Gehört. Erzählt! EIN LEITFADEN FÜR DAS STORYTELLING IM TOURISMUS- UND KULTURMARKETING - projekt2508
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Gehört. Erzählt! EIN LEITFADEN FÜR DAS STORYTELLING IM TOURISMUS- UND KULTURMARKETING www.teutoburgerwald.de
INHALT Es war einmal im Teutoburger Wald... 4 Zeit für etwas Neues? 6 Die Macht des Storytellings 8 Das universelle Erlebnis – die Heldenreise 10 Die moderne Heldenreise – die Customer Journey 12 Auf ins Abenteuer Storytelling 14 DIE ERSTE PRÜFUNG: Die eigenen Ziele und Gäste kennen 14 Mögliche Ziele 15 Wie gut kennen Sie Ihre Gäste wirklich? 16 DIE ZWEITE PRÜFUNG: Die Geschichte finden 18 Ihre Einzigartigkeit 19 Einzelne Einrichtungen und Betriebe 19 Anleitung zur Themenfindung 20 Städte, Regionen und Landschaften 21 Authentisch sein 22 Auf die Suche gehen 23 Was sind die Schlüsselelemente? 23 HERAUSGEBER DIE DRITTE PRÜFUNG: Die Geschichte entwickeln 24 Drama, Baby! 25 Teutoburger Wald Tourismus Sieben Plots 26 Fachbereich der OstWestfalenLippe GmbH Die handelnden Personen 28 Turnerstraße 5-9 33602 Bielefeld Die Botschaft 30 Tel. (0521) 9673325 Noch mehr Spannung und Emotionen 31 www.teutoburgerwald.de info@teutoburgerwald.de DIE VIERTE PRÜFUNG: Die Geschichte verbreiten 32 Eine Geschichte, tausend Formate. 33 REDAKTION Vor der Reise 35 Während der Reise 37 projekt2508 GmbH Nach der Reise 39 Riesstraße 10 53113 Bonn Die Belohnung 40 Tel. (0228) 1849670 Ziel erreicht 41 burzinski@projekt2508.de - www.projekt2508.de Autoren: Matthias Burzinski / Helena Bauer Impressum 43 2 3
Es war einmal im Teutoburger Wald... EFRE-PROJEKT „STORYTELLING – WERTSCHÖPFUNG DURCH KULTUR“ Mit dem 2016 gestarteten EFRE-Projekt „Storytelling – Wertschöpfung durch Aus dem Projekt ging dieser Leitfaden hervor – entwickelt, um Ihnen und anderen eine Anleitung für das Storytelling im Kultur- und Tourismusmarketing Kultur“ ist der Fachbereich Teutoburger Wald Tourismus der OstWestfalenLippe an die Hand zu geben. Sie sollen lernen, eigene Geschichten zu entwickeln, GmbH angetreten, die kulturellen Highlights und Geheimtipps der Region zu existierende Geschichten zu erweitern und die Technik des Geschichten bündeln und attraktiv zu inszenieren. Unter dem Motto „Gehört. Erzählt! erzählens mit analogen und digitalen Medien und Kanälen weiter auszubauen und zu verbessern. Geschichten aus dem Teutoburger Wald.“ sind in Zusammenarbeit mit den Der Leitfaden richtet sich an alle Interessierten in Tourismus und Kultur, für 20 Partnern des Projektes – Kultur- und Tourismusakteure – kleine Hörspiele, die Marketing ein essenzieller Bestandteil der eigenen Strategie ist: an lokale kurze Videos und andere interaktive Formate entstanden. Die Storys sind und regionale Kultur- und Tourismusakteure, touristische Leistungsträger, Kultureinrichtungen und Kulturerbestätten, an MuseumsleiterInnen und vor Ort erlebbar und offenbaren ungewöhnliche Perspektiven auf Städte und Hoteliers, Vermittler und Vermarkter. Letztlich an alle, die mit Touristen, Orte, Landmarken, Kulturdenkmäler und Persönlichkeiten. Es sind authentische Besuchern und Gästen in Kontakt treten – auf welchen Kanälen auch immer. Geschichten, die ihre Zuhörer auf spannende Reisen durch den Teutoburger Das EFRE-Projekt „Storytelling – Wertschöpfung durch Kultur“ hat Kultur- und Tourismusakteure dazu animiert, gemeinsam Kooperationen zu starten – mit Wald schicken. vielversprechenden Ergebnissen. Im Leitfaden finden Sie viele konkrete, bereits realisierte Beispiele aus dem Teutoburger Wald und anderen Regionen, die Der „Gehört. Erzählt!“-Podcast von und mit Jörg Brökel lässt das Erzählte lebendig zeigen, dass sich Storytelling – vielleicht überraschend – leicht umsetzten lässt. werden und liefert zudem spannende Hintergrundberichte zu jeder Geschichte: Denken Sie daran: Sie alle haben eine Geschichte zu erzählen und www.teutoburgerwald.de/podcast Sie alle sind potenzielle Erzähler. Alle Geschichten – zum Entdecken, Erleben, Weitererzählen – sind hier zu finden: www.teutoburgerwald.de/geschichten 4 5
Zeit für etwas Das kann verschiedene Ursachen haben. Checken Neues? Sie daher zu Beginn alle Informationen, die Ihnen zur Verfügung stehen, analysieren Sie Ihre KPI (Key Performance Indicator), sehen Sie sich Ihre Kenn- zahlen, die Ihr bisheriges Marketing widerspiegeln, „Beim Marketing geht es nicht um das, genau an. Wenn das Ergebnis Ihrer Analysen keine was Sie machen, sondern um die gravierenden Fehler bei der Auswahl der Marke- ting-Instrumente, der Prozesse, der Umsetzung, Geschichten, die Sie erzählen.“ keine gravierenden Mängel des Angebots ergibt, Seth Godin, Unternehmer und Autor könnte es sein, dass Ihr Marketing nicht emotional genug ist, um Ihre Gäste und Besucher zu erreichen. Es könnte sein, dass Ihre Gäste etwas suchen, das Sie Haben Sie das Gefühl, dass Ihre Gäste, Besucher und Zielgruppen bisher gar nicht, zu wenig oder auch falsch vermit- noch nicht so begeistert sind, wie sie es vielleicht sein könnten? telt haben: ein Erlebnis, eine einzigartige Erfahrung, ein begeisterndes Gefühl, eine inspirierende und Dass irgendetwas fehlt in Ihrem Marketing, obwohl Sie schon spannende Geschichte, die die Menschen berührt. so viel ausprobiert haben? Spätestens jetzt ist es an der Zeit nicht einfach nur Produkte zu verkaufen – sondern Geschichten zu erzählen. 6 7
DAS GEHIRN ... ist keine Festplatte. ... verbindet Emotionen mit Fakten. ... kann Geschichten in eigene Ideen und Erfahrungen umsetzen. ... produziert das „Glückshormon“ ... nutzt Geschichten Dopamin, wenn es emotional als Anker. stimuliert wird. Die Macht Das Gehirn ist so vernetzt, dass es Ursachen und Wirkung, Emotionen und Fakten, Sinneseindrücke und Verstand verweben und interpretieren kann. Schon die Beschreibung von Gerüchen aktiviert die entsprechenden Hirnareale – des Storytellings Elemente, die auch die Essenz einer guten Geschich- egal ob Vanille, Diesel oder Dosenfisch. te sind. Je mehr Areale des Gehirns Ihre Geschichte anspricht, desto mehr wird sie sich einprägen. Und vor allem: Informationen müssen mit Gefühlen verknüpft werden, nur dann kann das Gehirn diese WARUM SOLLEN WIR GESCHICHTEN ERZÄHLEN? auch speichern. Aus der Besucherforschung im Mu- seum ist z.B. bekannt, dass Besucher vor allem die Dinge behalten, die besonders mit einem intensiven „Geschichten sind deshalb Geschichten, Die Frage ließe sich schnell beantworten: Weil sonst keiner zuhört! Erlebnis oder mit sinnlicher Erfahrung verbunden weil sie uns an Geschichten erinnern.“ waren, wohingegen bloße Fakten schnell wieder ver- Doch es geht auch präziser. Auch wenn das menschliche Gehirn Peter Bichsel, Schriftsteller gessen sind – teilweise bereits beim Hinausgehen in vielerlei Hinsicht noch Rätsel aufgibt, so ist doch mittlerweile aus dem Museum. bekannt, dass Geschichten eine wichtige Funktion erfüllen. Die Geschichte macht den Unterschied. Eine gute Geschichte berührt den Menschen, individuell und Denn das menschliche Gehirn ist keine Festplatte, sondern mehr. persönlich, sie ist einfacher und intensiver zu erin- Es ist in der Lage, Emotionen mit Fakten zu verbinden und nutzt nern als andere Botschaften. Und: Sie wird weiterer- dazu – vereinfacht gesagt – Geschichten als Anker. zählt. Geschichten verändern die Art, wie wir fühlen, denken, handeln. Diese Macht gilt es zu nutzen. 8 9
Folgen wir einem Helden auf seiner Reise • Die gewohnte Welt – der Alltag: Zu Beginn der Geschichte ahnt der Held oft noch gar nichts von dem bevorstehenden Abenteuer. Er lebt in seiner gewohnten, oft langweiligen oder als trist emp- BEISPIEL AUS DER PRAXIS funden Welt. Nieheim in Ostwestfalen. Nieheim ist • Die Berufung: Ein unerwartetes Ereignis, oft auch ein heilklimatischer Kurort und da ein Botschafter („Herold“) ruft den Protagonisten neben bekannt für seinen speziellen Die Heldenreise Customer Journey zum Abenteuer. Er wird gezwungen, seine ge- Sauermilchkäse. In einem animierten wohnte Welt zu verlassen. Video riecht das personifizierte Her Die gewohnte Welt Der Alltag mannsdenkmal, auf seinem Sockel • Weigerung: Oft weigert er sich, sei es aus Furcht stehend (Alltag), den leckeren Geruch des Die Berufung Die Inspiration oder weil ihn starke Emotionen, Bindungen und VOR DER Käses (Berufung), erwacht zum Leben, AUFBRUCH Zweifel zurückhalten. Ein „Mentor“ tritt an seine REISE steigt von seinem Sockel (erste Schwelle) Die Weigerung Die Recherche/Alternativen Seite und hilft ihm über die Schwelle ins Aben- und macht sich auf den Weg, um auf die teuer, das er nun annimmt. Oft überreicht er ihm Der Mentor (Amulett) Die Entscheidung/Buchung Suche nach der Quelle des guten Geruchs dabei eine Art „Amulett“, etwas, das ihn die ganze zu gehen (Aufgabe). Nachdem er durch Das Abenteuer Die Erlebnisse Reise über begleitet, ihm nützt oder ihn schützt. den schönen Teutoburger Wald gewan ABENTEUER Die Freunde und Verbündeten VOR ORT Die Begegnungen • Das Überschreiten der ersten Schwelle: Nach die- dert ist, findet er schließlich die Käserei ser Schwelle gibt es für den Helden kein Zurück Menne (Belohnung). Voller Genuss ver Die äußerste Prüfung Der Höhepunkt mehr. Er hat das Abenteuer angenommen. speist er den Käse und nimmt sich für den Rückweg noch ein paar Stücke mit. Die Belohnung Die Erfahrungen • Erste Probe – Verbündete und Feinde: Die erste Als er zurück auf seinem Sockel steht Herausforderung wartet auf ihn und weitere rei- Die Rückkehr Die Rückkehr (Rückkehr) und er den Sonnenuntergang RÜCKKEHR NACH DER hen sich aneinander. Dabei findet er Freunde und REISE betrachtet steckt noch immer ein Stück Der Meister beider Welten Der Dialog/Erinnerungen Mitstreiter, aber auch seine Feinde. Oft begleitet Käse auf seinem Schwert (Meister beider ihn ein „Trickster“, der ihn immer wieder aufhei- Die gewohnte Welt Der Alltag Welten). tert und dunkle Stunden überwinden lässt. • Die äußerste Prüfung: Der gefährlichste Punkt der Reise. Der Held steht vor der ultimativen Das universelle Erlebnis – Herausforderung und trifft dabei auf seinen größten Feind. Er überwindet ihn. die Heldenreise • Belohnung: Dafür wird er belohnt. Mit einem „Elixier“, dem persönlichen Glück, einer tiefen BEISPIEL AUS DER PRAXIS neuen Erkenntnis, großem Wissen, einem Schatz. Sehen wir uns noch ein Beispiel an, • Rückkehr: Er kann in seine gewohnte Welt zurück- diesmal eines der Heldenreise aus Die Heldenreise ist die „Blaupause“ für den modernen Tourismus. kehren, eine Form der Auferstehung, denn … der Sicht des Gastes: Auf Benedikts Warum ist das so? Sehen wir uns dafür zuerst die Heldenreise genau an. • Meister beider Welten: …er ist natürlich nicht Spuren im Kulturland Kreis Höxter. An unterschiedlichen Stationen kann der mehr derjenige, der er vorher war. Er kehrt zurück Besucher in der Klosterregion einem als neuer, als veränderter Mensch. Er ist zu einer Storytelling braucht Substanz. Das wissen wir spä- wie Geschichten funktionieren. Von Campbell und Audioguide folgen. Hier ist der Gast neuen Persönlichkeit gereift. Zuhause wartet testens seit den Untersuchungen des Mythenfor- anderen Mythenforschern inspiriert, entwickelte der Held: Er erhält unterschiedliche große Anerkennung auf ihn. Und der Alltag ist schers Joseph Campbell Mitte des 20. Jahrhunderts. sich ein ausgefeiltes Instrumentarium, eine Art Aufgaben, die er lösen „muss“, die ein nicht mehr derselbe, der er vorher war. Der entdeckte in den weltweit erzählten Mythen, Handwerkszeug des Erzählens, das heute durch das Nachdenken über das eigene Verhalten Epen und Sagen ein universelles Erfahrungsmus- digitale Erzählen noch einmal einen zusätzlichen im Geiste des Heiligen Benedikt erfor ter, das er die „Heldenreise“ nannte. Was anfangs Schub erfährt. Dazu später noch mehr. dern. So sind Kapitel aus der Benedikt nur wenige Forscher interessierte, entwickelte sich regel verknüpft mit alltäglichen und bis heute zu einem universellen Erzählprinzip und sehr aktuellen Fragestellungen. Diese machtvollen Praxisinstrument des Storytellings, der Selbstreflexion des Gastes ermöglicht Pädagogik, des Coachings und sogar der Therapie. ein bewussteres, ein „besseres“ Leben Es revolutionierte nicht nur die (Pop-)Kultur in all und stellt die Belohnung dar, er ist ihren Facetten, sondern auch die Werbung und jetzt Meister beider Welten. das Marketing. Wer die Heldenreise kennt, versteht, 10 11
Die moderne Heldenreise – die Customer Journey BEISPIEL AUS DER PRAXIS In der Mythologie sind die Stationen und Funktionen Das Abenteuer des Helden ist der Aufenthalt vor Ort, der Heldenreise selbstverständlich überhöht. Doch ob als Urlaub oder einfach als Besuch im Museum. das Prinzip ist übertragbar auf die vielen kleinen und Die Buchung der Reise oder einer Eintrittskarte Das Prinzip der Heldenreise im Alltag großen Herausforderungen unseres Lebens, die wir stellen Schwellen dar, die es zu überwinden gilt. und Tourismus alle kennen. Dies macht sich das Storytelling zunutze, Die Belohnung ist ein schönes Erlebnis, eine neue machen sich sogar Buchungsmaschinen zu- indem es immer wieder Verbindungen herstellt, Erfahrung, die während des Aufenthaltes gemacht nutze. Der Buchungsvorgang bei booking.com Sehnsüchte nach Veränderung auslöst oder Erinne- werden. setzt z.B. auf Funktionen aus der Heldenreise. rungen an frühere Heldentaten weckt. Der gesamte Die Hinweise auf bereits gebuchte Zimmer, Somit setzen wir beim Einsatz des Storytellings moderne Tourismus beruht auf dem Prinzip der die verbleibenden Zimmer, das andere soeben im Tourismus und in der Kultur auf ein kollektives organisierten Heldenreise, denn: Der Zyklus des gebucht haben: Das alles sind Funktionen aus Menschheitsbedürfnis nach Erlebnissen, Erfahrungen Helden entspricht exakt der Customer Journey eines der Heldenreise, Herold, Mentor, Belohnun- und Abenteuern. modernen Reisenden auf der Suche nach neuen The Great Escape – Bündner entführen Städter in die Berge gen, die uns über die „Schwelle“ zur Buchung Erfahrungen. Die Customer Journey bezeichnet die Doch wie stellen wir das konkret in der Praxis an? „schubsen“ sollen. Gesamtheit aller Reisephasen, die der Gast von Wie machen wir aus unserer Geschichte eine Helden der ersten Inspiration zuhause über den Aufenthalt reise? Stellen wir uns der Herausforderung! vor Ort bis hin zur Rückkehr und dem anschließen- den Kundendialog nach der Reise durchläuft. 12 13
Auf ins Abenteuer Storytelling DIE ERSTE PRÜFUNG: DIE EIGENEN ZIELE UND GÄSTE KENNEN 1 Wir haben erfahren, welche Macht das Storytelling ausüben kann. Dies müssen wir in konkrete Marketingziele umformulieren. Was sind Ihre Ziele und was wollen Sie mit dem Storytelling erreichen? • Wollen Sie mehr oder andere Besucher erreichen? • Ihr Image verändern? • Ihre Identität zum Ausdruck bringen? • Menschen zur Buchung bewegen? Orientieren Sie sich dabei an der Customer Journey. In welcher Phase der Reise oder des Besuches wollen Sie den Gast und Besucher erreichen und mit der Geschichte adressieren: Wollen Sie auffallen, erklären, überzeugen oder binden? Das Storytelling muss in Ihre Marketing-Strategie passen und dort möglichst ganzheitlich umgesetzt werden. MÖGLICHE ZIELE Profilierung nach außen Identitätsstiftung nach innen E ine Steigerung der Bekanntheit und der Sympathie Neue Angebote und Erlebnisse Eine Verbesserung der Vermittlungs- und Erlebnisqualität E ine Erhöhung der Gäste-/ Besucherzufriedenheit Eine Erschließung neuer digitaler Kommunikations- und Vertriebskanäle E ine Steigerung der Umsätze und Gewinne – etwa im Merchandising Eine Steigerung der Ankünfte, Übernachtungen, der Tagesreisen der Besucher BEISPIEL AUS DER PRAXIS Das LWL-Freilichtmuseum in Detmold ist ein gutes Beispiel um passende Ziel gruppenansprache mit Storytelling zu zeigen: Für ihre jungen Besucher hat das Museum ein Spiel entwickelt, das die Kinder durch das Museum führt. Der junge Besucher begleitet einen Jungen um 1900, der sich für eine Berufsaus bildung entscheiden muss zu einem Schmied, einem Müller, einem Fotograf, einem Töpfer oder einem Bäcker. Die Kinder werden so spielerisch durch das Museum geführt und erfahren neben bei Interessantes über die Berufe in der damaligen Zeit. Am Ende entscheidet der junge Besucher für den Jungen und erhält dafür eine kleine Belohnung. 14 15
WIE GUT KENNEN SIE IHRE GÄSTE WIRKLICH? TIPP g Personas differenzieren g Wie sollen sich Ihre Gäste fühlen? Die Grundlage guten Storytellings ist das Wissen Zielgruppen, die auf Destinationsebene definiert Dies ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur guten um die eigenen Gäste und Besucher. Sie verfügen werden, sind oft sehr abstrakt und allgemein gehal Geschichte, denn wir wollen beim Gast und Besucher bereits über ausreichendes Wissen, haben Markt- ten. Für das Erzählen von Geschichten und das ge vorrangig eine emotionale Reaktion hervorrufen. Es forschung betrieben, Zielgruppen und Personas zielte Adressieren von Angeboten in einem Bereich, ist demnach nicht nur wichtig zu verstehen, wer die definiert? Dann fallen Ihnen sicher sofort passende „Kratzen Sie in einem typischen Sitzungs saal an der Oberfläche, und wir sind alle etwa Gesundheit, Kultur oder Wandern, reicht das Zielgruppe ist, was die Reisemotivation ist, sondern Geschichten ein. oft nicht aus. Personas, sozusagen das Gesicht einer auch, was Ihre Gäste fühlen sollen und wollen. Eine nur Höhlenmenschen mit Aktentaschen, Dialoggruppe, funktionieren nur, wenn das Angebot gute Geschichte stellt eine emotionale Verbindung Wenn nicht, versuchen Sie Ihre Gäste und Besucher die hungrig nach einer weisen Person und Produkt klar abgegrenzt ist. Jedes Museum, mit Ihren Gästen her und macht diese positiv erleb kennenzulernen – im wörtlichen wie übertragenen sind, die uns Geschichten erzählt. “ jedes Hotel, jedes Restaurant, jeder Wanderweg hat bar und erinnerbar. Berücksichtigen Sie dabei die Sinne. Was suchen sie? Was treibt sie an? Woher Dr. Alan Curtis Kay, im Idealfall seine eigenen spezifischen Personas Erwartungen Ihrer Gäste an die Erfahrungen und Er kommen sie? Wie alt sind sie? Mit wem reisen sie? Informatiker und Computerpionier definiert, um Geschichten entwickeln zu können. lebnisse, die Sie anbieten und versprechen können. Was lieben, hassen, essen, trinken, besuchen und tun Häufig wird dabei stark von den Inhalten und von Kommen Ihre Gäste, um sich inspirieren zu lassen, sie – zuhause und auf Reisen? Sobald Sie Ihre Gäste Anbieter-Seite aus gedacht. Es geht aber vor allem um die Schönheit der Natur zu genießen, um eine und Besucher kennengelernt haben, ist es einfacher darum, sich in das Verhalten der Besucherinnen Belohnung für Geschafftes zu erhalten, um gesund eine Verbindung zu ihnen herzustellen und sie in und Besucher hineinzudenken. Was beschäftigt zu werden, Spaß zu haben? Ihre Geschichte sollte Kontakt mit Ihrer Geschichte zu bringen. sie, wie denken, fühlen und handeln sie, welche auf die richtigen Emotionen abzielen und darauf, Kanäle nutzen sie? Aus diesen Überlegungen folgt die Erwartungen im besten Fall zu übertreffen. die Frage: was brauchen Ihre Gäste, was wiederum zu möglichen Angeboten und Produkten führt. Voraussetzung für eine erfolgreiche Personaent wicklung ist demnach eine gute Kenntnis über die eigenen Gäste. 16 17
Auf ins Abenteuer Storytelling DIE ZWEITE PRÜFUNG: 2 DIE GESCHICHTE FINDEN IHRE EINZIGARTIGKEIT Starten wir einfach: Was macht Sie und Ihr Angebot einzigartig? Welcher Faktor unterscheidet Sie, Ihr Reiseziel, Ihre Einrichtung von Ihrer Konkurrenz? BEISPIELE AUS DER PRAXIS Wenn Ihnen dies klar ist und Sie haben es noch Ravensberger Park in Bielefeld. Für das Storytelling gilt ein eherner Grundsatz: Es gibt mindestens so nicht in einer Geschichte vermittelt, ist dies Ihr Der Park und seine Gebäude, eine erstes Thema und sie müssen es „nur“ noch mit viele Geschichten, wie es Menschen auf der Welt gibt. Diese Tatsache einer Person – dem Helden – verbinden. ehemalige Flachsspinnerei, sind die Helden der Geschichte. Von ihrer ist Fluch und Segen zugleich: Fluch, weil es manchmal schwer fällt, aus Die Themenfindung kann sich für Städte und Erbauung über ihren drohenden der Fülle an Geschichten die besten herauszufiltern, Segen, weil wir auf Regionen anders gestalten, als für für einzelne Abriss bis hin zur Rettung durch Kultureinrichtungen oder Hotels und Restaurants. eine Bürgerinitiative, durchlebt einen unendlichen Fundus an Geschichten zurückgreifen können, die der Park die Heldenreise. immer auch für neue touristische und kulturelle Angebote stehen. EINZELNE EINRICHTUNGEN In Paderborn erzählt die Pader, Und es gibt noch eine weitere Voraussetzung für gute Geschichten: UND BETRIEBE Deutschlands kürzester Fluss, Wir brauchen ein Thema und wir brauchen einen Helden, also einen „höchstpersönlich“ von ihrer Ein möglicher Einstieg wäre eine Verbindung zu bewegten Geschichte, von ihrer Menschen, der die Heldenreise durchlebt. Manchmal brauchen wir einen Ihrer Einrichtung, Ihrem speziellen Angebot und Erschaffung durch Wotan bis kleinen „Kniff“: Auch „Dinge“ lassen sich zu Helden machen, indem wir (persönlichen) Thema. in die heutige Zeit. sie personalisieren und ihnen eine Stimme geben. Und: Auch der Gast • Wie hat alles angefangen? kann der Held sein, wenn wir ihn auf eine Abenteuertour durch unsere • Mit einer Vision? Im Mühlenkreis Minden- • Einem Traum? Lübbecke werden fünf Mühlen Stadt, Region oder das Museum schicken. Die Analogie zur Customer • Einer Leidenschaft? „zum Sprechen gebracht“. Journey des Gastes haben wir bereits aufgezeigt. • Einer Keimzelle, aus der etwas Großes wurde? So berichten die Mühlen teils • Haben Sie Ihre persönliche Leidenschaft in ein lustige, teils bewegende Geschich Welche Geschichte können Sie nun erzählen? Es gibt viele verschiedene (Tourismus-)Unternehmen verwandelt? ten aus ihrem „Leben“, mal als • Haben Sie persönlich für das Museum gekämpft, Monolog, mal im Dialog und geben Ansatzpunkte für eine Geschichte. Denken Sie bei der Auswahl aber das Sie heute leiten? einen Blick hinter die Kulissen. Die immer an zwei Dinge: • Welche Elemente Ihrer Geschichte würden Ihre Geschichten heben die Besonder Gäste und Besucher ansprechen? heiten der Mühlen selbst hervor 1. S etzen Sie einen Fokus und konzentrieren Sie sich lieber auf ein Aus der Beantwortung dieser Fragen lassen sich und berichten von historischen starkes Thema, als viele kleine Geschichten zu thematisieren, und zahlreiche Anknüpfungspunkte für Geschichten Geschehnissen. 2. vergessen Sie nie die Frage: Ist die Geschichte interessant für Ihr ableiten, die uns aus dem Leben bekannt sind und uns fesseln. Publikum? 18 19
ANLEITUNG ZUR THEMENFINDUNG STÄDTE, REGIONEN UND LANDSCHAFTEN CHECKLISTE TOP TIPPS In Städten und Regionen potenziert sich die Menge an möglichen Themen und Ansatzpunkten für erbundenheit: Emotionale Verbundenheit V Geschichten. Zum einen lassen sich die oben ge- Themen für Geschichten aus einzelnen von Vermittlung/Geschichte und Produkt nannten Arten von Geschichten auch hier heraus- Einrichtungen und Betrieben angeboten. greifen und in den Mittelpunkt stellen, zum anderen • Aufstieg und/oder Fall – einer Weltfirma, B ezüge: Bezüge zur Region/Destination oder bieten sich noch zahlreiche weitere Themen. einer Persönlichkeit, einer Familie, … zum Produkt. Jeder Ort kann vielfältige Geschichten erzählen. • Berufung – zum Arzt und Heilpraktiker, P ersönliches: Durch die/eine Geschichte des CHECKLISTE zum Künstler, zum Gästeführer, Schäfer, Herstellers, kann der Gast einen persönlichen eines wichtigen Mitarbeiters … Bezug herstellen. Geschichten für Städte, Regionen und • Lösungen und Erfindungen – R esonanzboden: der Gast benötigt Bezug zu Landschaften. Geschichten über … des Backpulvers, einer Süßigkeit, seinem Lebensalltag/ alltäglichen Umfeld. einer neuen Technologie, … • die Stadt, ihre Gründung und ihren Weg P ersonalisierung: Persönliche Bezüge können durch die Geschichte • Produkte – ihre Zubereitung, Herstellung, auch durch die Personalisierung von z.B. Tieren Verbreitung, … • landschaftliche oder kulturelle Besonder- erfolgen. heiten • Herkunft – einer Tierart auf einem Hof, I m Fokus: Bei Freizeit- oder Naturangeboten eines Kleidungsstücks, eines Kunstwerks … • lokale oder regionale Traditionen sollte der Gast im Fokus stehen, weniger der Hersteller eines Produktes oder der Anbieter • ein lokales Symbol oder eine Metapher • Anwendung – eines ungewöhnlichen Werkzeugs, einer Bautechnik, … eines Erlebnisses (vgl. mydays). • lokale/regionale Produkte • Entstehung – eines Gebäudes, B erufung des Gastes: Durch direkte Ansprache • besondere Gebäude, Fahrzeuge, Infrastruktur einer Beziehung, … des potentiellen Gastes z.B. „Hast auch Du das • dramatische oder historische Ereignisse – Zeug dazu?“ Schlachten, Ereignisse, Fluchten und Z usammengehörigkeit: Sind mehrere Geschich- Abenteuer ten vorhanden, verdeutlicht ein gemeinsamer • eine berühmte Person, die Ihren Ort oder Titel/eine „Überschrift“ die Zusammengehörig- Ihre Region geprägt oder besucht hat keit. Titel sind besonders wichtig für die An- • Mythen und Legenden sprache im Marketing (vgl. Gehört. Erzählt!). • Anekdoten über „Dinge“, Objekte oder Tiere • aktuelle Ereignisse in den Medien • ein (positiv besetztes) aktuelles, soziales oder politisches Problem Einbinden von Leistungsträgern AUFSTIEG • persönliche Geschichten über Herausfor- Wie können Leistungsträger eingebunden UND/ODER derungen, Tragödien und Triumphe oder und zur Kooperation animiert werden? ENTSTEHUNG FALL ANWENDUNG lustige Vorfälle Grundsätzlich müssen Leistungsträger immer • Leistungsträger aus Hotellerie/Gastro individuell angesprochen werden, jedoch nomie (Erfolgsgeschichten) oder auch können Leitfragen vorformuliert werden, die Geschichten tourismusferne Leistungsträger den Einstieg für die Zusammenarbeit erleich- (z.B. Konsumgüterindustrie) tern (siehe Checklisten). Leistungsträger mit BERUFUNG • … thematischen Bezügen sind oft naheliegende Partner. Suchen Sie daher nach inhaltlichen LÖSUNGEN und/oder thematischen Verbindungen. UND PRODUKTE Es kann hilfreich sein, vernetzte Themendächer Grundansatz ist: Leistungsträger können ERFINDUNGEN zu bilden, die den Charakter und das Profil der dann einfacher für das Storytelling aktiviert Destination widerspiegeln, und sich zunächst auf werden, wenn sie ihre persönliche, ihre eigene HERKUNFT Geschichte erzählen können. Sich an eine vor- Leitgeschichten, die besonders profilierend sind, zu beschränken. Nach und nach kann sich jedoch das gegebene Geschichte anzuhängen oder sich ganze Spektrum der Geschichten entfalten und in diese zu integrieren, fällt Leistungsträgern immer wieder neue Besuchs- und Reiseanlässe wesentlich schwerer. schaffen. 20 21
AUTHENTISCH SEIN AUF DIE SUCHE GEHEN WAS SIND DIE BEISPIEL AUS DER PRAXIS SCHLÜSSELELEMENTE? Die Forderung nach Authentizität ist so alt wie das Selbst wenn man weiß, woraus Geschichten ent- Tourismusmarketing selbst. Doch beim Erzählen Graubünden in der Schweiz hat seine stehen können, fehlt manchmal der entscheidende von Geschichten ist es doppelt wichtig. Geschich- Angebote in „Erlebnisse“ gegliedert, Ansatzpunkt. Um diese Blockade zu überwinden, Diese lassen sich über die bekannten W-Fragen ten dürfen sogar fiktional sein, erfunden, aber sie z.B. Wandern, Abschalten im Bergdorf, gibt es einige Hilfen: ermitteln. Beantworten Sie sich zum ausgewählten müssen dennoch authentisch vermittelt und erzählt Familienferien, Romantikurlaub, Bahn Thema diese sieben Fragen und Sie kennen die werden. Geschichten müssen mindestens so erzählt reisen usw. Den Geschichten aus der Inhalte Ihrer Geschichte. uchen Sie lokale Experten auf, binden Sie diese S werden, dass sie wahr sein könnten. Wenn sie Fakten Region Graubünden wird direkt zu ein, um authentische Geschichten zu finden, die enthalten, stellen Sie sicher, dass sie im Detail richtig Beginn des Besuchs der Website ein auch relevant sind für Ihre Gäste und Besucher, CHECKLISTE sind. Wenn es sich um fiktive Geschichten handelt, eigenes Kapitel gewidmet, in dem sich z.B. Stadtarchivare, Kulturschaffende, Journa- geben Sie ihnen Verbindungen zur Realität, um die der zukünftige Gast inspirieren lassen listen, Autoren oder ältere Bürger, die einmal gewünschte Wirkung zu erzielen. kann. Inhalte einer Geschichte eine zentrale Position besetzt haben, ebenso wie Hochschulen, die sich an der inhaltlichen • Was ist passiert? Weiterhin gibt es die Möglichkeit, durch Eine Schlüsselfigur nimmt hier der Erzähler ein. Entwicklung mit Ihrem Know-How beteiligen das Beantworten von fünf Fragen, ein • Wer war/ist involviert? Erzähler und Protagonisten, die von ihren eigenen können. Aber auch Vertreter bestimmter Peer- Ferienprofil anzulegen. Als Ergebnis Lebenserfahrungen berichten, sind glaubwürdiger. Groups, zu denen Sie eigentlich keinen Zugang • Wo hat es stattgefunden? erhält der Gast zu seinen Vorlieben und Machen Sie die Geschichten zudem für Gäste und haben, etwa Jugendliche und Kinder. • Wann hat es stattgefunden? gesetzten Schwerpunkten passende deren Leben relevant. Vorschläge. Die beiden Steinböcke Gian • Warum ist es passiert? und Giachen, die zwei Maskottchen der ibt es etwas Unentdecktes, versteckte Gänge G Region, treten in unterschiedlichsten und Höhlen, unentdeckte Schätze, ein ver- • Wie hat es stattgefunden? Medien, Formen und Formaten z.B. als stecktes Juwel, die eine großartige Geschichte Begleiter, Tipp-Geber oder humoristische ergeben würden? Jetzt sind Sie gerüstet für den entscheidenden Kommentatoren auf. Gibt es Dinge, die aus der Alltäglichkeit heraus- Schritt zur Geschichte. Die zwei Steinböcke kommentieren in gelöst werden müssen, z.B. das Denkmal oder Videos unterschiedliche Verhaltens öffentliche Kunstwerk, an dem alle seit Jahr- situationen von Touristen und stellen zehnten vorbeigehen und von dem kaum noch so humorvoll und authentisch einen jemand weiß, warum es dort steht? Kooperationen Aspekt der Region heraus. toßen Sie eine Debatte an: Seien Sie mutig S Storytelling eignet sich wunderbar, um ver- Weitere Informationen: schiedene Parteien und Interessierte gemein- und beziehen Sie Stellung, zeigen Sie Haltung www.graubuenden.ch sam an einen Tisch zu bekommen. Nehmen in wichtigen Fragen. Meiden Sie dabei jedoch zu kontroverse Themen, die möglicherweise zur Sie Kontakt mit Herstellern von Produkten Spaltung beitragen könnten. auf, wenn Ihnen dies besonders gefällt. Viel- leicht erhalten Sie so Ideen für eine (Produkt-) Geschichte, die Sie erzählen können. So können Sie auch direkt Kooperationen mitdenken. BEISPIEL AUS DER PRAXIS Oder überlegen Sie, wer an einem Rundgang in Ihrer Nähe noch interessiert sein könnte. Überlegen und entwickeln Sie Ideen und Geschichten gemeinsam. Die Route „Auf Benedikts Spuren“ in Höxter haben wir uns schon genauer angeschaut. Dort haben sich unterschiedliche Klöster zusammengetan und einen gemeinsamen Audioguide sowie ein Imagevideo entwickelt, das die Region und alle Beteiligten verbindet. Oder denken Sie an das Beispiel des Nieheimer Käses, der bei einem Leistungsträger direkt Spot „Kletterer“ mit Gian und Giachen Rund um den Apfel – der Odenwald und seine Streuobstwiesen vor Ort gekauft werden kann. Von gemeinsa- men Projekten profitieren alle Beteiligte. 22 23
„Erzählen Sie Ihren Lesern eine Geschichte! Auf ins Abenteuer Denn ohne Geschichte benutzen Sie lediglich Worte, um sie in logischen Storytelling Sätzen aneinander zu reihen.“ Anne McCaffey, Science-Fiction-Schriftstellerin CHECKLISTE Dramaturgie DRAMA, BABY! • Prolog: Die Vorgeschichte oder ein Auftakt, z.B. ein Zitat oder eine vorgeschaltete DIE DRITTE PRÜFUNG: Dokumentationssequenz etc. 3 Hinter diesem umgangssprachlichen Aufruf ver- steckt sich eine simple Wahrheit: Erst wenn die DIE GESCHICHTE ENTWICKELN • Das Set-Up: Die Beschreibung des Helden Geschichte eine Dramaturgie enthält, eine Erzähl- oder der Heldin, der Umgebung, gewohn- struktur, in der der Held und auch andere Figuren ten Welt und Szenerie, um das Publikum verschiedene Gefühlszustände, Aufs und Abs durch- hineinzuziehen und der Geschichte Tiefe leben, wird aus dem Inhalt eine spannende Erzäh- und „Grundierung“ zu geben. lung. Eine gute Geschichte zeigt, wie der Held sich freut, leidet, fällt, kämpft, aufersteht und siegt – sie • Der schicksalhafte Moment: Er treibt die erzählt es nicht einfach. Die Identifikation mit dem Geschichte wie ein Katalysator voran. Das Helden ist besonders wichtig und sie gelingt nur, kann das Auftauchen des Mentors sein, wenn wir bereit sind, ihm zu folgen und es spannend aber auch ein oder mehrere unerwartete(s) wird. Wie schaffen wir solche Strukturen? Auch für Ereignis(se). Dramaturgien gibt es Handwerkszeug, das sich be- • Der Konflikt: Was ist das eigentliche Prob- währt hat: Die Heldenreise ist ihre Urform. Doch lem des Helden oder der Heldin? Wogegen diese lässt sich in vielen Varianten wiedergeben. kämpft er/sie an? Wer ist der Feind/Gegner Wenn wir das Thema, die Inhalte und den Helden der Geschichte und was sind dessen widerstreitenden Der Einstieg identifiziert haben, ist die Geschichte noch nicht fertig. Warum ist das Ein guter Weg, um sich in eine Dramaturgie hinein- Interessen und Ziele? so? Die Geschichte ist noch nicht in einer erinnerungswürdigen Form. zudenken ist es, • Die Spannung steigt: Mit jedem Abenteuer, • den Anfang mit jeder Prüfung, steigt die Spannung, Noch besteht sie nur aus Fakten und Tatsachen. Einfach eine Firmenge- weil der Konflikt sich verschärft. (die gewohnte Welt), schichte, Stadtgeschichte oder Lebensgeschichte aufzuschreiben, ist nicht • den Hauptteil • Der Wendepunkt: Der Held oder die Heldin spannend. Jetzt eröffnet sich die ganze Kraft der Heldenreise, denn sie (die Erlebnisse und Abenteuer) und muss sich neu entscheiden und seine • den Schluss der Geschichte Richtung, Strategie, Gefolgschaft ändern – bildet die „Blaupause“ für das eigentliche Erzählen der Geschichte. (die Belohnung und Rückkehr) gewollt oder ungewollt. Und: Jetzt geht es nicht mehr ohne Kreativität. festzuhalten. • Die Krise: Held oder Heldin geraten in eine Dies kann jeder schon in wenigen Sätzen – und die Krise, zweifeln, gelangen an einen Tief- Uns fehlt noch erste Dramaturgie steht. Für kurz erzählte Geschich- punkt. War die Entscheidung richtig? Ist ten, etwa in digitalen oder sozialen Medien, kann alles umsonst gewesen? • eine Dramaturgie bzw. ein „Plot“, dies schon ausreichend sein, um die Gäste und Besu- • Der Höhepunkt: In einer äußerten Prüfung • Personal und dramaturgische Funktionen, cher zu packen. Auf diese Weise strukturieren und überwindet der Held oder die Heldin, seine klären sich bereits die wichtigsten (Wende-)Punkte, Zweifel, seinen Feind. Die „Auferstehung“ • eine Botschaft oder „Moral von der Geschichte“. die Sie vermitteln möchten. beginnt. Weder müssen in einer Geschichte alle Stationen • Die Lösung: Der Konflikt löst sich auf, der der Heldenreise vorkommen noch alle diese dra- Held oder die Heldin und andere Mitstrei- maturgischen Einzelelemente. Sie können je nach ter, aber auch Feinde, sortieren sich neu. Der Anspruch, Komplexität und gewünschter Wirkung Held oder die Heldin und seine Mitstreiter auf verschiedene dieser dramaturgischen Methoden werden belohnt. verzichten. • Epilog: Die Nachgeschichte oder Nachbetrachtung 24 25
SIEBEN PLOTS Dem britischen Journalisten Christopher Booker „Die Abenteuergeschichten zuerst, Reise und Rückkehr – der Kern des Tourismus ist es in seinem Buch „The Seven Basic Plots: Why bitte. Erklärungen brauchen immer Der Held oder die Heldin geht in ein fremdes Land we tell stories“ gelungen, die Grundmuster erfolg- so schrecklich lange.“ und kehrt, nachdem er vielen Bedrohungen und BEISPIELE AUS DER PRAXIS reicher Geschichten auf sieben Grundmuster zu Abenteuern ausgesetzt war, als veränderter, neuer reduzieren. Dieser Ansatz ist gerade im Marketing Lewis Carroll, Schriftsteller Mensch zurück. Die gewohnte Welt hinter sich eine bewährte und inspirierende Methode, einer lassen, als neuer Mensch zurückkehren – dies ist Geschichte Leben einzuhauchen. Dabei gilt es, vermutlich eine der Haupttriebfedern des modernen diese stets modern und im Sinne des Tourismus Tourismus. Die Sinnsuche steht im Mittelpunkt zu interpretieren. des Reisens und es motiviert Gäste, diesen Sinn Die sieben wichtigsten Plots für gute Geschichten anderen zu vermitteln. 1. Die Überwindung des Monsters Die Komödie – für unterhaltsame Aufenthalt 2. Der Aufstieg vom Bettler zum König Auch bei der Komödie geht es darum, Widerstän- 3. Die Erfüllung einer Mission de zu überwinden, jedoch nicht verbunden mit 4. Reise und Rückkehr existenziellen Bedrohungen. Das Böse/der Gegner 5. Die Komödie BEISPIELE AUS DER PRAXIS verschwindet letzten Endes vollständig und löst sich Freiheit in den Bergen spüren – Urlaub in Österreich 6. Die Tragödie meist in einem klassischen Happy End auf. Der Plot 7. Die Wiedergeburt für die klassische Liebeskomödie – und damit auch Die Überwindung des Monsters – auch im Alltag Bezugspunkt für viele Paarreisen und -ausflüge, des Gastes aber auch Gruppenreisen, bei denen der soziale Austausch und Spaß im Vordergrund stehen. Hier geht es darum, etwas Böses – das Monster im realen oder übertragenen Sinne – zu überwinden Die Tragödie – kann auch etwas Positives haben und zu besiegen. Unzählige Geschichten inszenieren In der Tragödie ist der Held oder die Heldin nicht frei diese klassische Heldenreise. Im modernen Touris- von Charakterfehlern. Schlimmer noch, sie sind sein mus oder besser gesagt für den modernen Reisen- Verderben. Tragödien sind die Kehrseite der Komödie den kann das auch der Kampf gegen Übergewicht, und enden immer unglücklich. Das ist vermutlich gegen Stress oder gegen Burn-out sein und stellt so keine Vorlage, um den Gast und Besucher selbst einen Bezug zum Leben der Gäste her. Das Böse ist Mecklenburg-Vorpommern – Endlich Ruhe (Schwerin) Schlauer ist es in Gruppen zu reisen! zum Helden zu machen, doch können gerade erzähl- für den Touristen nur selten wirklich böse, aber ein te Tragödien starke Gefühle und Mitleid auslösen Widerstand. sowie Erinnerungen wecken. Für den Gast sollte eine Der Aufstieg vom Bettler zum König – kleine und Tragödie einen Lerneffekt haben, die Lehre aus dem große Erfolgsgeschichten Scheitern, um dennoch eine positive Grundhaltung mit nach Hause zu nehmen. Das ist die klassische Variante des amerikanischen Traums oder auch ein typischer „Märchen-Plot“ – Die Wiedergeburt – sich wie ein neuer Mensch von ganz unten nach ganz oben, gegen alle Wider- fühlen stände. Ein überaus motivierender Plot, der Gäste In diesem Plot wird der Held oder die Heldin mehr aktivieren und animieren kann. Im Tourismus kann oder weniger gezwungen, den bisherigen Weg zu das zudem der Werdegang des Azubis zum Sterne- ändern und eine bessere oder andere Person zu koch sein oder vergleichbare Aufstiegsgeschichten, EATKARUS – Edeka Werbung werden. Eine starke Motivation: Die grundsätzliche True Fruits Spot „Bibo“ die als Vorbild dienen. Chance ein anderer Mensch zu sein, kann im Touris- Die Erfüllung einer Mission – Aufgaben beim Besuch mus u.a. ideal im Gesundheits- und Aktivsegment eingesetzt werden. Der Held oder die Heldin hat eine Aufgabe zu lösen, etwas Wichtiges zu finden oder ein Problem zu Alle Dramaturgien und Plots können miteinander lösen. Die Analogie zum Heute liegt auf der Hand: kombiniert werden. Die höchste Kunst des Storytel- Jeder Wander- und Radweg kann beispielsweise zu lings ist es, wenn Sie Ihre eigene Dramaturgie ent- einer solchen Mission werden. Selbst die Suche nach werfen und Ihre Gäste und Besucher damit fesseln. dem besten Bäcker oder Restaurant der Stadt lässt Doch uns fehlen noch immer ganz wesentliche Teile sich als Mission inszenieren. Oder das Quiz und die einer Geschichte. Schatzsuche im Museum. Discover the Welcome Centre Award Winning Toilets Übertrieben guten Urlaub machen – Weinexperte werden 26 27
DIE HANDELNDEN PERSONEN • Der Schatten oder das • Der Herold: „Böse“: Der Herold ist oft nur eine Funktion, keine Was unterscheidet gute Geschichten von besseren Er baut die zentrale echte Figur. Er überbringt Botschaften Geschichten? Richtig: die handelnden Charaktere. Gegenposition zum Hel- und motiviert den Helden, manchmal Menschen, Gäste und Besucher suchen nach Identi- den auf, fordert ihn, ist auch einfach, indem er Wendepunkte und fikation oder Abgrenzung. Sie brauchen Charaktere, oft sein dunkles Spiegel- schicksalhafte Ereignisse auslöst. Oft ist er um sich daran zu reiben oder sich in sie hineinzuver- bild und ist die Projek- auch mit dem Mentor identisch. So kann er setzen. Auf diesem Wege verankern Sie Geschichten tionsfläche des zentralen zum Beispiel in Form eines Wetterwechsels in Ihrem Gedächtnis – in Verbindung mit Personen. Konfliktes. Wir brauchen auftreten, aber auch als Begegnung mit Daher ist es sinnvoll, immer markante Persönlichkei- ihn als Herausforderung, einem Fremden auf der Straße, die zu neuer ten und Charaktere zu kreieren oder auszuwählen. aber nicht immer als Motivation führt z.B. ein Museum doch zu Echte, aber bereits historische Personen ebenso wie reale Figur. Das Monster besuchen. lebende Zeitgenossen oder erfundene Charaktere, und Böse kann auch in die dennoch glaubwürdig sind und Identifikations- uns selbst stecken, als fläche bieten. Es kann hilfreich sein, die Charaktere „innerer Schweinhund“ wie Personas zu entwerfen, sie mit Eigenschaften, z.B. im Gesundheitstouris- • Der Gestaltwandler: Gefühlen, Verhaltensweisen und „Macken“ zu ver- mus) als Selbstzweifel Der Gestaltwandler ist eine unberechenbare sehen, um sie authentisch wirken zu lassen. Zeit- oder Angst. Figur, die sich von einem auf den nächsten genössische Personen sollten einen bestimmten Augenblick verwandeln kann, von gut zu böse Typ repräsentieren und glaubwürdig vertreten. Für und umgekehrt. Dadurch erzeugt er Spannung, die Gäste und Besucher, Ihre Zielgruppen, müssen sorgt für überraschende Wendungen, stellt sie eine Relevanz haben, sonst können sie keine den Helden vor Rätsel und Herausforderungen, • Der Mentor: Emotionen wecken. Es müssen auch nicht immer lässt ihn mal zweifeln, dann wieder hoffen. Im Er ist die seelische Stütze für den Menschen sein, auch z.B. Tiere können Charaktere Marketing wird er oft – wie der Schwellenhüter Helden, steht ihm zur Seite, tritt sein und Funktionen einnehmen. – zu einem Hindernis, das überwunden werden ihm „in den Hintern“, wenn es sein Stellen Sie sich das Personal wie ein muss, gibt weise Ratschläge oder muss, aber hier um zusätzliche Spannung auf- Theaterensemble vor, in dem es für stattet ihn mit der nötigen „Aus- zubauen und das Erlebnis dadurch zu inten- bestimmte Typen immer wieder- rüstung“ aus – etwa einem Amu- sivieren: „Bist Du wirklich mutig genug diese kehrende Rollen und Funktionen gibt. lett, das den Helden begleitet. Der Achterbahn zu besuchen?“ Aus der Heldenreise wissen wir, Mentor muss keine reale Figur sein, welche Archetypen wir brauchen. kann auch im Gewissen des Helden Sie müssen natürlich nicht alle Figuren verborgen sein. Und er muss auch • Der Trickster: verwenden, wählen Sie einfach aus: nicht zwingend „gut und freund- Der Trickster ist eine Figur lich“ sein. Auch negative Mentoren • Der Schwellenhüter: mit vielschichtigen Funk- können den Helden vorantreiben Schwellenhüter treten oft nicht als Figuren, tionen, die sich selbst aber und motivieren. Im Marketing ist sondern als Funktion auf. Sie repräsen- während einer Geschichte die Mentorenfunktion eine der tieren das Hindernis zum nächsten Ent- kaum verändert. Ihre Haupt- wichtigsten und wird oft von tou- wicklungsschritt des Helden und sollen ihn funktion ist der Humor, das ristischen Leistungsträgern, Stadt „prüfen“: Ist der Held bereit für die nächste Komische, das befreiende führern etc. übernommen. Herausforderung? Schwellenhüter sind Lachen, das Absurde und Skurrile, das den Helden und nicht grundsätzlich als Feinde des Helden andere wieder aufmuntert. anzusehen, sondern sollen seine Charakter- Er löst dabei jedoch nicht entwicklung befördern. Sie können auch zu • Der Held oder die Heldin: den zentralen Konflikt, son- verbündeten werden und dem Helden zu Der/die Protagonist/in steht im Mittelpunkt jeder Geschichte. Wir dern trägt zur zwischenzeitli- neuer Energie verhelfen. Im Marketing und brauchen den Helden als aktivste Gestalt, als Identifikationsfigur, die chen Heilung und Genesung speziell im Tourismus, stellen Schwellenhü- die stärkste Charakterwandlung aufweist. Mit dem Helden durchleben bei. Im Marketing ist diese ter Hindernisse dar, die es zu überwinden wir die intensivsten Gefühle, wenn er zweifelt, leidet, strahlt, kämpft, Funktion unschlagbar, wenn gilt, z.B. schlechtes Wetter, das geschlosse- verliert, siegt, belohnt wird. Der Held muss nicht unfehlbar sein, im es darum geht, Geschichten ne Museum, der für manche Gäste zu hohe Gegenteil, zu Beginn ist er oft gar kein typischer Held, manchmal ein- mit Humor zu erzählen, die Eintrittspreis. Hierfür gilt es, dem Gast als fach der Kerl von Nebenan, ein Mensch wie der Gast. Das macht ihn Steinböcke Gian und Gia- Helden entsprechende Hilfestellungen zu sympathisch und weckt Vertrauen. Und: Wir können auch dem Gast die chen aus Graubünden sind bieten (Schlechtwetterangebote, Rabatte, Rolle des Helden oder der Heldin zuweisen. dafür ein sehr gutes Beispiel. Alternativen, …). 28 29
DIE BOTSCHAFT NOCH MEHR SPANNUNG UND EMOTIONEN Einheimische und ihre Rollen Das Thema Ihrer Geschichte haben wir gefunden, Nun haben wir alle Faktoren, die eine gute Ge- Gäste und Besucher lieben es, Geschichten den Plot entwickelt, die Charaktere definiert und be- schichte ausmachen, zusammengetragen. Es fehlt von Einheimischen zu hören, die das Reise- schrieben. Was fehlt uns jetzt noch? Eine Botschaft. noch der kreative Kernprozess, das Aufschreiben der ziel schätzen und in allen Details kennen. Der Die Botschaft ist nicht das Thema der Geschichte, Geschichte. Dieses lässt sich nur bedingt in einem Wunsch nach Teilhabe am normalen Leben sondern eine Art tieferer Erkenntnis. Früher hätte Leitfaden vermitteln. Doch auch hier helfen einige CHECKLISTE in einer Reiseregion ist groß, nicht nur um man gesagt: die Moral von der Geschichte. Selbst- Grundregeln, die Emotionalität der Geschichten zu Geheim- oder Insidertipps zu erhalten. verständlich geht es nicht darum, den Gästen erhöhen. Diese folgenden Tipps sollten Sie vor allem Mehr Emotionen In diesem Zusammenhang können Einheimi- belehrend gegenüberzutreten, sondern Ihnen Wege befolgen für Geschichten, Skripte und Drehbücher, sche verschiedene Funktionen der Archetypen • Steigen Sie in jede Geschichte mit einem zur Selbsterkenntnis zu ermöglichen. Eine gute die in den jeweiligen Formaten umgesetzt werden. übernehmen. Der Mentor ist vermutlich die „markanten“ Bild, einer starken Metapher Geschichte impliziert eine Botschaft, ohne diese Für die interne Nutzung in Ihrem Haus, für Sie, Ihre häufigste Funktion. Aber auch der Trickster oder Headline ein – egal ob es sich um auszuformulieren oder auszusprechen. Mitarbeiter, Ihr Führungspersonal genügt es, die Ge- oder der Herold kommen in Frage. Daher einen Text, ein Bild oder Video handelt. In Die Botschaft muss zu Ihnen, Ihrer Stadt, Region, schichte kürzer und etwas nüchterner zu verfassen, lohnt es sich, die Bürger und Einheimischen kurzer Zeit entscheidet sich, ob der Gast Ihrer Einrichtung und Ihrem Unternehmen passen, um diese anschaulich und verständlich zu machen. vor Ort – ebenso wie Ihr Personal – in die bleibt oder nicht. Es muss nicht spektakulär sodass hier keine vorgestanzten Floskeln als Check- Geschichten einzubauen, besonders dann, sein, aber spannend. liste aufbereitet werden können. Machen Sie sich wenn der Gast und Besucher selbst als einfach darüber Gedanken, was Sie Ihren Gästen • Vermeiden Sie Substantive, nutzen Sie Held oder Heldin inszeniert wird. und Besuchern als Erkenntnis mitgeben möchten. Verben. Schreiben und erzählen Sie im Aktiv, nicht im Passiv. Das wirkt dynamischer. Setzen Sie Adjektive nicht zu üppig ein, sondern gezielt, um bestimmte Gefühle auszulösen. • Dialoge sind das Gold jeder Geschichte. Feilen Sie besonders an den Dialogen, denn sie charakterisieren die Personen am markantesten, treiben die Handlung und Spannung voran. • Nutzen Sie „Cliffhanger“: Besteht Ihre Geschichte aus mehreren Szenen oder Ka- Gewinne Ferien bei Einheimischen in Graubünden Paddeln und Kurbeln auf der Lahn – Kanufahren im Lahntal piteln, dann lassen Sie am Ende stets offene Fragen zurück, die die Spannung erhalten. • Benutzen Sie eine saubere Bildsprache: BEISPIELE AUS DER PRAXIS Vermeiden Sie unsaubere Formulierungen und das Vermischen von Metaphern. Bielefeld, Ravensberger Park. Eine Geschichte erzählt von den Plänen • Körperliche Interaktionen und Sinneserfah- in den 1960/70er Jahren die historischen rungen: Aktivieren Sie Ihre Gäste mit den Gebäude des Parks abzureißen und eine Geschichten. Bitten Sie sie, etwas zu tun 4-spurige Straße zu bauen. Durch eine Bür oder sinnlich zu erfassen. gerinitiative wird dies schließlich verhin • Betonen Sie Herausforderungen oder dert, so dass heute die schönen Gebäude Konflikte: Sie sind oft der spannendste Teil der Ravensberger Spinnerei noch existieren einer Geschichte. Die Hüterin der Grimm Märchen und mit verschiedensten Nutzungen be spielt werden. Dies ist die Geschichte, die • Humor: Witze oder Wortspiele lockern auf. Botschaft ist, dass sich bürgerschaftliches Stellen Sie jedoch sicher, dass sie angemes- Engagement lohnt und der „durchschnittli sen, nicht anzüglich, verletzend oder zu che“ Bürger wirklich etwas bewegen kann, plump sind. wenn sich genügend Personen mit einem • Kürzen Sie: Überladen Sie Ihr Publikum gemeinsamen Ziel zusammen schließen. nicht mit Details, Fakten und Nebenszenen. Mag der Gegner, in diesem Fall die Politik, Die Hauptaussage ist das Entscheidende, auch noch so mächtig erscheinen. das es zu erinnern gilt. 30 31
EINE GESCHICHTE, CHECKLISTE Auf ins Abenteuer TAUSEND FORMATE. Storytelling Der Weg zum richtigen Format Welches Medium, welches Format und 1 Customer-Journey-Analyse: welcher Kanal passen nun zu Ihrer Ge- Grundlage für die Auswahl ist die Customer-Journey- schichte? Die Wahl des idealen Formats zur Analyse als Basis Ihres Marketings. Darin identifizieren Vermittlung Ihrer Geschichte orientiert sich Sie, welche Kanäle Ihre Gäste und Besucher nutzen, im Idealfall an der Customer Journey. Sie ob z. B. Instagram, GetYourGuide oder Facebook. erlaubt einen Überblick darüber, wie Sie Ihre Zielgruppen in welcher Phase über welche 2 Einbinden von Leistungsträgern: Kanäle erreichen. Können Sie sinnvoll Leistungsträger einbinden, die bei DIE VIERTE PRÜFUNG: 4 der Entscheidung für ein Format ausschlaggebend sein können? DIE GESCHICHTE VERBREITEN 3 Medienformate festlegen: Kennen Sie die Kanäle, müssen Sie in einem weiteren Schritt identifizieren, in welchen Medienformaten Sie auf dem jeweiligen Kanal „erzählen“ und kommu- nizieren können, z. B. kurze Video-Clips für Facebook oder Podcast-Folgen für einen Blog. 4 Formatskripte verfassen: Wenn Sie sich für ein Format entschieden haben, müssen Sie Ihre Geschichte in das jeweilige Format transformieren und entsprechende Drehbücher, Skripte oder Bildfolgen erstellen. Tun Sie dies so genau wie möglich, um die spätere Umsetzung zu erleich- In der Ursituation des Erzählens, in der die Heldenreise als universelles tern. Dabei stehen wichtige Entscheidungen an: Erzählprinzip geboren wurde, versammelte sich der Stamm oder die •Können und wollen Sie die Geschichte vollständig Familie als Keimzelle der Gemeinschaft vermutlich um ein Lagerfeuer erzählen oder nur anteasern? Welche Stationen der und erzählte sich Geschichten. Diese Urform blieb über Jahrhunderte die Geschichte brauchen Sie für welches Format? zentrale Form der Verbreitung von Geschichten, bis der Buchdruck und •Passt der Plot zum gewählten Format? später die ersten audiovisuellen Medien das Verbreiten von Geschichten •Welche Zeit und Aufmerksamkeitsspanne des Gastes steht Ihnen zur Verfügung? revolutionierten. •Wieviel Geld und Ressourcen brauchen Sie für die Heute erleben wir eine weitere Revolution, getrieben durch die Digitali- Umsetzung? sierung der Gesellschaft, die auch das Geschichtenerzählen zu vollkom- •Welche Einzelelemente benötigen Sie? Text, Bild, Bewegtbild, Illustration, Grafik, Audio, Animation, men neuen Formen und Formaten geführt hat. Gab es früher nur eine Live-Performance, Direktkommunikation etc. überschaubare Anzahl an möglichen Umsetzungen einer Geschichte, •Welche „Gewerke“ brauchen Sie, um die Geschichten stehen wir heute einer Fülle an Kanälen und Formaten gegenüber, in die jeweiligen Formate zu bringen? Welche externe Hilfe, Zuarbeit durch Agenturen, Kreative die spezialisierte Funktionen im Marketing, der Vermittlung und im u.a. benötigen Sie? Gästedialog erfüllen. •Welche Leistungsverzeichnisse und Briefings müssen Sie verfassen? •Wie bringen Sie die Formate in den jeweiligen Kanal? •Welche Folgewirkungen und -kosten hat dies, etwa in der Gäste und Besucherkommunikation sowie -betreuung, der Wartung, im Monitoring etc.? 32 33
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