Fusionsexperiment ASDEX Upgrade
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D as axialsymmetrische Divertor-Experiment ASDEX Upgrade, die größte Fusionsanlage in Deutschland, ist seit 1991 im Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching in Betrieb. Ziel der Forschung ist es, ein Kraftwerk zu entwickeln, das – ähnlich wie die Sonne – Energie aus der Verschmelzung von Atomkernen gewinnt. Brennstoff ist ein extrem dünnes ioni- siertes Wasserstoffgas, ein „Plasma“. Zum Zünden des Fusions- feuers muss das Plasma in Magnetfeldern eingeschlossen und auf Temperaturen über 100 Millionen Grad aufgeheizt werden. Wesentliche Daten von ASDEX Upgrade Größe des Experimentes 10 Meter Ø; 9 Meter Höhe Gewicht 800 Tonnen Großer Plasmaradius 1,65 Meter Plasmaquerschnitt 1 Meter breit; 1,6 Meter hoch Plasma Zusammensetzung Wasserstoff, Deuterium Volumen 14 Kubikmeter Menge 3 Milligramm Magnetfeld bis 3,9 Tesla Plasmastrom bis 1,4 Mio. Ampere Pulsdauer 10 Sekunden Plasmaheizung Neutralteilchenheizung 20 Mio. Watt Ionen-Zyklotronheizung 6 Mio. Watt Elektronen-Zyklotronheizung 4 Mio. Watt Plasmatemperatur bis 150 Millionen Grad Plasmadichte bis 2 . 1020 Teilchen pro m3 Energieeinschlusszeit bis 0,2 Sekunden
Das Tokamakprinzip Die Fusionsforschung konzentriert sich gegenwärtig auf zwei Anlagentypen, den Tokamak und den Stellarator. Beide wer- den im IPP untersucht. ASDEX Upgrade ist – wie die meisten der heute betriebenen Fusionsexperimente – vom Typ „Tokamak“. In einem ringför- migen Vakuumgefäß schließen zwei sich überlagernde Mag- netfelder das Plasma ein: erstens ein ringförmiges Feld, das durch äußere Magnetspulen erzeugt wird, und zweitens das Feld eines im Plasma fließenden Stroms. In dem kombinierten Feld ist die zum Plasmaeinschluss nötige Verdrillung der Feldlinien erreicht. Ein drittes Feld – das durch äußere Ringspulen erzeugte Vertikalfeld – bestimmt die Plasmaform und die Lage des Stromes im Plasma. Der Strom wird durch eine Transformatorspule, die in der Achse des Plasmaringes steht, im Plasma induziert. Wegen des Transformators arbeitet ein Tokamak nicht kontinuierlich, sondern gepulst. Da dies jedoch ungünstig für ein Kraftwerk ist, werden Methoden untersucht, den Strom im Dauerbetrieb zu erzeugen. Das Plasmagefäß
Fusionsanlage ASDEX Upgrade Das Fusionsexperiment ASDEX Upgrade soll Kernfragen der Fusion unter kraftwerksähnlichen Bedingungen untersuchen: Dazu sind die Anordnung der Magnetspulen, die Plasmaform sowie wesentliche Plasmaeigenschaften den Verhältnissen in einem späteren Kraftwerk angepasst. Wichtiges Bauteil ist der Divertor: Um das Gefäß vor Teil- chen aus dem Plasma und umgekehrt das Plasma vor Verun- reinigungen aus der Wand zu schützen, lenkt ein spezielles Magnetfeld die Randschicht des Plasmas – und mit ihr Teil- chen und Energie aus dem Plasmainneren – fern vom heißen Zentrum auf besonders ausgerüstete Stellen der Gefäßwand, die Divertorplatten. So wird die Wand geschont und eine gute Wärmeisolation des Plasmas erreicht. Zugleich lassen sich die störenden Verunreinigungen – in einem brennenden Plas- ma auch die „Fusionsasche“ Helium – aus dem Plasma ent- fernen. Um die Wechselwirkung zwischen Plasma und Wand unter realistischen Bedingungen zu studieren, kann ASDEX Upgrade
auf ein brennendes Plasma und volle Kraftwerksgröße noch verzichten. Es genügt, allein die Plasmarandschicht, d.h. die äußeren zehn Zentimeter eines Kraftwerksplasmas zu simulie- ren. Um wie im Kraftwerk eine mittlere Wandbelastung von 30 Watt pro Quadratzentimeter zu erreichen, steht eine Heizleis- tung bis zu 28 Megawatt zur Verfügung. ASDEX Upgrade und ITER Der Aufbau von ASDEX Upgrade sowie wesentliche Plasma- eigenschaften sind einem späteren Kraftwerk angepasst. Unter den Anlagen des Europäischen Fusionsprogramms ist ASDEX Upgrade daher besonders geeignet, den internatio- nalen Testreaktor ITER vorzubereiten. Untersuchungen für ITER – zum Beispiel zur Wärmeisolation des Plasmas, zur Stabilität des Plasmaeinschlusses sowie zur Teilchen- und Leistungsabfuhr im Plasmarand – bestimmen daher wesent- lich das experimentelle Programm. Es wird durch ein euro- päisches Programmkomitee aufgestellt. Forscher aus ganz Europa nutzen die Anlage für ihre Experimente. Blick in eine Plasmaentladung
Rund 200 Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker gehören zum ASDEX Upgrade-Team Divertor und Plasmarandschicht Die Übertragung des bewährten Divertor-Betriebs auf ITER oder ein Kraftwerk ist wegen deren hoher Fusionsleistung nicht problemlos: Die eng gebündelt in den Divertor strömen- den Plasmateilchen bringen zu viel Energie auf die Diver- torplatten. Mögliche Lösungen hat ASDEX Upgrade erarbei- tet: Man kann die belastete Fläche geeignet formen und ver- größern und so die Spitzenlast senken. Damit nicht die gesamte Energie in Form schneller Plasmateilchen auf die Divertor- platten einfällt, muss ein Teil das Plasma auf sanfte Weise als Lichtstrahlung verlassen. Sie kann von Verunreinigungen (Edel- gasen) ausgesandt werden, die man in die Plasmarandschicht einbläst. Auch ein Polster von kaltem neutralen Wasserstoffgas kann die Divertorplatten schützen. Plasmaeinschluss An ASDEX Upgrade werden unterschiedliche Plasmazustän- de systematisch untersucht. So konnte gezeigt werden, dass die Bedingungen am Plasmarand das Verhalten des Plasma- inneren stark beeinflussen. Damit wird es möglich, das Plasma- zentrum vom Rand her zu optimieren und den Einschluss zu verbessern. Insbesondere erhöht im sogenannten H-Regime eine Transportbarriere am Plasmarand die Wärmeisolation des Plas- mas.
Transformator- Vertikalfeld- spule spulen Öffnungen für Heizung, Mess- geräte und Stützgerüst Pumpen Stützgerüst Vertikalfeld- spulen Plasma Magnetspule Plasmarand Plasmagefäß Grafik: Johann Weber Divertorplatten Schematische Skizze der Anlage Verbesserte Wärmeisolation Durch Einstrahlen von Hochfrequenzwellen oder Einschießen schneller Teilchen läßt sich das Profil des Plasmastroms von außen beeinflussen. Bei geeignetem Stromprofil entsteht so eine zusätzliche Barriere für den Wärmetransport im Plas- mainneren, was die Wärmeisolation stark verbessert. Da die mit der Barriere verbundenen Druckunterschiede auch einen Plasmastrom – den sogenannten „Bootstrap-Strom“ – erzeu- gen können, ist dies zugleich ein Weg hin zum dauerbetriebs- fähigen Tokamak.
Plasmainstabilitäten Die Wechselwirkung der Plasmateilchen untereinander und mit dem Magnetfeld kann im Plasmainneren Instabilitäten hervorrufen, die wie ein Kurzschluss für den Wärmetransport wirken und den Energieeinschluss verschlechtern. Die Besei- tigung dieser Instabilitäten durch gezielte Mikrowellen- heizung wird an ASDEX Upgrade erfolgreich untersucht. Material für die Gefäßwand An Bereichen der Gefäßwand, die Teilchen- und Energie- flüssen aus dem Plasma ausgesetzt sind, hat sich Kohlenstoff als besonders widerstandsfähig erwiesen. Da das Material je- doch Wasserstoff in größeren Mengen binden kann, ginge in einem Kraftwerk zu viel Brennstoff verloren. An ASDEX Upgrade wird daher Wolfram als alternatives Wandmaterial untersucht. Ziele von ASDEX Upgrade Untersuchung von Kernfragen der Fusion unter kraftwerksähnlichen Bedingungen, insbesondere zur Vorbereitung des internationalen Testreaktors ITER: l Teilchen- und Energietransport im Plasma l Plasmen mit erhöhter Wärmeisolation l Physik von Plasmarandschicht und Divertor l Plasmainstabilitäten l Wandmaterialien Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) Boltzmannstraße 2 D-85748 Garching Tel. (089) 3299-01 E-Mail: info@ipp.mpg.de www.ipp.mpg.de Das IPP ist ein Institut der Max- Planck-Gesellschaft, ein Mitglied des Europäischen Fusionsprogramms und ein assoziiertes Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.
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