Öffentlicher Verkehr - Mobilität und Klimaschutz 2021-03 - VCÖ
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Mobilität mit Zukunft 3/2021 Öffentlicher Verkehr – Mobilität und Klimaschutz 3 Dank Impressum Publikationen des VCÖ dienen der fachlich VCÖ Als Autor zu zitieren: fundierten Aufbereitung beziehungsweise 1050 Wien VCÖ, Wien, Österreich Bräuhausgasse 7-9 Medieninhaber, Herausgeber Diskussion von Themen aus den B ereichen T +43-(0)1-893 26 97 und Verleger: Mobilität, Transport und Verkehr. Die Art der E vcoe@vcoe.at VCÖ, 1050 Wien Behandlung der Inhalte und die erarbeiteten www.vcoe.at ZVR-Zahl 674059554 Ergebnisse müssen nicht mit der M einung der VCÖ (Hrsg.): Titelbild: unterstützenden Institutionen und Personen „Öffentlicher Verkehr – Sarah Duit übereinstimmen. Mobilität und Klimaschutz“ Lektorat: Karl Regner VCÖ-Schriftenreihe Layout: VCÖ 2021 „Mobilität mit Z ukunft“ Druck: Gedankt sei allen, die die Herausgabe dieser 3/2021 gugler GmbH, Publikation finanziell unterstützt haben. Wien 2021 Auf der Schön 2 ISBN 978-3-903265-10-3 3390 Melk Erstellt durch Beiträge von: • Inhaltliche Mitarbeit • Inhaltliche Inputs • VCÖ-Redaktionsteam Thomas Stütz Helmut Uttenthaler Thomas Sabrina Baumann Gerstenmayer Hakan Kadam Christian Elias Christian Thomas Gratzer Bohun Schäfer Preslmayr Loris Willi Knoll Fabian Nowak Helmut Dorner Irene Koch Michael Bittner Gideon Schwendinger Kreutz Tobias Haider Andreas Ulla Juhász Edith Rasmussen Zöhrer Inserate: Romain Molitor Laura Oliver Katharina EZA Schmid Seiter Lutzky Innsbrucker Verkehrsbetriebe Klaudia Jarosz Salzburg Verkehr Roman Salzburger Verkehrstage Klemenschitz Lina Wagner VOR
Eine App – alles drin! Handy Tickets, Routenplaner, = Abfahrtsmonitor Ticket VOR AnachB App – jetzt runterladen! www.vor.at VOR_APP_Ins_185x136 VCÖ 5-2019.indd 1 08.05.19 21:34 myRegio Jahreskarte EINSTEIGEN WANN DU WILLST, AUSSTEIGEN WO DU WILLST. Durchs ganze Jahr, durchs ganze Land Jetzt einsteigen und 365 Tage um 595 Euro durch Salzburg: mit der myRegio Jahreskarte. Ganz einfach bestellen unter: www.salzburg-verkehr.at/myregio-jahreskarte
1/2021 3/2021 Mobilität mit Zukunft 2/2020 Öffentlicher Good-Practice Verkehr – Mobilität für die Klimafaktor und Mobilitätswende Klimaschutz Reisen 5 Vorwort Millionen Menschen aller Altersgruppen nützen in Österreich täglich den Öffentlichen Verkehr, Foto: privat manchmal nur für kurze Wege, andere Male für die große Reise. Mobilität ist in einer Gesellschaft erst garantiert, wenn die einzelne Person wahlfrei beim Verkehrsmittel ist und nicht abhängig vom Auto im Privatbesitz. Individuelle selbstbestimm- te Mobilität entsteht damit erst durch ein Grund- angebot von qualitativ hochwertigen öffentlich zugänglichen Verkehrsmitteln. Der Öffentliche Verkehr bietet einen enormen Beitrag zur Lebensqualität der Menschen und zum Klimaschutz. Doch der Öffentliche Verkehr ist auch wichtiger Teil der Wirtschaftskraft Österreichs. Österreichs Unternehmen der Bahnindustrie schaffen mit Niederflur-Fahrzeugen, Signaltechnik oder Schienen-Produktion hohe Beschäftigungswirkung, oft mit Weltmarktführung. Öffentlicher Verkehr ist Daseinsvorsorge und bereits dadurch ein Erfolg, dass es ihn gibt. Doch auch auf den Öffentlichen Verkehr warten Anpassungen um zu- » Für individuelle Mobilität ist qualitätsvoller kunftsfit zu sein. Ein Fahrplan im Takt bis in kleine Gemeinden, ein Ticket für alle Öffentlicher Verkehr « Voraussetzung. Angebote vom Hochgeschwindigkeitszug bis zum Mikro-ÖV, Verknüpfung mit Carsharing, Radverleih am Bahnhof, Echtzeit-Information am Smartphone zu Fahrzeiten und Sitzplatzangebot werden ebenso erwartet wie Nachtzüge zwischen den Metropolen Europas. Unzählige Good Practice-Beispiele zeigen, dass das in hoher Qualität geht. Doch wer das will, muss auch das Geld für eine gesicherte Finanzierung des Öffentlichen Verkehrs in die Hand nehmen, um die weit verbreitete Auto-Abhängigkeit zu been- den und Klimaziele realistisch zu erreichen. Der politische Auftrag lautet, gute Rahmenbedingungen zu schaffen, beispiels- weise durch hochwertige Infrastrukturen wie Bahntrassen oder die Umgestaltung von Bahnhöfen zu zentralen Orten der Begegnung in Gemeinden. So wird derzeitigen und zukünftigen Generationen Mobilität garantiert und der Klimakrise auch im Verkehrsbereich entgegengetreten. Willi Nowak VCÖ-Geschäftsführung
Entgeltliche Einschaltung Endlich wieder ... Ein anständiger Kaffee kann die Welt nicht Das Leben genießen – und damit’s so bleibt: Schützen wir einander mit Maske und Abstand. alleine retten. Aber ein bisschen besser Juan Escalante machen. Bio-Kaffeebauer, Guatemala n im Blick « hr Facette rscherin – Seite 12 Planen me ben beimechtner, Mobilitäts- und Urba nitätsfo » Frauen ha Katja Sch en de schaff die Verk ehrswen ist gesch rumpft 2020 turen für nen-Netz nlagen tbundesamt ebau t, Schie Straßenv erkehrsa k rde ausg Infrastru ch wu 2021, Umwel 2 1.983 km Österrei er immer breit uktur in en werden + 37 % -Infrastr Autobahn 2 1.447 km k Austria : Straßen n ellstraße Verkehrt en und Schn 2021, Statisti Autobahn 2019 n Schiene 2021, BMK 1990 anlagen - 535 km 18 % Schienen verkehrs 92 km 2 Quelle: Asfinag + 319 km 2 171 km 6.150 5.615 - 46 % 2019 2.249 meter 5% dratkilo 1.930 1990 e in Qua chnahm 2020 Flächen inanspru ührung Richtung ahn-Einfder Steiermark) 2000 in eine rch S-B rgäste duken mit S-Bahn-Betrie r Spuren b in 2020 oder meh 2000 Anteil 3 Mehr Fah gäste auf Bahnstrec 2020 meter hr (Anzahl Fahr 2000 e in Kilo n Verke entliche ) Netzläng hn-E inführung und Öff 7 (Vor S-Ba dfahren Jahr 200 magazin hen, Ra tz für Ge s StraßenraumsInfrastrukturen bahn Mehr Pla de Bus ode r Straßen pro Tag pazität Breite der Fahrgäste erhöht Ka onen pro Stunde bei 3 Meter Gehen 17.500 34.350 O 2016 in Pers ark 2021 Fahrrad en) Kapazität tung + 58 % Initiative/NACT (zwei Rich Land Steierm Pkw 11. – 12. 8.500 9 Jahr 201 ing Cities Quelle: 7.000 Global Design Tag Fahrgä ste pro 54.300 1.100 Quelle: Oktober 2021 ist shalb tzt. De macht n genu das ge hrzehnte lder, wie igen Ja n. Vorbi ch in ein passe auch no le anzu d, wird die Kli mazie ge baut wir ch an te ute ras Das führ Was he rpolitik viele. ilität erm öglicht. il rastruktu t es bereits ehrsante aktive Mob hohen Radverk reich und die Inf , gib - sehr dtbe n kann gerinne n und Fuß zu einem im Kernsta tgebiet. werde Fußgänfür t. 61 Prozent n Stad von Fläche Prozen im gesa mte i- - von 45 auf 74 33 Prozent dra im span ehr-För gänger Ponteve 9 au- , Radverk änder trum von Jahr 199 n-Paket rd Das Zen seit dem Standa . Für den E isenbah Bundesl izien ist ftung amme der bild zum haftung schen Gal en Vorrang derprogr derun- – mit För sun- Vom Vor Parkraumbewirtsc . Die ende hab bewirtscha Bundes ve tofrei. Geh wur- Parkraum « » Auch akti raum m und des lich er Mobilit ätslö en urba nen Frei esam t 3.000 -Ver kehr Akt ive n Freirau en urbane nte- Kfz gen klim averträg eit jahrzeh Pa- schafft neu am wandelt insg m 00 hen Rau schafft neu en ich derz n terd den 15.0 Österre Für eine Stadt Rot plätze im öffentlic wege, stellplät - gen holt e nach. Pkw-Ab säumniss ge Mobili- Pkw-Ab stell und Rad trand se fahr lange Ver chsel, für die nöti adt in Geh- und zur Stad Stad tbus chen ze am ose radigme nwe aziele im Ver- der Innenst lächen, Grünflä er- Kostenl ne Le- die Klim das altsf g um. Unt gesc haffen. star k gestiege als sta- um ht enth zun tätswen de, n, reic entes Auf ktionale n Nut Ab- trum. Die Zahl der vorm ktor zu erreiche konsequ multifun ühren von ins Zen die ner- kehrsse ist auch die Geb doppelt lität hat 00 Einwoh t. Dazu ande- wurden rfläche bensqua von 70.0 noch nich eilen vorh stützend der Obe -Stell- en Stadt 12.000 an- Neuvert ntli- zen auf garagen gnierend nern um en und r und öffe stellplät für Tief Einwoh Umnutz astr uktu nicht wie jene innen und en. ßeninfr uen von so teuer lass nächsten ner Stra ie Rückba r nötig. derlan- wachsen rung der me sow plätze. in den Nie ausforde its bewährt en ningen große Her 2cher Räu iger Infrastr uktu ihren 2021-0 die Su- t Gro 197 7 Die n bere lö- zukunft sfäh ätze, wie Die Stad im Jahr es, die viele e zu Standard ige Ans fah- te bereits ein. Alle Jahre ist piel cht mut und Rad den führ gsplan“ n, ractice-Beis en. 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Und er >>Seite 10 mie wirft bereits weit DIE KRAFT DES n ungen des 19-Pande Regionalflughäfe en Auswirk men r tzt wer- Den uner wünscht h Einzelma ßnah Nutzen viele Flächen noch genu Seite 8 ehrs ist durc Es braucht Para- auch wie die >> Kfz-Verk . en. ukommen Ansätze. den könn nicht beiz integrale 4 echsel und >>Seite digmenw ANZEIGE at ganova. BEZAHLTE www.ve ÖFFENTLICHEN VERKEHRS VCÖ-Magazin – Fundierte Analysen, Interviews und Infografiken zum Thema Infrastruktur für die wirtschaftlich · sozial · ökologisch Verkehrswende. Internationale Fachtagung für zukunftsweisende Mobilität Jetzt kostenloses Exemplar downloaden: www.vcoe.at Infos unter forum-mobil.at/salzburger-verkehrstage
1/2021 3/2021 Mobilität mit Zukunft 2/2020 Öffentlicher Good-Practice Verkehr – Mobilität für die Klimafaktor und Mobilitätswende Klimaschutz Reisen 7 Inhaltsverzeichnis Öffentlicher Verkehr ist gut für Klima, Gesundheit und Wirtschaft 8 Mikro-ÖV verdichtet das Mobilitätsangebot in der Region 13 Komfortabler Öffentlicher Verkehr hält Städte lebenswert 18 Linien- und Bedarfsverkehre bündeln und flexibler nutzen 23 Internationalen Verkehr auf Schiene bringen 28 Öffentliche Verkehrsnetze und integrierte Mobilitätsketten 32 Literatur, Quellen, Anmerkungen 36 VCÖ-Schriftenreihe Mobilität mit Zukunft 40
8 Mobilität mit Zukunft 3/2021 Foto: VCÖ Öffentlicher Verkehr ist gut für Klima, Gesundheit und Wirtschaft Der Öffentliche Verkehr hat einen deutlich geringeren CO2-Ausstoß als der Pkw. Zudem verbessert sich die Luftqualität in unseren Städten und Gemeinden beim Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel. Auch für Wirtschaftsstandorte und Regionalentwicklung ist eine gute Anbindung an den Öffentlichen Verkehr ein wichtiger Faktor. Die Auswirkungen der Klimakrise sind vielfältig. sich verstärkenden und bedrohlichen Prozesses Die höheren Haushalts- ausgaben für Verkehr in Extremwetterereignisse wie Starkregen, Hagel, sind Treibhausgas-Emissionen wie CO2. Dieses den Regionen ergeben Stürme, Hitze und Dürre nehmen lokal und entsteht bei der Verbrennung von Erdöl, Kohle sich vor allem durch hohe Abhängigkeit vom global zu und sind eine direkte Gefahr für Leben und Gas. Der Kfz-Verkehr ist ein wesentlicher Privat-Pkw. und Gesundheit. Ein wesentlicher Treiber dieses Verursacher von CO2. Denn noch immer kommen rund 90 Prozent seiner Energie aus der Verbrennung von Diesel und Benzin.150 Neben Gute Versorgung mit Öffentlichem Verkehr Maßnahmen bei Arbeits- und Dienstwegen, die reduziert Ausgaben für Privathaushalte mehr als die Hälfte der Gesamtmobilität ausma- Pkw-Ausgaben chen, sind auch Verbesserungen bei der Freizeit- Versorgung Öffentlicher Verkehr (Güteklasse A+B) Ausgaben für Öffentlichen Verkehr und Tourismusmobilität essenziell.20 Die Klima- Anteil sehr guter Versorgung mit Öffentlichem Verkehr ziele sind nur erreichbar, wenn es in der pro Haushalt und Monat in Prozent Gesellschaft zu Veränderungen im Mobilitäts Äquivalenzausgaben für Verkehr 20 294 € 329 € 313 € 244 € 224 € 100 verhalten kommt. 100 % 100 % 15,3 % 95 % 15 13,6 % 13,8 % 75 Öffentlicher Verkehr als Klimaschutz 11,1 % 10,8 % 10 63 % Durch die Klimakrise werden in Zukunft bei 50 Mobilitätsentscheidungen neben Kosten und Zeit 5 auch die Auswirkungen auf Umwelt und Gesund- 27 % 25 heit zunehmend wichtiger. Die Bahn verursacht 0 0 mit knapp 13 Gramm CO2-Äquivalenten pro Haushalte in Gemeinden mit Gemeinden Graz, Innsbruck, Wien Österreich bis zu 10.000 mit 10.000 bis Linz, Salzburg, Personenkilometer um den Faktor 17 geringere Menschen zu 100.000 Klagenfurt Emissionen als der Pkw und um den Faktor 31 Menschen geringere Emissionen als der Flugverkehr. Auch Quelle: Statistik Austria 2021151,148, AustriaTech 20206, VCÖ 2021168 Grafik: VCÖ 2021 der Linienbus ist mit fast 60 Gramm CO2-Äqui-
Mobilität mit Zukunft 3/2021 Öffentlicher Verkehr – Mobilität und Klimaschutz 9 valenten pro Personenkilometer deutlich klima- Beispiele der Mobilitätswende verträglicher als der Pkw.160 Die Emissionswerte des öffentlichen Nahverkehrs sind, bedingt durch vermehrte Haltehäufigkeit, Brems- und Beschleu- nigungsvorgänge, zwar höher als im öffentlichen Fernverkehr.164 Dennoch verursachen Linienbus- Foto: Daniel Waschnig se im Nahverkehr bei einer durchschnittlichen Auslastung von 18 Prozent im Vergleich zum Pkw nur die Hälfte der Treibhausgase. Luftschadstoffe durch fossile Treibstoffe Neben den klimaschädlichen Treibhausgas-Emis- Zeit im Zug ist Arbeitszeit sionen verursacht der Kfz-Verkehr auch Luftver- Um für Beschäftigte das Pendeln im Öffentlichen Verkehr attraktiver zu unreinigungen. Der Ausstoß von Kohlenstoff gestalten, geht die Alpen-Adria-Universität Klagenfurt seit dem Jahr 2020 monoxid, Stickoxiden und Feinstaub stellt eine einen neuen Weg. Die für die Universität produktiv verbrachte Zeit in Gefahr für unsere Gesundheit dar. Die Folgen öffentlichen Verkehrsmitteln kann auch als „mobile Telearbeit“ angerech- des Klimawandels auf die Umwandlung und net werden und eignet sich für den dienstlichen Mailverkehr, das Studium Verteilung von Luftschadstoffen sind noch von Unterlagen und Fachliteratur sowie für die Vorbereitung von Bespre- unklar. Fest steht, dass durch die Zunahme von chungen und Vorträgen. Damit wird der Öffentliche Verkehr auch für jene Hitzetagen auch das Aufkommen von boden- attraktiv, die mit einem anderen Verkehrsmittel schneller wären. nahem Ozon steigt, das Atemwegs- und Herz- Kreislauf-Erkrankungen hervorrufen kann. Bei winterlichen Inversionswetterlagen kann in Zielwerte für Feinstaub unzureichend inneralpinen Tallagen der Luftaustausch stocken Indikatorwerte für Feinstaubbelastung sind auch im und die Konzentration lokal gebildeter Schad Teilziel „Saubere Städte“ des UN-Nachhaltigkeits- stoffe zunehmen.18 ziels SDG 11 „Nachhaltige Städte und Gemein- den“ verankert und beruhen auf den Luftqualitäts- Gesundheitsgefahr Feinstaub richtlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Je nach Menge und Zeitraum führt die Belastung aus dem Jahr 2005, die als anzustrebenden Höchst- mit Luftschadstoffen zu Erkrankungen des wert für Feinstaub PM2,5 im 24-Stunden-Mittel 25 Herz-Kreislauf-Systems, der Lunge, des Gehirns Mikrogramm pro Kubikmeter und im Jahresmittel und der Haut.17 Insbesondere die kleinen zehn Mikrogramm pro Kubikmeter empfeh- Feinstaubpartikel mit einem Durchmesser von len.192,155 Für das Jahr 2020 wurde der anzustre- weniger als 2,5 Mikrometer (PM2,5) sind lungen- bende Höchstwert für Feinstaub PM2,5 in der EU gängig und wirken sich auf alle Stadien der von 25 auf 20 Mikrogramm pro Kubikmeter im menschlichen Entwicklung aus. Erhöhte Raten Jahresmittel herabgesetzt.161 In Österreich lagen von Frühgeburten, die Reduktion beschwerdefrei- die Messwerte von Feinstaub PM2,5 im Jahr 2019 er Lebensjahre und die vorzeitige Sterblichkeit vor im Schnitt bei etwa elf Mikrogramm pro Kubikme- allem aufgrund von Lungen- und Herzerkrankun- ter, wobei die Feinstaubbelastung in Wien und Linz gen sind nachgewiesen. Auch die krebsauslösende mit 13 und in Graz mit zwölf Mikrogramm pro Wirkung von Feinstaub PM2,5 gilt als gesichert.113 Kubikmeter über dem Durchschnitt lag. Auch Es ist von fast doppelt so vielen vorzeitigen wenn die EU-Grenzwerte in Österreich eingehal- Todesfällen als Langzeitfolge von Luftschadstof- ten werden, werden die Gesundheitsempfehlungen fen durch die Verbrennung von Kohle, Benzin der WHO in den größeren Ballungsräumen oder Diesel auszugehen, als bisher angenom- Österreichs überschritten. Zudem führt eine men.188 Demnach waren im Jahr 2018 etwas mehr längerfristige Belastung mit Feinstaubpartikeln als acht Millionen vorzeitige Todesfälle, also 18 PM2,5 schon bei weit geringeren Mengen, ab etwa Prozent aller vorzeitigen Todesfälle weltweit, auf fünf Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahresmittel, Luftverschmutzung zurückzuführen. zu höheren Gesundheitsrisiken und Sterblichkeits- raten in der Bevölkerung.113
10 Öffentlicher Verkehr – Mobilität und Klimaschutz Mobilität mit Zukunft 3/2021 den Verkehrsunternehmen gesetzten Maßnah- Beispiele der Mobilitätswende men in Zusammenhang mit der Pandemie von 76 Prozent der Bevölkerung als angemessen angesehen werden.173 Der verpflichtende Mund-Nasen-Schutz in öffentlichen Verkehrs- mitteln hat mit 83 Prozent Zustimmung einen Foto: REWE Shuttle Bus großen Rückhalt in der Bevölkerung. Als wichtig gelten zudem Maßnahmen, die die Belastung zu Stoßzeiten reduzieren, wie beispielsweise ein gestaffelter Schulbeginn. Von der Politik erwarten 80 Prozent der Befragten Ein Shuttleservice für die letzte Meile zum Arbeitsort eine rasche Umsetzung des österreichweiten Das Rewe-Shuttleservice bringt Beschäftigte vom Bahnhof Mödling sowie Klimatickets. von der U6 Station Siebenhirten zum Rewe-Zentralstandort Wiener Neu- dorf in Niederösterreich und wieder retour. Die Tickets sind über eine elek- Bessere Auslastung im Öffentlichen Verkehr tronische Plattform buchbar, der monatlicher Kostenbeitrag von zehn Euro Eine zentrale Rolle für die Klimabilanz hat der wird direkt vom Gehalt abgezogen. Das garantiert einfache und unbürokra- jeweilige Besetzungsgrad der Verkehrsmittel. Je tische Nutzung. Die Zentrale mit rund 3.000 Beschäftigten ist zurzeit mit höher dieser ist, desto geringer sind die spezifi- öffentlichen Verkehrsmitteln nur schwer erreichbar. Mit diesem Angebot schen Emissionen pro Personenkilometer. Bei soll die Belegschaft beim Umstieg auf den Öffentlichen Verkehr unterstützt den Emissionskennwerten wird in Österreich werden. Der reguläre Betrieb wurde im Mai 2021 aufgenommen. eine durchschnittliche Besetzung von knapp 19 Fahrgästen pro Linienbus angenommen, beim Pkw im Schnitt von etwas mehr als einer Per- Kein erhöhtes Risiko, an Covid-19 zu erkranken son.160 In Wien sind Linienbusse mit durch- Die Covid-19-Pandemie hat dazu geführt, dass schnittlich 94 Sitz- und Stehplätzen ausgestattet, im Jahr 2020 das erste Mal seit der Finanzkrise Straßenbahnen im Schnitt mit 140 Plätzen.193 im Jahr 2009 die mit den öffentlichen Verkehrs- Mit der Einführung der S-Bahnen in der mitteln zurückgelegten Kilometer zurückgin- Steiermark wurden in den Jahren 2007 bis 2019 gen. Zwar belegen zahlreiche medizinische die Fahrgastzahlen um 54 Prozent gesteigert.182 Pkw mit Verbrennungsmotor Studien, dass die Ansteckungsgefahr im Öffent- Im Verkehrsverbund Ost-Region (VOR) in Wien, emittieren pro Perso- lichen Verkehr gering ist, aber viele Menschen Niederösterreich und im Burgenland wurde das nenkilometer im Schnitt 17-mal so viele Treib- sind verunsichert.115 Bei einer repräsentativen Verkehrsangebot bis zum Jahr 2017 innerhalb hausgase wie die Bahn. VCÖ-Umfrage zeigte sich, dass die bisher von von vier Jahren um etwa acht Prozent erhöht und es wurden um etwa 41 Prozent mehr Fahrgäste befördert. Der Öffentliche Verkehr des VOR Niedrige Emissionen im Öffentlichen Verkehr wird zu 37 Prozent aus den Erlösen des Ticket- verkaufs finanziert. In Kärnten sind es zwölf Faktor im Vergleich 31 Prozent und in Salzburg 33 Prozent.108 Der zur Bahn Personenkilometer in Österreich 500 indirekt Zuwachs an Fahrgästen kommt den Verkehrsver- CO2-Äquivalente in Gramm pro direkt 17 395,8 bünden zugute, die dadurch mehr ihrer Kosten 400 aus Einnahmen aus Ticketverkäufen begleichen 300 7 können. 5 216,6 200 Qualitätsbewertung des Öffentlichen Verkehrs 100 87,6 Der qualitative Ausbau des Öffentlichen Verkehrs 59,5 Quelle: xxx Grafik: VCÖ 2021 0 12,6 kann die Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrs- Bahn Linienbus E-Pkw* Pkw** Flugzeug*** mittel sukzessive erhöhen, etwa durch verbesserte * Strommix Österreich inklusive Importe Linienführung und Streckenausbau, moderne ** Durchschnitt Diesel und Benzin Fahrzeugausstattung, gut erreichbare und *** Durchschnitt nationale und internationale Flüge Quelle: Umweltbundesamt 2021160 Grafik: VCÖ 2021 witterungsgeschützte Haltestellen, hohe Taktfre-
Mobilität mit Zukunft 3/2021 Öffentlicher Verkehr – Mobilität und Klimaschutz 11 quenzen sowie Fahrplanabstimmung für komfor- tables und effizientes Umsteigen. Verlagerung von Pkw auf Bahn Zur einheitlichen Qualitätsbewertung dienen erhöht die Energieeffizienz Güteklassen im Öffentlichen Verkehr. So kann bundesweit die Erschließungsqualität mit Daten Wenn eine Milliarde Personenkilometer von Diesel-Pkw auf die Bahn verlagert werden… zur Raumstruktur und Raumentwicklung gekop- pelt werden. Die Güteklassen des Öffentlichen … entspricht das … entspricht das Verkehrs werden in Österreich jährlich aktuali- der Energie, die in der Energie, die etwa siert.6 Kern des Systems der Güteklassen ist die 71,4 Millionen Liter 130 Windkraftanlagen Diesel steckt. in einem Jahr produzieren. Zuordnung jeder Haltestelle zu einer Haltestel- lenkategorie. Diese wird durch das durchschnitt liche Kursintervall und die Verkehrsmittelkatego- … werden 201.500 … könnten etwa rie bestimmt. Weiters wird zur Bestimmung der Tonnen CO2-Äquivalente 144.000 Haushalte Güteklasse die Wegstrecke zu Fuß zur nächsten weniger Emissionen CO2 ein Jahr lang mit ausgestoßen. Strom versorgt werden. Haltestelle berücksichtigt.97 Quelle: UBA 2021160, Statistik Austria 2021149, IG Windkraft56, Mobilitätsschule72 Grafik: VCÖ 2021 Mikro-ÖV als Ergänzung zum Linienbetrieb Kleinräumige, nachfragebasierte Verkehrssys teme, kurz Mikro-ÖV, wie beispielsweise Ge- Ostösterreich zeigt, dass im Ballungsraum Wien Verbrennungsmotoren haben keine Zukunft. meindebusse, Sammel- und Ruftaxis (AST) stellen in den Jahren von 2001 bis 2017 Siedlungsgebiete Neben dem Vermeiden klimaverträgliche Mobilität auch in dünn besiedel- mit hohen Güteklassen für Öffentlichen Verkehr von Verkehr ist die Ver- ten Regionen sicher, vor allem für die erste und deutlich stärker wuchsen als jene ohne Erschlie- lagerung auf klimaver- träglichere Verkehrsmit- die letzte Meile. Dieser Last-Mile-Aspekt hat ßung oder nur mit Basiserschließung.97 tel wie die Bahn not- einen beträchtlichen Einfluss auf die Verkehrs- Öffentlich gut erreichbare Standorte sind nicht wendig. mittelwahl – zumeist für die gesamte zurückge- nur als Wohngebiete, sondern auch als Arbeits- legte Route und damit auch auf die Gesamt- und Bildungsstandorte attraktiv. In den Bezirken Umweltbilanz jeder Fahrt. Baden und Wiener Neustadt betrug der Anteil Auch Fahrgemeinschaften können durch der Einpendelnden im Jahr 2019 über 45 Prozent, entsprechende Anreize, etwa im Rahmen von in Korneuburg fast 60 Prozent und in Bruck an Trotz Verkehrsrück- betrieblichem Mobilitätsmanagement, und mittels der Leitha und Mödling bei etwa 70 Prozent.61 gang infolge der digitaler Technologien wie Ride-Pooling-Plattfor- Im Bezirk Mödling gibt es um 42 Prozent mehr Covid-19-Pandemie ver- ursachte der Verkehr um men gefördert werden und mit einem höheren Arbeitsplätze als Arbeitsbevölkerung, gefolgt fast 50 Prozent mehr Pkw-Besetzungsgrad zu erheblichen Verbesse- vom Bezirk Bruck an der Leitha mit 23 Prozent. CO2 als im Jahr 1990. rungen der CO2-Emissionen des Pkw-Bereichs führen. In Österreich ist besonders der Verkehr Öffentlicher Verkehr als Standortmerkmal für weit von den Klimazielen entfernt Wohn- und Arbeitsstandorte CO2-Emissionen Verkehr Ziel CO2-Emissionen Verkehr 2030 Der Öffentliche Verkehr spielt für den Wirt- Covid-19- Klimaneutralität Millionen Tonnen CO2-Äquivalent schaftsstandort Österreich eine wesentliche Rolle. Pandemie in Österreich 30 Regionalwirtschaftlich erhalten Immobilien mit 23,9 24,0 Nähe zum Stadt-, Regional- und Fernverkehr auf 20,6 20 15,7 * der Schiene Zuschläge oder gelten als wichtiger 13,8 Standortfaktor einer Immobilie, auch im Hinblick 10 7 ** auf zukünftige Wohn- und Gewerbegebiete. Gemeinden, die entlang der S-Bahnstrecken im 0 1990 2018 2019 2020 2030 2040 Ballungsraum Graz liegen, weisen signifikant höhere Wohnungspreise auf, als Gemeinden ohne * Strommix Österreich inklusive Importe ** Durchschnitt Diesel und Benzin S-Bahn-Verbindung, die näher bei Graz liegen.54 *** Durchschnitt nationale und internationale Flüge Quelle: Umweltbundesamt 2021163 Grafik: VCÖ 2021 Eine Analyse der Bevölkerungsentwicklung in
12 Öffentlicher Verkehr – Mobilität und Klimaschutz Mobilität mit Zukunft 3/2021 Rahmenbedingungen für erfolgreichen Beispiele der Mobilitätswende Öffentlichen Verkehr Neben der Schaffung der infrastrukturellen Voraussetzungen, beispielsweise durch neue Verbindungen, bedarf es auch angebotsseitiger und organisatorischer Vorkehrungen im Öffentli- chen Verkehr. Dazu zählen unter anderem Foto: Mobility_V betriebliches Mobilitätsmanagement, Jobtickets für Beschäftigte, Bereitstellung von Shuttle diensten zur nächsten Haltestelle, Fahrrad-Ab- stellmöglichkeiten, Anpassung der Arbeitszeit an Zusammenarbeit bringt Unternehmen weiter Fahrpläne des Öffentlichen Verkehrs sowie die Im Mobility V Lab in Vorarlberg werden innovative Mobilitätslösungen gete- Möglichkeit, die Zeit im Zug auch als Arbeitszeit stet, mit dem Ziel, dass alle Beschäftigten der 40 beteiligten Unternehmen nutzen zu können. eine Alternative zum eigenen Pkw bekommen und diese auch gerne nut- Zudem trägt eine gute Taktfrequenz von Zug- zen. Wissen teilen und gemeinsam Lösungen entwickeln ist der Anspruch und Busverbindungen auch außerhalb der des Projekts. Dafür werden zunächst Angebote wie beispielsweise Ride klassischen Pendelzeiten flexiblen Arbeitszeitre- sharing, On-Demand-Busse, E-Roller und Jobräder getestet und Lösungen gelungen Rechnung. Auch gute Verbindungen, auf Basis einer firmenübergreifenden Datenanalyse entwickelt. Diese gilt mit Anschlussgarantie oder gar ohne Umsteigen, es, unter anderem mithilfe einer Corporate-MaaS-Plattform, zu vernetzen. sind bequem und stressfrei und somit attraktiv. Zudem soll Zusammenarbeit mit Fachleuten für Verhaltensökonomie für Ein wichtiger Anreiz für die Nutzung öffentlicher die Entwicklung sowohl analoger als auch digitaler Maßnahmen sorgen. Verkehrsmittel ist fiskalpolitisch im Rahmen einer Mobility V wurde von den Unternehmen Alpla, Blum, Haberkorn, Gebrüder ökosozialen Steuerreform zu setzen. Dringend Weiss, Doppelmayr, Dornbirner Sparkasse, VKW illwerke, Rhomberg Bau notwendig ist die Ökologisierung des Pendelpau- und Zumtobel initiiert. Das Projekt verfolgt das Ziel, 10.000 Beschäftigte schales, beispielsweise durch Gewährung von bis zum Jahr 2025 zu erreichen und 20 Prozent des derzeitigen CO2-Aus- finanziellen Anreizen für Nutzende öffentlicher stoßes der 40 Unternehmen zu vermeiden. Verkehrsmittel und durch steuerliche Erleichte- rungen für Unternehmen, die ein umweltverträg- liches betriebliches Mobilitätsmanagement vorweisen. Wirtschaftsfaktor Bahnindustrie Investitionen in die Schieneninfrastruktur sind bedeutende Faktoren für die gesamte Volkswirt- schaft Österreichs und einzelner Regionen, Öffentlichen Verkehr stärken besonders in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten. Die Bahnindustrie Österreichs hatte vor • Den Ausbau des Öffentlichen Verkehrs als klima der Covid-19-Pandemie im Jahr 2018 einen politische Maßnahme rasch vorantreiben. Exportanteil von 64 Prozent sowie knapp 10.000 • Durch flächendeckenden Ausbau des Öffentlichen Beschäftigte und 3,1 Milliarden Euro Umsatz pro Verkehrs eine Mobilitätsgarantie und die Unab Jahr. Daraus resultiert, dass Österreich die hängigkeit vom Pkw erreichen. siebtgrößte Exportnation weltweit im Bereich • Mit einer ökosozialen Steuerreform die Nutzung Schienenfahrzeuge und bahnbezogene Ausrüs- öffentlicher Verkehrsmittel begünstigen. tungen ist. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor der • Öffentlichen Verkehr als wichtigen Standortfaktor Bahnindustrie in Österreich ist ihre auch im für die wirtschaftliche Entwicklung in der Region internationalen Vergleich hohe Innovationskraft erkennen und gemeinsam planen. und der hohe Anteil an Unternehmen im Bereich • Maßnahmen wie Taktfahrplan, Durchbindung in Forschung und Entwicklung.175 Zentren, Anschlusssicherung und Tarifvereinfa chung mit infrastrukturellen Maßnahmen koppeln.
Mobilität mit Zukunft 3/2021 13 privat Foto: VCÖ Mikro-ÖV verdichtet das Mobilitätsangebot in der Region Mikro-ÖV spielt eine wichtige Rolle, um eine klimaverträgliche und sozial gerechte Mobilitätswende zu schaffen. Besonders in peripheren Regionen ergänzen nachfragebasierte Angebote wie Sammeltaxis, Shuttle-Dienste oder Ride-Pooling das Angebot zum Linienbetrieb. Ein dichterer Takt im Öffentlichen Verkehr ist unabdingbar, um vom Pkw unabhängig zu sein. Für den Erfolg einer klimaverträglichen Mobilitäts- Veränderungen liegt in Kleinstädten, regionalen wende ist es zentral, die Mobilität in den Regionen Zentren und ihrem Umland und entlang der gut auf Klimakurs zu bringen. Im ländlich geprägten ausgebauten Achsen des Öffentlichen Verkehrs. Raum ist die Abhängigkeit vom Pkw immer noch Gleichzeitig ist ein Ausbau des öffentlich zugäng- stark verankert. Die Mobilitätswende hat mehrere lichen Mobilitätsangebots in dünn besiedelten Mikro-ÖV ist eine große Komponenten. Einerseits gilt es, Rahmen- Räumen eine unbedingte Notwendigkeit. Die Möglichkeit für öffentlich bedingungen zu schaffen, um den Verkehrs hohe Abhängigkeit vom Pkw führt derzeit zu zugänglichen Verkehr besonders in ländlichen aufwand zu reduzieren, etwa durch die Stärkung einer Einschränkung der Teilhabechancen eines Regionen und sollte wei- der Ortskerne und der Nahversorgung, dem Stopp Teils der Bevölkerung. ter ausgebaut werden. der Zersiedelung und durch das Ermöglichen von Home-Office und häufigeren Videokonferenzen. Andererseits braucht es die Änderung des Mobili- Bereits in jeder dritten Gemeinde tätsverhaltens auf der persönlichen Ebene in gibt es Mikro-ÖV-Angebote Richtung klimaverträglicherer Mobilität, wie Taxi Gehen, Radfahren und Öffentlichen Verkehr. Für Versorgung mit Mikro-ÖV: die verbleibenden Strecken sollten Fahrzeuge zentrale Bezirke 45 % eingesetzt werden, die mit elektrischen oder periphere Bezirke 28 % anderen nicht-fossilen Antrieben ausgestattet sind. Österreich gesamt 32 % Die Dekarbonisierung des Pkw-Verkehrs hat im gesamten ländlichen Raum hohe Bedeutung für die Erreichung der Klimaziele. Doch nicht in allen Raumtypen sind die Voraussetzungen für Maßnahmen, die auf eine Veränderung des Mobilitätsverhaltens abzielen, gleich günstig. Das Landeshauptstadt Quelle: mobyome 202174 Grafik: VCÖ 2021 größte Potenzial für ökologisch wirksame
14 Öffentlicher Verkehr – Mobilität und Klimaschutz Mobilität mit Zukunft 3/2021 barrierefreien Bussen und besseren Verbindun- Beispiele der Mobilitätswende gen das Mobilitätsangebot um ein Viertel gesteigert.82 Am Wochenende bietet der Linienbusverkehr inzwischen Anschlüsse in Seitentäler, Nachbar dörfer und auch zu Freizeitdestinationen. Der Verkehrsverbund Steiermark führt auf seiner Internetseite eine Liste von 250 Freizeitzielen, die Foto: VCÖ mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen sind. Das ermöglicht nicht nur Menschen aus der Stadt Ausflüge, sondern rückt auch für die lokale Regionalstraßenbahnen schließen das Umland an Bevölkerung den Regionalbus als verlässliches Die Traunseetram in Oberösterreich entstand durch den Zusammenschluss Verkehrsmittel wieder stärker ins Bewusstsein. der Straßenbahn Gmunden und der Lokalbahn Gmunden–Vorchdorf. In der Maßnahmen, die auf eine stärkere Nutzung des Stadtgemeinde Gmunden ist die Traunseetram eine Straßenbahn, ab der regionalen Busangebots abzielen, reduzieren Station Gmunden Seebahnhof bis Vorchdorf eine Lokalbahn. Die Verbindung nicht nur Autoverkehr, sondern auch Umweltbe- der 2,3 Kilometer langen Straßenbahnlinie mit der knapp 15 Kilometer lan- lastungen und Unfallszahlen. Die externen gen Lokalbahnlinie erforderte den Bau einer Durchbindungsstrecke von 800 Kosten von Linienbussen betragen mit 2,97 Cent Metern. Mit der Inbetriebnahme im Jahr 2018 wurde das Angebot an Öf- pro Personenkilometer nur etwa ein Viertel der fentlichem Verkehr in Gmunden um 29 Prozent erhöht. Auch in Linz ist mit externen Kosten des Pkw-Verkehrs.1 der Stadtbahn Linz–Gallneukirchen–Pregarten eine weitere Schienenverbin- dung ins Umland geplant. Bis zum Jahr 2027 soll der Linzer Hauptbahnhof Mikro-ÖV auf erster und letzter Meile mit dem rund 20 Kilometer entfernten Pregarten verbunden werden. In Um die Versorgung mit Mobilität auf der ersten Deutschland wurde in der Stadt Kassel die Verknüpfung des Straßenbahn- und letzten Meile zu verbessern, entstehen in netzes mit dem Bahnnetz der nordhessischen Region bereits im Jahr 2007 vielen Gemeinden Österreichs Mikro-ÖV-Ange- umgesetzt. Zurzeit befinden sich 28 Fahrzeuge in Betrieb, die auf ihren drei bote. Das sind nachfragebasierte Angebote, die Linien jährlich weit mehr als 2,3 Millionen Fahrzeugkilometer zurücklegen. nur verkehren, wenn zuvor ein Fahrtwunsch In den Hauptverkehrszeiten werden bis zu drei Fahrzeuge aneinanderge- angemeldet wurde. In Österreich gibt es 269 reiht, um das hohe Fahrgastaufkommen zu bewältigen. Die RegioTram fährt Mikro-ÖV-Angebote in über 680 Gemeinden. Sie auf der Teilstrecke zwischen Kassel und Melsungen im Halbstundentakt und zeigen große Vielfalt im Hinblick auf Bedien- seit dem Jahr 2013 täglich auch noch nach Mitternacht. form, Betriebsstruktur oder Preisgestaltung. Aus dieser Vielfalt resultiert leider eine regelmäßig unklare Rechtslage, die zur Folge hat, dass sich Linienbusse als Grundgerüst für Mobilität in den viele Angebote in einem gesetzlichen Graube- Regionen reich zwischen gemeinnützig und gewerblich Bessere Verbindungen durch dichtere Intervalle, befinden. Auch die Qualität der Angebote ist Taktfahrplan, Streckenverlängerung oder zusätz davon betroffen, fast die Hälfte hat Einschrän- liche Linien schaffen höhere Fahrgastzahlen im kungen bei Betriebszeiten oder Zielgruppen.74 Linienverkehr. So konnte in Deutschland im Die Verantwortung für die Einrichtung solcher Landkreis Starnberg bei München die Verkehrs- Angebote liegt im Moment vorrangig bei den leistung im Busverkehr durch Intervallverdich- Kommunen selbst. Vom Bund und von einigen tung und die Einführung eines Taktfahrplans um Bundesländern gibt es in Österreich Förderpro- das Dreifache erhöht werden, dabei stiegen die gramme für Aktivitäten von Gemeinden und Fahrgastzahlen deutlich.60 Auf einen Ausbau des lokalen Initiativen. Manche Verkehrsverbünde Linienbusverkehrs setzt in Österreich beispiels- unterstützen bei der Konzeption und Planung weise die Steiermark mit dem Angebot Regio- standardisierter Lösungen, daneben gibt es die Bus. Er soll für Regionen die gleiche Anbin- Mobilitäts- und Regionalmanagements einzelner dungsqualität wie eine S-Bahnstrecke bieten.4 Bundesländer oder die Klima- und Energiemo- Auch im östlichen Weinviertel in Niederöster- dellregionen als unterstützende Strukturen. reich wurde im März des Jahres 2021 mit Wichtige Impulse kamen in den letzten Jahrzehn-
Mobilität mit Zukunft 3/2021 Öffentlicher Verkehr – Mobilität und Klimaschutz 15 ten auch aus der Regionalentwicklung. Beispiele der Mobilitätswende Schon bei Mikro-ÖV-Pionierprojekten, wie dem „Dorfmobil Klaus“ in Oberösterreich, das bereits im Jahr 2002 in Betrieb genommen wurde, oder dem „Virger Mobil“ in Osttirol, das es seit dem Jahr 2005 gibt, wurden Angebote mit freiwil- Foto: ÖBB Marek Knopp ligem Fahrpersonal etabliert. Sie sind für Ge- meinden mit geringen Kosten verbunden und eignen sich besonders für den peripheren, dünn besiedelten Raum. Mehr als ein Fünftel des aktuell bestehenden Mikro-ÖV in den peripheren Bezirken arbeitet mit Freiwilligen, wie etwa das Postbus auf Abruf in Gemeinden Österreichs „ElektroMobil“ in Eichgraben in Niederöster- Das Postbus Shuttle ist ein Shuttle-Service in Österreich und steht seit dem reich oder das Projekt „Emil“ in Euratsfeld. Jahr 2021 in Feldbach, am Ossiacher See, sowie im unteren Mühlviertel – den Gemeinden Steyregg, Luftenberg an der Donau und St. Georgen an der Mikro-ÖV ergänzt Linienverkehr Gusen – zur Verfügung. Es bringt Fahrgäste an definierte Haltepunkte, bei- In den letzten Jahren sind vermehrt regional spielsweise zur Arztpraxis, zur Bank, zum Hotel oder zum Bahnhof. Von dort konzipierte Angebote entstanden, die neben der aus kann mit öffentlichen Verkehrsmitteln weitergereist werden. In der Re- letzten Meile auch Strecken zwischen den gion Donau-Gusen wurde besonderer Wert auf die Erschließung der dezen- Gemeinden abdecken. Dabei bleibt es herausfor- tralen Siedlungsbereiche gelegt. Viele der rund 250 Haltepunkte sind für die dernd, nicht in Konkurrenz zu den bestehenden 13.000 dort lebenden Menschen nicht weiter als 300 Meter vom Wohnort Linienverkehren zu treten, sondern sich gegen entfernt. Eine Fahrt kann jederzeit niederschwellig entweder mit der Postbus seitig sinnvoll zu ergänzen und zu kooperieren, Shuttle-App oder bei regionalen Partnerunternehmen gebucht werden. indem sich die Angebote auf ihre jeweiligen Stärken konzentrieren. Im Allgemeinen sollte Mikro-ÖV als Ergän- Der Arbeitsweg kostet in zung eines robusten Linienverkehrs fungieren. Kombination Öffentlicher Verkehr und Mikro-ÖV Ein Risiko ist, dass sich Free Floating Mikro-ÖV ein Drittel weniger als ohne fixe Haltestellen wie ein billigeres Taxi zum mit dem Pkw und ver- ursacht um drei Viertel Ersatz und zur wirtschaftlichen Konkurrenz statt weniger CO2. zur Ergänzung von Öffentlichem Verkehr entwickelt, was positive Umweltauswirkungen reduziert. Ein anderer Stolperstein ist die Kapazi- Arbeitswege ohne Pkw sind tät. Mikro-ÖV-Angebote in den USA und kostengünstiger und klimaverträglicher Kanada, die Linienverkehre ersetzen sollten, Pkw Fixkosten wurden entweder kaum genutzt, weil sie bei der 4.000 Pkw variable Kosten 5,0 Bevölkerung nie ausreichenden bekannt wurden, 3.375 € ÖV-Jahreskarte 4,5 oder wurden als Taxi so stark genutzt, dass die 3.088 € Mikro-ÖV CO2-Äquivalente in Tonnen 4,0 Kosten in Euro pro Jahr Kapazität dessen, was Mikro-ÖV leisten kann, 3.000 E-Carsharing 4,4 t 3,5 gesprengt wurde. Zudem stellten sich die für CO2 3,0 2.088 € ihren Betrieb nötigen Förderungen als deutlich 2.000 2,5 kostspieliger heraus, als gedacht.158 Auch in 1,4 t 0,9 t 2,0 CO2 Österreich kommt der Mikro-ÖV dort, wo das CO2 1,5 Quelle: xxx Grafik: VCÖ 2021 1.000 Angebot verfügbar ist, durchschnittlich im Modal 1,0 Split auf einen Anteil von lediglich 0,27 Prozent 0,5 aller Wege.74 Dem steht ein theoretisches 0 0 Privat-Pkw Park-and-Ride Mikro-ÖV & ÖV Verlagerungspotenzial von 17 Prozent aller Drei Beschäftigte einer Firma pendeln auf verschiedene Arten in die Arbeit. Alle leben fünf Kilome- Autofahrten gegenüber, die innerörtlich zurück- ter vom Bahnhof entfernt. Der ist 25 Kilometer vom Büro entfernt, etwa die Strecke Enns – Linz. gelegt werden.22 Quelle: Umweltbundesamt 2021160, OÖVV 202188, mobyome 202175 Grafik: VCÖ 2021
16 Öffentlicher Verkehr – Mobilität und Klimaschutz Mobilität mit Zukunft 3/2021 In Zukunft spielt die Digitalisierung eine wichtige Geringe Kosten für die Öffentliche Hand Rolle. Durch die übersichtliche Zusammenfüh- bei Linienbusbetrieb mit mehr Fahrgästen rung der verschiedenen lokalen Mobilitätsdienste und kombinierte Tarifsysteme kann der Öffentli- 9 che Verkehr mit nachfragebasierten Angeboten Durchschnittliche Betriebskosten pro Fahrgast und Jahr (in Euro) Annahme für die jährlichen 8 Betriebskosten der Linienbusse und Sharing-Diensten per Mobility as a Service 7 sind 170.000 Euro. (MaaS) gebündelt und beispielsweise als Smart- 6 phone-App oder auf Haltestellen-Automaten 5 verfügbar gemacht werden. Dabei ist auf beson- 4 dere Mobilitätsbedürfnisse Rücksicht zu nehmen. 3 Beispielsweise sollte neben Online-Diensten und 2 Apps auch die Möglichkeit einer telefonischen 1 Buchung von Mobilitätsangeboten gewährleistet 0 sein. Sozialtarife können auch die Leistbarkeit für 0 20.000 40.000 60.000 80.000 100.000 120.000 140.000 Anspruchsberechtigte zielgerichtet sicherstellen. Anzahl Fahrgäste Quelle: Wurz und Klementschitz 2010199 Grafik: VCÖ 2021 Nicht nur Kosten des Mikro-ÖV als Kriterium Für einen belastbaren Vergleich der Kosten von In Regionen, die sich Per App oder Telefon zur nächsten Haltestelle Linien- und Bedarfsverkehr fehlt in Österreich aktiv dafür einsetzen, Das ökologische Potenzial von Mikro-ÖV liegt im das erforderliche Zahlenmaterial. Größere dass mehr Personen mit dem Bus fahren, verrin- Wesentlichen beim Lückenschluss auf der letzten Transparenz ist wichtig, um die Leistungsfähigkeit gern sich auch die rela- Meile sowie beim Betrieb als optimal verknüpfter einzelner Angebote sowie verschiedene Betriebs- tiven Betriebskosten von Linienbussen. Zubringer zu komplementären Angeboten. Damit formen miteinander vergleichen zu können. kann die Abhängigkeit vom Pkw graduell verringert Ebenso groß wie bei den Angeboten ist die und Mobilität auch vollständig ohne (Zweit-)Pkw Bandbreite auch bei den Kosten. Mikro-ÖV garantiert werden. Die Mikro-ÖV-Angebote bietet die Möglichkeit, das Angebot des Öffentli- verstehen sich auch als soziale Dienstleistung. chen Verkehrs auf der ersten und letzten Meile, Ökologische und soziale Zielsetzung sind dabei kein in besonders zersiedelten Regionen sowie an Widerspruch. Ein Mikro-ÖV-Angebot, das mit dem Tagesrandzeiten zu meist verhältnismäßig In Zeiten der Klimakrise braucht es eine Trend- expliziten Ziel eingeführt wird, Baustein in einem geringen Kosten im Vergleich zum Linienbetrieb wende: Straßenausbau durchdachten, integrierenden Gesamtsystem zu sein, zu verbessern. Für kosteneffizienten Linien kritisch evaluieren, Regionalbahnen aus- wird auch die Mobilitätsoptionen für jene verbes- betrieb ist die Anzahl der Fahrgäste entscheidend, bauen. sern, die auf solche Angebote angewiesen sind. die durch ein gutes Angebot sowie gute Koopera- tion mit Mikro-ÖV-Systemen erhöht werden kann.11,96 Regionalbahnen werden aufgelassen, Nachfragebasierte Verkehre können auch Straßen neu gebaut eingesetzt werden, um neue Zielgruppen an den Haupt- und Regionalbahnen Öffentlichen Verkehr heranzuführen und so eine 20 % Schiene in Österreich im Zeitraum 2010 bis 2021 nur mit Regel-Personenverkehr, + 14,8 % Nachfrage zu erzeugen, die, wenn sie groß genug Änderung der Betriebslängen von Straße und ohne Bahnen mit ausschließlich 15 % Tourismusverkehr wird, zu einem späteren Zeitpunkt durch Linien- verkehr bedient werden kann. 10 % + 5,3 % 5% + 3,9 % Vorteile für Fahrgäste bei integrierten Tarifen Aus individueller Sicht muss Mikro-ÖV nicht 0 unbedingt ein günstiges Verkehrsmittel sein. -5 % Ökonomisch vorteilhaft wird Mikro-ÖV in der Autobahnen und Landes- und - 6,0 % persönlichen Betrachtung, wenn er gemeinsam -10 % Schnellstraßen Gemeindestraßen Hauptbahnen Regionalbahnen mit ergänzenden Angeboten Mobilität ohne privaten Pkw ermöglicht und damit die hohen Quelle: BMK 202116, Juhász 202159 Grafik: VCÖ 2021 Pkw-Fixkosten entfallen. Mikro-ÖV kann so zum
Mobilität mit Zukunft 3/2021 Öffentlicher Verkehr – Mobilität und Klimaschutz 17 Alltagsverkehrsmittel oder zu einer flexiblen Beispiele der Mobilitätswende Alternative zum eigenen Pkw werden. Günstige Jahreskarten können bei Mikro-ÖV zu einem hohen Fahrgastaufkommen beitragen. Sinnvoll sind Jahreskarten für den Berufspendelverkehr Foto: Regionalenergie Osttirol beziehungsweise generell für Zubringerfahrten zum höherrangigen Öffentlichen Verkehr. Beim Zubringerverkehr ist durch die Taktung des Fahrplans auch eine deutlich bessere Bündelung und höhere Effizienz des Mikro-ÖV-Angebots möglich. Gute Kombination: Carsharing und Öffentlicher Verkehr Zukünftiger Öffentlicher Verkehr der Region Die Kombination von Carsharing und Öffentlichem Verkehr funktioniert in In Zukunft wird Öffentlicher Verkehr in den Städten ebenso wie in Regionen, kleinen Gemeinden und im überregio- Regionen eine viel größere Rolle spielen: In dünn nalen Schienenverkehr. In Tirol können Menschen, die ein Jahresticket des besiedelten Regionen sorgt ein flächendeckendes Verkehrsverbund Tirol besitzen, seit dem Jahr 2019 Carsharing Tirol 2050 öffentlich zugängliches Mobilitätsangebot dafür, nutzen. Dafür stehen in 21 Gemeinden insgesamt 38 Autos zur Verfügung. dass alle Menschen gleichberechtigt mobil sein In Oberösterreich setzt der Verein mobilcard mit vier E-Autos an drei Stand- können. Für den privaten Pkw-Verkehr gilt auch orten in den Gemeinden Krenglbach und Bad Schallerbach auf die Kombi- in der Region, dass er durchgängig elektrifiziert nation von Carsharing und Bus. In Vorarlberg hat der Carsharing-Anbieter und wo möglich gemeinschaftlich genutzt wird. Caruso inzwischen sogar fast 50 Standorte. Des Weiteren gibt es mit ÖBB In zentralen Räumen braucht es ein integrier- Rail & Drive auch ein stationsbasiertes Carsharing-Angebot an Bahnhöfen tes Gesamtsystem verschiedener Möglichkeiten in 32 Städten. Auch in Wien gibt es Carsharing-Angebote. WienMobil Auto, von Bike- und Carsharing bis Ride-Pooling und das standortbasierte E-Carsharing Angebot der Wiener Linien, wird seit No- Anrufsammeltaxis. Damit diese massentauglich vember 2020 gemeinsam mit dem Kooperationspartner share me betrieben. werden, ist an Hauptachsen des Öffentlichen Mit einer Jahreskarte der Wiener Linien können WienMobil Autos vergünstigt Verkehrs ein ausreichend dichter Takt anzubie- genutzt werden. Die ersten Erkenntnisse zeigen, dass die Pkw eher für ten, um die wichtigsten Ziele rasch, einfach und weitere und längere Fahrten genutzt werden. Durchschnitt sind vier Stunden mit wenigen bis gar keinen Umstiegen zu Leihdauer in denen 50 Kilometer gefahren werden. erreichen. In manchen Regionen der Schweiz ist das bereits gesetzlich verankert. Laut Regie- rungsprogramm soll eine flächendeckende Mobilitätsgarantie auch für Österreich kommen. Mikro-ÖV ermöglicht Mobilitätsgarantie Für die Mobilität in der Gemeinde gibt es auf der letzten Meile ein Mikro-ÖV-Angebot, das bei • Eine flächendeckende Mobilitätsgarantie im Sinne eines verbesserten Anmeldung eines Fahrtwunsches mit kurzer Mindestangebots ist eine notwendige, aber keine hinreichende Bedin- Vorlaufzeit eine Beförderung garantiert. Es gung für eine erfolgreiche Mobilitätswende. stehen verlässlich jederzeit E-Carsharing-Fahr- • Mobilitätswende-Pilotregionen in zentralen Räumen, die ausgehend zeuge sowie E-Fahrräder und E-Transport-Fahr- von Hauptachsen und guter Taktung des Öffentlichen Verkehrs auf die räder zur Verfügung. Der Mikro-ÖV dient auch Schaffung eines integrierten Gesamtsystems abzielen, sind zu fördern. hier als Zubringer. Darüber hinaus kann jedes • Mikro-ÖV ist Teil eines öffentlich zugänglichen Mobilitätsangebots Ziel auf attraktiven und sicheren Rad- und und ist in den Öffentlichen Verkehr voll zu integrieren. Fußwegen ohne Umwege erreicht werden. • Mikro-ÖV soll so einfach wie möglich zu nutzen sein, wobei eine Standardisierung der Angebote anzustreben ist. Das erfordert auch Information, bewusstseinsbildende Maßnahmen und Anreizsysteme für einen Umstieg vom Privatauto auf gemeinschaftlich genutzte Mobilitätsangebote. • Die Klarstellung des rechtlichen Rahmens für Mikro-ÖV in Österreich ist so bald wie möglich umzusetzen.
18 Mobilität mit Zukunft 3/2021 Foto: VCÖ Komfortabler Öffentlicher Verkehr hält Städte lebenswert Die Potenziale von Öffentlichem Verkehr in Städten sind zu nützen, um dem Wachstum der Städte und dem Wunsch nach komfortabler öffentlich zugänglicher Mobilität gerecht zu werden. Attraktiver Öffentlicher Verkehr lässt sich gut mit Gehen und Radfahren kombinieren und ist ein wichtiger Schlüssel für klimafitte Ballungsräume. Der Anteil des Öffentlichen Verkehrs am Modal und stagniert seither ebenfalls.190 Ein klimaver- Split zeigt in mehreren Landeshauptstädten in trägliches und komfortables Mobilitätsangebot, Österreich über die Jahre stagnierende Anteile, das von den Menschen, die in einer Stadt leben, etwa in Graz seit den 1980er-Jahren bei knapp sie besuchen oder dort arbeiten, gerne genutzt Wo mehr Haltestellen im 20-Minuten-Takt unter 20 Prozent oder in der Stadt Salzburg bei wird, schafft langfristig einen hohen Anteil von oder häufiger angefah- 16 Prozent im Jahr 2004 und 15 Prozent im Jahr Öffentlichem Verkehr und aktiver Mobilität – 80 ren werden, werden weniger Wege mit dem 2018.129,66 Der Anteil in Wien ist in den Jahren Prozent sieht etwa der Wiener Stadtentwicklungs- Auto zurückgelegt. 1993 bis 2012 von 29 auf 39 Prozent gestiegen plan hierfür als Zielwert für das Jahr 2025 vor, derzeit liegt Wien bei 73 Prozent.138 Höherer Anteil des Öffentlichen Verkehrs Städte für die Mobilität der Zukunft wappnen an allen Wegen bei mehr Haltestellen In Stadtkernen ist der Öffentliche Verkehr meist attraktiv. In Österreich wachsen vor allem die Anteil der Haltestellen mit guter Taktung * 100 Wegeanteil Verkehrsmittel Zentralräume und großen Städte.89,90 Der Öffent- 90 % 90 Pkw liche Verkehr muss dementsprechend mitwachsen, 79 % 78 % 80 74 % um ein attraktives Angebot aufrechterhalten zu Öffentlicher Verkehr 70 64 % können. Es sind die gesamten Ballungsräume 60 51 % mitzudenken, also auch jene Menschen, die von 50 außerhalb in die Stadt kommen. 40 33 % 30 24 % 27 % Quelle: xxx Grafik: VCÖ 2021 20 Stadtentwicklung braucht Öffentlichen Verkehr 10 In Neubaugebieten sollte Öffentlicher Verkehr 0 bereits beim Einziehen für die Neuzugezogenen Eisenstadt Klagenfurt St. Pölten Bregenz Salzburg Innsbruck Graz Linz Wien verfügbar sein. Der Umzug in eine neue Woh- Anzahl 76 228 220 74 262 223 485 319 1.726 nung kann ein Impuls zum Überdenken bisheri- Haltestellen Jahr Modal- 2016 2014 2018 2017 2012 2014 2018 2012 2019 Split-Erhebung * Straßenbahn- und Bus-Haltestellen mit mindestens 20-Minuten-Takt oder Bahnverbindung mit mindestens 60-Minuten-Takt Quelle: AustriaTech 20206, Städtebund 2020143, Statistik Austria 2021148 Grafik: VCÖ 2021
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