Gemeindemagazin - Martin Luther: "Hier stehe ich " Ein Magazin über Gottvertrauen - luth. Kirchengemeinde Sittensen
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Gemeindemagazin Ev.-luth. Kirchengemeinde Sittensen Juni / Juli / August 2021 Foto: Sven Kahrs 500 Jahre nach seinem riskanten Bekenntnis Martin Luther: „Hier stehe ich...“ Ein Magazin über Gottvertrauen
Andacht Manchmal lese ich über mich selbst, ich sei „wenig diploma- tisch“ oder hätte „immer wieder angeeckt“. Würde jemand meine Töchter fragen, hörte er: „Sie geht Konflikten eher aus „DAS, dem Weg.“ Für mich ist das interessant. Denn ich denke, meine Töchter haben recht. Ich bin eher dazu erzogen worden, Konflikte zu vermeiden. Meine Mutter mochte den Begriff „Protestanten“ nicht, weil sie protestieren irgendwie unziemlich fand. Und doch steckte auch in ihr etwas sehr Protestantisches, etwa weil sie überzeugt war, dass Frauen nicht auf Rollen fest- WAS gelegt werden dürften. Sie war Krankenschwester, hatte im Zweiten Weltkrieg in Berliner Krankenhäusern während der Bombennächte Dienst getan, wurde nach Rügen evakuiert, landete schließlich für zwei Jahre in einem Internierungslager in Dänemark, ohne zu wissen, ob ihre Eltern und Geschwister noch lebten. Ich denke, sie hat ihren Töchtern mitgegeben: Es gilt Haltung zu bewahren. Und: Am Ende hilft dir nur Gottver- TRÄGT“ trauen. So findest du Kraft in den Herausforderungen, die das Leben mit sich bringt. Als ich mich entschlossen habe, Theologie zu studieren, wurde das in der Schule belacht: Pfarrerin, du? Mich hat das irritiert. Aber mir war klar: Das ist das, was ich wirklich gern tun würde. Nach meinen Auseinandersetzungen mit der Bibel habe ich nicht gesehen, dass irgendetwas dagegenspricht. Meine Familie entstammte der SELK, die Frauenordination ablehnt. Als ich ordiniert wurde und kritische Stimmen in der Familie laut wurden, sagte meine Großmutter: „Wem der liebe Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch die Kraft, es auszufüllen!“ Ich war beeindruckt! Gottvertrauen hat meine Großmutter immer Wie entsteht ausgestrahlt. Sie hatte den Ersten Weltkrieg erlebt, die Inflation, den Zweiten Weltkrieg, musste alles zurücklassen, als sie sich nach der Deportation ihres Mannes mit ihrer Tochter und drei kleinen Gottvertrauen? Kindern 1946 auf den Weg zu ihrer Schwester in Hessen machte. Als ich Kind war, schmetterte sie beim Gulaschkochen: „Befiehl du deine Wege“ oder „Wer nur den lieben Gott lässt walten“. Bevor ich das theologisch reflektiert habe, hat sich bei mir festgesetzt: Im Leid klagst du nicht, dass Gott dich verlassen hat. Sondern du dankst Gott für die Kraft, mit dem Leid zu leben. Ich denke, das Gottvertrauen meiner Mutter und meiner Großmutter hat mich geprägt. Als Pfarrerin lag mir viel daran, MARGOT KÄSSMANN meint, dieses Gottvertrauen weiterzugeben. Mir sind die tiefsten Komponenten meines Berufes Verkündigung und Seelsorge. man könne es auch erben. [...] Gottvertrauen in schweren Zeiten zu vermitteln, darum ging es mir auch beim Gottesdienst am Abend des 11. September 2001. Die Marktkirche war voll, obwohl es ja gar kein regulärer Termin war. Eine Frau sagte mir: „Ich habe die Glocken läuten hören und da dachte ich: Die Bischöfin kann meine aufge- wühlte Seele vielleicht beruhigen.“ Das ist ein hoher Anspruch. Aber zu sagen: Gott ist da, auch jetzt, keine Angst – das ist doch die Aufgabe in so einer Situation. Ich denke an ein Busun- glück in der Nähe von Hannover. 20 Menschen verbrannten, darunter eine 13-Jährige, die mit den Großeltern unterwegs war. Im Gottesdienst am Abend saßen neben Rettungs-kräften, Angehörigen, Trauernden zwei Reihen Mädchen und Jungen aus ihrer Schulklasse, schluchzend, erschüttert, verloren. Ihnen Gottvertrauen zu vermitteln war mir wichtig. Und da helfen 2 www.kirche-sittensen.de / www.punktsieben.de
Andacht dann eben auch die alten Texte, die zu uns sprechen, wenn wir tragen wird, „bis dass der Tod uns scheidet“. Das tut weh. Und es selbst keine angemessenen Worte finden: „Und ob ich schon wird nicht besser dadurch, dass andere meinen, darüber urteilen wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist zu dürfen. „Der Wolken, Luft und Winden, gibt Wege, Lauf und bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich ...“ 2009 dann der Bahn, der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann“ – Suizid von Robert Enke. Hannover, ja der DFB, alle Fußballfans der Liederdichter Paul Gerhardt hat mir immer wieder geholfen, waren erschüttert. Kurz zuvor hatte ich ein Buch über Arno mein Gottvertrauen zu singen. Seine Lieder sind Pfeiler gegen Pötzsch gelesen. Und ich habe in meiner Ansprache am Abend Angst und Verzweiflung. danach in der Marktkirche seinen Liedvers zitiert: „Du kannst Mit Martin Luther habe ich mich nicht erst als Reformations- nie tiefer fallen als in Gottes Hand.“ Noch Jahre später wurde botschafterin intensiv auseinandergesetzt. Ich habe seine prob- ich von Fußballfans darauf angesprochen. Das habe sie berührt, lematische Seiten, seinen Antijudaismus, seine gewalthaltige getröstet. So konnten sie sich in ihrer Trauer gehalten wissen. Sprache, seine Sprüche über Frauen nie geleugnet, ja offensiv Monate später war ich selbst in einer heftig herausfordernden thematisiert. Aber dieses Gottvertrauen vor dem Reichstag in Situation. Nach einer Autofahrt unter Alkoholeinfluss war mein Worms beeindruckt mich bis heute. Ob er nun gesagt hat „Hier Gesicht auf Seite 1 aller Tageszeitungen abgedruckt. Der Satz stehe ich. Ich kann nicht anders! Gott helfe mir. Amen“, ist nicht von Arno Pötzsch hat mir viel bedeutet. Mir war klar: Alle, die belegt. Aber diese Haltung muss er ausgestrahlt haben. Und es mich nicht mögen, mich kritisieren, haben jetzt ihre Sternstunde. war nicht einfach eine Pressekonferenz, auf der er das gesagt Angriffe, Spott und Häme hatte ich ja bereits kennengelernt als hat. Es ging im wahrsten Sinne des Wortes um sein Leben. Er Person in der Öffentlichkeit. Aber an diesem Morgen in meiner wusste das sehr wohl. Küche mit meiner jüngsten Tochter, als ich entschieden habe, Aber ich möchte Gottvertrauen nicht nur in Krisenzeiten zurückzutreten, habe ich auf einmal mitten in all dem Chaos sehen. Was für ein wunderbarer Ritus, wenn wir in der Taufe ein eine tiefe Ruhe gespürt. Ja, ich habe einen Fehler gemacht. Ja, Kind Gott anvertrauen. Wie schön, wenn ich in einem Glücks- andere haben das Recht, darüber zu urteilen. Aber mein Leben moment innerlich rufe: „Danke, lieber Gott!“ Und das tue ich. rechtfertigt sich nicht dadurch, dass ich alles richtig mache. [...] Glaube ist ein Gefühl und eine Überzeugung zugleich. Wir Sondern dadurch, dass Gott mich hält und trägt und tragen praktizieren unsere Religion in Ritualen, sie gibt uns Orientie- wird, auch durch diese scheußliche Situation. rung durch die Schriften, in denen von den Gotteserfahrungen Mich haben stets die biblischen Geschichten am meisten unserer Väter und Mütter im Glauben erzählt wird. So üben wir berührt, in denen Menschen nicht einfach nur grandios waren. uns ein in Gottvertrauen von Kindheitstagen an. Und wir dürfen Mose war ein Mörder, bevor er Anführer wurde und sein Volk denken, fragen, ringen um dieses Gottvertrauen. Wir erleben den weiten Weg durch die Wüste leitete. Lea und Rahel haben Zeiten des Zweifelns und Zeiten von Mut und Klarheit. Ich bin sich als Schwestern heftig bekämpft und haben sich doch als dankbar für das Gottvertrauen, das ich erleben darf. Es ist zum Mütter tief in den Herzen der Menschen verankert. Petrus hat Teil sicher „ererbt“ von meiner Mutter, meiner Großmutter. Es Jesus verleugnet, kaum war der verhaftet. Maria Magdalena, eine speist sich aus den biblischen Geschichten unserer Väter und schillernde Figur – sie hat Jesus geliebt und er wies sie nicht Mütter im Glauben. Und es hat sich in meinem Leben immer zurück. Paulus hat Christen verfolgt, bevor er selbst Apostel wieder als real, wirklich, ermutigend erwiesen. Das möchte ich wurde. Die Bibel ist voller Geschichten von Menschen und ihrem nun selbst als Mutter und Großmutter den nachwachsenden Ringen, ein gutes, „richtiges“ Leben zu führen. Am Ende wird Generationen gern weitergeben … deutlich, dass es allein Gottvertrauen ist, das sie trägt. Manchmal im Leben habe ich Angst vor der eigenen Courage gehabt. Beispielsweise: Kandidieren für das Amt der Landesbi- schöfin von Hannover? Wie kann ich das wagen? Und dann ist da diese Stimme, die mir sagt: Du bist ja gefragt worden. Jetzt vertrau darauf, dass Gott den Weg mit dir geht, so oder so. Und wenn andere gegen dich hetzen und dich beleidigen, findest du Schutz und Schirm, wenn du dich Gott im Gebet anver- traust. Bei Konfirmationen habe ich das Jugendlichen immer ganz bewusst zugesagt: „Schutz und Schirm vor allem Bösen, Stärke und Hilfe zu allem Guten“[...] Ich bin dankbar für dieses Gottvertrauen, das mir meine Mütter und Väter im Glauben über die biblischen Texte und ihr gelebtes Leben vermittelt haben. Es hat mir im Leben immer wieder Halt und Haltung gegeben. Das war auch so, als ich eine Krebsdia- Dr. Margot Käßmann war EKD-Ratsvorsitzende und Botschafterin für gnose erhielt. Wenn ich glaube, dass Gott bei mir ist im Leben, das Reformationsjubiläum 2017. Dieser Text ist eine gekürzte Fassung im Sterben und darüber hinaus, dann kann ich sie annehmen – aus der EKD-Broschüre: Gewissen befreien. Haltung zeigen. Gott ergebnisoffen. So schwer das im ersten Moment auch ist. Das war Vertrauen. Luther vor dem Wormser Reichstag. Das Themenheft zum so, als ich mich der Tatsache stellen musste, dass meine Ehe nicht 500. Jubiläum * 1521–2021 www.kirche-sittensen.de / www.punktsieben.de 3
Inhalt Gemeindemagazin IN DIESER AUSGABE: Ev.-luth. Kirchengemeinde Sittensen Juni / Juli / August 2021 Andacht zum Titelthema von Dr. Margot Käßmann S. 2–3 Impressum S. 4 Gemeindebericht von Pastor Sven Kahrs S. 5–6 Wie geht es weiter mit der Kirchenmusik in Sittensen? S. 7 Eindrücke vom Digitalen Kreuzweg S. 8–9 Aktion Brieffreundschaft – ein Zwischenstand S. 10–12 Foto: Sven Kahrs 500 Jahre nach seinem riskanten Bekenntnis Martin Luther: „Hier stehe ich...“ Achtung Baustelle! Das ist los in der KiTa Himmelszelt S. 13 Ein Magazin über Gottvertrauen Vor vier Jahren haben evangelische Mittendrin: Eine Sternstunde der Reformation S. 14–15 Kirchengemeinden in ganz Deutsch- land ein großes Reformationsjubiläum Geschichten, Rätsel und Angebote für Kinder – diesmal über die Kraft des Glaubens S. 16–17 gefeiert – auch wir in Sittensen. An- lass war der 500. Jahrestag der Veröf- Angebote für Jugendliche S. 18–19 fentlichung der 95 Thesen von Martin Luther. Das war aber nur der Beginn Unsere Geburtstagsjubilare ab 75 Jahre S. 20–21 eines großen Erneuerungsprozesses für die Kirche, den die „alten“ Kräfte nicht kampflos geschehen ließen. Da- Fürbitten: Aus Freud und Leid unserer Gemeinde S. 22 ran und an ein weiteres historisches Datum erinnert die Evangelische Kir- Unsere Medientipps zum Thema Gottvertrauen S. 23 che in Deutschland (EKD) im Jahr 2021: Was 1521 auf dem Reichstag in Worms Schätze unserer Gemeinde: Das Christus-Gemälde wird restauriert S. 24–25 geschah und was wir daraus lernen können, darum geht es in dieser Aus- Unter Vorbehalt: Kommende Angebote S. 26–28 gabe unseres Gemeindemagazins. Für dieses Titelthema hat die EKD zwei Gottesdienste und Veranstaltungen S. 29 Texte aus einer Broschüre beigesteu- ert: S. 2–3 und 14–15. Und auch die Ansprechpartner S. 30 Gemeindemagazin-Redaktion trägt et- was dazu bei: S. 16–17, S. 23 Mit dem Fahrrad nach Fehmarn Rückseite Wir bitten darum, Veranstaltungshinweise und Themenvorschläge spätestens bis zum 23. Juli 2021 anzukündigen. Autoren senden uns fertige Texte samt Bildmaterial für die kommende Ausgabe bitte bis zum 30. Juli 2021. Impressum: Hrsg: Kirchenvorstand der Ev.-Luth. Kirchengemeinde Sittensen, Kirchenweg 6, 27419 Sittensen. Das Gemeindemagazin erscheint jeden dritten Monat kostenlos. Layout und Druckvorstufe: Stefan Vajen (stefan.vajen(at)live.de) · Redaktionskontakt: Johannes Freytag, E-Mail: Johannes.Freytag(at)gmail.com oder 04282/5930062 Auflage: 4.965 Stück · Druck: Hesse, Stade. Redaktion: Michael Brandt, Susanne Eicker, Johannes Freytag, Jellie Rösel, Astrid Stein, Sabrina Warratz. Bitte beachten Sie: Namentlich gekennzeichnete Artikel sind Meinungsäußerungen und spiegeln als solche nicht die Auffassung der Redaktion oder der Kirchengemeinde wider. 4 www.kirche-sittensen.de / www.punktsieben.de
Gemeindebericht Digitale KV-Sitzung Liebe Leserin, lieber Leser des Gemeindemagazins! Niemand von uns kann in die Zukunft sehen. Zum Glück! Ob Wenn wir schon nicht in die Zukunft sehen können, dann und wie Veranstaltungen unserer Kirchengemeinde in diesem nehmen wir uns doch Zeit für den Blick zurück. Und da haben Sommer stattfinden und aussehen werden, das steht zum Re- wir ja auch reichlich Grund zum Danken – z. B. für die Spenden, daktionsschluss noch nicht fest. Gerade wird wieder fleißig über die uns seit Ende September letzten Jahres im Rahmen der Ak- Lockerungen debattiert. Der Stand der Impfungen gibt einen tion „freiwilliger Kirchenbeitrag“ erreicht haben. 38.115,- Euro Grund zur Hoffnung. Gleichzeitig steht uns das Leid z. B. der sind für unsere Gemeindearbeit gespendet worden. Mithilfe Menschen in Indien vor Augen, die besonders schwer mit den dieses Geldes können wir unsere technische Ausrüstung erwei- Auswirkungen einer gefährlichen Mutation des Corona-Virus tern, um uns mit unseren Gottesdiensten noch besser im In- kämpfen. Es trifft wie immer die Ärmsten der Armen. Auch in ternet zu präsentieren. Auch einen Teil unserer Personalkosten Kenia, wo wir weiterhin mit der Arbeit des Missionswerkes Di- können wir damit finanzieren. Wir sagen allen Spenderinnen guna und „unserem“ Missionar Lukas Rösel und seiner Familie und Spendern von Herzen Danke! verbunden sind. Bei allem Klagen und allen Auseinanderset- Über Ostern und in den anschließenden Wochen hatten wir zungen über den richtigen Umgang mit der Pandemie in un- im Kirchenvorstand entschieden, die Präsenzgottesdienste aus- serem Land: Verschließen wir nicht die Augen vor Armut und zusetzen. Mit dieser Entscheidung haben wir es uns nicht leicht Hunger in vielen anderen Teilen dieser Welt! gemacht und ausführlich in einer unserer Online-Sitzungen da- rüber diskutiert. Als Alternative haben wir z. B. für den Gründonnerstag ein „Abend- mahl zuhause“ angeboten. In vielen Häusern wurde es um 19 Uhr oder etwas später ge- feiert. So waren wir trotz aller Trennung als Gemeinschaft bei Brot und Traubensaft (oder Wein) verbunden. Und einige Tage später fanden dann etwa 600 Besucherinnen und Besucher innerhalb einer Woche den Weg in den „Ostergarten“ in unserer Kirche. Das war ein ganz besonderes Erlebnis und lud dazu ein, sich der Botschaft von der Auferstehung ganz neu zu nähern. Ein ganz großer Dank geht an das Team, dass sich dem Auf- und Abbau gewidmet hat, selbstverständlich unter strenger Einhaltung sämtlicher Abstands- und Hygieneregeln! „Abendmahl zuhause“. Bitte auf der nächsten Seite weiterlesen! www.kirche-sittensen.de / www.punktsieben.de 5
Gemeindebericht Ostergarten Zum Gottesdienst laden wir jetzt übrigens wieder unter frei- sionsfeste auch in diesem Jahr ausfallen müssen. Kontaktbe- em Himmel ein, wenn das Wetter es nur irgendwie zulässt. Wir schränkungen, begrenzte Sitzplätze und nicht zuletzt auch der haben damit im letzten Jahr gute Erfahrungen gemacht und Schutz auswärtiger Referentinnen und Referenten sind für diese können so im besten Sinne „aufatmen“. Auch weitere Veranstal- Entscheidung maßgeblich. Nach wie vor gilt, dass wir aufein- tungen planen wir unter freiem Himmel bzw. im Zelt. Und für ander Rücksicht nehmen und uns und andere schützen wollen! die Konfirmationswochenenden hoffen wir natürlich darauf, Was wird uns also dieser Sommer bringen, für jeden und jede dass alles so stattfinden kann wie im letzten Jahr, mit mehreren Einzelne und für uns als Gemeinde? Wir wissen es nicht und kleinen Gottesdiensten ausschließlich für die Konfirmandin- dürfen es getrost in Gottes Hand legen. Vielleicht mit diesen nen und Konfirmanden und ihre Eltern. Worten von Paul Gerhardt: „Gib, dass der Sommer deiner Gnad Trotz allem, was möglich ist, muss an dieser Stelle auch ge- in meiner Seele früh und spat viel Glaubensfrüchte ziehe!“ sagt werden, was eben (noch) nicht geht. So werden die Mis- Mit sommerlichen Grüßen, Ihr Pastor Sven Kahrs Open-Air-Gottesdienst 6 www.kirche-sittensen.de / www.punktsieben.de
Aktuelles Interview mit Olga Chumikova Seit 2014 arbeitet Olga Chumikova in unserer Kirchengemeinde. Angefangen hat alles während ihres Studiums an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. Damals lebte sie bereits in Sittensen und wollte eigentlich nur in unserer Kirche an der Orgel üben. Wir waren gleichzeitig auf der Suche nach einer neuen musikalischen Begleitung für unsere Gottesdienste. Was für eine Fügung! Es ging dann los mit einigen Stunden in der Woche für die Musik in Gottesdiensten und Andachten. Diese Stunden konnten durch ein landeskirchliches Projekt zur Förderung des kirchenmusikalischen Nachwuchses aufgestockt werden. Fünf Jahre lang unterrichtete Frau Chumikova Schülerinnen und Schüler an Orgel und Klavier. Seit dem 1. April dieses Jahres kann sie sich nun mit einer halben Stelle auf die Kirchenmusik in unserer Gemeinde konzentrieren. Ein Stellenanteil ist dabei wiederum für fünf Jahre befristet für die Erprobung neuer Projekte und Ideen. Wie geht es weiter mit der Kirchenmusik in Sittensen? Pastor Sven Kahrs hat Olga Chumikova dazu befragt: Liebe Olga, auch, wenn's komisch klingt: Wir sagen noch ein- mal ganz herzlich „Willkommen“ und freuen uns, dass Du weiter als Kirchenmusikerin in unserer Gemeinde aktiv bist – jetzt mit einem größeren Stellenanteil. Woran erinnerst Du Dich eigentlich besonders gerne, wenn Du an Deinen Start in Sittensen vor sieben Jahren zurückdenkst? Sittensen war meine erste feste Stelle in Deutschland. In Russ- land hatte ich bereits einige Erfahrungen an der deutschen Kirche in St. Petersburg sammeln können und in Hamburg recht zahlreich Vertretungen gespielt. Bis ich nach Sittensen kam, war ein normaler Gottesdienst für mich das Musizieren vor einigen wenigen Gemeindemitgliedern. Ich war schon sehr beeindruckt, was Gemeindeleben und Gottesdienst in Sittensen bedeutet und wie sehr es sich von dem unterschied, was ich da- mals als Normalität kannte. in größeren Gruppen gesungen werden darf und damit meine Auf welche „Highlights“ der letzten Jahre blickst Du am liebs- Arbeit mit der Kantorei seit mehr als einem Jahr weitestgehend ten zurück? ruht. Das Singen im Chor ist aber mit Sport vergleichbar. Regel- Da muss ich zunächst auf meine vorige Antwort zurückkom- mäßiges Trainieren ist das A und O. Wir werden also, wenn es men. Als Organistin vor so zahlreichen Zuhörern zu spielen ist wieder losgeht, nicht sofort an dem Leistungsstand anknüpfen und bleibt ein regelmäßiges Highlight. Wenn ich aber an einen können, den wir im März 2020 hatten. bestimmten Tag oder ein spezielles Projekt denke, komme ich Du kennst eine Menge herausragender Musikerinnen und natürlich immer wieder auf den Konzertabend der Kantorei im Musiker, die uns bereits in vielen „Abendmusiken“ und Got- Advent 2018 mit Werken von Vivaldi zurück. Das war für mich tesdiensten begeistert haben. Viele sind ja freiberuflich tätig. ein besonderes Erlebnis. Die Reaktion des Publikums und vie- Wie geht es ihnen während dieser Pandemie? le positive Gespräche mit Gemeindemitgliedern im Anschluss, Für Musiker ohne feste Anstellung ist die Pandemie eine waren dann Belohnung für den Chor und mich für eine sehr wirtschaftliche Katastrophe. Auch psychisch ist es eine harte intensive Probenarbeit. Prüfung. Diese Menschen werden schuldlos zur Untätigkeit Was macht die Arbeit in der Kirchengemeinde Sittensen be- gezwungen und erhalten keine oder nur geringe Hilfe von staat- sonders? licher Seite. Mir sind Kollegen bekannt, denen es finanziell gut Die Sittenser☺ ging und die nun von Hartz IV leben müssen. Mit allen Konse- Sittensen ist eine starke Gemeinde mit vielen Traditionen quenzen, wie z. B. dem vorrangigen Verkauf von Haus und Hof. und trotzdem der Zukunft zugewandt. Das ist wirklich selten Für viele Kollegen ist der Druck immens. und macht die Arbeit zu etwas Besonderem. Wagen wir einen Blick voraus: Welche Pläne und Ideen hast Was waren und sind die größten Herausforderungen für die Du? Und wenn Träumen erlaubt wäre: Von welchen musikali- Kirchenmusik unter Corona-Bedingungen? Was ist gelungen? schen Projekten in Sittensen träumst Du? Was hat nicht so gut geklappt? Musikalische Erlebnisse und Erfahrungen sind analog und so Ähnlich wie in anderen Lebensbereichen ist die kirchenmusika- verstehe ich auch meine Arbeit. Ich wünsche mir, wieder unein- lische Arbeit durch die Pandemie nicht wirklich planbar, da die geschränkt mit Menschen für Menschen musizieren zu können, Pläne von heute morgen schon wieder Makulatur sind. Ich ver- mit meiner Kantorei spannende Konzerte zu erarbeiten, neue suche so gut wie möglich damit umzugehen und möglichst fle- Gemeindeprojekte umzusetzen und mit meinen freischaffenden xibel zu agieren. Obwohl deutlich weniger Präsenzgottesdienste Kollegen unsere Abendmusik wieder aufleben zu lassen. stattfinden, ist mein Arbeitsaufwand tatsächlich gestiegen, da Ein besonderer Wunsch wäre aber die Leitung einer kam- zahlreiche Werke für die Onlinedienste der Gemeinde einge- mermusikalischen Instrumentalgruppe mit eigenen, spannen- spielt werden müssen. Aber die Abstimmung mit Mitarbeitern den Einsatzmöglichkeiten. und Helfern ist sehr gut. Dies macht es mir leicht meine Aufga- Wir freuen uns, dass Du da bist und wünschen Dir weiter be zu erfüllen. Was ich aber sehr bedaure ist, dass nicht mehr Gottes Segen für Deine Arbeit! www.kirche-sittensen.de / www.punktsieben.de 7
Aktuelles Kreuz weg oder Kreuzweg!? Digitales Angebot für Jung und Alt So haben wir den digitalen Kreuzweg in der Presse beworben. Nun ist beides weg: Das Kreuz steht schon lange nicht mehr auf Golgatha, und das digitale Angebot, dem Weg Jesu an das Kreuz und bis hin zu seiner Auferstehung zu folgen ist auch nicht mehr zu finden. Was bleibt, sind die Eindrücke, der Menschen die sich auf den Weg gemacht haben. Am Anfang des Weges sind sie Bartimäus be- blieben. Was wegging, war gegnet. Der blinde Bettler wendet sich an Je- die Furcht. Geblieben ist die sus, der schon mit den Gedanken in Jerusalem Gewissheit, dass sein Vater ist. Jesus sieht ihn zunächst nicht, aber er hört ihn durch das kommende ihn. So konnte man am Gemeindehaus einen Leiden hindurchführt. Eindruck von Bartimäus gewinnen und Für diejenigen, die sich dem nachspüren, wie es ist blind zu sein. mit auf den „Kreuzweg“ Gut, dass Jesus einen Blick für Menschen gemacht haben, gab es die hat und ein Ohr für ihre Rufe. Anregung, über die eigenen Der Weg führte weiter zum „Anzie- Gebetsanliegen nachzuden- hungspunkt“. Hier konnte man Jesus vor ken. Was macht uns Sorge, die Füße werfen, was man hatte, ähnlich Not und Angst, und was wie es die Menschen bei Jesu Einzug in macht uns dankbar? Für das Jerusalem mit ihren Kleidern taten. Dabei sind auch schöne Schwere im Leben galt es einen Stein zu suchen und für das Schöne bunte Bilder auf dem Hof des Anziehungspunktes entstanden. eine Blume. So wurde der Garten zum Ort der Begegnung mit Gott. Neben dem Bibeltext gab es auch noch was auf die Ohren, wenn Vom Garten brach Jesus mit seinen Jüngern auf, um seiner Be- man wollte. Ein Jubellied aus dem Internet konnte auf dem Weg stimmung entgegenzugehen. „Der Verrat des Judas“, so wird die Szene oft genannt, in der Ju- das den Soldaten zeigt, wen sie festnehmen sollen. Ein Ausschnitt aus unserem Altarbild, an dem Judas mit am Abendmahlstisch sitz, wurde zur Einladung, über die eigene Beziehung zu Gott und Jesus nachzu- denken. Einige der Rück- meldungen zu unserem Kreuzweg haben diese Sta- tion als die eindrücklichste beschrieben. Der Weg führ- te zum Fischteich mit dem Hinweis, dass manches im Leben sprichwörtlich im Teich landet. zur nächsten Station angehört werden. Jesus zeigte seinen Jün- Nicht nur für die Kinder war die Frage bestimmt, was eine gern, was er von ihnen erwartete. Sie sollten sich nicht als etwas Freundschaft ausmacht und wie man damit umgehen kann, Besseres aufspielen, sondern den Menschen dienen, so wie er es wenn es in einer Freundschaft zu Enttäuschungen kommt. tat. Am Brunnen auf dem Marktplatz konnte man das erfrischen- Judas war der Täuschung aufgesessen, dass der Messias mit de Wasser selber erspüren. Die Frage, wie man anderen mit sei- einem Schwert in der Hand die Feinde aus dem Land vertreibt. nen eigenen Gaben eine Erfrischung in ihrem Leben sein könnte, Seine „Ent“täuschung war im Nachhinein etwas positives. Mit war der Begleiter zum nächsten Schauplatz der Geschichte. ihm und durch ihn können wir entdecken, dass der Messias ge- So wurde das Kriegerdenkmal im Dionysiuspark zum Garten kommen ist, um das Leben zu bringen. Da kann er das Schwert Gethsemane. Hier wird von der nicht gebrauchen. Anfechtung berichtet, die Jesus Jesus blieb nichts erspart. Auch sein selbst erlebt hat. Das macht ihn größter Befürworter Petrus wurde zu ei- ja so menschlich, dass ihm auch nem Leugner. Ihn quälte lange Zeit sein solche Gedanken nicht fremd schlechtes Gewissen. Er hatte keine Gele- sind, einfach alles wegbeten, was genheit mehr, Jesus zu erklären, warum er im Leben schwierig ist. nicht zugegeben hat, zu Jesus zu gehören. Doch das Schwierige ist nicht Ob er seitdem bei jedem Hahnenschrei an weggegangen. Es ist ganz real ge- diese Nacht denken musste? 8 www.kirche-sittensen.de / www.punktsieben.de
Aktuelles Am Gemeindehaus der Freien evangelischen Gemeinde konnte Durch seine Auferstehung endet Jesu Kreuzweg nicht am Kreuz, auf dem Kreuzweg ein Stein eingesammelt werden. Er war Zeichen sondern im ewigen Leben. So ist unser Friedhof auch voller Hoff- für das, was die Beziehung zwischen Menschen und die Beziehung nungszeichen. Die galt es auf dem Kreuzweg zu entdecken. Und zu Gott belasten kann. Dieser Stein sollte uns auf dem Rest des manches Grab hat vielleicht ein neues Hoffnungszeichen erhal- Kreuzweges begleiten. Dabei war er eine ten. Jedenfalls war man aufgefordert, das gebastelte Kreuz an Hilfe, das zu formulieren, was uns in einem Grab eines Familienmitgliedes als Hoffnungszeichen auf unseren Beziehungen hindert, frei und die Auferstehung der Toten abzulegen. Wer weiß, vielleicht ent- offen zueinander zu stehen. decken die Leserinnen und Leser dieses Berichtes ja eines dieser Jesus hatte auch keine Gelegenheit Kreuze bei ihrem nächsten Rundgang über den Friedhof? mehr, vor seinem Tod mit Petrus zu Hier hätte der Kreuzweg enden können, aber da war doch noch sprechen. Der Kreuzweg führte zum etwas... Petrus und Jesus, die Geschichte war noch nicht zu Ende. Rodelberg, dem „Golgatha“ in Sitten- Nach der Auferstehung begegnet Jesus seinen Jüngern noch mal sen. Neben der Geschichte von der am See. In Sittensen musste dafür der Mühlenteich herhalten. Kreuzigung gab es die Möglichkeit, Hier haben die beiden die Gelegenheit, sich auszusprechen. Sie selbst ein kleines Kreuz zu basteln. Ein kommen wieder miteinander ins Reine. Das, was zur Belastung Bild vom Kreuz, den Nägeln und der Dornenkrone lud dazu ein, geworden war, konnte aus dem Weg geräumt werden. darüber nachzudenken, was in unserem Leben dornig ist, was uns Bei der FeG kam ein Stein als Last mit auf den Weg. Hier am das Leben vernagelt oder unser ganz persönliches Kreuz im Leben Mühlenteich konnte er im Teich versenkt werden. Ein klärendes ist. All das hat Jesus schon längst mit an sein Kreuz genommen. Gespräch unter Freunden kann so entlastend sein. Wir hoffen, Der Friedhof ist der Ort, an dem unsere Toten zur Ruhe kom- dass die Erfahrungen derjenigen, die sich auf den „Kreuz“-Weg men. Jesus wurde auch in ein Grab gelegt. Doch sein Grab war am gemacht haben, ebenfalls befreiend waren und dass sie Kreise dritten Tag nach seinem Tod leer. So wird der Friedhof nicht nur ziehen, wie die Wellen, die der Stein im Mühlenteich hinterlas- zum Ort der letzten Ruhe, sondern auch zu einem Hoffnungsort. sen hat. Jochen Gessner www.kirche-sittensen.de / www.punktsieben.de 9
Aktuelles Aktion Brieffreundschaft „Mein Briefschlitz ist hungrig!“, so schreibt eine Teilneh- höher sein. Zahlreiche Rückmeldungen sind per Telefon oder merin an der Aktion in ihrem Antwortschreiben. Zum Glück auch an der einen oder anderen unserer Haustüren eingegan- konnte das Angebot vom »Team Haus des Lebens« da Abhilfe gen. Meist waren es dankbare Menschen, die leider nicht mehr schaffen. Auch wir als Team hatten Appetit auf diese Aktion. schreiben können, sich aber sehr über den persönlichen Brief Leider ließen zuerst der Datenschutz und dann die veränderten gefreut haben. Dafür sagen wir von Herzen DANKE! Pandemiebedingungen für uns die Durchführung erst mal zu Es gab aber auch kritische Stimmen. Es kamen Anfragen zur einer Durststrecke werden. Doch es hat sich gelohnt, dass wir Auswahl der vorgeschlagenen Themengebiete und auch an das durchgehalten haben. Medium Brief, das nicht allen Menschen zugänglich ist. Daraus „Ik hef nu ejin Brieffrünn!“ So schallt es Gisela entgegen, als hat sich eine Brieffreundschaft der elektronischen Art entwi- sie durch den Ort geht. Sie gehört mit Birgit, Jellie und Jochen ckelt. Die steile These in unserem Anschreiben hat also voll ins zum „Aktionsteam Brieffreundschaft“. Es ist schon erstaunlich, Schwarze getroffen: Wer schreibt, der bleibt! – in Kontakt! dass man im Zeitalter der Digitalisierung mit dem alten Me- Manch einer brauchte noch ein bisschen Mut, um dium Brief neue Freuden auslösen kann. sich für die Aktion zu erwärmen. „Ich weiß gar Das „Haus des Lebens“ ist ja immer noch kein nicht, was ich einem fremden Menschen schrei- festes Haus, in dem man sich treffen kann. Ge- ben soll!?“ gab jemand im Gespräch zu. Gut, rade weil die leibhaftigen Treffen in einer Pan- dass man bei einer Brieffreundschaft nicht demie gemieden werden sollen, erschwert alleine bleibt. Den Mut zum Mitmachen uns das als Team die Arbeit umso mehr, dem bekam die Person, als ich ihr vorgelesen „Haus des Lebens“ einen Ort zu geben. Dafür habe, was auf einem Rückmeldebogen stand: haben sich durch unsere Aktion aber einige „Hallo unbekannter Brieffreund/in, ich andere Türen geöffnet. Für uns hat sich hoffe, dass wir uns gut verstehen die Arbeit in der Vorbereitung gelohnt. werden, um eine Freundschaft Nicht nur die rechtlichen Fragen mit zu bilden. Erzähl mal was von dem Datenschutz waren zu klä- Dir! Ich fang‘ an, okay? Also, ren, auch die Logistik mit all den ich bin...“. So einfach kann Adressen und Briefen und den es gehen, miteinander in Verteilern war eine echte Her- Kontakt zu kommen. ausforderung. „Interessant! Hätte 6.280 Briefe sind für diese nicht gedacht das ich über- Aktion verschickt worden. haupt noch Briefe schreiben Artikel in Zeitungen und bei kann. Dafür muss man sich Treffpunkt Sittensen haben den schon Zeit nehmen, sich in Kreis der Angeschriebenen erwei- Ruhe hinsetzen und Gedanken tert. Wir wissen von 32 Frauen und 11 formulieren. Nicht oberflächlich Männern, dass sie sich auf das Wagnis schreiben und es soll ja auch interes- eingelassen haben, die „Dunkelziffer“ mag sant sein!“, so beschreibt eine Teilnehmerin 10 www.kirche-sittensen.de / www.punktsieben.de
Aktuelles ihre Eindrücke. „Wir schreiben ca. zweimal im Monat. Haben kreuzen, auch welche, die nicht Statistik der Orte ganz andere Themen als wir damals angegeben haben.“ auf der Rückseite stehen, z.B. Ort Anzahl Dabei war die Motivation, an der Aktion teilzunehmen, (gewaltfreie) Kommunikation und ebenso breit gefächert, wie das Spektrum der Menschen, die menschlich-persönliche Entwick- Sittensen 18 sich beteiligen. Die jüngste Teilnehmerin ist gerade mal 6 Jahre lung im Laufe eines Lebens...“ Klein Meckelsen 5 alt und wird von ihrer Mutter unterstützt. Mit 81 Jahren ist die Die Vorschläge, die wir in unse- Lengenbostel 3 Seniorin in der Runde ein Dreivierteljahrhundert reicher an Le- rem Anschreiben formuliert hatten, Tiste 3 benserfahrung. Der Altersdurchschnitt liegt bei rund 40 Jahren. waren genau so gedacht, als Anre- Beteiligt haben sich Menschen, die neu in der Börde sind, und gung, auch die eigenen Themen zu Groß Meckelsen 2 solche, die schon lange nicht mehr hier wohnen. Die größte Ent- benennen und zu finden. So meldet Vierden 2 fernung legte ein Brief aus Osnabrück zurück. eine Teilnehmerin zurück: „Eine Wohnste 2 Eine Rückmeldung lässt gerade die Not der Neubürgerinnen schöne Aktion. Wir sind dabei, Buchholz i.d.N. 1 und Neubürger in der Pandemie erkennen: „Hallo, wir sind neu uns allgemein kennenzulernen und Hamersen 1 nach Sittensen gezogen. Leider besteht gerade keine Mög- langsam erkunden wir gemeinsa- lichkeit, andere Familien (Kindergarten / Sportverein / Ju- me Interessengebiete. Das läuft Osnabrück 1 gendgruppen) kennenzulernen. Wir suchen noch Freunde bei gut und ist interessant. Rotenburg/W. 1 uns in der Nähe für unsere Tochter. Auch wenn das persönli- Heimlich hatte ich mir wohl je- Sauensiek 1 che Treffen noch warten muss...“ mand Älteres gewünscht, mit dem Dazu passt eine Erfahrung, die durch unsere Kontaktver- ich Erfahrungen hätte austauschen können. Das wurde mir mittlung entstanden ist. aber erst bewusst nach dem ersten Brief! Aber so ist es jetzt „Ich habe mich sehr über diese tolle Aktion gefreut. Hatte auch gut und ich freue mich darüber. Bin gespannt wie es sich mir gewünscht, jemanden zu bekommen, der neu zugezogen entwickelt.“ ist, um u. a. auch einen Kontakt zur Gemeinde zu ermögli- Doch nicht alle Kontakte haben gefruchtet. „Wenn man an chen. Jetzt freue ich mich sehr, dass es tatsächlich so gewor- die 80 rangeht, ist es wohl nicht mehr so einfach, sich auf den ist.“ Neues einzulassen.“ So beschreibt es jemand auf unsere Rück- Eine Teilnehmerin schrieb in ihrer ersten Nachricht, die wir frage hin, und eine Zehnjährige weiß zu berichten, dass sie noch vom Team dann an die Brieffreundschaft weitergeleitet haben: „ Liebe(r) Brieffreund(in), ich könnte noch mehr Themen an- Bitte auf der nächsten Seite weiterlesen! Holzskulpturen · Ölgemälde · Aquarelle Praxis für Physiotherapie Dauerausstellung Inh. Anja Wichern Schulstraße 29 · Klein Meckelsen Bahnhofstraße 12 Besuch nach telefonischer Anmeldung 27419 Sittensen Tel.: 04282 - 53 09 Behandlungszeiten: Mo. - Do. 07.20 - 19.00 Uhr Fr. 07.20 - 14.00 Uhr Gudrun & Hans-Jürgen Freytag · 0 42 82 / 59 01 30 Familienfeiern + Hochzeiten in der Kloster-Mühle Sie suchen etwas mit privatem Charme und absoluter Professionalität? Dann sind Sie bei uns genau richtig. Eine Feier, in unserem besonders für Familienfeiern + Hochzeiten geeignetem Haus oder ein Essen nach Ihrer standesamtlichen Trauung, gestalten wir ganz nach Ihren Wünschen draußen im Buchsbaumgarten, unter Kastanien oder drinnen am brennenden Kaminfeuer, bis ca. 115 Personen. In diesem wunderschönen Ambiente feiern Sie ausgelassen bis in die Morgenstunden. An festlich geschmückten Tischen wird das Essen serviert, das Mediterranes mit Regionalem verbindet. Rufen Sie uns an – wir beraten Sie gern. „Die schönen Seiten eines Landhotels“ – Klassisch und doch ganz anders – Kuhmühler Weg 7 • 27419 Groß Meckelsen/Sittensen Tel.04282/594190 • info@kloster-muehle.de www.kloster-muehle.de www.kirche-sittensen.de / www.punktsieben.de 11
Aktuelles Top 10 der keine Post erhalten hat und selber Hier noch ein paar Statements von unseren Themenvorschläge auch noch nicht in Gang gekom- Briefeschreiberinnen und Briefeschreibern: men ist mit dem Schreiben. „Mal Thema Interessierte „Sehr gute Ablenkung von Corona!“ sehen, vielleicht fange ich doch Bücher 18 mal an...“ lässt sie uns wissen. „Die Brieffreundschaft macht mich glücklich!“ Spiele 18 Aber es kann ja auch nicht im- „Der Kontakt per Brief ist intensiver, Brieffreundschaften Garten 15 mer alles passen. Wir vom Team sind irgendwie nostalgisch.“ Kochen 15 im »Haus des Lebens« freuen uns „Das war ein Wiedereinstieg ins Briefeschreiben, und die jedenfalls, dass wir mit dieser Einladung zu den Brieffreundschaften war dann wie eine Reisen 15 Aktion Menschen aufeinander willkommene Einladung, das fortzusetzen.“ Sport 15 zubewegen konnten. Vielleicht „Nachdem wir uns ein wenig über uns persönlich Musik 14 bekommt der Eine oder Andere ausgetauscht haben, erkunden wir jetzt langsam unsere Wandern 12 ja noch mal Lust sich hinzuset- gemeinsamen Interessen.“ zen und einen Brief an eine alte Glauben 12 „Ich finde es eine tolle Aktion, die sich für mich voll gelohnt Freundschaft oder einen unbe- kannten Kontakt zu schreiben. Es muss nicht immer so sein, hat.“ dass man schön abwechselnd schreibt. „Ich weiß nicht mehr, „Ich stelle mir beim Schreiben vor, wie wohl meine wer eigentlich dran ist...“ sagt ein Teilnehmer auf meine Rück- Brieffreundinnen aussehen, denn wir kennen uns ja nicht frage hin „...aber ich wollte jetzt so oder so noch mal schrei- und haben uns auch noch nicht gesehen. Ich habe Bilder von ben, egal ob ich dran bin. Nur, ich komme einfach nicht dazu.“ ihnen im Kopf und bin gespannt, wie sie wirklich ausschauen. Sehr spannend!“ „Liebes Orga-Team, was für eine tolle Idee! Da bin ich sehr gerne mit dabei und freue mich bereits auf die erste Post!“ „Da meine Augen es nicht zulassen, kann ich z. Zt. keine Briefe schreiben. Würde aber gerne mit jemandem mit dem Rollator kleine Strecken spazieren gehen. Gespräche über das Altwerden und den Glauben führen. Evtl. per Telefon“ (Anmerkung: Es gibt einen Telefonkontakt!) „Hallo, ich finde diese Idee der Kontaktaufnahme sehr schön. Wer ganz mutig ist, nimmt sich einfach das Telefonbuch oder Ich bekomme sehr gerne Briefe, es ist nur leider selten noch die Briefkästen in der Nachbarschaft und schreibt einem Men- der Fall. Die Börde ist sehr groß geworden, dass man sich schen, den er nicht kennt. Dann ist es umso spannender, ob und gar nicht mehr kennen kann. Durch Briefe bekommt eine in welcher Art eine Antwort kommt. Die meisten Rückmeldun- Person wieder ein Gesicht. Freue mich auf Austausch.“ gen aus dem Teilnehmerkreis sind sich einig: Eine tolle Aktion! „Hallo, wir sind eine 4-Köpfige Familie mit 2 Kindern im „Der Briefkasten geht auf und, man freut sich.“ Alter v. 4 und 6 Jahren. Wir freuen uns auf nette Kontakte.“ Das Team vom „Haus des Lebens“ bedankt sich ganz herzlich „Ich nehme an dieser Aktion teil, weil ich gerne Post bei allen, die sich auf die Aktion eingelassen haben. Wer schreibt, bekomme und neue Leute kennenlernen will.“ der bleibt – in Kontakt. Euer Team vom „Haus des Lebens“: „Hallo Unbekannte/r, ich würde mich freuen, wenn ich mit Birgit, Gisela, Jellie und Jochen diesem Brief jemandem eine Freude mache.“ Übrigens: Die Bibel ist voller lesenswerter Briefe, die immer „Hi, keine Ahnung, was ich schreiben soll... also Tschüss! noch Bestand haben! Beste Grüße...“ 12 www.kirche-sittensen.de / www.punktsieben.de
Aktuelles Achtung Baustelle! Die Evangelische Kindertagesstätte „Himmelszelt“ wird wird Besprechungsraum für die bis zu 20 Mitarbeiter eingerichtet zum neuen Kitajahr 2021/22 durch die Samtgemeinde Sittensen werden. Auf der süd-westlichen Seite wird ein weiterer Grup- (Bauherr) um eine Gruppe für Kinder im Alter von drei Jahren penraum mit einem Wasch- und Ruheraum entstehen, der den bis zur Einschulung erweitert (siehe Foto). heutigen Bedürfnissen der Kinder entsprechen wird. Wir freuen Die An- und Umbauarbeiten finden während des laufenden uns schon, den Anbau (mit Euch) im Herbst einzuweihen! Betriebs statt. Auf der östlichen Seite beinhaltet der Anbau den Für die Erweiterung unserer Kita suchen wir noch pädagogi- gewünschten Therapieraum, in dem auch Elterngespräche statt- sche Fachkräfte und Reinigungskräfte mit verschiedenen Stun- finden könnten. Zusätzlich soll dort eine Spülküche, ein Kü- denumfang für unser Team! Wir freuen uns über Ihre Bewer- chenlager, ein Putzmittelraum, ein Aufenthaltsraum und ein bung (siehe Stellenanzeige). Christina Hessen Wir suchen: ErzieherInnen* SozialassistentInnen* KinderpflegerInnen* *(m/w/d) Wir bieten … • einen Arbeitsplatz mit Raum für kreative Ideen • Fortbildungsmöglichkeiten, die zu deinem Profil passen Vanessa Thäsler Sandra Puppe • viele Möglichkeiten zur pädagogischen Gestaltung • interne Fachveranstaltungen sowie Unterstützungs- 10 jähriges Dienstjubiläum und Qualifizierungsangebote In diesem Jahr feiern Vanessa Thäsler (Erzieherin), Sandra • enge Zusammenarbeit mit der Kirchengemeinde und dem Kita-Verband uppe (Erzieherin) und Anke Baumgart (Grünanlagenpflege- P rin) ihr 10-jähriges Dienstjubiläum als Mitarbeiterinnen der • eine Vergütung analog zum öffentlichen Dienst evangelischen Kirche. Seit 2011 sind sie fester Bestandteil in (TVöD-SuE) der Kindertagesstätte „Himmelszelt”. • Altersvorsorge und Jahressonderzahlung Zuverlässig sorgt Anke dafür, dass rund um die Kita immer JETZT alles grünt und blüht. Mit ihrer offenen und fröhlichen Art Ev.-luth. Kita-Verband Bremervörde - Zeven BEWERBE N sind Vanessa und Sandra bei den Kindern sehr beliebt und ge- Pädagogische Geschäftsführerin: Loraine Michaelsen Telefon: 041 41/78 80 56 E-Mail: loraine.michaelsen@evlka.de Wir freuen uns schätzte Kolleginnen im Team. Für die Eltern haben sie stets Die Tätigkeit als pädagogische Fachkraft in einer Kindertagesstätte hat einen Bezug zum evangelischen auf dich! ein offenes Ohr und stehen ihnen mit Rat und Tat zur Seite. Wir Bildungsauftrag. Daher setzen wir grundsätzlich die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche, die Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Niedersachsen ist, für die Mitarbeit voraus. freuen uns noch auf viele weitere gemeinsame Jahre mit Ihnen. www.kirche-sittensen.de / www.punktsieben.de 13
Mittendrin Eine Sternstunde Was genau ist noch mal in Worms passiert? Fabian Vogt, Projektleiter der E vangelischen Kirche Am 18. April 1521, einem Donnerstag, tritt Martin Luther gegen auf rhetorisch brillante Weise. Diesmal ist nämlich er es, der auf Abend vor die Versammlung des Reichstags in Worms. In dem den Stapel seiner Schriften deutet und sinngemäß erklärt: „Ja, großen, mit Fackeln erleuchteten Saal sitzen neben dem erst 21 diese Bücher hier habe ich geschrieben.“ Doch statt jetzt einfach Jahre alten Kaiser Karl V. und den Reichsfürsten viele hochran- die Frage zu beantworten, die von Eck ihm gestellt hat, beginnt gige Vertreter der Kirche. Johann von Eck, der Vorsitzende des er zu differenzieren: „Nun wollt ihr wissen, ob ich sie widerru- Kirchengerichts, macht schnell deutlich, was er von dem Vorge- fe? So einfach ist das leider nicht. Dazu muss ich erst mal sa- ladenen erwartet: „Deine Bedenkzeit ist zu Ende. Sag uns: Bist gen: Achtung! Das sind doch ganz unterschiedliche Bücher und du bereit, deine Schriften zu widerrufen?“ Publikationen. Einige davon erklären den Luther weiß, was diese Frage bedeutet. Glauben sehr grundsätzlich, und das meist Von der Kirche exkommuniziert wurde er übereinstimmend mit dem, was die Kir- schon. Wenn er jetzt nicht nachgibt, droht che seit Jahrhunderten lehrt – selbst mei- ihm auch noch die sogenannte Reich- ne Widersacher geben zu, dass darin viel sacht, die einen Menschen für vogelfrei Nützliches steht. Das heißt: Würde ich alle erklärt und jedem erlaubt, ihn ohne Strafe meine Veröffentlichungen pauschal wider- zu töten. Dabei ist der Reformator in der rufen, dann würde ich auch die Wahrheit Hoffnung angereist, er könne auf dem widerrufen.“ Reichstag mit den Anwesenden ernsthaft Indem Luther auf die Anteile seiner über seine Kritik an der kirchlichen Pra- Werke hinweist, die mit der kirchlichen xis diskutieren. Von wegen! Schon bei der Autorität konform gehen, nimmt er den Anhörung am Vortag hatte von Eck deut- Anklägern schon mal einigen Wind aus lich gemacht, wie das Verfahren abläuft: den Segeln. In dieser Weise fährt er fort, „Du darfst hier nicht reden, sondern nur wenn er als Nächstes seine Kritik an der Fragen beantworten.“ Dann hatte der Ver- Institution des Papstamtes verteidigt und handlungsführer harsch auf einen Stapel auf Tatsachen verweist, die selbst einge- mit Schriften gedeutet und gefragt: „Be- fleischte Anhänger Roms nicht übergehen kennst du dich zu diesen Büchern?“ Luther können: „Niemand kann leugnen, dass Vorabdruck aus: hatte zwar auf Anraten seines Anwalts da- Fabian Vogt „Hier Stehe ich, ich kann nicht einige der päpstlichen Gesetze die Gläubi- rauf bestanden, dass die Titel der Werke anders – 25 Menschen, die die Welt verändern“ gen aufs Jämmerlichste gepeinigt haben.“ vorgelesen werden, damit er sichergehen bene! Verlag, Wetzlar 2021 Anschließend äußert er sich zu seinen kann, dass ihm nicht irgendetwas untergeschoben wird, fühl- Schriften gegen kirchliche Vertreter, die die kirchliche Lehre te sich aber von der ganzen Situation und dem Vorgehen von auf beinahe groteske Weise verzerrt haben: „Hier gibt es auch Ecks trotzdem überfahren und überfordert. Statt einer erhofften Schriften, die ich gegen bestimmte Gegner geschrieben habe. inhaltlichen Auseinandersetzung erlebte er die geballte Gewalt Und ja ... ich gebe zu: Da war ich gelegentlich etwas heftig. Aber mittelalterlicher Machtstrukturen: Widerrufe deine Ansichten wenn solche Menschen nun mal grundfalsche Dinge schreiben, – oder stelle dich öffentlich gegen Staat und Kirche. Also bat der kann ich das doch nicht einfach stehenlassen.“ Reformator kleinlaut um Bedenkzeit. Und nun kommt der Clou dieser klugen Rede. Luther wendet Nachdem ihm diese vom Kaiser gewährt wurde, steht er sich nämlich dem zu, was ihm überhaupt erst diese Verhand- jetzt, einen Tag später, erneut vor den Herrschenden, die ihm lung eingebrockt hat: den Stellen in seinen Büchern, in denen befohlen haben, er dürfe bei seinem zweiten Auftritt auf keinen er den kirchlichen Lehren offen widerspricht. Und diesen Wi- Fall eine vorgefertigte Erklärung vorlesen, sondern müsse frei derspruch erkennt er an. Doch anstatt starrköpfig darauf zu be- reden. Und das tut Martin Luther. Er hat sich in der Nacht sorg- harren, zeigt er sich demütig: „Ich bin bestimmt nicht verstockt: fältig überlegt, was er sagen möchte. Nun, wenn die kirchlichen Wenn ihr überzeugende Argumente und Beweise anbringt und und weltlichen Fürsten nicht mit mir disputieren wollen, so sein mich des Irrtums überführt, dann werde ich der Erste sein, der Ansatz, dann muss ich sie eben dazu bringen. Und das macht er meine Schriften ins Feuer wirft.“ 14 www.kirche-sittensen.de / www.punktsieben.de
Mittendrin der Reformation in Deutschland (EKD) für das „Reichstagsjubiläums 2021“, erzählt die Geschichte nach. Das ist großes Kino. Statt sich auf das rigide „Ja-oder-Nein“- mich ganz und gar wie neu geboren – und durchs offene Tor trat Spiel einzulassen, beharrt der Erneuerer auf einer inhaltlichen ich ins Paradies ein.“ Auseinandersetzung. Weil Wahrheit nicht per Befehl verordnet, Wenn es aber stimmt, dass Gott aufs Herz und nicht auf die sondern nur im Dialog und durch sorgfältiges Nachdenken ge- Taten schaut, dann machte der berüchtigte Ablasshandel, der funden werden kann. In Worms beißt er damit allerdings auf den Menschen im 16. Jahrhundert vorgaukelte, sie könnten die Granit. Johann von Eck lässt sich auf solch eine Beweisführung Folgen ihrer Fehler durch den Erwerb von Ablassbriefen mil- gar nicht erst ein, sondern beruft sich darauf, dass die Heiligen dern, überhaupt keinen Sinn. Und deshalb nagelt Luther nicht Konzile schon längst gezeigt hätten, dass sich Luther irrt. Dis- nur seine 95 Thesen wider den Ablass an die Tür der Wittenber- kussion unerwünscht. Fertig! Selbstbewusst stellt von Eck dem ger Schlosskirche und schreibt ein Buch nach dem anderen, um Aufrührer die Frage, ob er denn die Kompetenz der Konzile in den Menschen die Freiheit eines Christenmenschen neu vor Au- Frage stellen wolle?! gen zu führen. Darum reist er, allen Gefahren zum Trotz, auch Nun ist das Verhör beim Wesentlichen angekommen. Was nach Worms zum Reichstag, weil er eben hofft, dort den höchs- zählt? Institutionelle Autorität oder die persönliche Überzeu- ten Autoritäten seine Sicht darlegen zu können: „Selbst wenn in gung? Denn natürlich will Luther die Kompetenz der Konzile in Worms so viele Teufel wie Ziegel auf den Dächern wären, würde Frage stellen, weil sie im Widerspruch zu der von ihm erkann- ich trotzdem hinfahren.“ ten Wahrheit stehen. Darum mündet seine Erklärung in den be- Als Luther den Saal des Reichstags verlässt, ruft er angeblich rühmt gewordenen Worten: „Wenn ich nicht durch das Zeugnis erleichtert: „Ich bin hindurch!“ Doch seine Hoffnung, Kirche der Heiligen Schrift oder durch gute Argumente überzeugt wer- und Kaiser zu überzeugen, hat sich nicht erfüllt. Noch ganz im de, dann bleibt mein Gewissen allein an Gottes Wort gebunden. Denken seiner Zeit gefangen, erklärt der Kaiser wenig später: Und darum kann und will ich nicht widerrufen. Hier stehe ich. „Es ist gewiss, dass ein einziger Bruder irrt, dessen Meinung ge- Gott helfe mir. Amen!“ gen die der gesamten Christenheit steht ... und ich bereue, dass Für das Verhältnis von Obrigkeit (Staat und Kirche) und ich nicht früher gegen seine falsche Lehre vorgegangen bin.“ Individuum bedeutet dieser Auftritt einen historischen Para- Hier allerdings irrt Karl V. Es passiert eben doch hin und digmenwechsel. Martin Luther lässt sich an diesem Tag vom wieder, dass eine Einzelne oder ein Einzelner eine Erkennt- herrschenden Machtapparat nicht mehr vorschreiben, was er nis hat (oder zumindest neu ins Gespräch bringt), die – auch zu tun, zu denken und zu sagen hat, sondern widersetzt sich. wenn alle Zeitgenossen anderer Meinung sind – wahr ist und Als Einzelner stellt er sich gegen ein System, das sich selbst zur die Kraft besitzt, die Gesellschaft zu erneuern. Die Widerrufs- alleinigen Instanz in Sachen „wahr“ und „unwahr“ erklärt hat. verweigerung Luthers in Worms etfaltet eine Sogwirkung, die Wer ist dieser Mann, der es wagt, derart selbstbewusst die nicht nur die Kirche reformiert. Und weil er in seinem Streiten Kirche herauszufordern? Nun, der Wagemut des Reformators für einen mündigen Glauben auch findet, dass jede und jeder ist natürlich auch seiner Biographie geschuldet: Jahrzehnte- das Recht hat, das Neue Testament selbst zu lesen (vorher lang hatte der Mann erlebt, dass ihm die von kirchlichen Ins- gab es fast nur Ausgaben auf Latein bzw. Griechisch, die aus- titutionen verkündete Wahrheit die Hölle auf Erden bereitete, schließlich von der Bildungs- indem sie ihm die Furcht vor der ewigen Verdammnis eintrich- elite gelesen werden konnten), terte! Aus Angst, für Gott nicht gut genug zu sein, ist Luther übersetzt Luther es ins Deut- ins Kloster eingetreten, aus Angst hat er versucht, dem Him- sche, während er sich auf der mel alles recht zu machen, und aus Angst hat er täglich seine Wartburg vor den Häschern 14 privaten Schutzheiligen angerufen. Bis ihm ein Bibelvers aus des Kaisers versteckt. Übrigens dem Römerbrief die Augen öffnet: „Der Gerechte lebt aus dem sehr unwillig, weil er der Über- Glauben!“ Sprich: Es geht gar nicht darum, was ein Mensch zeugung ist: Die Wahrheit soll- tut, sondern darum, was er glaubt, um seine Herzenshaltung. te man nicht verstecken. Und Und: Gottes Liebe kann man sich gar nicht verdienen, die be- auch nicht diejenigen, die sie kommt man geschenkt, einfach, wenn man sich ihr öffnet. Spä- aussprechen wollen. ter schreibt er über diesen befreienden Moment: „Da fühlte ich Dr. Fabian Vogt www.kirche-sittensen.de / www.punktsieben.de 15
Kinder Max und seine Freunde zu Besuch im Gemeindemagazin Die Kraft des Glaubens Der Wind frischt auf und Lisa, die einzuholen. Ganz außer Atem er- seid ihr ja.“ „Max“, ruft Lisa freudig, Tochter von Bauer Diercks, fröstelt klärt er ihr: „Sieh doch, es ist alles „schön, dass du auch schon da bist. leicht. „Ich glaube, sie hatten recht in Ordnung. Amelie ist in die Arme Heute ist die Abendfütterung etwas und wir müssen uns beeilen,“ meint deines Vaters gesprungen.“ Lisa früher.“ „Psst“, zischen Peggy und sie zu ihren beiden tierischen Freun- kommt ziemlich außer Atem zum Jakob fast gleichzeitig. „Nicht, dass den. Jakob, der kluge Esel, schnaubt Stehen. Sie holt erleichtert Luft und uns der Bauer noch hört und seine und das Schaf Peggy trippelt noch meint: „Man, was für ein Glück. Ich Flinte holt, um Max eins auf den Pelz ein bisschen schneller. „Wer hatte dachte schon, ich muss die Rettung zu brennen.“ Während sie alle in den recht?“ fragt Peggy neugierig. Lisa verständigen. Was für ein Schreck.“ Stall schlüpfen, meint Lisa nur kopf- antwortet: „Die vom Wetterdienst. Lisa lacht leicht hysterisch. „Papa, schüttelnd: „Schaut doch, der ist be- Sie haben für den frühen Abend Ge- Papa, noch mal,“ juchzt Amelie und schäftigt.“ Amelie wirft sich ein wei- witter mit heftigen Windböen vor- klettert schon wieder auf die Lade- teres Mal in die Arme ihres Vaters. her gesagt. Deshalb hole ich euch fläche. Und in diesem Moment fängt Die beiden sind ebenfalls nass bis auf jetzt schon von der Weide.“ Mit es an zu regnen. Lisa hebt erstaunt die Haut. Lachend machen sie sich der nächsten Windböe schallt ein den Kopf. auf den Weg ins Haus, denn es blitzt „Uuuiiihhh“ den Dreien entgegen. und donnert jetzt richtig heftig. Jakob lacht leise und meint: „Das Ein kräftiges Gewitter Jakob lacht nun auch, sodass seine hört sich nach Amelie an, die hat riesigen Ohren dabei lustig hin und wohl viel Spaß.“ Sie halten Ausschau, ist aufgezogen. her wackeln. „Was für ein Vertrauen! und Lisa hat ihre kleine Schwester Bei der ganzen Aufregung haben Ihr Vater wird sie schon auffangen“, schon entdeckt. Sie zeigt in die Rich- die drei nicht bemerkt, wie dunkel es meint er ganz versonnen. „Amelie tung, aus der das Freudengeschrei geworden ist. Tiefschwarze Wolken legt ihr Wohl ganz in die Hände ihres kommt. Plötzlich zieht sie die Luft hängen am Himmel. Diesmal kommt Vaters. Kein Zögern, kein Nachden- scharf ein und hält sich die Hand vor ein kleiner Schrei von Lisa. Sie, Jakob ken und auch kein Zweifel daran, den Mund. „Oh nein, sie wird doch und Peggy laufen so schnell sie kön- dass ihr Vater sie schon auffangen nicht …“ Amelie steht auf der Lade- nen in Richtung Stall. Beim Stall an- wird.“ Peggy seufzt ganz versonnen: fläche des großen Schleppers ihres gekommen sind sie alle nass bis auf „Was für ein Vertrauen!“ Jakob er- Vaters und springt ab. Lisa rennt die Haut. „Lisa, mach schnell die Tür klärt weiter: „Das erinnert mich da- los. Dabei fängt sie an nach ihrem auf “, kommt es zähneklappernd von ran, dass auch wir zu unserem Vater, Handy in ihrer Tasche zu kramen. Peggy, „mir ist furchtbar kalt.“ Plötz- dem Herrn, ein solches Vertrauen „Lisa, warte!“ kommt es schnaufend lich ist da ein Wispern. Leise kommt haben sollten, denn das ist die Kraft von Jakob, der Mühe gehabt hat sie aus der Buchsbaumhecke: „Hey, da des Glaubens!“ „Ist das nicht ein we- ? ?? ? Max Waschbär rätselt: … Brückenrätsel S PAR P AUS E N R E GAL DOS E Max ist verwirrt. Welches Wort passt hier sowohl zum ersten als auch zum zweiten vorgegebenen Wort? !!! LÖSUNGSWORT: HOFFNUNG B AR B A L L Bilde daraus sinnvolle Begriffe, wobei KLEINGELD – GELDSCHEIN KOPFKISSEN – KISSENSCHLACHT S E GE L FAHR T das fehlende Wort die Brücke bildet KIRCHTURM – TURMUHR ? und zu beiden Worten passen muss. S TANG E ?? HU F HUFEISEN – EISENSTANGE Ein Beispiel: SEGELSCHIFF – SCHIFFFAHRT K I R C H UHR BARFUSS– FUSSBALL FUSSBALL – BALLJUNGE. PAUSENBROT– BROTDOSE K OP F SC H LA C HT Die rosa unterlegten Buchstaben SPARBUCH– BUCHREGAL ergeben von oben nach unten ein RÄTSEL-LÖSUNG: K L E I N S C HE I N Lösungswort. Kannst du ihm helfen? 16 www.kirche-sittensen.de / www.punktsieben.de
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