Für das Image der Denkmalpflege - Kampagnen von Architekturstudierenden
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Für das Image der Denkmalpflege Kampagnen von Architekturstudierenden Neben den klassischen Printmedien werden denkmalpflegerische Debatten zunehmend auch in niederschwelligen, aber schnelllebi- gen sozialen Medien geführt. Es stellt sich die Frage, welche Themen wie und durch Akteure aus welchen Disziplinen (Journa- listen, Wissenschaftlerinnen, Planer, Archi- tektinnen und Politiker) gesetzt bzw. besetzt werden. Besonders interessant scheint in diesem Kontext auch, wie verschiedene In- stitutionen der Denkmalpflege selbst nach aussen (aber auch unter- und miteinander) kommunizieren. Résumé L’Arbeitskreis Theorie und Lehre der Denk- Wer setzt die Themen? malpflege (AKTLD) (Cercle d’études Théo- Und wie kommunizieren rie et enseignement de la conservation du patrimoine) consacrera son congrès annuel, die Institutionen der qui aura lieu à l’EPF de Zurich du 30 sep- Denkmalpflege? tembre au 2 octobre 2021, aux défis actuels que la conservation du patrimoine doit rele- Als Leiter der Fachstelle für Denkmal- ver à la lumière des débats sur la protection pflege der SBB wird Reto Bieli in dieser du climat et sur l’utilisation efficace des Sektion «Qualitätssichernde Verfahren als ressources dans le parc immobilier actuel. Kommunikationsbasis öffentlicher Inter- L’accent sera mis sur la divergence des essen» diskutieren und Regine Hess zeigt perceptions entre les milieux de la conser- unter dem Titel «Kommunikation, Inszenie- vation du patrimoine et l’extérieur. Parce rung und Diskurs», wie Ausstellungen denk- qu’elle semble tournée exclusivement vers malpflegerische Themen fördern können. la préservation de l’existant, la conserva- Die Beiträge von Patrick Cassitti und Marta tion du patrimoine souffre d’un préjugé Caroselli zur «Ökologie des Denkmals» so- selon lequel elle entraverait et empêcherait wie von Franziska Klemmstein zum Thema le progrès. «Diversität und Denkmalpflege» runden das La discussion portera sur la question Programm ab. de savoir si la terminologie actuelle, par exemple l’utilisation de termes tels que « culture du bâti » ou « patrimoine bâti », Informationen zur Anmeldung und zum Programm implique une nouvelle approche de la finden Sie online: conservation ou si elle n’est qu’une simple www.langenberg.arch.ethz.ch cosmétique conceptuelle. Fiktive Plakatkampagne: Toblerone trifft auf Justus Dahindens Ferrohaus von 1970. © Milena Bovet, Leonie Fest, Ansgar Kellner, Anna Ludwig und Ansgar Stadler 20 NIKE-Bulletin 3 | 2021 NIKE-Bulletin 3 | 2021 21
Kampagne «Schauspielhaus Eine Landingpage vermittelt Pfauen – Mehr als nur Fassade»: die historische Bedeutung Plakate mit einem QR-Code des Pfauensaals des Schau- führen auf eine Internetseite. spielhauses Zürich. Schauspielhaus Pfauen – Mehr als © Nicole Alder, Vanessa Magloire, © Nicole Alder, Vanessa Magloire, Eleni nur Fassade Eleni Soufis, Anton von Holst Soufis, Anton von Holst Eine Kampagne von Nicole Alder, Vanessa Magloire, Eleni Soufis und Anton Von Holst Von Dr. Jasmin Schäfer, Reto Wasser und Prof. Dr. Silke Langenberg, Institut für Denkmalpflege und Gemäss dem Entscheid des Zürcher Stadtra- u Bauforschung, ETH Zürich, langenberg@arch.ethz.ch tes soll das denkmalgeschützte Schauspiel- haus Pfauen entkernt werden, was den Ver- lust des historischen Saals bedeuten würde. nter dem Titel «uncool & unge- liche Wahrnehmung der denkmalpflegeri- transportiert, erhielten die Studierenden Die Studierenden haben sich in diesem liebt» wurde im Frühlingssemes- schen Institutionen und weiterer Akteure Unterstützung aus der Werbebranche. Jo- Zusammenhang mit einer gesamtheitlichen ter 2021 am Lehrstuhl für Konst- zu analysieren, andererseits auch ihre ei- hannes Raggio (Copywriter/Creative Direc- Betrachtung des Baudenkmals beschäftigt. ruktionserbe und Denkmalpflege der ETH gene Wahrnehmung zu hinterfragen. Zen- tor) und Anna Maierski (Brand and Creative Ziel ihrer Kampagne ist die Stärkung des Zürich mit den Studierenden über das Image tral waren Überlegungen, wie bestimmte Strategy) gaben ihnen nicht nur Inputs zu allgemeinen Bewusstseins zu den äusse- Architekturstudierende der ETH Zürich setzten sich der Denkmalpflege diskutiert, um den künf- Assoziationen hervorgerufen werden und Briefing und Ideenentwicklung, sondern ren und den inneren Werten eines Objekts. mit der öffentlichen Wahrnehmung und ihrer eigenen tigen Architektinnen und Architekten die wie diese gezielt genutzt werden können. standen den einzelnen Projekten mit ihrer Entsprechend den Leitsätzen zur Denkmal- Relevanz des Fachgebiets aufzuzeigen und Aus den verschiedenen Argumentationsan- Expertise auch über das Semester hinweg pflege in der Schweiz plädieren sie in einem Sichtweise auf die Denkmalpflege auseinander – sie für einen verantwortungsvollen Umgang sätzen entwickelten die Studierenden dann beratend zur Seite. Die Abschlusspräsenta- ersten Plakatentwurf dafür, dass das Innere als Vorbereitung auf die Tagung des Arbeitskreises mit historischen Bauten zu sensibilisieren. unterschiedlichste Konzepte, mit denen die tionen erfolgten vor einer Jury, bestehend eines Objekts als gleichermassen wertvoll Theorie und Lehre der Denkmalpflege. Ziel des Der Fokus lag bewusst nicht nur auf bereits Wahrnehmung der Denkmalpflege gestärkt aus Mireille Blatter (Leiterin Bauberatung erachtet wird wie seine Hülle – oder sogar geschützten Objekten, sondern auch auf und ihr dadurch zu mehr Akzeptanz in der Denkmalpflege, Amt für Städtebau Zürich), als wertvoller. Wahlfachs der Professur Langenberg waren fiktive gesellschaftlich weniger anerkannten und Gesellschaft verholfen werden kann. Jan Capol (Leiter Inventarisation, Kanto- Zur Vermittlung der historischen Bedeu- Werbekampagnen. Diese sollen die öffentliche dadurch besonders gefährdeten Beständen. In Gruppen erarbeiteten die Studieren- nale Denkmalpflege Zürich), Stefan Kunz tung des Pfauensaals versuchen die Studie- Wahrnehmung der Denkmalpflege stärken und ver- Durch die Vermittlung grundlegender denk- maltheoretischer Positionen sollen die Stu- den die Inhalte der fiktiven Imagekampag- nen. Entscheidend waren insbesondere die (Geschäftsführer Schweizer Heimatschutz), Anne-Catherine Schröter (Wissenschaftli- renden in einem weiteren Schritt eine brei- tere Zielgruppe anzusprechen. Über Plakate schiedene Zielgruppen ansprechen. Die beiden dierenden eine eigene Haltung entwickeln inhaltliche Positionierung und die Ausarbei- che Mitarbeiterin Baukultur, Bundesamt für mit einem QR-Code gelangt man auf eine Werbeexperten Johannes Raggio und Anna Maierski und sich auch bei kontrovers diskutierten tung einer relevanten Botschaft zu aktuellen Kultur) und Stefan Wuelfert (Präsident der Landingpage, die spielerisch über audiovi- Themen positionieren können. Denkmalpflegethemen. Bei der Auswahl ei- Eidgenössischen Kommission für Denkmal- suelle Kanäle historische Inhalte vermittelt sowie Lehrassistent Reto Wasser begleiteten die In einem ersten Schritt waren die Studie- nes geeigneten Kommunikationsmediums, pflege). Die Jury beurteilte die Kampagnen und darüber hinaus die Möglichkeit zur Un- Entwicklung der Kampagnen. renden einerseits aufgefordert, die öffent- das die bildlichen und sprachlichen Inhalte ausgesprochen positiv. terzeichnung einer Petition anbietet. 22 NIKE-Bulletin 3 | 2021 NIKE-Bulletin 3 | 2021 23
WEITERBAUEN STATT ABREISSEN Bezahlbarer Wohnraum Mehr Lebensqualität Weniger CO2 Gemeinnützige Baugenossenschaft Limmattal, Siedlung Mühlezelgstrasse, gbl.ch Architektur der 1960er-, 1970er- und 1980er-Jahre – Weiterbauen statt Abreissen! Eine Kampagne von Gjokë Daka, Noëlle Bächler, Florian Rüegg und Regjina Velaj Die Studierenden haben sich mit der Ver- mittlung der in den 1960er- bis 1980er-Jah- Treffpunkt Denkmal – Sehen wir uns ren entstandenen Architektur auseinander- Die Kampagne «Treffpunkt bei Otto, Gottfried oder Katharina? Kampagne «Architektur gesetzt. Ziel ihrer fiktiven Kampagne ist es, Denkmal – Sehen wir uns bei der 1960er-, 1970er- und Eine Kampagne von Manuel Büchel und auf den Wert dieses grossen Baubestandes Otto, Gottfried oder Katharina?» 1980er-Jahre – Weiter- wirbt mit Stofftasche und Plakat: Ellen Stenzel aufmerksam zu machen und für seinen Er- bauen statt abreissen!»: Katharina-Sulzer-Platz in Plakat im öffentlichen halt durch das Weiterbauen, Erweitern und Winterthur (links), Polyterrasse Der Vorschlag für diese Kampagne beruht Raum. Aufstocken zu werben. Viele Objekte jener und ETH-Hauptgebäude von auf der Erkenntnis, dass soziale Aktivitä- © Gjokë Daka, Noëlle Baechler, Zeit tragen die Qualitäten für eine bauliche Gottfried Semper in Zürich ten im städtischen Raum oft unbewusst im Florian Rüegg, Regjina Velaj Weiterentwicklung bereits konzeptionell (rechts). unmittelbaren Umfeld denkmalgeschützter in sich, weshalb die Studierenden konser- © Manuel Büchel, Ellen Stenzel Bauten stattfinden. So verabreden und tref- vatorische Massnahmen zum Erhalt dieser fen wir uns häufig auf einem Platz, bei ei- Objekte nur in Einzelfällen als adäquat er- nem Brunnen oder vor einem Gebäude mit achten. Mit der Möglichkeit des Weiterbau- schutzwürdigem Hintergrund. ens können die Gebäude den gegenwärtigen Mit ihrer Kampagne versuchen die Studie- Bedürfnissen angepasst und auf lange Sicht renden auf die wichtige Arbeit der Denk- vor dem Abriss gerettet werden. malpflege, beispielsweise als nachhaltige Durch Linienzeichnungen über Be- Stadtentwicklerin, aufmerksam zu machen. standsfotos wird das Potenzial verschiede- Hierzu wird mit Plakaten und Flyern ge- ner Gebäude und ihrer Umgebung aufge- worben. Darüber hinaus haben die Studie- zeigt, um auf einfache, aber wirkungsvolle renden eine Stofftasche mit Aufdruck und Art zu veranschaulichen, wie es zukünftig integriertem Kissen für das komfortable wirken könnte. Mittels Plakaten, Infobro- Verweilen an diesen Orten entworfen. Die schüren und einem Instagram-Account soll Tasche könnte gleichzeitig als Werbemittel für mehr Akzeptanz und Wertschätzung des für Events und Happenings vor Ort einge- jüngeren Baubestands in der Bevölkerung setzt werden. geworben werden. 24 NIKE-Bulletin 3 | 2021 NIKE-Bulletin 3 | 2021 25
KEIN TURM ohne uns! Denn auch künftige Generationen müssen mit der Entscheidung leben Wir entscheiden über unsere Stadt REFERENDUM Jetzt unterschreiben gegen den Beschluss des Grossen Rates des Kantons Basel-Stadt vom 20.08.22 betreffend Ratschlag Bebauungsplan «BAUFELD 2» auf dem Roche-Areal. Bitte senden Sie vollständig oder teilweise ausgefüllte Referendumsbogen Schutz zu stellen, deren Errichtung damals umgehend, spätestens aber bis 20.08.22 zurück! Résumé den Abbruch vieler historischer Bauten ver- Weitere Referendumsbögen und Informationen erhalten Sie unter www.keinturmohneuns.ch Des étudiants en architecture de l’EPF de ursachte. Gegenüberstellungen von wieder- Zurich ont lancé des campagnes publici- kehrenden Modeerscheinungen und schüt- taires fictives pour rendre la conservation Lego Duplo und Auto- zenswerter Architektur bilden das zentrale Kampagne zum Roche-Areal des monuments plus visible pour le public, bahnraststätte Pratteln: in Basel: Vorschlag für ein Thema der Kampagne. Mit den verwende- tout en interrogeant les schémas de pensée Vorschlag für ein Plakat und Unterschriften- Plakatpaar zum Denkmal- ten Motiven wird angedeutet, dass auch Ar- bogen für ein Referendum, habituels. Leur objectif était d’analyser schutzjahr 2025. chitekturstile, die vielleicht momentan nicht damit es zu einer Abstimmung comment la discipline est perçue et de pro- © Milena Bovet, Leonie Fest, geschätzt werden, wieder in Mode kommen kommt. poser un message sur certains des thèmes Ansgar Kellner, Anna Ludwig und © Noah Richner, Béla Dalcher, Ansgar Stadler können. Eine erste These der Kampagne ist, Anouk Fischer, Daniel Kunz qui y sont actuellement débattus. Denkmalschutzjahr 2025 – Moden dass die Objekte nur lange genug überdau- Avec des slogans tels que « Les modes kommen und gehen und kommen ern müssen. Genau hierbei hilft die Denk- arrivent et passent » et « Développer au lieu wieder … malpflege. de démolir », les étudiants entendaient sug- Eine Kampagne von Milena Bovet, Leonie Fest, Ein zweiter Ansatz vergleicht bekannte Roche-Areal Basel – Kein Turm Die Kampagne sieht vor, einen partizipa- gérer que les objets impopulaires peuvent Ansgar Kellner, Anna Ludwig und Ansgar Stadler Produkte auf spielerische Weise mit schüt- ohne uns! tiven Prozess einzuleiten, um die aktive revenir à la mode et être transformés de zenswerter Architektur. Beispielweise die Eine Kampagne von Noah Richner, Béla Dalcher, Teilnahme durch Mitbestimmung seitens manière à répondre aux exigences actuelles. Im Hinblick auf das 50-jährige Jubiläum des emotionale Bindung und Erinnerung an die Anouk Fischer und Daniel Kunz der Stadtbevölkerung zu fördern. Durch ei- La transmission d’informations était un Europäischen Denkmalschutzjahres haben pyramidenförmige «Toblerone»-Schokola- nen zwischenzeitlich erfolgten politischen élément central de ces campagnes. Des die Studierenden eine Kampagne für 2025 de soll die Wahrnehmung und Wertschät- Die Studierenden haben sich für ihre Kam- Entscheid zum Abbruch der denkmalge- comptes Instagram, des dépliants, des bro- konzipiert. Sie hat zum Ziel, die Denkmal- zung für das in diesem Kontext gezeigte pagne mit der aktuellen Debatte um die schützten Bauten entschlossen sich die Stu- chures d’information, des sacs en tissus per- pflege in den aktuellen Diskurs zu bringen Ferrohaus am Zürcher Seeufer (Justus laufende Arealentwicklung mit dem dritten dierenden, ihre Kampagne als Referendum sonnalisés et des QR codes avec du contenu und ihr Ansehen nachhaltig zu verbessern. Dahinden, 1970) anregen. Durch die Ver- Roche-Turm und dem damit bedingten Ab- auszulegen. Hierfür haben sie einerseits ein audiovisuel ont été utilisés pour mettre en Als Inspiration diente die erfolgreiche Kam- wendung verschiedenster Motive soll eine riss hochwertiger und geschützter Bauten Plakat und ein Flugblatt für die Unterschrif- valeur les monuments. Les étudiants ont pagne des Jahres 1975, die sich insbesonde- möglichst breite Zielgruppe angesprochen von Otto Rudolf Salvisberg und Roland tensammlung gestaltet. Andererseits soll élaboré des campagnes visant à souligner re mit dem Wiederaufbau der europäischen werden. Die Kampagne setzt auf unter- Rohn beschäftigt. Zunächst setzten sie sich mit gezielten Aktionen – beispielsweise im l’importance du travail des conservateurs Städte nach dem Zweiten Weltkrieg und der schiedliche Medien: Neben klassischen Pla- mit der Rolle der Denkmalpflege auseinan- Rahmen des Rheinschwimmens – die Stadt- du patrimoine et ils ont découvert des damals herrschenden Abrisswut beschäftig- katen für den Stadtraum sind elektronische der; sie untersuchten auch die Beteiligung bevölkerung für die geplante Arealentwick- moyens de sensibiliser la société à la pré- te. Heute steht die Denkmalpflege vor der Plakate sowie Videos für eine digitale Ver- weiterer Interessensvertreter aus Bevölke- lung und deren Bedeutung für die gesamte servation des bâtiments architecturalement Herausforderung, genau jene Objekte unter breitung vorgesehen. rung, Politik und Wirtschaft. Stadt sensibilisiert werden. importants. 26 NIKE-Bulletin 3 | 2021 NIKE-Bulletin 3 | 2021 27
Sie können auch lesen