Humanité - Schweizerisches Rotes Kreuz
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Humanité 2 | 2021 Besuchs- und Begleitdienst SRK Keine Einsamkeit zu Hause Schutzimpfung gegen Covid-19 Solidarität beim Impfen ist eine Frage der Vernunft Fahrtraining für Freiwillige Man lernt nie aus Nothilfe-Einsatz in Äthiopien Eine Reise mit mehr als einem Auftrag im Gepäck
Gemeinsam für eine nachhaltige Entwicklung Das Schweizerische Rote Kreuz engagiert sich für die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, besonders für 11 dieser Ziele. Beispiele dafür finden Sie in dieser Ausgabe. Erfahren Sie mehr zu den Zielen ➔ report.redcross.ch 4 REPORT – Besuchs- und Begleitdienst SRK Keine Einsamkeit zu Hause Impressum Das erste Mittel gegen Einsamkeit Humanité 2/2021 Juni 2021 3 ISSN 1664-1159 12 IM GESPRÄCH – Schutzimpfung gegen Covid-19 Foto Titel- und Rückseite: Remo Nägeli Solidarität beim Impfen ist Herausgeber: Schweizerisches Rotes Kreuz, eine Frage der Vernunft Rainmattstrasse 10, Postfach, 3001 Bern Telefon 058 400 41 11, info@redcross.ch, 1 3 10 16 www.redcross.ch Spenden: Postkonto 30-9700-0 14 VOR ORT – Fahrtraining für Freiwillige IBAN CH97 0900 0000 3000 9700 0 Beratung für Legate: Telefon 058 400 42 83 Man lernt nie aus 3 Adressänderungen: E-Mail an spenden@redcross.ch oder Telefon 058 400 44 64 16 ENGAGIERT – Gutes tun im hier und jetzt Redaktionsadresse: Schweizerisches Rotes Kreuz, Redaktion Humanité, Ein grosszügiges Versprechen Postfach, 3001 Bern, humanite@redcross.ch, www.magazin-humanite.ch Redaktion: Tanja Reusser (Redaktionsleitung), Sabrina Hinder 18 EINBLICK – Integratives Rettungsschwimmen (allgemeine Kommunikation), Ursula Luder (Kommunikation Gesundheit und Integration), Katharina Schindler (Kommuni- Alles ist einfach normal kation Internationale Zusammenarbeit) 3 4 10 Mitarbeitende dieser Ausgabe: Franziska Bundi, Célia Francillon, Markus Mader, Janine Michel, 22 ERLEBT – Nothilfe-Einsatz in Äthiopien Evelyne Monnay, Marco Ratschiller, Joëlle Scacchi, Katrin Schöni, Carmen Steimann Eine Reise mit mehr als einem Auftrag im Gepäck Abo-Kosten: Das Abonnement kostet CHF 6.– 1 2 3 6 10 16 pro Jahr und ist für SRK-Gönnerinnen und SRK-Gönner im Beitrag enthalten. Erscheinungsweise: vier Mal jährlich 24 ZUR SACHE – infobox-migration.ch Sprachen: Deutsch, Französisch und Italienisch Gesamtauflage: 121 365 Wissen für Freiwillige Bildrechte aller Fotos ohne Hinweis: 4 10 Schweizerisches Rotes Kreuz Übersetzungen: Übersetzungsdienst SRK 25 ÜBERZEUGT – Parlamentarische Gruppe Rotes Kreuz Layout, Lektorat und Druck: Vogt-Schild Druck AG, Derendingen Den Verletzlichsten Gehör verschaffen 10 16 Nächste Ausgabe: August 2021 26 FÜR SIE DA – chili – das Konflikttraining des SRK Respektvoller Umgang auf digitalen Plattformen 3 4 10 Drucksache myclimate.org/01-21-792201 29 KREUZ & QUER Für Humanité wird ausschliesslich Recyclingpapier verwendet, das aus 100 % Altpapier hergestellt wur- de. Dies schont Ressourcen und somit die Umwelt. Rezept/Rätsel/Cartoon 2 Humanité 2/2021
© Roland Blattner E D ITOR I A L Eine Stimme für die Verletzlichsten Liebe Leserin, lieber Leser Die Welt hat sich in einem fast unvorstellbaren Ausmass verändert, seit Henry Dunant vor bald 160 Jahren seine Vision der Rotkreuz- und Rothalbmondbewe- gung zu Papier gebracht hat. Was kaum anders ist als damals: Den Verletzlichsten fehlen meist die Ressourcen, um ihre Anliegen selber so stark zu vertreten, dass sie Gehör finden. Gemäss dem Grundsatz der Menschlichkeit sind wir vom Roten Kreuz dazu aufgerufen, unsere Stimme für die Verletzlichsten zu erheben. Das tun wir, indem wir uns auch für Gerechtigkeit und Solidarität einsetzen, was die Impfung gegen Covid-19 betrifft. Auch Menschen, die sich einsam fühlen, leiden still. Viele sind kaum in der Lage, selber die Initiative zu ergreifen und nehmen ihre Situation als gegeben hin. Des- halb braucht unsere Gesellschaft viele achtsame, aktive Menschen, die sich auch um Schwächere kümmern, die nicht zu ihren Angehörigen oder engsten Bekann- ten zählen. Deshalb mein persönlicher Vorsatz und gleichzeitig mein Appell an Sie: Wecken wir den Henry Dunant in uns! Denn auch der Rotkreuz-Gründer war ein zufällig Anwesender, der das Schlachtfeld von Solferino hätte verlassen können, als wäre nichts geschehen. Unsere Welt wäre heute viel weniger menschlich. Ich wünsche Ihnen eine inspirierende Lektüre. Mit herzlichen Grüssen Markus Mader Direktor des Schweizerischen Roten Kreuzes Humanité 2/2021 3
R E PO RT Besuchs- und Begleitdienst SRK Keine Einsamkeit zu Hause Maria Marinelli, 85, liebt es, zu sprechen. Die an sich gesellige Seniorin empfängt alle mit ei- nem grossen Lachen. Doch mit den gesundheitlichen Problemen wurde die Einsamkeit grös- ser und das Lachen seltener. Seit Maria Marinelli die Rotkreuz-Freiwillige Silvina Valente, 49, kennt, gibt es wieder einen Höhepunkt im eintönigen Alltag. Dank dem Roten Kreuz ist eine besondere Freundschaft entstanden, welche die Corona-Pandemie überdauert hat. TEXT: JOËLLE SCACCHI FOTOS: REMO NÄGELI 4 Humanité 2/2021
R E PO RT E s ist ein bemerkenswerter Ent- scheid, den Silvina Valente aus Lausanne vor rund zwei Jahren trifft: Die heute 49-Jährige meldet sich beim Roten Kreuz Waadt, weil sie für einen anderen Menschen nützlich sein will. Bemerkenswert deshalb, weil Silvina Valente mit einem hohen Teilzeitpen- sum als Pflegefachfrau arbeitet und einen kleinen Sohn hat. «Das soziale Engagement ist für mich sehr wichtig. Um mit mir selbst und der Erziehung, die ich meinem Sohn vermitteln will, im Einklang zu sein, hatte ich Lust, mich konkret zu engagieren.» Zudem habe sie in der Region keine nahen Familien- angehörigen. Ebenfalls vor gut zwei Jahren beschlies- sen Maria und Antonio Marinelli, sich beim Besuchs- und Begleitdienst SRK in ihrer Region zu melden. Die heute 85-Jährige leidet zunehmend darun- ter, dass ihr Ehemann mehrheitlich ihr einziger Gesprächspartner ist und sie fast vollständig auf ihn angewiesen Für Silvina Valente sind die Gespräche eine Bereicherung – die Rotkreuz-Freiwillige spricht gerne Itali ist. Sie muss damit umgehen, dass ihre gesundheitlichen Probleme altersbe- dingt immer schlimmer werden und mehr verlassen. Das Ehepaar ist in den sprechende Gesprächspartnerin und kann ohne Hilfe die Wohnung nicht 1960er-Jahren aus Italien eingewan- Silvina Valente, die nach vielen Reisen dert. Während Antonio Marinelli bis zur sieben Sprachen beherrscht, will gerne Pensionierung als Privatchauffeur ar- Italienisch sprechen. beitete, führte seine Frau den Haushalt Seither haben die zwei Frauen eine und kümmerte sich um den Sohn. Ent- starke Beziehung aufgebaut. «Silvina sprechend bleibt bis heute der Freun- ist unglaublich! Für uns ist sie wie eine deskreis der an sich geselligen Frau sehr überschaubar. «Silvina ist unglaublich! Die Situation seiner Frau macht auch Für uns ist sie wie eine Tochter.» Antonio Marinelli zu schaffen, der sich noch guter Gesundheit erfreut und alle anfallenden Arbeiten im Haushalt erle- Tochter», erklärt Maria Marinelli vol- digt. Jeden Morgen geht der 86-Jährige ler Emotionen. Sie trinken gemeinsam einkaufen. Ein- bis zweimal pro Woche Kaffee, sprechen über die Arbeit von fährt er seine Frau mit dem Auto zur Silvina Valente, und lassen die Vergan- Physiotherapie. Abgesehen davon geht genheit aufleben. Im Laufe ihrer Ge- Maria Marinelli selten raus und hat spräche stellen die zwei Frauen zu ihrer wenig Besuch. Nur ein Mal pro Woche Freude fest, dass ihre Erinnerungen an hilft eine Pflegefachfrau Maria Marinelli die Jugend in Chieti, in den Abruz- beim Duschen. zen, zusammenlaufen. Silvina Valente hatte mit 18 Jahren dort ihre Ferien Was passt, findet zusammen verbracht, sich verliebt und Italienisch Dank der Koordination durch das Rote gelernt. Im gleichen Alter, aber zu ei- Kreuz Waadt finden Silvina Valente und ner anderen Zeit, hatte Maria Marinelli Maria Marinelli vor zwei Jahren zuei- dort geheiratet. nander. Es passt für beide vom ersten Jeden Mittwochmorgen verbringt Sil- Antonio Marinelli, 86, kümmert sich um den Besuch an: Die gebürtige Italienerin vina Valente einige Stunden mit Ma- ganzen Haushalt und betreut seine Frau wünscht sich sehnlichst eine italienisch- ria Marinelli, bevor sie ihren Sohn von 6 Humanité 2/2021
REPORT enisch und erfährt viel über frühere Zeiten Mit Silvina Valente geht Maria Marinelli gerne auf einen kleinen Spaziergang der Schule abholt. Maria Marinelli ist als Pflicht empfindet, sondern als berei- seltener zu besuchen: «Vor zwei Jah- vergnügt, wenn sie mit ihrer Freun- chernd erlebt. Umso mehr sehnen bei- ren, als ich mein Engagement begann, din ein paar Schritte der Strasse ent- de Frauen den Tag des Wiedersehens arbeitete ich nur 50 % und hatte mehr lang spazieren kann. Glücklicherweise herbei. Seit sie geimpft sind, führen die Zeit. Obwohl ich jetzt mehr arbeite, ist verfügt das Gebäude in Lausanne, in zwei Freundinnen ihre wöchentlichen es undenkbar für mich, Maria im Stich dem Marinellis wohnen, über einen Treffen fort. Trotz einem herausforden- zu lassen!» kleinen Lift, in den der Rollator gerade den Berufsalltag denkt Silvina Valente ➔ redcross.ch/besuchsdienst reinpasst. Die letzten zehn Stufen muss nicht daran, Maria Marinelli künftig die Seniorin jedoch zu Fuss gehen und hat grosse Angst, zu stürzen. Die klei- nen Spaziergänge mit Silvina Valente sind ein Höhepunkt der Woche, bis im März 2020 die Corona-Pandemie aus- bricht. Echte Freundschaft überwindet die Krise Während fast einem Jahr fühlt sich Ma- ria Marinelli, die Menschen und den Austausch so liebt, stark isoliert. Zum Glück hält Silvina Valente den Kontakt mit regelmässigen Telefongesprächen aufrecht. Das sei ein Geschenk des Himmels gewesen in dieser schwieri- gen Zeit, betont Maria Marinelli. Doch die Angst vor der Krankheit und die Einsamkeit setzen ihr zu. Auch Silvina Valente vermisst die Treffen mit der äl- teren Frau, da sie ihr Engagement nicht Ohne Hilfe kann Maria Marinelli diese Stufen im Treppenhaus nicht überwinden Humanité 2/2021 7
R E PO RT Regelmässige Gespräche Das erste Mittel gegen Einsamkeit Einsamkeit und Probleme mit der psychischen Gesundheit nehmen zu. Wichtige Bezugsper- sonen für isolierte Menschen sind die Freiwilligen des Besuchs- und Begleitdienstes SRK. In der Pandemie sind sie gefragter denn je, aber auch besonders gefordert. TEXT: CARMEN STEIMANN J ede dritte Person leidet in der Schweiz unter Einsamkeit. Besonders betrof- fen sind Pensionierte, Jugendliche und Leiter Entlastungsdienst des SRK Kanton Solothurn, bestätigt, dass Einsamkeit wegen Corona zu einem noch grösse- Schutzkonzept und der Impfung dürfen wir uns im Besuchs- und Begleitdienst wieder fast wie gewohnt engagie- zugezogene Menschen. Rund 70 000 äl- ren Problem geworden ist. Zu Beginn ren», freut sich Mario Wüthrich. Betag- tere Menschen fühlen sich einsam. Dies te Menschen, die besonders oft unter zeigt die letzte Schweizerische Gesund- Regelmässige Besuche helfen ungewollter Einsamkeit leiden, haben heitsbefragung, die noch vor Corona Menschen, die sich einsam meistens körperliche Beschwerden. Die durchgeführt wurde. Die Schutzmass- fühlen. Sie durchbrechen die Besuche der Rotkreuz-Freiwilligen ent- nahmen während der Pandemie haben Isolation und stärken das lasten zudem die pflegenden Angehöri- die Einsamkeit verstärkt. Die meisten psychische Wohlbefinden. gen. Dies zeigt auch die Reportage über Betroffenen leiden still. Sie wären be- Maria Marinelli (ab Seite 4). Im Vorder- sonders auf Unterstützung angewiesen. der Pandemie waren Besuche kaum grund steht jedoch immer der persönli- Denn regelmässige Besuche helfen den möglich und Betroffene zogen sich noch che Kontakt. Therapeutische Leistungen Betroffenen nachweislich. Sie durchbre- mehr zurück. Glücklicherweise sind Be- oder Hausarbeit gehören nicht zu den chen die Isolation und stärken das psy- suche wieder möglich, wenn das Schutz- Aufgaben der Freiwilligen. chische Wohlbefinden. Mario Wüthrich, konzept eingehalten wird. «Dank dem Ein fixer Termin in der Agenda Wegen der höheren Lebenserwartung nutzen mehr ältere Frauen als Männer den Besuchsdienst. «Frauen sind wohl auch eher für einen Schwatz zu haben», glaubt Mario Wüthrich. Doch gemäss sei- nen Beobachtungen hätten alleinleben- de Männer das Angebot des SRK oftmals nötiger als die Frauen. Denn Frauen wür- den eher selber aktiv für soziale Kontakte sorgen. Mario Wüthrich fände es erfreu- lich, wenn vermehrt Männer ohne sozi- ales Netzwerk sich bei ihrem SRK-Kanto- nalverband melden würden. «Doch es ist verständlich, dass es nicht einfach ist, sich selber einzugestehen, dass man zu oft allein ist.» Es braucht Angehörige oder Bekannte, die alleinstehenden Menschen © iStock/Sladic eine Anregung geben oder aktiv nach ei- ner Lösung suchen. Nicht selten entstehen tragfähige Bezie- Mehr als zusammen plaudern: Die Besuche der Freiwilligen sorgen häufig für mehr Bewe- hungen. «Deshalb wird so gut wie nie gung, weil ein Spaziergang zur gemeinsam verbrachten Zeit dazugehört eine Vertretung gewünscht, wenn die 8 Humanité 2/2021
REPORT KURZ BEFRAGT SILVAN HOLZER Der 46-Jährige ist seit 8 Jahren als Kinder- und Jugendpsychologe am Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer SRK in Wabern tätig. WAS DEUTET BEI KINDERN UND JUGENDLICHEN AUF PSYCHISCHE PROBLEME HIN? Bei länger andauernden oder stark ausgeprägten Symptomen von Freud- und Lustlosigkeit, Verhaltens problemen, Lernschwierigkeiten und sozialem Rückzug wie etwa der Vernachlässigung von Hobbys und Freundschaften sollten Eltern sich an eine Fachperson wenden. Studien zeigen, dass psychische Probleme bei Kindern und Jugendlichen oftmals schneller zurückgehen, wenn sie mög- lichst rasch therapeutische Unterstüt- zung bekommen. Eine erste Anlauf- © Ruben Ung stelle ist immer der Kinderarzt oder die Hausärztin. WAS KANN MAN ALS ELTERN Wenn zwei Fussballfans sich treffen: Auch Männerfreundschaften entstehen dank dem Besuchs- und Begleitdienst SRK SONST NOCH TUN? Seien Sie weiterhin wie ein Leucht- Freiwillige oder der Freiwillige in den Fe- ses hat zum Ziel, dass vermehrt jünge- turm in der Brandung für Ihr Kind. Vermitteln Sie Sicherheit und Halt. rien weilt oder krank ist. Eine vertraute re Männer und Frauen ein freiwilliges Sprechen Sie mit Ihrem Kind und Bezugsperson lässt sich nicht ersetzen», Engagement mit ihrer Berufstätigkeit teilen Sie ihm Ihre Beobachtungen stellt der Leiter des Entlastungsdienstes vereinbaren können. Doch auch für die und Sorgen mit. Hilfreich ist es, die derzeit mehrheitlich älteren Freiwilligen alltägliche Routine und Rituale weiter- zuführen. Organisieren Sie bewusste Es braucht Angehörige oder Be- erfüllt der Besuchsdienst eine wichtige Auszeiten und fördern Sie die Stärken kannte, die alleinstehenden Men- soziale Funktion. «Die Austauschtreffen oder Hobbys Ihres Kindes. So kann schen eine Anregung geben oder unter den Freiwilligen wurden letztes es sich selbstwirksam erleben. Seien aktiv nach einer Lösung suchen. Jahr sehr vermisst», erklärt Mario Wüth Sie nachsichtig, wenn in Belastungs- situationen das Bedürfnis nach Nähe rich. Dank Weiterbildungen und Ver- und Fürsorge grösser ist. Auch eine fest. Solche Freundschaften bestehen netzung sorgt das SRK für die Qualität ausgewogene Ernährung, Bewegung jahrelang. Die meist wöchentlichen Be- der Freiwilligenarbeit. Derzeit wird der sowie ein altersangemessener Schlaf- suche sind fixe Termine, die selten ver- Besuchs- und Begleitdienst SRK durch rhythmus und Medienkonsum wirken schoben werden. 22 Kantonalverbände des SRK ange- sich positiv aus. boten. Im Pandemie-Jahr 2020 wurden WIE WICHTIG SIND GLEICH Zukunft des Besuchsdiensts trotz Einschränkungen rund 120 000 ALTRIGE? In der akuten Phase der Pandemie wur- Stunden Freiwilligenarbeit beim Be- Die sogenannten Peer Groups sind den die Besuche wenn immer möglich suchs- und Begleitdienst SRK geleistet. für die Entwicklung eigener Normen durch Telefongespräche ersetzt. «Aber und Wertvorstellungen bedeutsam. ➔ redcross.ch/besuchsdienst Sie sind im Übergang zum Erwachse- da die Besuche meist eine Aktivität wie nenalter identitätsbildend. Durch die einen Spaziergang oder ein Spiel bein- Kontakteinschränkungen während der MARIO WÜTHRICH halten, ist das auf Dauer keine Lösung», Pandemie können vermehrt innerfa- Der 53-Jährige leitet den weiss Mario Wüthrich. Es brauche den miliäre Spannungen auftreten. Jedoch Entlastungsdienst des sind die Jugendlichen gut vernetzt und persönlichen Kontakt auch in Zukunft, SRK im Kanton Solothurn. Weitere 21 SRK-Kantonal kreativ. Sie finden Möglichkeiten, sich davon ist er überzeugt. Um die Dienst- trotzdem auszutauschen, zum Beispiel verbände bieten den leistung weiterzuentwickeln, arbeitet Besuchs- und Begleit- virtuell. das SRK an einem neuen Konzept. Die- dienst an. Humanité 2/2021 9
Regelmässig spenden: einfach für Sie – lebensrettend für Menschen in Not Es ist einfach, eine regelmässige Spende einzurichten. Und bereits mit 1 Franken pro Tag helfen Sie Menschen in Not wirksam: durch die Förderung der Gesundheit, die Begleitung alleinstehender Menschen und die professionelle Hilfe bei Katastrophen. Ihre regelmässige Spende rettet Leben. Spenden Sie regelmässig, weil... 1 2 3 ... Sie so tagtäglich Ihren Mit- ... Sie so dank tiefer Verwal- ... Sie die Not von Menschen menschen helfen. tungskosten mehr bewirken. dauerhaft verbessern. Bitte senden Sie mir Unterlagen zum regelmässigen Spenden zu. Ganz einfach geht’s online: Vorname/Name: www.redcross.ch/dauerspenden Strasse/Nr.: Oder rufen Sie unseren Gönnerservice an: PLZ/Ort: Geburtsdatum: Simon Bienz Leiter Gönnerservice Tel.: E-Mail: 058 400 44 64 Unterschrift: Bitte einsenden an: Schweizerisches Rotes Kreuz, Gönnerservice, Rainmattstrasse 10, Postfach, 3001 Bern MAI 2021 Oder obenstehende Angaben per E-Mail an: spenden@redcross.ch
KU R Z & BÜ N D I G SRK-Jugend ■ Vor allem junge Menschen erhalten dank ihrem sozialen Einsatz eine Struk- © Salvadorianisches Rotes Kreuz tur in dem monotonen Alltag und fühlen sich nützlich. Das Jugendrotkreuz und die Jugendorganisationen der SRK-Ret- tungsorganisationen haben Schutzkon- zepte ausgearbeitet, die strikt eingehal- ten werden. Falls möglich finden Treffen und Einsätze draussen statt. Ansonsten werden Alternativen gesucht. So sind Weltrotkreuztag für grenzenlose Solidarität und waren Freiwilligeneinsätze wäh- ■ Am 8. Mai – dem Jahrestag der Ge- ausreichend Impfstoff, aber auch massi- rend der ganzen Pandemie möglich. Die burt Henry Dunants – feiert das SRK den ve Unterstützung bei den enormen logis- Einsätze in den SRK-Jugendorganisatio- Weltrotkreuztag. Dieses Jahr rufen wir tischen Aufgaben, die sie zu bewältigen nen stehen Menschen bis 30 Jahre offen. aus diesem Anlass zu weltweiter Soli- haben. Der Schutz von Leben, Gesund- ➔ redcross.ch/youth darität im globalen Kampf gegen die heit und Würde der Menschen, so SRK- Corona-Pandemie auf: Gemeinsam mit Präsident Thomas Heiniger, darf nicht unseren Partnern engagieren wir uns an den Grenzen der reichsten Länder weltweit dafür, dass auch ärmere Länder haltmachen. Mehr dazu im Beitrag auf ihre Risikogruppen so rasch wie möglich Seite 12. schützen können. Dazu benötigen sie © Blutspende SRK Schweiz Empfehlungen für Test- und Impfzentren ■ Das SRK hat zwei Ratgeber mit Emp- der Zentren. Sie haben zudem Schwie- fehlungen erarbeitet, die es den Verant- rigkeiten, sich für einen Termin oder ein wortlichen von Test- und Impfzentren Testresultat online zu registrieren. Eini- Tag der guten Tat erleichtern, ihr Angebot niederschwel- ge wünschen sich auch mehr mündli- bewegt die Schweiz liger zu gestalten. Denn neuere Studi- che Informationen. ■ Tausende von Freiwilligen haben den en zeigen, dass Men- zweiten «Tag der guten Tat» am 29. Mai schen mit niedrigem zum Anlass genommen, eine gute Tat sozioökonomischen umzusetzen. Die Initiative von Coop Status stärker von Co- zusammen mit dem SRK und weiteren vid-19 betroffen sind. Partnern war ein voller Erfolg: An ver- Die Hospitalisierungs- schiedenen Standorten konnten Frei- rate und Sterblichkeit willige Blut spenden oder sich für einen im Zusammenhang späteren Termin online anmelden. An mit Covid-19 sind bei der Initiative haben Gross und Klein, dieser Personengrup- von Kindern, Familien, Vereinen bis hin pe höher. Sie lassen zu Schweizer Promis teilgenommen. Da- sich weniger testen mit konnte das SRK gemeinsam mit fünf und impfen. Viele weiteren Partnern und Coop ein Zeichen finden nur mit Mühe für die Solidarität setzen. Details und Im- die Übersichtsseite im pressionen unter: Internet mit den re- ➔ tag-der-guten-tat.ch/rueckblick gionalen Standorten Humanité 2/2021 11
I M GESP R ÄCH © Philippinisches Rotes Kreuz Auf den Philippinen impft das Rote Kreuz im Auftrag der Behörden rund eine Million Menschen, die zu einer Risikogruppe zählen Schutzimpfung gegen Covid-19 Solidarität beim Impfen ist eine Frage der Vernunft Um die Corona-Pandemie zu überwinden, muss weltweit ein Grossteil der Bevölkerung ge- impft sein. Doch vielerorts gibt es noch keinen Impfstoff und für viele Länder sind teure Impf- kampagnen kaum finanzierbar. Jutta Engelhardt von der Internationalen Zusammenarbeit des SRK beschreibt im Interview die Herausforderungen und die Rolle des Roten Kreuzes. INTERVIEW: KATHARINA SCHINDLER Warum sind viele Länder noch weit viel schwieriger ist es in unseren Einsatz- Viele Menschen wohnen weit weg davon entfernt, dass ein Grossteil der gebieten in Asien, Afrika und Lateiname- von einem Gesundheitszentrum Bevölkerung geimpft ist? und es ist schwierig den Impfstoff rika. Viele Menschen wohnen weit weg In den meisten ärmeren Ländern gibt es ununterbrochen kühl zu halten. vom nächsten Gesundheitszentrum. Es noch keinen Impfstoff. Dazu kommt, dass fehlt an Geburtsregistern für eine syste- umfassende Impfkampagnen logistisch zahl mit 8,6 Millionen verhältnismässig matische Erfassung der Impfwilligen. Der extrem anspruchsvoll sind. Wir sehen es klein ist und wir eine gute Infrastruktur fachgerechte Transport und die Kühlung bei uns: Auch die Schweiz kämpft mit haben, braucht es einige Zeit, bis alle des Impfstoffes sind kaum möglich. Zu- Problemen. Obschon die Bevölkerungs- Impfwilligen zwei Mal geimpft sind. Noch dem fehlt teilweise auch das Vertrauen in 12 Humanité 2/2021
IM G E S PR ÄC H die Schulmedizin – um nur einige Heraus- forderungen zu nennen. Gibt es in Afrika und Südamerika vie- le Menschen, die skeptisch eingestellt sind gegenüber der Impfung? Fehlinformationen und Gerüchte sind weit verbreitet, schon seit Beginn der Pande- mie. Viele Menschen haben Angst, dass sie von der Impfung krank werden, oder dass sie als Testpersonen missbraucht werden. Im Bereich der Aufklärung spielt das Rote Kreuz eine wichtige Rolle. Mit seinen loka- len, gut geschulten Freiwilligen ist es nahe bei den Menschen. Die Freiwilligen sind Teil der Dorfgemeinschaften. Sie kennen © IFRC sowohl die Sprache als auch die lokalen Gewohnheiten. Deshalb vertraut ihnen die Mehr als 15 000 Freiwillige vom Roten Halbmond sind im Einsatz, um die Bevölkerung in Bangladesch zu impfen – das SRK unterstützt das Impfprogramm Bevölkerung. Letztes Jahr haben Rotkreuz- Freiwillige weltweit mehr als 300 Millionen dämmen. Das ist nicht nur eine Frage der somit vermehrt auch Krankheiten, die Menschen über Covid-19 informiert und die Solidarität und der Gerechtigkeit, sondern man teils erfolgreich eingedämmt hatte, Präventionskampagnen bis in entlegene auch der Vernunft: Die Pandemie ist eine wieder die Gesundheit der Menschen. Dörfer gebracht. Auch bei der Aufklärung globale Herausforderung und kann nicht zur Impfung sind sie wieder enorm wichtig. in einigen wenigen Ländern überwunden Gibt es ein konkretes Beispiel? werden. Es braucht einen gemeinsamen, Mehr als 117 Millionen Kinder weltweit Was geschieht sonst noch auf interna- internationalen Effort. sind derzeit dem Risiko ausgesetzt, die tionaler Ebene? lebensrettende Impfung gegen Masern Mit der Covax-Initiative verpflichten sich Wie engagiert sich das SRK? und Röteln nicht zu erhalten. In 24 Län- finanzstärkere Länder dazu, einen Teil des Im ersten Jahr der Pandemie hat das SRK dern wurden diese Impfkampagnen we- Impfstoffs den Ländern zukommen zu las- seine Programme flexibel umgestellt. Es gen der Covid-19-Pandemie ausgesetzt sen, die nicht über die finanziellen Mittel hat Informationskampagnen, die Schu- oder verschoben. Dies ist sehr gefähr- verfügen, um alle Menschen zu impfen, lung von Freiwilligen oder die Verteilung lich, zumal die Corona-Pandemie länger die das möchten. Die Inititative wurde un- von Schutzmaterial ermöglicht. Jetzt be- dauert, als man zunächst meinte. ter anderem von der Weltgesundheitsor- reiten die lokalen Teams ähnliche Mass- ganisation WHO gegründet und wird von nahmen vor und das SRK unterstützt sie Wie wirkt sich die Coronakrise in Zu- der Internationalen Rotkreuzbewegung dabei. Sobald der Impfstoff zur Verfügung kunft auf das Engagement des Roten mitgetragen. Die Covax-Initiative will steht, sollen dadurch die Impfkampagnen Kreuzes aus? mehr Impfgerechtigkeit, um die Pande- erfolgreich anlaufen und auch die Verletz- Die Rotkreuz- und Rothalbmondgesell- mie auch in armen Ländern rasch einzu- lichsten erreichen. In Bangladesch hat das schaften sind sehr gefordert. Sie haben SRK die Impfkampagne seines Partners, durch die Pandemie viele zusätzliche dem Roten Halbmond, bereits durch fi- Aufgaben übernommen. Gleichzeitig nanzielle Unterstützung vorangetrieben. müssen sie sicherstellen, dass sie für an- Auch die Deza beteiligt sich daran. dere Notfälle weiterhin einsatzbereit sind. Auch für Naturkatastrophen, die Wie gravierend sind die Auswirkungen sich jederzeit ereignen können. In sehr der Coronakrise für ärmere Länder? vielen Ländern ist das Rote Kreuz zustän- Die Pandemie hat wirtschaftlich und so- dig für die inländische Katastrophenhilfe. zial enorm negative Auswirkungen auf ➔ corona.redcross.ch © Dominikanisches Rotes Kreuz die Verletzlichsten. Viele haben ihre Jobs verloren und kehrten aus der Stadt in die JUTTA ENGELHARDT Die 51-Jährige arbeitet Dörfer zurück. Die sozialen Systeme sind seit 2017 beim SRK. Sie erschüttert. Weil die Bekämpfung der leitet seit 1. April 2021 die Pandemie sehr viele Ressourcen bean- Stabstelle Grundlagen und sprucht, werden die Prävention und Be- Entwicklung der Internati- onalen Zusammenarbeit. Das Dominikanische Rote Kreuz bewirbt handlung von Malaria, Tuberkulose oder Zuvor war sie Programm- auf kreative Art die Impfung HIV teilweise vernachlässigt. Es bedrohen verantwortliche. Humanité 2/2021 13
VO R O RT Im Kanton Aargau wird mit Fahrzeugen des SRK geübt, die ausgestattet sind, um eine Person im Rollstuhl zu chauffieren Fahrtraining für Freiwillige Man lernt nie aus Über 600 Fahrerinnen und Fahrer sind regelmässig für den Fahrdienst des SRK Kanton Aargau im Einsatz. Ein praktisches Fahrtraining verhilft ihnen zu mehr Sicherheit im Stras- senverkehr. Ein Augenschein an einem Trainingstag. TEXT: CARMEN STEIMANN FOTO: SUSANNE GOLDSCHMID F rühmorgens an einem Samstag im Fricktal: Rund 20 Freiwillige, die für das SRK Kanton Aargau im Fahrdienst terview). Wichtig ist es deshalb, den Um- gang mit technischen Besonderheiten und speziellen Fahrzeugen zu vermit- Schlimmste wäre eine Vollbremsung», befürchtet ein anderer. Vom Fahrtraining werde niemand aus- tätig sind, haben sich im TCS Fahrzen teln. In der Vorstellungsrunde kommen genommen, betont Marie-Helen Ro- trum Frick zum Trainingstag eingefun- niger vom SRK Kanton Aargau. «Selbst den. Das Ziel: Die Dynamik verschiede- Die Teilnehmenden erleben selber, Chauffeure oder Taxifahrerinnen müs- ner Fahrzeuge und Fahrstile am eigenen wie sich eine Beschleunigung sen vor dem Einstieg als Freiwillige eine Leib zu erfahren und die Sensibilität für und Bremsung für eine Person im obligatorische Fahrstunde und später Mitfahrende zu verbessern. Dafür fahren Rollstuhl anfühlt. wiederkehrende Trainings absolvieren.» die Kursteilnehmenden in Zweiergrup- Zu den Berufsfahrern zählt der ehema- pen, die sich am Steuer abwechseln. die besonderen Anliegen der Freiwil- lige Polizist Hanspeter Renfer, der wäh- Im Fahrdienst des SRK Kanton Aargau ligen zur Sprache: «Ich möchte nicht, rend Jahrzehnten in der Stadt Zürich kommen Privatautos, aber auch speziel- dass es der Mitfahrerin hinten im Auto Streifenwagen fuhr. Ihn beschäftigt in le Rollstuhlcaddies zum Einsatz (siehe In- schlecht wird», sagt ein Teilnehmer. «Das der Freiwilligenarbeit vor allem der si- 14 Humanité 2/2021
VO R O R T chere Umgang mit Fahrgästen: «Dazu drückliche Erfahrung, obwohl sie nur KURZ BEFRAGT zählen Fahrten mit Dialysepatienten, die bedingt der realen Situation entspricht. nach der Behandlung geschwächt sind. «Personen im Rollstuhl haben weniger MARIE-HELEN RONIGER Beim Aussteigen ist besondere Vorsicht Körpertonus – und natürlich weiss man Leiterin Regionalstelle angebracht. Da man sie oft über längere im Ernstfall nicht so genau, was auf einen Fricktal, Schweize- Zeit begleitet, entsteht auch eine per- zukommt, wie dies auf der TCS-Teststre- risches Rotes Kreuz sönliche Beziehung.» cke der Fall ist», erklärt der Fachmann. Kanton Aargau Im Verlauf des Trainings zeigen sich erste Falsch fahren für heute erlaubt Aha-Effekte. «Ich war es gewohnt, mich an Der Theorieteil ist kurz, denn im Zentrum das jeweilige Fahrzeug anzupassen. Künf- WIE HOCH IST DIE NACHFRAGE steht die Fahrpraxis. Beim Slalomfahren tig werde ich darauf achten, es individuell NACH FAHRTEN IN ROLLSTUHL- sollen die Teilnehmenden verschiedene auf mich einzustellen. Ob ich die Lenkrad- GÄNGIGEN FAHRZEUGEN? Fahrstile ausprobieren. «Ihr dürft ruhig haltung nach Jahrzehnten noch optimie- Unsere 650 Freiwilligen im Fahrdienst einmal falsch fahren, damit eure Be ren kann, weiss ich allerdings noch nicht», leisten jährlich 2,5 Millionen Kilometer, gleitperson einen Eindruck erhält, wie sagt Teilnehmer Niklaus Hohl. Dank der 400 000 davon entfallen auf Rollstuhl- transporte. sich dies anfühlt», lacht TCS-Instruktor aufmerksamen Kursleitung haben inzwi- Andreas Mengarelli und beruhigt: «So- schen alle eine individuelle Rückmeldung WIE FINANZIERT DAS SRK lange ihr die Anweisungen befolgt, sind zu ihrem Fahrstil erhalten. AARGAU DIE ANSCHAFFUNG die Übungen sicher. Und langsamer fah- Höchste Aufmerksamkeit erfordert die DIESER FAHRZEUGE UND DIE TRAININGS? ren dürft ihr jederzeit.» Übung, welche gefährliche Situationen Nach der Pause folgt eine Übung, die be- in Kurven simuliert. Auf nasser Fahrbahn Wir haben 16 Rollstuhlfahrzeuge, die über die normale Mittelbeschaffung, sonders gespannt erwartet wurde: Nun gilt es, Übersteuern und Untersteuern also mit Spendengeldern, finanziert besteht die Gelegenheit, im Rollstuhl auszuprobieren und bewusst wahrzu- werden. Da die Kosten beträchtlich sind, mitzufahren und zu spüren, welche Kräf- nehmen, wie das Fahrzeug reagiert – sind wir dankbar, dass wir zu guten te im hinteren Teil des Fahrzeugs wirken. und gleichzeitig den Funkanweisungen Bedingungen Occasionswagen bezie- hen können, die für unsere Bedürfnisse Und dies bei Brems- und Ausweichma- des Experten zu folgen. Dieser ist mit umgebaut werden. Für die Fahrtrainings növern auf nasser Fahrbahn. Eine ein- dem SRK-Team zufrieden. «Die Freiwilli- erhalten wir zusätzliche finanzielle Un- terstützung von der Allianz Suisse. Wir sind für diesen Support sehr dankbar. SIND DIE FAHRTEN FÜR MEN- SCHEN, DIE AUF DEN ROLLSTUHL ANGEWIESEN SIND, TEURER? Nein, es ist für uns ein wichtiger Grund- satz, dass Privatpersonen mit oder ohne Rollstuhl gleich viel bezahlen. Auch der ehemalige Polizist Hanspeter Ren- Niklaus Hohl kann nach vielen Jahren als Severin Moser, fer schätzt die praktischen Fahrtrainings Fahrer immer wieder etwas dazulernen CEO der Allianz Suisse: «Wir freuen uns, dass wir mit unserem Beitrag die Sicherheit der Fahrgäste erhöhen können.» gen vom Fahrdienst SRK sind offen und neugierig. So stellt sich am ehesten ein Lerneffekt ein.» Mit dieser Haltung geht Niklaus Hohl auf seine nächsten Frei- willigeneinsätze zu: «Das Schöne am Fahrdienst ist es, die unterschiedlichsten Leute anzutreffen. Vor jedem Einsatz ist TCS-Instruktor Andreas Mengarelli zeigt, was für die Sicherheit und den Fahrkomfort man gespannt, wer einen erwartet.» eines Fahrgastes im Rollstuhl wichtig ist ➔ redcross.ch/fahrdienst Humanité 2/2021 15
E NGAGIERT Gutes tun im Hier und Jetzt Ein grosszügiges Versprechen Es ist ein Spendenversprechen, welches Christiane und Hans Peter Amstutz in jedem Fall einlösen wollen. Die Art und Weise, wie das Ehepaar Amstutz das SRK längerfristig unter- stützt, ist in der Schweiz noch kaum bekannt oder wird wenig angewandt. Gemeinsam möchten sie mit ihrem Vorgehen auch andere ermutigen. TEXT: TANJA REUSSER FOTO: REMO NÄGELI D er 74-jährige Heimwehbasler Hans Peter Amstutz denkt pragmatisch, scheut keine offene Diskussion und hält mit trockenem Humor auf den Punkt bringt: «Gerne kann man für uns Dankesreden hal- ten, wenn wir in einer anderen Welt sind. kleiner Zustupf an eine besondere Reise, die wir anlässlich unserer Goldenen Hoch- zeit diesen Herbst unternehmen möchten.» mit Bestimmtheit fest: «Wir geniessen un- Nur gehen wir davon aus, dass wir dann Vielleicht in das Heimatland Kanada von ser Leben. Wir haben einen aktiven Alltag weniger mitbekommen von diesem Dank.» Ehefrau Christiane, welche vor Jahrzehn- und fühlen uns so gesund, wie es in unse- ten der Liebe wegen ihrem Ehemann in die rem Alter noch möglich ist.» Doch es könne «Gerne kann man für uns Schweiz gefolgt und hier heimisch gewor- schlicht niemand wissen, wann es zu spät Dankesreden halten, wenn wir den ist. Beiden ist bewusst, dass die Ferien sei, zu regeln, was noch geregelt sein will. in einer anderen Welt sind. und das Familienfest derzeit weniger gut Im Gespräch, das per Videoübertragung Nur gehen wir davon aus, dass planbar sind als die finanziellen Angelegen- auf Skype stattfindet, ist spürbar, wie gut wir dann weniger mitbekom- heiten. Sie nehmen es gelassen und leben das Paar nach über fünfzig gemeinsamen men von diesem Dank.» bewusst gerne im Hier und Jetzt – beson- Jahren harmoniert. Hans Peter Amstutz ders in der Natur am oberen Zürichsee. spricht häufig für beide, fragt aber seine Nach einem ähnlichen Prinzip hat das ➔ redcross.ch/nachlassplanung Frau, um seine Ausführungen zu ergänzen. Ehepaar zu Lebzeiten seine zwei er- Auch waren sich die beiden einig, dass sie wachsenen Kinder finanziell gefördert. APROPOS ab 2019 während fünf Jahren gezielt meh- Sinngemäss werden auch die fünf En- PLANNED GIVING – SPENDEN- rere gemeinnützige Organisationen mit kelkinder bei ihrer Volljährigkeit ein VERSPRECHEN MIT PLAN jährlich je 4000 Franken unterstützen wol- Startkapital ins Erwachsenenalter er- Die Kombination von festgelegten len. Eine Organisation, die mit insgesamt halten. «Während vielen Jahren konn- Spendenbeträgen und der Absicht, 20 000 Franken begünstigt wird, ist das ten wir ausreichend auf die Seite legen die Organisation auch im Testament oder im Erbvertrag zu begünstigen, SRK. Das Besondere dabei: Das Ehepaar und den Kindern eine gute Ausbildung nennt sich Planned Giving. Diese Form Amstutz hat festgehalten, dass bei ihrem ermöglichen. Wir haben genug, um uns des Spendens ist im angelsächsi- vorzeitigen Ableben vor Ablauf dieser fünf schöne Reisen wie auch anderes zu er- schen Raum schon seit vielen Jahren Jahre die noch nicht überwiesenen Spen- möglichen und gut zu leben. Dafür sind bekannt. Häufig werden Finanzfach- leute oder juristische Fachpersonen denbeträge aus dem Nachlass ausgeschüt- wir dankbar. Mehr brauchen wir nicht.» zur Beratung beigezogen. tet werden sollen. Ihr Anwaltssohn als Wil- lensvollstrecker würde dies sicherstellen. Vorteile des Planens Der ehemalige Finanzchef aus der Banken- Das gleiche Prinzip und Dienstleistungsbranche hat als in Ka- Wie andere dies tun, hätten Christiane und nada ausgebildeter Wirtschaftsprüfer ein Hans Peter Amstutz erst im Testament das gutes Gespür für Zahlen, das Sparen und In- SRK wie auch die anderen Hilfswerke be- vestieren. Er weiss, dass zugesagte Spenden günstigen können. Doch wollen sie beide den Hilfsorganisationen die Budgetpla- Marianne Dätwyler, zu Lebzeiten im grösseren Stil und fokussiert nung erleichtert. Für das Ehepaar Amstutz Verantwortliche Nachlassplanung etwas zurückgeben und nicht zu einem un- haben die Spenden zudem den Vorteil, Telefon 058 400 42 83 E-Mail: marianne.daetwyler@ bestimmten Zeitpunkt, den sie nicht mehr dass ihr steuerbares Einkommen nun tie- redcross.ch erleben. Oder wie Hans Peter Amstutz es fer ist. «Was wir an Steuern sparen, ist ein 16 Humanité 2/2021
E N G AG I E R T Hans Peter und Christiane Amstutz auf einem Früh- lingsausflug in Bern – das Ehepaar pflegt einen akti- ven Lebensstil Humanité 2/2021 17
E I NBLIC K Die studierte Erziehungswissenschafterin Cinzia Frei (rechts) lässt die Kinder erleben, wie es sich anfühlt, in Kleidern zu schwimmen Integratives Rettungsschwimmen der SLRG in Biasca Alles ist einfach normal Rettungsschwimmen kann verbinden und Schranken überwinden. Das beweist die Schwei- zerische Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG in der Sektion Biasca e Valli. Mit integrativen Rettungsschwimmkursen bietet Cinzia Frei einen Kurs an, der sich auch an Kinder richtet, die mit einer körperlichen Einschränkung leben. TEXT: PHILIPP BINAGHI FOTOS: DONOVAN WYRSCH I m Hallenbad der Scuola Media di Biasca herrscht freudiger Einsatz. Während ihre Schützlinge beim Einschwimmen in von 14 Kindern und Jugendlichen, die re- gelmässig am Training teilnehmen, sind heute dabei. Davon zwei Mädchen und Menschen eingeht. Sei es hinsichtlich geis- tiger oder körperlicher Beeinträchtigung oder eben auch sozialer Umstände, die Biasca im Wasser noch eine Runde drehen, sieben Jungs. Alles wirkt ganz so, wie eben in das Leben hineinspielen können. Alle steht Cinzia Frei am Beckenrand und über- ein Rettungsschwimmtraining vonstatten- besuchen zusammen denselben Kurs. Al- wacht als Kursleiterin das Geschehen von geht. «So soll es auch sein, wir suchen die les ist einfach normal. Kids werden in die- aussen. «Matteja, Lorenzo, wechselt die Normalität», meint Frei dazu. Ohne es zu sem Kurs ans Rettungsschwimmen und Spur, sonst gibt es eine Kollision», ruft die wissen, würde niemand einen integrativen den Rettungsschwimmsport herange- 34-jährige Tessinerin den Schwimmenden Rettungsschwimmkurs vermuten. Integra- führt. Wer dem Treiben zuschaut, würde im Schulschwimmbad von Biasca zu, um tives Rettungsschwimmen, wird sich der aber niemals darauf kommen. Es ist eine Ordnung in das rege Treiben zu bringen. eine oder andere vielleicht fragen? Ja, ein motivierte und glückliche Kinderschar am Integrativer Rettungsschwimmkurs! Neun Kurs, der nicht auf Unterschiede zwischen Werk! Da gehört das Transportschwim- 18 Humanité 2/2021
E IN B LI C K Anstrengende Übung: Transport- schwimmen in Kleidern, um ein Leben zu retten Mit dem Handy spielt Cinzia Frei bei der Herzmassage den Rhythmus ab, den die Jugendlichen so verinnerlichen Freude und Motiva- tion sind Cinzia Frei das Wichtigste am Kurs men von zu rettenden Personen genauso dium ist die Mutter von zwei Kindern nun ren und zwei Rettungspuppen anzuschaf- dazu wie die Herzmassage, um im Notfall in Iragna neben Biasca ansässig geworden fen. Lob und Anerkennung sind Cinzia reanimieren zu können. «Damit werden – zusammen mit ihrem Lebenspartner, der Frei nicht so wichtig. «Es ist schön, diese die Kinder bestärkt, ihre Fähigkeiten zu sie soweit möglich freitags an die Kurse im zu bekommen, aber viel wichtiger ist, dass entdecken und Selbstvertrauen zu tan- Hallenbad in Biasca begleitet. die Barrierefreiheit und die Möglichkei- ken.» Ein weiterer wichtiger Punkt: Frei ten des Rettungsschwimmens aufgezeigt leitet die Kinder an. Danach wird aber Ein Preisgeld als schöne Anerkennung werden.» Sie hofft, damit ein Beispiel zu selbstständig geübt, korrigiert und einan- Während sie als Kursleiterin die Kinder geben, wie man die Welt zu einem noch der geholfen. «Wie im echten Leben» sei bestärkt, der Normalität und der aufre- besseren Ort machen kann. Denn die dies auch hier so beabsichtigt, dass man genden und spannenden Tätigkeit des SLRG-Rettungsschwimmerin will damit Aufgaben gestellt bekomme, diese zusam- Rettungsschwimmens nachzugehen, ist schon den nächsten Schritt in Richtung men löse und gemeinsam zum Ziel respek- er Beobachter und Unterstützer. Er ist Normalität machen: «Mit den beschafften tive Erfolg komme. Von Anfang an will Cin- Puppen können wir nun auch das Wett- zia Frei Normalität ins Leben bringen. Sie «Anerkennung ist schön. Aber kampftraining gezielter angehen.» Ihr Ziel will Barrieren abbauen und den Kindern viel wichtiger ist es, dass die ist die Teilnahme an den offiziellen Wett- einen Schritt in die eigene Selbstständig- Barrierefreiheit und die Möglich- kämpfen mit der Gruppe. «Vom Tasche- keit ermöglichen. Ein ganz normales Leben keiten des Rettungsschwimmens packen bis zum sportlichen Wettkampf: eben. «Ich bin selber schon als Kind bei der aufgezeigt werden.» Sie sollen das selber schaffen.» Und wenn SLRG gewesen und habe alle Stufen durch- Cinzia Frei an ihre Jugendjahre zurück- laufen bis zum Brevet II.» Dass sie jetzt inte- sichtlich stolz auf seine Partnerin und ihre denkt, als sie selbst Teilnehmerin an den grative Schwimm- und Rettungsschwimm- Leistung. Diese Leistung wurde auch vom Wettkämpfen war, ist sie überzeugt, dass gruppen aufgebaut hat, ist nach Meinung Schweizerischen Roten Kreuz anerkannt, auch dieses Erlebnis zu einem weiteren von Cinzia Frei nichts Besonderes. Sie sei bei welchem die SLRG als Rettungsorgani- Stück Normalität im besten Sinne beitra- ja quasi hineingewachsen und habe ihre sation Mitglied ist. Beim Credit Suisse Swiss gen kann. Rettungsschwimmen wird so erste Gruppe bereits mit 16 Jahren betreut: Red Cross Youth Award wurde das Enga- zu einem wichtigen Teil im Leben dieser «Mein Studium der Erziehungswissen- gement mit einem Preisgeld von 3000 Kinder und eben zur Normalität, die Cinzia schaften und Pädagogik hatte sicherlich Franken honoriert. Ein schöner «Zustupf», Frei sich für ihre Schützlinge wünscht. auch ein bisschen Einfluss.» Nach dem Stu- um das Trainingsmaterial zu komplettie- ➔ slrg.ch Humanité 2/2021 19
KU R Z & BÜ N D I G © Nepal Red Cross Society © BENU Spenden in Schwere Coronakrise in Nepal und Indien BENU-Apotheken ■ Nach relativ stabilen Corona-Fall- plätzen. In Indien werden Anfang Mai ■ Vom 1. bis 25. Juli 2021 werden in zahlen im Winter, trifft die zweite Wel- um die 400 000 Infektionen pro Tag ge- BENU-Apotheken und in Zusammenar- le Südasien schwer. In Nepal entsteht meldet. Mehr als 46 000 Mitarbeitende beit mit dem Pharmaunternehmen Sanofi ein veritabler Flächenbrand: Bis Anfang des Indischen Roten Kreuzes entlasten Spenden für das SRK gesammelt. Mit dem Mai werden fast 400 000 positive Fäl- das Gesundheitssystem. Sie unterstüt- Erlös werden Inlandprojekte für Men- le und 4000 Tote gezählt. Es ist eine zen die von Covid-19 am stärksten Be- schen in Not unterstützt, um ihnen Zu- der höchsten Fallraten in Südasien und troffenen medizinisch und psycholo- gang zur Gesundheit oder einen Beitrag dem Pazifik. Teams des Roten Kreuzes gisch. Zudem impft das Rote Kreuz die an ihre Gesundheitskosten zu ermögli- sind an Impf- und Aufklärungskampa- Menschen sowohl in städtischen als chen. Die Aktion wird mit einer Unterneh- gnen beteiligt. Sie versorgen mehr als auch in ländlichen Gebieten. Freiwillige mensspende seitens Sanofi ergänzt. 20 000 Menschen mit Mahlzeiten und verteilen in den Dörfern Masken und stellen den Zugang zu sauberem Wasser Hygienekits sowie Mahlzeiten. Mehrere für mehr als 300 000 Menschen sicher. andere Länder im asiatisch-pazifischen Neben der gesundheitlichen Katastro- Raum müssen eine neue Infektionswelle phe leidet das kleine Nachbarland In- bewältigen. Dazu gehören Länder wie diens auch unter den wirtschaftlichen Bangladesch, Laos und Kambodscha, Folgen der Pandemie. Die Massnahmen die wegen einem schwachen Gesund- zur Pandemieeindämmung führen zu heitssystem und einer fragilen Volks- einem sehr grossen Verlust an Arbeits- wirtschaft enorm unter der Krise leiden. © Ruben Ung Neue Alarmierungsmöglichkeiten ■ Das SRK baut den Notruf aus. Neu gibt es verschiedene Alarmierungsmög- Stress ist ein Fan lichkeiten. Jede Kundin oder jeder Kun- ■ Seit rund einem Jahr ist Stress Bot- de hat die Wahl, ob zuerst die persönli- schafter des SRK. Gemeinsam mit dem chen Kontakte verständigt werden oder Roten Kreuz kämpft er gegen Armut ob direkt die Rotkreuz-Notrufzentrale und fördert gleiche Chancen für alle. alarmiert werden soll. Viele ältere Men- Nun zeigt sich der Musiker mit dem Ro- schen wünschen sich, möglichst lange ten Kreuz auf der Wange und ist Teil der im eigenen Zuhause leben zu können. Kampagne «Ich bin Fan». Bereits seit zehn Der Rotkreuz-Notruf macht das selbst- Jahren stehen Menschen im Zentrum der ständige Leben im Alter sicherer und Kampagne, die sich als Fans des SRK be- kann zum Lebensretter werden, sowohl kennen. Stress wird im Sommer auf Pla- daheim wie unterwegs. Ein Knopfdruck katen sowie in Online-Medien zu sehen genügt, und schon sind persönliche © Ruben Ung sein. Ein ausführliches Videointerview mit Kontakte oder die Rotkreuz-Notrufzen- Stress wird ab 21. Juni hier aufgeschaltet: trale alarmiert. ➔ fan.redcross.ch ➔ notruf.redcross.ch Humanité 2/2021 21
E R L E BT Andrea Schmid, rechts mit Maske: «Auf dem Land tragen nur wenige eine Maske. Zu wenig Wasser und Nahrung sind hier die grössten Probleme.» Nothilfe-Einsatz in Äthiopien Eine Reise mit mehr als einem Auftrag im Gepäck Es ist der erste Nothilfe-Einsatz des SRK in diesem Jahr, den Andrea Schmid ab Mitte Januar in Äthiopien leistet. Das Äthiopische Rote Kreuz, der Partner des SRK, bittet um Unterstüt- zung und Fachwissen zur Bewältigung von mehr als einer Katastrophe. Andrea Schmid er- zählt von ihrem achtwöchigen Einsatz. AUFGEZEICHNET VON FRANZISKA BUNDI M itte Januar fliege ich für meinen bisher längsten Nothilfe-Einsatz nach Addis Abeba, der Hauptstadt Äthio- Derzeit kämpfen die Menschen ge- gen die grösste Heuschreckenplage mer wieder von Krisen heimgesucht. Der- zeit kämpfen die Menschen gegen die grösste Heuschreckenplage der letzten der letzten 25 Jahre und leiden piens. Zum ersten Mal bin ich nicht Teil ei- 25 Jahre und leiden unter einer extremen unter einer extremen Trockenheit. nes Katastrophenhilfe-Teams. Ich bin also Trockenheit. Die Dürreperioden werden sozusagen als Generalistin acht Wochen der Bewältigung von mehreren Katastro- aufgrund des Klimawandels immer län- auf mich gestellt und habe mehrere Auf- phen zu unterstützen. Das Land mit der ger und die Auswirkungen der Covid-19 träge zu erfüllen. Mein Fachwissen ist ge- zweithöchsten Bevölkerungszahl Afrikas Pandemie belasten die Menschen zusätz- fragt, um das Äthiopische Rote Kreuz bei – aktuell über 112 Millionen – wird im- lich. Zudem haben seit letztem Sommer 22 Humanité 2/2021
E R LE B T mehrere Konflikte tausende Familien zur tangierte. Es kam zu Gewalt und Vertrei- wir möglichst viele Familien unterstützen Flucht gezwungen. bungen. Noch immer gibt es Spannungen. wollen, müssen rund 100 Dollar für jede Die erste Woche verbringe ich in einem Das Äthiopische Rote Kreuz verteilte als so- Familie vorerst ausreichen. Man erhofft Quarantänehotel, wo ich dank meinem fortige Nothilfe Blachen und Hilfsgüter des sich eine Entspannung der Lage nach den Laptop fast wie zu Hause weiterarbeiten täglichen Bedarfs an die Geflüchteten. Wahlen im Juli. Wir evaluieren trotzdem, kann. Ich freue mich darauf, mit der eigent- Viele der Geflüchteten wollen nicht zu- was wir tun können, um die Region im lichen Arbeit zu beginnen und auch auf rückkehren aus Angst, dass der Konflikt Süden nachhaltig zu stärken. Ein weiterer ein Wiedersehen mit Ursula Schmid, der Auftrag hier im Süden ist die Überprüfung SRK-Länderkoordinatorin in Äthiopien. Sie Ein weiterer Auftrag hier im Süden unserer Überbrückungshilfe für Familien, hat zuvor mehrere Jahre am Hauptsitz des ist die Überprüfung unserer Über die aufgrund der Coronakrise ihr Einkom- SRK in Bern gearbeitet. Gemeinsam mit brückungshilfe für Familien, die auf- men weitgehend verloren haben. Fachleuten vom Äthiopischen Roten Kreuz grund der Coronakrise ihr Einkom- Der letzte Auftrag meiner Mission führt entscheiden wir, dass die Nothilfe sich auf men weitgehend verloren haben. mich nach Dire Dawa nahe der Grenze zu den Süden konzentrieren soll. Die meisten Djibouti. Dort berate ich unsere Schwes- Hilfswerke und UN Organisationen sind wieder aufflammt und sie erneut ihre tergesellschaft, wie Bargeld nicht nur in bereits im Norden in der Region Tigray tä- Häuser verlassen müssen. Sie harren der Nothilfe, sondern auch in der länger- tig. Zudem unterstützt das SRK im Süden trotz der Trockenheit in improvisierten fristigen Entwicklungszusammenarbeit bereits seit vielen Jahren das Äthiopischen Camps aus oder sind vorübergehend und Stärkung der Resilienz sinnvoll ein- Rote Kreuz bei der Katastrophenvorsorge. bei Gastfamilien untergekommen. Ihre gesetzt werden kann. Trotz oder gerade Eskalierende Konflikte und Dürren werden Situation wird zusätzlich verschärft, da wegen den grossen Herausforderungen, zu den Katastrophen gezählt, die mit gros- die Heuschrecken sich rasant vermehren die das Äthiopische Rote Kreuz bewäl- ser Wahrscheinlichkeit eintreten. und die Felder kahl fressen, was zu im- tigen muss: In Erinnerung bleiben mir Um die Nothilfe abzuklären und vorzube- mensem Ernteverlust führt. besonders stark die Gespräche mit Men- reiten reise ich zusammen mit unserem Eine junge Frau erzählt mir, wie sie mit ih- schen, die trotz schwierigster Lebensum- Projektkoordinator Aschalew Badege in rem Mann und den zwei Kindern fliehen stände positiv nach vorne blicken. den Süden. Ich bin froh, mit dem Mitarbei- musste. Bei einer Familie im Nachbarsdorf ➔ redcross.ch/aethiopien © Johannes Chinchilla / IFRC © Johannes Chinchilla / IFRC Die Geflüchteten haben sich selber provisorische Unterkünfte gebaut Das Rote Kreuz spricht mit Betroffenen und klärt ihre Bedürfnisse ab ter des lokalen Roten Kreuzes unterwegs zu fanden sie Unterschlupf. Nun wohnen sie sein denn mir fehlt nicht nur die Kenntnis zu vierzehnt in einem Raum. Obwohl die- der Sprache, sondern auch das Verständnis se Frau fast nichts mehr hat, teilt sie das für die lokalen Dynamiken. Doch selbst für Wenige, was ihr geblieben ist. Um danke Aschalew Badege, der in Addis Abeba lebt, zu sagen, kocht sie für ihre Gastfamilie. ANDREA SCHMID Die 50-Jährige hat sich ist es schwierig zu verstehen, was sich zwi- Unsere Abklärungen ergeben, dass die ge- ab 2007 auf dem zweiten schen den Menschen beider Distrikte ab- plante direkte Bargeldhilfe den Familien Bildungsweg im Bereich spielt. Der Auslöser des Konfliktes war eine am meisten helfen wird. So können sie vor der Katastrophenhilfe, administrative Umstrukturierung von Dör- Ort auf den lokalen Märkten Nahrungs- Entwicklung und Zusam- menarbeit spezialisiert. fern, welche auch ethnische Zugehörigkei- mittel und Artikel des täglichen Bedarfs Ihr erster Einsatz führte ten und den Zugang zu Wasser und Wald zu erschwinglichen Preisen kaufen. Da sie 2010 nach Haiti. Humanité 2/2021 23
Z U R SAC HE infobox-migration.ch Wissen für Freiwillige Rund 1400 Freiwillige engagieren sich bei den Rotkreuz-Kantonalverbänden für soziale In- tegration und Migration. Sie und weitere Bezugspersonen stehen oft vor schwierigen Fra- gen. Für sie gibt es nun eine Online-Plattform mit zuverlässigen Informationen. Projektlei- terin Magali Haas beantwortet unsere Fragen. INTERVIEW: JANINE MICHEL Gibt es einen Tipp für die Suche? Am besten nutzen Sie die Suchfunktion auf der Startseite oder die Filterfunktio- nen. Bei zu vielen Inhalten können Sie die Suche so auf verschiedene Arten ein- grenzen. Beispielsweise indem Sie eine Region, ein Thema oder einen der «Tags» auswählen. Haben Sie selber Erfahrungen gesam- melt im Bereich Migration? Wer neu in der Als Kind war ich häufig mit Menschen Schweiz lebt, zusammen, die in die Schweiz migriert schätzt eine Be zugsperson, die sind. Das war immer ganz normal, so- Fragen kompetent wohl in meiner Familie als auch im beantwortet oder Freundeskreis. Mein erstes Praktikum weiss, wo die Informationen zu habe ich beim Suchdienst SRK gemacht. finden sind Die Arbeit für die Plattform macht mir grosse Freude, weil ich sie als sinnvoll Warum braucht es die Webseite sen für Freiwillige vermitteln. All das fin- erachte. Beim SRK werden für ein neu- infobox-migration.ch? den sie nun auf einer Online-Plattform es Projekt unterschiedliche Perspektiven In den Jahren 2015 und 2016 haben zusammengefasst. miteinbezogen und man ist offen für Asylgesuche in der Schweiz zugenom- neue Vorschläge. men. Es engagieren sich seither ver- Welche Fragen haben Freiwillige, ➔ infobox-migration.ch mehrt Freiwillige, um Menschen mit die sich im Migrationsbereich enga- Migrationserfahrung in der Schweiz zu gieren? unterstützen und zu begleiten. Wir ha- Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: APROPOS ben 30 von ihnen befragt, wie wir sie bei Nebenan zieht eine geflüchtete Familie ihrer Tätigkeit unterstützen können. Die ein. Sie kommen ins Gespräch. Dabei FREIWILLIGENARBEIT IM häufigsten drei Wünsche waren: leicht erfahren Sie, dass die Mutter eine Wei- MIGRATIONSBEREICH zugängliche Informationen, geeignete terbildung machen möchte und nicht Wenn Sie sich freiwillig für die Integration von Menschen mit Beratungsstellen sowie eine Übersicht weiss, wo sie sich melden kann. Folgen- Migrationserfahrung einsetzen mit Veranstaltungen, die nützliches Wis- de Fragen werden Sie nun vermutlich möchten, erkundigen Sie sich bei haben: Dürfen Menschen, die sich im Ihrem Rotkreuz-Kantonalverband. Asylverfahren befinden, auch arbeiten? Je nach Kanton werden noch mehr Freiwillige gesucht. Wenn Sie Wie verläuft ein Asylverfahren? Wo gibt wissen möchten, welche Einsätze MAGALI HAAS es geeignete Sprachkurse? Unsere Platt- zu Ihnen passen könnten, finden Sie Die 35-jährige Sozialar- form bietet Ihnen aktuelle Informatio- hier Inspiration: beiterin und -pädagogin nen aus seriösen Quellen. Das vorhande- ist seit 2019 Projektleite- ➔ infobox-migration.ch ne Wissen wird zusammengefasst und à Freiwilligeneinsätze rin im Bereich Migration des SRK. auf die Originalseiten verlinkt. 24 Humanité 2/2021
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