Fischmahlzeit - gesund wie der Fisch im Wasser? - Nahrungsmittelproduktion
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Nahr ungsmittelproduktion Fischmahlzeit – gesund wie der Fisch im Wasser? Fisch gilt als gesund: leicht, bekömm- lich, reich an Proteinen, ungesättigten Fettsäuren und Spurenelementen. Während periodisch Skandale den Appetit auf Fleisch, Geflügel oder Milchprodukte für eine Weile dämp- fen, nimmt der Verzehr von Fisch kon- tinuierlich zu. Dass auch der Fischkon- sum gesundheitliche Risiken birgt, beginnt erst allmählich in das Bewusst- sein der Öffentlichkeit zu dringen. det beziehungsweise ersetzt werden enthält ausserdem Jod, Fluor und Kup- kann, wobei Volleiprotein mit einem fer. Gleichzeitig gehört Fisch, wie He- Nachrichten über Rückstände von An- BW-Wert von 100 als Referenzwert gilt. ring beispielsweise, neben Fleisch, Eier Essenzielle Aminosäuren sind auch in und Algen, zu den wenigen Lebensmit- tibiotika in Zuchtfischen und über pflanzlicher Nahrung enthalten. Aller- teln, die Vitamin B12 enthalten. dings enthält pflanzliche Nahrung schwermetallbelastete Meerfische nicht immer das ganze erforderliche Fett und Fettsäuren Aminosäurespektrum, dementspre- dringen erst als gedämpftes Echo aus chend ist die biologische Wertigkeit Fisch gilt im Allgemeinen als fett- pflanzlicher Proteine (mit 60–80) im arm, sozusagen als natürliche «Light»- marinen Regionen zu uns. Allgemeinen geringer als jene aus tie- Variante zu Fleisch. Das ist allerdings rischer Nahrung (80–100). Entschei- nur bedingt richtig. Es gibt ausgespro- Heinzpeter Studer dender ist allerdings die geschickte chen fettarme Fischarten wie Felchen Kombination verschiedener Lebens- und Egli aus heimischen Gewässern Hochwertige Proteine mittel, durch die sich die biologische oder Dorsch und Flunder aus dem Wertigkeit der Proteinzufuhr pro Meer, die weniger als 1 Gramm Fett Fisch enthält alle essenziellen Mahlzeit erheblich steigern lässt. Be- pro 100 Gramm Fisch auf die Wage Aminosäuren. Dank des geringen kannt ist der Effekt für verschiedene bringen. Auf der andern Seite der Bindegewebsanteils beim Fisch sind traditionelle Gerichte, bei denen tieri- Skala rangieren so beliebte Arten wie diese Aminosäuren für unseren Kör- sche und pflanzliche Nahrungsmittel Hering und Lachs mit 5 Gramm und per besonders leicht verfügbar. Der kombiniert werden, wie Gschwellti mit Thon mit 10 Gramm Fett pro 100 Verzehr von Fisch belastet unseren Käse, Kalbfleisch (Voressen) mit Kar- Gramm Fisch, also mit ähnlichen Fett- Organismus weniger als die traditio- toffelstock. Für Kombinationen mit anteilen wie Fleisch (siehe Tabelle). nelle Eiweissversorgung durch Fleisch. Fisch fehlen bislang vergleichbare An- Als Regel gilt: Je kälter der natürli- Fisch ist daher eine ideale Protein- gaben, vielleicht weil Fisch in der hiesi- che Lebensraum einer Art, desto mehr quelle für einen Alltag, der mehr Kopf- gen Küche bis vor kurzem keine grosse Fett enthält deren Fleisch. Darüber arbeit als Muskelkraft verlangt. Rolle spielte. Es ist aber anzunehmen, hinaus ist zu bedenken, dass die meis- Der Proteingehalt von Fischen liegt dass auch die Kombination von Fisch ten Zuchtfische einem unnatürlichen wie jener von Fleisch bei rund 20 Pro- mit pflanzlichen Eiweissträgern die Fütterungsregime unterworfen wer- zent des Gewichts (siehe Tabelle). Bei Zu- Wertigkeit erhöht. den, das einen raschen Gewichtszu- bereitungen wie Fischstäbchen oder wachs und damit tiefere Stückkosten Fischkonserven nimmt der Eiweissan- Vitamine und Spurenelemente garantiert. Ganz abgesehen von ande- teil jedoch eher ab. Entscheidend ist ren Folgen (wie Struktur, Geschmack, die biologische Wertigkeit (BW) des Fisch ist eine gute Quelle für Vit- Rückstände oder Umweltbelastung), Proteins. Diese bezieht sich auf die amine, wie Vitamin B2, Niacin und D. kann die intensive Fütterung auch zu Menge Körperprotein (g), die aus 100 g Zudem ist er einer der Hauptlieferan- einer Veränderung des Nährstoff- resorbiertem Nahrungseiweiss gebil- ten für Selen und Chrom. Fischfleisch gehalts sowie zu einem erhöhtem Fett- 16 Nr. 3+4 • 2006
Nahr ungsmittelproduktion Fischtabelle Meerfisch Bestand Betäubung Auch aus Protein Fett Mehrf. unges. Omega-3 Choles- und Tötung Zucht? g/100 g g/100 g Fettsäuren g/100 g terin g/100 g mg/100 g Chinchard fair-fish fair-fish 21,4 5,6 2,7(?) Dorade ja 19,7 1,7 0,8 Dorsch (Kabeljau) Bio (neu) 22 0,4 0,3 0,3 50 Flunder 19 0,7 0,3 0,2 50 Hai (Dornhai) 18,5 8,9 3,2 2,0 74 Heilbutt ja 23,2 2,3 0,7 0,5 50 Hering MSC 20,9 5,9 1,1 1,7 52 Hering in Öl 14,3 31,3 14,3 72 Lachs MSC Bio 21 6,3 1,6 1,5 88 Lachs, geräuchert 19,5 6,7 1,7 1,8 37 Makrele ganz MSC 20,9 5,9 1,1 2,7 52 Meeräsche (Mulet) fair-fish fair-fish 19,4 4,3 1,5 70 Rotbarsch 21 2,5 0,7 0,7 38–70 Sardine 18 5,2 2,5 2,5 15 Sardine in Öl 15,2 13,9 8,0 1,7 140 Scholle (Goldbutt) ja 23,2 2 0,7 38 Seehecht MSC 0,9 0,3 60 Seelachs (Köhler) 18,3 0,6 0,2 0,5 50 Seeteufel 14,9 1,5 0,4 25 Seezunge 20,4 1,4 0,6 60 Thunfisch neu 20,9 10 1,1 1,6–2,6 60 Thunfisch in Öl 17,3 31,3 16,0 0,7 55 Tilapia fair-fish fair-fish ja 19,5 1 0,9 55 Fischstäbchen paniert 14 1,1 0,4 47 Fischstäbchen frittiert 14 10,2 0,5 49 Süsswasser- Bestand Betäubung Auch aus Protein Fett Mehrf. unges. Omega-3 Choles- fisch und Tötung Zucht? g/100 g g/100 g Fettsäuren g/100 g terin g/100 g mg/100 g Aal geräuchert ja 15,7 25,6 2,5 149 Felchenfilet CH 21 2,8 0,8 74 Eglifilets CH neu 21,4 0,7 0,2 89 Forellenfilet CH 23,8 2,9 1,0 0,6 69 Forelle geräuchert CH 21,8 3,6 1,2 59 Regenbogenforelle Bio 20,5 3,4 1,1 1,0 56 Hechtfilet CH 21,4 0,7 0,2 87 Karpfen CH Bio 21 4,2 0,9 0,6 83 Welsfilet ja 18,1 9,9 2,2 191 Tilapia Bio 19,5 1 0,9 55 Zander CH ja 22,3 0,6 0,2 86 zufriedenstellend MSC/grün = nur mit Label von Marine Stewardship Council fair-fish/grün = nur mit Label von fair-fish kritisch, fraglich CH/grün = gilt für Bestände aus Schweizer Seen schlecht Orange/rot = Bestände kritisch/gefährdet; keine aktive Betäubung und Tötung (Lebendverarbeitung) Tabelle: www.fair-fish.ch, 2006 Weitere Quellen: – Bestand: Greenpeace (www.greenpeace.ch); fair-fish (www.fair-fish.ch) – Tötung/Zucht: fair-fish-Fischtabelle – Nährwerte: www.ebispro.de – USDA Nutrient Database for Standard Reference (www.eufic.org/web/article.asp?cust=1&lng=de&sid=4&did=9&artid=65) – Roche Vitamins (www.acibas.net/omega3/page5.shtml) Nr. 3+4 • 2006 17
Nahr ungsmittelproduktion anteil im Fischfleisch führen. dine – aber beide bitte frisch und nicht lasteten Gebieten. Das mag im Einzel- Der Fettgehalt allein sagt wenig aus als Ölkonserve! Einheimische Speise- fall eine Lösung sein, eine zuverlässige über die Bekömmlichkeit eines Fi- fische weisen dagegen einen eher be- Deklaration dafür gibt es bisher frei- sches. Entscheidend ist der Anteil an scheidenen Omega-3-Gehalt auf, bei lich nicht. Zudem gibt es da auf lange ungesättigten Fettsäuren. Fette Arten, Fischstäbchen strebt er gegen Null. Sicht wenig Hoffnung auf Sicherung wie Sardine, Makrele oder Dornhai, Dann also Jagd auf Makrelen und der persönlichen Nahrung aus heilen haben hier mit Anteilen von über Sardinen? Es lohnt sich, einen kriti- Gegenden, solange die Verschmutzung 2 Gramm mehrfach ungesättigten schen Blick auf die Omega-3-Ver- der Natur ungebremst zunimmt und Fettsäuren pro 100 Gramm Fisch die sorgung durch Fischkonsum zu werfen. die Schadstoffe durch weiträumige Nase vorn; der fette Thon allerdings Der Mediziner Werner O. Richter, Pro- Verfrachtung zunehmend auch in bis- bringt es nur auf etwas mehr als 1 fessor am Institut für Fettstoffwechsel her noch wenig belastete Gewässer ein- Gramm. Wer sich mehrfach ungesät- und Hämorheologie in Windach (D), dringen. tigte Fettsäuren zuführen und gleich- weist darauf hin, «dass langkettige Zweitens – und für den Einkaufsent- zeitig die Einnahme übriger Fette ge- Omega-3-Fettsäuren (Eicosapentaen- scheid hilfreicher – reichern sich die ring halten will, entscheidet sich am säure EPA und Docosahexaensäure häufig lipophilen Schadstoffe sowie besten für Sardine (2,5 g/100 g Fisch- DHA) im Fisch nicht in freier Form vor- Schwermetalle vor allem im Fett- fleisch). Auch Plattfische wie Seezunge liegen, sondern als Triglycerid. In der gewebe der Fisch an. Als Regel kann und Flunder kommen auf einen ähn- Regel ist jedoch nur eine der drei daher gelten: Je mehr Fett eine lich hohen Prozentsatz, während es Fettsäuren des Triglycerids eine Fischart enthält, desto eher nimmt der fettarme Dorsch sogar auf 75 Pro- Omega-3-Fettsäure, so dass Fischöl nur man beim Verzehr von Wildfisch uner- zent bringt – allerdings muss man zu etwa 20 bis 30 Prozent aus Omega-3- wünschte Substanzen auf. Bei Thon, schon achtmal mehr Dorsch als Sar- Fettsäuren besteht.» Um also 1 Gramm Hai, Lachs, Makrelen, Sardinen oder dine verspeisen, um sich dieselbe Omega-3 zu konsumieren, müssten 3 Hering ist die Wahrscheinlichkeit sol- Menge an mehrfach ungesättigten bis 5 Gramm Fischöl aufgenommen cher Fremdstoffe grösser als etwa bei Fettsäuren zu sichern. Von den einhei- werden, sagt Richter. «Die tägliche Auf- Dorsch, Seelachs oder den einheimi- mischen Fischen muss man dreimal nahme von etwa 1 Gramm Omega 3 in schen Süsswasserfischen. (Forelle, Felchen) bis zwölfmal (Egli) Form von Fisch ist schwierig», heisst es so viel essen, um auf das gleiche Quan- in Richters Schlussfolgerung (www.jour- Chaos in der Nahr ungskette tum an mehrfach ungesättigten nalmed.de/newsview.php?id=989). Fettsäuren zu kommen (siehe Tabelle). Wer nun auf Fischölkapseln ausweicht Drittens können wir belastetem oder auf Nahrungsmittel, die mit natür- Fisch ein Stück weit ausweichen, in- Omega-3 versus Cholesterin? lichem Omega-3 aus Fisch angereichert dem wir berücksichtigen, dass sich wurden, muss sich die Frage stellen: Wie Schadstoffe und Schwermetalle im Ver- Die auch in der Muttermilch enthal- lange kann ich noch auf Fischöl zählen, lauf der Nahrungskette anreichern. tenen Omega-3-Fettsäuren sind für die wenn der Fisch ausgeht? Das heisst: Je höher eine Fischart in Entwicklung des Nervensystems not- der Nahrungshierarchie steht, desto wendig, senken den Blutdruck, redu- Und Schadstoffe? grösser die Anreicherung, da der Fisch zieren Ablagerungen in den Gefässen die Belastung niederrangiger Arten, und hemmen Entzündungen, mögli- Nach jahrzehntelanger Hysterie hat von denen er sich ernährt, in sich auf- cherweise sogar die Bildung einiger sich die Diskussion um den Choleste- nimmt. Von der Natur sind aber ge- Krebsarten. Als Tagesbedarf gilt die rinwert etwas beruhigt, sofern ihm rade jene Arten für den menschlichen Einnahme von 1,25 Gramm. Vor allem nicht aufgrund ärztlicher Diagnose in- Verzehr «gedacht», die am oberen Menschen in fortgeschrittenem Alter dividuell Beachtung geschenkt werden Ende der marinen Nahrungskette ste- wird seit längerem geraten, auf eine muss. Im Zusammenhang mit dem hen. Es sind Arten, die uns als «edel» genügende Omega-3-Zufuhr zu ach- Fischkonsum sind dagegen durchaus gelten und dementsprechend begehrt ten. Besonders gern wird hierfür ein Bedenken angezeigt, wenn es um sind: Raubfische wie Haie, Salmoniden regelmässiger Konsum von Fisch emp- Schadstoffe wie PCB oder Schwer- (Lachs, Forelle) oder Thunfische. fohlen: Zwei bis drei Mahlzeiten pro metalle wie Quecksilber geht, die sich Auch Barsche und Dorsche gehören in Woche mit Fisch fetthaltiger Arten sol- in Fischen anreichern. Wie stark Fisch- diese Stufe, reichern aber aufgrund len den Bedarf decken. Es werden da- fleisch belastet ist, hängt von drei Fak- ihres geringen Fettgehalts weniger bei vor allem Lachs und Thon empfoh- toren ab: Schadstoffe an. len. Vergegenwärtigt man sich den In erster Linie ist die Schadstoffbe- Erst in jüngerer Zeit, wegen der welt- Cholesterin-Wert von Thon, der dem- lastung die Folge eines sehr sorglosen weiten Überfischung der begehrten jenigen von Fleisch entspricht, oder Umgangs mit der Natur, der von im- Arten, ernähren wir uns zunehmend gar von Lachs, der sogar darüber liegt mer mehr Völkern übernommen wird. auch von Arten tieferer Ernährungs- (siehe Tabelle), drängt sich allerdings die Für eine rasche Umkehr gibt es lauter stufen. Das hat zwar den Vorteil gerin- Frage auf, ob das Streben nach Ge- gute Gründe. Doch selbst wenn es ge- gerer Belastung, bringt hingegen mit sundheit nicht zu einem Nullsummen- lingen würde, den Ausstoss langlebiger sich, dass der Mensch die marine Nah- spiel wird. schädlicher Verbindungen in die Um- rungskette noch mehr durcheinander- Es gibt freilich Fische mit einem welt zu stoppen, wird es lange dauern, bringt, indem er die Ernährung höhe- höheren Omega-3-Gehalt als Lachs bis sie aus der Natur und damit aus der rer Stufen konkurrenziert. Die Gefahr und Thon, die gleichzeitig einen Nahrungskette verschwinden. Darum besteht, dass die Nahrungskette einst unterdurchschnittlichen Cholesterin- suchen besorgte Konsument/innen ganz zusammenbricht und uns am Wert aufweisen, wie Makrele und Sar- nach Fischen aus möglichst wenig be- Ende nur noch Arten der niedersten 18 Nr. 3+4 • 2006
Nahr ungsmittelproduktion Stufen zur Verfügung stehen. Diese mögliche Horrorvision macht ein Videoclip einer amerikanischen Meer- esschutzorganisation deutlich: Ein Paar betritt im Jahr 2050 ein Seafood- Restaurant in New York, findet auf der Karte nichts Bekanntes, lässt sich vom Kellner eine Spezialität des Hauses empfehlen und ist entsetzt, auf dem Teller nichts als eine kleine Qualle zu finden – für den Preis von 250 Dollar … Gesund oder krank durch Fisch? Einmal pro Woche Fisch gehört zu den gängigen Empfehlungen. Für Menschen im fortge-schrittenen Alter werden heute zwei bis drei Fischmahl- zeiten pro Woche empfohlen, so etwa von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Herz- und Übergewichts- mediziner präsentieren laufend neue Studien, welche den gesundheitlichen Begehrte Egli: Hier auf dem Boot eines einheimischen Berufsfischers, oft jedoch importiert. Segen häufigen, gar täglichen Fisch- konsums belegen sollen. Ein Segen, der die Belastung durch Schwerme- davon ab, welche tägliche Zufuhr als Quecksilber sich in unserem Körper talle und Schadstoffe bei weitem über- gerade noch tolerierbar gelten soll (ac- nicht abbaut, sondern anreichert, ist es wiege, wie eine im November 2005 im ceptable daily intake ADI). Entspre- sicher vorsichtiger, von einem tiefen American Journal of Preventive Mede- chend heiss umstritten sind solche Grenzwert auszugehen. Ähnlich gilt cine publizierte Studie der Harvard Grenzwerte. So auch im Fall von Me- das für weitere Schadstoffe. University behauptete. Die positive Bi- thylquecksilber, der vorherrschenden lanz gelte zumindest für Erwachsene organischen Quecksilberverbindung Woher so viel Fisch? und werde mit zunehmendem Alter in Fischen. Die US-Umweltbehörde des Fischkonsumenten grösser. Weil (EPA) legte bereits 1996 einen ADI Knapp 8 Kilo Fisch essen Herr und diese Studie von der US-amerikani- von 0,1 Mikrogramm pro Tag und Kilo Frau Schweizer pro Jahr, das entspricht schen Fischerei-Industrie finanziert Körpergewicht fest. Die Lebensmittel- etwa einer Portion pro Woche und worden war, wurde sie in der Folge al- behörden der USA und Australiens liegt im weltweiten Durchschnitt. Aber lerdings gehörig zerpflückt. akzeptieren dagegen 0,4 beziehungs- nur 5 Prozent dieser Menge stammt Eine andere US-amerikanische Stu- weise 0,5 Mikrogramm, die Weltge- aus dem eigenen Land, je etwa zur die will sogar nahelegen, dass der ge- sundheitsorganisation (WHO) hinge- Hälfte aus natürlichen Gewässern oder sundheitliche Gewinn durch Fischkon- gen setzt den ADI bei 0,2 Mikrogramm aus Fischzuchten. Darum importiert sum selbst für Kinder gelte. 700 an. Aus vielen Untersuchungen geht die Schweiz heute 95 Prozent ihres untersuchte Kinder auf den Seychellen hervor, dass die Quecksil-berbelastung Fischbedarfs, vorwiegend aus Meeres- zeigten trotz 12 Fischmahlzeiten pro von Fischfleisch heute je nach Meeres- fang und zunehmend aus fernen Mee- Woche mit hohem Quecksilbergehalt region und Fischart zwischen 0,05 und resgegenden, weil die europäischen angeblich keine Krankheitsmerkmale 1,4 Milligramm pro Kilo liegt. Und es Regionen bereits überfischt sind. – eine Langzeituntersuchung fehlt frei- häufen sich Forschungsergebnisse Wenn noch häufiger Fisch auf den lich. In ähnlich unbekümmerter Weise über die Aufnahme von Quecksilber Tisch kommen soll, dann werden im- kam ein Artikel in Environmental und Spuren davon im Körper. So mer mehr Menschen ohne Fisch aus- Health Perspectives im Oktober 2005 schätzt eine Studie in Katalonien die kommen müssen – am Ende auch wir. zum Schluss, die Empfehlung der US- Quecksil-berzufuhr durch Fischkon- Weltweit werden heute 100 Millionen Lebensmittelbehörde (FDA), Schwan- sum bei Männern auf 1,5 Mikrogramm Tonnen Fisch pro Jahr verspeist, pro gere sollten den Konsum von quecksil- pro Tag und Kilo Körper-gewicht. Kopf 16 Kilogramm, was umgerechnet berbelastetem Fisch reduzieren, Oder eine Untersuchung an 1700 auf die bei uns üblichen Filets etwa 6 enthalte den Ungeborenen essentielle Frauen in den USA ergab eine durch- Kilogramm entspricht. Und weltweit Nährstoffe für ihre neurokognitive schnittliche Quecksilberkonzentration nimmt der Konsum jährlich zu. In Entwicklung vor. Das Hoforgan der in- von 0,6 Mikrogramm pro Liter Blut; Afrika und Lateinamerika hingegen ternationalen Fischbranche (www.in- bei Frauen, welche mindestens zwei- gibt es nur halb so viel Fisch zu essen; trafish.com) echote: «Higher fish in- mal wöchentlich Fisch essen, lag dieser wertmässig rund die Hälfte der dorti- take yields smarter babies». Wert aber siebenmal höher. Zuviel gen Fischproduktion wird in den rei- Die Beurteilung einer gesundheitli- oder tolerier-bar? Nachdem jeder chen Norden exportiert. Den höch- chen Beeinträchtigung durch lebens- Grenzwert eine Annahme ist, Lebens- sten Pro-Kopf-Konsum mit teils weit lange Zufuhr eines Schadstoffs hängt zeituntersuchungen fehlen und über 40 Kilogramm pro Jahr verzeich- Nr. 3+4 • 2006 19
Nahr ungsmittelproduktion nen Japan, die Länder Skandinaviens ein Zuchtfilet von 100 Gramm minde- sischen Küstenfischern aufgebaute Pro- und der iberischen Halbinsel sowie stens 280 Gramm Fische verfüttert wur- jekt zeigt eine Alternative auf: Hier wer- Frankreich; der Konsum in den USA den! Aus verschiedenen Gründen wird den nur nicht übernutzte Arten be- wächst, und auch in China leistet man Fischmehl nur zum kleineren Teil aus fischt, und nur mit handwerklichen sich mehr und mehr Fisch. Fischverwertungsabfällen, vorwiegend Methoden, welche die Überfischung Auf Dauer kann das nicht gut gehen. aber aus eigener Fischerei gewonnen. verhindern. Die Fische verweilen nur Meeresforscher warnen seit Jahren, dass Die Fischzucht ist daher keine Alterna- kurze Zeit im Fanggerät und werden un- die Fischproduktion der Meere ihren tive zum Raubbau an den Meeren, son- mittelbar nach der Entnahme aus dem Zenit bereits überschritten habe: Es wird dern treibt ihn sogar noch voran. Eine Wasser einzeln betäubt und getötet und mehr gefischt, als durch natürliche Re- Alternative wäre nur die Zucht von auf Eis gelegt. Die Reaktionen jener produktion nachwächst. Laut Greenpe- Friedfischen, die Futter auf pflanzli- Konsumenten, die von den ersten seit ace sind heute drei Viertel aller gängi- cher Basis verwerten; doch wer isst vergangenem Frühjahr importierten gen Speisefischarten überfischt. Die schon Karpfen? «fairen Fischen» kosten konnten, spre- Folgen davon werden immer deutlicher. Die künstliche Haltung von Fischen chen für sich: «Die Fische schmecken Wer regelmässig die Preise an Fischthe- hat viele weitere Nachteile. Die Aus- wirklich ausgezeichnet. Das feste Fleisch ken beobachtet, konnte unschwer fest- scheidungen der Fische, Futterreste ist nicht nur für die Zubereitung vorteil- stellen, dass sie im Verlauf der letzten 12 und Medikamentenrückstände bela- haft, angenehm ist auch der Biss.» Und: Monate erheblich gestiegen sind – in ei- sten das Wasser von Zuchtanlagen und «Ich finde es sehr angenehm, dass nach ner Marktwirtschaft ein untrügliches natürlichen Gewässern und Küsten. dem Braten der ‹fairen Fische› nicht die Zeichen dafür, dass das Angebot knap- Die in der Regel enge, eintönige und ganze Wohnung fischelet, wie dies sonst per wird. Das bekommt auch die unstrukturierte Umgebung bietet den oft der Fall ist.» Fischmehl- und Fischölindustrie zu Zuchtfischen zuwenig Reiz und Bewe- spüren: Im letzten Jahr konnte sie nicht gungsraum und lässt ihnen keine Der Preis einer Fischmahlzeit mehr soviel Fisch kaufen, wie sie zur Rückzugsmöglichkeiten. So leben die Deckung der wachsenden Nachfrage meisten Zuchtfische unter Dauerstress Die Überfischung gründet auf zwei benötigt hätte; die Perspektiven für die und müssen medikamentös vor Krank- Tatsachen: Erstens ist der weltweite kommenden Jahre sind nicht besser. heiten geschützt werden. Nicht von un- Fischkonsum zu hoch, und zweitens Kurzfristig sucht die Fischerei- gefähr gilt ihr Fleisch unter Fischlieb- sind Meerfische viel zu billig, weil die Industrie den Ausweg in immer grösse- habern als minderwertig gegenüber Fischbestände gratis ausgebeutet wer- ren Meerestiefen. Die Folgen werden Wildfisch. den dürfen. Wenn nun grosse Fisch- freilich noch fataler sein. Denn mit zu- Wer dennoch hofft, die wachsende konsumländer versuchen, sich den nehmender Wassertiefe verringert sich Zuchtindustrie werde es schon richten Fisch von morgen durch industrielle das Wachstum der Fische. Während im und bei leeren Meeren die Omega-3- Fischzuchten zu sichern, kann das Küstenbereich lebende Arten sich be- Versorgung aufrechterhalten, dürfte nicht gut ausgehen. Weil Wildfisch zu reits im zweiten oder dritten Lebens- sich täuschen: Bei Zuchtfischen muss billig ist, muss Zuchtfisch noch billiger jahr vermehren, erreichen in der Tiefe mit einem tieferen Omega-3-Gehalt ge- sein; denn wer würde für minderwerti- beheimatete Arten wie der Rotbarsch rechnet werden, da ihnen die natürli- gen Fisch mehr bezahlen? Darum ihre Geschlechtsreife erst im Alter von chen Quellen hierfür fehlen. «rentiert» nur industrielle Massen- zehn oder noch mehr Jahren. Wer fischhaltung, mit all den längst be- heute die Tiefsee leer fischt, wird dort Wie gesund ist gequälter kannten Folgen für Umwelt, Tiere und also bald gar nichts mehr finden. Fisch? Qualität. Fair gewonnene Fische können nicht Fischzucht als Ausweg? Die meisten Fische, die wir heute es- billig sein – auch deshalb nicht, weil sen, lebten oder starben qualvoll. Wild- die Fischer und ihre Frauen einen Rund ein Viertel des Weltkonsums fische kämpfen oft stunden- oder tage- deutlich höheren Preis von fair-fish er- an Fisch wird heute aus Zuchten ge- lang im vergeblichen Versuch, aus dem halten. Und wie lange werden denn Fi- deckt. Bis im Jahr 2050, sagt die Fanggerät zu entkommen, bis sie end- sche noch billig zu haben sein, wenn Ernährungsorganisation (FAO) der lich an Bord gehievt werden. Hier wer- sie immer rarer werden? UNO voraus, soll schon jeder zweite den sie jedoch nicht durch einen Auch Tiefkühlfisch muss wie Zucht- Fisch aus Zuchtfarmen stammen. Das Gnadenstoss erlöst, sondern ersticken fisch in aller Regel wesentlich günsti- ist alles andere als eine gute Nachricht. langsam oder werden bei vollem Be- ger angeboten werden, da er von der Denn die Probleme werden damit nur wusstsein verarbeitet. Ihr Fleisch ent- Kundschaft als minderwertig wahrge- noch grösser. Die meisten heute ge- spricht in der Qualität demjenigen von nommen wird – eine self fulfilling pro- züchteten Arten sind Raubfische, von Nutztieren, die ohne Rücksicht trans- phecy, denn zu tiefen Preisen lässt sich ihrer Physiologie her also auf Fisch als portiert und geschlachtet wurden; es tatsächlich nur Fisch gefroren verkau- Nahrung angewiesen. Ihr Futter muss enthält die hormonellen Spuren von fen, der zu tiefen Kosten produziert daher zu rund einem Drittel aus Stress und Angst. Zuchtfische vegetie- wurde. Und das heisst: mit geringer Fischmehl bestehen. Um ein Kilo Zucht- ren in der Regel von der Geburt bis Rücksicht auf Tierwohl, Natur und Fi- fisch zu erhalten, müssen 350 Gramm zum Tod unter wenig artgerechten scherlöhne. Ähnlich gilt das für Fisch Fischmehl verfüttert werden, das aus Bedingungen. Die Qualität ihres Flei- in Konserven, ausgenommen gewisse Fischen mit rund dem vierfachen Le- sches ähnelt jenem von schlecht gehal- Marken, die mit dem «Bio»-Argument bendgewicht gewonnen wird. Da wir tenem und medikamentös durchgefüt- einen hohen Preis bewerben, obwohl von einem Zuchtfisch bestenfalls die tertem Schlachtvieh. Fische aus Wildfang definitionsgemäss Hälfte verzehren, heisst das, dass für Das vom Verein fair-fish mit senegale- schlicht nicht bio-zertifizierbar sind … 20 Nr. 3+4 • 2006
Nahr ungsmittelproduktion Was heisst frisch? gen toter Fisch darf als «frisch» verkauft des andere Lebensmittel gilt es, indivi- Gewiss, das herkömmliche Tieffrie- werden, solange er auf Eis liegt und duell dessen Platz im Rahmen einer ren (congelation) von Fisch führt zu frisch aussieht. Der Kenner weiss, wor- bewusst vielseitigen Ernährung zu fin- einem Qualitätsverlust, da es die Zell- auf er achten muss, zum Beispiel auf Zu- den. Für uns Binnenländer hat Fisch wände verletzt. Beim Schockgefrieren stand und Lage der Fischaugen; doch eher einen Platz als etwas Besonderes (surgelation) ist dies freilich nicht der ein Filet schaut uns nicht mehr an … zu bestimmten Gelegenheiten und Fall. Bald nach dem Fang schockgefro- darf dann auch seinen Preis haben. rener und vor dem Verzehr schonend Fisch als Genuss von Wenn wir uns schon Qualität leisten, ist aufgetauter Fisch ist der frischeste, den Fall zu Fall die richtige Zubereitung wichtig. Pro- wir überhaupt bekommen können. Für tein erträgt generell keine hohe Tem- solchen Fisch wäre ein höherer Preis In Küstenregionen war Fisch schon peratur, da es dann schwer verdaulich als für Frischfisch gerechtfertigt, denn immer ein wichtiger Bestandteil der wird. Fisch sollte darum nicht zu heiss der Aufwand ist höher. Leider spielt Ernährung, und vor allem in ärmeren gegart werden. Am besten wird er po- der Markt hier verkehrt. Ländern bleibt die Bevölkerung an chiert oder als Filet auf kleiner Hitze Frisch heisst übrigens nicht von heute den Küsten und in deren Hinterland langsam und mit wenig, aber gutem Öl – es sei denn, man fischt selber oder auch heute auf Fisch für die Protein- gebraten. Es ist schade um den guten kennt einen Berufsfischer in der Nach- versorgung angewiesen. In Binnenlän- Fisch und um dessen Nährstoffe, wenn barschaft. Bis jedoch der Fisch aus dem dern wie der Schweiz hingegen wurde er mit viel Fett oder paniert zubereitet Meer bei uns in der Auslage liegt, kann noch vor einer Generation nur wenig wird. Sehr gut begleitet wird Fisch von gut und gern eine Woche vergangen Fisch verzehrt. Hier ist Fisch kein un- Gemüse oder Salaten – eine bekömm- sein; wenn das Schiff mehrere Tage un- verzichtbarer Bestandteil der Ernäh- liche, gesunde Mahlzeit ganz im Sinn terwegs war, bis es seinen Fang anlan- rung; wir können uns Protein auch der gepriesenen mediterranen Küche. dete, kann es noch länger gedauert ha- durch andere Speisen und vor allem ■ ben. Nur bei hochpreisigen, durch eine kluge Lebensmittelkombi- Korrespondenzadresse: Heinzpeter Studer, Fachstellenleiter, Verein fair- angelgefangenen Fischen lohnt sich nation verschaffen. fish, Grüzenstr. 22, 8400 Winterthur der Aufwand für eine Logistik mit ho- Grundsätzlich kann man sich mit Tel. 052 301 44 35, Fax 052 301 45 80 her Frische. Auch ein seit etlichen Ta- Fisch nicht «gesund essen». Wie für je- E-Mail: hps@fair-fish.ch, Internet: www.fair-fish.ch Wenn Sie sauer sind, ohne wütend zu sein. allsan Basen-Mineralsalz Tabletten bringen den Säure-Basen-Haushalt schnell wieder ins Gleichgewicht, führen Ihnen wichtige Mineralsalze zu und fördern Ihr Wohlbefinden. Erhältlich in Apotheken, Drogerien und Reformhäusern. www.allsan.ch Biomed AG, 8600 Dübendorf
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