Meier

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Fast food, fast culture - Praktikumsdokumentation Martin Meier
Martin  Meier
Martin Meier

fast food, fast culture
Praktikumsdokumentation

• Dokumentation des Diplompraktikums
• an der Kantonsschule Hohe Promenade mit einer Halbklasse im dritten Jahr
• mit Verena Widmaier als involvierte Dozierende des LGK
• und der Praxislehrperson Armin Frischknecht
• HGKZ, DLGK, Studienbereich SMB; 7. Semester, Winter 2005/2006
• Sämtliche Rechte liegen bei der HGKZ
Fast food, fast culture - Praktikumsdokumentation Martin Meier
Index

• Rahmenbedingungen                                                  • Seite 01
• Vorbereitung: Auslegeordnung der Recherche                         • Seite 02
• Planung, Durchführung und deren Reflexion                          • Seite 04
• exemplarische Evaluation der Vermittlungsarbeit                    • Seite 10

• Anhang: Quellennachweise, Literaturangaben, Feinplanung,           • Seite 15
  Arbeitsblätter, Notengebung und Handschriftliches

                      diese Dokumentation steht auf http://meinerlei.ch.vu unter
                               „Schrift/Kunst und Vermittlung/Diplompraktikum“
                                         als PDF zum Download zur Verfügung
Fast food, fast culture - Praktikumsdokumentation Martin Meier
Rahmenbedingungen                                                                                                     1

Auf Grund meines Wunsches, erneut digital zu
arbeiten und einmal Einführungen in Kompu-
terkenntnisse zu vermitteln, unterrichtete ich
bei Armin Frischknecht an der Kantonsschule
Hohe Promenade in Zürich während einem
Semester die Halbklasse 3c.
Die Klasse bestand aus 6 Jungs (sitzen auf
der linken Seite) und 3 Mädchen (am rechten
Tisch) im Alter von 16 bis 17 Jahren im sprach-
lichen Profil.
Wir arbeiteten überwiegend im Computerraum.
Die ersten zwei Lektionen und die einführen-
den Inputs wurden jedoch immer im Zeichen-
zimmer 313 abghealten (Bild).
Bei der Hospitation ist mir Armins direkter Um-
gang mit den Lernenden und seine unkompli-
zierte Art, den Stoff zu vermitteln aufgefallen:
Innerhalb von zwei Lektionen arbeiteten die
Kinder an verschiedenen kurzen Übungen, was
mich zu den vier ersten Lektionen inspirierte.
Für die weitere Auseinandersetzung wählte
ich dann aber längere Arbeiten, wobei mein
dringlichstes Anliegen die Vertiefung des In-
halts war.
Auf Grund meiner Erfahrungen in den anderen
Praktika formulierte ich mein Lehrziel so, dass
sich die Lernenden nicht mit der erstbesten
Idee zufrieden stellen, sondern sich Variatio-
nen ihrer Lösung erarbeiten.
Dazu gehörte, dass ich die Sprache meiner
Unterrichtsmethode genauer betrachtete: Leh-
ren heisst Begleitung und deren wichtigstes
Element bildet die Sprache. Mit ihr wird der
Lernprozess initiiert, vorhandene Lösungen
hinterfragt und das Resultat reflektiert.
Von meiner Seite war soweit alles geklärt, doch
wie reagierte die Klasse darauf?
                                                   Bilick ins Zeichenzimmer an der Hohen Promenade: Image(1363).jpg
Fast food, fast culture - Praktikumsdokumentation Martin Meier
Auslegeordnung
Fast food, fast culture - Praktikumsdokumentation Martin Meier
11.11.2005
                                                                                                                                                   3
 Analogie Kochen und Zeichnen:
 - Zeichnen (Strichqualitäten) nach Videoanalyse (J. Oliver & N. Lawson)
 - Essen und Kunst I: das Stilleben (A. Giacometti & D. Hockney)

         aus den Zeichnungen wird Malerei:                                              18.11.2005
         kurze Einführung in die Farbenlehre
         eine Frucht einmal figurativ und einmal abstrakt abbilden

                  Input: eine kurze Geschichte der Gestaltung des Buchstabens                   25.11.2005
                  Typografie: die ausgesuchte Frucht mit Buchstaben darstellen
                  - Arbeiten am Mac (Einführung in Adobe Photoshop)
                                          Ausfall, da Ausflug am 20.12.2005, und ich in Heidelberg bin (RE/ ACT) 02.12.2005
                                                                                                                 09.12.2005
                                  - Input: Typo- Gestaltung: grafisch vs. plastisch
                                  - Arbeiten am Mac (weiterführende Übungen in Adobe Photoshop)

                                      Essen und Kunst II: Literatur am Anfang und am Ende des 20. Jhds :                 16.12.2005
                                      Marcel Proust vs. Alessandro Baricco
                                      Typo abschliessen, mir als *.gif - Datei mailen
                                                                                                                              20.12.2005
                                                Ausstellungsbesuch: „take away“ Museum f. Gestaltung, Zürich
                                                Treffen 15.45 Uhr Zeichenzimmer 313

                                                      Essen und Kunst III: vom Jahr 2000 v. Chr bis heute
                                                                                                                                      23.12.2005
                                                      (anhand Desperate Housewifes Vorspann)
Ferien

                                                                - Essen und Kunst IV: Rituale
                                                                - Brainstorming Lieblingsessen
                                             13.01.2006         - Input und praktische Arbeit: Fotografie

                                                                       - Input: Rezepte und Konzepte, Besprechung d.bish. Arbeiten
                                                                       - Konzept schreiben
                                                                       - ev. 2. Mal Fotografieren, Skizzieren
                                                      20.01.2006
                                                                               - Briefing: Kurzvorträge der Konzepte
                                                                               - Skizzieren und Entwerfen der Collage
                                                             27.02.2006
                                                                                         - Theorie: Photoshop und Hauptarbeit Collage
                                                                                         - Hauptarbeit Collage
                                                                      03.02.2006
                                                                                             - Input: www.dafont.com: Schriften auf Mac laden
                                                                                             - Hauptarbeit Collage
                                                                            10.02.2006
Fast food, fast culture - Praktikumsdokumentation Martin Meier
4                                                                                            Durchführung: Zeichnen
                                                                                                 Als ich gesehen habe, wie die Kinder mit dem
    Analogie Kochen und Zeichnen:                                                                Bleistift ihre Striche ziehen, sah ich mich in
    - Zeichnen (Strichqualitäten) nach Videoanalyse (J. Oliver & N. Lawson)                      die Zeit zurückversetzt, als ich in der Sekun-
    - Essen und Kunst I: das Stilleben (A. Giacometti & D. Hockney)                              darschule selber auf diese Weise gezeichnet
                                                                                                 habe: Da sind ganz viele kleine Strichlein,
                                                                                                 die sich aneinander drängen und sich über-
                                                                                                 lagern. So wird der eigentliche Strich (die
                                                                                                 Kontur des abgebildeten Objekts) zu einem
                                                                                                 dicken Ding, einer eigenen Lebensform, die
                                                                                                 nicht mehr mit dem Begriff Linie oder Strich
                                                                                                 vereinbar ist.
                                                                                                 Und wenn das Abgebildete nicht stimmen
                                                                                                 sollte, man mit Radieren ganz viel (unnötige)
                                                                                                 Arbeit zerstört, kriegt man den Eindruck, ein-
                                                                                                 fach nicht vorwärts zu kommen, und das ist
                                                                                                 sehr enttäuschend, was wohl wesentlich zur
                                                                                                 Motivation beiträgt!
                                                                                                 Dabei muss Abzeichnen nicht anstrengend
Gesichtsaudruck von J. Oliver: praktikum-003.gif   Nigella in ihrer Küche: praktikum-018.gif     sein: versuchen, mit dem Strich das Abzubil-
                                                                                                 dende zu umkreisen, grosse Bögen ziehen,
                                                                                                 mit dem Bleistift das Gesamte zu erfassen
                                                                                                 versuchen, nicht und nicht an einzelnen
                                                                                                 Details kleben bleiben! Die Augen selten
                                                                                                 auf das Blatt gerichtet, das Gesehene blind
                                                                                                 auf das Papier übersetzen! Beim Format A3
                                                                                                 sogar aufstehen, unter Einbezug des ganzen
                                                                                                 Körpers zeichnen!
                                                                                                 Ein solches Verständnis, dass Strich nicht
                                                                                                 gleich Strich ist und dass dieser ebenfalls
                                                                                                 ein wichtiges Element in der Gestaltung
hand made: praktikum-005.gif                       clean cooking: praktikum-016.gif              ist, dieses Verständnis entwickelte natürlich
                                                                                                 auch ich erst viel später; ich hoffe die Kinder
                                                                                                 verstehen meine Intervention...
                                                                                                 Eine andere Motivation für diese Übung liegt
                                                                                                 in einem Text, den ich für das Vordiplom
                                                                                                 2004 verfasst habe. Darin werden Analogi-
                                                                                                 en gezogen zwischen dem Verfahren, was
                                                                                                 Kunst genannt wird, und den alltäglichsten
                                                                                                 Verrichtungen (u.a. eben Kochen); mit dieser
                                                                                                 Aufgabe kann ich meine These überprüfen
                                                                                                 und sie (hoffentlich) bestätigen.
brachial: praktikum-002.gif                        Schleichwerbung: praktikum-011.gif
Fast food, fast culture - Praktikumsdokumentation Martin Meier
Reflexion: Zeichnen                                                                                                                                                        5
Die Kriterien, nach denen die Kinder ihre        gezeichnet werden können, da ja auch Nigel-
Analyse durchgeführt haben, hätten an die        la mit dem Rundmesser gearbeitet hat und
Wandtafel geschrieben werden sollen (was         nicht mit einem Mörser wie Jamie...
ich auch bemerkt habe, darum habe ich die        Die Kinder redeten mehr während der zweiten
Kinder diese vor dem zweiten Film nochmals       Aufgabe; Dabei haben sie doch analysiert,
repetieren lassen).                              dass Nigella weniger geredet hat, während
Die Analyse selber fiel sehr gründlich aus und   sie kochte! So hätte ich sie zum stillen Wei-
die Kinder konnten sich vorstellen, wie die      terarbeiten auffordern können („Beschränkt
ersten zwei Übungen aussehen werden.             euch aufs Wesentliche!“).
Nach der Analyse hätte ich die medial auf-       Das bereits Gezeichnete auf die Seite legen,
gebaute Spannung nicht zu Nichte machen          dass die Kinder weiterhin auf die Früchte
dürfen, indem ich das Wort Stilleben verwen-     schauen und nicht ihre eigenen Zeichnungen
dete.                                            kopieren!
„Ich möchte, dass ihr...“-Sätze vermeiden        Ein Schüler meinte, er sei unzufrieden mit der
und an deren Stelle besser „wir machen“-         Zeichnung, sie „stimme nicht“; sei ungenau.
Formulierungen benützen um mich nicht von        Ich hätte dann nicht sagen dürfen, es gäbe
der Klasse abzugrenzen (Zusammengehörig-         kein richtig oder falsch, weil ich ja genau in
keitsgefühl).                                    dieser Position bin, der bei der Notengebung
Dass ich den Kindern gesagt habe, dass           zu entscheiden hat, was jetzt wie sei.
sie, als ich sie besuchen kam, mit kleinen       Beim Kolloquium zum Schluss hätte ich Gi-
Strichlein gezeichnet hätten, und dass ich       acometti einführen können mit „der Mann,
das früher auch so angegangen bin, sei das       der auf der Hunderter-Note abgebildet ist“
ungeschickteste Vorgehen dieser zwei Lek-        zwecks besserer Verortung des Namens.            Jamie Olivers Kochkunst aufs Stilleben übertragen: giacometti_stilleben2.jpg
tionen gewesen: zum einen hätte ich sagen        Auch hätte ich nicht sagen sollen, die „genau-
müssen, „man kann so zeichnen“, also diese       en Zeichnungen“ kommen auf diesen Tisch
vielen aneinandergehängten Strichlein als        und die anderen hier, sondern hätte bei den
eine von vielen Methoden darstellen; zum         Namen bleiben sollen: die Nigella- Zeichnun-
Zweiten klang es so, dass ich, der Ältere, nun   gen hier und die Jamie- Zeichnunger dort.
wisse wie Zeichnen richtig geht und dies ih-     Mit dieser Artikulation hätte ich den Kindern
nen nun beibringen will (es gibt einen grossen   automatisch schon ein Werturteil mitgeteilt,
Unterschied, zwischen den Formulierungen,        so dass sie das Gefühl hatten, dass das ge-
die ich für meine Praktikumsdokumentation        nauere Zeichnen auch besser ist!
verwende und der Sprache, die ich im Unter-      Dabei hätte den Kindern doch bewusst wer-
richt direkt benutze; d.h. die Kinder müssen     den sollen: Dies sind zwei Varianten zu Zeich-
nicht zwingend wissen, „dass ich das früher      nen; beide sind gleichwertig und je nach Lust
auch so gemacht habe“).                          und Laune oder je nach Motiv und Ausdruck
Den Kindern hätte ich nicht erlauben dürfen,     einsetzbar.
auf einem neuen Blatt zu beginnen, nur weil      Noch einmal zur Sprache: Bei den Diskussio-
die Komposition nicht darauf Platz hat (dann     nen immer das Positive hervorheben!
zeichnet man halt einen Ausschnitt davon).
Bei der zweiten Übung hätte auch mit Tusche
                                                                                                  Nigella Lawsons Kochkunst aufs Stilleben übertragen: hockney_stilleben.jpg
Fast food, fast culture - Praktikumsdokumentation Martin Meier
4                                                                          Durchführung: Malerei

                                                                              Motivation: Letztes Mal haben wir die
   aus den Zeichnungen wird Malerei:                                          Analogie zwischen Zeichnen und Kochen
   kurze Einführung in die Farbenlehre                                        herausgearbeitet und uns mit der Technik
   eine Frucht einmal figurativ und einmal abstrakt abbilden                  des Abbildens -wie gebe ich etwas wieder-
                                                                              beschäftigt. Hauptgegenstand dabei war das
                                                                              Thema Umriss/ Form.
                                                                              In diesen zwei Lektionen wollen wir die
                                                                              Frucht auf ihre farblichen Eigenschaften hin
                                                                              untersuchen. Das Wie spielt dann eine Rolle,
                                                                              wenn es um das Mischen der Farben geht:
                                                                              Wie kriege ich genau dieses braun- grün der
                                                                              Birne aus nur drei Farben (Rot, Geld und
                                                                              Blau) hin?
                                                                              Hat die Erscheinungsfarbe noch andere
                                                                              Qualitäten als mimetische? Was passiert,
                                                                              wenn mit genau denselben Farben anstelle
patrizia.gif                     flavio.gif                    kevin.gif      eines Gegenstandes ein einfaches Muster
                                                                              generiert wird? Und wie wirkt sich dies auf
                                                                              die Eigenschaft der Frucht aus?
                                                                              Kann man ein saures Bild malen? Was für
                                                                              Farben sind dazu nötig?
                                                                              Fast food fast culture nimmt sich zum Ziel,
                                                                              Zusammenhänge zwischen Essgewohnhei-
                                                                              ten und ihre Auswirkungen auf die kulturel-
                                                                              len Unterschiede herauszuarbeiten. Nun ist
                                                                              diese Fragestellung aber für die 16- jährigen
                                                                              eine Spur zu kompliziert... Die Hauptaufgabe
                                                                              für eine Lehperson im Bildnerischen Gestal-
                                 gadi.gif                      jan.gif        ten ist wohl, künstlerische Inhalte und das
sascha.gif
                                                                              dazu nötige Vokabular auf die jeweilige Stufe
                                                                              anzupassen. Und dies erfordert Gewandtheit
                                                                              in Kommunikation und viel rhetorisches Ge-
                                                                              schick.

markus.gif                       meli.gif                      fabienne.gif
Fast food, fast culture - Praktikumsdokumentation Martin Meier
Reflexion: Malerei                                                                                                                                                                      4

Durchführung/Reflexion: Die Schüler bemerkten,              Dem hätte ich entgegengewirken können, indem die Kin-
dass ich heute das Kopftuch nicht trage: „sie, sie sehen    der direkt mit grossem Pinsel in das 15 x 15 cm Quadrat
ganz anders aus!“ Verlegen und unvorbereitet habe ich       gemalt hätten oder auf Format A6 mit Neocolor, wo man
reagiert mit „das Kopftuch ist in der Wäsche“. Dabei hät-   gar nicht erst ins Detail gehen kann.
te ich doch mit Humor herausstreichen können, dass ich      Ich wirkte an diesem Tagwohl ein bisschen zerstreut,
mich gestern rasiert habe, was sicherlich auch zu dieser    denn ich habe vergessen zu sagen, dass der Hinergrund
„Veränderung“ beiträgt (siehe Thema Sprachspiele, auf       grau wird, was nicht plausibel war: „Warum grau?“- „Weil
Seite 13)...                                                es bei Manet so schön aussieht“, meinte ich. Besser
Wir sind dann dazu übergegangen, die letzte Woche           wäre natürlich gewesen: Die Farben sollen auf neu-
mündlich zu rekapitulieren. Dabei wollte ich heraus-        tralem Grund wirken können! Denn sonst hätten sie ja
streichen, dass diese zwei Skizziermöglichkeiten            geradesogut die Tischfläche malen können.
gleichwertig sind, habe mich aber in der Formulierung       Armin meinte, genau das hätte ich ihnen so erklären
                                                                                                                            Impressionen (Farbklekse): image(1359).gif
vergriffen und sagte „ich wollte nicht, dass ihr denkt,     müssen; und die Aufgabe kurz an die Wandtafel schrei-
das eine sei besser...“ Wie Armin rückmeldete, hätte        ben.
ich mich statt der Negativ- Formulierung ganz einfach       Weniger Unklarheit hätte auch bestanden, wenn ich den
dem Satz „diese zwei Arten sind einander gleichwertig“      Kindern direkt vorgezeigt hätte, wie man die gemischte
bedienen sollen.                                            Farbe auf einem separaten Blatt als Teststreifen zuerst
Es folgte eine kurze Einführung in der Farbkreis von        bis an der Rand hinaus zieht, sie dann kurz antrocknen
Itten („den kennen wir“, meinte die Klasse, als ich das     lässt und dieses Farbmuster dann direkt an die Stelle der
Arbeitsblatt verteilte). Ohne auf diese Bemerkung ein-      Frucht, die man malen will, hält und die gemischte mit
zugehen, fasste ich die Biografie von Itten kurz zusam-     der Erscheinungsfarbe vergleicht. Stattdessen musste
men, wie Armin meinte, war das aber viel zu detailliert.    ich dies öfters wiederholen.
Ich hätte die Reaktion der Kinder nutzen müssen und         Während letzte Woche mein Zeitplan perfekt aufging,
sie den Farbkreis direkt erklären lassen sollen, anstatt    gerieten wir heute in massiven Zeitverzug, sodass gera-
selber zu referieren, das wäre authentischer und gewe-      de mal Patrizia die abstrakte Arbeit angehen konnte. Wie
sen und hätte die Kinder direkt eingebunden; auch hätte     soll ich mit diesem Niveau- Untershied umgehen?
ich mir durch diesen Kurzvortrag Zeit sparen können.        Nach dem Unterricht entstand dann eine anregende                Impressionen (Männerrunde): image(1364).gif
Ebenfalls zeitlich ganz schön in Verzug geraten sind        Diskussion zum Thema Unterrichtskonzept. Armin sagte,
wir, weil die Kinder die Frucht, da sie mit Bleistift zu-   dass die Art und Weise, wie ich unterrichte entspannt
erst vorgezeichnet wurde, allzu genau widergaben. Ich       und locker sei, und dass auch die Kommunikation und
habe vergessen, dass uns die Entwicklungspsychologie        die schriftdeutsche Sprache gut ankommen; was keine
vermittelt, dass es Jugendlichen um das Alter von 16        Selbstverständlichkeit sei und nur dann wirklich funkti-
Jahren ein Anliegen ist, möglichst genau an eine Vorla-     oniere, wenn man sich bewusst ist, was man vermitteln
ge heranzukommen. Die Arbeit gilt dann als gelungen,        will.
wenn sie als „eine exakte Kope“ ausgewisen wird. Als        Seit Armin sein Bildungsanliegen und sein Verständnis
die Kinder gemerkt haben, das sie das Vorgezeichnete        von Unterrichtsfach Bildnerisches Gestalten für sich
mit der Farbe und dem Pinsel wieder übermalen und           selbst formuliert habe, sei er sich seiner Tätigkeit viel si-
diese vorhin so mühsam gesetzten Hilfslinien nicht          cherer. Daselbe wollte ich für diese Dokumentation auch
mehr gewähleistet werden, machte sich Ernüchterung          machen, musste es jedoch wegen Zeitknappheit bis auf
breit.                                                      Weiteres verschieben...
                                                                                                                            Wo ist denn jetzt die Bleistiftlinie hin? image(1358).gif
Fast food, fast culture - Praktikumsdokumentation Martin Meier
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                                                                    Motivation: Auch der Buchstabe kann als        lesen werden (dies im Gedanken an das
  Input: eine kurze Geschichte der Gestaltung des Buchstabens
                                                                    Gestaltungselement gebraucht werden:           mir wichtige Anliegen „umfassender Gestal-
  Typografie: die ausgesuchte Frucht mit Buchstaben darstellen      Schon in der Antike stand der (abbildenden,    tungsunterricht“), uns also inhaltlich mit dem
  - Arbeiten am Mac (Einführung in Adobe Photoshop)                 gegenständlichen) Kunst das Ornament           Buchstaben befassen, soll die Beschäftigung
                                                                    (Muster, Verzierung) gegenüber, welches        mit der Typografie auch formal zur Sprache
                                                                    seinen Ruf als Fassadenschmuck nie über-       kommen.
                                                                    winden konnte. War von der Ornamentik die      Allein durch schwarze Elemente auf weis-
                                                                    Rede, sprach man immer vom Handwerk            sem Hintergrund eine plastische Wirkung zu
                                                                    und nicht von Kunst.                           erzielen, war jedoch eine grosse Herausfor-
                                                                    Welche Stellung das Ornament bzw. das          derung!
                                                                    Muster (Pattern) heute innehat und in wel-     Durchführung: Die Lektionen 5 und 6 fielen
                                                                    cher Beziehung es zum Buchstaben steht,        zusammen mit dem 25. Todestag des Ex-
                                                                    dieser Frage werden wir während einer Vier-    Beatle und Aktionsiten John Lennon. Zum
                                                                    telstunde nachgehen.                           Einstieg zeigte ich eine Flashanimation auf
                                                                    Nun wäre es auf der einen Seite eine gute      www.ni9e.com: Zur Musik von „dear pru-
                                                                    Übung, die Farben noch einmal neu anmi-        dence“ bildete sich allmählich das Portrait
gadi_typografie2.gif                      jan_peters.gif            schen -und so genau wie möglich an die         des Sängers mit einfachen Buchstaben; was
                                                                    vom letzten Mal heranzukommen-, auf der        ein gelungener Einstieg in die Thematik war,
                                                                    anderen Seite wollte diese Malerei- Übung      die mit dem anschliessenden Input vertieft
                                                                    nur als eine Weiterführung zum Zeichnen        wurde.
                                                                    verstanden sein und sollte nicht allzu stark   Den Umstand, dass die Formen von Früch-
                                                                    gewichtet werden.                              ten eine Selbstverständlichkeit war, insbe-
                                                                    Wichtiger ist es mir, neben den Medien         sonders deshalb, weil diese ja in den ersten
                                                                    Bleistift und Farbe ein drittes einzuführen,   vier Lektionen untersucht worden sind, be-
                                                                    nämlich den Buchstaben/die Schrift, als ge-    trachtete ich als gegeben.
                                                                    läufigstes Ausdrucksmittel.                    Die Problematik an der ganzen Sache war
                                                                    Da wir im Folgenden immer wieder kurze         jedoch die, dass ein leeres Photoshop Do-
                                                                    Texte aus der Literatur zum Thema Essen        kument eine andere Erscheinung als es ein
kevin_grab.gif                            markus.gif                                                               leeres Blatt hat; der erste Strich ist schnell
                                                                                                                   gesetzt. Meiner Erfahrung nach ist dies auf
                                                                                                                   der Leinwand schon schwieriger, da man
                                                                                                                   statt mit Strichen mit Flächen oder Flecken
                                                                                                                   malt. Die ultimative Herausforderung, um mit
                                                                                                                   der Arbeit zu beginnen, schien jedoch dieses
                                                                                                                   leere Photoshop-Dokument darzustellen, auf
                                                                                                                   welchem die Buchstaben hätten platziert
                                                                                                                   werden sollen!
                                                                                                                   Diese drei Medien Zeichnung, Malerei und
                                                                                                                   Computer scheinen verschiedene Systeme
                                                                                                                   zu sein, die jeweils einen anderen Zugang
patrizia.gif                              sascha.gif             fabienne.gif
                                                                                                                   erfordern...
Reflexion: Typografie                                                                                                                                                                        7

Reflexion: Die Frucht aufs Dokument zu bringen war       Auf jeden Fall konnte er die Leistung, welche seine                       grenzten Abläufen unterfordert und die Transferleis-
für die Lernenden -trotz der Orientierungshilfe der      Mitschüler ebenfalls mit Müh und Not lösten, nicht                        tung, die sie erbringen sollten, in dem sie die vorher
Zeichnung (Lektion 1 und 2) und der Malerei (Lektion     bewältigen; er brachte den Transfer von der gemalten                      zeichnerisch und malerisch erprobte Form einer
3 und 4)- keine leichte Angelegenheit. Auch das Ar-      Birne zur virtuellen nicht zu Stande.                                     Frucht in den virtuellen Raum überführen sollten (aus
beitsblatt zum Thema Wie kann man zwischen guter         Gadis Erwartungsaltung gekoppelt an den Umstand,                          dem Nichts heraus) überfordert.
und schlechter Gestaltung unterscheiden? (siehe An-      dass die Arbeitsblätter zum Programm Photoshop
hang) bot wenig Hilfe.                                   von Niemandem berücksichtigt worden sind (mehr zu                         (Besonders virtuelle) Arbeiten, die einen geringen
Exemplarisch dazu ein Beispiel: Flavio fragte mich,      dieser Thematik auf Seite 11: Über den Sinn und Un-                       Abwechslungsreichtum beinhalten, solten wohl nicht
wie er denn vorgehen kann. Soll er zuerst die Kon-       sinn von Arbeitsblättern zu Computerprogrammen),                          in den ersten zwei Jahren behandelt werden, da die
turen mit einem Buchstaben „ziehen“ oder an einer        führte dazu, dass ich während der gesamten sechs                          Lernenden zu diesem Zeitpunkt den Fokus ihres In-
beliebigen Stelle beginnen und sich die Form Schritt     Lektionen, in denen wir an der Typografie arbeiteten,                     teresses auf bunte, bewegte Bilder richten, für deren
für Schritt erarbeiten?                                  permanent gefordert war.                                                  Umsetzung Materialien gewählt werden müssten, die
Ich erzählte Armin in der Pause davon und er fragte      Ich hätte mir im Vorfeld genauer klarmachen sollen,                       schon aus sich heraus eine professionelle Ästhetik
nach: „und, was hast du geantwortet?“ - „Ich habe ihm    welche Funktionen im Photoshop für die Lernenden                          gewährleisten (siehe dazu die Dokumentation des
gesagt, er müsse das selber entscheiden.“ - „Aber,       von Bedeutung sein könnten und welche Arbeitspro-                         Orientierungspraktikums „Stop Motion Projekt“ auf
das ist doch klar: Wenn er die Kontur einmal hat, wird   zesse dafür verwendet würden. So war diese Aufgabe                        http://abziehbildli.ch.vu) und dies tun schwarze Buch-
man ihn nie wieder dazu bewegen können, sie zu           ein monotones Hin- und Herschieben von Buchsta-                           staben kaum!
zerstören, auch wenn sie noch so falsch ist!“ das war    benelementen, die nichts Erfrischendes an sich hatte
allerdings eine Antwort!                                 und gerade deshalb die gestalterische Herausforde-
Das war jedoch erst der Anfang: Bei fortschreitender     rung nicht gewährleisten konnte.
Auseinandersetzung hatte jedeR mit seinen eigenen        Die SchülerInnen schienen mir mit diesen eng be-
Problemen zu kämpfen. Fabienne konnte sich die
Orange überhaupt nicht plastisch vorstellen, Sascha
kämpfte gegen die Ecken in seiner Kiwi, Markus wuss-
te nicht, wie das Licht auf die Banane fällt und einen
Schatten wirft und Jan schliesslich blieb mit seiner
Darstellung komplett im zweidimensionalen Modus
(siehe Beispiele rechts auf Seite 6),
Gadi aber war überfordert: Ob es an seiner jüdischen
Herkunft und der damit einhergehenden Tradition des
Bildverbotes zusammenhängt, bleibt fraglich, denn
in einem persönlichen Gespräch sagte er mir, dass
sein Vater nicht religiös sei und dass dieser ihm ei-
nen Privatlehrer dafür engagierte (was jedoch auch
bedeuten könnte, dass sein Vater religiös erzogen
wurde und selber in seiner Individuation nie mit dem
Abbildverfahren in Kontakt kam und es darum auch
nicht seinem Sohn beibringen konnte. Über die Mutter
hat Gadi nichts gesagt und ich wollte da auch nicht
weiterbohren...).
                                                         Links das banale Beispiel, rechts die gelungene plastische Darstellung mittels schwarzer Buchstaben: typografie_nebeneinander.gif
8                                                                                             Durchführung: Collage

                                                                Übersicht: Wie in den Rahmenbedingungen beschrieben, wollte ich bei min-
                                                                destens einer Arbeit die Auseinandersetzung der Lernenden mit ihrer Thematik
                                                                vertiefen. Was mir in der Typografie ansatzeise gelungen schien, sollte in der
                                                                Collage verwirklicht werden.
                                                                Verhältnissmässig wenig Zeit (vier Lektionen) wurden in die effektive Umset-
                                                                zungsphase investiert. Hauptaugenmerk sollte auf der Planung und Konzepti-
                                                                on (schriftlich wie bildnerisch) liegen.
                                                                Um die Lernenden nach den Weihnachtsferien wieder auf die Thematik fast
                                                                food, fast culture aufmerksam zu machen, knüpfte ich an den Feiertagen an:
                                                                Sie sollten von den Ritualen ihrer Familie erzählen. In etwa 80 % der Fälle
                                                                wurde an Weihnachten Schinken im Brotteig gegessen und an Sylvester gab
                                                                es Fondue Chinoise! Auf dieser persönlichen Ebene fuhren wir fort. Es wurde
                                                                mittels eines Brainstormings eine Idee für ein eigenes Essenskonzept erar-
                                                                beitet (dass das Brainstorming schlussendlich eine Liste war, und wie diese
                                                                Ent-visualisierung zu Stande kommen konnte, versuche ich u.a. auf Seite 10 in
                                                                über einige Regime der Einbildungskraft herzuleiten).
                                                                Als ich gemerkt habe dass die SchülerInnen sprachlich nicht so gut gerüstet
collage_gadi_klein.gif       collage_patrizia_klein.png         waren, wie erhofft, verblieben wir noch vier weitere Lektionen bei dieser wich-
                                                                tigen Ausdruckstechnik und feilten an ihr.
                                                                Das Leitmotiv für meine Beharrlichkeit war die konzeptuelle Vorgehensweise:
                                                                Wenn man viel Zeit in die Vorbereitung investiert und genau weiss, was man
                                                                machen will, geht die Realisierungsphase nicht mehr so lang; ob ich damit
                                                                Recht behielt?
                                                                Durchführung: Wir fragten uns also, wie eine zeitgenössische Geste des
                                                                Essens aussehen könnte. Was wir uns bisher als theoretische Inputs erar-
                                                                beiteten, sollte endlich selber erprobt werden! Als Inspiration diente uns die
                                                                schlicht gestaltete jedoch in auffällige Ästhetik transportierte iPod- Werbung
                                                                von Apple. Das Ziel war also klar, doch wie sah der Weg dorthin aus?
                                                                Alle Teilschritte wurden auf zwei A4- Seiten den Lernenden schriftlich mitge-
                                                                geben. Sie konnten sich an der Zeiteinteilung orientieren, hatten die Bewer-
                                                                tungskriterien vor sich inklusive Hilfe in Form von Merksätzen (siehe Anhang:
                                                                Aufgabenblatt für die Collage“).
                                                                Der Konzeptuelle Ansatz vermittelte ich durch ein Bild: Wie ein Kochrezept
                                                                die Zutaten und die Vorgehensweise festhält, mit denen ein Gericht zubereitet
                                                                wird, enthält das Konzept -für jeden entzifferbar (was nicht immer so einfach
                                                                war)- die Zutaten der Gestaltungsarbeit.
                                                                Dass Schreiben oder Mindmaps-Machen sehr viel mit Gestaltung zu tun hat,
                                                                besonders mit dem Weg hin zu einer gelungenen Gestaltung, das wollten die
                                                                Lernenden aber nicht verstehen (detaillierter formuliert auf Seite 10).Sie woll-
collage_fabienne_klein.gif   collage_kevinversion_5_klein.gif
Reflexion: Collage                                                                                                                                                     9

ten die mühsame Arbeit am Konzept so schnell wie möglich hinter sich bringen           Da das Hauptaugenmerk auf
und am Computer arbeiten.                                                              dem Konzept lag, sind alle hier
Nachdem die SchülerInnen Mühe mit dem formulieren des Konzeptes hatten,                abgebildeten Arbeiten als work
stellte sich am 20. Januar heraus, dass das Kreieren des Slogans ebenfalls unge-       in progress zu verstehen.
ahnte Schwierigkeiten mit sich brachte. Die Lösungsvorschlage zu den Slogans           Es fehlen die Collagen von Sa-
waren keineswegs in einer spielrischen Leichtigkeit geschrieben, sondern waren         scha (er suchte zu lange nach
so trocken, dass sie das von mir gewünschte Klick-Moment keineswegs erreichten         Bildern im Internet und ver-
und dass dem Essenskonzept jede Identität fehlte. Was konnte ich tun?                  nachläsigte die Komposition)
Reflexion: Den ersten Schritt machte die Praxislehrperson Armin Frischknecht,          und Flavio (ist wegen Krankheit
in dem er die Website http://www.ruflanz.ch aufrief und wir gemeinsam die Be-          entschuldigt)..
ziehung von Text und Bild auf den Plakaten des Werber des Jahres analysierten.         Untergegangen ist der däni-
Somit konnten sich die Kinder von ihrem Prozess -indem sie knietief steckten und       sche Austauschschüler Emil,
einfach nicht weiterkamen- lösen und sehen, wie jemand anders ihre Aufgabe             der uns in den letzten sechs
umsetzte.                                                                              Lektionen begleitete- ich habe
In einem zweiten Schritt habe ich für den 27. Januar spontan eine Redaktionssit-       ihn schlicht und ergreifend
zung ins Leben gerufen, an welcher jeder Lernende in der Position des Werbers          vergessen!                        collage_jan_2_klein.gif
sein eigenes Konzept vorstellte. Der Rest der Klasse nahm dann die Rolle der
Redaktion ein und jedes vorgetragene Konzept stand offen zur Diskussion. Es
herrschte begeisterte Beteiligung, obwohl gewisse Konzepte zu sehr im Detail
diskutiert wurden (zum Beispiel, wenn das Restaurant jung und alt beherrbergen
müsse, dann sollten auch zwei separate Eingänge vorhanden sein, dass sich die-
se zwei Lebenswelten nicht durchmischen, denn die Jungen finden die Alten blöd
und die Alten finden die Jungen blöd etc...). Obwohl die Kiritik nicht immer unbe-
dingt auf das Generieren einer Markenidentität herauslief, hat es den Lernenden
geholfen, andere Stimmen zu hören und den bisherigen Stand zu überdenken.
Das Sprach- und Wortspiel für den Slogan wollte jedoch nie richtig funktionieren,
obwohl die Kinder im Deutschunterricht sich gerade mit dieser Thematik ausein-
andersetzten; deshalb ist auf den meisten Arbeiten noch kein Text vorhanden. Ich
hoffte, dass das Generieren eines Slogans leichter fiel, wenn die Lernenden einen
ersten Eindruck davon hätten, wie das Bild aussieht (doch auch das hätte in der
Skizze ja schon ersichtlich werden sollen).
Die Collagen wurden also nicht termingerecht fertig: Ob es schlussendlich daran
lag, dass sich die Klasse sprachlich nicht gerade auf dem höchsten Level be-
wegte oder ob es an der abstrakten Vorgehensweise -der konzeptuellen- lag, ist
schwierig zu beurteilen. Sieht man den Prozess jedoch unter dem Gesichtspunkt,
dass nicht einfach die erste Idee umgesetzt wird, halte ich meine Beharrlichkeit für
durchaus ergiebig.

                                                                                       collage_melisande_klein.gif                          collage_markus_klein.png
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                                                                                                       über einige Regime der Einbildungskraft (ein Versuch)

     „Sie, aber schreiben hat ja überhaupt Nichts mit
     Zeichnen zu tun!“ Steht Bildnerisches Gestalten auf           dem    nige taten dies nie- ich war einer von denen.      die den Sinn des Gesagten (bzw. des Ge-
                       Stundenplan, ist man sich gewiss: Wir              „Den Text liess ich immer aus seiner Linearität    schriebenen) in keinster Weise veränderten,
                       machen etwas mit Bleistift, wir Malen, Mo-         heraus entstehen. Denn was ist ein Text? Eine      sondern dieselbe Aussage anders ausdrück-
                       dellieren oder Arbeiten an einem Bild am           Momentaufnahme.“                                   ten- ein Beispiel:
                       Computer. Der direkte Umgang mit etwas,            „Und weiter nichts? Er will doch etwas ausdrü-     „Auch wenn Sie unsere Spaghetti umhauen,
                       das von Anfang an Bild ist, steht bevor und        cken, der Text! Wenn man ihn einfach so -à la      wir sind darauf vorbereitet!“ oder
                       die Ankunft des Zeichens wird erwartet.            écriture automatique- fliessen lässt, geht dann    „Wollen Sie herausfinden, wie wir Sie umhau-
                       Und wenn das Zeichen ausbleibt? Wenn               nicht sein Ausdruck verloren?“                     en, und wir Sie trotzdem weich landen lassen?
                       statt dessen Buchstaben und eigenartige            „Welchen Ausdruck meinst du; Form oder             Besuchen Sie uns!“
                       Diagramme zur Diskussion stehen?                   Inhalt? Schliesslich gibt es den Ausdruck der      Es wartete ein Haufen Arbeit auf mich, von der
                       Dieser Text reflektiert den Lernprozess            lebendigen Sprache (Form) und denjeigen            ich selber nicht mehr wusste, wie ich sie sonst
                       eines Schülers/einer Schülerin: Was ein            der beabsichtigten Gedanken, die zum Text          noch angehen könnte...
                       Bild sein kann und dass Diagramme in               führten (Inhalt)!“                                 Schlussendlich passierte etwas völlig uner-
                       Anwesenheit der Schrift sehr wohl mit dem          Beide Positionen haben Recht. Wie verhält          wartetes: Ich liess die Mappe mit den Arbeiten
                       Zeichenunterricht zu tun haben!                    es sich aber mit der Idee? Hat man auch eine       darin (die ich zur Benotung mit nach Hause
                       Als die SchülerInnen die Aufgabe erhielten,        Idee, wenn sie nirgends festgehalten wird?         genommen hatte) im Zug liegen; sie ist bis
                       ihre Ideen für ein eigenes Essenskonzept zu        Ist es gar einfacher, mit der Idee, die nirgends   heute nicht aufgetaucht, das heisst, die Ideen
                       visualisieren, stellte ich mir ein Brainstorming   geschrieben steht, zu arbeiten? Schliesslich       waren tatsächlich verloren! Tatsächlich?
                       vor. Trotz Klärung des Begriffs und obwohl ei-     merkt man immer erst, ob sie funktioniert,         Dass die SchülerInnen jetzt mit ihren Ideen
                       nes exemplarisch an die Wandtafel gezeichnet       wenn man tatsächlich an der Arbeit ist. Die Ar-    alleine dastanden und auf keine schriftliche
                       wurde, nutzten nur Wenige diese Methode zur        beit beeinflusst die Idee ja auch massgeblich.     Fixierung mehr zurückgreifen konnten bzw.
                       Gewinnung von Lösungen.                            Und wenn diese Idee nirgends geschrieben           mussten, veränderte den Zugang zu ihrer Ar-
                       Die meisten fackelten gar nicht lange: „Sie, ich   steht, kann man auch nicht mit dem Vorwurf         beit: Während der Arbeit am Bild entstanden
                       habe eine Idee, kann ich jetzt in den Compu-       behaftet werden „das war aber nicht deine          neue Möglichkeiten und Assoziationen.
                       terraum?“.                                         beabsichtigte Idee, oder?“ man ist sozusagen       Mit Mindmaps und Konzepten zu arbeiten
                       Auch dass in einem Brainstorming verschie-         fein raus!                                         scheint mir eine Frage der Gewöhnung zu
                       denartige Begriffe wertefrei nebeneinander-        Alles Andere bedeutet Mehraufwand und              sein. Es heisst ja nicht, dass eine Idee genau
                       stehen, auch solche, die vielleicht nie zur        man hat ja nur zweimal 45 Minuten Zeit, also       so herauskommen muss, wie sie im Konzept
                       Umsetzung kommen, oder welche, die man             vorwärts! Also ist der Leistungsdruck an Mit-      formuliert worden ist: Die Angst davor, deswe-
                       gleich nach dem Niederschreiben wieder             telschulen auch im Bildnerischen Gestalten         gen eine schlechte Note zu bekommen, muss
                       verwirft, konnten sie nicht einsehen: „Aber ich    spürbar?                                           abgebaut werden! Die Arbeit an einer Idee und
                       habe doch eine gute Idee, warum muss ich die       Die Ideen sind schlussendlich irgendwie auf        mit ihr der Prozess trägt Wesentliches zur Ver-
                       anderen auch aufschreiben?“.                       dem Papier gelandet- wie durch Zuberhand!          änderung der Idee bei. Und wenn die Arbeit
                       Eine Idee haben ist das eine. Ich erinnere         Und wie weiter? „Sie, ich finde diesen Slogan      am Schluss nicht so erscheint, wie sie im Kopf
                       mich, dass jedesmal, wenn wir im Deutschun-        lustig, ich nehme den!“ Forderte ich die Klas-     beabsichtigt war, ist das nicht weiter tragisch:
                       terricht einen Aufsatz schreiben mussten, alle     se auf, Alternativen zu formulieren, waren es      Wir denken unser Leben lang ja nur einen Ge-
                       ihre Brainstormings machten, nur ein paar We-      keine Alternativen, sondern Abwandlungen,          danken, einfach mit kleinen Variationen!
Plötzlich diese Übersicht- doch Niemand berücksichtigt sie!                                                                              11
über den Sinn und Unsinn von Arbeitsblätttern zu Computerprogrammen

Eine Schulklasse besteht aus verschiedenen Teil-        die Reihenfolge der einzelnen, sagen wir, Mikroar-
nehmern mit je unterschiedlichem Können und             beitsschritte fest!
Wissen. Dass diese Tatsache sich auf das Ver-           Zweitens: Während wir in der Zeichnung oder der
mitteln auswirkt ist klar; doch sobald es um Com-       Malerei Entscheidungen mit physischer Präsenz
puterkenntnisse (insbesondere um Kenntnisse             bewältigen (die Linie wird dadurch gezeichnet, dass
bestimmter Programme) geht, erhält diese Bemer-         man mit dem Stift eine Grafitspur in das Trägerma-
kung besonderes Gewicht: Mit unterschiedlichem          terial einbrennt; ein Klecks wird durch die flüssige
Vorwissen sollen alle Teilnehmer des Systems            Farbsubstanz auf den Borsten des Pinsels auf das
Schulklasse in gleicher Zeit dieselbe Aufgabe un-       Blatt getragen), haben wir auf dem Bildschirm diese
ter denselben Bedingungen meistern.                     virtuellen Mikroarbeitsschritte, die unheimlich flink
Eine gute Antwort, wie diese Diskrepanz bewältigt       ausgeführt werden, jedoch keinerlei physische Erfah-
werden könnte, waren meiner Meinung nach Ar-            rung generieren.
beitsblätter zum Programm Photoshop.Ich habe
mich geirrt!                                             Dieser Tatsache verdanken Lehrpersonen den Stress oder das Unver-
Der Strich auf dem Blatt und der Farbtupfer auf der     Wird einer dieser Mikroarbeitsschritte (die ja schnell ständnis der Lernenden!
weissen Fläche sind (inzwischen) eine Selbstver-        ausgeführt werden können), vergessen oder über-
ständlichkeit geworden.                                 sprungen, gerät dieser eine Ablauf ausser Kontrolle
Der Unterschied dieser zwei Darstellungssysteme zur     und ist nicht mehr ausführbar.
Methode der virtuellen, computerbasierten scheinen      Diese rasante Bewältigung führt also dazu, dass das
die aktiven Vollzugsprozesse zu sein: Der Strich wird   Arbeitsblatt nicht zu Rate gezogen wird, denn das
gezogen, der Farbklecks wird -nach dem er gemischt      Problem muss auf diesem zuerst gesucht werden,!
wurde- auf dem Blatt bewusst platziert; diese Vorgän-   Das aber bedeutet Mehraufwand, einen im zeitlichen
ge werden vollzogen und können visuell mitverfolgt      Vergleich zu einem Mikroarbeitsschritt ungeheuren
werden. Das Bearbeiten einer Fläche mittels Buchsta-    Mehraufwand, also ruft man lieber den Lehrer, der ja
ben aber folgt einem anderen Modus: zwei Tatsachen      sowieso weiss, wie es funktioniert!
sind ausschlaggebend.                                   Eine Lösung ist, die Lernenden darauf aufmerksam zu
Erstens: Viele kleine Elemente müsse auf dem            machen, sich doch bitte gegenseitig zu helfen. Weil
Bildschirm hin- und her geschoben werden. Diese         diejenigen, die sich in den verschiedenen Abläufen
Bewegung -nennen wir ihn Ablauf- erfordert jedoch       und Prozessen gut auskennen und auf einer Stufe mit
eine Reihe von vorherhenden Handlungen: Um ein          den anderen Klassenmitgliedern stehen,kann es auch
Buchstabenelement modifizieren zu können, muss          nicht schlimm sein, wenn sie mal nicht mehr helfen
die richtige Ebene ausgewählt sein (dies erfordert,     wollen, und es den Betreffenden auch sagen; in ihrem
dass man weiss, wo sich diese befindet, wenn man        eigenen Ton, in ihrem eigenen Ausdruck, in iherer ei-
die Funktion „Ebenen automatisch anwählen“ nicht        genen Sprache.
aktiviert hat). Was sich also vom Vorgang Zeichnen,
bzw. Malen abhebt, ist das technische Know- How;
das Verständnis für programminterne Prozesse.
Das Verständnis für Programminterne Prozesse legt
12                                                   Man will immer zuviel!
                                                     über den Durchgang einer Lehrperson durch zwei ziemlich kurze Zeiteinheiten

                      „Da musst du keinen Vortrag vorbereiten,    aufgesucht-- es war eine Menge Arbeit         um die Stelle ging, als ich von den Völ-
                      wenn du ins Museum gehst; es ist doch       (diese zwei Lektionen werden wohl in          kerwanderungen erzählte und dass die-
                      super, wenn die Kinder sich die Dinge       meine persönliche Geschichte eingehen         se die Essgewohnheiten entscheidend
                      einfach mal anschauen und Eindrücke         als „länster Input aller Zeiten“).            mitbestimmten, ich auf Worte wie Me-
                      davon mit nach Hause nehmen.“ Also          Schon bei der Ideensuche stiess ich auf       rowinger oder Feudalismus zu sprechen
                      brauchte ich Nichts vorzubereiten?          Schwierigkeiten: Kann ich die Episode         kam, war es schon wieder wie Unterricht.
                      Natürlich verbrachten wir nicht zwei Mal    mit Mr. Creosote aus „der Sinn des Le-        Der darauf folgende Ausschnitt aus Ma-
                      45 Minuten im Museum: Geplant war           bens“ von den Monty Pythons den Kin-          trix: Reloaded machte mir bewusst, wie
                      ein Ausflug ins Museum für Gestaltung       dern am frühen Morgen zumuten? Ist der        schmal der Grat sein kann, bzw. wie
                      in Zürich an die Ausstellung take away,     Beginn von Peter Greenaways „the cook,        zerbrechlich die Sprache ist!
                      deren Thematik mit unserer überein-         the thief, his wife and her lover“ nicht zu   Dem Wunsch, während der Pause wei-
                      stimmte. Doch fast die Häfte der Zeit       brutal und deshalb für 16- jährige unge-      terhin Matrix schauen zu dürfen, kam ich
                      ging für die Hin- bzw. Rückreise und für    eignet? Ich besorgte mir mal alle Filme       nach.
                      Administratives verloren.                   und entschied dann später, welchen ich        Übrigens: Der Sinn des Lebens sorgte
                      Zu sehen waren auch keine Bilder, son-      zeigte und welchen nicht.                     für Furore und es schieden sich die Geis-
                      dern Design- Objekte. Dementsprechend       Ausserdem wollte ich die Bilder und Fil-      ter in einer anschliessenden Diskussion!
                      war keine Kontemplation gefordert, son-     me in einen kulturellen/ zeitgeschichtli-     Schlussendlich zeigte ich der Klasse
                      dern aktive Partizipation durch Studieren   chen Kontext stellen unter Zuhilfenahme       noch ein paar Bilder zeitgenössischer
                      der thematisch gegliederten Kontexte.       der Bücher, die im Anhang erwähnt sind.       Kunst, wofür sie sehr viel Interesse
                      Die Ausstellung war insofern komplexer      Der Gedanke dahinter: Am Tag vor den          zeigten; Besonders für die Chapman
                      als eine Präsentation gemalter Bilder,      Ferien wird in den meisten Fällen nicht       family collection und den Bildern von
                      da die Objekte in ihrem sozio- kulurellen   mehr viel gearbeitet. Dementsprechend         John Currin!
                      Kontext wahrgenommen werden muss-           musste ein Alternativprogramm her, das        Wie Armin sagte: „Ist doch super, wenn
                      ten. Dies konnten die SchülerInnen von      ich aber nicht auf das Filmekucken be-        die Kinder sich die Dinge einfach mal an-
                      sich aus nicht bewerkstelligen!             schränken wollte.                             schauen und Eindrücke davon mit nach
                                                                  Wie in meinem Unterrichtskonzept auf          Hause nehmen“.
     Das wäre dann wohl auch die Erklärung dafür,                 Seite 15 beschrieben, wollte ich einen
     warum sie sich sogleich auf die Filme stürz-                 allumfassenden Input präsentieren, der
     ten: Da wurde Wissen anschaulich vermittelt!                 tatsächlich neunzig Minuten gedauert
                                                                  hätte...
     Edutainment- eine gewohnte Form der Aufnahme                 Man vergisst schnell, dass die Lernen-
     von Fakten.    Und da wir gleich beim Stichwort Vorbe-       den auch Zeit brauchen, um an ihren
                      reiten und Edutainment sind: Für keine      Arbeiten rumzuwerkeln, und man nicht
                      andere Lektion habe ich wohl soviel         zuviel Informationen auf sie nieder-
                      vorbereitet, wie für den Input vor den      prasseln lassen sollte. Und wenn man
                      Ferien!                                     die Informationen wirklich edutainment-
                      Nach dem Brainstorming wurde im In-         mässig aufbereitet?
                      ternet nach Bildern und Filmen gesucht,     Es hätte wohl genützt und mein Input
                      die Biblio- und die Videothek habe ich      wäre aufgenommen worden. Als es aber
Was man sagen kann...                                                                                                                                                       13
das Sprechen über Bilder und die dahinterliegende Absicht

„Was man sagen kann, soll gesagt werden, über alles       Ludwig Wittgenstein beschäftigte sich nach seinem         so oder so lösen?“ ist das nicht als Unsicherheit des
andere muss man schweigen.“                               Buch Logisch-philosophische Abhandlung, aus dem           Lernenden zu deuten, sondern eher als ein initiiertes
Ludwig Wittgenstein                                       das Zitat stammt, lange Zeit nicht mehr mit der Philo-    Sprachspiel um rauszukriegen, wie die Aufgabe am
                                                          sophie, sondern arbeitete als Handwerker und Lehrer.      effizientesten gelöst werden kann.
Als der bekannte Sprachphilosoph Ludwig Wittgen-          Sein zweites Buch erschien erst nach seinem Tod.          Als ich die Schülerinnen und Schüler darauf angespro-
stein über sein Buch Logisch- philosophische Abhand-      Wie kommt es, dass Rimbaud meinte, alles gesagt zu        chen habe, warum sie soviel fragen, antworteten sie
lung sprechen sollte, passierte etwas Interessantes:      haben und sich nie wieder mit der Dichtung beschäf-       mir: „das gibt eine gute Mündlich- Note“.
Er nahm ein Bild zur Hilfe!                               tigt, Wittgenstein hingegen sich später wieder der        Ich erklärte ihnen, dass ich sehr wohl wisse, dass es
Sein Buch sei für den Leser wie eine Leiter: Und für      Philosophie zuwendet?                                     verschiedene Arten von Fragen gibt und dass man
diese ist ein bloss einmaliger Gebrauch vorgese-          Könnte es eventuell an der Beschäftigung mit dem          solche, die nach praktischen Antworten suchen, sich
hen—ein einmaliger Aufstieg jedes Lesers genügt           Spiel liegen? Könnte es daran liegen, dass Wittgen-       selber beantworten muss. Denn man kann sagen,
zum erlangen seiner Weltsicht. Dieser Aufstieg ist der    stein die Radikalität eines Müssens (das Rimbaud so       dass man auch in der Gestaltung etwas muss, näm-
einzige Verwendungszweck der philosophischen Lei-         faszinierte) ablehnte, während er als Lehrer arbeitete?   lich durch den Umgang mit Sprache und Bild eigene
ter, danach kann sie weggestellt werden.                  Was kann man über das Lehren und Lernen sagen?            Erfahrungen sammeln!
In Peter Handkes Roman „Mein Jahr in der Niemands-        Was ich in meiner Tätigkeit als Lehrer für Bildneri-      Die Tätigkeit als Lehrperson in Gestaltung und Kunst
bucht“ besucht der Ich- Erzähler den ehemaligen Phi-      sches Gestalten und in Erinnerung an meine eigene         soll das Ausprobieren und Basteln an eigenen Lö-
losophen in seinem Restaurant in Porchefontaine. Der      Schulzeit erfahren habe ist, dass das, was die Schü-      sungsversuchen ermöglichen. Dieses explorative
Geisteswissenschaftler hat seinen Job an den Nagel        lerinnen und Schüler am schnellsten lernen, nicht der     Verhalten eröffnet neue Sichtweisen auf die eigene
gehängt und kocht jetzt für seine Gäste—das wird im       behandelte Stoff ist, sondern sie lernen am besten,       Persönlichkeit und zeigt alternative Strategien auf,
Roman mit einem wittgenstein‘schen Bild verdeut-          wie sie das, was von ihnen verlangt wird, mit einem       wie die Welt auf vielfältige Art und Weise verstanden
licht: An den Wänden des Lokals sind überall Leitern      Minimum an Aufwand und zum grössten Gefallen der          werden kann.
aufgehängt.                                               Lehrperson erledigen können.
                                                          Konstruktionistisch gesehen kann man sagen: Die
„Man muss modern sein!.“                                  Schülerinnen und Schüler sind eingebunden in ein          dieser Text ist ein Auszug aus meinem Referat „Was
Arthur Rimbaud                                            System, welches aus verschiedenen Klassenzimmern          man sagen kann...“ für die mündliche Diplomprüfung
                                                          besteht. In jedem sitzt eine Lehrperson und hält ihr      in Pädagogik und Psychologie vom 14.02.2006
Peter Handke wird einmal in die Geschichte eingehen       Fach für das wichtigste; dementsprechend werden
als moderner Schriftsteller. Modern deshalb, weil er      Leistungen gefordert!
sich konsequent der gesprochenen Sprache verwei-
gert, in einer Zeit, in der jeder das Gefühl hat, seine   Man muss nicht erwähnen, dass sich die Lernenden mit ungeheuren
Meinung sagen zu müssen: Handkes Personen zeich-          Anforderungen konfrontiert sehen und dementsprechend auch Stra-
nen sich nicht durch das aus, was sie sagen; eher
dadurch, dass ihre Handlungen beschrieben werden.         Das Unterrichten (besonders das Bildnerische Ge-
                                                                                                           tegien entwickeln.
Handke findet nicht, dass alles, was man sagen kan,       stalten) ist ein Spiel mit vielen verschiedenen Teiln-
auch gesagt werden soll; im Gegenteil, es besteht die     hehmern, deren Spielregeln anders als bei anderen
Möglichkeit des Schweigens!                               Fächern nicht strikt sind—es gibt keine Anleitung zur
Arthur Rimbaud behauptete mit 27 Jahren, alles ge-        Gestaltung; allfällige Gesetzmässigkeiten müssen im
sagt zu haben. Den Rest seines Lebens verbrachte          Lernprozess selber erfahren werden!
er damit, als Kauffmann in der Welt herumzureisen.        Werde ich als Lehrperson also gefragt „soll ich das
Anhang                                                                                                                                                                 15
                                                 Links zum Unterrichtmaterial
                                                       http://www.guggenheimcollection.org                                     Bilder von Jeff Koons
                                                       http://www.desperatehousewifes-inside.de.vu                             Trailer der Soap als Filmstill
                                                       http://moorstation.org/typoasis/tbp/topic/romworx/index.htm             englische Site zur Schriftentwicklung
                                                       http://www.kunstdirekt.net/andreapalladio/start.htm                     private Website über Andrea Palladio

    Theorie
                                                       http://www.ni9e.com                                                     Flashanimationen (u.a. J. Lennon)
                                                       http://www.ruflanz.ch                                                   Website der Werbeagentur Ruf/Lanz
         Speisen, Schlemmen, Fasten                    http://www.apple.com                                                    iPod- Trailer
         Die Kulturgeschichte des Essens               http://www.matrix.com                                                   Matrix Trailer
         div. Autoren
         Insel Verlag, Frankfurt 1995
                                                                                                               Literatur
         Europäische Esskultur                                                                                       Marcel Proust: „In Swanns Welt“
         Von der Steinzeit bis heute                                                                                 Suhrkamp, Frankfurt, 1964
         Gunther Hirschfelder
         Campus Verlag, Frankfurt. 2001
                                                            Filme
                                                               Matrix Reloaded
                                                                                                                     Alessandro Baricco:„City“
                                                                                                                     Carl Hanser Verlag, Munchen 2000
         Bildung,
         Alles, was man wissen muss                               Don Giovanni
         Dietrich Schwanitz                                       Monty Python: The Meaning of Life
         Eichborn, Frankfurt, 1999                                The cook, the thief his wife and her lover
                                                                  Alice im Wunderland
                                                                  Das Gespenst der Freiheit
                                                                  2010 A space odyssee
                                                                  eat drink man women
                                                                  fast food, fast women
                                                                  supersize me
                                                                  big mac, small world
                                                                  pulp fiction

   Links zur Inspiration
      http://www.patriciawaller.com/images.html                            künstlerische Häkelarbeiten
      http://www.rundgang-kunst.de/portal/magazin/artikel.php?sid=644      über Eat Art
      http://www.grg23vbs.ac.at/2002/eat-art.html                          ein Schülerprojekt
      http://www.snappyprof.com/students/fastfood.html                     Fast Food vs. Kunst
      http://www.kusem.de/lk/still/stilset.htm                             kunstgeschichtlicher Abriss über das Stilleben
      http://www.math-inf.uni-greifswald.de/mathematik+kunst               Albrecht Dürer und die Geometrie
      http://members.aon.at/neuhold/informatik/zeichen_schrift.html        Lexikon für die gesetzte und virtuelle Schrift
      http://www.drawingpower.org.uk/longframe.htm                         David Hockney Website zum Thema Zeichnen
      http://rectv.ch/                                                     Vetrieb des Dokumentarfilmes „Big Mac, Small World“
11.11.2005                                                                                                Feinplanung Diplompraktikum: fast food, fast culture

          Analogie Kochen und Zeichnen:
                                                                                                                                             Lernziele                 Material
          - Videoanalyse: Kochsendungen (Ausschnitte): Jamie Oliver vs. Nigella Lawson
          - Stilleben (Bleistift) anhand der Analyse (Strichqualitäten)

08:30    Vorstellen meiner Person, Vorstellen des Themas
                                                                                                          das Medium Film nicht auf seine                     TV & DVD
         direkt einsteigen mit Video- Ausschnitten: Schüler machen Notizen                                narrative Struktur reduzieren, sondern sich
08:35    Jamie Oliver, Ausschnitt:        Kapitel „going to the dogs“/Schweinekottlets                    auf aktive Vollzugsprozesse konzentrieren           Notizpapier
                                          mit Thymian, Birnen und Kartoffeln      (6 min.)
08:41    Nigella Lawson, Ausschnitt:      Kapitel „comfort food“/ lemon risotto   (7 min.)                                                                    Schreibmaterial

08:48    Diskussion der Notizen (Analyse), Unterschiede gemeinsam herausarbeiten

         Einführung in die ersten zwei Übungen, Einrichten                                                aktive Vollzugsprozesse differenziert und
08:55
                                                                                                          bewusst zur Sprache bringen
09:00    Stilleben so zeichnen, wie Jamie Oliver gekocht hat

09:15
09:25                                                                                                     den Transfer vom visuell Wahrgenommenen             Früchte:
09:26     Stilleben so zeichnen, wie Nigella Lawson gekocht hat                                           zum eigenständigen Handeln leisten und so           Äpfel, Birnen,
                                                                                                          in der Praxis zwischen zwei (Extrem-) Positi-       Bananen, Kiwis,
                                                                                                          onen unterscheiden können                           Kakis, Litchis,
                                                                                                                                                              Trauben

                                                                                                                                                              Zeichenpapier
09:55     Diskussion der Unterschiede mit Bildbetrachtung:                                                                                                    Format A3
          Alberto Giacometti & David Hockney                                                              Transfer vom soeben Erfahrenen zurück zur
                                                                                                          Welt der Abbildung leisten                          Bleistift (kein
10:05     Aufräumen, Administratives: Zeit für Ausstellungsbesuch?                                                                                            Radiergummi)
10.10

         Zur Videoanalyse-- auf was soll ge-       Eine Kochsendung würde im Kunst-         Zeichnens eine Analogie besteht. Die      tstationen eingerichtet; an der einen
Ablauf

         achtet werden: wie ist das Umfeld,        sektor mit Performance überschrieben     Kinder sollen erfahren, dass man auch     arbeiten die sechs Jungs und an der
         die Küche eingerichtet? Was stehen        werden; Prozessahftigkeit der Kunst.     so zeichnen kann („kribbeln“), wie Ja-    anderen die drei Mädchen.
         für Utensilien bereit? Wie alt sind die   Performativität wird auch übersetzt      mie kocht (eher chaotisch), aber auch     Die Früchte werden in der Mitte die-
         Köche, wie sprechen sie, notiert euch     in „aktive Vollzugsprozesse“. Darunter   exakt, wie Nigella, die das Thema Le-     ser Arbeitststationen arrangiert, jeder
         adjektive! Versucht, zu charakterisie-    versteht man die Art und Weise (Aus-     bensmittelzubereitung sehr bedächtig      Schüler hat eine andere Komposition
         ren! Aber vor allem: Wie kochen sie?      druck) einer Handlung. Ich möchte        angeht.                                   vor sich.
         Welche Hilfsmittel werden benutzt,        herausarbeiten, dass zwischen dem        Die Kinder haben schon eine Sitzord-      Es wird mit Bleistift gezeichnet und
         und wie werden sie benutzt?               Vorgang Kochen und dem Akt des           nung etabliert; es wurden zwei Arbeit-    jeder Strich zählt: Radieren verboten!
18.11.2005                                                                                                   Feinplanung Diplompraktikum: fast food, fast culture

          aus den Zeichnungen wird Malerei:                                                                                                    Lernziele             Material
          kurze Einführung in die Farbenlehre
          eine Frucht einmal figurativ und einmal abstrakt (Muster) abbilden

08:30    Richtigstellung vom letzten Mal: die 2 Zeichnungs- Arten sind gleichwertig!
         Einführung: Farbenlehre                                                                             die Zusammensetzung verschiedener Farben        Arbeitsblatt:
                                                                                                             allein durch Mischung von rot, blau und gelb    Farbkreis nach
                                                                                                             erzielen                                        Itten
08:45    Einrichten
                                                                                                             Erscheinungsfarben korrekt widergeben           Früchte:
08:50    Farben mischen und prüfen (direktes Vergleichen mit der Frucht)
                                                                                                                                                             Äpfel, Birnen,
                                                                                                                                                             Bananen,
                                                                                                                                                             Orangen, Kakis,
09:00    Arbeiten an den 2 Versionen                                                                         die Wirkung der Farbe nicht nur mit ei-         Sternfrüchte,
                                                                                                             nem Gegenstand verbinden, sondern ihre          Trauben
09:15                                                                                                        dekorativen Möglichkeiten erfahren und auf
09:25                                                                                                        verschiedene Formen applizieren                 A4 Papier
09:26                                                                                                                                                        10 x 10 cm
          Arbeiten an den 2 Versionen                                                                                                                        Quadrate

                                                                                                                                                             Pinsel
                                                                                                                                                             Wasserglas
                                                                                                                                                             Gouache

10:00
10.10     Aufräumen

         Einleitung in diese zwei Lektionen mit    Verfügung stehen; ansonsten werde          dass diese für alle Bilder reicht); mit   entwerfen (abstrakt, dekorativ) und
Ablauf

         einer kurzen Farbenlehre: Primärfar-      ich sie ihnen zuteilen- falls alle einen   schwarz abdunkeln und mit weiss           dieses mit den selben Farben malen.
         ben, Sekundärfarben, mischen (auf-        Apfel malen wollen...).                    aufhellen.                                Diesmal unbedingt darauf hinweisen,
         hellen, abdunkeln).                       Die Frucht wird auf einen grauen Un-       Die Farbe auf dem Teststreifen etwas      dass die Tische geputzt werden müs-
         Jeder Schüler wählt diejenige Frucht      tergrund gesetzt und auf ihre Farben       trocknen lassen, bis der tatsächlich      sen!
         aus seiner Zeichnung, die zuvorderst      hin geprüft: Mindestens drei, maximal      gemischte Farbton erscheint.
         abgebildet ist (auf Grund der verschie-   fünf Farben (Farbtöne) aus den drei        Frucht aussuchen, im Quadrat span-
         denen Blickwinkel auf das Stilleben       Grundfarben rot, gelb und blau mi-         nungsvoll platzieren (anschneiden)
         sollten auch verschiedene Früchte zur     schen (genügend Farbe anmischen,           und abmalen, danach ein Muster
25.11.2005                                                                                                   Feinplanung Diplompraktikum: fast food, fast culture

          Typografie: die ausgesuchte Frucht mit Buchstaben darstellen                                                                         Lernziele                 Material
          - Input: Orament und Schrift (Matrix- Trailer & David Carson- Plakate)
          - Arbeiten am Mac (Einführung in Adobe Photoshop)

                                                                                                             die Geschichte des Ornaments und des
08:30    admin: Exkursion und Kompensation klären
                                                                                                             Buchstabens als Gestaltungselement ken-            Mac, Beamer
08.35    Input I : eine etwas andere Bild- Geschichte von der Antike bis heute                               nenlernen
08:50    Zimmer wechseln: Komputerraum, Geräte einschalten, einloggen                                                                                           9 Macs
         Arbeitsblatt verteilen                                                                                                                                 Arbeitsblatt
08:55    Einführung in Adobe Photoshop mit Übungen (Vorzeigen - Nachmachen)                                  Medien- Kompetenz fördern anhand des
                                                                                                             Themas Typografie
                                                                                                             die darauf bezogenen Übungen in die Praxis
                                                                                                             umsetzen
                                                                                                             den Buchstaben als Gestaltungselement
                                                                                                             begreifen und schätzen

09:15
09:25
09:26     Skript und Arbeitsblatt verteilen mit Bewertungs- Kriterien
          (vorlesen lassen!) --> Fragen?

09.30                                                                                                        die vorher kennengelernten Funktionen des
          individuelles Arbeiten an der Typografie
                                                                                                             Programms Adobe Photoshop selbständig
                                                                                                             erproben und anwenden

                                                                                                             das sinnvolle Verwalten von Daten (Adminis-
                                                                                                             tration) lernen
10:00     Dokumente abspeichern, aufräumen
10.10

         Zu Beginn wird im Input zum einen der      alen Auseinandersetzung: Die Frucht       ten. Soll ein Apfel dargestellt werden,   Kriterien werden -erstmals in diesem
Ablauf

         historische Verlauf einer Entwicklung      der letzten vier Lektionen wird mittels   braucht der-/ diejenige die Buchtaben     Praktikum- auf einem Arbeitsblatt fest-
         der Abstraktion abgehandelt (um am         Buchstaben dargestellt.                   a, p, f, e und l, die auf verschiedenen   gehalten und den Kindern verteilt (da
         Thema „Muster entwerfen“ anzu-             Gearbeitet wird im Adobe Photoshop,       Ebenen bearbeitet werden.                 erste grössere Arbeit, deren Benotung
         knüpfen) und zum anderen soll die          wofür eine Einführungen mit Übungen       Als Schrift benutzen wird die Times       mehr zählt, als die vorergehenden
         Entwicklung des Ornaments und des          geplant ist. Die nötigsten Funktionen     New Roman, die Buchstaben selber          Übungen).
         Buchstabens als Gestaltungselement         des Programms werden erläutert.           bleiben schwarz, Format 640 x 480
         kurz aufgezeigt werden.                    Jede Schülerin, jeder Schüler hat         dpi.
         Der Schwerpunkt liegt auf der medi-        dann die Möglichkeit für sich zu arbei-   Solche und andere (Bewertungs-)
Sie können auch lesen