FOKUS Aargau Studie zur Aargauer Grossratswahl vom 18. Oktober 2020 - Thomas Milic, Salim Brüggemann, Uwe Serdült
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Thomas Milic, Salim Brüggemann, Uwe Serdült FOKUSAargau Studie zur Aargauer Grossratswahl vom 18. Oktober 2020 FOKUS Aargau Nr. 7, Dezember 2020 berichte.fokus.ag www.zdaarau.ch
FOKUS Aargau Nr. 7 Inhaltsverzeichnis 1 Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick 2 2 Die Ausgangslage 4 3 Die Beteiligung 4 3.1 Die Beteiligung nach sozialen und politischen Merkmalen . . . . . . . . . . . . . . 4 3.2 Die Gründe der Nicht-Teilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 4 Die Meinungsbildung 9 4.1 Der Entscheidzeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 4.2 Die Informationsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 4.3 Die Wahrnehmung der Kampagnenaktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 5 Der Wahlentscheid 12 5.1 Der Wahlentscheid nach sozialen Merkmalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 5.2 Der Wahlentscheid nach politischen Merkmalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 5.2.1 Die Parteibindung und der Wahlentscheid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 5.2.2 Sachfragenpräferenzen und der Wahlentscheid . . . . . . . . . . . . . . . . 17 5.2.3 Die Links-rechts-Selbsteinstufung und der Wahlentscheid . . . . . . . . . . . 24 5.3 Wählerwanderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 5.4 Neuwählerinnen und Neuwähler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 6 Methodischer Steckbrief 33 6.1 Die Datenerhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 6.2 Die Stichprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 6.3 Die Gewichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 6.4 Zur Inferenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Anhang 37 Abbildungsverzeichnis 47 Tabellenverzeichnis 48 Impressum 49 Dieses Dokument wurde zuletzt geändert am 10. Dezember 2020. Die aktuellste Fassung ist unter folgendem Link erhältlich: fokus.ag/7/pdf_report/ Seite 1 von 49
FOKUS Aargau Nr. 7 1 Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick Grossratswahl Wie schon bei den Nationalratswahlen konnten die beiden grünen Parteien glp und Grüne kräftig zulegen. Ihren Wahlerfolg verdankten die Grünen zum einen dem Zustrom ehe- maliger SP-Wählender und zum anderen den Jung- und Erstwählenden, die überdurchschnittlich oft grün votierten. Die glp wiederum hatte Mühe, die eigene Wählerschaft von 2016 abermals an die Urnen zu bringen, aber es gelang ihr, viele ehemalige Wählende der Mitte- und der Linkspar- teien von einem Wechsel zu überzeugen. Die SP mobilisierte zwar gut, aber rund ein Zehntel ihrer Wählerschaft von 2016 wechselte heuer die Parteifarben – von rot auf grün. Die CVP konnte wie schon bei den Nationalratswahlen 2019 auf eine treue Stammwählerschaft zählen, die disziplinier- ter als andere Parteianhängerschaften zur Urne ging. Die FDP und vor allem auch die SVP hat- ten Mobilisierungsprobleme: So partizipierten nur 37 Prozent der SVP-Sympathisierenden an den Grossratswahlen. Vom BDP-Rückzug profitierte hingegen kaum eine Partei, denn über 80 Prozent der BDP-Sympathisierenden blieben den Urnen fern. Auch solche, die sich nicht zwingend mit der BDP identifizieren, aber vor vier Jahren der BDP die Stimme gaben, verzichteten heuer oft auf eine Stimmabgabe. Von jenen, die teilnahmen, legte eine relative Mehrheit die glp-Liste ein. Auffällige Unterschiede zwischen den Parteiwählerschaften sind sowohl beim Alter als auch beim Geschlecht auszumachen. Die CVP-Wählerschaft weist das höchste Durchschnittsalter auf, wäh- rend glp und die Grünen für junge Wählende besonders attraktiv waren. CVP-Wählende teilen auf der einen Seite eine ganze Reihe linker und grüner Anliegen, befürworten auf der anderen Seite aber auch eine Verschärfung des kantonalen Sozialhilfegesetzes und einen Stellenausbau bei der Polizei. Die SP und Grünen haben besonders bei den jüngeren Frauen gepunktet. Stark vertreten sind die beiden Linksparteien ausserdem im Erziehungs- und Gesundheitswesen. Was sachpoli- tische Präferenzen betrifft, so unterscheiden sich die Wählerschaften der Grünen und SP kaum. Den Ausschlag zwischen den beiden Parteien gaben nebst tief verwurzelten Parteibindungen die Intensität, mit welcher klimapolitische Massnahmen unterstützt werden: Wer vehement ein Verbot von Ölheizungen und anderweitige dringliche Massnahmen zum Klimaschutz fordert, legte öfter grün statt rot ein. SVP-Wählende wiederum sind überdurchschnittlich oft pensionierte Männer, haben ein vergleichsweise tiefes Haushaltseinkommen und eine Berufslehre bzw. höhere Berufs- ausbildung absolviert. Sachpolitisch unterstützen sie eine Verschärfung des Asylrechts und des kantonalen Sozialhilfegesetzes, aber auch die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare sowie die Einführung von Transparenzregeln zur Kampagnen- und Parteienfinanzierung finden aktuell eine Mehrheit. Wählende der FDP sind hoch gebildet und verfügen über ein hohes Haushaltsein- kommen. Ein ganz ähnliches soziales Profil wie die FDP weist die glp-Wählerschaft auf. Die glp war indessen für Jung- und Erstwählende attraktiver als die FDP. Stimmbeteiligung und Meinungsbildung Betreffend Höhe der Stimmbeteiligung kam es zu kei- nerlei Überraschungen. Sie lag im Rahmen des zu Erwartenden und wich nur geringfügig von der- jenigen im Jahr 2016 ab. Höheres Alter und Bildungsniveau wirkten sich positiv auf die Beteiligung an den Wahlen aus. Die Altersunterschiede sind frappant: Während die über 70-Jährigen sich zu knapp 60 Prozent beteiligten, liegt die durchschnittliche Wahlbeteiligung der Jüngeren (18–39 Jäh- Seite 2 von 49
FOKUS Aargau Nr. 7 rige) bei mageren 20 Prozent. Ausschlaggebend für den Wahlerfolg einer Partei ist nicht zuletzt, wieviele ihrer Sympathisieren- den sie an die Wahlurnen zu bringen vermag. Gut mobilisierte die SP, hingegen bekundete die SVP Mühe, ihre Anhängerschaft zur Wahlteilnahme zu bewegen. Die meisten Sympathisierenden (82 %) der nicht mehr antretenden BDP blieben den Wahlen indessen fern. BDP-Sympathisierende, die heuer den Urnen fern blieben, gaben rund fünfmal so oft wie der Rest als Abstinenzgrund an, dass die eigene Partei chancenlos gewesen sei. Vom BDP-Rückzug profitierte somit primär die “Partei der Nichtwählenden”. Die Gewinnerinnen der Wahlen 2020 im Kanton Aargau, die Grünen und die glp, hatten bei der Ausschöpfung ihres Potentials beide noch Luft nach oben. Auffallend ist zudem, dass beide grossen Wahlsiegerinnen, glp und Grüne, ihren Erfolg relativ spät sicherten, dank den Stimmen von Spätentschlossenen. Seite 3 von 49
FOKUS Aargau Nr. 7 2 Die Ausgangslage Am 18. Oktober 2020 wählte das Aargauer Stimmvolk die 140 Mitglieder des Grossen Rats neu. Nachdem sich an den Nationalratswahlen vom Oktober 2019 noch beinahe 45 Prozent der Aargauer Stimmberechtigten beteiligt hatten, sank die Wahlbeteiligung am 18. Oktober 2020 auf 33 Prozent. Das Resultat der Grossratswahlen fiel indessen ähnlich aus wie jenes der National- ratswahlen: Zulegen konnten insbesondere die beiden grünen Parteien glp (+3.97 Prozentpunkte, +6 Sitze) und Grüne (+2.96 Prozentpunkte, +4 Sitze) und in etwas geringerem Masse auch die CVP (+0.70 Prozentpunkte, +1 Sitz), während FDP (-1.29 Prozentpunkte, -1 Sitz) und SVP (-1.63 Prozentpunkte, -2 Sitze) Verluste hinnehmen mussten. Einzig das SP-Ergebnis folgte diesem Konsolidierungsmuster nicht: Aus den Nationalratswahlen ging die SP noch leicht gestärkt hervor (+0.39 Prozentpunkte), bei den kantonalen Parlamentswahlen verlor sie indessen an Boden (- 2.37 Prozentpunkte, -4 Sitze). Die EVP und die EDU konnten ihren Wähleranteil mehr oder weniger halten, während die BDP heuer nicht mehr zu den Wahlen antrat. 3 Die Beteiligung 3.1 Die Beteiligung nach sozialen und politischen Merkmalen Die Beteiligung an den diesjährigen Grossratswahlen blieb in etwa auf demselben Niveau (33.04 %) wie bei den Wahlen vor vier Jahren (32.8 %). Auch an der soziodemographischen Zusammenset- zung des Wahlkörpers änderte sich 2020 kaum etwas im Vergleich zu 2016: Männer (36 %) parti- zipierten etwas fleissiger als Frauen (32 %), wobei die aktuellen Beteiligungszahlen für beide Ge- schlechter ziemlich genau jenen von 2016 entsprechen. Sodann gingen ältere Wahlberechtigte erheblich häufiger zur Urne als jüngere Wahlberechtigte. Bei den über 70-Jährigen betrug die Wahlbeteiligung knapp 60 Prozent, während rund acht von zehn der 18–30-Jährigen der Urne fern- blieben. Von einer Jugendmobilisierung kann demnach nicht die Rede sein. Tatsächlich fiel die Ab- stinenzquote bei den jüngeren Wahlberechtigten (18–39 Jahre) etwa gleich hoch aus wie bei den letztmaligen Grossratswahlen vor vier Jahren.1 Hinlänglich bekannte Beteiligungstreiber wie hohe Bildung und hohes Einkommen wirkten sich auch heuer auf die Beteiligungswahrscheinlichkeit aus: Wahlberechtigte mit Universitätsabschluss nahmen deutlich öfter an den Wahlen teil als solche ohne nachobligatorische Bildung oder mit Berufsausbildung. Zuletzt waren einkommensstarke Gruppen im Wahlkörper stärker vertreten als einkommensschwache Gruppen (siehe Tabelle 2 im Anhang). Der Wahlerfolg einer Partei ist oft (auch) davon abhängig, ob es ihr gelingt, die eigene Anhänger- schaft an die Urnen zu treiben. Als Parteianhänger/in gelten in der vorliegenden Untersuchung jene, die auf die Frage hin, welcher Partei sie am nächsten stehen, eine materielle Antwort gaben. Der Grad der Verbundenheit zur Partei unterscheidet sich indessen von Person zu Person: Einige Sympathisierende identifizieren sich stark mit ihrer bevorzugten Partei, andere haben eine weni- 1 https://www.ag.ch/de/dfr/statistik/statistische_daten/statistische_daten_details/dynamische_detailseite_10_96013.jsp Seite 4 von 49
FOKUS Aargau Nr. 7 58 % 42 % 70+ Jahre (195) (143) 45 % 55 % 60–69 Jahre (178) (217) 31 % 69 % 50–59 Jahre (164) (364) 29 % 71 % 40–49 Jahre (105) (259) 20 % 80 % 30–39 Jahre (71) (288) 21 % 79 % 18–29 Jahre (68) (248) 0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % teilgenommen nicht teilgenommen Abbildung 1: Teilnahme nach Alterskategorie (n = 2’300) ger starke Bindung zu ihr. Die Mobilisierung der letztgenannten Sympathisierenden fällt naturge- mäss schwerer als bei den affektiv stark mit ihrer Partei Verbundenen. Kurz, es ist unrealistisch zu erwarten, dass Parteisympathisierende keinen einzigen Urnengang auslassen. Genau so ver- hielt es sich auch bei den Grossratswahlen 2020. Tatsächlich gelang es bloss wenigen Parteien, nur schon die Hälfte ihrer Anhängerschaft zur Stimmabgabe zu motivieren. Insgesamt ist es ausgerechnet jener Partei, welche anteilsmässig die grössten Stimmenverluste hinnehmen musste, am besten gelungen, die eigenen Sympathisierenden zu mobilisieren: Etwas mehr als die Hälfte der SP-Anhängerschaft (54 %) gab bei den Grossratswahlen ihre Stimme ab. Keine andere (grössere) Partei kam auf einen derart hohen Wert. Das heisst allerdings noch nicht, dass diese Stimme auch tatsächlich an die SP ging (mehr dazu im Abschnitt 5.2.1). Auf jeden Fall partizipierten SP-nahe Wahlberechtigte häufiger als andere Parteianhängerschaften. Besondere Mühe, ihre Basis zur Wahlteilnahme zu bewegen, bekundete die SVP. Lediglich 37 Prozent der SVP-Anhängerschaft gingen an die Urnen. In keiner anderen Parteianhängerschaft war die Be- teiligungsquote derart tief – mit Ausnahme der BDP. Das Gros der BDP-Sympathisierenden (82 %) blieb den Wahlurnen am 18. Oktober 2020 fern. Damit ist die Frage, an wen die Stimmen der BDP- Sympathisierenden gingen, deren bevorzugte Partei heuer nicht mehr zu den Wahlen antrat, wei- testgehend beantwortet: An keine Partei, denn die meisten BDP-Anhängerinnen und -Anhänger blieben am Wahlsonntag zuhause. Aufschlussreich ist zudem, dass die beiden Wahlsiegerinnen – die glp und die Grünen – ihr Wählerpotenzial eher mässig ausschöpften. Weniger als die Hälfte der glp- und Grünen-Sympathisierenden beteiligten sich an der Wahl. Es reichte trotzdem für einen beachtlichen Wahlerfolg. Nebst der Parteiidentifikation spielten weitere politische Merkmale eine gewisse Rolle beim Ent- schluss, an den Wahlen teilzunehmen (siehe Tabelle 3 im Anhang). Wahlberechtigte, die sich mit dem Kanton Aargau stark verbunden fühlen, nahmen knapp zur Hälfte (46 %) teil, während 87 Pro- Seite 5 von 49
FOKUS Aargau Nr. 7 54 % 46 % SP (144) (124) 48 % 52 % Grüne (82) (89) 46 % 54 % FDP (104) (122) 46 % 54 % glp (89) (106) 45 % 55 % CVP (80) (99) 40 % 60 % EVP (16) (25) 37 % 63 % SVP (166) (277) 18 % 82 % BDP (5) (25) 11 % 89 % keine (54) (443) 0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % teilgenommen nicht teilgenommen Abbildung 2: Teilnahme nach Parteisympathie (n = 2’050) zent jener, die keine Bindung zum Kanton haben, der Urne fernblieben. Das Regierungsvertrauen korreliert ebenfalls stark mit der Beteiligungswahrscheinlichkeit. Wer Vertrauen in die Regierung oder den Grossrat hegt, nahm zu rund 50 Prozent teil. Wo dieses Vertrauen indessen fehlt, fehlte meist auch der Wille oder Wunsch, an den Wahlen dieser beiden Organe teilzunehmen. Politisches Wissen und Wahlteilnahme sind zudem eng verknüpft (vgl. nachfolgende Abbildung 3). Zwischen den beiden Merkmalen liegt oftmals eine Wechselbeziehung vor: Wer über (kanto- nale) Politik Bescheid weiss, fühlt sich oft kompetent genug, um teilzunehmen zu können. Mit der Teilnahme an Wahlen steigt sodann die Motivation, sich über Politik weiter zu informieren. In der vorliegenden Befragung wurden drei Wissensfragen gestellt.2 Daraus wurde eine latente Informiertheitsskala erstellt. Die Aufschlüsselung der Beteiligung nach Informiertheit zeigt, dass politisches Wissen und Wahlteilnahme stark miteinander korrelieren. Wer von der kantonalen Po- litik wenig bzw. keine Ahnung hat, blieb den Urnen in den allermeisten Fällen fern (93 %). Sehr gut Informierte nahmen hingegen mehrheitlich (56 %) teil. 2 Die drei Wissensfragen lauteten: Wie werden die Mitglieder der aargauischen Regierung bestimmt? Welches ist die Rolle des Landammanns im Kanton? Was soll der Ressourcenausgleich zwischen Gemeinden im Kanton Aargau sicherstellen? Den Befragten wurden für jede Frage vier Antwortmöglichkeiten vorgelegt, von denen jedoch nur eine zutreffend war. Seite 6 von 49
FOKUS Aargau Nr. 7 56 % 44 % sehr hoch (373) (290) 36 % 64 % eher hoch (240) (420) 40 % 60 % mittel (24) (37) 25 % 75 % eher gering (112) (333) 7% 93 % sehr gering (32) (439) 0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % teilgenommen nicht teilgenommen Abbildung 3: Teilnahme nach politischen Kenntnissen (n = 2’300) 3.2 Die Gründe der Nicht-Teilnahme Rund zwei von drei Wahlberechtigten nahmen ihr Wahlrecht nicht in Anspruch und blieben den Ur- nen fern. Was waren die Gründe dafür? Zur Beantwortung dieser Frage wurd den Respondenten eine Reihe von Abstinenzgründen vorgelegt, denen sie zustimmen oder die sie ablehnen konnten (Mehrfachantworten möglich). Am häufigsten (35 %) gaben die Nicht-Teilnehmenden an, die Wah- len vergessen zu haben. Dieser Grund führt die Rangliste der Abstinenzgründe, die im Nachgang zu Abstimmungen und Wahlen erhoben werden, regelmässig an. Wie oft die Angabe dieses Ab- stinenzgrundes auch der Wahrheit entspricht, ist unklar. Die Teilnahme an Wahlen wird vielfach als eine Bürgerpflicht wahrgenommen und wer ihr nicht nachkommt, wird unter Umständen nach einer Rechtfertigung Ausschau halten, die das Gesicht wahren lässt. Rund ein Drittel (34 %) der Nicht-Teilnehmenden zeigte sodann schlichtweg kein Interesse an den kantonalen Wahlen. Ein weiteres Drittel war gemäss eigenem Bekunden von der Wahl überfordert. Zwei Merkmalsgruppen gaben besonders oft an, überfordert gewesen zu sein: Ältere Frauen (über 70-Jährig: 78 %) und die jüngsten wahlberechtigten Frauen (18–29-jährig: 49 %). 32 Prozent sahen von einer Wahlteilnahme ab, weil sie keine der Parteien bzw. der Kandidaturen überzeugte. Viele dieser Abstinenten haben keine Parteiidentifikation (43 %), aber mehr als ein Fünftel (22 %) von ihnen gab an, der SVP am nächsten zu stehen. 30 Prozent waren sich nicht sicher, wem sie ihre Stimme geben wollten, während etwa ein Viertel (23 %) ganz grundsätzliche Bedenken gegenüber den Wahlen hat («Wahlen ändern ohnehin nichts»). Sodann gab es einige wenige Wahlberechtigte (7 %), die der Ansicht waren, dass ihre bevorzug- te Partei/Kandidatur ohnehin keine Chance gehabt hätte. Wer waren diese Wahlberechtigte? Es waren vor allem BDP-Sympathisierende. Mehr als ein Drittel (36 %) der nicht teilnehmenden BDP- Sympathisierenden (und demnach fünf Mal so oft wie der Rest) sah von einer Wahlteilnahme ab, weil ihre bevorzugte Partei/Kandidatur chancenlos gewesen sei, was natürlich damit zu tun, dass ihre bevorzugte Partei zu den Wahlen nicht mehr antrat. Seite 7 von 49
FOKUS Aargau Nr. 7 35 % 51 % 14 % Vergessen teilzunehmen (257) (374) (103) 34 % 50 % 16 % Desinteresse (248) (369) (117) 33 % 47 % 20 % Überforderung (243) (347) (144) 32 % 41 % 27 % Keine valablen KandidatInnen (238) (299) (197) 30 % 49 % 20 % Unentschlossenheit (222) (363) (149) 23 % 58 % 19 % Wirkungslosigkeit (171) (427) (136) 22 % 64 % 14 % Verhinderung (162) (467) (105) 18 % 64 % 18 % Bedeutungslosigkeit der eigenen Stimme (132) (467) (135) 7% 59 % 33 % Bevorzugte Partei/KandidatIn chancenlos (54) (435) (245) 0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % trifft zu trifft nicht zu weiss nicht Abbildung 4: Gründe für die Nicht-Teilnahme am Urnengang (n = 734) Seite 8 von 49
FOKUS Aargau Nr. 7 4 Die Meinungsbildung 4.1 Der Entscheidzeitpunkt Die Respondenten wurden auch gefragt, wann sie ihren Entschluss gefasst hätten. Die Angaben dazu sind mit einer gewissen Vorsicht zu geniessen, da sich die wenigsten an den exakten Ent- scheidzeitpunkt zu erinnern vermögen. Etwas mehr als die Hälfte (54 %) gab an, bereits von Be- ginn weg gewusst zu haben, wen sie wählen würden. Dieser Anteil war bei den SVP-Wählenden besonders hoch (68 %), während er bei den glp-Wählenden besonders tief war (36 %). Diese Werte widerspiegeln zum einen das «Alter» (junge Parteien haben in der Regel eine kleinere Stammwäh- lerschaft als etablierte, traditionelle Parteien) und zum anderen auch die Konkurrenzsituation ei- ner Partei (Flügelparteien haben in der Regel weniger unmittelbare Konkurrenz als beispielsweise Mitte-Parteien). Nur gerade sechs Prozent der Wählenden fassten ihren Wahlentschluss im allerletzten Moment. Bei den Grünen-Wählenden betrug dieser Anteil indessen rund zwölf Prozent. Der grüne Wahler- folg wurde demnach erst spät gesichert. Um den Verlauf des Meinungsbildungsprozesses zu den Grossratswahlen etwas besser einordnen zu können, zeigt die nachfolgende Abbildung 5 auch die entsprechenden Werte für die Regierungs- ratswahlen. Diese sind (primär) Personenwahlen, während bei den Grossratswahlen in erster Linie Parteien gewählt werden. Der Vergleich macht deutlich, dass der Entscheid bei den Regierungsrats- wahlen im Schnitt deutlich später fiel als bei den Grossratswahlen. Nur rund ein Drittel (32 %) der Wählenden wusste schon von Beginn weg, wen sie wählen würden. Etwa ein Viertel (26 %) fasste den Entschluss in den letzten Tagen vor der Wahl und 12 Prozent gar erst im letzten Moment. Da- bei ist aber zu berücksichtigen, dass bei der Regierungsratswahl insgesamt fünf Sitze zu vergeben sind. Da in aller Regel nur ein oder maximal zwei Kandidaturen der eigenen Partei antreten, muss ein/e Parteisympathisant/in - sofern er/sie seine/ihre Stimmkraft voll ausschöpfen möchte - nebst der eigenen Parteikandidatur noch Kandidaturen weiterer Parteien auf den Wahlzettel schreiben. Letzteres dürfte selten von Beginn weg feststehen, was die Unterschiede beim Entscheidzeitpunkt zwischen Regierungsrats- und Grossratswahlen erklärt. 4.2 Die Informationsgrundlagen Informationen bilden die Grundlage, auf deren Basis Wählende ihren Entscheid fällen bzw. modifi- zieren.3 Woher bezogen die Wählenden ihre Informationen zu den vergangenen Grossratswahlen? Wie die nachfolgende Abbildung 6 illustriert, war die beliebteste Informationsquelle die kantona- le Wahlanleitung, die dem Stimmmaterial beiliegt. Etwa zwei Drittel (65 %) gaben an, sie genutzt zu haben. Kostenpflichtige Abonnementszeitungen/-magazine wurden von etwas weniger als der 3 Natürlich beruhen nicht alle Wahlentscheide auf einer eigens für die Wahlen geschaffenen Informationsgrundlage. Ge- wisse Wählerinnen und Wähler sind Gewohnheitswählende oder identifizieren sich derart stark mit einer Partei, dass Sachfragenpräferenzen und Informationen zu den Wahlen im Generellen an der Ausgangslage nichts zu ändern vermö- gen. Der Wahlentscheid einer erheblichen (und mutmasslich wachsenden) Zahl der Wählenden steht aber nicht unab- änderlich und von vornherein fest, sondern ist - zumindest zu einem Teil - von Informationen abhängig. Seite 9 von 49
FOKUS Aargau Nr. 7 32 % 27 % 26 % 12 % Regierungsratswahl 3% (42) (470) (400) (376) (168) 54 % 22 % 15 % 6% Grossratswahl 2% (792) (315) (223) (93) (34) 0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % weiss nicht mehr es ist immer klar gewesen einige Wochen vor den Wahlen einige Tage vor den Wahlen im letzten Moment Abbildung 5: Entscheidzeitpunkt der Teilnehmenden (n = 1’456) Hälfte der Teilnehmenden (46 %) zur Informierung herangezogen. Fernseh- und Radiosendungen schaute bzw. hörte sich mehr als ein Drittel (37 bzw. 35 %) an. Etwa ein Viertel kolportierte, Leser- briefe oder -kommentare gelesen zu haben. Fast ein Fünftel (19 %) nutzte Online-Wahlhilfen, in erster Linie diejenigen von smartvote und Vimentis. Die kantonale Website wurde sodann eher selten (13 %) aufgerufen, aber doch häufiger als Soziale Medien (11 %). Der letztere Befund macht einmal mehr deutlich, dass kantonale Wahlen nicht auf Twitter oder Facebook gewonnen werden. Die Online-Wahlanleitung in leicht verständlicher Sprache schliesslich nutzten gemäss eigenem Bekunden fünf Prozent aller Teilnehmenden. 4.3 Die Wahrnehmung der Kampagnenaktivitäten Wir haben alle Befragten – demnach Teilnehmende wie auch Nicht-Teilnehmende – gefragt, ob sie während des Wahlkampfes in persönlichen, direkten Kontakt gekommen sind mit Parteien oder einzelnen Kandidatinnen und Kandidaten. Rund ein Fünftel aller Aargauer Wahlberechtigten (21 %) bejahte dies. Unter den Teilnehmenden ist dieser Anteil naturgemäss etwas höher (29 %). 13 Prozent aller Wahlberechtigten (14 % der Teilnehmenden) kamen bei Standaktionen in Kontakt mit den Parteien bzw. Kandidierenden. An Podiumsdiskussionen waren zwei Prozent aller Wahlbe- rechtigten (4 % der Teilnehmenden) anwesend, während weniger als ein Prozent zuhause besucht wurde. Zielpersonen einer Telefonaktion wiederum waren zwei Prozent aller Wahlberechtigten (4 % aller Teilnehmenden). SP-Wählende wurden dabei bei weitem am häufigsten telefonisch kontak- tiert (11 %). Ein (relativ) neues Kampagnen- bzw. Mobilisierungsinstrument sind elektronische Nachrichten (E- Mails oder Messages). Sie erreichten neun Prozent aller Wahlberechtigten und gar 15 Prozent aller Teilnehmenden. Von diesem Instrument machten offenbar alle Parteien Gebrauch. Wählende der FDP (19 %), CVP (18 %), SP (18 %) und vor allem auch der EVP (27 %) erhielten überdurchschnittlich oft solche elektronische Nachrichten. Seite 10 von 49
FOKUS Aargau Nr. 7 65 % 33 % Kantonale Wahlanleitung 2% (951) (477) (28) Kostenpflichtige Abonnementszeitungen/ 46 % 46 % 8 % -magazine (gedruckt und online) (671) (669) (116) 37 % 53 % 10 % Fernsehsendungen (540) (766) (150) 35 % 53 % 12 % Radiosendungen (511) (766) (180) Gratiszeitungen und kostenloser Online- 35 % 55 % 10 % Journalismus / News-Seiten (505) (806) (145) 24 % 62 % 14 % Leserbriefe/-kommentare (347) (904) (205) 19 % 65 % 16 % Online-Wahlhilfen wie smartvote (272) (953) (231) 13 % 72 % 15 % Kantonale Webseite (192) (1043) (221) 11 % 73 % 16 % Soziale Medien wie Facebook oder Twitter (154) (1064) (238) 5% 83 % 12 % easyvote-Wahlbroschüre (69) (1205) (182) Kantonale Online- 5% 83 % 12 % Wahlanleitung in leicht verständlicher Sprache (68) (1214) (173) 0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % genutzt nicht genutzt weiss nicht Abbildung 6: Mediennutzungsraten (nur Teilnehmende; n = 1’456) 15 % 85 % persönliche Nachricht/E-Mail (111) (651) 14 % 86 % Standaktionen (105) (657) 4% 96 % Podiumsdiskussionen (34) (728) 4% 96 % Telefonaktionen (27) (735) 99 % Hausbesuche 1% (756) (6) 0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % ja nein Abbildung 7: Kontakt mit Parteien und Kandidierenden anlässlich politischer Anlässe/Aktionen (nur Teilnehmende; n = 762) Seite 11 von 49
FOKUS Aargau Nr. 7 5 Der Wahlentscheid 5.1 Der Wahlentscheid nach sozialen Merkmalen Der Wahlentscheid unterschied sich massgeblich zwischen den Geschlechtern und Altersgruppen (siehe nachfolgende Abbildung 8 und Tabelle 4 im Anhang). SVP und FDP schnitten bei den Män- nern generell besser ab als bei Frauen, während es sich bei den Grünen und der SP genau umge- kehrt verhielt. Die CVP wiederum erzielte bei den älteren Wählenden ein deutlich besseres Resultat als bei den Jungen (Durchschnittsalter der CVP-Wählerschaft: 63.6 Jahre). Die Wählerschaften der Grünen und der glp sind hingegen vergleichsweise jung (Durchschnittsalter: 52 Jahre).4 Noch et- was aufschlussreicher ist die Aufschlüsselung des Wahlentscheids nach Alter und Geschlecht kom- biniert: Bei jungen Frauen (18–29 Jahre) waren SP und Grüne mit Abstand die beliebtesten Parteien (31 bzw. 30 %. Wähleranteil), während etwa die Wähleranteile der glp (6 %), der CVP (2 %) und der SVP (13 %) (zum Teil weit) unter ihre kantonalen Anteile zu liegen kommen. Unter den jungen Män- nern liegt hingegen die glp (27 %) an der Spitze, vor der SVP (22 %) und der SP (18 %). Zu beachten ist dabei, dass die Jungen aufgrund ihrer tiefen Wahlbeteiligung bloss einen geringen Bruchteil des Wahlkörpers ausmachten. Frauen mittleren Alters (30–59 Jahre) wählten vorzugsweise SVP und SP, während rund ein Drittel der gleichaltrigen Männer SVP wählten und ein weiteres Fünftel die FDP. Die SP hingegen erzielte nirgendwo sonst einen derart geringen Wähleranteil wie bei den 30–59- jährigen Männern. Bei den über 60-jährigen Frauen schwingt die SVP oben hinaus, gefolgt von der SP und der CVP. Besonders auffällig ist das Wahlergebnis der CVP bei den über 69-jährigen Frauen: 22 Prozent von ihnen gaben der CVP die Stimme, also mehr als zehnmal so viel wie bei den 18 bis 29-jährigen Frauen. Bei den Senioren dominierte die SVP mit einem Anteil von rund 35 Prozent. Um das sozioökonomische Profil der unterschiedlichen Wählerschaften zu beschreiben, haben wir die Wähleranteile der Parteien in den verschiedenen sozioökonomischen Merkmalsgruppen be- trachtet (siehe Tabelle 5 im Anhang), jene hervorgehoben, in welchen die betreffende Partei aus- sergewöhnlich gut bzw. schlecht abschnitt und daraus sodann den/die durchschnittliche/n Wäh- lende dieser Partei konstruiert, wohl wissend, dass es neben diesem «Archetyp» natürlich auch noch andere Wählertypen gibt. Die nachfolgende Übersicht ist also eine bewusste Zuspitzung des sozioökonomischen Profils der Wählerschaften. Über die exakten Wähleranteile in den verschiede- nen Merkmalsgruppen gibt die Tabelle 5 im Anhang Auskunft. 4 Zu beachten ist, dass sowohl das Medianalter als auch das durchschnittliche Alter (arithmetischer Mittelwert) der Wäh- lenden von vornherein relativ hoch ist. Das liegt zum einen daran, dass erst ab 18 Jahren gewählt werden darf und zum anderen, dass ältere Wahlberechtigte deutlich öfter teilnehmen als jüngere Wahlberechtigte. Diese beiden Faktoren treiben das Durchschnittsalter der Wählenden nach oben. Seite 12 von 49
FOKUS Aargau Nr. 7 20 % 12 % 4 % 9% 14 % 12 % 27 % weiblich 1% (130) (80) (28) (59) (94) (83) (180) (9) 14 % 8% 4% 10 % 12 % 16 % 33 % männlich 3% (109) (66) (33) (76) (92) (129) (262) (22) 5% 4% 5% (124) 34 % 16 % 18 % 18 % (58) (68) (66) 70+ Jahre 0% (17) (15) (20) (2) (107) 33 % 19 % 10 % 14 % 11 % 3% (25) (61) (31) (45) (34) 8% 60–69 Jahre (11) 2% (6) 15 % 14 % 11 % 12 % 14 % 28 % 4% (47) (42) (33) (38) (44) (87) 50–59 Jahre 3% (8) (11) 11 % 11 % 12 % 11 % 16 % 30 % 3% (13) (23) (24) (26) (23) (35) (64) 6% 40–49 Jahre (7) 5% 19 % 10 % 18 % 30 % (10) (10) (25) (13) (24) (39) 8% 8% 30–39 Jahre 1% (7) (1) 25 % 22 % 16 % 11 % 18 % 4% (28) (25) (18) (12) (20) 3% 18–29 Jahre (4) (3) 2% (2) Fachhochschule, 19 % 12 % 6% 15 % 3% 12 % 17 % 17 % Universität, ETH (86) (55) (26) (68) (12) (53) (76) (78) Maturität, 17 % 10 % 4 % 9% 3% 11 % 16 % 30 % Diplom-/Fachmittelschule, höhere Berufsbildung (67) (42) (17) (37) (11) (45) (62) (119) Berufslehre, 14 % 8% 3% 5% 1% 15 % 13 % 41 % Handelsdiplom (70) (41) (16) (25) (74) (64) (206) (6) kein Abschluss, 16 % 7% 4% 19 % 6% 47 % obligatorische Schule (10) (4) (3) (12) (4) (29) katholisch/ 15 % 9% 8% 27 % 10 % 31 % christkatholisch/ 1% 0% (61) (37) (34) (114) (40) (131) (2) (1) altkatholisch protestantisch/ 16 % 8% 8% 9% 8% 20 % 28 % reformiert/ 3% (86) (44) (43) (50) (43) (107) (154) (14) evangelisch keine/ 18 % 14 % 2% 11 % 2% 6% 14 % 33 % konfessionslos (73) (57) (45) (22) (54) (131) (6) (8) 19 % 8% 13 % 6% 12 % 7% 9% 27 % andere (12) (5) (8) (4) (7) (4) (5) (16) oberstes 18 % 9% 3% 13 % 2% 11 % 21 % 22 % Einkommensviertel (46) (24) (6) (34) (27) (53) (57) (6) drittes 15 % 11 % 3% 14 % 2% 13 % 17 % 25 % Einkommensviertel (43) (30) (7) (39) (36) (49) (70) (5) zweites 19 % 12 % 7% 8% 3% 11 % 11 % 30 % Einkommensviertel (79) (51) (31) (34) (44) (45) (126) (11) unterstes 16 % 8% 5% 5% 2% 15 % 11 % 38 % Einkommensviertel (46) (24) (14) (14) (45) (31) (112) (5) 0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % weiss nicht mehr SP / JUSO Grüne / Junge Grüne EVP glp Kleinparteien CVP FDP / Jungfreisinnige SVP Abbildung 8: Parteistimmen Grossratswahl 2020 nach ausgewählten soziodemografischen Merk- malen (nur materiell Wählende, d. h. ohne Leerstimmen, n = 1’245–1’456) Seite 13 von 49
FOKUS Aargau Nr. 7 Der Wählerstärke der Parteien folgend, beginnen wir mit der SVP. Der bzw. die «durchschnittli- che» SVP-Wähler/in hat ein vergleichsweise tiefes Haushaltseinkommen (in den beiden tiefsten Einkommensklassen weist die SVP Wähleranteile von fast 40 Prozent auf, während ihr Anteil in den höchsten Einkommensklassen nur rund 20 % beträgt), hat eine Berufslehre (43 %) oder eine höhe- re Berufsausbildung (34 %) abgelegt und ist mit grosser Wahrscheinlichkeit kein/e Student/in bzw. Schüler/in. Tatsächlich hat die SVP in den meisten Beschäftigungssparten Wähleranteile von rund 25–35 Prozent erzielt, ausser in der Gruppe der zu Auszubildenden, wo sie auf einen Anteil von le- diglich sieben Prozent kam. Beschäftigt ist der typische SVP-Wählende in der Privatwirtschaft (31 %) und dabei vor allem in der Landwirtschaft (71 %), im Baugewerbe (39 %) und im Verkehr/Versand (46 %). Das Erziehungswesen ist indessen keine Domäne der SVP (4 % Wähleranteil). Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass die SVP bei Eingebürgerten und Wählenden mit Migrationshintergrund zwar nicht derart gut vertreten war wie bei Schweizerinnen und Schweizern von Geburt, aber die Differenzen sind nicht allzu gross: Bei Eingebürgerten war die SVP mit einem Wähleranteil von 22 Prozent die insgesamt zweitstärkste Partei, während sie bei Wählenden, deren Eltern beide im Ausland geboren wurden, 25 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinte. Die SP-Wählerschaft entstammt im Prinzip allen Bildungsklassen. Den grössten Wählerzuspruch er- hielt sie indessen bei Wählenden mit Matura/Berufsmatura (26 %). Das Haushaltseinkommen der SP-Durchschnittswählenden ist durchschnittlich. Sehr Gutverdienende (Haushaltseinkommen von über 15’000 CHF) legten eher selten (9 %) die SP-Liste ein, aber in der zweithöchsten erhobenen Ein- kommensklasse (12’001–15’000 CHF) stand die SP-Liste gar auf Platz 1 der Wählerpräferenzen. In den tieferen Einkommensklassen (unter 6’000 CHF) schnitt die SP zwar leicht überdurchschnittlich ab, aber die beliebteste Partei war mit Wähleranteilen von rund 40 Prozent die SVP. Von den Studie- renden und Schülern/innen erhielt die SP überdurchschnittlich grosse Unterstützung (27 %), wäh- rend sie bei den Selbständigen (11 %) und den Hausfrauen/-männern (7 %) einen schweren Stand hatte. Ein starkes Wählersegment der SP findet sich überdies im öffentlichen Sektor, wo ein Viertel der Wählenden für die SP votierte. Wenn man – im übertragenen Sinne – von SP-Parteihochburgen unter den Beschäftigungssektoren sprechen möchte, dann sind dies am ehesten das Erziehungs- wesen und die öffentliche Verwaltung, wo der SP-Wähleranteil deutlich über dem gesamtkantona- len Durchschnitt zu liegen kam (je 28 %). Ausserdem ist die SP mit rund 23 Prozent Wähleranteil die beliebteste Partei unter den «Secondos». Die bzw. der «durchschnittliche» FDP-Wähler/in ist hoch gebildet: 21 Prozent der Universitätsab- gängerinnen und -abgänger wählten FDP, was auf dieser Bildungsstufe einen Spitzenwert darstellt. Das Einkommensniveau ist ebenfalls hoch, denn fast ein Drittel (31 %) jener, die bei der Befragung ein Haushaltseinkommen von über 15’000 CHF angaben, legten gemäss eigenem Bekunden die Liste der FDP ein. Damit eng verknüpft ist die berufliche Stellung des FDP-Durchschnittswählenden in Angestelltenposition: 35 Prozent der Wahlteilnehmenden mit Direktionsfunktion waren Wählen- de der FDP. In der Finanzbranche ist die FDP zwar nicht die meistgewählte Partei (SVP: 28 %), aber sie erzielte dort ein überdurchschnittlich gutes Resultat (27 %). Die CVP erhielt Stimmen aus allen Bildungsgruppen und Einkommensklassen. Es sticht keine Merkmalsgruppe besonders heraus. Wie zu erwarten war, erzielte die CVP unter Katholiken/innen Seite 14 von 49
FOKUS Aargau Nr. 7 ein besonders gutes Resultat (27 %), aber deren meist gewählte Partei war nicht etwa die CVP, sondern die SVP (31 %). Wie oben schon gezeigt, weist die CVP-Wählerschaft ein hohes Durch- schnittsalter auf, was sich sodann auch darin niederschlägt, dass sie unter Lehrlingen und Studierenden/Schüler/innen kaum Stimmen erzielen konnte, während sie bei den Rentnern/innen überdurchschnittlich gut abschnitt (17 %). Noch besser war das CVP-Resultat nur noch bei den Hausfrauen/-männern (21 %). Im nicht-gewinnorientierten/gemeinnützigen Sektor lag der CVP-Wähleranteil (20 %) zudem nur noch hinter jenem der SP (24 %). Die Grünen sind, wie weiter oben geschildert, eine «junge» Partei. Ihre jüngsten Wahlerfolge ha- ben auch damit zu tun, dass sie bei den Studierenden und Schüler/innen die beliebteste Partei wa- ren (29 %). Bei den Pensionärinnen und Pensionären hatten die Grünen hingegen einen schweren Stand (6 %). Auch die im Erziehungswesen Tätigen wählten überdurchschnittlich oft grün (18 %). Die Bildungsinstitutionen sind demnach eine der Parteihochburgen der Grünen (und der SP) – Schüler- wie auch Lehrerschaft wählten überdurchschnittlich oft linke Parteien. Daneben bildet das Gesundheitswesen ein weiteres Standbein der Grünen (20 %). Die glp-Wählerschaft schliesslich verfügt überdurchschnittlich oft über eine Tertiärbildung (Uni, ETH: 17 % Wähleranteil), sodann auch über ein hohes Einkommen (15 % Wähleranteil in Haushalten mit über 12’000 CHF Einkommen monatlich) und ist überdurchschnittlich oft in Grossunternehmen (> 1000 Mitarbeitende) beschäftigt (16 %). Weitere Merkmale liegen nahe beim Durchschnitt und fallen nicht auf. Seite 15 von 49
FOKUS Aargau Nr. 7 5.2 Der Wahlentscheid nach politischen Merkmalen 5.2.1 Die Parteibindung und der Wahlentscheid Eine beträchtliche Zahl der Schweizer Bürgerinnen und Bürger hat eine Parteibindung entwickelt. Diese Bindungen sind mal stärker, mal schwächer ausgebildet. Bei einigen handelt es sich um eine Parteiidentifikation im buchstäblichen Sinne, demnach um eine starke affektive Bindung, während bei anderen diese Bindung schwächer ist und die Parteisympathie eher eine Art Orientierungshil- fe darstellt. Das aber wiederum heisst, dass die Parteiidentifikation ab und an eine Spiegelung des Entscheids auf der Ebene der Einstellungen darstellt und im Prinzip wenig zur Erklärung des Wahlentscheids beiträgt. Denn was ist damit erklärt, wenn man sagt, dass ein überzeugter Par- teigänger auch seine bevorzugte Partei gewählt hat? Aber immerhin zeigt die Aufschlüsselung des Entscheids nach Parteisympathie den Ausschöpfungsgrad des Potenzials einer Partei an. Dazu muss indessen auch die Mobilisierung der eigenen Parteianhängerschaft berücksichtigt werden, die im Kapitel 3 behandelt wurde. Die Ausschöpfung unter jenen Parteigebundenen, die letztlich auch teilnahmen, war bei der SVP am grössten (siehe Tabelle 6 im Anhang). Zwar hatte die SVP Mühe, ihre Anhängerschaft zu mo- bilisieren, aber jene, die teilnahmen, legten fast ausnahmslos die SVP-Liste ein (97 %). Am zweit- höchsten war diese Rate bei der CVP, die im Gegensatz zur SVP zudem auch gut zu mobilisie- ren vermochte: 91 Prozent der teilnehmenden CVP-Sympathisierenden unterstützten auch bei der vergangenen Grossratswahl ihre bevorzugte Partei. Ähnlich hoch war diese Ausschöpfungsquote bei der SP: 89 Prozent blieben am Wahltag ihrer bevorzugten Partei treu. Sieben Prozent der SP- Sympathisierenden gaben hingegen (hauptsächlich) den Grünen ihre Stimme. Bei der FDP, den Grünen und der EVP betrug der Ausschöpfungswert zwischen 83 und 85 Prozent. Acht Prozent der FDP-Sympathisierenden wählten heuer SVP und neun Prozent der Grünen-Anhängerschaft stimmten bei den Grossratswahlen für die SP. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die Zahl der SP-Sympathisierenden deutlich grösser ist als jene der Grünen, wodurch sich das «Tausch- geschäft» (7 % der SP-Sympathisierenden wählten grün, 9 % der Grünen-Sympathisierenden rot) für die Grünen eher «ausbezahlte» als für die SP. Rund neun Prozent der EVP-Sympathisierenden wählten die EDU. Jene glp-Sympathisierenden, die sich zur Wahlteilnahme entschlossen, legten zu 78 Prozent eine Stimme für die glp ein. Die restlichen glp-Sympathisierenden orientierten sich vor allem nach links: Acht Prozent wählten die SP, vier Prozent die Grünen. Sodann gaben 6 Prozent der glp-Sympathisierenden der CVP ihre Stimme. Nach welcher Partei hielten die BDP-Sympathisierenden Ausschau, nachdem klar war, dass ihre Identifikationspartei zu den Wahlen nicht antreten würde? Die meisten (82 %) blieben, wie im Betei- ligungskapitel gezeigt, der Urne gänzlich fern. Die wenigen, die teilnahmen, wählten vorzugsweise die SVP, sodann auch die FDP, glp und schliesslich auch die CVP. Die Angabe der exakten Anteils- werte macht aufgrund der geringen Fallzahl der teilnehmenden BDP-Sympathisierenden (n = 11) wenig Sinn. Was aber gesagt werden kann, ist, dass BDP-Sympathisierende nicht in Massen zur CVP – also jener Partei, mit der sie auf nationaler Ebene fusionieren wird – «übergelaufen» sind, sondern zumeist auf eine Wahlteilnahme verzichteten. Seite 16 von 49
FOKUS Aargau Nr. 7 Zuletzt bleibt noch eine weitere, zahlenmässig aber nicht zu unterschätzende Gruppe: Die Par- teiungebundenen. Wie wählten sie? Rund ein Viertel (26 %) wählte SVP, ein Fünftel die FDP und 16 Prozent die CVP. Die glp schnitt bei den Parteiungebundenen aussergewöhnlich gut ab: Rund 15 Prozent von ihnen gaben der glp ihre Stimme. SP und Grüne schnitten bei den Parteiungebun- denen indessen mässig ab: Die SP erzielte einen Wähleranteil von 7 Prozent, die Grünen einen solchen von 9 Prozent. 5.2.2 Sachfragenpräferenzen und der Wahlentscheid Wie in der Einleitung erwähnt, gehen räumliche Theorien des Wahlverhaltens davon aus, dass sich Wählende anhand ihrer sachpolitischen Präferenzen auf einem Kontinuum lokalisieren und sodann jene Partei wählen, die ihnen sachpolitisch am nächsten steht. Natürlich folgen längst nicht alle Wählenden diesem modellhaften Verhalten: Für einige ist die Wahl ihrer bevorzugten Partei eine Loyalitätsbekundung und hat nur indirekt mit ihren Sachpräferenzen zu tun. Andere, insbe- sondere jene, die panaschieren, bevorzugen eine bestimmte Kandidatur, weil deren Eigenschaf- ten (nicht aber zwingend deren sachpolitische Überzeugungen) überzeugten. Aber ohne Zweifel ist das inhaltliche Programm einer Partei eine der zentralen Bestimmungsgründe einer Wahl, was auch daran erkennbar ist, dass Zugewinne und Verluste einer Partei zumeist (und oftmals von den Politikern selbst) als direkte Folge überzeugender bzw. wenig überzeugender Parteiprogramme interpretiert werden. In der Folge präsentieren wir das sachpolitische Profil der verschiedenen Wählerschaften. Dabei haben wir elf Fragen verwendet, die einen kantonalen Bezug hatten und den Kandi- dierenden im Rahmen von smartvote schon vorgelegt wurden. Die Fragen wurden nur den Online-Teilnehmenden vorgelegt (n = 1’584). Zwei der elf in der Befragung zur Bewertung vorgelegten politischen Forderungen sind in der SVP- Wählerschaft so gut wie unumstritten: Eine weitere Verschärfung sowohl des Asylrechts (92 %) als auch des kantonalen Sozialhilfegesetzes (83 %). Der Ruf nach mehr Polizei zur Gewährleistung der Sicherheit wird von den SVP-Wählenden ebenfalls grossmehrheitlich (68 %) unterstützt. Bei den restlichen sieben Forderungen gehen die Meinungen indessen stärker auseinander. Die Forde- rung von Transparenz bei der Kampagnen- und Parteifinanzierung findet aktuell eine Mehrheit (55 %) bei den SVP-Wählenden ebenso wie die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare (58 %). Ei- ne Einführung des Mindestlohnes ist hingegen umstritten (49 % Zustimmung vs. 46 % Ablehnung) ebenso wie die Senkung der Unternehmenssteuern im Kanton (47 % Zustimmung vs. 43 % Ableh- nung). Eine Erhöhung der Ausgaben für die Strasseninfrastruktur lehnt eine Mehrheit (52 %) der SVP-Wählenden indes ab. Betrachtet man das sachpolitische Profil der SP-Wählerschaft, so fällt als erstes auf, dass sie zu fast allen Sachfragen sehr dezidierte Positionen besitzt. Kaum eine andere Wählerschaft ist derart homogen in Bezug auf (kantonale) Sachfragen. Kampagnentransparenz, die Einführung eines Min- destlohns, gleiche Rechte für gleichgeschlechtliche Paare und eine Verbilligung der Krankenkas- senprämien sind in der SP-Wählerschaft unbestritten. Ähnlich vehement lehnen die SP-Wählenden Seite 17 von 49
FOKUS Aargau Nr. 7 Soll die Finanzierung von Parteien sowie von Wahl- 14 % 79 % und Abstimmungskampagnen im Kanton offengelegt werden 11%% 5% (2) (2) (11) (34) (190) müssen? Sollen gleichgeschlechtliche Paare in allen Bereichen 5% 6% 23 % 62 % 5% die gleichen Rechte wie heterosexuelle Paare haben? (11) (14) (11) (54) (149) Befürworten Sie die Einführung eines für alle 8% 21 % 64 % Arbeitnehmenden gültigen Mindestlohnes von CHF 4'000 3% (7) 4% (10) (18) (50) (154) für eine Vollzeitstelle? Würden Sie ein Verbot von neuen Ölheizungen begrüssen 3% 8% 31 % 51 % 6% (8) (Ersatz bisheriger Anlagen oder bei Neubauten)? (20) (74) (122) (15) Soll der Kanton mehr Geld für die Verbilligung der 4% 8% 35 % 47 % 5% Krankenkassenprämien bereitstellen? (10) (13) (20) (83) (113) Sollen alle Volksschulen im Kanton als freiwillige 8% 15 % 34 % 31 % 11 % Tagesschulen geführt werden (mit integriertem (20) (37) (82) (74) (26) Betreuungsangebot)? Sollen zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit deutlich 10 % 32 % 36 % 13 % 8% mehr Stellen bei der Polizei geschaffen werden? (24) (76) (87) (32) (20) Begrüssen Sie eine Verschärfung des kantonalen Sozialhilfegesetzes (z.B. mehr Kontrollen bei Verdacht 30 % 28 % 23 % 13 % 6% auf Missbrauch, tieferer Ansatz des Existenzminimums, (71) (66) (56) (31) (15) höherer Ermessenspielraum bei der Vergabe der Sozialhilfe)? Befürworten Sie eine Erhöhung des ordentlichen 24 % 33 % 26 % 11 % 5 % Rentenalters für beide Geschlechter in naher Zukunft (11) (58) (80) (63) (27) (bspw. auf 67 Jahre)? Würden Sie eine Senkung der kantonalen 46 % 32 % 15 % Unternehmenssteuern befürworten (Reduktion 5 %3 % (12) (6) (109) (77) (35) Gewinnsteuersätze)? Würden Sie eine weitere Verschärfung des Asylrechts 44 % 34 % 12 % 4 % 6 % begrüssen? (10) (14) (106) (81) (28) Sollen die Ausgaben für die Strasseninfrastruktur im 32 % 46 % 14 %1 %7 % (2)(16) Kanton in den nächsten Jahren erhöht werden? (77) (111) (33) 100 % 50 % 0% 50 % 100 % gewichtet nach nein eher nein eher ja ja weiss nicht Teilnahme Abbildung 9: Einstellung der SP-Wählerschaft gegenüber sachpolitischen Fragen (n = 239) Seite 18 von 49
FOKUS Aargau Nr. 7 Soll die Finanzierung von Parteien sowie von Wahl- 17 % 20 % 23 % 32 % 8% und Abstimmungskampagnen im Kanton offengelegt werden (43) (50) (56) (79) (19) müssen? Sollen gleichgeschlechtliche Paare in allen Bereichen 19 % 17 % 28 % 30 % 6% die gleichen Rechte wie heterosexuelle Paare haben? (14) (48) (43) (69) (73) Befürworten Sie die Einführung eines für alle 32 % 14 % 23 % 26 % Arbeitnehmenden gültigen Mindestlohnes von CHF 4'000 4% (11) (79) (35) (58) (64) für eine Vollzeitstelle? Würden Sie ein Verbot von neuen Ölheizungen begrüssen 31 % 20 % 27 % 17 % 5% (12) (Ersatz bisheriger Anlagen oder bei Neubauten)? (77) (50) (66) (42) Soll der Kanton mehr Geld für die Verbilligung der 18 % 23 % 32 % 20 % 6% (16) Krankenkassenprämien bereitstellen? (45) (57) (80) (49) Sollen alle Volksschulen im Kanton als freiwillige 32 % 28 % 19 % 11 % 11 % Tagesschulen geführt werden (mit integriertem (78) (68) (48) (27) (26) Betreuungsangebot)? Sollen zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit deutlich 6% 18 % 42 % 26 % 8% (16) mehr Stellen bei der Polizei geschaffen werden? (44) (103) (65) (19) Begrüssen Sie eine Verschärfung des kantonalen Sozialhilfegesetzes (z.B. mehr Kontrollen bei Verdacht 3 % 7% 26 % 57 % 6% auf Missbrauch, tieferer Ansatz des Existenzminimums, (8) (17) (64) (142) (16) höherer Ermessenspielraum bei der Vergabe der Sozialhilfe)? Befürworten Sie eine Erhöhung des ordentlichen 36 % 20 % 25 % 17 % Rentenalters für beide Geschlechter in naher Zukunft 2% (5) (88) (50) (62) (42) (bspw. auf 67 Jahre)? Würden Sie eine Senkung der kantonalen 13 % 30 % 31 % 16 % 11 % Unternehmenssteuern befürworten (Reduktion (33) (73) (76) (39) (26) Gewinnsteuersätze)? Würden Sie eine weitere Verschärfung des Asylrechts 03%% 24 % 68 % 5% begrüssen? (0)(8) (12) (59) (168) Sollen die Ausgaben für die Strasseninfrastruktur im 19 % 33 % 28 % 12 % 8% Kanton in den nächsten Jahren erhöht werden? (46) (82) (70) (30) (19) 100 % 50 % 0% 50 % 100 % gewichtet nach nein eher nein eher ja ja weiss nicht Teilnahme Abbildung 10: Einstellung der SVP-Wählerschaft gegenüber sachpolitischen Fragen (n = 247) Seite 19 von 49
FOKUS Aargau Nr. 7 eine Senkung der kantonalen Unternehmenssteuern, eine Verschärfung des Asylrechts und eine Erhöhung der Ausgaben für Strasseninfrastruktur ab. Nur bezüglich zweier Sachfragen herrscht kein Konsens: Erstaunlicherweise war dies zum einen bei der Verschärfung des Sozialhilfegeset- zes der Fall: Immerhin 36 Prozent der SP-Wählenden befürworten eine Verschärfung. Zum ande- ren wünscht eine relative Mehrheit (49 %) der SP-Wählenden mehr Polizei zur Gewährleistung von Sicherheit. Soll die Finanzierung von Parteien sowie von Wahl- 16 % 17 % 28 % 32 % 7% und Abstimmungskampagnen im Kanton offengelegt werden (24) (25) (43) (48) (11) müssen? Sollen gleichgeschlechtliche Paare in allen Bereichen 8% 13 % 28 % 44 % 6% die gleichen Rechte wie heterosexuelle Paare haben? (12) (9) (20) (43) (67) Befürworten Sie die Einführung eines für alle 28 % 19 % 29 % 17 % 7% Arbeitnehmenden gültigen Mindestlohnes von CHF 4'000 (43) (28) (44) (26) (10) für eine Vollzeitstelle? Würden Sie ein Verbot von neuen Ölheizungen begrüssen 17 % 21 % 36 % 22 % 5% (8) (Ersatz bisheriger Anlagen oder bei Neubauten)? (25) (31) (54) (33) Soll der Kanton mehr Geld für die Verbilligung der 19 % 29 % 32 % 15 % 5% Krankenkassenprämien bereitstellen? (8) (28) (44) (49) (22) Sollen alle Volksschulen im Kanton als freiwillige 17 % 28 % 29 % 15 % 12 % Tagesschulen geführt werden (mit integriertem (25) (42) (44) (22) (18) Betreuungsangebot)? Sollen zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit deutlich 3% 30 % 44 % 15 % 9% mehr Stellen bei der Polizei geschaffen werden? (4) (45) (66) (23) (13) Begrüssen Sie eine Verschärfung des kantonalen Sozialhilfegesetzes (z.B. mehr Kontrollen bei Verdacht 15 % 34 % 44 % auf Missbrauch, tieferer Ansatz des Existenzminimums, 3% (4) 5% (8) (22) (51) (66) höherer Ermessenspielraum bei der Vergabe der Sozialhilfe)? Befürworten Sie eine Erhöhung des ordentlichen 13 % 25 % 26 % 32 % Rentenalters für beide Geschlechter in naher Zukunft 4% (6) (20) (37) (40) (48) (bspw. auf 67 Jahre)? Würden Sie eine Senkung der kantonalen 7% 25 % 30 % 23 % 16 % Unternehmenssteuern befürworten (Reduktion (11) (37) (45) (34) (24) Gewinnsteuersätze)? Würden Sie eine weitere Verschärfung des Asylrechts 7% 28 % 36 % 21 % 7% begrüssen? (10) (43) (55) (32) (11) Sollen die Ausgaben für die Strasseninfrastruktur im 12 % 37 % 28 % 15 % 9% Kanton in den nächsten Jahren erhöht werden? (18) (56) (42) (22) (13) 50 % 0% 50 % gewichtet nach nein eher nein eher ja ja weiss nicht Teilnahme Abbildung 11: Einstellung der FDP-Wählerschaft gegenüber sachpolitischen Fragen (n = 151) So homogen die SP-Wählerschaft ist, so heterogen präsentiert sich die FDP-Wählerschaft. Nur bei zwei der hier gestellten Fragen sind die Mehrheitsverhältnisse dergestalt, dass man im Prinzip Seite 20 von 49
FOKUS Aargau Nr. 7 von einem Konsens sprechen kann: Sowohl eine Verschärfung des Sozialhilfegesetzes (78 %) als auch die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare (72 %) erzielen in der FDP-Wählerschaft klare Mehrheiten. Bei den restlichen Fragen sind die Mehrheitsverhältnisse hingegen weniger eindeutig. Selbst die Einführung eines Mindestlohnes ist bei der FDP-Wählerschaft keineswegs chancenlos (46 % Zustimmung), wohingegen eine Senkung der Unternehmenssteuern nicht unbestritten ist (32 % Ablehnung). Soll die Finanzierung von Parteien sowie von Wahl- 8% 26 % 58 % und Abstimmungskampagnen im Kanton offengelegt werden 6% 3% (7) (4) (10) (32) (72) müssen? Sollen gleichgeschlechtliche Paare in allen Bereichen 10 % 14 % 36 % 35 % 5% die gleichen Rechte wie heterosexuelle Paare haben? (6) (13) (17) (45) (44) Befürworten Sie die Einführung eines für alle 13 % 23 % 33 % 28 % Arbeitnehmenden gültigen Mindestlohnes von CHF 4'000 3% (4) (16) (29) (41) (35) für eine Vollzeitstelle? Würden Sie ein Verbot von neuen Ölheizungen begrüssen 13 % 19 % 34 % 30 % 4% (5) (Ersatz bisheriger Anlagen oder bei Neubauten)? (16) (24) (42) (38) Soll der Kanton mehr Geld für die Verbilligung der 11 % 23 % 35 % 26 % 4% Krankenkassenprämien bereitstellen? (5) (14) (29) (44) (33) Sollen alle Volksschulen im Kanton als freiwillige 13 % 32 % 30 % 22 % Tagesschulen geführt werden (mit integriertem 4% (5) (16) (40) (37) (27) Betreuungsangebot)? Sollen zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit deutlich 4% 14 % 59 % 19 % 3% mehr Stellen bei der Polizei geschaffen werden? (5) (4) (18) (74) (24) Begrüssen Sie eine Verschärfung des kantonalen Sozialhilfegesetzes (z.B. mehr Kontrollen bei Verdacht 10 % 23 % 34 % 30 % auf Missbrauch, tieferer Ansatz des Existenzminimums, (12) 3% (4) (29) (42) (38) höherer Ermessenspielraum bei der Vergabe der Sozialhilfe)? Befürworten Sie eine Erhöhung des ordentlichen 22 % 25 % 40 % 9% 4% Rentenalters für beide Geschlechter in naher Zukunft (28) (31) (50) (11) (5) (bspw. auf 67 Jahre)? Würden Sie eine Senkung der kantonalen 22 % 50 % 13 % 2 % 12 % Unternehmenssteuern befürworten (Reduktion (3) (28) (63) (16) (15) Gewinnsteuersätze)? Würden Sie eine weitere Verschärfung des Asylrechts 12 % 33 % 24 % 22 % 10 % begrüssen? (15) (41) (30) (27) (12) Sollen die Ausgaben für die Strasseninfrastruktur im 19 % 43 % 26 % 4% 8% Kanton in den nächsten Jahren erhöht werden? (5) (24) (54) (32) (10) 100 % 50 % 0% 50 % 100 % gewichtet nach nein eher nein eher ja ja weiss nicht Teilnahme Abbildung 12: Einstellung der CVP-Wählerschaft gegenüber sachpolitischen Fragen (n = 125) Bei der CVP-Wählerschaft sind scharfe sachpolitische Konturen erkennbar, die zudem Parallelen zu den Konturen linker, aber auch bürgerlicher Parteiwählerschaften aufweisen. Die CVP- Seite 21 von 49
FOKUS Aargau Nr. 7 Wählerschaft weist zum einen ähnliche gesellschaftspolitische Positionen auf wie die die linke Wählerschaft (gleiche Rechte für gleichgeschlechtliche Paare, keine Verschärfung des Asylrechts), fordert ebenso wie die Linke ein Verbot von Ölheizungen in Neubauten, aber befürwortet – anders als die politische Linke – in deutlicher Mehrheit eine Verschärfung der Sozialhilfegesetze (64 %) und einen Stellenausbau bei der Polizei zwecks Gewährleistung von Recht und Ordnung (78 %). Zudem steht eine Verschärfung des Asylrechts bei der CVP-Wählerschaft zumindest zur Diskussion. Soll die Finanzierung von Parteien sowie von Wahl- 14 % 80 % und Abstimmungskampagnen im Kanton offengelegt werden 01%% 5% (0) (2) (8) (22) (126) müssen? Sollen gleichgeschlechtliche Paare in allen Bereichen 3 %4 % 20 % 69 % 4% die gleichen Rechte wie heterosexuelle Paare haben? (4) (7) (7) (31) (109) Befürworten Sie die Einführung eines für alle 8% 6% 20 % 60 % Arbeitnehmenden gültigen Mindestlohnes von CHF 4'000 5% (8) (13) (10) (32) (95) für eine Vollzeitstelle? Würden Sie ein Verbot von neuen Ölheizungen begrüssen 21%% 24 % 68 % 4% (3) (2) (7) (Ersatz bisheriger Anlagen oder bei Neubauten)? (38) (108) Soll der Kanton mehr Geld für die Verbilligung der 7% 19 % 38 % 29 % 7% (11) (11) Krankenkassenprämien bereitstellen? (30) (60) (46) Sollen alle Volksschulen im Kanton als freiwillige 8% 22 % 35 % 18 % 16 % Tagesschulen geführt werden (mit integriertem (13) (35) (56) (29) (25) Betreuungsangebot)? Sollen zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit deutlich 13 % 30 % 35 % 13 % 9 % mehr Stellen bei der Polizei geschaffen werden? (21) (47) (55) (20) (15) Begrüssen Sie eine Verschärfung des kantonalen Sozialhilfegesetzes (z.B. mehr Kontrollen bei Verdacht 21 % 37 % 24 % 12 % 6 % auf Missbrauch, tieferer Ansatz des Existenzminimums, (33) (58) (38) (19) (10) höherer Ermessenspielraum bei der Vergabe der Sozialhilfe)? Befürworten Sie eine Erhöhung des ordentlichen 20 % 32 % 30 % 12 % 7% Rentenalters für beide Geschlechter in naher Zukunft (11) (31) (50) (47) (19) (bspw. auf 67 Jahre)? Würden Sie eine Senkung der kantonalen 41 % 30 % 11 %4 % 13 % Unternehmenssteuern befürworten (Reduktion (7) (65) (48) (17) (21) Gewinnsteuersätze)? Würden Sie eine weitere Verschärfung des Asylrechts 39 % 37 % 15 % 6% 4% begrüssen? (9) (6) (61) (59) (23) Sollen die Ausgaben für die Strasseninfrastruktur im 43 % 41 % 8 %3 % 6 % (12) (4) (10) Kanton in den nächsten Jahren erhöht werden? (68) (64) 100 % 50 % 0% 50 % 100 % gewichtet nach nein eher nein eher ja ja weiss nicht Teilnahme Abbildung 13: Einstellung der Grünen-Wählerschaft gegenüber sachpolitischen Fragen (n = 158) Wenig überraschend weist die Grünen-Wählerschaft ein sehr ähnliches sachpolitisches Pro- Seite 22 von 49
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