Forschung und Aktivitäten Oktober bis Dezember 2020 - Wuppertal Institut

Die Seite wird erstellt Uwe Klein
 
WEITER LESEN
Forschung und Aktivitäten Oktober bis Dezember 2020 - Wuppertal Institut
4|2020

Forschung und
Aktivitäten
Oktober bis Dezember 2020
––––––––
Forschung und Aktivitäten Oktober bis Dezember 2020 - Wuppertal Institut
Inhalt
Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
  Personalia: Kaufmännische Geschäftsführerin ging in den Ruhestand  . . . . . . . . . . . . . . . 4
Forschungsprojekte und -ergebnisse  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
   ReUse und Secondhand in Deutschland: 1289 Euro liegen ungenutzt in Haushalten  . . . 5
   Grüner Wasserstoff aus Deutschland beflügelt Klimaschutz und Volkswirtschaft  . . . . . . 6
   Zukunftsimpuls: Lieferketten in Krisenzeiten besser managen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
   SCI4climate.NRW veröffentlicht erste Forschungsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
   Wie Deutschland bis 2050 klimaneutral wird . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
   Wie Deutschland bis 2035 CO2-neutral werden kann  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
   Klimapolitik gewinn bei deutschen Unternehmen an Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
   Energiearmut im privaten Mietsektor bekämpfen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Tagungen/Forschungstransfer  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  11
  Podcast Zukunftswissen.fm: Jetzt handeln für den Klimaschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  11
  Der Wald und der Sturm: Ausstellung am Wuppertal Institut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  11
  Future Energies Science Match 2020  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
  It’s the End of the COP as We Know It! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
  Systemwandel und Krisenbewältigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
  In der „Zukunftsküche“ begegnen sich Kunst und Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
  Herausforderungen und Lösungen in der Internationalen Klimapolitik . . . . . . . . . . . . . . 14
  Industrielle Zukunft und der European Green Deal  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
Forschungsprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
  WechselWirkung Konsum und Kreislaufwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
  Konjunktur- und Förderprogramme nachhaltig einsetzen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
  Erster Energieforschungsbericht für NRW erschienen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
  Selbstständiges, transformatives Forschen fördern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
  Energieausweise richtig bewerten, zertifizieren und anwenden  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
  JRF: Zwei neue wissenschaftliche Vorstände gewählt  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
  Gewinner des 13. Deutschen Nachhaltigkeitspreises  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
  Internationalen Marktmechanismus ausgestalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
  Update des deutschen Abfallvermeidungsprogramms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
Anhang  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  20
   Personalveränderungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  20
   Neue Projekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  20
   Veranstaltungen und Vorträge  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
   Publikationen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

Impressum
Der Quartalsbericht erscheint vierteljährlich mit einer
Darstellung von Höhepunkten der Aktivitäten des
Wuppertal Instituts in den vorangegangenen drei Monaten.

Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH
Quartalsbericht 4/2020

Geschäftsführung: Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick,
wissenschaftlicher Geschäftsführer, und Michael Dedek,
kaufmännischer Geschäftsführer
Redaktion: Christin Hasken, Anna Riesenweber
Döppersberg 19, 42103 Wuppertal
Fotos: siehe Bildlegenden, Titelseite GettyImages
Telefon: +49 202 2492-0, Fax: -108
E-Mail: info@wupperinst.org, Internet: wupperinst.org
Forschung und Aktivitäten Oktober bis Dezember 2020 - Wuppertal Institut
Liebe Leserinnen und Leser,

schmelzende Gletscher, steigende Meeresspiegel, zu-          Die Studie zeigt auch, wie Deutschland bis zum Jahr
nehmende Hitzewellen und Starkregen: Die Folgen des          2030 die Treibhausgasemissionen deutlich stärker sen-
Klimawandels sind weltweit sicht- und spürbar – und          ken kann als bislang von der Bundesregierung vorge­
das Zeitfenster zum Handeln verkleinert sich. Um die         sehen. Mit der Festlegung der Minderung der Treib­
weltweiten Auswirkungen des Klimawandels deutlich            hausgasemissionen um 65 Prozent bis zum Jahr 2030
zu limitieren, muss der Ausstoß von Treibhausgasen           wird davon ausgegangen, dass Deutschland im Zuge der
drastisch reduziert werden. Die von der internationalen      Steigerung des europäischen Klimaschutzambitionen
Staatengemeinschaft im Jahr 2015 in Paris beschlos­          nachlegen muss. Die Analysen liefern aber nicht nur
sene Vereinbarung gibt das Ziel vor, die Erd­erwärmung       wichtige Erkenntnisse für Deutschland, sondern sind
auf deutlich unter 2 Grad Celsius, möglichst aber auf        auch eine Grundlage dafür, dass Deutschland bei einer
1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Ob und wie sich               Umsetzung des skizzierten Pfades über internationale
dieses Ziel erreichen lässt, hat das Wuppertal Institut in   Partnerschaften vor allem sich entwickelnde Länder der
zwei Studien detailliert untersucht.                         Welt massiv dabei unterstützen kann, ihre Energiever-
    In der Studie „CO2-neutral bis 2035“ für Fridays for     sorgung auf erneuerbare Energien umzustellen bezie-
Future Deutschland, die mit finanzieller Unterstützung       hungsweise erst gar nicht in fossile Energieversorgungs-
der GLS Bank erstellt worden ist, wird analysiert, wel-      strukturen einzusteigen.
che Bausteine aus heutiger Sicht zur Verfügung stehen,
um schon bis zum Jahr 2035 CO2-Neutralität in                Eine spannende Lektüre wünschen
Deutschland zu erreichen. Die zentrale Aussage ist,          Michael Dedek und Manfred Fischedick
dass dies aus rein technisch-ökonomischer Sicht              (kaufmännischer Geschäftsführer
zwar sehr ambitioniert, aber grundsätzlich machbar           und wissenschaftlicher Geschäftsführer)
erscheint. Entscheidend ist jedoch, ob dies auch aus
gesellschaftlicher und politischer Sicht umsetzbar ist.
Hierfür bedarf es einer umfassenden Diskussion. Mit
der Quantifizierung der dafür notwendigen Maß­
nahmen hat die Studie dafür eine wichtige Grundlage
gelegt. Denn letztlich geht es dabei um die zentrale
Frage, ob die zahlreichen mit der Umsetzung verbunde-
nen strukturellen Veränderungen in dem knappen Zeit-
raum sozial ausgewogen gestaltet werden können.
     In einer weiteren Studie untersuchte das Wuppertal
Institut gemeinsam mit der Prognos AG und dem Öko-
Institut für Agora Energiewende, Agora Verkehrswende
und die Stiftung Klimaneutralität, wie Deutschland von
fossilen Energieträgern unabhängig und bis 2050 treib-
hausgasneutral werden kann. Die Studie „Klimaneutra-
les Deutschland“ ist die erste Studie überhaupt, die
einen detaillierten Weg zur Klimaneutralität 2050 –
unter Berücksichtigung aller Sektoren – darstellt und
damit analysiert, wie die Vorgaben des nationalen
                                                                    Quelle: Mathias Kehren, Wuppertal
Klimaschutzgesetzes umgesetzt werden können. Die
drei Forschungsinstitute untersuchten und modellierten
insgesamt ein Jahr lang detailliert die notwendigen
Maßnahmen in den Sektoren Energiewirtschaft, Indus­
trie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Abfall.
Auch die oft vernachlässigten Bereiche Landnutzung
und Forstwirtschaft sowie die effiziente Gewinnung
und Nutzung von Bioenergie wurden umfassend
betrachtet.

                                                                      Wuppertal Institut – Quartal 4 | 2020 3
Forschung und Aktivitäten Oktober bis Dezember 2020 - Wuppertal Institut
Personalia: Kaufmännische Geschäftsführerin
ging in den Ruhestand
Nach 22 Jahren verabschiedete sich Brigitte          „Wir haben Brigitte Mutert-Breidbach sehr viel
Mutert-Breidbach von der Spitze des Wuppertal         zu verdanken, sie hat das Institut über die vielen
Instituts in den Ruhestand. Die gebürtige Müns-      Jahre mit großer Umsicht und Professionalität
terländerin verantwortete seit 1998 als kauf­         von der kaufmännischen Seite geführt und stets
männische Geschäftsführerin die wirtschaftlichen      die finanzielle Solidität des Instituts im Blick
Geschicke des Instituts. Durch ihre umsichtige        gehabt. Dies erfolgte immer in enger und ver-
Führung des kaufmännischen Bereichs legte sie         trauensvoller Zusammenarbeit mit der wissen-
den Grundstein für den Institutserfolg der ver-       schaftlichen Leitung des Instituts“, blickte Prof.
gangenen zwei Jahrzehnte.                             Dr.-Ing. Manfred Fischedick, wissenschaftlicher
Brigitte Mutert-Breitbach übernahm die kauf-          Geschäftsführer des Wuppertal Instituts, zurück
männische Geschäftsführung 1998 in wirtschaft-        und ergänzte: „Für die Zukunft wünsche ich
lich herausfordernden Zeiten. Das starke Wachs-       Brigitte Mutert-Breidbach im Namen des gesam-
tum der Gründungsjahre und insbesondere das           ten Instituts mehr Zeit für ihre Familie und ihre
stark wachsende Drittmittelgeschäft verlangten        vielen Hobbys sowie Gesundheit und alles
nach dem Aufbau professioneller finanziell-­          erdenklich Gute.“
administrativer Strukturen. Mit enormem per-          Zu Mutert-Breidbachs Arbeitsschwerpunkten
sönlichen Einsatz gelang es ihr das Institut auf      gehörte neben der Budgetplanung, die betriebs-
Kurs zu bringen und bis heute durch solides           wirtschaftliche und finanzielle Steuerung des
Wirtschaften den Institutserfolg zu ermöglichen.      Instituts sowie zuwendungsrechtliche Fragestel-
                                                      lungen. Daneben leitete sie die Administration
                                                     – dazu gehören die Bereiche Personal, Finanzen,
                                                      Controlling, Projektverwaltung sowie die allge-
                                                      meine Verwaltung.
                                                      Der Aufsichtsratsvorsitzende Christoph Dam-
                                                      mermann, Staatssekretär im Ministerium für
                                                      Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Ener-
                                                      gie des Landes Nordrhein-Westfalen, sagte:
                                                     „Frau Mutert-Breidbach hat sich um das Wupper-
                                                      tal Institut verdient gemacht: Mit ihrer hohen
                                                      Integrationsfähigkeit, ihrem organisatorischen
                                                      Geschick und mit viel Menschlichkeit hat sie das
                                                      Institut zusammengehalten und in seiner Schlag-
                                                      kraft zu dem gemacht, was es heute ist. Dafür
                                                      möchte ich ihr im Namen des Landes und auch
                                                      persönlich sehr herzlich danken.“
                                                     „Mit einem weinenden und einem lachenden
                                                      Auge verlasse ich das Institut. Mir werden sicher-
                                                      lich die vielen netten und aufgeschlossenen
                                                      Menschen und der Austausch mit ihnen fehlen.
                                                      Aber ich freue mich auch auf meine Familie und
Im Dezember 2020 ging die kaufmännische
Geschäftsführerin Brigitte Mutert-Breidbach in den
                                                      verschiedene Projekte, für die ich nun mehr
Ruhestand. Quelle: Mathias Kehren, Wuppertal          Zeit haben werde“, sagte Brigitte Mutert-Breid-
                                                      bach. > mehr

4 Wuppertal Institut – Quartal 4 | 2020
Forschung und Aktivitäten Oktober bis Dezember 2020 - Wuppertal Institut
Forschungsprojekte
      und -ergebnisse

ReUse und Secondhand in
Deutschland: 1289 Euro liegen
ungenutzt in Haushalten
––––––––
Umweltschutz und Nachhaltigkeit
bestimmen seit Jahren die öffentlichen
Debatten sowie zunehmend das Handeln
privater Haushalte. Eine Mehrheit geht
davon aus, dass die Bedeutung nach­
haltigen Handelns weiter wachsen wird.
Allerdings fällt es vielen anscheinend
schwer, nicht nur nachhaltig zu denken,
                                                 Quelle: GettyImages
sondern auch zu handeln. Eine Studie
des Wuppertal Instituts in Zusammen­
arbeit mit eBay Kleinanzeigen zeigt diese
Diskrepanz. Deutlich werden auch            werden, selbst umweltbewusster zu         einen Vorteil an, etwas Gutes für die Um-
Unterschiede im Konsumverhalten jün­        leben. Im konkreten Handeln zeigen        welt zu tun, indem sie mit dem Verkauf
gerer und älterer Menschen. Dennoch:        sich regionale Unterschiede: Im Westen    eines gebrauchten Produktes den Lebens-
Immer mehr Menschen tragen aktiv zum        Deutschlands sind mehr Menschen           zyklus des Produktes verlängern.
Klimaschutz bei und kaufen oder verkau­     (63 %) bereit, Abstriche im Sinne der    „In der Bevölkerung gibt es erkennbar eine
fen beispielsweise gebrauchte Artikel.      Nachhaltigkeit zu machen als im Osten     große Bereitschaft, Produkte länger zu
Nahezu jeder hat hierzulande bereits ein­   (52 %). Und: Städter achten weniger dar- nutzen und damit Abfall zu vermeiden.
mal etwas Gebrauchtes verkauft. Jeder       auf, Ressourcen zu sparen (56 %) als      Was wir aber brauchen sind Strukturen,
Zweite hat bereits einmal Gebrauchtes       Menschen, die in vorstädtischen (64 %)    die das allen im Alltag einfacher ermög­
gekauft. Ungeachtet dessen liegen in        oder ländlichen Regionen (68 %) leben.    lichen“, sagt Dr. Henning Wilts, Studienko-
deutschen Haushalten durchschnittlich       Der Kauf oder Verkauf gebrauchter Pro-    ordinator und Leiter der Abteilung Kreis-
rund 1.300 Euro in Form ungenutzter         dukte steht in einem engen Verhältnis zu  laufwirtschaft am Wuppertal Institut.
Dinge und verborgener Schätze.              den Themen Nachhaltigkeit und Klima-      Die dargestellten empirischen Ergebnisse
Eine Mehrheit hierzulande geht davon        schutz. Durch die Wieder- bzw. Weiter-    zum Thema ReUse und Secondhand in
aus, dass die Bedeutung nachhaltigen        verwendung von Produkten werden Pro-      Deutschland basieren auf einer repräsen-
Handelns zunehmen wird (60 %). Fast         duktionsressourcen gespart und Abfall     tativen Befragung, die im September
ein Drittel (31 %) gibt an, infolge der     vermieden. Ein Vorteil, den auch die      2020 von YouGov eigens für eine Studie
Medienberichterstattung zu den Themen       Mehrheit der Befragten sieht: 64 % stim- „ReUse und Secondhand in Deutschland
Klimawandel und Nachhaltigkeit bereits      men zu, dass die Verwendung gebrauch- – Einstellungen zum Thema Abfallvermei-
das eigene Verhalten geändert zu haben.     ter Produkte gut für die Umwelt sei.      dung und Nachhaltigkeit“ des Wuppertal
Eine deutliche Mehrheit (68 %) sagt,        Rund jeder Zweite (47 %) kann sich vor-   Instituts durchgeführt wurde. Hierzu
bereits weniger Müll im Alltag zu produ­    stellen, in Zukunft öfter gebraucht zu    haben sich insgesamt 1.023 Personen in
zieren und ressourcensparende Alter­        kaufen, um die Umwelt zu schonen. Vier    Deutschland an einer Online-Befragung
nativen innerhalb ihres Konsumverhal­       von zehn Befragten (43 %) sehen es als    beteiligt, sodass sich mit Blick auf Alter,
tens zu nutzen. Außerdem gibt fast die                                                Geschlecht, Region (Nord, Süd, Ost, West)
Hälfte der Befragten (45 %) an, durch                                                 und Wohnumgebung (urban, ländlich)
das nachhaltige Verhalten von Menschen                                                repräsentative Aussagen treffen lassen.
in ihrem näheren Umfeld motiviert zu                                                  > mehr

                                                                                  Wuppertal Institut – Quartal 4 | 2020 5
Forschung und Aktivitäten Oktober bis Dezember 2020 - Wuppertal Institut
„         Aktuell wird zu sehr über die Kosten und zu wenig
                                                        über die Notwendigkeiten und positiven Effekte
                                                        der heimischen Wasserstoffproduktion aus
                                                        erneuer­baren Energien gesprochen.“
Grüner Wasserstoff aus
                                              		 Frank Merten, Co-Leiter des Forschungsbereichs Systeme und Infrastrukturen
Deutschland beflügelt                            in der Abteilung Zukünftige Energie- und Industriesysteme am Wuppertal
Klimaschutz und                                  Institut und Projektkoordinator der Studie
Volkswirtschaft
––––––––
Deutschlands Klimaschutzstrategie baut         Energie (BEE) und vom Landesverband
auf den Einsatz von grünem Wasserstoff         Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW)                   Bericht | 3. November 2020

aus erneuerbaren Energien. Doch wo soll        in Auftrag gegeben.                                  Bewertung der Vor- und Nachteile
                                                                                                    von Wasserstoffimporten im
der Wasserstoff herkommen, aus heimi-         Ausgangspunkt der Untersuchung ist die                Vergleich zur heimischen
scher Produktion oder importiert aus dem       neue Wasserstoffstrategie der Bundes­                Erzeugung

Ausland? Eine neue Studie des Wuppertal        regierung, die vor allem auf den Import                                      Studie für den Landesverband Erneuerbare
                                                                                                                            Energien NRW e. V. (LEE-NRW)

Instituts und DIW Econ schafft einen           des viel diskutierten Energieträgers setzt.                                  Frank Merten (Wuppertal Institut)

Überblick über die aktuelle Datenlage          Mit dem Import sind allerdings nicht nur                                     Alexander Scholz (Wuppertal Institut)
                                                                                                                            Christine Krüger (Wuppertal Institut)

und ermittelt Wertschöpfungs- und              hohe Unsicherheiten verbunden. Auch
                                                                                                                            Simon Heck (Wuppertal Institut)
                                                                                                                            Dr. Yann Girard (DIW Econ)
                                                                                                                            Marc Mecke (DIW Econ)
Beschäftigungseffekte beider Strategien.       könnte dies in den produzierenden Län­                                       Marius Goerge (DIW Econ)

Das Resümee: Es trifft nicht zu, dass          dern zu unerwünschten Effekten führen,
importierter Wasserstoff allgemein güns-       wie einer verschleppten Energiewende,
tiger ist, entscheidend sind je nach Her-      wenn nicht von Anfang an die Transfor­
kunftsland die tatsächlich realisierbaren      mation des Energiesystems vor Ort
Strom- und Transportkosten. Wird der           mitgedacht wird. Die Folge: Deutschland
grüne Wasserstoff stattdessen im eigenen       importiert grünen Wasserstoff, aber im
Land produziert, wird dies zudem eine          Produktionsland fachen fossile Energie­           Cover der Studie „Bewertung
positive Beschäftigungswirkung und             träger weiterhin den Klimawandel an.              der Vor- und Nachteile von
Wertschöpfung entfalten. Mit der Errei-       Auch besteht die Gefahr, dass wasser­              Wasserstoffimporten im Vergleich
                                                                                                 zur heimischen Erzeugung“
chung der Klimaziele 2050 betrüge die          stoffnutzende Produktionszweige wie
zusätzliche Wertschöpfung bei einer stark      die Stahl- und Chemieindustrie zuneh­
auf die heimische Erzeugung ausgerich­         mend dahin abwandern, wo der Wasser­
tete Strategie bis zu 30 Milliarden Euro im    stoff produziert wird.
Jahr 2050 und es könnten bis zu 800.000       „Aktuell wird zu sehr über die Kosten und       erneuerbarem Strom sowie als Grundlage
Arbeitsplätze geschaffen werden.               zu wenig über die Notwendigkeiten und          für die Dekarbonisierung der heimischen
Die Studie „Bewertung der Vor- und             positiven Effekte der heimischen Wasser-       Schwerindustrie. Dadurch bieten sich für
Nachteile von Wasserstoffimporten im           stoffproduktion aus erneuerbaren Energien      Deutschland große Chancen, sich als Vor-
Vergleich zur heimischen Produktion“           gesprochen. Wir brauchen sie als flexibles     reiter und Spezialist auf dem künftigen
wurde vom Bundesverband Erneuerbare            Speicherelement für die Integration von        Weltmarkt für grünen Wasserstoff zu posi-
                                                                                              tionieren“, sagt Frank Merten, Co-Leiter
                                                                                              des Forschungsbereichs Systeme und
                                                                                              Infrastrukturen in der Abteilung Zukünf-
                                                                                              tige Energie- und Industriesysteme am
                                                                                              Wuppertal Institut und Projektkoordina-
                                                                                              tor der Studie.
                                                                                              Im optimistischen Szenario eines heimi-
                                                                                              schen Wasserstoff-Produktionsanteils
                                                                                              von 90 Prozent sind Wertschöpfungs­
                                                                                              effekte von bis zu 30 Milliarden Euro im
                                                                                              Jahr 2050 und mehr als 800.000 zusätz-
                                                                                              liche Arbeitsplätze möglich, die im di­
                                                                                              rekten und indirekten Zusammenhang
                                                                                              mit der grünen Wasserstoffproduktion
                                                                                              stehen. > mehr

                                                                                      Quelle: GettyImages

6 Wuppertal Institut – Quartal 4 | 2020
Forschung und Aktivitäten Oktober bis Dezember 2020 - Wuppertal Institut
Zukunftsimpuls:
Lieferketten in Krisenzeiten
besser managen

                                                                                                                                           Zu
––––––––

                                                                                                                                           kunf
                                                                                                                                             ts
                                                                                                                                                  impuls

Das neue Lieferkettengesetz wurde im          freiwilliger Basis. Eine Evaluation ergab,                Nachhaltige
Bundeskabinett lange diskutiert. Es soll      dass weniger als ein Fünftel der in                       Lieferketten
dafür sorgen, dass insbesondere in Ent­       Deutschland ansässigen Unternehmen
wicklungsländern Menschenrechte ent­          mit mehr als 500 Beschäftigten sich
lang globaler Wertschöpfungsketten ein­       daran halten und somit ihrer unterneh-
                                                                                                        Global kooperative Regionalwirtschaften
gehalten werden. Das Wuppertal Institut       merischen Sorgfaltspflicht nach­kommen.                   für Wohlstand und Resilienz

begrüßt ein solches Gesetz, jedoch sieht      Die Situation verschärfte sich durch die                  -----
                                                                                                        Christa Liedtke

es Nach­besserungsbedarf bei Umwelt­          Covid-19-Pandemie zusätzlich. Gerade                      Markus Kühlert
                                                                                                        Klaus Wiesen
                                                                                                        Ann Kathrin Stinder

schutz und Sozialstandards, wie Lohn­         die ärmsten Länder sind aufgrund ihrer                    Jana Brauer
                                                                                                        Janpeter Beckmann

gleichheit und Arbeitssicherheit, und         häufig einseitigen Ausrichtung der Wert-
                                                                                                        Cristina Fedato
                                                                                                        Xenia El Mourabit
                                                                                                        Alexandra Büttgen

plädiert für eine europaweite einheit­        schöpfung, wie etwa der Export einzel-                    Melanie Speck

liche Gesetzgebung. Die Covid-19-             ner Rohstoffe und unzureichend ent­                       Zukunftsimpuls 11 | Oktober 2020

Pandemie hat die globalen Lieferketten        wickelte Sicherungs- und Gesundheits-
zudem massiv erschüttert und sie gerie­       systeme, verwundbar und besonders von
                                                                                                  Cover des Zukunftsimpuls
ten sozial wie ökologisch in eine Schie­      der Pandemie betroffen.
                                                                                                 „Nachhaltige Lieferketten“
flage. Daher fordert das Wuppertal Ins­      „Freiwillige Standards und Leitlinien für
titut in seinem Zukunftsimpuls „Nachhal­      nachhaltige Lieferketten haben offensicht-
tige Lieferketten: Global kooperative         lich eine zu geringe Wirkung auf die
Regionalwirtschaften für Wohlstand und        Unternehmensstrategien und -praktiken“,       Das Bundesministerium für wirtschaft­
Resilienz“ verbind­liche Regelungen und       bemängelt Prof. Dr. Christa Liedtke,          liche Zusammenarbeit und Entwicklung
einheitliche Vorgaben für nachhaltige         Leiterin der Abteilung Nachhaltiges           (BMZ) hat gemeinsam mit dem Bundes­
und kreislauforientierte Lieferketten. Der    Produzieren und Konsumieren am Wup-           ministerium für Arbeit und Soziales
Appell: Regionalwirtschaften sollten glo­     pertal Institut, und ergänzt: „Ziel muss es   (BMAS) Vorschläge für die Eckpunkte
bal miteinander kooperieren und sich          sein, menschengerechte, nachhaltige und       eines Lieferkettengesetzes erarbeitet.
gegenseitig wirtschaftlich und sozial un­     transparente Lieferketten zu etablieren,      Diese sehen vor, dass in Deutschland
terstützen – vor allem in Krisenzeiten        die auch bei plötzlich veränderten Rahmen­    ansässige Unternehmen mit mehr als
wie derzeit.                                  bedingungen und in Krisenzeiten rich-         500 Beschäftigten verpflichtet werden,
Im Jahr 2019 gaben die Deutschen laut         tungssicher die Versorgungssicherheit der     Verantwortung für Menschenrechte
vorläufigen Statista-Angaben rund 77,5        Grundbedürfnisse sicherstellen.“              zu übernehmen. > mehr
Milliarden Euro für Bekleidung und

                                                  „
Schuhe aus – Tendenz steigend. Herge­
stellt wird die Kleidung meist in Entwick­
lungsländern unter miserablen Bedin­
gungen für Umwelt sowie Näherinnen
und Näher. Im Nationalen Aktionsplan
                                                           Freiwillige Standards und Leitlinien für
Wirtschaft und Menschrechte (NAP) hat                      nachhaltige Lieferketten haben offensichtlich
die Bundesregierung 2016 die Verant­
wortung von deutschen Unternehmen                          eine zu geringe Wirkung auf die
für die Achtung der Menschenrechte ver­
ankert und die Erwartungen an Sorg­
                                                           Unternehmensstrategien und -praktiken.“
faltspflichten formuliert, zunächst auf           		 Prof. Dr. Christa Liedtke, Leiterin der Abteilung Nachhaltiges Produzieren
                                                     und Konsumieren am Wuppertal Institut

                                                                                      Wuppertal Institut – Quartal 4 | 2020 7
Forschung und Aktivitäten Oktober bis Dezember 2020 - Wuppertal Institut
Wie Deutschland bis 2050
                                              klimaneutral wird
                                              ––––––––
SCI4climate.NRW                               Kann Deutschland seine Treibhausgas-             adäquaten Beitrag zu der Verschärfung des
veröffentlicht erste                          emissionen bis 2050 auf Netto-Null               europäischen Klimaschutzziels erbringen
                                              verringern? Ja, sind sich die Autorinnen         kann, welches derzeit auf europäischer
Forschungsergebnisse                          und Autoren der Studie „Klimaneutrales           Ebene diskutiert wird. In dem Hauptszena­
––––––––                                      Deutschland“ sicher, deren Ergebnisse in         rio werden bis zum Jahr 2030 die Emissio­
                                              Berlin vorgestellt wurden. Das haben Prog- nen um 65 Prozent im Vergleich zu 1990
Die Forschung des Projekts SCI4climate.       nos, das Öko-Institut und das Wuppertal          gesenkt – zehn Prozentpunkte mehr als
NRW strukturiert sich in drei aufeinander-    Institut in verschiedenen Szenarien im           das aktuelle deutsche Klimaschutzgesetz
folgende Forschungsintervalle und veröf-      Auftrag von Agora Energiewende, Agora            vorsieht. Die hierfür notwendigen zusätz­
fentlichte nun die Ergebnisse. Das Projekt    Verkehrswende und Stiftung Klimaneu­             lichen Einsparungen ergeben sich vor
erforscht unter der Leitung des Wuppertal     tralität untersucht und zeigen Wege, wie         allem in der Energiewirtschaft durch einen
Instituts Wege zur klimaneutralen Trans-      Deutschland dieses Ziel bis zum Jahr 2050        beschleunigten Kohleausstieg und einen
formation der Grundstoffindustrie in Nord- erreichen kann.                                     schnelleren Ausbau der erneuerbaren
rhein-Westfalen. Ergebnisse der ersten ein- „Mit der Studie ‚Klimaneutrales Deutsch-           Energien sowie durch eine zügigere Trans­
einhalb Jahre wurden in Projektberichten      land‘ leisten die drei Institute einen weite-    formation in der Industrie. Aber auch
und Veröffentlichungen zusammengefasst, ren wichtigen Beitrag zu dem dringenden                im Verkehr und Gebäudebereich werden
die sich mit Szenarien, Transformations-      gesellschaftlichen Diskurs über Möglichkei- zusätzliche Einsparungen erzielt.
pfaden und Rahmenbedingungen befassen. ten der Transformation unseres Energie-                 Für die Studie untersuchten und model­
Der mit Industrievertretenden diskutierte     und Wirtschaftssystems und darüber, wie          lierten die Autorinnen und Autoren ins­
SCI4climate.NRW-Forschungsplan geht           adäquate Beiträge zum globalen Klima-            gesamt ein Jahr lang detailliert die Maß­
außerdem auf die Forschungsziele für das      schutz geleistet werden können“, betont          nahmen in den Sektoren Energiewirt­
zweite Forschungsintervall ein.               Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick, wissen-       schaft, Industrie, Verkehr, Gebäude,
Das Projekt SCI4climate.NRW wird von          schaftlicher Geschäftsführer des Wupper-         Landwirtschaft und Abfall. Auch die oft
Prof. Dr. Stefan Lechtenböhmer, Leiter der    tal Instituts, und ergänzt: „Die Studie ist im vernachlässigten Bereiche Landnutzung
Abteilung Zukünftige Energie- und Indus­      Kontext mit anderen Szenarioarbeiten zu          und Forstwirtschaft sowie die effiziente
triesysteme am Wuppertal Institut, und        sehen. Dies gilt vor allem auch für die          Gewinnung und Nutzung von Bioenergie
Christoph Zeiss, Senior Researcher im         kürzlich vom Wuppertal Institut vorgelegte wurden umfassend analysiert. > mehr
Forschungsbereich Strukturwandel und          Studie für Fridays for Future Deutschland
Innovation in der Abteilung Zukünftige       ‚Wie Deutschland bis 2035 CO2-neutral
Energie- und Industriesysteme am Wup-         werden kann‘. Beide Studien ergänzen sich
pertal Institut geleitet. Dr. Sascha Samadi,  aufgrund der unterschiedlichen Grund­
wissenschaftlicher Mitarbeiter im For-        annahmen in idealerweise und bilden die
                                                                                                          Klimaneutrales Deutschland
schungsbereich Sektoren und Technologi-       Bandbreite der aktuellen deutschen Klima-                In drei Schritten zu null Treibhausgasen bis 2050 über ein

en in der gleichen Abteilung leitet das The-  schutzzieldebatte ab.“
                                                                                                       Zwischenziel von -65 % im Jahr 2030 als Teil des EU-Green-Deals

                                                                                                          ZUSAMMENFASSUNG

menfeld Szenarien und Transformations-        Die Studie „Klimaneutrales Deutschland“
pfade. Weitere beteiligte Institute sind das  zeigt auch, wie Deutschland bis zum Jahr
Fraunhofer UMSICHT, die RWTH Aachen           2030 die Treibhausgasemissionen deutlich
und das IW Köln sowie der Verein Deut-        stärker senken kann als bislang von der
scher Zementwerke e. V. (VDZ) und das BFI. Bundesregierung vorgesehen. Dies ist
SCI4climate.NRW ist ein vom Ministerium       notwendig, damit Deutschland einen
für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung
und Energie des Landes Nordrhein-Westfa-
len (NRW) gefördertes unabhängiges wis-
senschaftliche Kompetenzzentrum, wel-
ches das Wuppertal Institut leitet. > mehr                                        Cover der Studie
                                                                   „Klimaneutrales Deutschland“

8 Wuppertal Institut – Quartal 4 | 2020
Forschung und Aktivitäten Oktober bis Dezember 2020 - Wuppertal Institut
Wie Deutschland bis 2035
CO2-neutral werden kann
––––––––
 Die von der internationalen Staaten­
gemeinschaft im Jahr 2015 in Paris
­beschlossene Vereinbarung gibt das Ziel
vor, die Erderwärmung auf deutlich unter
                                                 Die Grafik zeigt den beispielhaften CO2-Emissionspfad zur Einhaltung des deutschen
2 Grad Celsius, möglichst aber auf 1,5           1,5-Grad-Budgets bis 2035, inklusive des Zielpfads der Bundesregierung. Quelle:
Grad Celsius zu begrenzen. Nun legte             Wuppertal Institut auf Basis des Sachverständigenrats für Umweltfragen (SRU), 2020
das Wuppertal Institut eine Studie mit
möglichen Eckpunkten vor, die helfen
 können, das 1,5-Grad-Ziel bis 2035 zu
erreichen. Die Studie zeigt, dass ein      können, wird Deutschland bis etwa 2035 „Um eine Chance zu haben, die Erderwär­
 klimaneutrales Energiesystem bis 2035     auf ein klimaneutrales Energiesystem           mung auf 1,5 Grad Celsius zu beschränken,
zwar sehr ambitioniert, aber grundsätz-    umstellen müssen. Die Forschenden des          müssten die deutschen Emissionen ins­
lich machbar ist –­sofern alle aus heu­    Wuppertal Instituts haben in der Studie        besondere in den kommenden fünf Jahren
tiger Sicht möglichen Strategien gebün-   „CO2-neutral bis 2035: Eckpunkte eines         – und damit vor allem in der nächsten
delt werden. Notwendig dafür ist vor       deutschen Beitrags zur Einhaltung              Legislaturperiode – dramatisch abnehmen“,
allem ein Vorziehen und Intensivieren      der 1,5-Grad-Grenze“ untersucht, welche        mahnte Prof. Dr.-Ing. Manfred Fische-
von Maßnahmen, die in vielen Studien       Transformationsschritte und -geschwin-         dick, wissenschaftlicher Geschäftsführer
als notwendig beschrieben werden,          digkeiten notwendig sind, um dieses Ziel       des Wuppertal Instituts.
um Treibhausgasneutralität bis 2050        zu erreichen. Ergebnis der Studie: Ein        „Ein fairer Beitrag zur Einhaltung der
zu erreichen.                              klimaneutrales Energiesystem bis 2035         1,5-Grad-Grenze kann nur noch geleistet
In ihrer Studie untersuchten die For-      ist zwar sehr ambitioniert, aber grund-        werden, wenn die kommende Bundes­
schenden des Wuppertal Instituts auf der sätzlich machbar, sofern alle aus heu­           regierung die Transformation des Energie­
 Basis bestehender Energieszenarien und    tiger Sicht möglichen Strategien gebün-        systems als Kernthema angeht und ihre
weitergehender Überlegungen, wie sich      delt werden.                                   Politik konsequent auf das Ziel eines klima­
CO2-Neutralität besonders in den Sekto-    Das im vergangenen Jahr beschlossene           neutralen Energiesystems bis 2035 aus­
ren Energiewirtschaft, Industrie, Verkehr Klimaschutzgesetz der Bundesregierung           richtet. Ohne schnelle CO2-Emissions-
und Gebäude bereits bis 2035 umsetzen      sieht vor, dass Deutschland bis 2050           einsparungen und eine Priorisierung von
ließe. Die skizzierten Szenarien zur Zie-  treibhausgasneutral wird. Dies ist aller-      Klimaschutz in allen Politikbereichen
lerreichung bis 2035 erfordern in          dings nicht vereinbar mit einer Begren-        dürfte das nicht zu schaffen sein“, betonte
allen Sektoren die parallele Umsetzung     zung der Erderwärmung auf 1,5 Grad             Dr. Sascha Samadi, Mitautor der Studie
vielfältiger Maßnahmen. Sie stellen        Celsius. Der Sachverständigenrat für           und wissenschaftlicher Mitarbeiter in
jeweils für sich stehend schon große Her- Umweltfragen (SRU) geht davon aus,              der Abteilung Zukünftige Energie- und
ausforderungen dar und erfordern bei-      dass in Deutschland CO2-Neutralität            Industriesysteme am Wuppertal Institut.
spiellose politische Anstrengungen. Auch schon bis etwa 2035 erreicht werden              > mehr
Unternehmen müssen bereit sein und die     muss, wenn ein angemessener Beitrag
Möglichkeit haben, den Transformations­ zum globalen 1,5-Grad-Ziel geleistet
 prozess mitzugestalten – ohne die glo­    werden soll. Die über CO2 hinausgehen-
 bale Wettbewerbsfähigkeit einzubüßen.     den Treibhausgasemissionen müssen
Um einen angemessenen Beitrag für das      danach ebenfalls sehr schnell sinken. Der
 Erreichen der 1,5-Grad-Grenze leisten zu SRU legt dabei zugrunde, dass die Pro-
                                           Kopf-Emissionen weltweit gleich verteilt
                                           werden und Deutschland keinen über-
                                           proportionalen Anteil beanspruchen
                                           darf. Doch wie lässt sich dieses Ziel noch
                                           rechtzeitig erreichen? Hierzu gibt die
                                           Studie Diskussionsimpulse.

                                                                                    Wuppertal Institut – Quartal 4 | 2020 9
Forschung und Aktivitäten Oktober bis Dezember 2020 - Wuppertal Institut
Klimapolitik gewinnt bei
deutschen Unternehmen an
Bedeutung
––––––––                                                      EUROPA 2020
                                                              DIE SICHT
                                                              DEUTSCHER
                                                              UNTERNEHMEN
 Nach Ansicht deutscher Unternehmen ge-                       Repräsentative Studie
                                                              durchgeführt von forsa

 hört die Bewältigung der Corona-Pande-                       Oktober 2020

 mie derzeit zu den größten Herausforde-
 rungen für die Europäische Union (EU).
 Gegenüber den Vorjahren hat die Bedeu-
 tung der Klimapolitik deutlich zugenom-
 men. Nach Einschätzung der befragten
                                                  Cover der Studie „Europa 2020 –
 Unternehmen wird der Wirtschaftsstand-
                                                  Die Sicht Deutscher Unternehmen“
 ort Deutschland von einer ambitionierten
 Klimapolitik profitieren: 50 Prozent der
 Befragten sehen eher Vorteile für die deut-
 sche Wirtschaft – nur 27 Prozent befürch-
 ten vorwiegend Nachteile. Von denjenigen,      Energiearmut im privaten
 die eher von Vorteilen für Deutschland         Mietsektor bekämpfen
 ausgehen, rechnen die meisten (75 Pro-
 zent) damit, dass sich die Exportchancen       ––––––––
 für die deutsche Wirtschaft auf längere
 Sicht verbessern werden.                       Rund 50 Millionen Haushalte in der Eu-     Horizont 2020 finanzierten Projektes ist
 Das sind Ergebnisse der jetzt erschienenen     ropäischen Union leben schätzungsweise     es, die Bedürfnisse von Mieterinnen und
 repräsentativen Umfrage „Europa 2020           in Energiearmut oder sind davon gefähr-    Mieter sowie von Vermieterinnen und
– Die Sicht deutscher Unternehmen“ im           det und können sich die Energie nicht      Vermietern zu identifizieren und gezielt
 Auftrag der Prüfungs- und Beratungsge-         leisten, die sie für eine angemessene      auf diese einzugehen. In diesem Zusam-
 sellschaft EY, der Deutschen Gesellschaft      Beheizung oder Kühlung ihrer Häuser        menhang untersuchen die Forschenden
 für Auswärtige Politik (DGAP) und des          benötigen. Dies ist auf eine Reihe von     mit Blick auf gute Praxisbeispiele und
 Wuppertal Instituts, die das Meinungsfor-      Faktoren zurückzuführen, wie etwa hohe     unter Berücksichtigung der jeweiligen
 schungsinstitut forsa zwischen dem 30. Juli    Energiekosten, niedrige Haushaltsein-      Rahmenbedingungen, wie Energiearmut
 und 3. September 2020 unter Führungs-          kommen und energieineffiziente Gebäu-      im privaten Mietsektor effektiv bekämpft
 kräften deutscher Unternehmen durch­           de. Dies kann schwerwiegende Auswir-       werden kann. Dabei werden zehn Poli­
 ge­­führt hat. Befragt wurden 400 Unter­       kungen auf Gesundheit und Wohlbefin-       tikansätze in sieben Mitgliedstaaten unter
 nehmen mit mindestens 250 Mitarbei-            den haben. Das Thema Energiearmut ist      enger Einbeziehung der Zielgruppen
 tenden.                                        innerhalb des Europäischen Green Deal      sowie weiterer Interessensvertreterinnen
 Die Auswirkungen der bevorstehenden            und des Clean Energy Package als vor-      weiterentwickelt und umgesetzt. Dieser
 Umbaumaßnahmen auf das eigene Unter-           rangiges Problem anerkannt. Daher will     Prozess startete im ersten Quartal 2021,
 nehmen werden zum Teil durchaus auch           die Europäische Union unter anderem        die Umsetzung ist im Sommer 2021
 skeptisch gesehen: 23 Prozent rechnen          bessere Daten zu Raumkühlung und           geplant.
 eher mit Nachteilen für das eigene Ge-         sommerlicher Überhitzung, der Rolle von    Von den Ergebnissen leiten die Forschen-
 schäft, 37 Prozent aber mit Vorteilen – die    Geschlecht, Wohnverhältnissen und re­      den Leitlinien für andere Länder ab.
 übrigen Unternehmen sind unentschlos-          gionalen Unterschieden bei der Messung     Geplant ist außerdem ein Dashboard für
 sen. Rund 82 Prozent der Unternehmen           der Energiearmut und Politikansätzen       Energiearmut zu entwickeln, das zum
 begrüßen den Plan, mehr Geld für den Kli-      sammeln, um bewährte Praktiken auf         digitalen Wissensaustausch innerhalb
 maschutz zu investieren und halten die         lokaler Ebene zu bewerten.                 und zwischen verschiedenen nationalen
 Ausrichtung nationaler und europäischer        Um dieses Ziel zu unterstützen, unter­     Kontexten dienen soll und Statistiken zur
 Recovery-Programme hin zu mehr Inves­          suchen Forschende im Rahmen des im         räumlichen Verteilung von Energiearmut
 titionen in den Klimaschutz für richtig. Nur   September 2020 gestarteten Projekts        im privaten Mietsektor bereitstellt.
 46 Prozent halten das Ziel der EU-Kommis-      ENPOR, wie sich Energiearmut im privaten   Das Projekt ENPOR wird durch das For-
 sion, bis 2050 treibhausgasneutral zu          Mietsektor reduzieren lässt. Ziel des im   schungs- und Innovationsprogramm
 werden, für realistisch. Daher müsse hier      Rahmen des EU-Forschungsprogramms          Horizont 2020 der Europäischen Union
 offensichtlich noch einiges an Überzeu-                                                   bis August 2023 finanziert (Grant Agree-
 gungsarbeit geleistet werden, am besten                                                   ment Nr. 894189). > mehr
 durch positive Beispiele, die nicht zuletzt
 vermehrt auch von den Unternehmen
 selbst kommen sollten. > mehr

10 Wuppertal Institut – Quartal 4 | 2020
Tagungen
  Forschungstransfer

Podcast Zukunftswissen.fm:                     Der Wald und der Sturm:
Jetzt handeln für den                          Ausstellung am Wuppertal Institut
Klimaschutz
                                               Mit dem Buch „Die Große Transformation – Eine Einführung
––––––––                                       in die Kunst gesellschaftlichen Wandels“ führten Prof. Dr.
                                               Uwe Schneidewind, zu dieser Zeit Präsident des Wuppertal
Zukunftswissen.fm, der Podcast des Wup-        Instituts, und sein Team im August 2018 den Begriff „Zu-
pertal Instituts, ging im Frühjahr 2020        kunftskunst“ ein. Er ist ein Plädoyer für eine neue Haltung
mit der ersten Folge an den Start. Die erste   und Perspektive in der Diskussion über den Klimawandel und
Episode „Klimaschutz, jetzt!“ der zweiten      globale Umweltveränderungen. Seitdem wird das Foyer des
Podcast-Staffel „Die Transformations­          Wuppertal Instituts regelmäßig zum öffentlichen Raum und
arenen des Klimaschutzes“ beleuchtet,          bietet mit wechselnden Ausstellungen die Möglichkeit der
warum der Klimaschutz so wichtig und           Begegnung und des Austausches zwischen Kunst, Kultur,
notwendig ist.                                 Wissenschaft und Gesellschaft.
Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick, wissen-     Die Ausstellung „Der Wald und der Sturm“ war vom 6. Okto-
schaftlicher Geschäftsführer des Wupper-       ber bis 6. November 2020 am Wuppertal Institut zu sehen.
tal Instituts, beantwortet darin hoch­         In dem Gemeinschaftsprojekt „Der Wald und der Sturm“ –
aktuelle Fragen, wie etwa: Was hat es mit      initiiert von der Künstlerin Christine Burlon – setzten sich
den „Transformationsarenen des Klima-          zehn Künstlerinnen und Künstler mit den Folgen von Stürmen
schutzes“ auf sich? Warum muss vor al-         in Wäldern und ihrer eigenen Beziehung zum Wald auseinan-
lem im Verkehrsbereich noch viel für den       der. Heftige Stürme, zunehmende Trockenheit, anfälligere
Klimaschutz getan werden? Und warum            Bäume gegen Schädlinge: All das verändert die Wälder auf
ist die gesellschaftliche Akzeptanz und        erschreckende Weise. Die sinnlich, ästhetische Darstellung
Sozialverträglichkeit für die Umsetzung        dieser Problematik macht auf subtile Weise die Dramatik der
von Klimaschutzmaß­nahmen so wichtig?          Entwicklungen sichtbar. Zugleich geben die künstlerischen
Außerdem erklärt der Wissenschaftler,          Arbeiten Hinweis darauf, dass nach der Zerstörung auch Neu-
wieso er optimistisch in die Zukunft blickt    es entsteht, das die veränderten Bedingungen nutzt. Gezeigt
und weshalb die internationale Dynamik         werden Malereien, Fotografien, Objekte und Installationen
für den Klimaschutz eine so große Rolle        von Markus Bollen, Andrea Bryan, Christine Burlon, Christian
spielt. In der laufenden Podcast-Staffel       von Grumbkow, Veronika Moos, Isabel Oestreich, Beatrix Rey,
kommen Forschende des Wuppertal Insti-         Margret Schopka, Eva Wal und Katja Wickert. Die Ausstellung
tuts mit Expertinnen und Experten aus          war bis zum 6. November 2020 im Foyer des Wuppertal
Wissenschaft, Politik, Gesellschaft und        Instituts sowie auf einigen Außenflächen zu sehen. > mehr
Wirtschaft ins Gespräch und gehen auf die
anstehenden Transformationsherausfor-
derungen innerhalb der sieben Arenen
des Wandels ein, die den Klimaschutz
beeinflussen.
Die zweite Podcast-Staffel „Transformati-
onsarenen des Klimaschutzes“ ist kosten-
frei auf Apple und Google Podcasts, Spo-
tify, Podcast.de sowie über die Website
des Wuppertal Instituts zu hören. Es wird
spannend! Reinhören und informiert blei-
ben: #ZukunftswissenFM > mehr

                                                                Wuppertal Institut – Quartal 4 | 2020 11
Future Energies Science
Match 2020
––––––––
Das Land Schleswig-Holstein sowie der
Verlag Der Tagesspiegel veranstalteten
am 1. Dezember 2020 zum vierten Mal
in Folge das Future Energies Science
Match als „Digital Edition“. Das Wupper-
tal Institut unterstützte als Netzwerk-
partner den Energieforschjungsgipfel.
Neben virtuellen Panels, Impulsen und                                                                          Quelle: GettyImages
Start-up-Pitches, gaben rund 50 dreimi­
nütige Beiträge aus Wissenschaft und
Wirtschaft einen umfangreichen und
kompakten Einblick in die aktuellen For-      It’s the End of the COP
schungsergebnisse und Projekte aus der        as We Know It!
Praxis der Energiewende. In diesem Jahr
stehen die Themen „Heilsbringer Wasser-       ––––––––
stoff?“, „Ohne Digitalisierung keine Ener-
giewende?“ und „Infrastruktur – leichter      Mit der Verabschiedung des Pariser Kli-     Klimapolitik am Wuppertal Institut, so-
gesagt als getan?“ im Fokus der Sessions.     maschutzabkommens im Jahr 2015 und          wie Steffen Bauer und Sander Chan vom
Mit Prof. Dr. Claudia Kemfert vom Deut-       der anschließenden Fertigstellung des       DIE, ihre Reflexion der Workshop-Ergeb-
schen Institut für Wirtschaftsforschung       dazugehörigen Regelwerks während der        nisse vor. Während der viertägigen inten-
e. V. (DIW), Kerstin Andreae vom              24. Klimakonferenz (Conference of the       siven Diskussionen über die Zukunft der
Bundesverband der Energie- und Wasser-        Parties, COP24) in Katowice, hat die Ver-   COP herrschte unter den Teilnehmenden
wirtschaft (bdew), Tim Meyerjürgens           tragsstaatenkonferenz der Klimarahmen-      große Einigkeit darüber, dass Reformbe-
von TenneT sowie Prof. Dr.-Ing. Manfred       konvention der Vereinten Nationen (Uni-     darf und Chancen bestehen, um Refor-
Fischedick, wissenschaftlicher Geschäfts-     ted Nations Framework Convention on         men voranzutreiben. Insgesamt zeigten
führer des Wuppertal Instituts, konnten       Climate Change, UNFCCC) den Prozess         die Diskussionen, dass es bei der Reform
einige hochkarätige Vortragende gewon-        der Regimebildung weitgehend abge-          der COPs nicht nur um die „Architektur“
nen werden. Professor Fischedick gab          schlossen. Der Abschluss des Regimebil-     der globalen Umweltpolitik und des
eine aktuelle Einordnung zur europäischen     dungsprozesses als wichtiger Impuls für     Regimedesigns geht. Es geht auch um
und nationalen Klimapolitik – vom Euro-       die multilaterale Klimapolitik steht un-    die so­genannte „agency“ – also um die
pean Green Deal bis zum deutschen             mittelbar bevor und eröffnet ein neues      Art und Weise, wie die Akteure sich ent-
Klimaschutzgesetz und den Corona-Kon-         Kapitel für die UNFCCC und die Organi-      schließen, die tief strukturierten und
junkturprogrammen. Dr. Anna Leipprand,        sation ihrer jährlich stattfindenden COP.   oft unbe­absichtigten sowie unerwünsch-
wissenschaftliche Mitarbeiterin im For-       Der Schwerpunkt verlagert sich jetzt von    ten Gewohnheiten zu überwinden, die
schungsbereich Strukturwandel und             den Verhandlungen auf die Umsetzung.        die COP, so wie wir sie kennen, bisher
Innovation in der Abteilung Zukünftige        Vor diesem Hintergrund veranstalteten       geprägt haben. > mehr
Energie- und Industriesysteme am Wup-         das Wuppertal Institut und das Deutsche
pertal Institut, sprach in ihrem dreiminü-    Institut für Entwicklungspolitik (DIE)
tigen Pitch über „Wasserstoff für eine kli-   eine Online-Diskussionsreihe zur Zukunft
maneutrale Industrie – die Herausforde-       der UN-Klimakonferenzen. Ziel der Ver-
rungen für die Politik“. > mehr               anstaltungsreihe war es zu erörtern, wie
                                              die jährliche Klimakonferenz gestaltet
                                              werden kann, um das Potenzial dieses
                                              politischen Großevents bestmöglich zu
                                              nutzen. Im Oktober 2020 stellten Lukas
                                              Hermwille und Wolfgang Obergassel aus
                                              dem Forschungsbereich Internationale

12 Wuppertal Institut – Quartal 4 | 2020
In der „Zukunftsküche“ begegnen
                                               sich Kunst und Wissenschaft
                                                Kunstschaffende und Forschende gestalten gemeinsam: Über
Systemwandel und                                den kürzlich noch leerstehenden gastronomischen Räumen
Krisenbewältigung                               seitlich vom Haupteingang des Wuppertal Instituts ist „Zu-
                                                kunftsküche – gemeinsam erkunden, betrachten, gestalten“
––––––––                                        zu lesen. Der Schriftzug ist ein Hinweis auf vielseitige kreative
                                                Dialoge zwischen Kunst und Wissenschaft, die hier seit eini-
Die Ausgabe des FactorY-Magazins mit            gen Monaten geschehen. In der „Zukunftsküche“ loten Kunst
dem Titel „Change“ widmet sich dem              und Wissenschaft Synergien und zu gestaltende Freiräume
Wandel, der Transformation und der Kri-         aus. Im winterlichen, zweiten Lockdown sind die Türen
se. Angesichts der weltweiten multiplen         geschlossen, aber die Räume sind nun von innen beleuchtet
Krisen durch Klimawandel, Artenverlust          und auch von außen sichtbar.
und Corona-Pandemie ist schnelles und           Eine Inspirationsquelle der „Zukunftsküche“ war das Buch
konsequentes Handeln mehr denn je              „Die Große Transformation – Eine Einführung in die Kunst
gefordert. Kurzfristig können mit den in        gesellschaftlichen Wandels“ aus Sommer 2018, mit dem das
vielen Ländern aufgelegten Konjunktur-          Wuppertal Institut den Begriff „Zukunftskunst“ einführte.
paketen wichtige Stellschrauben für die         Neben Teilnehmenden der „Sommerakademie für eine klima­
Zukunft gestellt werden. Doch wie diese         gerechte Kulturpolitik“ der Kulturpolitischen Gesellschaft,
Krisenbewältigung zum Erfolg führen             die im September in Wuppertal stattfand, sowie weiteren
kann und wie ein grundsätzlicher                Interessierten, war auch der Internationale Wissenschaftliche
Wandel gelingen könnte, will die neue           Beirat (IAB), der die jährliche Forschungsplanung des Wup-
FactorY-Ausgabe klären.                         pertal Instituts evaluiert, zu Gast in den Räumen, in denen
Im Beitrag „Diese Krise ist die beste letzte    gemeinsam Ideen und Zeichen entstehen. > mehr
Chance“ geht Prof. Dr.-Ing. Manfred Fi-
schedick, wissenschaftlicher Geschäftsfüh-
rer des Wuppertal Instituts, darauf ein,
wie ökologische Bedingungen an die staat­
lichen Hilfen zur Bewältigung der Krise
durch die Corona-Pandemie geknüpft
werden müssen, damit sich die Wirtschaft
wirklich nachhaltig wandelt und es zu
einem echten „System Change“ kommt.
Herausgeber der FactorY sind die Effizi-
enz-Agentur NRW und das Wuppertal
Institut. > mehr

                                               Die „Zukunftsküche“ nahm im September 2020 ihre Arbeit in verwaisten
Cover der FactorY “Change”
                                               Gastronomieräumen neben dem Wuppertal Institut am Döppersberg auf.
                                               Uta Atzpodien und Daniel Hoernemann arrangierten von außen sichtbare
                                               Lichtspiele, die aus dem Treffen von Wissenschaft und Kunst entstanden.
                                               Quelle: Uta Atzpodien

                                                                      Wuppertal Institut – Quartal 4 | 2020 13
Herausforderungen und                                                                     Industrielle Zukunft
Lösungen in der                                                                           und der European
Internationalen Klimapolitik                                                              Green Deal
––––––––                                                                                  ––––––––
Die Johannes-Rau-Forschungsgemein-            von Industrie und Klimapolitik ist erfor-    Während des digitales Symposiums
schaft hat gemeinsam mit der Nordrhein-       derlich zur Umsetzung des europäischen      „Industrielle Zukunft und der European
Westfälischen Akademie der Wissen-            Green Deal? Welche Rolle spielt die          Green Deal“ anlässlich der deutschen
schaften und der Künste (AWK) und dem         Kreislaufwirtschaft in diesem Kontext?       EU-Ratspräsidentschaft am 18. Novem-
Wuppertal Institut am 27. Oktober 2020        Die Veranstaltung war ein Geschenk der       ber 2020 diskutieren die Teilnehmenden
eingeladen, um aktuelle Herausforde-          JRF anlässlich des 50. Jubiläums der         über die Chancen und Herausforderun-
rungen und Lösungen in der europäi-           Nordrhein-Westfälischen Akademie der         gen des Strukturwandels für die Wirt-
schen und internationalen Klimapolitik        Wissenschaften und der Künste an die         schaft, Forschung und den Arbeitsmarkt.
zu diskutieren. In vier Impulsvorträgen       Akademie. Aufgrund der Corona-Situa­         Dabei standen folgende Fragen im Fokus:
und einer anschließenden Podiumsdis-          tion fand die Veranstaltung ohne externe     Wurden während der deutschen Ratsprä-
kussion ging es um Fragen wie: Welche         Gäste statt und wurde live via YouTube       sidentschaft erfolgreiche Anstöße gege-
Rolle spielt die EU in der internationalen    und Twitter ins Internet übertragen.         ben und konnten Maßnahmen umgesetzt
Klimapolitik? Welches Zusammenspiel           > mehr                                       werden, um die zukunftsgerichtete EU-
                                                                                           Strukturpolitik zu fördern und die Wett-
                                                                                           bewerbsfähigkeit und Krisenresilienz der
                                                                                           europäischen Regionen zu stärken?
                                                                                           Wo besteht dringender Handlungsbe-
                                                                                           darf? Was ist von der zweiten Hälfte der
                                                                                           deutschen EU-Ratspräsidentschaft zu
                                                                                           erwarten? Auf dem Panel diskutierten
                                                                                           Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident und Ge-
                                                                                           schäftsführer der Wirtschaftsvereinigung
                                                                                           Stahl, Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick,
                                                                                           wissenschaftlicher Geschäftsführer
                                                                                           des Wuppertal Instituts, und Anja Weber,
                                                                                           Vorsitzende des Deutschen Gewerk-
                                                                                           schaftsbunds Nordrhein-Westfalen.
                                                                                           > mehr

Podiumsdiskussion anlässlich des 50. Jubiläums der Nordrhein-Westfälischen
Akademie der Wissenschaften und der Künste (von links): Dr. Henning Wilts
(Wuppertal Institut), Prof. Dr. Stefan Lechtenböhmer (Wuppertal Institut) und
Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick (Wuppertal Institut) und Prof. Dr. Thomas Gries
(RWTH Aachen). Quelle: JRF e. V.

14 Wuppertal Institut – Quartal 4 | 2020
Forschungs
                                                                                       -produkte

WechselWirkung                               Konjunktur- und
Konsum und                                   Förderprogramme nachhaltig
Kreislaufwirtschaft                          einsetzen
––––––––                                     ––––––––
Warum konsumieren wir? Welche Aus-           Seit der Corona-Pandemie sind viele               keitsperformance wirtschaftlicher Akti­
wirkungen hat unser Konsum auf unsere        Unternehmen gezwungen, ihre                       vitäten definieren. Auf diese Weise lässt
Umwelt? Und kann Kreislaufwirtschaft         Geschäftsmodelle zu verändern und                 sich filtern, ob ein wirtschaftliches Vor-
eine Antwort auf den stetig wachsenden       Staaten geben kurzfristig sehr viel Geld          haben zukunftsfähig ist. Hierbei unter-
Ressourcenverbrauch sein? Mit diesen         aus, um die Wirtschaft zu stützen.                stützt der „Entscheidungsbaum“ des Leit-
Fragen beschäftigte sich das Online-         Jedoch sind Förderprogramme und Ver-              fadens die Anwendung der EU-Taxono-
Seminar „WechselWirkung Konsum und           gabeverfahren öffentlicher Gelder bis-            mie als Regelwerk.
Kreislaufwirtschaft“, welches am 7. Okto-    lang nicht klimafreundlich genug. Damit          „Mithilfe der Taxonomie und unseres hier-
ber 2020 stattfand. Das Seminar hat das      die notwendige Transformation nachhal-            archisierten Verfahrens lässt sich schon
Wuppertal Institut in Kooperation mit        tiger und schneller umgesetzt werden              heute eine Vielzahl unterschiedlichster
dem Netzwerk Weitblick und dem Sustai-       kann, brauchen Investitionen und För-             Aktivitäten nachhaltig steuern. Im Kern
nable Development Solutions Network          dermittel eine klare Ausrichtung und              geht es darum, die Beantragung öffentlicher
(SDSN) Germany organisiert.                  sollten als tatkräftiger Impulsgeber wir-         Mittel für nachhaltige Wirtschafsaktivitä-
Neben Vorträgen zu Themen wie „Shop-         ken. Doch wie gelingt dies in der Praxis?         ten, aber auch ihre Prüfung und Lenkung,
pen – Selbstverwirklichung oder Ur-          Dafür entwickelten der WWF Deutsch-               zu erleichtern“, sagt Prof. Dr.-Ing. Man-
trieb?“, „Was wir essen (wollen) – Land-     land und das Wuppertal Institut den               fred Fischedick, wissenschaftlicher Ge-
wirtschaft & Ernährung“ und „Konsum,         vierstufigen Leitfaden „Nachhaltigkeits-          schäftsführer des Wuppertal Instituts. So
die Schönheit und wir – Transition De-       filter für öffentliche Mittel“.                   könne die öffentliche Hand einerseits in
sign Guide“ gab es vertiefende Work-         Der Leitfaden dient als Grundlage für             konkrete Projekte, wie die Produktion
shops zu den Themen „Rückstandsfrei          die zielorientiertere Vergabe von Mitteln         von Elektrofahrzeugen, investieren, an-
konsumieren“ und „Aus Dreck mach             und deren praktische Umsetzung. Er                dererseits allgemein die klimaneutrale
Gold – Die Kreislaufwirtschaft“. Zu den      baut auf der von der Europäischen Union           Transformation der gesamten Wirtschaft
Vortragenden gehörten unter anderem          entwickelten „Taxonomie“ für nachhal­             vorantreiben.
Dr. Henning Wilts, Abteilungsleiter Kreis-   tige Investitionen auf. Darin enthalten           Der WWF Deutschland und das Wupper-
laufwirtschaft am Wuppertal Institut,        sind Grenzwerte, welche die Nachhaltig-           tal Institut illustrierten den „Nachhaltig-
und Katrin Bienge, Co-Leiterin des For-                                                        keitsfilter für öffentliche Mittel“ anhand
schungsbereichs Produkt- und Konsum-                                                           von drei Fallbeispielen: Investitionen
systeme am Wuppertal Institut.                                                                 durch nachhaltigkeitsrelevante Unter-
Hintergrund der Veranstaltung war die                                                          nehmen, Flottenaustausch für das Hand-
Überarbeitung und Aktualisierung der                                                           werk sowie Bonusprogramme für Zu-
Nachhaltigkeitsstrategie des Landes                                                            kunftsinvestitionen der Fahrzeugherstel-
Nordrhein-Westfalen, zu dem das Minis-                                                         ler und Zulieferindustrie. Der Leitfaden
terium für Umwelt, Landwirtschaft,
                                               NACHHALTIGKEITSFILTER                           folgt vier aufeinander aufbauenden Stu-
                                                                                               fen. Fällt eine geplante Förderung durch
Natur- und Verbraucherschutz des Lan-
                                               FÜR ÖFFENTLICHE MITTEL
des NRW einen Überblick zum Status             Leitfaden zur Anwendung der EU-Taxonomie        alle vier Prüfschritte, sollte sie nicht
quo gegeben hat. Der Workshop war Teil                                                         erfolgen. Das Modell lässt sich für unter-
des Forschungsmoduls B1 „Wechselwir-                                                           schiedlichste Kapitalvergabeentschei-
kungen des Ziel- und Indikatorensys-                                                           dungen, Förderprogramme und
tems“ des Projekts „Umsetzungserfah-                                                           Konjunkturmaßnahmen anwenden.
rungen mit Landesnachhaltigkeitsstrate-                                                        > mehr
gien – Fallstudie Nachhaltigkeitsstrategie
NRW“ des Wuppertal Instituts, welches
vom Ministerium für Umwelt, Landwirt-
schaft, Natur- und Verbraucherschutz
                                             Cover des Leitfadens „Nachhaltigkeits­
des Landes Nordrhein-Westfalen geför-        filter für Öffentliche Mittel – Leitfaden zur
dert wird. > mehr                            Anwendung der EU-Taxonomie“

                                                                                          Wuppertal Institut – Quartal 4 | 2020 15
Sie können auch lesen