Für die Gesundheit tun wir sehr viel. Doch besonders das Mit - einander trägt zur Lebensqualität bei - Lebenshilfe Vorarlberg

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Für die Gesundheit tun wir sehr viel. Doch besonders das Mit - einander trägt zur Lebensqualität bei - Lebenshilfe Vorarlberg
www.lebenshilfe-vorarlberg.at          Zeitschrift der Lebenshilfe Vorarlberg | Ausgabe 2/18

     Für die Gesundheit
     tun wir sehr viel. Doch besonders das Mit-
     einander trägt zur Lebensqualität bei.
Für die Gesundheit tun wir sehr viel. Doch besonders das Mit - einander trägt zur Lebensqualität bei - Lebenshilfe Vorarlberg
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                                                    umste       019
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Für die Gesundheit tun wir sehr viel. Doch besonders das Mit - einander trägt zur Lebensqualität bei - Lebenshilfe Vorarlberg
IN DIESER AUSGABE                                                     3

THEMEN                                                    VORWORT

                                        SEITE
DAS THEMA:                                                „Was tuan mer denn, was mach mer denn“...
Alles rund um die Gesundheit               4
                                                          ...ruft meine Tochter Nora, rollt auf mich zu, blickt mich freudig
                                                          an und wartet auf: „Nora, was möchtest Du heute machen?
                                                          Möchtest Du ...?“ Nora denkt nach und ruft: „Genau!“. Ein
                                                          spannender Moment. Beim richtigen Vorschlag startet sie mit
                                                          eleganter Kurve in ihr Zimmer, um ihre Anziehsachen zu holen.
                                                          Diesen Dialog, gekoppelt mit Wiedersehensfreude, genieße
                                                          ich. Als Mutter frage ich mich oft: Wie zufrieden ist Nora mit
                                                          sich, mit mir, ihrem Umfeld, mit ihrer Lebensform, ihrer Ge-
                                                          sundheit? Natürlich habe ich Antworten für mich, aber gleich-
                                                          zeitig bin ich froh um Rückmeldungen von ihren vertrau-
                                                          ensvollen Bezugspersonen im Wohnhaus Dornbirn Birken-
                                                          wiese und der Tagesgruppe „Füranand“.
Gastkommentar: Inklusive Medizin          12              Achtsame Kommunikation und aktives Miteinander mit Men-
                                                          schen mit Behinderungen machen es erst möglich – wie von
                                                          Ehrenpräsidentin Gabriele Nußbaumer im letzten Vorwort auf-
SCHREIB & KUNST WERKSTATT                 15              gerufen – mit Mut den Aufbruch zu wagen. Für mich als neue
Fachtagung zu „Gesundheit ohne            15              Präsidentin eine spannende Aufgabe mit all jenen, denen ich
Barrieren“                                                für das Vertrauen danke! Für mich persönlich ein Lernen mit
Vom Koma zurück ins Leben                 16              Herausforderungen und Stolpersteinen. Mit den Fragen: „Wo
                                                          und wie funktioniert Zusammenarbeit? Welche Faktoren haben
                                                          positiven Anteil am Gelingen?“ Ich bin gespannt auf die Erfah-
MAGAZIN                                   19              rungen, den Austausch und die Gedankensprünge.
Neue Präsidentin der Lebenshilfe          20
Vorarlberg im Interview                                   Als Ärztin freut es mich, dass in dieser Ausgabe der „Mitein-
IAZ Röthis: Näherei & Kreativhandwerk     22              ander Leben“ das Thema Gesundheit in vielen Facetten be-
                                                          leuchtet wird: Sei es zur gesunden Ernährung, regelmäßiger
INFORMATION & BERATUNG                    24              Bewegung oder der speziellen Begleitung im Alter. Der Gast-
                                                          kommentar zur „Inklusiven Medizin“ zeigt uns neue Aspekte
                                                          auf. Besonders hilfreiche Informationen bieten etwa der Artikel
                                                          zur Zahnprophylaxe bei Menschen mit Behinderungen oder
                                                          jener zum Krankenhaus Pass. Erfahren Sie aber auch, welche
                                                          neuen Projekte es in der Lebenshilfe Vorarlberg gibt.
                                                          Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!

KURZMELDUNGEN                             28

FREUNDE & GÖNNER                          29

TERMINE                                   30

Titel: Das Kantine.L-Team mit Schülerinnen und            Dr. Adriane Feurstein
Schülern in der neuen „Schule am See“ in Hard.            Präsidentin der Lebenshilfe Vorarlberg
Für die Gesundheit tun wir sehr viel. Doch besonders das Mit - einander trägt zur Lebensqualität bei - Lebenshilfe Vorarlberg
4

    Anfang Oktober schaute Margit
    Immler (Werkstätte Hard, M.) den
    Schülerinnen und Schülern der 7a
    und 7b noch über die Schulter.

    Unten: Tanja Pietschnig zeigt Carina
    Masnetz und Margit Immler (v.l.) die
    Zubereitung der frischen Salate. Mit-
    tels Draisin-Fahrrad holt das Team
    der Werkstätte Hard das Essen ab.
Für die Gesundheit tun wir sehr viel. Doch besonders das Mit - einander trägt zur Lebensqualität bei - Lebenshilfe Vorarlberg
THEMA: GESUNDHEIT                                                                  5

Kantine.L: Gesunde Ernährung
und gelebte Inklusion
Mit Schulbeginn Anfang September            tober haben es sich die ersten fünf Be-      Menüs konnten im Schulrestaurant auch
wurde die „Schule am See“ in Hard er-       schäftigten mal angesehen. Sie mögen         schon auswärtige Gäste begrüßt wer-
öffnet. Das Schulrestaurant wird seit-      es zu kochen, mitzuhelfen und freuten        den. Zudem beliefert werktags das Kan-
her von der Kantine.L geführt – wo          sich auf das Neue. Seither schauen wir       tine.L-Team die Mittelschule Mittelwei-
gesundes Essen und ein inklusives           täglich, wer mit ins Schulrestaurant         herburg und das Lebenshilfe-Wohnhaus
„Mitanand“ im Fokus stehen.                 möchte und wie lange er oder sie mithel-     in Hard. Für die Werkstätte erfolgt die
                                            fen kann. Da die Werkstätte gleich dane-     Lieferung mittels Draisin-Fahrrad. „Um
Die Kantine.L der Lebenshilfe Vorarlberg    ben liegt, können wir das ganz flexibel      11.00 Uhr fährt eine Beschäftige oder ein
gibt es seit 2007. Bisher wurden acht       gestalten und Personen auch wieder zu-       Beschäftigter mit einer Begleitperson
Schulkantinen, der Wildpark-Kiosk in        rück begleiten. Eine Mitarbeiterin oder      zum Schulrestaurant – wenn möglich bei
Feldkirch und die Kantine.L Batschuns       ein Mitarbeiter ist zur Unterstützung        jedem Wetter – und holt das Essen ab.
geführt. „Als für das Schulrestaurant der   dabei. Wir schauen einfach, wie sich das     Eventuell können wir später auch Liefe-
‚Schule am See‘ ein Betreiber gesucht       Ganze entwickelt – sind aber sehr zuver-     rungen für andere Kunden übernehmen.
wurde, war für mich klar, dass die Kan-     sichtlich.“ Möglich ist diese Flexibilität   Zudem ist geplant, dass wir später mit
tine.L genau dazu passt. Wir verarbeiten    auch durch das fixe Kantine.L-Team mit       einer Gruppe direkt im Schulrestaurant
frische und regionale Produkte, als Aus-    Küchenchef David Kegele, drei Mitarbei-      essen“, so Markus Dür abschließend.
gangspunkt für eine gesunde Ernährung.      terinnen und einem Zivildiener. Sie er-
Dazu qualifizieren wir nicht nur Men-       möglichen, dass dem reibungslosen
schen mit Behinderungen für den Ar-         Ablauf des Großküchenbetriebes nichts
beitsmarkt, sondern versuchen inklusive     im Wege steht. Denn immerhin werden
Begegnungen zu schaffen“, erklärt           bis zu 500 Essen täglich zubereitet.
Georg Eberharter, Leiter Gastronomie
der Lebenshilfe Vorarlberg. Auch die Ge-    „Mitanand“ in der Schule
meinde war von der Kombination über-        Die 650 Schülerinnen sowie Schüler und
zeugt und entschied sich im Dezember        die 100 Lehrpersonen sind aber nicht nur
2016 für die Kantine.L.                     Gäste des Schulrestaurants. „Eine Be-
                                            sonderheit ist, dass täglich fünf Kinder
Gemeinsam mit der Werkstätte                bzw. Jugendliche mit einer Lehrperson
Mit dem neuen Schulrestaurant wurden        mitkochen. So arbeiten alle mindestens
                                                                                              Bgm. Harald Köhlmeier aus Hard.

die bisherigen Erfahrungen genutzt, um      einmal pro Schuljahr im Schulrestaurant
das inklusive Kantine.L-Konzept zu er-      mit. Die ersten hatten bei ihren Durchläu-
weitern. „In den anderen Schulkantinen      fen bereits viel Spaß und freuen sich auf     EIN- Aus Sicht der
arbeiten gut eingespielte Teams von         weitere Einsätze. Die Philosophie der
Menschen mit Behinderungen mit. In          Kantine.L passt sehr gut zu dem, was
                                                                                         BLICKE Gemeinde
Hard sollen aber auch Menschen mit hö-      uns wichtig ist: Frischkochküche, Regio-
herem Unterstützungsbedarf die Mög-         nalität und Saisonalität. Außerdem ist die
                                                                                                                        ne und ge-
                                                                                           „Eine gute, ausgewoge
lichkeit bekommen, reinzuschnuppern         Zusammenarbeit ein weiterer Schritt zur
                                                                                                                       entbehrlich,
                                                                                           sunde Ernährung ist un
und mitzuarbeiten. Was nur auf flexible     gelebten Inklusion. Es freut uns, dass ein
                                                                                                                     d Jugendliche
                                                                                           damit sich Kinder un
Weise geht“, erklärt Georg Eberharter.      so tolles Team mit unserer Schule zu-
                                                                                                                       nnen. Dem-
                                                                                           richtig entwickeln kö
Das Team rund um Werkstätten-Leiter         sammenarbeitet“, so Direktorin Karin
                                                                                                                         r sehr klare
                                                                                            entsprechend hatten wi
Markus Dür trägt diese Chance für die       Dorner und Direktor Christian Grabher.
                                                                                                                            forderun-
                                                                                            Vorstellungen, welche An
Beschäftigen engagiert mit: „Anfang Ok-     Durch die täglich frisch gekochten Wahl-
                                                                                                                             r unseres
                                                                                            gen der künftige Betreibe
                                                                                                                          en sollte.
                                                                                            Schulrestaurants erfüll
                                                                                                                        e frische Zu-
                                                                                             Zum einen war uns ein
                                                                                                                            n und re-
                                                                                             bereitung von saisonale
            Es freut uns, dass ein so tolles Team mit                                        gionalen Lebensm      itteln   be  sonders
                                                                                                                           sol  lte   aber
                                                                                             wichtig. Zum anderen
            unserer Schule zusammenarbeitet.“                                                 auch der soziale Aspekt
                                                                                                                          Be   rüc ksi ch-
                                                                                                                          ep  t de  r Kan-
                                                                                              tigung finden. Das Konz
                                                                                                                          r.“
                                                                                              tine.L stellt beides siche
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    Ernst Reich und Michael Hehle (r.)
    probierten das neue Draisin-Fahrrad              Ländle-Reise mit dem Fahrrad: Cor-
    des Wohnhauses Hard gleich aus.                  dula Bischof und Saskia Linder

                                                     Christa Allaart vom Wohnhaus
                                                     (hinten), Irmgard Plechaty (M.) und

                                                     Feldkirch Gisingen.

                                          Bei der Übergabe des neuen Spezial-
                                          Fahrrades für das Wohnhaus Hard:
                                          Andreas Karg und Mandy Strasser
                                          (beide Lions Club Bregenz), Marlies
                                          Wieser, Roman Feurstein, Michael
                                          Hehle (v.l.) und Bewohner Ernst
                                          Reich.
Für die Gesundheit tun wir sehr viel. Doch besonders das Mit - einander trägt zur Lebensqualität bei - Lebenshilfe Vorarlberg
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Bewegung, Erlebnis und
Teilhabe in einem
Gerade bei Menschen mit mehrfa-
chen Behinderungen spielt Mobilität
eine wichtige Rolle. In Bewegung zu                     So können Menschen mit hohem Un-
sein, Umweltreize zu erfahren und
die frische Luft zu genießen, das                       terstützungsbedarf am gesellschaft-
alles lässt sich mit dem Draisin Spe-
zial-Fahrrad besonders gut erleben.                     lichen Leben teilhaben.“
Abwechslung in den täglichen Ablauf
zu bringen, ist gerade in der Freizeit ein
allgegenwärtiges Thema. Doch wie ist         chael Hehle. Die restlichen 2.000 Euro     Mit dem Fahrrad aktiv dabei
das auch für Menschen mit hohem Un-          organisierte der engagierte Wolfurter      Doch nicht nur in Hard spielt das Fahr-
terstützungsbedarf möglich, die nicht        über private Spenden.                      radfahren eine Rolle. Im Wohnhaus
selbst mobil sind?                                                                      Dornbirn Birkenwiese kommen regel-
                                             Dank Spenden möglich                       mäßig Freiwillige vorbei, um mit dem
Eine ideale Möglichkeit sind die Spe-        Noch im August wurde das neue Spe-         „Rikscha“-Fahrrad abwechslungsrei-
zial-Fahrräder der Firma Draisin. „Die       zial-Fahrrad geliefert und natürlich       che Ausflüge zu ermöglichen.
gemeinsamen Radausflüge sind bei             auch gleich ausprobiert. Bei der ersten
unseren Bewohnerinnen und Bewoh-             Probefahrt waren Mandy Strasser für        Im Wohnhaus Feldkirch Gisingen ist
nern, aber auch beim Team sehr be-           den Lions Club Bregenz und Michael         das eigene Draisin-Spezial-Fahrrad
liebt. Durch die Spezial-Fahrräder wird      Hehle mit dabei. „Es ist schön zu          ebenfalls fixer Bestandteil der Freizeit-
es Menschen mit Behinderungen mög-           sehen, wie viel Spaß die neu gewon-        gestaltung. Anfang August ermöglichte
lich, das ‚Radfahren‘ zu erleben, auch       nene Mobilität allen hier macht. So kön-   es sogar eine zweitägige Urlaubsreise.
wenn sie selbst nicht in die Pedale tre-     nen sie wieder gemeinsam im Ort und        Cordula Bischof und Bewohnerin Sas-
ten können. Es ist eine komfortable          darüber hinaus unterwegs sein“, freut      kia Linder waren dabei mit dem elektri-
Möglichkeit unterwegs zu sein und            sich Mandy Strasser. Auch Michael          schen Spezial-Fahrrad unterwegs.
damit die Gegend zu erkunden“, be-           Hehle ist froh, dass es geklappt hat und   Ingrid Plechaty trat genauso selbst in
richtet Walter Küng, Leiter des Wohn-        ergänzt: „Gerade durch die Radaus-         die Pedale, wie Mitarbeiterin Christa
hauses Hard.                                 flüge – wo auch viele Begegnungen          Allaart. Das Wetter passte bestens –
                                             stattfinden – können Menschen mit          schön, aber nicht allzu heiß. Am ersten
Persönliches Engagement                      hohem Unterstützungsbedarf am ge-          Tag führte die 30 km lange Route von
Leider war das bisherige Spezial-Fahr-       sellschaftlichen Leben teilhaben.“         Feldkirch nach Frastanz, über das
rad des Wohnhauses nicht mehr zu re-                                                    Nenzinger Schwimmbad bis nach Blu-
parieren. Ein Ersatz stellte eine große      Begeistert zeigten sich die beiden aber    denz. Natürlich wurden mehrere Pau-
finanzielle Investition dar, das war Mi-     auch von der Wertschätzung der Be-         sen gemacht. Im „Hotel über den
chael Hehle, der einige Stunden in der       wohnerinnen sowie Bewohner und des         Dächern“ übernachteten die Vier.
Woche im Wohnhaus arbeitet, klar. „Es        Wohnhaus-Teams für ihren Einsatz. Im
war mir aber sehr wichtig, dass die          Namen aller bedankte sich Leiter Wal-      Am nächsten Tag ging es „über die
Radausflüge auch weiterhin stattfinden       ter Küng „für das großartige Engage-       Dörfer-Route“ nach Feldkirch. Im Stadt-
können. Da ich hauptberuflich ein Ca-        ment von Michael, ohne das es nicht        zentrum genoss man als Abschluss
tering-Unternehmen führe, bin ich auch       möglich gewesen wäre. Herzlichen           noch ein Eis. „Für alle war es ein Erleb-
Mitglied im Lions Club Bregenz. So           Dank an Mandy Strasser und den ge-         nis und Ingrid hat uns alle toll motiviert.
habe ich mit den Verantwortlichen,           samten Lions Club Bregenz für ihre         Zudem hat sie die ganze Strecke al-
allen voran Mandy Strasser, Kontakt          großzügige Spende. Und überhaupt           leine bewältigt – großartig. Ich freue
aufgenommen. Sie waren bereit, 5.000         allen, die mithalfen, Menschen mit Be-     mich, dass solche Aktivitäten möglich
Euro für ein neues Draisin-Fahrrad zur       hinderungen mehr Lebensqualität zu         sind", so Christa Allaart abschließend.
Verfügung zu stellen“, erinnert sich Mi-     ermöglichen.“
Für die Gesundheit tun wir sehr viel. Doch besonders das Mit - einander trägt zur Lebensqualität bei - Lebenshilfe Vorarlberg
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    Jaqueline Oberleiter (Personalab-
    teilung) und Pflegedirektor Michael
    Scheffknecht vom Landeskranken-
    haus Feldkirch.

                                          Tobias Renoth (l.) arbeitet dank „Job-
                                          wärts“ im LKH Bregenz. Rechts: To-
                                          bias mit Betriebsrätin und Mentorin
                                          Patricia Zangerl.
                                          Oben: Inklusions-Tagung im LKH
                                          Bregenz – Adriane Cecco-Pap (Mo-
                                          deration), Andreas Pap (Lebenshilfe
                                          Vorarlberg) und Christoph Maurer
                                          (Interspar Gastronomie, v.l.).
Für die Gesundheit tun wir sehr viel. Doch besonders das Mit - einander trägt zur Lebensqualität bei - Lebenshilfe Vorarlberg
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Krankenhaus, Arbeitsplatz
und Ort für Inklusion
Bei gesundheitlichen Problemen              stationär bei uns sind, können wir uns         mit Andreas Pap von der Lebenshilfe
bleibt der Gang ins Krankenhaus             besser auf die besonderen Bedürfnisse          haben wir zuerst Tobias Stärken ausge-
meist nicht aus. Gerade für Menschen        einstellen, als in der Akutsituation wo es     lotet. Was kann ihm anvertraut werden,
mit Behinderungen stellt dieser eine        schnell gehen muss“, so der Pflegedirek-       wo benötigt er Unterstützung. Auch Infor-
große Herausforderung dar. Doch ge-         tor. Im Bereich der Ambulanz gibt es im        mationen, ob es im Umgang mit ihm
meinsam versucht man die Hürden zu          LKH Feldkirch jedoch konkrete Umbau-           etwas zu beachten gibt, waren hilfreich.“
meistern.                                   pläne. „Es wird eine Notfallambulanz für       Mittlerweile hat Tobias Renoth einige Auf-
                                            alle Akut-Patientinnen und -Patienten          gaben, die er selbständig ausübt. Seine
Täglich herrscht viel Betrieb im Landes-    geben, die ohne Termin ins Krankenhaus         Hauptaufgabe ist der tägliche Jausenver-
krankenhaus (LKH) Feldkirch. Da kommt       kommen müssen. Für alle mit Termin             kauf in den Bürotrakten. Für einen klei-
es schon mal in den Ambulanzen zu län-      wird es für alle Fachbereiche Ambulan-         nen Unkostenbeitrag können die An-
geren Wartezeiten oder nachts stört im      zen geben. Wartezeiten werden dadurch          gestellten des LKH Bregenz gesundes
Zimmer eine Neuaufnahme den Schlaf-         deutlich verbessert“, so Michael Scheff-       Obst, aber wenn nötig auch einen Scho-
rythmus. Für Menschen mit Behinderun-       knecht.                                        koriegel bei ihm kaufen.
gen sind das zwei von vielen He-
rausforderungen, die ein Aufenthalt im      Integrative Arbeitsplätze                      „Chancen ergreifen“
Krankenhaus mit sich bringt. Für das        Doch Menschen mit Behinderungen sind           Nachdem die Zusammenarbeit zwischen
Pflegepersonal wird es wiederum             im LKH Feldkirch nicht nur Patientinnen        dem LKH Bregenz und der Lebenshilfe
schwierig, wenn die Person keine Laut-      und Patienten. Im Verwaltungsbereich           so gut funktioniert, kamen Anfragen von
sprache besitzt. „Unsere Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter absolvieren regelmäßige
Schulungen – aktuell speziell für Perso-                 Beim richtigen Umgang spielt Zeit
nen mit Demenz. Denn bei der Grund-
ausbildung sind nur Menschen mit kör-                    eine wichtige Rolle.“
perlichen Behinderungen ein Thema. Bei
Menschen mit intellektuellen Beeinträch-
tigungen sind wir sehr auf die Unterstüt-   arbeiten zwei Personen an einem inte-          anderen Unternehmen. Daraufhin ent-
zung der Angehörigen oder Begleit-          grativen Arbeitsplatz. „Uns war wichtig,       schloss man sich, gemeinsam eine Inklu-
personen angewiesen. Wobei der Kran-        dass die beiden Mitarbeiter nicht über-        sions-Tagung Mitte Juli zu veranstalten.
kenhaus Pass eine zusätzliche Informa-      oder unterfordert sind. Wir haben ihre         Der Einladung unter dem Motto „Chan-
tionsquelle darstellt, der wichtige per-    Tätigkeiten so gestaltet, dass sie sie         cen ergreifen – Hemmschwellen senken“
sönliche Gewohnheiten enthält“, erklärt     möglichst selbständig ausüben können.          folgten Arbeitgeberinnen bzw. Arbeitge-
Michael Scheffknecht, Pflegedirektor des    Als Mentorin begleite ich die Beiden bei       ber, Betroffene und Angehörige gleicher-
LKH Feldkirch.                              Bedarf. Zudem gibt es eine Ansprechper-        maßen. LKH Verwaltungsdirektor An-
                                            son in der jeweiligen Abteilung“, erklärt      dreas Lauterer hob hervor: „Von Inklu-
Bei der Entstehung des Krankenhaus          Jaqueline Oberleiter von der Personal-         sion im Unternehmen profitieren alle.
Passes war er mit dabei und schätzt be-     abteilung.                                     Das Unternehmen wird als Arbeitgeber
sonders, dass hier Angehörige, Betrof-                                                     attraktiver, die Beschäftigten mit Behin-
fene, Organisationen wie die Lebenshilfe    Auch das LKH Bregenz hat zwei integra-         derungen sind hochgradig motiviert und
Vorarlberg und Krankenhauspersonal          tive Arbeitsplätze – ein dritter ist in Pla-   bringen neue Perspektiven mit hinein.“
gleichermaßen involviert waren. Denn In-    nung. Seit Anfang 2016 arbeitet etwa           Neben den Firmen-Berichten aus der
formationen zu Therapien oder Medika-       Tobias Renoth dort. Über „Jobwärts“ der        Praxis informierte Andreas Pap über För-
menten sind im Arztbrief enthalten, aber    Lebenshilfe Vorarlberg absolvierte er zu-      dergelder oder die Errichtung eines inte-
wie die Person vielleicht auf einfache      erst im Oktober 2015 ein Praktikum.            grativen Arbeitsplatzes. Gemeinsam mit
Weise ihre Medikamente nimmt, das           Nachdem er sich bestens bewährte,              den über 60 Teilnehmenden wurden
fehlte zuvor. „Beim richtigen Umgang mit    wurde extra für ihn eine Stelle geschaf-       Ideen für neue integrative Arbeitsplätze
Menschen mit Behinderungen spielt der       fen. Maßgeblich daran beteiligt war Be-        gesammelt. Zudem ist eine weitere Ver-
Zeitfaktor eine große Rolle. Wenn sie       triebsrätin Patricia Zangerl: „Gemeinsam       anstaltung für 2019 geplant.
Für die Gesundheit tun wir sehr viel. Doch besonders das Mit - einander trägt zur Lebensqualität bei - Lebenshilfe Vorarlberg
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     Gerhard Unger und Sabine Lampert
     verstehen sich sehr gut. Neben dem
     Pflegebett in seinem Zimmer steht
     das Sauerstoffgerät für die Nacht.

                                 Der Balkon des Wohnhauses wird
                                 gemeinsam genutzt: Christine Pich-
                                 ler, Marlene Bachmann, Silvana
                                 Doppler und Gerhard Unger (v.l.).
THEMA: GESUNDHEIT                                                       11

Begleitung am Sunnahof
auch im Alter
Gerhard Unger lebt im Wohnhaus
des Sunnahof in Göfis. In den letzten
Jahren macht sich das Alter durch                       Es ist schön, junge Leute um sich zu
gesundheitliche Probleme immer
mehr bemerkbar.                                         haben – alt bin ich selber.“
Als das alte Wohnhaus des Sunnahof
2002 bezugsfertig war, war Gerhard           krankung hatte weitreichende Folgen,      Hof-Gastronomie zum Mittagessen. Mit
Unger einer der ersten Bewohner. Der         denn seither braucht er Sauerstoff –      meiner Nachbarin Silvana komme ich
heute 71-Jährige erlitt bei seiner Geburt    Tag und Nacht. Zudem kamen weitere        gut aus. Wir gehen auch mal zusammen
einen schweren Sauerstoffmangel, den         körperliche Beschwerden dazu. „Un-        einkaufen. Am Sunnahof ist immer was
er nur knapp überlebte. Er wuchs ge-         sere Dienstleistung ‚Miteinander Woh-     los und es ist schön, junge Leute um
meinsam mit sieben Schwestern in Rö-         nen‘ und die Begleitung tagsüber – das    sich zu haben – alt bin ich selber.“
this auf. Bereits mit 15 Jahren arbeitete    sogenannte ‚Leben im Alter‘ – wird
er mit seinem Vater auf dem Bau. Viele       durch die Integrationshilfe des Landes    Recht auf Normalität
Arbeitsplätze folgten, etwa in einem Sä-     finanziert. Doch für die medizinischen    Die richtige Balance in der Begleitung
gewerk, aber vor allem auf verschiede-       Hilfsmittel müssen Betroffene selbst      von älteren Menschen mit Behinderun-
nen Bauernhöfen. „Dort habe ich als          aufkommen, was bei Gerhard nur            gen musste erst gefunden werden. „Als
Knecht gearbeitet und auch gewohnt.          schwer möglich ist. So sind wir froh,     wir mit der Dienstleistung ‚Leben im
Die Arbeit war streng und es gab immer       dass wir günstig ein gebrauchtes Pfle-    Alter‘ begonnen haben, dachten wir, es
viel zu tun“, erinnert sich Gerhard Unger.   gebett für ihn organisieren konnten“,     bräuchte eine Rund-um-die-Uhr-Beglei-
Gerade Menschen mit Behinderungen            berichtet Sabine Lampert.                 tung. Doch dann sind wir Gerhard damit
wurden früher oft auf Bauernhöfen be-                                                  auch auf die Nerven gegangen. Er geht
 schäftigt. Meist gab es dafür Kost und      Pflege bestens organisiert                ganz gerne selbst am Tag mal los oder
Logis, aber keine oder nur eine geringe      Aufgrund der körperlichen Beschwer-       sieht nachmittags fern. Jetzt gibt es fixe
Bezahlung. „Obwohl Gerhard so viele          den wurde vermehrt Pflege im Wohn-        Tage und Zeiten, wo wir zum Beispiel
Jahre gearbeitet hat, war er nie als Ar-     haus notwendig. „Morgens bekommt          mit ihm die Körperpflege machen. Es ist
beiter angemeldet. Daher bekommt er          Gerhard seine Medikamente und muss        nun gut und flexibel eingeteilt, denn es
keine richtige Pension. Nur eine kleine      inhalieren. Zudem unterstützt uns der     ist immer jemand da, falls was sein
aus der Schweiz, wo er auch einige           Krankenpflegeverein vor Ort. Zum Arzt     sollte“, so Sabine Lampert.
Jahre arbeitete“, erzählt Wohnhauslei-       wird Gerhard am liebsten von Frauen
terin Sabine Lampert.                        begleitet, was wir gerne übernehmen.      Obwohl alles gut organisiert ist, muss
                                             Seit kurzem haben wir auch eine aus-      die Wohnhausleiterin mit dem Land re-
Gesundheitliche Probleme                     gebildete Krankenschwester im Team,       gelmäßig die Leistungsvereinbarungen
Trotz aller Umstände arbeitete Gerhard       die uns fachlich bestens berät. Unser     für die Begleitung von Gerhard Unger
Unger immer gerne auf einem Bauern-          oberstes Ziel ist, seine Lebensqualität   abklären. Das ist notwendig, damit er
hof. So ergab es sich, dass er 2001 am       sicherzustellen“, betont die Wohnhaus-    am Sunnahof bleiben kann und nicht in
Sunnahof zu arbeiten begann. „Zuerst         leiterin.                                 ein Pflegeheim muss. „Ich will nicht in
habe ich in der Landwirtschaft gearbei-                                                ein Heim. Ich bin am Sunnahof zuhause
tet, danach in der Hof-Gastronomie.          Gerhard Unger weiß die Bemühungen         und möchte hier sterben“, erklärt der 71-
Auch das war streng. Bei den Festen          zu schätzen und fühlt sich am Sunnahof    Jährige. Auch seine Begleiterin sieht
habe ich immer mitgeholfen, zum Bei-         wohl: „Ich hab‘ mein eigenes Zimmer.      das so und betont: „Ich werde mein
spiel beim Parkplatzdienst – auch wo         Seit ich das Pflegebett habe, kann ich    Möglichstes Tun, damit Gerhard bis zum
ich schon in Pension war. So mit 65ig.       besser schlafen und aufstehen. Mor-       Schluss bleiben kann. Er hat das Recht
Doch dann habe ich zweimal Lungen-           gens esse ich mit den anderen in der      in Normalität zu leben und dort, wo er
entzündung bekommen. Nun geht das            Küche. Wenn es mir gut geht, dann         sich wohlfühlt, wie andere auch!“
nicht mehr“, so der 71-Jährige. Die Er-      gehe ich spazieren und mittags in die
12                            INKLUSIVE MEDIZIN

Barrieren in der Gesundheits-
versorgung abbauen
Gastkommentar zur      Die Zeitschrift „Miteinander Leben“               bestehen Barrieren hinsichtlich Mobili-
                       trägt eine hervorragende Definition               tät, verständlicher Kommunikation und
„Inklusiven Medizin“   von dem, was unter Inklusion zu ver-              Gewähren von ausreichend Zeit Infor-
                       stehen ist. Damit ein Miteinander                 mationen zu verarbeiten, um selbst
                       von Menschen mit unterschiedlich-                 Entscheidungen treffen zu können.
                       sten Bedürfnissen gelingen kann, be-
                       darf es – wenn man an das Leben von               Eine weitere Barriere in der Gesund-
                       Menschen mit Beeinträchtigungen                   heitsversorgung für Menschen mit Be-
                       denkt – besonderer Anpassungen auf                einträchtigungen liegt aber auch darin,
                       vielen Ebenen.                                    dass sich nur sehr wenige Ärztinnen
                                                                         und Ärzte ausreichend auf spezielle
                       Gerade bei Gesundheitsproblemen                   Gesundheitsprobleme von Menschen
                       spüren wir, wie zerbrechlich unser                mit Beeinträchtigungen spezialisiert
                       Leben – dieses großartige Geschenk –              haben, wie zum Beispiel auf die Be-
                       ist und wie froh wir sind, wenn uns bei           handlung von erwachsenen Menschen
                       gesundheitlichen Problemen in richti-             mit Cerebralparese. Cerebralparese ist
                       ger Weise geholfen wird.                          ein Sammelbegriff für Folgen einer
                                                                         Schädigung des Gehirns vor, bei oder
                       Es ist wichtig festzuhalten, dass Men-            nach der Geburt, wobei vorwiegend
                       schen mit Beeinträchtigungen nicht                motorische Zentren betroffen sind.
                       automatisch krank sind, wie viele Leute
                       meinen. Viele Menschen mit Beein-                 Verein „Inklusive Medizin“
                       trächtigungen haben eine hohe subjek-             Im Jänner 2018 wurde von Professor
Prim. Priv.-Doz. Dr.

                       tive Lebensqualität, auch wenn sie                Dr. Peter Martin aus Deutschland, Dr.
Johannes Fellinger

                       erhebliche gesundheitliche Herausfor-             Felix Brem aus der Schweiz und von
                       derungen meistern müssen, wie zahl-               mir für Österreich der Verein „Inklusive
KONVENTHOSPITAL

                       reiche Studien zeigen.                            Medizin“ gegründet. Das Ziel ist, Ärz-
der Barmherzigen

                                                                         tinnen und Ärzte in Deutschland, Öster-
Brüder in Linz

                       Diesen hohen gesundheitlichen Her-                reich und der Schweiz durch gute
                       ausforderungen kann die allgemeine                Fortbildungsangebote für Gesundheits-
                       Gesundheitsversorgung in vielen Fäl-              probleme von Menschen mit Beein-
                       len nicht ausreichend entsprechen. Es             trächtigungen kompetent zu machen.

                       Johannes Fellinger skizziert hier: Barrierefreiheit wird realisiert, aber nur die Inklusive Medi-
                       zin mit hochspezialisierter Kompetenz führt zur richtigen Behandlung.
INKLUSIVE MEDIZIN                                                            13

Darüber hinaus ergibt sich der Auftrag         Bedürfnisse der Menschen mit Beein-
zur intensiven Partnerschaft mit Verei-        trächtigungen zielsicher zu erkennen
nigungen Betroffener, um eine barrie-          und Hilfe anzubieten. Eine Spezialisie-
refreie Gesundheitsversorgung in               rung auf neurologische/psychiatrische
großer Breite zu erreichen. Dazu be-           Fragestellungen und eine enge Verbin-
darf es auch immer wieder spezifischer         dung mit der entwicklungsmedizini-              INFO         Zum Verein
Modelle.                                       schen Diagnostik ist dabei sehr hilfreich.

Ambulanz für Inklusive Medizin                 Inklusive Medizin hat den Auftrag:
Am 10. Oktober 2018 wurde in Linz die
                                                                                                                          n Prof. Dr.
                                                                                                Im Jänner 2018 gründete
„Ambulanz für Inklusive Medizin“ (AIM)           sowohl die klassischen Barrieren
                                                                                                                         Bre m und
                                                                                                Peter Martin, Dr. Felix
im Krankenhaus der Barmherzigen                abzubauen und durch entsprechende
                                                                                                                         an ne s Fel-
                                                                                                Prim. Priv.-Doz. Dr. Joh
Brüder nach einem Jahr Vorlaufzeit of-         Strukturierungen des medizinischen
                                                                                                                         -CH klu-
                                                                                                                             -In
                                                                                                 linger den Verein „D-A
fiziell vorgestellt. Die Gebietskranken-       Angebots eine möglichst stressfreie
                                                                                                                       den seither
                                                                                                 sive Medizin“ und bil
kasse und das Land Oberösterreich              Zugänglichkeit zur Gesundheitsver-
                                                                                                                          d.
                                                                                                 auch den ersten Vorstan
finanzieren dafür gemeinsam einen              sorgung zu schaffen.
Facharzt für Neurologie und auch di-
                                                                                                                        ns ist die In-
                                                                                                 Schwerpunkt des Verei
plomiertes Pflegepersonal für 20 Stun-            zur fachlichen Spezialisierung auf
                                                                                                                      tio n und er-
                                                                                                 formation, Koordina
den die Woche. Für die Patientinnen            spezielle Gesundheitsprobleme von
                                                                                                               Organis on
                                                                                                                       ati        von
                                                                                                 gänzende
bzw. Patienten mit Mehrfachbeein-              Menschen mit Beeinträchtigungen. Da-
                                                                                                                           rbildung  s-
                                                                                                 deutschsprachigen Weite
trächtigungen stehen spezielle Behand-         bei kommt einer gelebten Multiprofes-
                                                                                                                         bo ten  üb  er
                                                                                                  und Fortbildungsange
lungs- und Warteräume zur Verfügung.           sionalität eine große Bedeutung zu.
                                                                                                             i Menschen   mit schwe-
                                                                                                  Medizin be
                                                                                                                          gen, Intelli-
                                                                                                  ren Entwicklungsstörun
Das Angebot der „Ambulanz für Inklu-           Auf diesen beiden „Beinen“ steht Inklu-
                                                                                                                           Mehrfach-
                                                                                                  genzminderung oder
sive Medizin“ umfasst Untersuchungen           sive Medizin mit dem klaren Auftrag,               behinderungen.
bzw. Behandlungen sowie die Vermitt-           dem Leben von Menschen mit Beein-
lung und Begleitung zu anderen Fach-           trächtigungen so zu dienen, dass ein
                                                                                                                         m Verein
                                                                                                   Mehr Informationen zu
abteilungen.                                   „Miteinander Leben“ möglichst lange
                                                                                                                            w.d-a-ch-
                                                                                                   erhalten Sie unter: ww
                                               und mit möglichst guter Gesundheit ge-
                                                                                                                          /
                                                                                                   inklusivemedizin.org/ts
Im Namen AIM wird auch das engli-              lingen kann.
sche Wort „Ziel“ ausgedrückt. Ein zen-
trales Anliegen ist es, die echten

Prim. Priv.-Doz. Dr. Johannes Fellinger bei der Fachtagung „Gesundheit ohne Barrieren“ der Lebenshilfe Österreich und rechts mit seinen
Vorstandskollegen Prof. Dr. Peter Martin und Dr. Felix Brem (v.l.) vom Verein „D-A-CH-Inklusive Medizin“.
14                                                    THEMA: GESUNDHEIT

Familienservice: Begleitung,
damit es allen gut geht
Dilan Yilmaz ist 16 Jahre alt und                 rung zu gewöhnen, wird gemeinsam ge-              aufgebaut. Wir versuchen gemeinsam,
wurde mit Down-Syndrom geboren.                   kocht oder die gesunde Jause für die              dass es allen gut geht. Da sie nicht so
Um sie und ihre Mutter Birhan zu un-              Schule vorbereitet. „Das Problem des              gut Deutsch kann, übernehme ich auch
terstützen, kommt Edith Vogel wö-                 Übergewichtes ist bei uns allen ein all-          Arztbesuche mit Dilan oder gehe mit ihr
chentlich zu ihnen nach Hause.                    gegenwärtiges Thema. Gerade Kindern               zur Therapie“, skizziert die Begleiterin
                                                  und Jugendlichen schmecken die Sa-                ihren Alltag in der Familie.
Die alleinerziehende Birhan Yilmaz                chen besonders gut, die viel Zucker ent-
wohnt mit ihren sechs Kindern, im Alter           halten. Damit die Gesundheit aber nicht           Die Begleitung innerhalb der Familie ge-
zwischen sechs und 18 Jahren, in Lu-              darunter leidet, versuche ich mit Spaß            staltet sich also ganz flexibel und indivi-
stenau. Neben Dilan wird auch ihre                an der Zubereitung frische, gesunde Le-           duell – ganz wie es gerade gebraucht
Schwester Berfin aufgrund ihrer epilep-           bensmittel ins Spiel zu bringen“, so              wird. Das gilt auch für die anderen vier
tischen Anfälle von Edith Vogel mitbe-            Edith Vogel. Aber natürlich kommt auch            Familien mit Kindern mit Behinderun-
gleitet. „Seit zwei Jahren komme ich ein-         der Freizeitspaß nicht zu kurz. Gemein-           gen, die Edith Vogel ebenfalls unterstützt.
bis zweimal die Woche zu Dilan und                sam wird gespielt oder auch sehr gerne
Berfin nach Hause. Je nachdem, wo                 gebastelt. Dabei zeigt sich das Trio be-
Hilfe gebraucht wird, bin ich zwischen            sonders kreativ, wenn im Familienser-
vier und acht Stunden vor Ort. Meist ver-         vice in Hohenems aus Alltagsgegen-                                KONTAKT &
bringe ich mit Dilan die Zeit im Freien,          ständen oder aus der Natur Dekoratives              INFO          INFORMATION
damit sie mehr Bewegung bekommt.                  für die jeweilige Jahreszeit entsteht.
Wir laufen dann zum Spielplatz oder
auch zur Schule. Frische Luft tut ihr gut         Unterstützung für die ganze Familie                  Birgit Loacker
und wir üben gleichzeitig den Weg, so             Mutter Birhan Yilmaz ist froh über die
                                                                                                                                   izeit“
                                                                                                       Leiterin „Familie und Fre
dass sie vielleicht später einmal selbst-         Unterstützung und auch dankbar, dass
                                                                                                                         9 5 9 8  6
                                                                                                       Tel.: 0 6 6 4 8 3
ständig dorthin laufen kann“, erzählt die         sie sich mit anderen Fragen an Edith
                                                                                                                                 lhv.or.at
                                                                                                       E-Mail: birgit.loacker@
Mitarbeiterin des Familienservice.                Vogel wenden kann. „Mittlerweile ge-
                                                                                                                              rar lberg.at
                                                                                                       www.lebenshilfe-vo
Um die 16-Jährige und ihre Schwester              höre ich schon zur Familie. Die Mutter
Berfin auch mehr an gesunde Ernäh-                und ich haben ein Vertrauensverhältnis

Mutter Birhan Yilmaz (M.) und ihre Töchter sind froh über die Unterstützung von Edith Vogel (r.). Gutes Team: Edith Vogel und die 16-jährige Dilan.
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                                                                                           Die „SCHREIB & KUNST WERK-
SCHREIB & KUNST                                                                            STATT“ wird in Wort und Bild von
                                                                                           Menschen mit Behinderungen ge-
                                                                                           staltet. Lassen Sie sich überra-
WERKSTATT                                                                                  schen.

Was ist für ein Gesundheits-System
ohne Barrieren notwendig?
Mitte September veranstaltete die Le-       send. Es gab Vorträge, Arbeitsgruppen          Diese schauen, dass die leichte Spra-
benshilfe Österreich eine Fach-Ta-          und Workshops. Ich war bei der Arbeits-        che überall verwendet wird. Oder „Ge-
gung zum Thema „Gesundheit ohne             gruppe, bei der es um spezielle Ambu-          sundheits-Assistenten“, die erklären, was
Barrieren“ in Wien.                         lanzen in den Krankenhäusern für Men-          alles im Zusammenhang mit Krankheit
                                            schen mit Behinderungen ging. Hier ist         und Gesundheit wichtig ist. Für seine ei-
Bei der Tagung ging es vor allem um         die medizinisch inklusive Ambulanz im          gene Gesundheit ist man letztendlich
Barrieren im Zugang zum Gesundheits-        Krankenhaus Melk in Niederösterreich           selbst verantwortlich. Aber es gibt viele,
System. Menschen mit Behinderungen          besonders hervorzuheben, weil das              die brauchen dabei Unterstützung.
werden nicht ernst genommen. Oft            Team dort besonders geschult ist.              Die Ergebnisse der Tagung werden nun
spricht die Ärztin oder der Arzt, aber      Zudem gab es einen Workshop, bei               in einem so genannten „Memorandum“
auch das Pflegepersonal mit der Be-         dem es darum ging, wie wichtig ge-             zusammengefasst. Dieses Papier erhal-
gleitperson und nicht mit der betroffenen   sunde Ernährung für die Vorsorge von           ten dann wichtige Stellen in der Politik
Person. Auch werden Menschen mit Be-        Gesundheit ist.                                und im Gesundheitswesen.
hinderungen zum Teil gar nicht angehört
oder zur Behandlung abgelehnt. Es           Durch die Tagung wurde noch einmal             Die Tagung war sehr interessant und wir
kommt auch vor, dass wir frühzeitig         klar, dass es in Krankenhäusern und bei        Selbstvertreterinnen und Selbstvertreter
nach Hause geschickt werden nach            der Ärztin oder beim Arzt Broschüren in        müssen andere Menschen mit Behinde-
einer Operation. Mit dieser Tagung soll-    „leichter Sprache“ geben sollte. Denn          rungen nun darüber informieren. Wir
ten Ideen erarbeitet werden, wie man        durch die leichte Sprache wird vieles          müssen uns bei der Politik und im Kran-
das verbessern kann. Es kamen Teil-         verständlicher und ich weiß, an wen ich        kenhaus für leichte Sprache und für ent-
nehmende aus ganz Österreich. Klaus         mich wenden kann. Gut wäre auch,               sprechende Assistenz einsetzen. Es
Brunner und ich waren als Selbstvertre-     wenn es in Krankenhäusern beauftragte          gibt also noch viel zu tun!
ter der Lebenshilfe Vorarlberg dabei.       Personen für barrierefreie Kommunika-
Auch der gesamte Selbstvertreter-Beirat     tion gebe, wie es im Landeskranken-
der Lebenshilfe Österreich war anwe-        haus in Innsbruck schon der Fall ist.
                                                                                                                        Siegfried Glössl
                                                                                                                        Selbstvertreter

Expertinnen und Experten diskutierten gemeinsam mit den Gästen.   Dr. Maria Bruckmüller und Siegfried Glössl waren bei der Tagung dabei.
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Vom Koma zurück ins Leben
Am 1. April 1994, um ca. 6.00 Uhr              sie für mich getan haben und was für ein       Selbstbewusstsein und einen starken
früh, fuhr ich mit dem Auto vom                Wahnsinns-Aufwand es war. Es folgten           Charakter. Das hat mir dann geholfen,
Kleinwalsertal in Richtung Bregenz,            nämlich nach dem Unfall einige Kran-           mein Leben weiterzuleben. Überhaupt
um die Bankgeschäfte für einen                 kenhaus-Aufenthalte und Arzt-Besuche           wäre ich ohne meine innere Einstel-
Freund zu erledigen. Aber gleich bei           in ganz Deutschland und Österreich.            lung, auch mit den besten Ärztinnen,
Kornau (Ort in Deutschland), verlor                                                           Ärzten und Therapeutinnen bzw. The-
ich aus ungeklärter Ursache die                Bekannter Snowboarder                          rapeuten, nie wieder so weit gekom-
Kontrolle über das Auto und prallte            Richtig blöd fand ich halt, dass mich die      men, wie ich es heute bin.
gegen einen Baum.                              Leute nach dem Unfall ganz anders
                                               behandelten als vorher. Ich kann ihnen         Neues Leben
Bei dem Unfall damals zog ich mir              aber gar keinen Vorwurf machen, denn           Mein Leben hat sich seit dem Unfall
einige Verletzungen zu, wie einen              ich hätte es wahrscheinlich auch nicht         komplett verändert. Ich habe das
Leberriss, eine geprellte Lunge und            anders gemacht. Ich benahm mich vor            Malen für mich entdeckt. Jede Sch…
Milz sowie einen Oberschenkelhals-             dem Unfall etwas eingebildet und arro-         die man erlebt, hat halt auch immer ir-
trümmerbruch. Aber die schlimmste              gant. Ich nahm mir, durch die Tatsache,        gendwas Gutes. Mittlerweile habe ich
Verletzung war ein schweres Schädel-           dass ich damals der wahrscheinlich             schon viele meiner Bilder verkauft und
hirntrauma. Wobei ich am Leberriss             beste Snowboarder des Tales war, viel          bin stolz darauf. Es war mir aber auch
fast verblutet wäre.                           heraus. Ich konnte mir auch alles er-          wichtig, mich trotz der körperlichen
                                               lauben und hatte trotzdem einen                Veränderungen (Koordination/Motorik)
Ich bin auch in ein Koma gefallen, das         großen Freundeskreis.                          weiterhin sportlich herauszufordern. Ich
durch die Ärztinnen und Ärzte noch                                                            kann immer noch Snowboard fahren,
verlängert wurde, um mein Gehirn zu            Durch die Verletzung am Gehirn verän-          wenn auch nicht so gut wie vorher. Und
schützen. Ich war 9 Wochen im Tief-            derte sich meine Psyche – also sozu-           ich habe sogar mit dem Golfspielen
Koma und ebenso lange im Wach-                 sagen mein Verhalten. Damit kamen              angefangen. Mit der Lebenshilfe ist es
Koma – das ist eigentlich das Gleiche,         dann viele nicht klar und zogen sich           mir auch gelungen, mich eben künst-
nur dass man beim Wach-Koma die                von mir zurück. Sie zeigten zwar Be-           lerisch und beruflich zu verwirklichen.
Augen offen hat und mir die Augen mit          troffenheit oder sogar Mitleid. Aber man       Auch das Schreiben von Texten für die
Tropfen feucht gehalten werden muss-           hat mich nicht mehr für ganz voll              Lebenshilfe-Zeitung oder meine Tä-
ten. Erinnern kann ich mich erst ab der        genommen oder ist mir nicht mehr auf           tigkeiten als Werkstatt-Sprecher ge-
ersten Reha in Burgau. Das liegt gleich        Augenhöhe begegnet. Dieses her-                hören dazu.
in der Nähe von Augsburg. Aber trotz           ablassende Verhalten hat mich genervt
der Entfernung besuchten mich meine            und verletzt. Ich musste die Ein-
Eltern jeden Tag. Das wusste ich nicht         schränkungen und Veränderungen
zu schätzen in dem Zustand, in dem             auch selber erstmal akzeptieren. Aber
                                                                                                                     Dominic Gessner

ich damals war. Heute ist mir klar, was        zum Glück hatte ich immer ein gutes
                                                                                                                   Redaktionsmitglied

Dominic Gessner war ein bekannter Snowboarder. Nach dem Unfall folgten Reha-Aufenthalte. Heute zeigt er seine Bilder in Ausstellungen.
SCHREIB & KUNST WERKSTATT                                                              17

Neue technische Hilfsmittel
Vom 24. bis 27. Juni war ich in Cardiff          davon. Die Organisation vom Simon                lichkeit, Gespräche mit Menschen mit
in Wales auf einer Studienreise. Es              macht zum Beispiel Seminare und Trai-            Behinderungen über Techniken zu füh-
ging um das Thema Technologien für               nings für Menschen mit Behinderungen,            ren, welche es für sie gibt. Da ich kein
Menschen mit Behinderungen, was                  wie sie besser mit Technik umgehen               Englisch kann, hat Elisabeth Kling (Le-
für mich als Selbstvertreter sehr inter-         können. Ein paar Beispiele, was die Or-          benshilfe Österreich, LHÖ) für mich
essant ist.                                      ganisation anbietet:                             übersetzt. Im Gespräch ging es haupt-
                                                    „Our Voices, our Rights“: Men-                sächlich um „Alexa“, das ist ein Sprach-
Am ersten Abend sind wir zu einem typi-            schen mit Behinderungen werden zu              Steuerungs-Gerät. Wir haben erfahren,
schen walisischen Abendessen gegan-                Trainern ausgebildet.                          wie man es für Menschen mit Behinde-
gen. Wir, das sind Personen aus ver-               „Easy Read Projects“: Das sind                 rungen einsetzen kann.
schiedenen Lebenshilfen Österreichs.               Projekte, dass die leichte Sprache             Am Nachmittag haben wir dann noch
Wir haben uns mit dem Veranstalter                 besser bekannt wird.                           eine dritte Organisation besucht und
Simon Rose getroffen. Simon ist Trainer            „Engaged to Change“: Das ist ein               zwar ging es nach Swansea (Ort) zu
bei der Organisation „Learning Disability          Projekt für Arbeitsplätze von Men-             „Community Live Consortium“. Dort lern-
Wales“. Wir hatten die Gelegenheit, uns            schen mit Behinderungen in Firmen.             ten wir einige technische Hilfsmittel
näher kennen zu lernen.                            „Gig Buddy“: Da begleiten Freiwil-             kennen, wie: Türöffner durch Sprach-
                                                   lige Menschen mit Behinderungen zu             Erkennung, einen Panik-Knopf, um Hilfe
Am ersten Tag der Lernreise steuerten              Veranstaltungen und in der Freizeit.           zu rufen oder Küchen-Regale, die sich
wir unser erstes Ziel an, die Organisation         Es werden dafür auch neue Techni-              automatisch verschieben. Diesen Be-
von Simon Rose, also „Learning Disabi-             ken erklärt und verwendet.                     such fand ich persönlich am Interessan-
lity Wales“. Diese Organisation gibt es                                                           testen. Manches war für mich zwar nicht
seit 31 Jahren. Es ist eine Beratungs-           Gespräch zum Austausch                           neu, aber Manches habe ich neu ken-
Stelle für Menschen mit Behinderungen            Am Vormittag von Tag 2 ging es zu einer          nen gelernt.
aus ganz Wales. Wales gehört zu Groß-            weiteren Organisation und zwar zu „In-
britannien und Cardiff ist die Hauptstadt        novate Trust". Dort hatten wir die Mög-
                                                                                                                           Klaus Brunner
                                                                                                                           Selbstvertreter

Es gibt verschiedene technische Hilfsmittel, wie zum Beispiel die Umfeld-Steuerung für den Elektro-Rollstuhl. Oben: Die Lebenshilfe-Gruppe
besuchte die Organisation „Learning Disability Wales“. Rechts: Klaus Brunner (M.) mit Elisabeth Kling (LHÖ) und Carmen Hohenberger (LHV, v.l.).
18                                        SCHREIB & KUNST WERKSTATT

5 Fragen an:
Stefan Fischnaller
Seit 2014 gibt es in der Volkshoch-
schule Götzis auch ein Angebot an
inklusiven Kursen. Hier sollen Men-
schen mit und ohne Behinderungen
gemeinsam ihr Wissen erweitern.
Klaus Brunner und Cindy Eksarhos
wollten mehr darüber wissen und
haben Direktor Stefan Fischnaller
zum Interview getroffen.

Wie lange arbeiten Sie schon für die
Volkshochschule (VHS) Götzis?
Ursprünglich komme ich aus Südtirol
und in Innsbruck habe ich Pädagogik
studiert. Mittlerweile arbeite ich schon
mehr als 20 Jahre in der Erwachsenen-
bildung. Zuerst in der Volkshochschule
in Bozen und seit 2000 in Vorarlberg.
Seit fünf Jahren ist die VHS Götzis nun
am Garnmarkt in Götzis und steht allen
offen, die Interesse an Bildung haben.
                                           Klaus Brunner mit Stefan Fischnaller (Volkshochschule Götzis, M.) und Cindy Eksarhos.

                                           oder Langlaufen. In Vorarlberg war es           rekt in unserem Gesamtprogramm mit
Was ist besonders an Ihrer Arbeit?         leider lange kein Thema. Aber ich hatte         dabei und nicht nur mehr als eignes
Es sind die vielen schönen Momente in      die Idee sicher schon vor sechs bis sie-        Programmheft. Es soll zeigen, dass
der Arbeit mit Menschen. Jene, die zu      ben Jahren, die VHS Götzis für Men-             auch dieses Angebot allen offen steht.
uns in die VHS Götzis kommen, kom-         schen mit Behinderungen zu öffnen.              Zudem haben wir die Kurszeiten ange-
men freiwillig und wollen sich bilden.     Denn für mich sind alle gleich wichtig.         passt. Aber gerade die PC- oder Koch-
Wir können ihnen dafür ein breites An-     Alle können voneinander profitieren und         Kurse sind schon jetzt ein gutes
gebot bieten – von Basisbildung über       sich gemeinsam weiterentwickeln. Mit            Beispiel für inklusives Lernen. Wir neh-
Kurse zur Gesundheit oder Förderung        dem barrierefreien Gebäude am Garn-             men auch immer wieder Ideen aus der
der Kreativität. Hier treffen sich Men-    markt war die bauliche Voraussetzung            Lebenshilfe-Akademie auf. So gibt es
schen unterschiedlichen Alters und Her-    schon mal gegeben. Um die Idee der              jetzt einen Kurs zum richtigen Umgang
kunft und führen miteinander Ge-           „Inklusiven Volkshochschule (IVHS)“             mit Geld.
spräche. So entsteht zum Beispiel am       umzusetzen, brauchte es eine Koope-
Kaffeeautomaten ganz selbstverständ-       ration. Daher habe ich mit der Lebens-          Aber es gibt ja nicht nur den Direk-
lich Integration.                          hilfe Kontakt aufgenommen und wir               toren-Job. Was machen Sie in Ihrer
                                           entwickelten gemeinsam die Kurse.               Freizeit?
Wie kam es zur Inklusiven VHS und                                                          Ich tue gerne, was ich tue. Aber natür-
zur Zusammenarbeit mit der Lebens-         Werden die Kurse der IVHS gut                   lich braucht es auch Zeit zum Abschal-
hilfe Vorarlberg?                          angenommen?                                     ten. Meine Freizeit verbringe ich mit
Schon in meiner Kindheit in Bozen          Die Kurse werden schon sehr gut ange-           meiner Frau und meinen drei Kindern
habe ich Erfahrungen mit Menschen mit      nommen. Aber natürlich könnten es               meist in der Natur. Je nach Jahreszeit
Beeinträchtigungen gesammelt – wie         noch mehr nutzen. Zudem ist der                 gehen wir Wandern oder Skifahren,
etwa mit meinem Vater, der blind ist.      Aspekt des Inklusiven noch nicht über-          aber wir reisen auch gerne. Besuche bei
Während meiner Tätigkeit in der VHS        all gegeben – denn meist sind mehr              meinen Eltern in Bozen sind eine will-
Bozen wurden dort schon Kurse für          Menschen mit Behinderungen in den               kommene Abwechslung und neben
diese Zielgruppe angeboten, wie sport-     Kursen als ohne. Dafür haben wir im             meinem Wohnort Hörbranz ist es meine
liche Angebote zu Yoga, Schwimmen          Herbst nun die Kurse der IVHS auch di-          zweite Heimat, wo ich mich wohlfühle.
MAGAZIN                                                                    19

Niederösterreich: PatientenInnen-
Broschüre in leichter Sprache
In Niederösterreich gibt es eine Bro-             Was ist für dich als Selbstvertreter
schüre mit dem Titel „Informiert als              persönlich dabei wichtig?                          INFO          Medinklusions-
Patientin und Patient“. Als Selbstver-            Es ist mir sehr wichtig, dass Menschen                           Ambulanz
treter der Lebenshilfe Niederöster-               mit Behinderungen keine Angst mehr
reich war Andreas Zehetner an der                 haben vor der Ärztin oder dem Arzt. Und
                                                                                                                                  z (MIA) ist
                                                                                                      Medinklusions-Ambulan
Erstellung beteiligt.                             dass sie verstehen, was sie oder er sagt.
                                                                                                                               desklinikum
                                                                                                      als Pilotprojekt im Lan
                                                  Sie sollen sich gut auf den Arztbesuch
                                                                                                                           t. Da  s Angebot
                                                                                                      Melk (NÖ) gestarte
Hast du die Broschüre angestoßen?                 vorbereiten können. Es ist wichtig, dass
                                                                                                                              en  mit Behin-
                                                                                                      richtet sich an Mensch
Nein, die Idee zur Broschüre hatte die            Vertrauen aufgebaut wird – zwischen der
                                                                                                                                 er  grundle-
                                                                                                      derungen, die nach ein
Landesregierung – genauer gesagt Lan-             Ärztin oder dem Arzt und uns Menschen
                                                                                                                                t der Haus-
                                                                                                       genden Abklärung mi
desrätin Barbara Schwarz. Es gab vorher           mit Behinderungen.
                                                                                                                                   t eine spe-
                                                                                                       ärztin bzw. dem Hausarz
ein kleines Heft zum selben Thema, das
                                                                                                                                   gnostische
                                                                                                       zielle, weiterführende dia
war aber nicht in leichter Sprache.               Kennst du die Medinklusions-Ambu-
                                                                                                                                  klärung im
                                                                                                       und therapeutische Ab
                                                  lanz (MIA) in Melk?
                                                                                                                                  en. Das Per-
                                                                                                       Landesklinikum benötig
Wer war alles daran beteiligt?                    Ich selbst war noch nicht dort. Wir haben
                                                                                                                           im   Um   gang mit
                                                                                                        sonal ist geschult
Jemand von der Sozialabteilung des                die Fotos für die Broschüre im Kranken-
                                                                                                                               de  run   gen. Es
                                                                                                        Menschen mit Behin
Landes, je eine Selbstvertreterin oder ein        haus Melk gemacht. Es sind noch wei-
                                                                                                                                   Kra nk  heits-
                                                                                                        kennt die spezifischen
Selbstvertreter von der Caritas und der           tere solcher Ambulanzen in Planung: in
                                                                                                                                     m    au f die
                                                                                                        bilder und geht behutsa
Lebenshilfe Niederösterreich. Dann noch           Gmünd, Wiener Neustadt und Mistel-
                                                                                                                                  isse   de r Per-
                                                                                                         Wünsche und Bedürfn
Prim. Dr. Walter Fuchs und DGKP Jo-               bach. Ich wünschte mir, dass es so etwas
                                                                                                                                       n Vorge-
                                                                                                         son ein. Oftmals werde
hann Mosch von der medizinisch inklusi-           in Vorarlberg auch gibt. Die Ärztinnen
                                                                                                                                    ten Person,
                                                                                                         spräche mit der begleite
ven Ambulanz des Krankenhauses Melk.              und Ärzte nehmen sich dort Zeit für Vor-
                                                                                                                                     gleitperso-
                                                                                                         den Angehörigen und Be
                                                  gespräche mit den Betroffenen, Angehö-
                                                                                                                            Än  gst  e abzubau-
                                                                                                         nen geführt – um
Wo wird das Heft überall verwendet?               rigen und Begleitpersonen. Hier wird viel
                                                                                                                                od  er Operatio-
                                                                                                          en. Untersuchungen
Hauptsächlich bei Hausärztinnen und               Vertrauen aufgebaut. Das ist gut!
                                                                                                                                    ert , dass nur
                                                                                                          nen werden so koordini
-ärzten in deren Praxis. Aber es ist auch
                                                                                                                                       ist . Mehr
                                                                                                          eine Vollnarkose nötig
für die Krankenhäuser gedacht.                                                                            unter www.melk.lknoe.at

Andreas Zehetner (l.) mit der Broschüre in leichter Sprache und im Interview mit Friedrich Gföllner (Lebenshilfe Vorarlberg, r.).
20                           DAS INTERVIEW

„Mit diesem Ehrenamt möchte ich
etwas zurückgeben“
                    Bei der Jahreshauptversammlung am          ermöglicht, wie etwa in die Berge wan-
Interview mit       18. Juni 2018 wurde Adriane Feur-          dern zu gehen. Daher möchte ich mit
                    stein einstimmig zur neuen Präsiden-       diesem Amt und meinem Engagement
Adriane Feurstein   tin der Lebenshilfe Vorarlberg ge-         etwas zurückgeben.
                    wählt. Wir haben die Ärztin und Mut-
                    ter einer Tochter mit hohem Unter-         Ist Ihnen die Entscheidung für das
                    stützungsbedarf zum Interview ein-         Ehrenamt leicht gefallen?
Neue Präsidentin    geladen, um mehr zu ihren Beweg-           Nein, gar nicht – ich habe sehr lange
                    gründen für das Ehrenamt und ihren         überlegt. Meine Gedanken waren: „Ich
der Lebenshilfe     Ambitionen zu erfahren.                    bin berufstätig, habe ich die Zeit dafür?
                                                               Ich habe in meinem Beruf auch Bereit-
Vorarlberg          Bereits im Angehörigen-Beirat haben        schaftsdienste und kann daher nicht so
                    Sie sich engagiert. Warum jetzt als        spontan sein. Nora braucht mich, sie
                    Präsidentin?                               kommt oft am Wochenende nach Hause
                    Als mich meine Vorgängerin Gabriele        und ich besuche sie gerne im Wohn-
                    Nußbaumer gefragt hat, ob ich das Amt      haus. Der Oma-Tag mit meinen Enkel-
                    übernehmen möchte, war ich ganz über-      kindern ist mir sehr wichtig….“
                    rascht. Aber sie meinte, dass gerade die
                    Anliegen von Menschen mit hohem Un-        Dazu noch der Name „Präsidentin“,
                    terstützungsbedarf und deren Angehöri-     denn Präsentieren in der Öffentlichkeit
                    gen mehr in den Mittelpunkt rücken         ist eigentlich nicht so meine Sache. Aber
                    sollten. Da meine Tochter Nora einen       Gabriele Nußbaumer hat mir bei einem
                    hohen Unterstützungsbedarf hat, kann       persönlichen Treffen Mut gemacht, auch
                    ich mich gut in die Lage der Eltern ver-   dass ich den Zeitaufwand selbst lenken
                    setzen. Zudem haben Nora und ich eine      kann. Zudem habe ich es mit meiner Fa-
                    hohe Lebensqualität, dank der Beglei-      milie besprochen. Sie konnten es sich
                    tung im Wohnhaus Dornbirn Birken-          gut vorstellen und sie wussten, es liegt
                    wiese oder damals als sie klein war        mir, denn es geht um mein Lebens-
                    durch den Familienservice. Nora hat im     thema. Denn seit Noras Geburt enga-
                    Wohnhaus eine Lebensform gefunden,         giere ich mich für die Verbesserung der
                    die sie als erwachsener Mensch auto-       Lebensqualität von Menschen mit Be-
                    nom werden ließ und wo sie sich wohl-      hinderungen und ihre gesellschaftliche
                    fühlt. Mir hat es wiederum Freiräume       Teilhabe. Nora ist daher in den Integrati-
DAS INTERVIEW                                                       21

onskindergarten und in eine Integrati-       möchten – sei es, dass sie in ihrer Ge-
onsklasse gegangen. Zudem habe ich           meinde bleiben möchten. Um herauszu-
2002 mit anderen Eltern den Verein „Fü-      finden, was die Betroffenen möchten, ist
ranand“ in Dornbirn gegründet. Nora          die „Persönliche Zukunftsplanung“ (PZP)
wird noch heute dort tagsüber begleitet.     entscheidend. Als Ärztin ist mir natürlich
                                             das Thema Gesundheit sehr wichtig.
Was sehen Sie als Ihre Aufgabe als           Denn schon in der UN-Konvention ist
Präsidentin?                                 das Recht auf Gesundheit für Menschen
Ich sehe meine Aufgabe darin, die Inter-     mit Behinderungen verankert.
essen von Menschen mit Behinderun-                                                                  Vorstand
gen und ihren Angehörigen zu vertreten.      Was ist Ihnen beim Thema Gesund-             INFO      des Vereins
Mit der Lebenshilfe im Hintergrund ist es    heit besonders wichtig?
möglich, mit den politischen Verantwort-     Gerade der Krankenhaus Pass hilft in
lichen zu sprechen und auch etwas zu         der Kommunikation mit Menschen mit                                        entin
erreichen. Ich finde aber besonders den      hohem Unterstützungsbedarf sehr wei-
                                                                                           Adriane Feurstein, Präsid

Austausch mit Betroffenen entschei-          ter. Daher sollte er weiterentwickelt wer-
                                                                                                              rar lbe rg
                                                                                           der Lebenshilfe Vo
dend. Ich möchte ihnen zuhören und er-       den. Zudem würde ich eine eigene
                                                                                                                    to,
                                                                                           Michaela Wagner-Brai
                                                                                                                     Vereins
fahren, was sie möchten. Daher ist es so     Ausbildung für inklusive Medizin, wie es
                                                                                           Geschäftsführerin de    s

bereichernd, dass Klaus Brunner als ge-      sie in Holland gibt, sehr begrüßen.
                                                                                            (beratend)

wählter Selbstvertreter im Vorstand der
                                                                                            Klaus Brunner,
                                                                                                                     tvertre-
Lebenshilfe Vorarlberg ist. Er sagt uns      Wichtige Themen sind aber auch ge-
                                                                                            Vorsitzender des Selbs

ganz klar, was wichtig ist. Ich möchte mit   sunde Ernährung oder Mobilität. Auch
                                                                                             tungs-Beirates

den Selbstvertretern im Gleichschritt        die psychische Gesundheit ist für das
                                                                                             Raimund Frick,
                                                                                                                      nder des
gehen. Auch die Begegnungen und der          Wohlbefinden ausschlaggebend. Dann
                                                                                             Vizepräsident, Vorsitze
                                                                                                                      nen
Austausch beim jährlichen Trialog der        sollte auf die Zahnhygiene und Zahnbe-
                                                                                              Ausschusses der Re gio

Lebenshilfe-Akademie sind sehr wertvoll      handlung geachtet werden. Was bei
                                                                                             Werner Summer,
                                                                                                                      zaus-
für mich. Den Austausch mit anderen Or-      Menschen mit hohem Unterstützungs-
                                                                                              Vorsitzender des Finan

ganisationen möchte ich auch angehen.        bedarf in der Umsetzung schwierig sein
                                                                                             schusses

                                             kann. Denn gerade sie können Schmer-
                                                                                             Andrea Feuerstein,
                                                                                                                     rigen-
Welche Themen sind Ihnen ein An-             zen nicht klar bestimmen. Die Diagnostik
                                                                                             Vorsitzende des Angehö

liegen?                                      ist daher sehr schwierig. Umso wichtiger
                                                                                             Beirates

Ein wichtiges Thema ist „Arbeit statt Ta-    sind die Bezugspersonen (Angehörige,
                                                                                             Gerhard Huber,

schengeld“. Auch Menschen mit hohem          Begleitpersonen), die die Betroffenen
                                                                                                                    s
                                                                                             Mitglied des Vorstande

Unterstützungsbedarf sollen am allge-        sehr gut kennen. Alles in allem ist ein
meinen Arbeitsmarkt arbeiten können.         gutes Auge für die Pflege entscheidend
Dafür ist ein Umdenken und die Sicher-       – und es lohnt sich.
stellung für persönliche Assistenz not-
wendig. Es soll ihnen auch möglich sein,
dort zu arbeiten und zu wohnen, wo sie
22

     Jessica Seewald (r.) mit ihrer Aus-
     bilderin Ursula Amann im IAZ
     Röthis.

     Unten: Auch kreative Produkte
     werden im IAZ Röthis hergestellt,
     wie hier von Stefanie Peter (l.).
     Rechts: Ulrike Amann (ALLMENDA,
     l.) und Armin Hotz (M.) mit seinem
     IAZ-Team vom „‘s Fachl-Eck“.
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