Gelebte Vielfalt - Hafencity
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April 2021 Ausgabe 62 Gelebte Vielfalt ↑ Auf dem Weg zur Inklusion: Zu den Pionieren in der HafenCity gehört „Leben mit Behinderung Hamburg“. In einer Wohngemeinschaft in der Shanghaiallee bringt der Verein seit 2015 Menschen mit und ohne Handicap zusammen (Foto: lmbhh/Eibe Maleen Krebs) Im Quartier Baakenhafen in der östlichen HafenCity entsteht eine besonders vielfältige Nachbarschaft. Immer mehr soziale Projekte sorgen dafür, dass Inklusion gelebt wird Ben Dietterich wollte schon lange von zu Hause wollte“, erzählt er. „Mit seinen modernen Gebäuden ist auch „Aufwind“ eingezogen, eine psychosozia- ausziehen, um in einer neuen Gemeinschaft zu le- hat er mich immer schon angesprochen.“ Von hier le Begleitung für Menschen mit HIV oder anderen ben. Doch das ging nicht. Der 28-jährige Hambur- kommt er auch gut zur Hochschule für Angewandte chronischen Erkrankungen, die ebenfalls unter das ger gehört zu den Menschen, für die der klassische Wissenschaften, die ebenfalls im Hamburger Zen- Dach der Stiftung Hamburg Leuchtfeuer gehört. Wohnungsmarkt wenig bietet: Seit der Geburt an trum liegt, und an der er Sozialarbeit studiert: „Ich Sobald Corona es zulässt, wollen die neuen Be- spastischer Zerebralparese erkrankt, ist er rund um wohne mittendrin und kann über den Tellerrand wohner in den beiden Gemeinschaftsräumen mit die Uhr auf Assistenz angewiesen. „Wenn man älter schauen, was sonst passiert. Ich kann am Leben der Küche zusammenkommen: kochen, Filme sehen, wird, möchte man dennoch so selbstbestimmt wie Stadt teilnehmen.“ Spiele spielen, Besucher und Nachbarn einladen, al- möglich leben. Daher habe ich mich vor drei Jah- les natürlich freiwillig. „Gerade für diese Menschen ren auf die Suche nach einer passenden Wohnung Ein Heim für chronisch Kranke ist es wichtig, dass kein Druck entsteht, denn sie gemacht“, berichtet er. Im Dezember 2020 kam der sind aufgrund ihrer Krankheit nicht immer in der große Tag, an dem er in das Wohnprojekt „Festland“ „Festland“ wird von Hamburg Leuchtfeuer betrie- Lage, die Angebote anzunehmen“, sagt Festlands im Quartier Baakenhafen zog. Im fünften Stock ben. Das Gebäude der gemeinnützigen Organisation Leiterin Jeannine Kontny. „Vielleicht gibt es Tage, des Neubaus an der Baakenallee hat er jetzt „eine wurde nicht zuletzt dank großzügiger Spendengel- an denen es ihnen gerade nicht so gut geht und sie echte Wohnung mit persönlicher Atmosphäre“, wie der erbaut. Es ist komplett barrierefrei und teilweise nicht teilnehmen können. Sich dafür nicht rechtfer- er betont, denn auch dies ist keine Selbstverständ- rollstuhlgerecht. Insgesamt 27 Ein- bis Dreizimmer- tigen zu müssen ist eine enorme Erleichterung.“ lichkeit für Wohnungssuchende wie ihn, auf die in wohnungen verteilen sich auf sieben Etagen. Chro- sozialen und medizinischen Einrichtungen oftmals nisch kranke Menschen, die zum Beispiel mit HIV, standardisierte Zimmer warten. multipler Sklerose oder den Folgen eines Schlagan- Die HafenCity kannte Dietterich bereits, er war falls leben, finden hier langfristig ein Zuhause, auch schon mehrfach in der Elbphilharmonie gewe- wenn sie aktuell oder zukünftig auf Unterstützung sen. „Das war genau der Stadtteil, in den ich gerne und Pflege angewiesen sind. In demselben Gebäude Fortsetzung auf Seite 2 → Bestrickend Verbindend Nachhaltiges Modedesign in Anspruchsvoller Tunnelbau HafenCity und Umgebung zur Integration des Oberhafenquartiers Seite 5–7 Seite 8–9 Mai 2019 | News 55 | HafenCity
HafenCity Hamburg GmbH Stand: 08.05.2020 2 | Bericht Freifinanziert Eigentum 21% Bericht | 3 Freifinanziert Miete 23% Baugemeinschaften Eigentum 12% Editorial Str Str Preisgedämpft Miete 7% . 22 . 125 Auf dem Weg zur Inklusion Str 00 0 . 22 Str 00 . 12 92 78 20 Gefördert 1. Förderweg (inkl. u. a. wissenschaftsnahe Nutzungen (HCU) Mieter-Baugemeinschaften) 19% und Start-ups. Öffentl. Towerbar (15. OG) Str. 1250 Str. 1250 Seit 2015 nimmt inklusives Wohnen in der Hafen- Spun dwan d Spun dwan Gefördert Sonstige (2. Förderweg, Studenten) 19% Str. 1292 d 10 Baugemeinschaft City zunehmend Formen an. Damals war „Leben mit Jufa-Fam "Halbinsulaner" Wohnpflegekonzept ilienhote (Alsterdorf Assistenz West) Behinderung Hamburg“ der Pionier: Im Quartier Am 80 81a l Baugemeinschaftsprojekt Lohsepark wurde ein Projekt mit fünf gemischten 81b Baugemeinschaft (Eigentum / Miete) 8 2a „Ankerplatz“ Wohngemeinschaften eröffnet. Jeweils vier Mieter, Wohn-Pflege-Konzepte 82b Spor Baugemeinschaft zwei Menschen mit und zwei ohne geistiges oder kör- ts-D ome „Amigos“ Menschen mit Behinderungen 83a perliches Handicap, teilen sich eine Wohnung mit ei- Baugemeinschaft Studenten „Arche Nora“ 83b ner offenen Küche und einem Gemeinschaftsraum. Pflegen u. Wohnen Baugemeinschaft (Wohnpflegekonzept „Gemeinsam 84a Gewerbliche und sonstige Nutzungen Die Bewohner ohne Behinderung sind Studierende für Demenzkranke) 88d älter werden“ Baugemeinschaft 90c 84b Büro und übernehmen zehn Stunden pro Woche Aufga- 88c 9 2d „Am Leuchtturm“ Hotel ben der Alltags- und Freizeitbegleitung. Dafür woh- 90 b Familienbildung und Baugemeinschaft 9 2c Beratung (SterniPark) „Einklang“ Bildungseinrichtungen nen sie mietfrei. Zwei weitere Wohngemeinschaften reifinanziert Eigentum F 21 % 86 88a 88b 90a Baugemeinschaft Sport / Freizeit ohne studentische Mitbewohner kommen hinzu. Für Freifinanziert Miete 23 % 9 2a „Gleisoase“ B augemeinschaften Eigentum 12 % 9 2b Einzelhandel die Pflege und Betreuung der Menschen mit Han- P reisgedämpfte Miete 7% Eine „Tiefenkrise“, wie es der Zukunftsforscher Grun 94 a/b Wohnung für Kinder dicap sind professionelle Mitarbeiter zuständig. Für G efördert 1. Förderweg (inkl. 87 89 dsch ule Kita SOS-Kinderdorf e. V. Matthias Horx nennt, hat mit der COVID- Mieter-Baugemeinschaften) 19 % (SBH ) den Verein, in dem sich 1500 Familien mit behinder- G efördert Sonstige 91 94c 96a 96b 19-Pandemie sichtbar gerade unsere Städte 2. Förderweg Studenten 19 % Baugemeinschaft ten Angehörigen zusammengeschlossen haben, war 93 98 100 „Belle Harbour“ erfasst. Das Urbane und die Begegnungs a dies ein neues Modell. „Es war eine große Heraus- B augemeinschaftsprojekt Baugemeinschaft 95 fähigkeit an sich scheinen infrage zu stehen. (Eigentum/Miete) 10 0 forderung, denn wir mussten ganz neue Strukturen Wohn-Pflege-Konzepte „Tor zur Welt“ 97 b Gerade die HafenCity Hamburg GmbH, die entwickeln. Doch es hat sich gelohnt. Die Nachfrage Menschen mit Behinderungen (Pestalozzi Stiftung) Studenten Baugemeinschaft vier große Stadtentwicklungsvorhaben in Studenten 99 „Das Sportlerhaus“ nach inklusivem Wohnen ist groß“, sagt die Presse- Menschen mit Hamburg verantwortet, muss sich der Fra- geistiger Behinderung/ sprecherin Stefanie Könnecke. Gewerbliche und sonstige Nutzungen Assistenzbedarf Service Wohnen Baugemeinschaft ge nach den Konsequenzen stellen. Wie kann Büro (Senioren, ↑ Hotel Menschen mit Behinderungen Martha-Stiftung) „HeimatMole“ die Post-Pandemie-Ausrichtung der inne- Ben Dietterich kann trotz seiner chronischen Erkrankung in (Alsterdorf Assistenz West) Bildungseinrichtungen ren Stadt aussehen? Können die Leitbilder "Festland" eigenständig wohnen (Foto: Miguel Ferraz) Sport/Freizeit Wohnpflegeprojekt Quartier der Generationen Einzelhandel Service Wohnen (Senioren, Martha-Stiftung) Künstlerbaugemeinschaft „Kammerkombinat“ (chronisch Kranke, der g esunden Stadt zur Orientierung dienen? Hamburg Leuchtfeuer) Oder ist, etwas weiter gefasst, die Resilienz Das Quartier Baakenhafen wurde von vornherein in Anspruch nehmen können. Ein weiterer Partner ↑ der Stadt das neue Paradigma? Übersicht zu den Wohnformen und Akteuren im Quartier Baakenhafen (Plan: HafenCity Hamburg GmbH) auf Vielfalt angelegt. Baugenossenschaften und ist die Alsterdorf Assistenz West mit 24 Wohnun- Anders als manche anderen glaube ich nicht, -gemeinschaften, aber auch große Wohnungsge- gen für Menschen mit körperlicher Behinderung. dass wir das Leitbild der kompakten Stadt zu sellschaften schaffen auf Basis der Anforderungen der Hafencity Hamburg GmbH in diesem Quartier Zudem ist BHH Sozialkontor mit zwölf Apartments für Menschen mit geistiger Behinderung dabei. „Uns Wohnalltag in der HafenCity den Akten legen müssen. Oder sollten. Es muss uns künftig sogar eine „doppelte kompakte“ Wohnraum für Familien, Studierende und Senio- war es wichtig, dass wir bei diesen inklusiven Kon- In der Reihe „Diskussionspapiere zur HafenCity“ Jahren durchgeführten Erhebung in der westlichen Stadt gelingen: durch Bebauung verdichtet, ren. Rund 40 Prozent der Wohnungen werden öf- zepten Partner mit an Bord holen, die ein entspre- liegt eine neue Studie zum Wohnen vor: Die Soziolo- HafenCity ziehen und damit sowohl Kontinuitäten aber auch durch durchdachte Grün- und Frei- fentlich gefördert. Die GWG-Gruppe verantwortet chendes Know-how mitbringen“, sagt Andreas En- gen Marcus Menzl und Toralf González untersuchten als auch Veränderungen in der Wahrnehmung des raumqualitäten sowie durch noch flexiblere gemeinsam mit der Richard Ditting GmbH nur ein gelhardt, Vorstandsvorsitzender der GWG-Gruppe. auf Basis ausführlicher Interviews Zuzugsmotive Stadtteils als Wohnort deutlich machen. Wohn- und Arbeitsformen geprägt. Wir wer- paar Hundert Meter weiter westlich vom Wohnpro- „Ich hoffe, dass das Quartier von den Menschen und Lebensentwürfe von Bewohnerinnen und Be- den künftig zwei Arbeitsorte haben. Büros jekt „Festland“ das „Quartier der Generationen“. angenommen wird und von Lebendigkeit und Ver- wohnern der zentralen HafenCity. Angehörige ver- Diskussionspapier zur HafenCity Nr. 4: werden sich dadurch verändern, aber nicht Hier sind sogar 80 Prozent der 373 Wohnungen für ständnis füreinander getragen wird.“ schiedener Haushaltsformen (z. B. Alleinstehende, Marcus Menzl/Toralf González: Wohnalltag in der notwendigerweise verkleinern. Wir brauchen Studierende, Alleinstehende, Familien und Senioren An Ben Dietterich soll es nicht liegen. Er freut sich Paare, Familien) wurden befragt. Auch nachbar- HafenCity – Lebensentwürfe, Alltagsmuster daher innovative nachhaltige Bürogebäude – öffentlich gefördert: Die Preisspanne liegt hier bei schon auf das Einkaufen und die Begegnungsmög- schaftliche Beziehungen und unterschiedliche und Nachbarschaften in der zentralen HafenCity, wie z. B. im Quartier Elbbrücken –, die sich fle- 6,60 bis 11,22 Euro pro Quadratmeter. Die Mieten lichkeiten in seiner neuen Heimat rund um den Lola- Wohnformen (z. B. in Baugemeinschaften und - Juni 2020, 52 Seiten, kostenfrei xibel auf die Arbeitsbedürfnisse des hybriden der übrigen Wohnungen im „Quartier der Genera- Rogge-Platz ab Sommer 2021. „Da können sich vie- genossenschaften) kommen zur Sprache. Die und mobilen Arbeitens einstellen. Neue Wohn- tionen“ sind preisgedämpft. Die Innenhöfe sind als le Synergieeffekte ergeben“, glaubt er. „Hier ist ein Autoren können Vergleiche zu einer vor zehn Download unter: www.hafencity.com/mediathek formen werden sich – wie im Quartier Baaken- Plätze der Begegnung konzipiert. In den Erdge- Ort, um nicht nur von Teilhabe zu reden, sondern sie hafen – mit neuen Gemeinschaften und inklu- „Gemeinschaft zum schossen rund um den zentralen Lola-Rogge-Platz wirklich zuzulassen.“ siven Angeboten durchsetzen. ziehen der Discounter Aldi und ein Frischemarkt von Ganze Stadtteile müssen – wie der Innova- Edeka ein. Auch die barrierefreie Gestaltung der öf- tionsstadtteil Grasbrook – ressourcenscho- fentlichen Freiräume bildet einen wichtigen Schritt www.hamburg-leuchtfeuer.de nend und klimaneutral entwickelt werden. in Richtung Inklusion. Zudem hat die GWG drei soziale Träger eingebun- den: Die Hamburger Martha Stiftung wird 52 barrie www.lmbhh.de www.gwg-gruppe.de www.martha-stiftung.de Aufwachsen“ Diese Aufgabe stellt sich in der Post-Corona- Stadt besonders. Die „Stadt der kurzen Wege“ mit ihrer Nutzungsmischung und aktiven Mo- refreie Wohneinheiten für ältere Menschen betrei- www.alsterdorf.de Im Quartier Baakenhafen eröffnet auch eine Wohngruppe für Kinder und Jugendliche bilität wird wichtiger denn je. Wie aufwendig ↑ ben, die bei Bedarf ein Service- oder Pflegeangebot www.sozialkontor.de diese im Einzelnen aber herzustellen ist, zeigen Jeannine Kontny kümmert sich um die täglichen Bedarfe Torsten Rebbe, Leiter des SOS-Kinderdorfs Hamburg, erklärt die Hintergründe. wir mit unserer Reportage über einen neu- der Bewohner von „Festland“ (Foto: Miguel Ferraz) Sie bieten Kindern, die von ihren Familien getrennt dort, wecken die Kinder morgens, bringen sie auf en Verbindungstunnel zwischen dem Ober- Gemeinsam kochen, Spiele spielen und mehr: die Wohngemeinschaft von „Leben mit Behinderung Hamburg“ 2016 Nach der Pandemie sollen sich auch die Gemeinschaftsorte werden, ein Zuhause. Unter welchen Umständen den Weg zur Schule, waschen, kochen. Das ganze hafenquartier und der zentralen HafenCity. (Foto: Miguel Ferraz) in „Festland“ mit Leben füllen (Foto: Miguel Ferraz) kommt es dazu? Programm eben … Innenstädte müssen unterdessen ihre Nut- ↓ ↓ Wenn Gewalt und Missbrauch an der Tagesordnung zungsmischung verstärken, wie es etwa das sind, kann das Familiengericht entscheiden, dass In welcher Phase befindet sich das Projekt? Überseequartier vorlebt. Kinder ein alternatives Zuhause erhalten. Unser Die Bauarbeiten haben vor Kurzem begonnen, im Doch es kommt nicht nur auf „große Vorha- neues Projekt im Quartier Baakenhafen wird acht Sommer 2023 wollen wir einziehen. Der Bauherr ben“ an, sondern auf die Haltung des Einzel- Kindern und Jugendlichen zwischen 6 und 18 Jah- Antaris wird eine vielfältige Nutzung schaffen: von nen. Wie viel jede und jeder von uns bewegen ren einen solchen Ort bieten. Das Projekt wird sozialem Wohnungsbau über Eigentumswohnun- kann, zeigt unser Porträt einer HafenCity- zu 95 Prozent durch ein staatliches Entgelt vom gen bis zu Geschäften. Die soziale Infrastruktur Bewohnerin, die sich für Bildung zum Thema Jugendamt finanziert, zu 5 Prozent durch Spenden, wird von Anfang an mitgedacht. Wir werden knapp Ozeane und Klima einsetzt. Auch Produktion etwa für Ferienfreizeiten, ein neues Fahrrad oder 200 Quadratmeter mieten, verteilt auf zwei Etagen und Lieferketten können, nicht zuletzt dank einen Computer. Fünf bis sechs Betreuerinnen und und verbunden durch eine Innentreppe, und eine des wachsenden Bewusstseins aufseiten der Betreuer sind im Schichtdienst vor Ort: Sie kom- preisgedämpfte Miete zahlen. Es ist schwierig, im Konsumenten, nachhaltiger gestaltet werden. men zum Mittagessen und empfangen die Kinder, Stadtgebiet so einen Ort mit bezahlbaren Flächen Welche Chancen darin liegen, zeigt unser Be- wenn sie aus der Schule oder von der Ausbildungs- zu finden. Uns hat aber auch gereizt, dass in der richt über drei ungewöhnliche Modelabels aus stätte zurückkehren. Sie machen mit ihnen Haus- HafenCity gerade etwas ganz Neues entsteht, das der HafenCity und ihren Nachbarquartieren aufgaben, gestalten die Freizeit oder begleiten sie man mitgestalten kann. Rothenburgsort und Veddel. zu Terminen. Nach dem Abendbrot übernachten sie Es sind ohne Frage hochgradig anspruchs- Welche Rolle spielt die Nachbarschaft für Ihr volle Aufgaben an uns und an die Stadtent- Torsten Rebbe, 52, Leiter des SOS-Kinderdorfs Hamburg Projekt? wicklung der Zukunft. Aber es sind auch Chan- (Foto: Christina Koerte) Wir sind darauf angewiesen, dass die Nachbarn cen, die eine Ermöglichungsplanung meistern Verständnis für die Kinder haben und auch auf sie muss. Wenn es uns gemeinsam gelingt, erhält achten, als soziales Korrektiv. Wenn insgesamt die Pandemie im Rückblick vielleicht eine an- acht Kinder und Jugendliche auf einem Haufen le- dere Funktion: Dann wäre sie ein Beschleuni- ben, dann ist da immer ein bisschen Thermik drin … ger, der neue intelligente Entwicklung forciert Umso mehr hoffen wir, mit den Nachbarn eine und zu ihrem Durchbruch beiträgt. Gemeinschaft einzugehen, in der man Synergien Viel Spaß bei der Lektüre wünscht Ihr schafft und in der Kinder gut aufwachsen können. Schließlich braucht es ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen. www.sos-kd-hamburg.de HafenCity | News 62 | April 2021 April 2021 | News 62 | HafenCity
4 | Nachgefragt Im Fokus | 5 Überseequartier und City Ist das Überseequartier eine Gefährdung für den Kern der inneren Stadt Hamburgs oder ist es für die Post-Corona-Stadt besonders zukunftssicher und resilient aufgestellt? Ein Diskussionsbeitrag von Prof. Jürgen Bruns-Berentelg Im Kern der inneren Stadt überlagern sich gegen- die Elbe. Die gewachsene innere City berührt die City insgesamt stellen, aber der alleinige Blick auf wärtig zwei Bedrohungskulissen: einerseits der Binnenalster; die HafenCity und insbesondere das die stationären Einzelhandelsflächen wird der Dis- grundsätzliche Bedeutungsverlust des stationären Überseequartier aber dehnen die Cityfunktionen kussion nicht gerecht – und er verstellt eher den Einzelhandels – der Kaufhäuser, der Fachgeschäf- bis zur Elbe aus. Dem Überseequartier fällt dabei Blick auf die zugleich stetig wachsende Bedeutung te und der Ketten – durch den stark zunehmenden die wichtige Rolle zu, das „Place Making“ für den er- des Onlinehandels, die durch eine Ausdünnung des Onlinehandel und andererseits der grundsätzliche weiterten Markenkern Hamburgs in Elblage zu über- City-Einzelhandels nicht aufgehalten wird. Die Fra- Bedeutungsverlust stationärer Büroarbeit trotz nehmen: Seine architektonische Einbettung, seine ge müsste daher eher lauten, welchen Beitrag das noch im letzten Jahrzehnt steigender Nachfrage. städtebaulich offene Struktur und die vielfältigen Überseequartier zu einem stärker nachhaltig orien- Eine zunehmend hybride Arbeitskultur, die bereits dort angesiedelten Funktionen sorgen für einen flie- tierten Konsum leisten kann. Hier ist von Vorteil, Fairträglich vor der Coronakrise sichtbar war, erfordert künf- ßenden Übergang der Cityaktivitäten bis zum Elb dass die institutionelle Struktur des Überseequar- tig zwar immer noch einen festen, aber zumindest ufer und zur Hafenlandschaft. Visuell gelingt dank tiers nicht auf hohen Boden- und Mietpreisen wie auch einen mobilen Arbeitsplatz. Tendenziell hat der Gebäudekubaturen und der Backsteinfassaden die der im Wettbewerb eher atomistisch agieren- das auch Einfluss auf die traditionelle Nutzung zudem die Anknüpfung an die Speicherstadt. Die den Grundeigentümer der City basiert, sondern auf der Obergeschosse in den Citys der großen deut- Referenz an die maritime Tradition wird durch den einem anderen Preisniveau auch für Produkte des schen Städte, und Hamburg bildet keine Ausnah- Baustein des Kreuzfahrtbetriebs weiter gestärkt. nachhaltigen Konsums und neue Trends, die sich me. Die aktuellen Pandemiebeschränkungen, die Besucherinnen und Besucher des Überseequartiers erst einen breiten Markt erobern müssen, anschluss- mit Schließungen der Einzelhandelsgeschäfte und werden nicht nur in eine Einkaufswelt versetzt. Sie fähig ist (vgl. den Bericht über nachhaltige Mode Qualität und Regionalität, soziales Engagement und Integration: Drei Modelabels Gastronomien verbunden sind die, aber auch die spüren die Nähe zur Elbe über Gerüche, Hafenge- S. 5–7). Zudem bricht das institutionelle System setzen in der HafenCity und Umgebung auf nachhaltige Standards Büros bis auf wenige Arbeitsplätze entleeren, ver- räusche oder die sehr präsenten Wasservögel. des in einer Hand gebündelten Eigentums der Han- stärken diese Effekte dramatisch. Das ganze Ge- Das Überseequartier ist durch einen anspruchs- delsflächen in den vierzehn Häusern des südlichen schäftsmodell der City mit der Konzentration auf vollen Prozess der architektonischen und konzep- Überseequartiers mit der Dynamik der Ertragsma- ↑ Stefan Eckerts jüngste Kollektion im Showroom auf dem Überseeboulevard (Foto: Miguel Ferraz) zwei profitable Kernfunktionen und in deren Gefol- tionellen Gestaltung gegangen, statt sich mit dem ximierung einzelner Gebäude. In der City fehlt im ge der Externalisierung weniger wertschöpfender Bau einer geschlossenen, zeitgeistig geprägten Gegensatz hierzu ein starker kollektiver Akteur, der „Mit dem Handwerk fängt es an“ Nutzungen, in den letzten Jahrzehnten getrieben Handelsimmobilie zu arrangieren. In dem noch im ein ambitioniertes breites Produktangebot über die durch immer höhere Boden- und Immobilienpreise, Bau befindlichen Süden besteht sie aus vierzehn se- Differenzierung der Anbieter entwickeln kann – ein ist infrage gestellt. Fachleute sind sich einig: Die paraten, aufeinander abgestimmten Gebäuden, im Angebot, in dem sich natürlich die klassischen An- City benötigt einen weitreichenden Diversitäts- Norden aus zehn. So verspricht dieser Ort eine Stär- gebote des Einzelhandels wiederfinden, aber ver- Stefan Eckert hat sein gleichnamiges Modelabel im Jahr 2009 gegründet. Zuvor arbeitete der 43-Jährige für den wandel (z. B. Sascha Anders, Stefan Kreutz, Thomas kung der City-Identität mit einem neuen Einkaufs- stärkt auch Aspekte des nachhaltigen Konsums. Krüger: Corona und die Folgen für die Innenstädte milieu und damit auch eine neue Anziehungskraft So kann der Standort nicht nur für das klassische berühmten Designer Alexander McQueen und besuchte die renommierte Meisterklasse des Central Saint Martins Colleges IzR Informationen zur Raumentwicklung 4/2020). für den zurzeit daniederliegenden nationalen und Kundenspektrum, sondern auch für alternative in London. Seine Kollektion fertigt er in der HafenCity Was bedeutet das vor diesem Hintergrund für die internationalen Tourismus Hamburgs zu entfalten. Kundenmilieus attraktiv gemacht werden. HafenCity und insbesondere für das Überseequar- Was bedeutet Nachhaltigkeit für Sie? tier? Stellt seine Entwicklung eine Gefährdung für Positive Effekte für Kultur Ankerpunkt für Transformation Für mich hat Nachhaltigkeit drei wichtige Aspekte: den Kern der inneren Stadt Hamburgs dar oder ist die soziale Komponente, die Materialherkunft und es für die Post-Corona-Innenstadt besonders zu- Das Überseequartier generiert mit seinem Besu- Vor diesem Hintergrund müssen die zwei zentra- die Beständigkeit des Produkts. Alle drei gehören kunftssicher und resilient aufgestellt? cherüberschuss auch positive Effekte für die kultu- len Einwände gegen das Überseequartier – dass zwingend zusammen. Wenn ich Biomaterialien rellen Institutionen im Umfeld – die Elbphilharmonie, es den Einzelhandel in der bestehenden City be- verwende und die von Kindern in Bangladesch zu- Diversifizierte Nutzungsmischung das Internationale Maritime Museum, der Design- drohe und dass weitere Einzelhandelsflächen per sammennähen lasse, dann ist das nicht nachhaltig. xport, das Weltkulturerbe Speicherstadt oder künf- se völlig überflüssig seien – bewertet werden. Die Dasselbe gilt, wenn ich in Deutschland produziere Das Überseequartier weist genau jene markante tig das neue Ballettmuseum und das Dokumen- Gefährdung der City geht eher von dem einzelbe- und billiges Material nehme, das nach wenigen Nutzungsmischung auf, die von der City so oder tationszentrum zum Gedenkort Hannoverscher trieblichen wirtschaftlichen Handeln der Grund- Wochen auseinanderfällt. Legt man diese Kriterien so ähnlich von Stadtforschern für die Zukunft ge- Bahnhof: Alle diese Orte werden von einer zusätzli- stückseigentümer aus – von der Maximierung von an, ist längst nicht alles nachhaltig, was unter die- fordert wird. Einem Anteil von 23 Prozent Handels- chen Besucherdichte durch Koppeleffekte profitie- Bodenpreisen und Mieten mit der Folge eines lang sem mittlerweile inflationär gebrauchten Begriff flächen stehen 30 Prozent Wohnflächen (mit über ren. Die Zahl der künftigen Besucher des Übersee- anhaltenden Verlustes an urbaner Diversität und verkauft wird. 1000 Wohnungen) und 24 Prozent Büroflächen quartiers wird auf 30.000 bis 50.000 an normalen Kapazität im Wettbewerb der Gebäudeeigentümer. gegenüber. Als weitere Differenzierungsnutzungen Tagen geschätzt. Die kulturellen Institutionen lie- Dies ist eine Selbstgefährdung, die dringend einer Wie spiegeln sich die Prinzipien zum Beispiel in kommen 14 Prozent Hotel, 4 Prozent Gastronomie, gen in kurzer, fußläufiger Entfernung und schaffen Korrektur bedarf und nur durch starkes kooperati- Ihren exklusiven Lederjacken wider? 3 Prozent Kultur und 2 Prozent Kreuzfahrtterminal- einen zusätzlichen Anlass, durch die HafenCity zu ves Handeln und durch institutionelle Koordination Wir produzieren hier in der HafenCity. Wir arbei- flächen auf gut 14 ha hinzu. Die Handelsflächen im flanieren, diese Orte gezielt anzustreben oder von überwunden werden kann. Unterdessen erzeugt das ten ausschließlich mit Tierhaut, die sonst bei der Südteil werden rund 200 Läden umfassen, im Nord- ihnen ausgezielt das Überseequartier aufzusuchen. Überseequartier unter dem Aspekt neue Chancen, Fleischproduktion weggeworfen wird, und ma- teil finden sich bereits rund 40 Geschäfte und zehn Auf dem Weg kann die eine oder andere besonde- dass es den urbanen maritimen Markenkern Ham- chen ein hochwertiges Kleidungsstück daraus, Gastronomien sowie drei Hotels und ein Kino. Die re Nutzung in den Erdgeschossen entdeckt werden. burgs ausweitet, die Integrationswirkung prägen- das man theoretisch ein Leben lang tragen kann. Größenordnung lässt ein touristisch attraktives und So können auch Lagen wie der Kaiserkai, rund um der kultureller Orte ergänzt, die Urbanität und die Die Kunden kommen zu uns, um sich besondere breites Angebot zu. Die Einzelhandelsnutzungen den Magdeburger Hafen oder am Lohsepark neben vertikale Nutzungsmischung der HafenCity stärkt Stücke anfertigen zu lassen. Einige sparen sogar sind eingebettet in einen attraktiven urbanen Nut- ihrer eigenen Zielkundschaft von den zusätzlichen und das Potenzial neuer Konsumpfade anlegt. Das eine Weile dafür. Auch ich selbst besitze nicht zehn zungsmix, darunter zwei Kinos, zusätzliche Enter- Besuchern profitieren. Die Geschäfte, Gastrono- Überseequartier ist keine Gefährdung, sondern ein Lederjacken. Die, die ich gerade anhabe, habe ich tainmentnutzungen, Gastronomie und wassernahe mien, Manufakturen und Dienstleister in den Erdge- Ankerpunkt für die notwendige Transformation der seit einem Jahr und trage sie jeden Tag. öffentliche Flächen. Die Attraktivität auch für eine schossen können sich weiter ausdifferenzieren und City. In der Post-Corona-Stadt wird es noch be- Abendnutzung ist damit erkennbar höher als die in auch ökonomisch stabilisieren, sodass der urbane deutsamer. Trotz Ihres prägnanten Stils verstehen Sie Ihren bestehenden Citystrukturen. Ökonomisch ist eine Charakter der HafenCity mit seiner Vertikalität der Beruf vor allem als Handwerk. Woher kommt diese ↑ Lederjacken sind sein Markenzeichen: solche Struktur viel resilienter und kann im Laufe Nutzungsmischung insgesamt gestärkt wird. Bodenständigkeit? Seit wann haben Sie Ihr Atelier in der HafenCity Stefan Eckert in seinem Atelier der Zeit besser mit strukturellen Anpassungen re- www.ueberseequartier-nord.de Als gelernter Schneider bin ich überzeugt: Das und warum haben Sie den Standort gewählt? (Foto: Miguel Ferraz) agieren, aber auch antizipierend mit Nutzungsinno- Beitrag zu nachhaltigem Konsum? www.ueberseequartier.de Handwerk zu beherrschen ist der Anfang von allem. Seit November 2013 sind wir hier am Übersee- vationen Vorreiter sein. Erst auf dieser Basis kann man kreativ werden. boulevard. Für mich ist die HafenCity Hamburgs Aus einer konsumkritischen Nachhaltigkeitsper Wer sein Handwerk nicht liebt und sich nicht mit spannendster Stadtteil, weil sie offene, kreative Weiterentwicklung statt Replikation spektive mag sich die Frage stellen, ob unter den Schnittkunst, Verarbeitung und Passform ausei und individuelle Leute anzieht. Hier herrscht Auf- Bedingungen des „Überkonsums“ heute zusätz- nandersetzt, kann auch kein gutes Design machen. bruchsstimmung, das inspiriert mich. Zum maritimen und architektonisch anspruchs- licher Einzelhandel überhaupt noch gerechtfertigt In einem wertigen Kleidungsstück steckt vor allem vollen Markenkern Hamburgs zählen die Alster und werden kann. Die Frage lässt sich im Übrigen für die sehr viel Wissen und Arbeit. www.stefan-eckert.com Fortsetzung auf Seite 6 → HafenCity | News 62 | April 2021 April 2021 | News 62 | HafenCity
6 | Im Fokus Im Fokus | 7 Jochen Ambacher, Lucia Stolle, Ahmad Deeb, Zübeyde Bildir und Nesrin Kaya (v. l. n. r.) vor der mittlerweile zu eng werdenden Produktionsstätte (Foto: Miguel Ferraz) Avantgarde aus Rothenburgsort: ↓ Thomas i Punkt Strickkunst und soziale Integration: das Atelier Made auf Veddel Wenn Zübeyde Bildir über ihre Arbeit spricht, geht ein Leuchten über ihr Gesicht. Die 48-Jährige kam als junge Frau aus Istanbul nach Hamburg. Für das Atelier Made auf Veddel im stark migrantisch ge- ↑ prägten Nachbarbezirk der HafenCity kann sie in Langjähriges Know-how: Thomas i Punkt pflegt sein Team mit erfahrenen Näherinnen und Strickerinnen. (Foto: Miguel Ferraz) ihrem Beruf arbeiten, der zugleich ihre große Lei- denschaft ist. Gemeinsam mit ihren 14 Kolleginnen Egal ob verrückt, verlottert oder dezent – Kleidung Der wachsende Trend zu nachhaltiger fairer Zukunftspläne und Kollegen strickt, häkelt und schneidert Bildir ist unsere Wohnung auf der Bühne des Lebens. ode gehört somit zur Firmen-DNA von Thomas i M hochwertige Einzelstücke, bestimmt für die Cou- Niemand weiß, ob man sich mit ihrer Hilfe zeigen, Punkt ebenso wie das Motto „think global, act lo- In Zukunft möchte Thomas i Punkt auch die geplan- ture-Kollektion der Hamburger Designerin Sibilla verhüllen oder gar verschwinden will. So entsteht cal“. Während die Kleidungsstücke von OMEN bis te Öffnung des früheren Branntweinmonopolgelän- Pavenstedt ebenso wie für andere Modeschöpfer, Freiheit, Vergnügen, Spaß, Rollenspiel.“ Die Klei- nach Südafrika verschickt werden, ist der Betrieb des für den Stadtteil voranbringen. Das Konzept für Start-ups und Unternehmen. Ihre Handwerkskunst dung, die den Theaterintendanten Joachim Lux in Rothenburgsort fest verwurzelt. Das zeigt sich eine Verlagerung der Produktion in die nahe gele- ist sogar ganz offiziell Kunst: Für die Hamburger zu diesen Gedanken über Mode und Identität ins- seit 2015 auch in dem Projekt Entenwerder1: Auf gene denkmalgeschützte Halle ist erarbeitet und Kunsthalle hat sie Bilder berühmter Maler nachge- piriert hat, stammt aus dem Hamburger Stadtteil einem Schwimmponton am nahe gelegenen Elbpark könnte mit den Nutzungskonzepten von Stadtteil- strickt, die bei einer Auktion versteigert wurden. Rothenburgsort. Nahe der Billhorner Brückenstra- Entenwerder haben die Frieses einen lebendigen initiativen kombiniert werden. Gegründet wurde Made auf Veddel vor zwölf Jah- ße im Stadteingang Elbbrücken entsteht die Marke Treffpunkt für Nachbarn und Besucher geschaffen. ren von Sibilla Pavenstedt als Verein zur Integration OMEN von Thomas i Punkt, die nicht nur Lux als Lei- In Kooperation mit der Freien und Hansestadt Ham- www.thomasipunkt.de und Förderung von Frauen mit Migrationshinter- ter des renommierten Hamburger Thalia Theaters, burg realisierten sie eine begehbare Skulptur, die für grund. Der Gedanke dahinter: In den Herkunftslän- sondern viele andere Kulturschaffende schätzen. Ausstellungen und Meetings genutzt werden kann, dern der Frauen hat Handarbeit eine lange Tradition. Iris Friese im Wolllager: Von der Materialwahl bis zu den Der integrierte Prozess vom Entwurf bis zu Ferti- kombiniert mit einem Café und sozialen Angeboten letzten Verarbeitungsschritten geht es um Ausdrucksstärke Ihr oftmals großes Geschick auf diesem Gebiet soll gung und Verkauf (normalerweise in zwei Geschäf- für Kinder. und Qualität (Foto: Miguel Ferraz) es ihnen ermöglichen, in Deutschland ihr eigenes ↑ ↓ Häkelkunst: Handarbeitstraditionen aus ten in der Hamburger Innenstadt, pandemiebedingt Geld zu verdienen. das Atelier aus alten Sesseln und Stoffresten neue verschiedenen Ländern werden bewahrt und auch über einen neuen Onlineshop) hat hier bereits einzigartige Vintage-Sessel gefertigt. Für die Be- weitergegeben (Foto: Miguel Ferraz) seit Jahrzehnten Tradition. Gemeinschaft stärken züge der Upcycling-Möbel wurden ausschließlich Verschnitte aus der Cramer Polstermanufaktur Regionale Produktion Für die Frauen, die hier auch Deutschunterricht be- verwendet. kommen, ist es aber noch viel mehr: Durch die ge- „Seit den Anfängen in den 1970er-Jahren haben wir meinsame Arbeit fühlen sie sich in eine Gemein- Positiver Corona-Effekt? Bye-bye Fast Fashion stets eng mit regionalen Näh- und Strickbetrieben schaft eingebunden. Kolleginnen sind Freundinnen zusammengearbeitet. Doch Ende der 1990er-Jah- geworden und umgekehrt. Viele von ihnen arbei- Insgesamt sei man bisher glimpflich durch die Pan- Das Modelabel JAN ’N JUNE in re mussten immer mehr dieser Betriebe schlie- ten von zu Hause und können sich die Arbeitszeit demiezeit gekommen, berichtet Ambacher: „Wir der Speicherstadt wird von Anna ßen. Wir haben viele Mitarbeiter und ihr Know-how frei einteilen. Für Zübeyde Bildir war das besonders haben sehr früh Masken genäht, die von der Dro- Bronowski und Juliana Holtzheimer übernommen und auf diese Weise unsere eige- wichtig, als ihre heute erwachsenen Kinder noch geriekette Budnikowsky verkauft wurden. Zu dem betrieben. Für ihre nachhaltigen ne Produktion aufgebaut“, erklärt Iris Friese, die jünger waren. Zeitpunkt war das noch ganz neu.“ Aufgrund von Shirts, Pullover und Blazer ver Thomas i Punkt gemeinsam mit ihrem Vater und „Mittlerweile sind wir ein Unternehmen“, erklärt Reisebeschränkungen und Lieferengpässen werde wen den die jungen Designerinnen ihrer älteren Schwester leitet. Von Woll- und Stoff- Jochen Ambacher, Designer bei Sibilla Pavenstedt, das Unternehmen zudem sogar verstärkt als alter- Baumwolle und Leinen in Bioqua- lagern über Strick- und Nähmaschinen bis zu Foto- der das Atelier Made auf Veddel gemeinsam mit nativer Produktionsstandort wahrgenommen. „Zu- lität, Stoffe aus Holzfasern sowie und Designstudio samt ca. 40 Mitarbeiterinnen und einer Kollegin leitet. Auch der erste Mann ist mit im vor war es gängige Praxis, Aufträge nach Asien oder Kunststofffasern aus Recylingma- Mitarbeitern: All das findet in dem unauffälligen Produktionsteam: Ahmad Deeb. Der 45-jährige In- Osteuropa zu vergeben, doch diese Praxis funktio- terial. Gefertigt wird die Damen- Backsteingebäude Platz, das Thomas Friese in den dustrieschneider aus Syrien arbeitete sechs Jahre niert jetzt nicht mehr so uneingeschränkt“, erklärt und Herrenmode in Portugal und 1980er-Jahren übernahm, um seiner Idee von Mode in Teilzeit für Made auf Veddel und hat gerade einen Ambacher. Ob das Re-Shoring der Textilprodukti- Polen. Der Name JAN ’N JUNE ist Gestalt zu verleihen: ganzheitlich und avantgardis- Vollzeitvertrag unterschrieben. Auch für ihn ist das on ein dauerhafter Effekt ist, bleibt abzuwarten – übrigens aus Januar und Juni, den tisch, hochwertig und prägnant, zugleich aber auch ein Glücksfall. Auch er strahlt, wenn er davon er- wenn es aber so wäre, hätte die Coronakrise sogar Geburtsmonaten der beiden Grün- bodenständig und lebensnah. „Manche Kunden bit- zählt. einen positiven Effekt auf die nachhaltige Entwick- derinnen, zusammengesetzt. ten uns, dass wir das gleiche Kleidungsstück, das Immer häufiger ist bei Made auf Veddel auch die lung der Modebranche. sie zehn Jahre oder mehr getragen haben, genauso ökologische Nachhaltigkeit Thema: In Kooperation www.jannjune.com wieder anfertigen“, berichtet Iris Friese. mit der Manufaktur des Möbelhauses Cramer hat www.madeaufveddel.de HafenCity | News 62 | April 2021 April 2021 | News 62 | HafenCity
8 | Reportage Reportage | 9 Unter den Gleisen Quartier Lohsepark mit Schulcampus 1 Biotop 2 Beachvolleyball-Felder 3 100-Meter-Sprint 4 Kugelstoßen 15 5 Weitsprung 11 6 Hochsprung 13 9 10 7 Areal für Trendsportarten 14 8 B asketballfeld mit 8 Kreativquartier Kletteranlage außen 6 Oberhafen 12 9 Q uartierstreffpunkt mit 5 Umkleiden, Duschen und Kursräumen 7 3 10 N euner-Fußballfeld mit 4 kleiner Zuschauertribüne 11 Tunnel unter den Bahngleisen Sportquartier 12 öffentliche Promenade 12 Oberhafen 2 13 B rücke für Fußgänger und Fahrradfahrer (geplant) 14 Versmannstraße ↑ Die Baustelle mit Blick auf die Pfeilerbahn vom Quatier Oberhafen aus gesehen (Foto: Thomas Hampel) 15 U-Bahn-Station HafenCity Universität Ein neuer Tunnel soll die zentrale HafenCity mit dem Oberhafenquartier verbinden. Der Bau verläuft mitten unter den mit Eingang zum Tunnel, Gleisen zum Hamburger Hauptbahnhof 1 überbaut durch ein Hotel An einem kalten sonnigen Februartag steht Nico- Dort treffen die unterirdischen Baumaßnahmen ↑ Die Sportanlagen im Oberhafenquartier (Infographik: Jochen Stuhrmann) las Körting am Rande einer großen Brachfläche im übrigens auf Vorgängerarbeiten für den Bau der Der Tunnel von Süden gesehen (Infographik: Christian Eisenberg) ↓ Oberhafenquartier. Baufahrzeuge und schwere Ma- U-Bahn vor einigen Jahren: Bis zu 1,20 Meter dicke schinen machen sich auf dem verschneiten Boden Schlitzwände aus Beton befinden sich im Umfeld zu schaffen, im Hintergrund gleitet ein ICE vorbei. der Station im Erdreich. Sie hatten seinerzeit die „Das gesamte Gelände in diesem Teil der HafenCity gleiche Funktion wie die Spundwände übernommen war früher von Bahninfrastruktur bestimmt. Hier und die Baugrube gebildet, in der das eigentliche befanden sich der frühere Hamburger Hauptgüter- U-Bahn-Bauwerk hergestellt worden ist. Jetzt er- bahnhof, die Hafenbahn und vieles andere. Heute hält die Station einen zusätzlichen Aufzug, der den verläuft hier die Hauptstrecke des Bahnverkehrs neuen Tunnel barrierefrei zugänglich macht. Von ei- in Richtung Bremen und Hannover zwischen dem nem Niveau von - 3 m unter Normalhöhennull (Höhe Hamburger Hauptbahnhof und den Elbbrücken“, er- über dem Meeresspiegel – kurz: NHN) an der Sta- zählt Körting, der das Büro Körting Ingenieure lei- tion steigt dieser sanft nach Norden an. Der Aus- tet. Das Hamburger Familienunternehmen in drit- gang im Oberhafen wird mit einer Rolltreppe und ter Generation kennt sich mit der Entwicklung des einem weiteren Aufzug versehen. Er liegt 12,70 m Gebiets aus – auch damit, dass sich der Oberha- ↑ höher bei + 8,70 m NHN auf einer neuen hochwas- Oberhafenquartier Nicolas Körting im Oberhafen (Porträt: Bina Engel) 1 fen seit 2010 stetig zum Kreativ- und Sportquartier sergeschützten Wegeverbindung zum Oberhafen- wandelt. Werkstätten, Co-Working-Spaces, Veran- Boden verankert“, erklärt Körting. Der eigentliche kanal, über den künftig auch eine Brücke für Rad- 3 staltungsräume und Gastronomie haben sich in den Tunnel wird dann nicht bloß unter einem mächti- fahrer und Fußgänger führen soll. „Über diese Achse Lohseparkquartier mit Schulcampus 12 lang gestreckten ehemaligen Lagerhallen, die von gen Bahndamm, sondern auf einer Länge von ins- werden die HafenCity und die U4, besonders aber (Bebauung nicht dargestellt) der HafenCity Hamburg GmbH (HCH) sukzessive gesamt 88 Metern auch unter einer benachbarten das Großmarktareal und der Innovationsstandort 2 ausgebaut werden, bereits angesiedelt. Auf der Bra- ebenerdigen Gleisanlage hindurchgeführt. Deshalb Hammerbrooklyn angebunden“, so Körting. Aber U-Bahn-Station 13 che im hinteren Teil entstehen ein Fußballfeld und entsteht auch ein Tunnel und nicht nur ein Durch- nicht nur das: „Mit dem Tunnel wird auch eine neue HafenCity Universität Schulsportflächen, die vom künftigen Schulzentrum stich des Damms. Als Projektsteuerer übernimmt Stromtrasse für den Anschluss der HafenCity an am Lohsepark, aber auch von Vereinen und Nach- Körting die Koordination zahlreicher Firmen, die das Umspannwerk im Oberhafenquartier herge- 3 11 barschaftsakteuren gemeinsam genutzt werden am Bau beteiligt sind – zum Beispiel Planungsbü- stellt. Oberhalb des Tunnels werden in zwei Stahl- können. Dafür müssen sie jedoch besser erreichbar ros, Gutachter und Baufirmen –, sowie die Schnitt- rohren etwa 50 neue Stromleitungen geführt, die werden, und hier kommt Körting ins Spiel. „Wir steu- stelle zu Projektpartnern und betroffenen Dritten. die Energieversorgung der HafenCity auch mit Blick 4 4 ern im Auftrag der HCH die Planung und Herstel- Bereits der Masterplan für die HafenCity sah eine auf die Elektromobilität langfristig für die Zukunft Tunnel lung eines neuen Zugangs direkt in der Mitte des Verbindung vor. Sie war allerdings noch für Autover- sichern.“ Weil alle Arbeiten während des laufenden Versmannstr. Quartiers: ein Tunnel unter den Gleisen“, erklärt er. kehr gedacht und befand sich an fast der gleichen Bahnbetriebs stattfinden, sind größere Maßnah- 5 Stelle, nur leicht verschoben. Als die Deutsche Bahn men nur in bestimmten, Jahre im Voraus festgeleg- Komplexes Vorhaben 2009 die alte Pfeilerbahn mit dem heutigen Damm ten Sperrzeiten möglich. Die erste Periode begann ersetzte, brachte sie – ebenfalls bereits in Abstim- nach Ostern 2021, weitere folgen. Die Fertigstellung 11 Von den zahlreichen komplexen Bauvorhaben, die mung mit der HCH – vorsorglich zwei Spundwände des Tunnels ist gegen Ende 2023 vorgesehen. Körting betreut hat, ist der Oberhafen-Tunnel nicht in den Boden ein – für eine spätere Verbindung des das geringste. Allein jetzt die Baugrube herzustel- Oberhafenquartiers, aber auch des Großmarktare- Sportanlagen und Schulzentrum 1 Bahndamm 8 Schlitzwände 6 10 len ist aufwendig: Mächtige stählerne Spundwän- als zur U-Bahn. „Wir ergänzen jetzt zunächst wei- (Pfeilerbahn) de müssen in den Boden eingebracht werden, um tere Spundwände und legen die ebenerdigen Gleise Auch die Bauarbeiten für die Sportanlagen haben ← weiterer Ausgang 9 Mikropfähle die Grube gegen das benachbarte Erdreich abzu- auf einen Unterbau aus Gleisbrücken, um sie über bereits begonnen, die Fertigstellung soll ebenfalls 2 ebenerdige Gleise 10 verankerte schirmen. Sie funktionieren wie ein Korridor an den die Baugrube zu führen. Danach können innerhalb gegen Ende 2023 erfolgen. Der „Campus HafenCity“ 9 3 Aufzüge Baugrubensohle Außenkanten des künftigen Tunnels und verbleiben der Baugrube und unterhalb der Gleise die eigent- (CHC) als Schulzentrum mit Stadtteilschule und nach dem Ende der Bauarbeiten im Boden, eben- lichen Arbeiten für den Tunnel beginnen“, berichtet Gymnasium startet bereits im August 2021 den Un- 4 S tromtrassen 11 Spundwände 7 (unterhalb der Straße so wie die Betonsohle. „Im Prinzip ist die Baugrube Körting. terricht für zwei fünfte Klassen in einem temporä- 12 Serviceweg DB wie eine Wanne, die man in den Boden setzt, nach- ren Schuldorf im Lohsepark. Mit den Jahren wächst 8 und der Gleise) dem man den Boden ausgehoben und das Was- Ausgang hochwassergeschützt er auf und erhält sein eigenes festes Gebäude. Die 5 LED-Paneele 13 A usgang Oberhafen ser aus der Baugrube abgepumpt hat. Aber das Anlagen im Oberhafen sind gezielt auch für den mit Treppe und 8 Grundwasser drückt weiterhin von unten gegen den Am gegenüberliegenden Ende an der Versmann- Schulsport konzipiert und können dann auf kurzem 6 Zwischenebene Rolltreppe Wannenboden. Damit die Baugrubensohle diesem straße sind die Bauarbeiten ebenfalls bereits Wege erreicht werden. 7 U4 Druck standhält und nicht nach oben aufbrechen gestartet. Der Tunnel wird dort direkt von der kann, wird sie zusätzlich mit Mikropfählen tief im U-Bahn-Station HafenCity Universität abgehen. HafenCity | News 62 | April 2021 April 2021 | News 62 | HafenCity
10 | Porträt Meldung | 11 „Nachhaltigkeit ist nicht nur Verzicht“ Birte Lorenzen-Herrmann hat ein Schulprogramm gestartet, um Kindern und Jugendlichen die Ozeane und den Klimawandel nahezubringen belehrend zu wirken. Die Kinder sollen das Gefühl haben, dass sie selbst aktiv werden und etwas be- wirken können – sei es durch ihr Handeln im Alltag oder ihre spätere Berufswahl. Wir wollen zeigen, dass Nachhaltigkeit nicht nur Verzicht bedeutet, sondern auch Spaß bringen kann“, sagt sie. Nicht selten würden auch die Eltern vom Eifer mit ange- steckt, denn viele Kinder verstünden es durchaus, gelernte Verhaltensweisen zu hinterfragen und Ver- änderungen anzuregen. Dass sich im Kleinen bereits einiges bewirken lässt, sieht Birte Lorenzen-Herrmann jedoch nicht als Entschuldigung für Entscheidungsträger in Po- litik, Wirtschaft und Gesellschaft, die ihrer Ansicht nach mehr Initiative ergreifen müssen. „Wir befinden uns in einem Wettlauf gegen die Zeit“, betont sie. ↑ Christian Barg (ganz links) und sein Team von Edeka Böcker vor dem Pop-up-Markt auf dem Überseeboulevard (Foto: Bina Engel) Optimierungsbedarf sieht sie unter anderem beim Frisch aus dem Container Thema Mobilität. Im Rahmen des Schulprogramms beschäftigt sie sich daher auch mit klimaneutralen Treibstoffen für den Einsatz in der Schifffahrt. Kurze Wege Pop-up-Container statt wochenlanger Schließung: Der zentrale Supermarkt der HafenCity erfindet sich neu Sie selbst achtet ebenfalls darauf und ist in ihrem Quartier „Am Lohsepark“ in der zentralen Hafen Grün steht für Obst und Gemüse, gelb für Butter te her. Die Produktauswahl musste im richtigen Mix Umbau zum Anlass genommen, den Markt neu zu ↑ City nach Möglichkeit mit dem Fahrrad oder zu Fuß und Milchprodukte und braun für Brot, Nudeln & Co: von sonst rund 26.000 im Markt auf 500 reduziert gestalten. Zum Beispiel haben wir die Kühlmöbel auf Birte Lorenzen-Herrmann auf den Magellan-Terrassen (Foto: Stefan Groenveld) unterwegs. „Was hier toll ist, sind die kurzen Wege Wer in diesen Tagen auf dem Überseeboulevard und in den Containern ansprechend präsentiert den neuesten technischen Stand gebracht, um noch und die dörfliche Struktur: Park und Spielplatz sind vorbeikommt, stößt auf dem Platz vor dem Hotel werden. Das Personal brauchte einen Schichtplan mehr Energie einzusparen als zuvor schon“, erzählt „My Ocean Challenge“: Der Titel des Bildungspro- schaffen wir über den Sport und die Herausforde- direkt vor der Tür. Ich habe andere Familien mit Kin- 25hours Altes Hafenamt auf sechs farbig mar- mit höchstens vier bis fünf Stunden Einsatz bei den Barg. Für das Sortiment hat er die Entwicklung der gramms von Birte Lorenzen-Herrmann liest sich so rung ein Interesse, das in andere Bereiche direkt dern um mich herum und eine tolle Nachbarschaft. kierte Container mit ausgewählten Lebensmitteln. winterlichen Außentemperaturen und einen warmen Kundschaft im Blick: „Wir haben einen wachsenden eingängig, persönlich und herausfordernd, wie Kin- übergeht“, berichtet Lorenzen-Herrmann. Wir fühlen uns hier sehr wohl.“ Seit Januar kann man hier den Basis-Einkauf für zu Aufenthaltsraum für die Pausen. Aus Sicht von Barg Kundenstamm von Bewohnern, aber wir erwarten, der es lieben. Es verrät auf den ersten Blick, wie viel Obgleich die Entscheidung für den jetzigen Hause oder den Snack zwischendurch tätigen. Was hat sich die Mühe jedoch in jedem Fall gelohnt. „Das dass auch Touristen und Angestellte langsam wie- Engagement und Herzblut hineingeflossen ist. „Das Hohe Wellen Wohnort eher zufällig fiel, reizte es die Familie, „in als Notlösung zum Überbrücken von Umbaumaß- Angebot wird sehr gut angenommen. Wir kommen der zurückkehren.“ Eine ganz besondere Zielgruppe Programm verbindet Segeln, Wissenschaft und Bil- einen Stadtteil zu ziehen, der sich noch entwickelt nahmen begann, hat sich im Laufe der Wochen für mit den Menschen viel intensiver ins Gespräch und sind die Bauarbeiter. „Auf der benachbarten Bau- dung“, erklärt die gebürtige Kielerin, die sich seit vie- Wenn Schulklassen und Segelgruppen aus verschie- und den wir mitgestalten können“, so Lorenzen- die Betreiber Christian Barg und Markus Böcker zu tragen gleichzeitig zur Belebung des Platzes bei.“ stelle im südlichen Überseequartier geht es bald len Jahren mit dem Ozean und dem Klimawandel be- denen Ländern auf der „Seaexplorer“ zu Gast sind, Herrmann. Dass in der HafenCity viele engagierte einem lohnenden Experiment entwickelt. „Als zen- An der Nachfrage konnte Barg unter anderem able- richtig los und wir stellen uns natürlich auch auf die- schäftigt. In ihrer Arbeit als Lehrerin stellte sie fest, hört das Team oft ähnliche Fragen: „Wie schläft Menschen leben und arbeiten, bereichere ebenfalls traler Nahversorger wollten wir unseren Kundinnen sen, wie viele Familien mittlerweile in der HafenCity se Bedarfe ein“, so Barg. dass Schülerinnen und Schüler ein großes Interesse man während eines Rennens? Wie hoch schlagen die ihren Alltag. Inspirierende Gespräche fand sie früher und Kunden zunächst vor allem signalisieren, dass wohnen: „Mittags kann man auf dem Platz locker Im Quartier Baakenhafen entsteht in den kom- an diesen Themen haben, oftmals aber die richtige Wellen? Wie hält man eine solche Tour durch?“ Aber oft in der Mensa der HafenCity Universität, wo sie wir sie nicht vergessen. Gerade in Pandemiezeiten bis zu 15 Kinderwagen zählen“, sagt er. Auch in der menden Monaten ein zweiter Nahversorgungs- Vermittlung fehlt. Gemeinsam mit ihrem Mann, dem auch das mobile Labor, mit dem die Jacht weltweit beim Mittagessen auf angehende Architektinnen wollten wir ein Zeichen setzen, dass es weitergeht, eigenen Branche gebe es viel Anerkennung für die schwerpunkt mit einem Discounter und einem wei- Profi-Segler Boris Herrmann, und einem Team aus Ozeandaten sammelt, findet Lorenzen-Herrmann und Architekten traf. Auch die Yokohama Coffee auch mit unkonventionellen Mitteln“, erinnert sich Pionierleistung – und erste Nachahmer. teren Frischemarkt rund um den Lola-Rogge-Platz. Expertinnen und renommierten Wissenschaftlern zufolge großen Anklang. Das Team arbeitet mit dem Bar gehört zu ihren Lieblingsorten für Gespräche Barg. Voraussichtlich Anfang Mai wird der Pop-up- Die Eröffnungen sind im Sommer geplant. entwickelte sie das internationales Wissenschafts- Max-Planck-Institut für Meteorologie, Hamburg, und Begegnungen. „Es gibt immer noch viel nach- Allein mit dem Aufstellen von Containern war es Markt abgebaut und der Edeka Böcker auf dem und Bildungsprojekt samt Schulunterlagen, mit und dem Geomar zusammen. Partner ist auch die barschaftlichen Austausch, aber ich hoffe, dass dafür nicht getan, sondern ein gutes Konzept muss- Überseeboulevard wieder eröffnet. „Wir haben den dem Kinder zwischen 9 und 14 Jahren spielerisch Intergovernmental Oceanographic Commission der spontane Zusammenkünfte demnächst wieder in die Meeresforschung und den Schutz der Ozea- Unesco (IOC Unesco). Da Birte Lorenzen-Herrmann häufiger stattfinden können“, sagt sie. Auf die Plätze ne eintauchen können. Boris Herrmann nahm 2021 vor Kurzem selbst Mutter geworden ist, betreut die Wenn sie die HafenCity mitgestalten könnte, an der weltweit schwierigsten Segelregatta, die 37-jährige Pädagogin das Projekt aktuell ehrenamt- würde sie noch mehr Grün und Freiflächen schaf- Vendée Globe, teil. Zusammen mit dem Gründer des lich in der Elternzeit. Sie plädiert dafür, auch klei- fen. „Das wünschen sich viele, die hier wohnen“, Teams Malizia, P ierre Casiraghi, und seinem Boot neren Kindern schon komplexe Sachverhalte zuzu- sagt sie. Auch für Gebäude aus alternativen Roh- Blick auf den Amerigo-Vespucci-Platz im Zentrum des Quartiers Elbbrücken 10.000 Quadratmeter neue Freiflächen im Quartier Elbbrücken (Foto: Miguel Ferraz) „Seaexplorer“ tritt er als Botschafter des Projekts trauen. Als Beispiel nennt sie CO2-Emissionen und stoffen würde sie sich engagieren, denn „gerade im ↓ auf. „Er hat es mitbegründet und arbeitet aktiv mit den Treibhauseffekt, auf den „My Ocean Challenge“ Bausektor liegt eine große Chance für mehr Nach- Der größte Stadtplatz der gesamten HafenCity Wissenschaftlern und Kindern dafür zusammen. ein besonderes Augenmerk legt und der im Unter- haltigkeit“. Da kommen die Eröffnung des Amerigo- lädt demnächst zum Verweilen und individuellen Er- Die Nachfrage ist in Deutschland und Frankreich richtsmaterial altersgerecht erklärt wird. Vespucci-Platzes und weiterer Promenaden sowie kunden ein: Der Amerigo-Vespucci-Platz, mit seinen besonders hoch. Kinder identifizieren sich mit den „Mein Ziel ist es zu sensibilisieren, Motivation zu verschiedene Bauvorhaben mit Holz und komplett 10.000 qm so groß wie der Hamburger Rathaus- coolen Seglern, die die Weltmeere entdecken – so schaffen und Lösungen anzubieten – ohne dabei rückbaubaren Materialien in der östlichen Hafen- markt, wird Ende Mai der Öffentlichkeit übergeben. City gerade recht. Vom Kopfende des Baakenhafens steigt seine Flä- che sanft Richtung Osten an und schafft einen Mit- telpunkt für die umliegenden Wohn- und Geschäfts- „My Ocean Challenge“ gibt es zum Download in gebäude. verschiedenen Sprachen unter: Das Quartier Elbbrücken bildet künftig neben dem www.borisherrmannracing.com/education Überseequartier das zweite urbane Zentrum der HafenCity. Spektakuläre Hochhäuser (darunter der Elbtower) und Wasserflächen zu drei Seiten kenn- zeichnen den hochverdichteten Standort, der über die U- und S-Bahn-Station Elbbrücken hervorragend an die Hamburger City angebunden ist. Das Quar- tier bietet vor diesem Hintergrund ein Potenzial für 11.000 Arbeitsplätze, aber auch für 1400 Wohnun- gen. Der städtebauliche Entwurf stammt von Hosoya Schaefer Architects (Zürich), die Freiräume wurden vom Atelier Loidl (Berlin) gestaltet. Der Amerigo-Ve- ← spucci-Platz ist dabei so konzipiert, dass er nach Die Bildungsmaterialien von „My Ocean Challenge“ reihen sich in dem Ende der Pandemiebeschränkungen gezielt die maritime Bildungstradition der HafenCity ein. So unterstützt die HafenCity Hamburg GmbH seit Jahren das kostenfreie auch als Treffpunkt für Nachbarschaftsaktivitäten Schulprogramm „Wetter.Wasser.Waterkant“ mit zahlreichen und für Veranstaltungen genutzt werden kann. Über Vorträgen, Projekten und Exkursionen für Hamburger eine Treppenanlage und großzügige Promenaden zu Schülerinnen und Schüler. Die nächste Ausgabe von „Wetter. Wasser.Waterkant“ ist vom 20. 09. bis 01. 10. 2021 vorgesehen. beiden Seiten des Baakenhafens geht er nahtlos in (Copyright: Team Malizia) die übrigen Freiräume der östlichen HafenCity über. HafenCity | News 62 | April 2021 April 2021 | News 62 | HafenCity
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