"La femme est l'avenir de l'homme": auch in der Politik?

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2. Internationales Branchenseminar für Frauen 2004

                           "La femme est l’avenir de
                           l’homme": auch in der Politik?
Maria Roth-Bernasconi
Gleichstellungsfachfrau,
Nationalrätin SP Genf
Genf, Schweiz

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"La femme est l'avenir de l'homme": auch in der Politik?
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"La femme est l'avenir de l'homme":
auch in der Politik?

1. Einführung
„Der Mann braucht Rivalität und Konkurrenz. Wo findet er sie, wen nicht in der Frau?“ Das
schrieb ein fantasievoller Utopist namens Charler Fourrier 1830 und stellte mit diesem Satz so
ziemlich alles auf den Kopf, was auf den Kopf zu stellen gab. Denn: wer rivalisiert ist gleich
und tut das Gleiche. Zum Beispiel: Politik machen, oder Wirtschaft oder Kunst. Oder sonst
was Schönes oder Nützliches. Wer rivalisiert, bewegt sich auf dem gleichen Terrain. Deshalb
gibt es keine Rivalität ohne Gleichheit. Und, nach Fourrier, gibt es ohne Gleichheit kein ange-
regtes und anregendes Verhältnis zwischen Männern und Frauen.
Fourrier war einsam mit seinen Utopien. Denn um ihn herum war unter den Wissenschaftlern
und Meisterdenker die Meinung verbreitet, es gäbe eine ewignatürliche Ordnung der Dinge:
Gattinnen, Mütter und Hausfrauen auf der einen Seite, politik- und wirtschaftsfähige Männer
auf der anderen Seite.

Und wie sieht es heute aus? Ist Fourriers Traum immer noch Utopie?

Frauen heimsen heute die guten Noten ein, gehen an die Universitäten und brillieren in
Filmen und auf der Bühne. Sie werden Richterinnen und sind sogar für Präsidentschaftsämter
im Gerede. Hin und wieder wird eine Verwaltunsratspräsidentin, Parteipräsidentin oder Pro-
fessorin.

Man redet über das Thema, sogar in den Soapoperas wird es aktualisiert, es wird genderge-
managt und gender gemainstreamt in Verwaltung und Privatwirtschaft. Sind wir also wirklich
dort angekommen, wo wir wollten, in einer Welt der gesunden Rivalität und Gleichstellung, in
seiner Utopie eines stimulierenden und stimulierten Geschlechterverhäntnisses?

Nein, so legen es uns vor allem die Medien nahe: es ist nicht von Gleichheit und angeregter
Rivalität die Rede, sondern vom baldigen Untergang der Männer. Die Frau, sagt man uns
neuerdings, zwar nicht aus der feministischen Ecke, sei heute das starke Geschlecht. Sie hät-
ten klammheimlich die Macht übernommen. Das männliche Chromosom sei nichts mehr wert
und der Untergang des Mannes sei nahe liegend.

Ich werde mit meinen Erläuterungen aufzeigen, dass die Macht der Männer in der Politik vor-
läufig noch nicht am Verschwinden ist, im Gegenteil. Dass sie auch heute noch die Fäden
ziehen und die Machtposten innehaben. Und dass wir weiterhin dafür kämpfen müssen, damit
der Traum Fourriers Wirklichkeit werden kann, ohne, dass die Männer untergehen müssen
und ohne dass die Frauen ständig Opfer bringen müssen. Ich werde zunächst mit Hilfe von
ein paar Zahlen die heutige Situation der Frauen in der Welt, in Europa und in der Schweiz
aufzeigen. Wir müssen uns auch die Frage stellen, weshalb dem so ist und weshalb wir das
verändern möchten um dann ein paar Wege aufzuzeigen, wie die Situation verbessert werden
könnte. Ich hoffe, in den Schlussfolgerungen, Ihnen etwas Mut und Kraft für Ihr Tätigkeitsfeld
für den Frauenpower mitgeben zu können.

2. Politische Partizipation der Frauen gesamthaft
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Wir leben in einer sich ständig verändernden Welt. Alle Lebensbereiche sind davon betroffen.
Dies bringt besondere Herausforderungen mit sich, denen wir optimal begegnen können,
wenn wir das menschliche und fachliche Potential von Männern UND Frauen gleichermassen
nutzen. Unterschiedliche Lebenserfahrungen und Lebensbezüge sollen in Entscheide, welche
die Gesellschaft als solche betreffen, gleichermassen einfliessen. Ein wichtiger Schritt dazu
ist die Partizipation der Frauen an der Politik auf allen Ebenen der Entscheidfindung.

Wie sieht das nun aber in der Wirklichkeit aus?

Um auf diese Frage eine Antwort zu finden, habe ich die Statistiken der Union interparlemen-
taire, die 181 Länder untersucht hat, konsultiert.

Im Ganzen gibt est 42'005 Parlamentarier in den demokratischen Staaten der Welt. Davon
sind 5'986 Frauen, was ganzen 15.1% entspricht (Stand Dezember 2003).

                 Die Frauen in den Parlamenten, aufgegliedert nach Ländern
 Saudi Arabien                0.00%                             Deutschland                           32.20%
 Nigeria                      4.90%                             Oesterreich                           33.90%
 Indien                       8.80%                             Belgien                               35.10%
 Italien                      11.30%                            Costa Rica                            35.10%
 USA                          14.30%                            Kuba                                  36.00%
 Schweiz                      25.00%                            Norwegen                              36.40%
 Turkmenistan                 26.00%                            Finnland                              37.50%
 Spanien                      28.30%                            Dänemark                              38.00%
 Island                       30.20%                            Schweden                              45.30%
 Argentinien                  30.70%                            Rwanda                                48.80%

Wir sehen der Grafik an, dass die nordischen Länder an der Spitze stehen. Ein afrikanisches
Land macht die Ausnahme: Ruanda ist an der Spitze mit fas 50% Frauen im Parlament. Und
keine Frau ist unter anderen in Saudi Arabien vertreten.

Aber dort, wo die Macht grösser ist und vor allem die Plätze teurer, nämlich in den Exekuti-
vämtern, sind die Frauen auch heute noch stark untervertreten. Und ein Rückgang ist sogar
festzustellen.

 Frauen in Exekutivämtern
 Jahr                                Frauen Staatsoberhäupter
 1995                                6.40%
 2000                                4.70%

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3. Politische Partizipation der Frauen in der Schweiz
3.1 Einige Zahlen

In der Schweiz, die sich betreffend Vertretung der Frauen im Parlament an 25. Stelle befindet,
sieht die Situation folgendermassen aus:

Jahr       Anzahl Frauen nach Parteien
           Grüne     SP        CVP                  FDP            SVP              PdA               EDU
1999       62.50%    39.20%    22.90%               20.90%         6.80%            0.00%             0.00%
2003       46.70%    44.25%    32.15%               15.00%         5.35%            33.30%            0.00%

Anlässlich der nationalen Parlamentswahlen haben in der Schweiz die rechtsaussen Partei
SVP und die linke SP gewonnen. Die rechtskonservativen Kräfte haben zu Ungusten der
moderaten Rechtsparteien massiv zugelegt. In den linken Parteien ist der Anteil der Frauen
gestiegen, in den bürgerlichen und der rechtsaussen Partei ist er hingegen gesunken.

Was die Exekutivämter angeht, so ist auf nationaler Ebene der Anteil der Frauen im sieben-
köpfigen Bundesrat seit der nicht Wiederwahl der CVP Bundesrätin wieder auf eine Frau
gesunken.

In den 26 Kantonsregierungen der Schweiz sind 19% der Sitze von Frauen belegt. Der bevöl-
kerungsmässige grösste Kanton der Schweiz wird aber von einer Regierung betreut, die
mehrheitlich aus Frauen besteht. Es ist dies der Kanton Zürich (4 Frauen auf 7 Regierungs-
mitglieder).

In den Regierungen der 118 Schweizer Gemeinden, die mehr als 10'000 Einwohner haben,
sind 24% der Sitze von Frauen besetzt. Die Beteiligung der Frauen hat sich im Verlauf der
letzten 4 Jahre um zwei Prozentpunkte erhöht.

Wir stellen also fest, dass betreffend der Beteiligung der Frauen in der Politik vorläufig die
Gefahr nicht besteht, dass die Männer vollständig von den Frauen abgelöst werden. Sie sind
selten paritätisch in den repräsentativen Staatsorganen vertreten, und dort, wo sich die Macht-
frage am meisten stellt, sind sie generell sehr untervertreten.

Das Repräsentationsprinzip ist der Kern der modernen Demokratien. Das will heissen, dass
die VolksvertreterInnen der Ausdruck des Allgemeininteressen sind. Das allgemeine Stimm-
und Wahlrecht ist der Ausdruck dieses Prinzips.

Doch die Frauen waren lange Zeit von diesem Recht ausgeschlossen. 1971 erhielten die
Schweizer Frauen das Stimm- und Wahlrecht auf eidgenössischer Ebene. Auf Gemeinde- und
Kantonsebene wurde die politische Mitbestimmung jedoch erst 1990 vollständig durchgesetzt.
Mit ihrer Weigerung, den Frauen gleiche politische Rechte wie den Männern zu gewähren,
stellte die Schweiz lange Jahre ein Unikum in der politischen Landschaft des Westens dar.

Wichtige Gründe für die lange Verzögerung des Frauenstimm- und –wahlrechts sind zweifel-
los im politischen System der Schweiz zu suchen, das das Volk bei Sachvorlagen mitent-
scheiden lässt und den 26 souveränen Kantonen wie den Gemeinden ein hohes Mass an
Verwaltungsautonomie und Entscheidungsfreiheit zuerkennt. Man kann sich fragen, ob die
politische Gleichstellung der Frauen viel früher verwirklicht worden wäre, wenn in der Schweiz
– wie in den repräsentativen Demokratien – allein das Parlament hätte entscheiden können.
Trotz dem späten Einführen des Stimm- und Wahlrechts befindet sich die Schweiz im europä-
ischen Vergleich betreffend Partizipation der Frauen im oberen Mittelfeld.

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Die Frauen haben weltweit etwas an Macht gewonnen, sind aber auf allen politischen Ebenen
krass untervertreten – und dies, obwohl sie in der Wohnbevölkerung als auch unter den
Wahlberechtigten die Mehrheit ausmachen. In 9 von der Union interparlementaire untersuch-
ten Ländern sind die Parlamente mit nur Männern besetzt, und in 6 Ländern gibt es keine ge-
schlechtergetrennte Statistiken.

3.2 Ursachen

Was sind nun aber die Ursachen dieser Untervertretung der Frauen in den politischen Ent-
scheidungsgremien?

+-Die geringe Teilhabe der Frauen in der Politik hat vielfältige Ursachen. Eine davon liegt in
der hauptsächlichen Zuständigkeit der Frauen für Familie und die damit verbundenen gesell-
schaftlichen Pflichten, die sie weniger disponibel für eine politische Karriere machen.

Die Organisation unserer Gesellschaft ist nicht auf die Tatsache abgestellt, dass die Frauen
heute ausserhalb des Hauses arbeiten und Kinder aufziehen. Der Arbeitsmarkt funktioniert
auch heute noch, als ob die Arbeitnehmer ledig sind oder mit einer zu 100% funktionierenden
Infrastruktur zählen können. Dies entspricht nicht mehr der heutigen Realität. Die ungleich-
mässige Verteilung der bezahlten und unbezahlten Arbeit hat einen direkten Einfluss auf das
Engagement der Frauen in der Politik. In der Tat haben die Frauen heute den Arbeitsmarkt
erobert. Das Gleiche kann aber nicht von den Männern in Bezug auf Kindererziehung und
Familienarbeit gesagt werden. Sie haben das Privathaus nicht im gleichen Mass erobert
(11 Minuten mehr pro Tag in den letzten 10 Jahren). Wenn die Väter ihre Rolle als Erzieher
etwas ernster nehmen würden, etwas weniger arbeiten würden (oder dürften, denn oft haben
sie ja nicht die Wahl), wenn eine Direktorenkonferenz das gleiche Gewicht kriegt, wie die
Betreuung eines kranken Kindes, so wäre es für die Frauen auch einfacher, sich neben dem
beruflichen und familiären Engagement auch für die Politik zu interessieren. Solange aber die
Hauptlast der Familienarbeit den Frauen auf den Schultern liegt, ist es für sie schwieriger, sich
politisch voll zu engagieren.

Frauen haben auch schlechtere Zugangschancen zur Politik, weil sie gesamthaft gesehen im
Erwerbsleben niedrigere Positionen einnehmen als Männer und in wirtschaftlichen Interes-
senorganisationen schlechter vertreten sind. Als Beispiel kann eine Studie, die nach den
eidgenössischen Wahlen von 1999 von der Universität von Bern durchgeführt wurde, erwähnt
werden und die aufgezeigt hat, dass die kandidierenden Frauen nicht die gleichen Chancen
haben, wie die Männer, von den Medien wahrgenommen und erwähnt zu werden. Die
Medienschaffenden sind heute noch zu wenig für diese Frage sensibilisiert.

Zudem können sie, was ihre politische Profilierung anbelangt, noch kaum auf Vorbilder oder
eine Tradition zurückgreifen. Weiter ziehen es viele Frauen vor, sich in ausserparlamentari-
schen Organisationen oder ehrenamtlich im sozialen oder kirchlichen Bereich zu engagieren.
Die politische Arbeit und das Funktionieren der Parlamente und Regierungen sind nicht auf
Frauen mit mehrfachen Belastungen ausgerichtet. Die Rhythmen der Sitzungen wie die Ritua-
le oder die Auswahlprozesse und –kriterien innerhalb der Parteien sind oft nicht gerade frau-
enfreundlich und können sich zu ihrem Nachteil auswirken.

Die letzten Wahlen haben aber auch klar gezeigt, dass der Frauenanteil in den linken und
bürgerlichen oder rechten Parteien nicht der gleichen Entwicklung unterlegen ist. Während die
linken und grünen Frauen vorwärts gehen, bleiben die rechten Frauen stehen oder
machen gar Rückschritte. Ich wage zu behaupten, dass dies nicht ein Zufall ist sondern ganz
klar auch mit der politischen Ideologie zusammenhängt.
In der Tat, wenn soziale Gerechtigkeit oder nachhaltige Entwicklung einen wichtigeren Stand-
punkt einnehmen als nur Wirtschaftswachstum und Standortvorteil im traditionellen Sinn, kann
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es logischer erscheinen, dass die Politik der Gleichstellung eine wichtige Stellung einnimmt
und auch konkret verwirklicht wird.

Doch müssen sich die bürgerlichen Parteien auch klar werden, dass auch ihre Ziele von mehr
Wirtschaftswachstum und mehr Wohlbefinden allgemein ohne Mitsprache der Frauen und
Einbezug deren Interessen und Anliegen nicht längerfristig verwirklicht werden kann. Frauen
sind ein Humankapital, das heute noch nicht zu seiner ganzen Entfaltung kommt.

4. Weshalb soll etwas geändert werden?
Es gibt also verschiedene Argumente, die vorgebracht werden können, um alles daran zu
setzen, die politische Beteiligung der Frauen an Entscheidungsprozessen zu erhöhen.

Als erstens zwingen uns unsere Gesetzestexte, die Gleichstellung der Geschlechter auf allen
Stufen auch materiell zu verwirklichen. So haben wir in der Schweiz einen Verfassungsartikel,
der klar und deutlich verlangt, dass das Gesetz für die rechtliche und tatsächliche Gleichstel-
lung sorgen muss. Das Recht auf Gleichberechtigung der Geschlechter ist ein Grundrecht,
das von allen demokratischen Staaten anerkannt ist. Die Beteiligung der Frauen an den politi-
schen Entscheidungsprozessen ist eine Frage der Demokratie, der Gerechtigkeit, der Men-
schenrechte schlechthin.

Zum zweiten ist es wichtig, dass die Frauen dort mitreden und mitentscheiden, wo sie direkt
betroffen sind. Auf dem politischen Parkett werden Entscheidungen getroffen, die uns sehr
direkt betreffen. Das Gesicht des Wohnquartiers, die Höhe des Pensionsalters, die Einrich-
tung einer Tagesschule in ihrer Gemeinde, der Verkauf von Bio Gemüse im nahen Einkaufs-
zentrum sind nur einige Beispiel dazu.

Wir behaupten, dass die sozialen Erfahrungen der Frauen helfen, gute Lösungen für unsere
Zukunftsprobleme zu finden. Ich erinnere daran, dass die Mutterschaftsversicherung, die in
der Schweiz immer noch nicht besteht, erst wieder ins Gespräch gebracht wurde, als die poli-
tisch aktiven Parlamentsfrauen sich darum zu kümmern begangen und die erste sozialdemo-
kratische Bundesrätin dies als eine ihre Prioritäten an die Hand nahm.

Wir werden auch die demografischen Probleme unserer westlichen Länder nicht lösen kön-
nen, wenn wir nicht die Frauen und die Welt der Frauen miteinbeziehen. Wir müssen Lösun-
gen erarbeiten, die es jungen, gut gebildeten Frauen erlauben, Kinder zu haben ohne auf eine
Karriere verzichten zu müssen. Und solche Lösungen können nur in Zusammenarbeit mit
Männern und Frauen erarbeitet werden.

Ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum, das helfen soll, die Defizite zu absorbieren und die
Arbeitslosigkeit zu bekämpfen muss es auch den Frauen erlauben, auf dem Arbeitsmarkt
aktiv zu sein ohne auf Kinder verzichten zu müssen.

Die steigende, sichtbare Gewalt in unserer Gesellschaft fordert auch immer mehr und neue
Lösungsansätze. Einerseits bringen die Frauen wichtige Erfahrungen mit dem Umgehen der
Gewalt und der Mediation mit. Anderseits wäre es auch gut, wenn hier die Männer ihre Ver-
antwortung in der Kindererziehung besser wahrnehmen würden, um den jungen Männern Re-
spekt und Rücksicht zu lehren. In der Tat wage ich zu behaupten, dass wir einen grossen Teil
der heutigen Gewaltprobleme lösen könnten, wenn die Männer sich etwas mehr um die Erzie-
hung ihrer Jungen kümmern würden und ihnen ein vorbildliches Beispiel wären.
Und das ist nur möglich, wenn sie es den Frauen erlauben, in den politischen Gremien mitzu-
reden und mit zu entscheiden.

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Erfahrungen haben gezeigt, dass dort, wo Frauen und Männer zusammenarbeiten, bessere
Lösungen erarbeitet werden. Denken wir an die nordischen Länder, in denen die Parität fast
erreicht ist und die eine Familienpolitik führen, die uns in der Schweiz vor Neid erblassen
lässt!

5. Wie soll etwas geändert werden?
Eines muss ganz klar gesagt werden: es gibt nicht DIE einzige, geniale Lösung, um eine bes-
sere Beteiligung der Frauen in der Politik zu erreichen. Wichtig ist es, einerseits innovative
Ideen vorzubringen und anderseits auch mehrheitsfähige Lösungen vorzuschlagen. Dazu
muss man die politische Kultur seines Landes gut kennen. Es darf auch nicht vergessen
werden, dass die politische Partizipation der Frauen auch eng verbunden ist mit ihrem Platz in
der wirtschaftlichen, sozialen und familiären Welt. Die Lösungen müssen also auch immer
diese Tatsache in Betracht ziehen.

Dann hängt die vorgeschlagene Lösung oft auch, wie schon erwähnt, von der politischen
Ideologie ab. So werden die Parteien, die auf die individuelle Stärke und Freiheit der Einzel-
nen zählen, Bildungsmassnahmen Quoten vorziehen währenddem jene, welche mehr auf kol-
lektive Solidarität zählen, mehr auf Lösungen einsteigen werden, welche den Zusammenhang
zwischen ausgeglichener Partizipation der Frauen und sozialer Gerechtigkeit aufzeigen. Ich
zeige hier nachfolgend ein paar Ideen auf.

Und schliesslich und endlich hängt es auch von den Frauen selber ab, ob sie sich engagieren
wollen oder nicht. Wir sollen uns nicht scheuen, uns mit Fragen der Macht, des Widerstandes,
der Konflikte, Konkurrenz und Strategien auseinanderzusetzen. Ich habe in meiner
Antrittsrede als Co-Präsidentin der SP-Frauen Schweiz gesagt: Pendant que les femmes
aiment, elles ne font pas de la politique“, was heissen will: während die Frauen lieben,
machen sie keine Politik. Die Angst vor Liebesverlust muss überwunden werden, denn, wenn
Frau Politik macht, kann sie nicht immer nur nett sein. Sich zu exponieren braucht daher auch
Mut und Standfestigkeit. Denn wer eine eigene Meinung vertritt, wird angreifbar, tritt aus dem
Schutz des Schweigens und der Anonymität heraus. Da die Bedürfnisse der Frauen in der von
den Männern dominierten Welt oft nicht zur Genüge wahrgenommen werden, ärgern sich die
Frauen, suchen dann entsprechende Notlösungen für ihr Problem und schlucken dreimal leer.
Audre Lorde, eine berühmte afro-amerikanische Schriftstellerin, macht allen Frauen Mut, in-
dem sie schreibt:
„Jede Frau besitzt ein wohlbestücktes Arsenal von potentiell nützlichem tiefem Ärger. Gezielt
eingesetzt kann dieser Ärger, dieser Zorn, eine machtvolle Quelle des Fortschrittes und der
Veränderung werden.“

Frauen können also viel verändern, wenn sie wollen, es gibt aber Mittel, die es ihnen erleich-
tern, das zu tun. Ich zähle hier ein paar auf:

5.1 Strukturen der Gesellschaft

Die Strukturen der Gesellschaft müssen dringend dem neuen Lebenswandel der Frauen
angepasst werden. Die Schulzeiten sollen so organisiert sein, dass sie den Frauen erlauben
zu arbeiten und sich zu engagieren. Hütemöglichkeiten sollen bestehen und flexible Arbeits-
zeiten sollen es jungen Eltern erlauben, sich neben der Karriere auch den Familienpflichten
widmen zu können.
5.2 Politischer Wille

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Eine der ersten Frau im Schweizer Parlament hatte einmal gesagt: die Frauen gehören ins
Haus, ins Stadt-, Rats- oder Bundeshaus. Damals war das noch visionär, heute ist es für
wenige Frauen Alltag geworden. Aber es ist noch nicht eine Selbstverständlichkeit. Um den
Frauen den Weg ins politische Haus zu ebnen, braucht es heute noch den politischen Willen
von Parteien und von Entscheidungsträgern. Von alleine machen die Männer nicht Platz,
dafür sind die Ehrenplätze noch zu interessant und zu schön!

Zum ersten einmal gehört ein politischer Wille, die heutige Situation zu verändern an erste
Stelle der Forderungen. Fast alle Parteien in der Schweiz haben die Gleichstellung in ihr Par-
teiprogramm geschrieben. Dies reicht aber noch nicht aus. Die Frauen müssen bewusst
gefördert werden. Und die Männer müssen auf Machtpositionen und –gewohnheiten verzich-
ten. Ich denke da an die Wahlen im März 2003 in Spanien. Nach der Wende im März hat der
sozialdemokratische Premierminister bewusst eine paritätische Regierung zusammengestellt,
bestehend aus 50% Frauen und 50% Männer. Er hat sie also gefunden, die Frauen. Und
diese Frauen können nun die Herausforderung annehmen, das Land in diesen schwierigen
Zeiten zu führen. Wir sehen auch in den nordischen Ländern, dass dort, wo es sozialdemokra-
tische Regierungen gab, die Frauen eher an die Macht gekommen sind als in den Ländern mit
konservativen Regierungen. Es war ganz klar der Wille der diversen Premierminister, die Be-
teiligung der Frauen in die Realität umzusetzen. So wird die gerechte Repräsentation der
Frauen in den Entscheidungsgremien wahrscheinlich am schnellsten umgesetzt. Dies ist aber
nur in politischen Systemen möglich, in welchen eine Koalitionsregierung vom Präsidenten,
Kanzler oder Premier Minister zusammengestellt wird. In der Schweiz geht das also nicht so,
da wir eine kollegiale Regierung, zwar aus Quoten bestehend (nach Parteien, Regionen,
Sprachen), besitzen. Und trotzdem sind Geschlechterquoten in der Schweiz fast noch ein Ta-
bu….

5.3 Quoten

Wie schon erwähnt, ist also ein anderer Weg, um die Parität zu erreichen, der Einsatz von
Quoten. Es gibt verschiedene Arten von Quoten: Listenquoten oder Resultatsquoten. Frank-
reich hat unter der Regierung des sozialdemokratischen Premierminister Lionel Jospin ein
System der Listenparität eingerichtet. Das Gesetz zur Parität (loi sur la parité) trat am 6. Juni
2000 in Kraft. Erinnern wir daran, dass dieses Gesetz erlassen wurde, weil im französischen
Parlament auch nach 50 Jahren Stimm- und Wahlrecht der Frauen deren Anteil nur 10.9%
betrug. Wenn Italien das erste Land war, dass Quoten auf gesetzlicher Ebene einführte, so
hat Frankreich als erstes Land eine Partiätsregel eingeführt, das heisst: auf allen Listen und
für alle Wahlen (für die Gemeinderatswahlen der Gemeinden von mehr als 3'500 Einwohnern)
müssen 50% Männer und 50% Frauen vertreten sein. Für die Legislaturwahlen (national) sieht
das Gesetz vor, die Parteien, die sich nicht an diese Regeln halten, mit einer Busse zu bestra-
fen. Für die übrigen Wahlen werden die Listen, die nicht die Parität berücksichtigen, nicht re-
gistriert.

Die Diskussion über solche positive Massnahmen sind auch in Frankreich noch heftig, und es
gibt auch Feministinnen, die sich gegen solche Regeln sträuben (vor allem Elisabeth Badinter,
Autorin unter anderem des Buches Die Mutter). Sie meint mit anderen, dass eine solche Re-
gel die Diskriminierung der Frauen akzeptiert, indem sie sie im Gesetz festschreibt. Und wes-
halb die geschlechtliche Differenz anders behandeln als die übrigen Differenzen (Religion,
Rasse, usw.)?

Die BefürworterInnen der parité antworten darauf, dass die Frauen durch ihre Situation und
ihre Geschichte andere Ressourcen in die Politik mitbringen. Diese Unterschiede zu den
Männern dürfen sie aber nicht minderwertiger erscheinen lassen.

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Im Gegenteil, es ist gerade deswegen wichtig, ihnen einen Platz in der politischen Entschei-
dungssphäre zu zuweisen. Die Parität kann sich gut in das republikanische Prinzip einglie-
dern, weil die Spaltung in Frauen und Männer einer ersten und universellen Zweiteilung des
Universums entspricht. Ihr Fortbestand kann nicht bezweifelt werden. In diesem Sinne ist die
Weiblichkeit, wie die Männlichkeit, ein universeller Begriff. Was die positive Diskriminierung
betrifft, so kann man erwidern, dass heute eben die Männer de facto im ganzen Gesell-
schaftsbereich von positiven, meist nicht festgeschriebenen Massnahmen profitieren (siehe
zum Beispiel die Studie über die Medienpräsenz der Frauen und Männer von 1999).

Als Folge dieses Gesetzes sind die Frauen massiv in die Gemeindeparlamente eingetreten:
im Schnitt hat die Beteiligung der Frauen sich in den Gemeinden von über 3'500 Einwohne-
rInnen von 25.7% auf 47.5% verdoppelt.

Die Verantwortlichen für die Umsetzung des Gesetzes verlangen klar Begleitmassnahmen zu
den Quoten. Wir können sie in folgende Themen aufteilen:

5.4 Strukturen der Parteien

Einerseits sollen auch innerhalb der Parteien Regeln gelten, die den Frauen den ihnen zuge-
hörigen Platz einräumen (Quoten oder Paritätsregeln). Anderseits soll sich die Organisation
der Parteien dem Lebenslauf der Frauen anpassen. Der Rhythmus, die Dauer und der zeitli-
che Moment der Sitzungen soll familienfreundlich gestaltet werden (also keine Sitzungen um
18h15!). Nach 2 ½ Stunden kann das Wichtigste erledigt werden, dann sollen Sitzungen wie-
der aufhören. Kinderhütemöglichkeiten sollen offeriert werden.

Wie schon gesagt, werden Frauen und Männer in unserer Gesellschaft unterschiedlich sozia-
lisiert, haben andere Lebenswege und daher unterschiedliche Erfahrungshintergründe. Dar-
aus ergeben sich auch unterschiedliche Interesse und Bedürfnisse. Dies soll auch bei Kandi-
datInnenauswahlen anerkannt und berücksichtigt werden. Die Berücksichtigung und der
bewusste Einbezug der Frauenrealitäten dürfen aber nicht dazu führen, Frauen im Rahmen
der Partei- oder Gemeindepolitik auf ihre Frauenrolle festzulegen. Es gibt auch zwischen
Frauen verschiedene Interessen und Fähigkeiten. Und die spezifischen Erfahrungen und
Kompetenzen der Frauen sind nicht nur in klassischen Frauendomänen von Nutzen. Bei der
Besetzung von Ämtern und Funktionen sollen unbedingt auch unkonventionelle Lösungen in
Betracht gezogen werden. Die Schlüsselkompetenzen, die sich Frauen im Bereich Organisa-
tion, Zeitmanagement und Teamfähigkeit sowie Kreativität und Problemlösung, usw. durch
ihre Familien- und Hausarbeit zulegen, sollen genutzt und anerkannt werden. Frauen eigenen
sich nicht grundsätzlich und von Natur aus besser für die Schul- und Sozialarbeit als für die
Finanz- oder Baupolitik. Allerdings braucht es eventuell etwas mehr Anstrengungen, um eine
Frau für ein untypisches Amt zu gewinnen. Wichtig ist, dass sie von den Behörden und der
Partei voll anerkannt wird.

Ebenso sollen Frauen- und Gleichstellungsthemen nicht von vorneherein der einzigen Frau im
Vorstand oder in der Geschäftsleitung zugeschoben werden. Indem diese zur Chefsache er-
klärt, also vom Präsidium vertreten werden, signalisiert die Partei, dass dieses Thema für sie
wichtig ist und dass es beide Geschlechter gleichermassen angeht.

5.5 Mentoring, Netzwerke

Das Hauptinteresse der Frauen, die sich für Politik interessieren liegt in der Regel nicht bei
der Mitarbeit in einer politischen Partei. Doch wollen wir mehr Frauen in den politischen

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Gremien, so müssen wir mehr Frauen für die Arbeit in den Parteien gewinnen. Es liegt ganz
eindeutig im Interesse der politischen Parteien, Frauen sowohl als Wählerinnen als auch als
Mitglieder anzusprechen. Frauen, vor allem auch in leitenden Funktionen, sind wichtige
Identifikationsfiguren, sie gelten oft als Verfechterinnen innovativer und zukunftweisender poli-
tischer Werte und Zielsetzungen. Daher ist es für Parteien wichtig, für Frauen den Einstieg in
die politische Arbeit attraktiv zu gestalten und ihnen die nötige Unterstützung zu gewährleis-
ten. Dazu braucht es aber auch Männer, die fähig sind, Brücken zu bauen, auf Privilegien zu
verzichten und das Thema nicht nur an Frauen zu delegieren.

Das Instrument des Mentoring erweist sich in letzter Zeit als erfolgreich, Frauen bei ihrem Ein-
stieg und in ihrer Karriere zu unterstützen. Dies erlaubt, Hemmschwellen zu überbrücken,
Türen zu öffnen, Begleitung anzubieten, und so Vorbehalte gegenüber leitenden Funktionen
oder Themen, die nicht zum vorneherein als weiblich gelten, abzubauen. Mentoring kann auf
verschiedenen Ebenen angeboten werden: beim Eintritt in eine Partei, beim Aufbau von
Kandidatinnen, beim Ausüben eines Amtes oder im Wahlkampf. Mentoring ist sowohl für die
Mentorin als auch für die Mentee eine bereichernde Erfahrung.

Noch immer verfügen Frauen über weniger Netzwerke und verstehen es weniger gut als
Männer, sich in die bestehenden „Seilschaften“ einzuklinken. Netzwerke dienen nämlich nicht
nur dem Informationsaustausch, sondern auch der Unterstützung auf persönlicher und berufli-
cher beziehungsweise politischer Ebene. Sei können eine solche Basis sein, wenn es um
Aufstieg und Karriere geht.

5.6 Sensibilisierung Mentalitäten wechseln

Die Partizipation der Frauen auf allen politischen Ebenen hat in erster Linie mit Gerechtigkeit
zu tun. Ganz zentral stellt sich hier die Frage der Macht, und zwar sowohl für die Männer wie
für die Frauen. Männer in den verschiedenen Gremien kommen nicht darum herum, sich
damit auseinanderzusetzen und den Frauen Platz zu machen. Das kommt aber nicht von
alleine. Mentalitäten müssen geändert werden, kleine Buben müssen schon zum Teilen auch
dieses Aspektes erzogen werden. Und da haben wiederum auch die Väter eine wichtige Rolle
einzunehmen. Und die Lehrerschaft muss dringend für diese Fragen sensibilisiert werden und
pädagogische und andere Schriftsachen kritisch hinterfragen. Selbstverständlich müssen sich
auch Frauen mit diesen Fragen auseinandersetzen und ihre „Selbsteinschränkung auf typi-
sche frauenspezifische Themen und Bereiche“ erkennen und versuchen, zu überwinden.

6. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
Dass Politisieren auch eine Frauensache ist, war lange Zeit keine Selbstverständlichkeit. Auf
schweizerischer Ebene können die Frauen erst seit etwas mehr als 30 Jahren in politische
Ämter gewählt werden und selbst wählen. Männern steht die direkte Demokratie seit mehr als
150 Jahren offen.

Doch auch weltweit übernehmen die Frauen vorläufig noch nicht die Macht. Sie sind überall
noch in der Minderheit, und je höher die Macht, je weniger Frauen finden wir.

Die Utopie von Fourrier ist also noch lange nicht erreicht. Und die Männer, die in Entschei-
dungsgremien sitzen, müssen nicht Angst haben, dass sie untergehen.

Zum Nachteil der Frauen wirken heute vor allem die gesellschaftliche Rahmenbedingungen.
So sind Frauen – neben einem wachsenden beruflichen Engagement – immer noch fast aus-
schliesslich für Haus- und Familienarbeit zuständig.
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Diese Mehrfachbelastung erschwert es, Ämter und Mandate zu übernehmen. Frauen haben
zudem weniger Zugang zu einflussreichen Netzwerken und ihnen steht in der Regel weniger
Geld für den Wahlkampf zur Verfügung als den Männern.
Eine Politik der Chancengleichheit für Männer und Frauen muss sich an den Tatsachen,
Erfahrungen und Problemen der Lebenswirklichkeit vor allem der Frauen orientieren, um
bedarfsgerechte Lösungsstrategien zu entwickeln.

Moderne Gleichstellungspolitik muss Frauen und Männern die Möglichkeit eröffnen, in unter-
schiedlichen Lebensphasen unterschiedliche Lebensmodelle wählen zu können, ohne da-
durch benachteiligt oder diskriminiert zu werden.

Es gibt aber nicht DIE einzige Lösung, die überall gleich eingesetzt werden könnte, um mehr
Frauen in entscheidungsträchtige Gremien einzubringen. Aber ohne politischen Willen, die
Chancengleichheit in der Politik konkret durchzusetzen gelingt es nicht, mehr Frauen in die
Entscheidungsprozesse mit ein zu beziehen. Die am häufigsten genannte aber auch am meis-
ten Kritik aufwerfende Lösung der Quoten scheint erste Ergebnisse zu zeigen, ist aber in der
Schweiz, vor allem in den rechten Parteien, die die Mehrheit der Politlandschaft sind, noch ein
Tabu und daher schwierig, nur schon vorzubringen. Mentoring, Netzwerkaufbau sind
Lösungsansätze, die nicht nur in der Politik, sondern auch in anderen Kreisen erprobt werden.
Da könne Synergien geschafft und gemeinsame Wege gegangen werden.

Aber all diese Lösungen bringen nichts, wenn die Frauen nicht sich selber entscheiden, auf
dem öffentlichen Parkett mitzutanzen.

Die Frauen sollen selber die Hemmungen überwinden und sich einmischen. Die Frauen kön-
nen die Welt zu ihren Gunsten verändern, wenn sie es wollen. Mit 51% der Bevölkerung sind
die Frauen eine einflussreiche Grösse. Und sie haben Macht. Denn Frau ist nicht einfach
Frau. Sie ist Konsumentin, Wählerin, Arbeitnehmerin, Kundin, Arbeitgeberin, Denkerin, Plane-
rin, Spenderin, Macherin oder Organisationstalent. Dieses Potential reicht aus, um die eige-
nen Umgebung – und damit auch die Welt – so zu verändern, dass sie den eigenen Bedürf-
nissen besser entspricht. Es geht nur darum, dieses Potential auch zu nutzen. Jede Frau kann
auf ihre Art und mit ihren Stärken Einfluss nehmen. Aber sie muss es selber tun. Noch zu vie-
le Frauen verhalten sich passiv, glauben, dass sie nichts beeinflussen können, und mischen
sich deshalb nicht ein. Dabei lohnt es sich. Denn wenn Frauen sich engagieren, kommt nie-
mand mehr an ihnen vorbei. Denken wir nur an die damalige Wahl von Ruth Dreifuss, die nie
Bundesrätin geworden wäre, wenn die Frauen nicht mobilisiert hätten. Erinnern Sie sich an
den Südafrika Boykott, der von allen von Frauen geprägt wurde. Heute gehört die Apartheid
zur Geschichte.

Zugegeben, es braucht etwas Mumm, sich öffentlich zu engagieren. Doch politische Tätigkeit
bietet viele Gelegenheiten, andere engagierte Frauen kennen zu lernen und wichtige Bezie-
hungen zu knüpfen. Und nicht zuletzt macht diese Arbeit Freude und führt zu Befriedigung,
etwa dann, wenn die eigenen Ideen tatsächlich realisiert werden.

Es gilt das gesprochene Wort.

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