Gemeindemagazin - Martin Luther: "Hier stehe ich " Ein Magazin über Gottvertrauen - luth. Kirchengemeinde Sittensen

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Gemeindemagazin - Martin Luther: "Hier stehe ich " Ein Magazin über Gottvertrauen - luth. Kirchengemeinde Sittensen
Gemeindemagazin
                   Ev.-luth. Kirchengemeinde Sittensen
                   Juni / Juli / August 2021
Foto: Sven Kahrs

                   500 Jahre nach seinem riskanten Bekenntnis
                   Martin Luther: „Hier stehe ich...“
                   Ein Magazin über Gottvertrauen
Gemeindemagazin - Martin Luther: "Hier stehe ich " Ein Magazin über Gottvertrauen - luth. Kirchengemeinde Sittensen
Andacht

                                          Manchmal lese ich über mich selbst, ich sei „wenig diploma-
                                         tisch“ oder hätte „immer wieder angeeckt“. Würde jemand
                                          meine Töchter fragen, hörte er: „Sie geht Konflikten eher aus

      „DAS,
                                          dem Weg.“ Für mich ist das interessant. Denn ich denke, meine
                                         Töchter haben recht. Ich bin eher dazu erzogen worden,
                                          Konflikte zu vermeiden. Meine Mutter mochte den Begriff
                                         „Protestanten“ nicht, weil sie protestieren irgendwie unziemlich
                                          fand. Und doch steckte auch in ihr etwas sehr Protestantisches,
                                          etwa weil sie überzeugt war, dass Frauen nicht auf Rollen fest-

       WAS
                                          gelegt werden dürften. Sie war Krankenschwester, hatte im
                                         Zweiten Weltkrieg in Berliner Krankenhäusern während der
                                          Bombennächte Dienst getan, wurde nach Rügen evakuiert,
                                          landete schließlich für zwei Jahre in einem Internierungslager
                                          in Dänemark, ohne zu wissen, ob ihre Eltern und Geschwister
                                          noch lebten. Ich denke, sie hat ihren Töchtern mitgegeben: Es
                                          gilt Haltung zu bewahren. Und: Am Ende hilft dir nur Gottver-

     TRÄGT“
                                         trauen. So findest du Kraft in den Herausforderungen, die das
                                          Leben mit sich bringt.
                                              Als ich mich entschlossen habe, Theologie zu studieren,
                                         wurde das in der Schule belacht: Pfarrerin, du? Mich hat das
                                          irritiert. Aber mir war klar: Das ist das, was ich wirklich gern
                                         tun würde. Nach meinen Auseinandersetzungen mit der Bibel
                                          habe ich nicht gesehen, dass irgendetwas dagegenspricht.
                                              Meine Familie entstammte der SELK, die Frauenordination
                                          ablehnt. Als ich ordiniert wurde und kritische Stimmen in der
                                          Familie laut wurden, sagte meine Großmutter: „Wem der liebe
                                          Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch die Kraft, es auszufüllen!“ Ich
                                         war beeindruckt! Gottvertrauen hat meine Großmutter immer

   Wie entsteht                           ausgestrahlt. Sie hatte den Ersten Weltkrieg erlebt, die Inflation,
                                          den Zweiten Weltkrieg, musste alles zurücklassen, als sie sich nach
                                          der Deportation ihres Mannes mit ihrer Tochter und drei kleinen

 Gottvertrauen?
                                          Kindern 1946 auf den Weg zu ihrer Schwester in Hessen machte.
                                         Als ich Kind war, schmetterte sie beim Gulaschkochen: „Befiehl du
                                          deine Wege“ oder „Wer nur den lieben Gott lässt walten“. Bevor
                                          ich das theologisch reflektiert habe, hat sich bei mir festgesetzt:
                                          Im Leid klagst du nicht, dass Gott dich verlassen hat. Sondern du
                                          dankst Gott für die Kraft, mit dem Leid zu leben.
                                              Ich denke, das Gottvertrauen meiner Mutter und meiner
                                          Großmutter hat mich geprägt. Als Pfarrerin lag mir viel daran,

MARGOT KÄSSMANN meint,                    dieses Gottvertrauen weiterzugeben. Mir sind die tiefsten
                                          Komponenten meines Berufes Verkündigung und Seelsorge.

   man könne es auch erben.              [...] Gottvertrauen in schweren Zeiten zu vermitteln, darum ging
                                          es mir auch beim Gottesdienst am Abend des 11. September
                                         2001. Die Marktkirche war voll, obwohl es ja gar kein regulärer
                                         Termin war. Eine Frau sagte mir: „Ich habe die Glocken läuten
                                          hören und da dachte ich: Die Bischöfin kann meine aufge-
                                         wühlte Seele vielleicht beruhigen.“ Das ist ein hoher Anspruch.
                                         Aber zu sagen: Gott ist da, auch jetzt, keine Angst – das ist
                                          doch die Aufgabe in so einer Situation. Ich denke an ein Busun-
                                          glück in der Nähe von Hannover. 20 Menschen verbrannten,
                                          darunter eine 13-Jährige, die mit den Großeltern unterwegs
                                         war. Im Gottesdienst am Abend saßen neben Rettungs-kräften,
                                         Angehörigen, Trauernden zwei Reihen Mädchen und Jungen
                                          aus ihrer Schulklasse, schluchzend, erschüttert, verloren. Ihnen
                                          Gottvertrauen zu vermitteln war mir wichtig. Und da helfen

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Andacht

dann eben auch die alten Texte, die zu uns sprechen, wenn wir        tragen wird, „bis dass der Tod uns scheidet“. Das tut weh. Und es
selbst keine angemessenen Worte finden: „Und ob ich schon            wird nicht besser dadurch, dass andere meinen, darüber urteilen
wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist     zu dürfen. „Der Wolken, Luft und Winden, gibt Wege, Lauf und
bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich ...“ 2009 dann der       Bahn, der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann“ –
Suizid von Robert Enke. Hannover, ja der DFB, alle Fußballfans       der Liederdichter Paul Gerhardt hat mir immer wieder geholfen,
waren erschüttert. Kurz zuvor hatte ich ein Buch über Arno           mein Gottvertrauen zu singen. Seine Lieder sind Pfeiler gegen
Pötzsch gelesen. Und ich habe in meiner Ansprache am Abend           Angst und Verzweiflung.
danach in der Marktkirche seinen Liedvers zitiert: „Du kannst             Mit Martin Luther habe ich mich nicht erst als Reformations-
nie tiefer fallen als in Gottes Hand.“ Noch Jahre später wurde       botschafterin intensiv auseinandergesetzt. Ich habe seine prob-
ich von Fußballfans darauf angesprochen. Das habe sie berührt,       lematische Seiten, seinen Antijudaismus, seine gewalthaltige
getröstet. So konnten sie sich in ihrer Trauer gehalten wissen.      Sprache, seine Sprüche über Frauen nie geleugnet, ja offensiv
Monate später war ich selbst in einer heftig herausfordernden        thematisiert. Aber dieses Gottvertrauen vor dem Reichstag in
Situation. Nach einer Autofahrt unter Alkoholeinfluss war mein       Worms beeindruckt mich bis heute. Ob er nun gesagt hat „Hier
Gesicht auf Seite 1 aller Tageszeitungen abgedruckt. Der Satz        stehe ich. Ich kann nicht anders! Gott helfe mir. Amen“, ist nicht
von Arno Pötzsch hat mir viel bedeutet. Mir war klar: Alle, die      belegt. Aber diese Haltung muss er ausgestrahlt haben. Und es
mich nicht mögen, mich kritisieren, haben jetzt ihre Sternstunde.    war nicht einfach eine Pressekonferenz, auf der er das gesagt
Angriffe, Spott und Häme hatte ich ja bereits kennengelernt als      hat. Es ging im wahrsten Sinne des Wortes um sein Leben. Er
Person in der Öffentlichkeit. Aber an diesem Morgen in meiner        wusste das sehr wohl.
Küche mit meiner jüngsten Tochter, als ich entschieden habe,              Aber ich möchte Gottvertrauen nicht nur in Krisenzeiten
zurückzutreten, habe ich auf einmal mitten in all dem Chaos          sehen. Was für ein wunderbarer Ritus, wenn wir in der Taufe ein
eine tiefe Ruhe gespürt. Ja, ich habe einen Fehler gemacht. Ja,      Kind Gott anvertrauen. Wie schön, wenn ich in einem Glücks-
andere haben das Recht, darüber zu urteilen. Aber mein Leben         moment innerlich rufe: „Danke, lieber Gott!“ Und das tue ich.
rechtfertigt sich nicht dadurch, dass ich alles richtig mache.       [...] Glaube ist ein Gefühl und eine Überzeugung zugleich. Wir
Sondern dadurch, dass Gott mich hält und trägt und tragen            praktizieren unsere Religion in Ritualen, sie gibt uns Orientie-
wird, auch durch diese scheußliche Situation.                        rung durch die Schriften, in denen von den Gotteserfahrungen
   Mich haben stets die biblischen Geschichten am meisten            unserer Väter und Mütter im Glauben erzählt wird. So üben wir
berührt, in denen Menschen nicht einfach nur grandios waren.         uns ein in Gottvertrauen von Kindheitstagen an. Und wir dürfen
Mose war ein Mörder, bevor er Anführer wurde und sein Volk           denken, fragen, ringen um dieses Gottvertrauen. Wir erleben
den weiten Weg durch die Wüste leitete. Lea und Rahel haben          Zeiten des Zweifelns und Zeiten von Mut und Klarheit. Ich bin
sich als Schwestern heftig bekämpft und haben sich doch als          dankbar für das Gottvertrauen, das ich erleben darf. Es ist zum
Mütter tief in den Herzen der Menschen verankert. Petrus hat         Teil sicher „ererbt“ von meiner Mutter, meiner Großmutter. Es
Jesus verleugnet, kaum war der verhaftet. Maria Magdalena, eine      speist sich aus den biblischen Geschichten unserer Väter und
schillernde Figur – sie hat Jesus geliebt und er wies sie nicht      Mütter im Glauben. Und es hat sich in meinem Leben immer
zurück. Paulus hat Christen verfolgt, bevor er selbst Apostel        wieder als real, wirklich, ermutigend erwiesen. Das möchte ich
wurde. Die Bibel ist voller Geschichten von Menschen und ihrem       nun selbst als Mutter und Großmutter den nachwachsenden
Ringen, ein gutes, „richtiges“ Leben zu führen. Am Ende wird         Generationen gern weitergeben …
deutlich, dass es allein Gottvertrauen ist, das sie trägt.
   Manchmal im Leben habe ich Angst vor der eigenen Courage
gehabt. Beispielsweise: Kandidieren für das Amt der Landesbi-
schöfin von Hannover? Wie kann ich das wagen? Und dann ist
da diese Stimme, die mir sagt: Du bist ja gefragt worden. Jetzt
vertrau darauf, dass Gott den Weg mit dir geht, so oder so. Und
wenn andere gegen dich hetzen und dich beleidigen, findest
du Schutz und Schirm, wenn du dich Gott im Gebet anver-
traust. Bei Konfirmationen habe ich das Jugendlichen immer
ganz bewusst zugesagt: „Schutz und Schirm vor allem Bösen,
Stärke und Hilfe zu allem Guten“[...]
   Ich bin dankbar für dieses Gottvertrauen, das mir meine Mütter
und Väter im Glauben über die biblischen Texte und ihr gelebtes
Leben vermittelt haben. Es hat mir im Leben immer wieder Halt
und Haltung gegeben. Das war auch so, als ich eine Krebsdia-         Dr. Margot Käßmann war EKD-Ratsvorsitzende und Botschafterin für
gnose erhielt. Wenn ich glaube, dass Gott bei mir ist im Leben,      das Reformationsjubiläum 2017. Dieser Text ist eine gekürzte Fassung
im Sterben und darüber hinaus, dann kann ich sie annehmen –          aus der EKD-Broschüre: Gewissen befreien. Haltung zeigen. Gott
ergebnisoffen. So schwer das im ersten Moment auch ist. Das war      Vertrauen. Luther vor dem Wormser Reichstag. Das Themenheft zum
so, als ich mich der Tatsache stellen musste, dass meine Ehe nicht   500. Jubiläum * 1521–2021

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Inhalt

                        Gemeindemagazin                                                            IN DIESER AUSGABE:
                        Ev.-luth. Kirchengemeinde Sittensen
                        Juni / Juli / August 2021                               Andacht zum Titelthema von Dr. Margot Käßmann                                     S. 2–3

                                                                                Impressum                                                                             S. 4

                                                                                Gemeindebericht von Pastor Sven Kahrs                                             S. 5–6

                                                                                Wie geht es weiter mit der Kirchenmusik in Sittensen?                                 S. 7

                                                                                Eindrücke vom Digitalen Kreuzweg                                                  S. 8–9

                                                                                Aktion Brieffreundschaft – ein Zwischenstand                                    S. 10–12
    Foto: Sven Kahrs

                        500 Jahre nach seinem riskanten Bekenntnis
                        Martin Luther: „Hier stehe ich...“                      Achtung Baustelle! Das ist los in der KiTa Himmelszelt                               S. 13
                        Ein Magazin über Gottvertrauen

    Vor vier Jahren haben evangelische
                                                                                Mittendrin: Eine Sternstunde der Reformation                                    S. 14–15
    Kirchengemeinden in ganz Deutsch-
    land ein großes Reformationsjubiläum                                        Geschichten, Rätsel und Angebote für Kinder –
                                                                                diesmal über die Kraft des Glaubens                                             S. 16–17
    gefeiert – auch wir in Sittensen. An-
    lass war der 500. Jahrestag der Veröf-
                                                                                Angebote für Jugendliche                                                        S. 18–19
    fentlichung der 95 Thesen von Martin
    Luther. Das war aber nur der Beginn
                                                                                Unsere Geburtstagsjubilare ab 75 Jahre                                          S. 20–21
    eines großen Erneuerungsprozesses
    für die Kirche, den die „alten“ Kräfte
    nicht kampflos geschehen ließen. Da-
                                                                                Fürbitten: Aus Freud und Leid unserer Gemeinde                                       S. 22
    ran und an ein weiteres historisches
    Datum erinnert die Evangelische Kir-                                        Unsere Medientipps zum Thema Gottvertrauen                                           S. 23
    che in Deutschland (EKD) im Jahr 2021:
    Was 1521 auf dem Reichstag in Worms                                         Schätze unserer Gemeinde: Das Christus-Gemälde wird restauriert                 S. 24–25
    geschah und was wir daraus lernen
    können, darum geht es in dieser Aus-                                        Unter Vorbehalt: Kommende Angebote                                              S. 26–28
    gabe unseres Gemeindemagazins. Für
    dieses Titelthema hat die EKD zwei                                          Gottesdienste und Veranstaltungen                                                    S. 29
    Texte aus einer Broschüre beigesteu-
    ert: S. 2–3 und 14–15. Und auch die                                         Ansprechpartner                                                                      S. 30
    Gemeindemagazin-Redak­tion trägt et-
    was dazu bei: S. 16–17, S. 23                                               Mit dem Fahrrad nach Fehmarn                                                   Rückseite

                          Wir bitten darum, Veranstaltungshinweise und Themenvorschläge spätestens bis zum 23. Juli 2021
                       ­anzukündigen. Autoren senden uns fertige Texte samt Bildmaterial für die kommende Ausgabe bitte bis
                                                                 zum 30. Juli 2021.
                                                                                            Impressum:
                                                          Hrsg: Kirchenvorstand der Ev.-Luth. Kirchengemeinde Sittensen, Kirchenweg 6, 27419 Sittensen.
                                                                         Das Gemeindemagazin erscheint jeden dritten Monat kostenlos.
     Layout und Druckvorstufe: Stefan Vajen (stefan.vajen(at)live.de) · Redaktionskontakt: Johannes Freytag, E-Mail: Johannes.Freytag(at)gmail.com
                                                                  oder 04282/5930062
                                                                                   Auflage: 4.965 Stück · Druck: Hesse, Stade.
                                                    Redaktion: Michael Brandt, Susanne Eicker, Johannes Freytag, Jellie Rösel, Astrid Stein, Sabrina Warratz.
                          Bitte beachten Sie: Namentlich gekennzeichnete Artikel sind Meinungsäußerungen und spiegeln als solche nicht die Auffassung der Redaktion
                                                                               oder der Kirchengemeinde wider.

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Gemeindemagazin - Martin Luther: "Hier stehe ich " Ein Magazin über Gottvertrauen - luth. Kirchengemeinde Sittensen
Gemeindebericht

Digitale KV-Sitzung

Liebe Leserin, lieber Leser des Gemeindemagazins!
Niemand von uns kann in die Zukunft sehen. Zum Glück! Ob              Wenn wir schon nicht in die Zukunft sehen können, dann
und wie Veranstaltungen unserer Kirchengemeinde in diesem          nehmen wir uns doch Zeit für den Blick zurück. Und da haben
Sommer stattfinden und aussehen werden, das steht zum Re-          wir ja auch reichlich Grund zum Danken – z. B. für die Spenden,
daktionsschluss noch nicht fest. Gerade wird wieder fleißig über   die uns seit Ende September letzten Jahres im Rahmen der Ak-
Lockerungen debattiert. Der Stand der Impfungen gibt einen         tion „freiwilliger Kirchenbeitrag“ erreicht haben. 38.115,- Euro
Grund zur Hoffnung. Gleichzeitig steht uns das Leid z. B. der      sind für unsere Gemeindearbeit gespendet worden. Mithilfe
Menschen in Indien vor Augen, die besonders schwer mit den         dieses Geldes können wir unsere technische Ausrüstung erwei-
Auswirkungen einer gefährlichen Mutation des ­Corona-Virus         tern, um uns mit unseren Gottesdiensten noch besser im In-
kämpfen. Es trifft wie immer die Ärmsten der Armen. Auch in        ternet zu präsentieren. Auch einen Teil unserer Personalkosten
Kenia, wo wir weiterhin mit der Arbeit des Missionswerkes Di-      können wir damit finanzieren. Wir sagen allen Spenderinnen
guna und „unserem“ Missionar Lukas Rösel und seiner Familie        und Spendern von Herzen Danke!
verbunden sind. Bei allem Klagen und allen Auseinanderset-            Über Ostern und in den anschließenden Wochen hatten wir
zungen über den richtigen Umgang mit der Pandemie in un-           im Kirchenvorstand entschieden, die Präsenzgottesdienste aus-
serem Land: Verschließen wir nicht die Augen vor Armut und         zusetzen. Mit dieser Entscheidung haben wir es uns nicht leicht
Hunger in vielen anderen Teilen dieser Welt!                       gemacht und ausführlich in einer unserer Online-Sitzungen da-
                                                                                       rüber diskutiert. Als Alternative haben wir
                                                                                       z. B. für den Gründonnerstag ein „Abend-
                                                                                       mahl zuhause“ angeboten. In vielen Häusern
                                                                                       wurde es um 19 Uhr oder etwas später ge-
                                                                                       feiert. So waren wir trotz aller Trennung als
                                                                                       Gemeinschaft bei Brot und Traubensaft (oder
                                                                                       Wein) verbunden.
                                                                                          Und einige Tage später fanden dann etwa
                                                                                       600 Besucherinnen und Besucher innerhalb
                                                                                       einer Woche den Weg in den „Ostergarten“ in
                                                                                       unserer Kirche. Das war ein ganz besonderes
                                                                                       Erlebnis und lud dazu ein, sich der Botschaft
                                                                                       von der Auferstehung ganz neu zu nähern.
                                                                                       Ein ganz großer Dank geht an das Team,
                                                                                       dass sich dem Auf- und Abbau gewidmet hat,
                                                                                       selbstverständlich unter strenger Einhaltung
                                                                                       sämtlicher Abstands- und Hygieneregeln!

„Abendmahl zuhause“.                                                                  Bitte auf der nächsten Seite weiterlesen!

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Gemeindebericht

Ostergarten

   Zum Gottesdienst laden wir jetzt übrigens wieder unter frei-    sionsfeste auch in diesem Jahr ausfallen müssen. Kontaktbe-
em Himmel ein, wenn das Wetter es nur irgendwie zulässt. Wir       schränkungen, begrenzte Sitzplätze und nicht zuletzt auch der
haben damit im letzten Jahr gute Erfahrungen gemacht und           Schutz auswärtiger Referentinnen und Referenten sind für diese
können so im besten Sinne „aufatmen“. Auch weitere Veranstal-      Entscheidung maßgeblich. Nach wie vor gilt, dass wir aufein-
tungen planen wir unter freiem Himmel bzw. im Zelt. Und für        ander Rücksicht nehmen und uns und andere schützen wollen!
die Konfirmationswochenenden hoffen wir natürlich darauf,             Was wird uns also dieser Sommer bringen, für jeden und jede
dass alles so stattfinden kann wie im letzten Jahr, mit mehreren   Einzelne und für uns als Gemeinde? Wir wissen es nicht und
kleinen Gottesdiensten ausschließlich für die Konfirmandin-        dürfen es getrost in Gottes Hand legen. Vielleicht mit diesen
nen und Konfirmanden und ihre Eltern.                              Worten von Paul Gerhardt: „Gib, dass der Sommer deiner Gnad
   Trotz allem, was möglich ist, muss an dieser Stelle auch ge-    in meiner Seele früh und spat viel Glaubensfrüchte ziehe!“
sagt werden, was eben (noch) nicht geht. So werden die Mis-                      Mit sommerlichen Grüßen, Ihr Pastor Sven Kahrs

Open-Air-Gottesdienst

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Aktuelles

Interview mit Olga Chumikova
Seit 2014 arbeitet Olga Chumikova in unserer Kirchengemeinde. Angefangen hat alles während ihres Studiums an der
Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. Damals lebte sie bereits in Sittensen und wollte eigentlich nur in unserer Kirche
an der Orgel üben. Wir waren gleichzeitig auf der Suche nach einer neuen musikalischen Begleitung für unsere Gottesdienste.
Was für eine Fügung! Es ging dann los mit einigen Stunden in der Woche für die Musik in Gottesdiensten und Andachten. Diese
Stunden konnten durch ein landeskirchliches Projekt zur Förderung des kirchenmusikalischen Nachwuchses aufgestockt werden.
Fünf Jahre lang unterrichtete Frau Chumikova Schülerinnen und Schüler an Orgel und Klavier. Seit dem 1. April dieses Jahres kann
sie sich nun mit einer halben Stelle auf die Kirchenmusik in unserer Gemeinde konzentrieren. Ein Stellenanteil ist dabei wiederum
für fünf Jahre befristet für die Erprobung neuer Projekte und Ideen.
Wie geht es weiter mit der Kirchenmusik in Sittensen? Pastor Sven Kahrs hat Olga Chumikova dazu befragt:
Liebe Olga, auch, wenn's komisch klingt: Wir sagen noch ein-
mal ganz herzlich „Willkommen“ und freuen uns, dass Du
weiter als Kirchenmusikerin in unserer Gemeinde aktiv bist –
jetzt mit einem größeren Stellenanteil. Woran erinnerst Du
Dich eigentlich besonders gerne, wenn Du an Deinen Start in
Sittensen vor sieben Jahren zurückdenkst?
Sittensen war meine erste feste Stelle in Deutschland. In Russ-
land hatte ich bereits einige Erfahrungen an der deutschen
Kirche in St. Petersburg sammeln können und in Hamburg
recht zahlreich Vertretungen gespielt. Bis ich nach Sittensen
kam, war ein normaler Gottesdienst für mich das Musizieren
vor einigen wenigen Gemeindemitgliedern. Ich war schon sehr
beeindruckt, was Gemeindeleben und Gottesdienst in Sittensen
bedeutet und wie sehr es sich von dem unterschied, was ich da-
mals als Normalität kannte.                                       in größeren Gruppen gesungen werden darf und damit meine
Auf welche „Highlights“ der letzten Jahre blickst Du am liebs-    Arbeit mit der Kantorei seit mehr als einem Jahr weitestgehend
ten zurück?                                                       ruht. Das Singen im Chor ist aber mit Sport vergleichbar. Regel-
Da muss ich zunächst auf meine vorige Antwort zurückkom-          mäßiges Trainieren ist das A und O. Wir werden also, wenn es
men. Als Organistin vor so zahlreichen Zuhörern zu spielen ist    wieder losgeht, nicht sofort an dem Leistungsstand anknüpfen
und bleibt ein regelmäßiges Highlight. Wenn ich aber an einen     können, den wir im März 2020 hatten.
bestimmten Tag oder ein spezielles Projekt denke, komme ich       Du kennst eine Menge herausragender Musikerinnen und
natürlich immer wieder auf den Konzertabend der Kantorei im       Musiker, die uns bereits in vielen „Abendmusiken“ und Got-
Advent 2018 mit Werken von Vivaldi zurück. Das war für mich       tesdiensten begeistert haben. Viele sind ja freiberuflich tätig.
ein besonderes Erlebnis. Die Reaktion des Publikums und vie-      Wie geht es ihnen während dieser Pandemie?
le positive Gespräche mit Gemeindemitgliedern im Anschluss,       Für Musiker ohne feste Anstellung ist die Pandemie eine
waren dann Belohnung für den Chor und mich für eine sehr          wirtschaftliche Katastrophe. Auch psychisch ist es eine harte
intensive Probenarbeit.                                           Prüfung. Diese Menschen werden schuldlos zur Untätigkeit
Was macht die Arbeit in der Kirchengemeinde Sittensen be-         gezwungen und erhalten keine oder nur geringe Hilfe von staat-
sonders?                                                          licher Seite. Mir sind Kollegen bekannt, denen es finanziell gut
Die Sittenser☺                                                    ging und die nun von Hartz IV leben müssen. Mit allen Konse-
   Sittensen ist eine starke Gemeinde mit vielen Traditionen      quenzen, wie z. B. dem vorrangigen Verkauf von Haus und Hof.
und trotzdem der Zukunft zugewandt. Das ist wirklich selten       Für viele Kollegen ist der Druck immens.
und macht die Arbeit zu etwas Besonderem.                         Wagen wir einen Blick voraus: Welche Pläne und Ideen hast
Was waren und sind die größten Herausforderungen für die          Du? Und wenn Träumen erlaubt wäre: Von welchen musikali-
Kirchenmusik unter Corona-Bedingungen? Was ist gelungen?          schen Projekten in Sittensen träumst Du?
Was hat nicht so gut geklappt?                                    Musikalische Erlebnisse und Erfahrungen sind analog und so
Ähnlich wie in anderen Lebensbereichen ist die kirchenmusika-     verstehe ich auch meine Arbeit. Ich wünsche mir, wieder unein-
lische Arbeit durch die Pandemie nicht wirklich planbar, da die   geschränkt mit Menschen für Menschen musizieren zu können,
Pläne von heute morgen schon wieder Makulatur sind. Ich ver-      mit meiner Kantorei spannende Konzerte zu erarbeiten, neue
suche so gut wie möglich damit umzugehen und möglichst fle-       Gemeindeprojekte umzusetzen und mit meinen freischaffenden
xibel zu agieren. Obwohl deutlich weniger Präsenzgottesdienste    Kollegen unsere Abendmusik wieder aufleben zu lassen.
stattfinden, ist mein Arbeitsaufwand tatsächlich gestiegen, da       Ein besonderer Wunsch wäre aber die Leitung einer kam-
zahlreiche Werke für die Onlinedienste der Gemeinde einge-        mermusikalischen Instrumentalgruppe mit eigenen, spannen-
spielt werden müssen. Aber die Abstimmung mit Mitarbeitern        den Einsatzmöglichkeiten.
und Helfern ist sehr gut. Dies macht es mir leicht meine Aufga-   Wir freuen uns, dass Du da bist und wünschen Dir weiter
be zu erfüllen. Was ich aber sehr bedaure ist, dass nicht mehr    Gottes Segen für Deine Arbeit!

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Aktuelles

Kreuz weg oder Kreuzweg!? Digitales Angebot für Jung und Alt
So haben wir den digitalen Kreuzweg in der Presse beworben. Nun ist beides weg: Das Kreuz steht schon lange nicht
mehr auf Golgatha, und das digitale Angebot, dem Weg Jesu an das Kreuz und bis hin zu seiner Auferstehung zu folgen
ist auch nicht mehr zu finden. Was bleibt, sind die Eindrücke, der Menschen die sich auf den Weg gemacht haben.
                   Am Anfang des Weges sind sie Bartimäus be-         blieben. Was wegging, war
                   gegnet. Der blinde Bettler wendet sich an Je-      die Furcht. Geblieben ist die
                 sus, der schon mit den Gedanken in Jerusalem         Gewissheit, dass sein Vater
                  ist. Jesus sieht ihn zunächst nicht, aber er hört   ihn durch das kommende
                   ihn. So konnte man am Gemeindehaus einen           Leiden hindurchführt.
                     Eindruck von Bartimäus gewinnen und                 Für diejenigen, die sich
                     dem nachspüren, wie es ist blind zu sein.        mit auf den „Kreuzweg“
                     Gut, dass Jesus einen Blick für Menschen         gemacht haben, gab es die
                    hat und ein Ohr für ihre Rufe.                    Anregung, über die eigenen
                         Der Weg führte weiter zum „Anzie-            Gebetsanliegen nachzuden-
                       hungspunkt“. Hier konnte man Jesus vor         ken. Was macht uns Sorge,
                         die Füße werfen, was man hatte, ähnlich      Not und Angst, und was
                         wie es die Menschen bei Jesu Einzug in       macht uns dankbar? Für das
Jerusalem mit ihren Kleidern taten. Dabei sind auch schöne            Schwere im Leben galt es einen Stein zu suchen und für das Schöne
bunte Bilder auf dem Hof des Anziehungspunktes entstanden.            eine Blume. So wurde der Garten zum Ort der Begegnung mit Gott.
   Neben dem Bibeltext gab es auch noch was auf die Ohren, wenn          Vom Garten brach Jesus mit seinen Jüngern auf, um seiner Be-
man wollte. Ein Jubellied aus dem Internet konnte auf dem Weg         stimmung entgegenzugehen. „Der Verrat des Judas“, so wird die
                                                                      Szene oft genannt, in der Ju-
                                                                      das den Soldaten zeigt, wen
                                                                      sie festnehmen sollen. Ein
                                                                      Ausschnitt aus unserem
                                                                      Altarbild, an dem Judas
                                                                      mit am Abendmahlstisch
                                                                      sitz, wurde zur Einladung,
                                                                      über die eigene Beziehung
                                                                      zu Gott und Jesus nachzu-
                                                                      denken. Einige der Rück-
                                                                      meldungen zu unserem
                                                                      Kreuzweg haben diese Sta-
                                                                      tion als die eindrücklichste
                                                                      beschrieben. Der Weg führ-
                                                                      te zum Fischteich mit dem
                                                                      Hinweis, dass manches im
                                                                      Leben sprichwörtlich im
                                                                      Teich landet.
zur nächsten Station angehört werden. Jesus zeigte seinen Jün-           Nicht nur für die Kinder war die Frage bestimmt, was eine
gern, was er von ihnen erwartete. Sie sollten sich nicht als etwas    Freundschaft ausmacht und wie man damit umgehen kann,
Besseres aufspielen, sondern den Menschen dienen, so wie er es        wenn es in einer Freundschaft zu Enttäuschungen kommt.
tat. Am Brunnen auf dem Marktplatz konnte man das erfrischen-            Judas war der Täuschung aufgesessen, dass der Messias mit
de Wasser selber erspüren. Die Frage, wie man anderen mit sei-        einem Schwert in der Hand die Feinde aus dem Land vertreibt.
nen eigenen Gaben eine Erfrischung in ihrem Leben sein könnte,        Seine „Ent“täuschung war im Nachhinein etwas positives. Mit
war der Begleiter zum nächsten Schauplatz der Geschichte.             ihm und durch ihn können wir entdecken, dass der Messias ge-
   So wurde das Kriegerdenkmal im Dionysiuspark zum Garten            kommen ist, um das Leben zu bringen. Da kann er das Schwert
                              Gethsemane. Hier wird von der           nicht gebrauchen.
                              Anfechtung berichtet, die Jesus            Jesus blieb nichts erspart. Auch sein
                              selbst erlebt hat. Das macht ihn        größter Befürworter Petrus wurde zu ei-
                              ja so menschlich, dass ihm auch         nem Leugner. Ihn quälte lange Zeit sein
                              solche Gedanken nicht fremd             schlechtes Gewissen. Er hatte keine Gele-
                              sind, einfach alles wegbeten, was       genheit mehr, Jesus zu erklären, warum er
                              im Leben schwierig ist.                 nicht zugegeben hat, zu Jesus zu gehören.
                                 Doch das Schwierige ist nicht        Ob er seitdem bei jedem Hahnenschrei an
                              weggegangen. Es ist ganz real ge-       diese Nacht denken musste?

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Aktuelles

    Am Gemeindehaus der Freien evangelischen Gemeinde konnte           Durch seine Auferstehung endet Jesu Kreuzweg nicht am Kreuz,
auf dem Kreuzweg ein Stein eingesammelt werden. Er war Zeichen         sondern im ewigen Leben. So ist unser Friedhof auch voller Hoff-
für das, was die Beziehung zwischen Menschen und die Beziehung         nungszeichen. Die galt es auf dem Kreuzweg zu entdecken. Und
zu Gott belasten kann. Dieser Stein sollte uns auf dem Rest des        manches Grab hat vielleicht ein neues Hoffnungszeichen erhal-
                            Kreuz­weges begleiten. Dabei war er eine   ten. Jedenfalls war man aufgefordert, das gebastelte Kreuz an
                            Hilfe, das zu formulieren, was uns in      einem Grab eines Familienmitgliedes als Hoffnungszeichen auf
                            unseren Beziehungen hindert, frei und      die Auferstehung der Toten abzulegen. Wer weiß, vielleicht ent-
                            offen zueinander zu stehen.                decken die Leserinnen und Leser dieses Berichtes ja eines dieser
                               Jesus hatte auch keine Gelegenheit      Kreuze bei ihrem nächsten Rundgang über den Friedhof?
                            mehr, vor seinem Tod mit Petrus zu            Hier hätte der Kreuzweg enden können, aber da war doch noch
                            sprechen. Der Kreuzweg führte zum          etwas... Petrus und Jesus, die Geschichte war noch nicht zu Ende.
                            Rodelberg, dem „Golgatha“ in Sitten-       Nach der Auferstehung begegnet Jesus seinen Jüngern noch mal
                            sen. Neben der Geschichte von der          am See. In Sittensen musste dafür der Mühlenteich herhalten.
                            Kreuzigung gab es die Möglichkeit,         Hier haben die beiden die Gelegenheit, sich auszusprechen. Sie
                            selbst ein kleines Kreuz zu basteln. Ein   kommen wieder miteinander ins Reine. Das, was zur Belastung
Bild vom Kreuz, den Nägeln und der Dornenkrone lud dazu ein,           geworden war, konnte aus dem Weg geräumt werden.
darüber nachzudenken, was in unserem Leben dornig ist, was uns            Bei der FeG kam ein Stein als Last mit auf den Weg. Hier am
das Leben vernagelt oder unser ganz persönliches Kreuz im Leben        Mühlenteich konnte er im Teich versenkt werden. Ein klärendes
ist. All das hat Jesus schon längst mit an sein Kreuz genommen.        Gespräch unter Freunden kann so entlastend sein. Wir hoffen,
    Der Friedhof ist der Ort, an dem unsere Toten zur Ruhe kom-        dass die Erfahrungen derjenigen, die sich auf den „Kreuz“-Weg
men. Jesus wurde auch in ein Grab gelegt. Doch sein Grab war am        gemacht haben, ebenfalls befreiend waren und dass sie Kreise
dritten Tag nach seinem Tod leer. So wird der Friedhof nicht nur       ziehen, wie die Wellen, die der Stein im Mühlenteich hinterlas-
zum Ort der letzten Ruhe, sondern auch zu einem Hoffnungsort.          sen hat.                                        Jochen Gessner

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Aktuelles

Aktion Brieffreundschaft

„Mein Briefschlitz ist hungrig!“, so schreibt eine Teilneh-          höher sein. Zahlreiche Rückmeldungen sind per Telefon oder
merin an der Aktion in ihrem Antwortschreiben. Zum Glück             auch an der einen oder anderen unserer Haustüren eingegan-
konnte das Angebot vom »Team Haus des Lebens« da Abhilfe             gen. Meist waren es dankbare Menschen, die leider nicht mehr
schaffen. Auch wir als Team hatten Appetit auf diese Aktion.         schreiben können, sich aber sehr über den persönlichen Brief
Leider ließen zuerst der Datenschutz und dann die veränderten        gefreut haben. Dafür sagen wir von Herzen DANKE!
Pandemiebedingungen für uns die Durchführung erst mal zu                Es gab aber auch kritische Stimmen. Es kamen Anfragen zur
einer Durststrecke werden. Doch es hat sich gelohnt, dass wir        Auswahl der vorgeschlagenen Themengebiete und auch an das
durchgehalten haben.                                                 Medium Brief, das nicht allen Menschen zugänglich ist. Daraus
   „Ik hef nu ejin Brieffrünn!“ So schallt es Gisela entgegen, als   hat sich eine Brieffreundschaft der elektronischen Art entwi-
sie durch den Ort geht. Sie gehört mit Birgit, Jellie und Jochen     ckelt. Die steile These in unserem Anschreiben hat also voll ins
zum „Aktionsteam Brieffreundschaft“. Es ist schon erstaunlich,       Schwarze getroffen: Wer schreibt, der bleibt! – in Kontakt!
dass man im Zeitalter der Digitalisierung mit dem alten Me-                       Manch einer brauchte noch ein bisschen Mut, um
dium Brief neue Freuden auslösen kann.                                                sich für die Aktion zu erwärmen. „Ich weiß gar
   Das „Haus des Lebens“ ist ja immer noch kein                                        nicht, was ich einem fremden Menschen schrei-
festes Haus, in dem man sich treffen kann. Ge-                                             ben soll!?“ gab jemand im Gespräch zu. Gut,
rade weil die leibhaftigen Treffen in einer Pan-                                           dass man bei einer Brieffreundschaft nicht
demie gemieden werden sollen, erschwert                                                   alleine bleibt. Den Mut zum Mitmachen
uns das als Team die Arbeit umso mehr, dem                                                bekam die Person, als ich ihr vorgelesen
„Haus des Lebens“ einen Ort zu geben. Dafür                                               habe, was auf einem Rückmeldebogen stand:
haben sich durch unsere Aktion aber einige                                                   „Hallo unbekannter Brieffreund/in, ich
andere Türen geöffnet. Für uns hat sich                                                         hoffe, dass wir uns gut verstehen
die Arbeit in der Vorbereitung gelohnt.                                                            werden, um eine Freundschaft
Nicht nur die rechtlichen Fragen mit                                                                 zu bilden. Erzähl mal was von
dem Datenschutz waren zu klä-                                                                         Dir! Ich fang‘ an, okay? Also,
ren, auch die Logistik mit all den                                                                     ich bin...“. So einfach kann
Adressen und Briefen und den                                                                             es gehen, miteinander in
Verteilern war eine echte Her-                                                                           Kontakt zu kommen.
ausforderung.                                                                                               „Interessant!      Hätte
   6.280 Briefe sind für diese                                                                           nicht gedacht das ich über-
Aktion verschickt worden.                                                                              haupt noch Briefe schreiben
Artikel in Zeitungen und bei                                                                          kann. Dafür muss man sich
Treffpunkt Sittensen haben den                                                                       schon Zeit nehmen, sich in
Kreis der Angeschriebenen erwei-                                                                   Ruhe hinsetzen und Gedanken
tert. Wir wissen von 32 Frauen und 11                                                             formulieren. Nicht oberflächlich
Männern, dass sie sich auf das Wagnis                                                        schreiben und es soll ja auch interes-
eingelassen haben, die „Dunkelziffer“ mag                                               sant sein!“, so beschreibt eine Teilnehmerin

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Aktuelles

ihre Eindrücke. „Wir schreiben ca. zweimal im Monat. Haben         kreuzen, auch welche, die nicht                    Statistik der Orte
ganz andere Themen als wir damals angegeben haben.“                auf der Rückseite stehen, z.B.
                                                                                                                      Ort                                      Anzahl
   Dabei war die Motivation, an der Aktion teilzunehmen,           (gewaltfreie) Kommunikation und
ebenso breit gefächert, wie das Spektrum der Menschen, die         menschlich-persönliche Entwick-                    Sittensen                                18
sich beteiligen. Die jüngste Teilnehmerin ist gerade mal 6 Jahre   lung im Laufe eines Lebens...“                     Klein Meckelsen                          5
alt und wird von ihrer Mutter unterstützt. Mit 81 Jahren ist die      Die Vorschläge, die wir in unse-                Lengenbostel                             3
Seniorin in der Runde ein Dreivierteljahrhundert reicher an Le-    rem Anschreiben formuliert hatten,
                                                                                                                      Tiste                                    3
benserfahrung. Der Altersdurchschnitt liegt bei rund 40 Jahren.    waren genau so gedacht, als Anre-
Beteiligt haben sich Menschen, die neu in der Börde sind, und      gung, auch die eigenen Themen zu                   Groß Meckelsen                           2
solche, die schon lange nicht mehr hier wohnen. Die größte Ent-    benennen und zu finden. So meldet                  Vierden                                  2
fernung legte ein Brief aus Osnabrück zurück.                      eine Teilnehmerin zurück: „Eine        Wohnste           2
   Eine Rückmeldung lässt gerade die Not der Neubürgerinnen        schöne Aktion. Wir sind dabei,         Buchholz i.d.N.   1
und Neubürger in der Pandemie erkennen: „Hallo, wir sind neu       uns allgemein kennenzulernen und
                                                                                                          Hamersen          1
nach Sittensen gezogen. Leider besteht gerade keine Mög-           langsam erkunden wir gemeinsa-
lichkeit, andere Familien (Kindergarten / Sportverein / Ju-        me Interessengebiete. Das läuft        Osnabrück         1
gendgruppen) kennenzulernen. Wir suchen noch Freunde bei           gut und ist interessant.               Rotenburg/W.      1
uns in der Nähe für unsere Tochter. Auch wenn das persönli-           Heimlich hatte ich mir wohl je-     Sauensiek         1
che Treffen noch warten muss...“                                   mand Älteres gewünscht, mit dem
  Dazu passt eine Erfahrung, die durch unsere Kontaktver-          ich Erfahrungen hätte austauschen können. Das wurde mir
mittlung entstanden ist.                                           aber erst bewusst nach dem ersten Brief! Aber so ist es jetzt
   „Ich habe mich sehr über diese tolle Aktion gefreut. Hatte      auch gut und ich freue mich darüber. Bin gespannt wie es sich
mir gewünscht, jemanden zu bekommen, der neu zugezogen             entwickelt.“
ist, um u. a. auch einen Kontakt zur Gemeinde zu ermögli-             Doch nicht alle Kontakte haben gefruchtet. „Wenn man an
chen. Jetzt freue ich mich sehr, dass es tatsächlich so gewor-     die 80 rangeht, ist es wohl nicht mehr so einfach, sich auf
den ist.“                                                          Neues einzulassen.“ So beschreibt es jemand auf unsere Rück-
   Eine Teilnehmerin schrieb in ihrer ersten Nachricht, die wir    frage hin, und eine Zehnjährige weiß zu berichten, dass sie noch
vom Team dann an die Brieffreundschaft weitergeleitet haben:
„ Liebe(r) Brieffreund(in), ich könnte noch mehr Themen an-        Bitte auf der nächsten Seite weiterlesen!

                                                                     Holzskulpturen · Ölgemälde · Aquarelle

    Praxis für Physiotherapie                                                                           Dauerausstellung
    Inh. Anja Wichern                                                                                   Schulstraße 29 · Klein Meckelsen

    Bahnhofstraße 12                                                                                    Besuch nach telefonischer Anmeldung
    27419 Sittensen

    Tel.: 04282 - 53 09

                     Behandlungszeiten:
               Mo. - Do.   07.20 - 19.00 Uhr
               Fr.         07.20 - 14.00 Uhr
                                                                     Gudrun & Hans-Jürgen Freytag · 0 42 82 / 59 01 30

                                                                                                     Familienfeiern + Hochzeiten
                                                                                                     in der Kloster-Mühle
                                                                                                     Sie suchen etwas mit privatem Charme und absoluter
                                                                                                     Professionalität? Dann sind Sie bei uns genau richtig.
                                                                                                     Eine Feier, in unserem besonders für Familienfeiern + Hochzeiten
                                                                                                     geeignetem Haus oder ein Essen nach Ihrer standesamtlichen
                                                                                                     Trauung, gestalten wir ganz nach Ihren Wünschen draußen im
                                                                                                     Buchsbaumgarten, unter Kastanien oder drinnen am brennenden
                                                                                                     Kaminfeuer, bis ca. 115 Personen. In diesem wunderschönen
                                                                                                     Ambiente feiern Sie ausgelassen bis in die Morgenstunden.
                                                                                                     An festlich geschmückten Tischen wird das Essen serviert, das
                                                                                                     Mediterranes mit Regionalem verbindet.
                                                                                                     Rufen Sie uns an – wir beraten Sie gern.

                                                                                                     „Die schönen Seiten eines Landhotels“
                                                                                                     – Klassisch und doch ganz anders –
                                                                                                     Kuhmühler Weg 7 • 27419 Groß Meckelsen/Sittensen
                                                                                                     Tel.04282/594190 • info@kloster-muehle.de www.kloster-muehle.de

                                           www.kirche-sittensen.de / www.punktsieben.de                                                                            11
Aktuelles

Top 10 der                        keine Post erhalten hat und selber      Hier noch ein paar Statements von unseren
Themenvorschläge                  auch noch nicht in Gang gekom-          ­Briefeschreiberinnen und Briefeschreibern:
                                  men ist mit dem Schreiben. „Mal
Thema          Interessierte                                              „Sehr gute Ablenkung von Corona!“
                                  sehen, vielleicht fange ich doch
Bücher         18                 mal an...“ lässt sie uns wissen.        „Die Brieffreundschaft macht mich glücklich!“
Spiele         18                    Aber es kann ja auch nicht im-       „Der Kontakt per Brief ist intensiver, Brieffreundschaften
Garten         15                 mer  alles passen. Wir vom Team         sind irgendwie nostalgisch.“
Kochen         15                 im »Haus des Lebens« freuen uns         „Das war ein Wiedereinstieg ins Briefeschreiben, und die
                                  jedenfalls, dass wir mit dieser         Einladung zu den Brieffreundschaften war dann wie eine
Reisen         15
                                  Aktion Menschen aufeinander             willkommene Einladung, das fortzusetzen.“
Sport          15                 zubewegen konnten. Vielleicht           „Nachdem wir uns ein wenig über uns persönlich
Musik          14                 bekommt der Eine oder Andere            ausgetauscht haben, erkunden wir jetzt langsam unsere
Wandern        12                 ja noch mal Lust sich hinzuset-         gemeinsamen Interessen.“
                                  zen und einen Brief an eine alte
Glauben        12                                                         „Ich finde es eine tolle Aktion, die sich für mich voll gelohnt
                                  Freundschaft oder einen unbe-
    kannten Kontakt zu schreiben. Es muss nicht immer so sein,            hat.“
    dass man schön abwechselnd schreibt. „Ich weiß nicht mehr,            „Ich stelle mir beim Schreiben vor, wie wohl meine
    wer eigentlich dran ist...“ sagt ein Teilnehmer auf meine Rück-       Brieffreundinnen aussehen, denn wir kennen uns ja nicht
    frage hin „...aber ich wollte jetzt so oder so noch mal schrei-       und haben uns auch noch nicht gesehen. Ich habe Bilder von
    ben, egal ob ich dran bin. Nur, ich komme einfach nicht dazu.“        ihnen im Kopf und bin gespannt, wie sie wirklich ausschauen.
                                                                          Sehr spannend!“
                                                                          „Liebes Orga-Team, was für eine tolle Idee! Da bin ich sehr
                                                                          gerne mit dabei und freue mich bereits auf die erste Post!“
                                                                          „Da meine Augen es nicht zulassen, kann ich z. Zt. keine
                                                                          Briefe schreiben. Würde aber gerne mit jemandem mit dem
                                                                          Rollator kleine Strecken spazieren gehen. Gespräche über
                                                                          das Altwerden und den Glauben führen. Evtl. per Telefon“
                                                                          (Anmerkung: Es gibt einen Telefonkontakt!)
                                                                          „Hallo, ich finde diese Idee der Kontaktaufnahme sehr schön.
       Wer ganz mutig ist, nimmt sich einfach das Telefonbuch oder        Ich bekomme sehr gerne Briefe, es ist nur leider selten noch
    die Briefkästen in der Nachbarschaft und schreibt einem Men-          der Fall. Die Börde ist sehr groß geworden, dass man sich
    schen, den er nicht kennt. Dann ist es umso spannender, ob und        gar nicht mehr kennen kann. Durch Briefe bekommt eine
    in welcher Art eine Antwort kommt. Die meisten Rückmeldun-            Person wieder ein Gesicht. Freue mich auf Austausch.“
    gen aus dem Teilnehmerkreis sind sich einig: Eine tolle Aktion!       „Hallo, wir sind eine 4-Köpfige Familie mit 2 Kindern im
    „Der Briefkasten geht auf und, man freut sich.“                       Alter v. 4 und 6 Jahren. Wir freuen uns auf nette Kontakte.“
       Das Team vom „Haus des Lebens“ bedankt sich ganz herzlich
                                                                          „Ich nehme an dieser Aktion teil, weil ich gerne Post
    bei allen, die sich auf die Aktion eingelassen haben. Wer schreibt,
                                                                          bekomme und neue Leute kennenlernen will.“
    der bleibt – in Kontakt.
                                    Euer Team vom „Haus des Lebens“:      „Hallo Unbekannte/r, ich würde mich freuen, wenn ich mit
                                      Birgit, Gisela, Jellie und Jochen   diesem Brief jemandem eine Freude mache.“
    Übrigens: Die Bibel ist voller lesenswerter Briefe, die immer         „Hi, keine Ahnung, was ich schreiben soll... also Tschüss!
    noch Bestand haben!                                                   Beste Grüße...“

    12                                           www.kirche-sittensen.de / www.punktsieben.de
Aktuelles

Achtung Baustelle!
Die Evangelische Kindertagesstätte „Himmelszelt“ wird wird         Besprechungsraum für die bis zu 20 Mitarbeiter eingerichtet
zum neuen Kitajahr 2021/22 durch die Samtgemeinde Sittensen        werden. Auf der süd-westlichen Seite wird ein weiterer Grup-
(Bauherr) um eine Gruppe für Kinder im Alter von drei Jahren       penraum mit einem Wasch- und Ruheraum entstehen, der den
bis zur Einschulung erweitert (siehe Foto).                        heutigen Bedürfnissen der Kinder entsprechen wird. Wir freuen
   Die An- und Umbauarbeiten finden während des laufenden          uns schon, den Anbau (mit Euch) im Herbst einzuweihen!
Betriebs statt. Auf der östlichen Seite beinhaltet der Anbau den      Für die Erweiterung unserer Kita suchen wir noch pädagogi-
gewünschten Therapieraum, in dem auch Elterngespräche statt-       sche Fachkräfte und Reinigungskräfte mit verschiedenen Stun-
finden könnten. Zusätzlich soll dort eine Spülküche, ein Kü-       denumfang für unser Team! Wir freuen uns über Ihre Bewer-
chenlager, ein Putzmittelraum, ein Aufenthaltsraum und ein         bung (siehe Stellenanzeige).               Christina Hessen

                                                                      Wir suchen:                           ErzieherInnen*
                                                                                                     SozialassistentInnen*
                                                                                                      KinderpflegerInnen*
                                                                                                                                                                                    *(m/w/d)

                                                                                 Wir bieten …
                                                                      • einen Arbeitsplatz mit Raum für kreative Ideen
                                                                      • Fortbildungsmöglichkeiten, die zu deinem Profil passen
Vanessa Thäsler                  Sandra Puppe                         • viele Möglichkeiten zur pädagogischen Gestaltung
                                                                      • interne Fachveranstaltungen sowie Unterstützungs-
10 jähriges Dienstjubiläum                                              und Qualifizierungsangebote
In diesem Jahr feiern Vanessa Thäsler (Erzieherin), Sandra            • enge Zusammenarbeit mit der Kirchengemeinde
                                                                        und dem Kita-Verband
­ uppe (Erzieherin) und Anke Baumgart (Grünanlagenpflege-
P
rin) ihr 10-jähriges Dienstjubiläum als Mitarbeiterinnen der          • eine Vergütung analog zum öffentlichen Dienst
evangelischen Kirche. Seit 2011 sind sie fester Bestandteil in          (TVöD-SuE)
der Kindertagesstätte „Himmelszelt”.                                  • Altersvorsorge und Jahressonderzahlung
   Zuverlässig sorgt Anke dafür, dass rund um die Kita immer                                                                                                                       JETZT
alles grünt und blüht. Mit ihrer offenen und fröhlichen Art           Ev.-luth. Kita-Verband Bremervörde - Zeven                                                                 BEWERBE
                                                                                                                                                                                              N
sind Vanessa und Sandra bei den Kindern sehr beliebt und ge-          Pädagogische Geschäftsführerin: Loraine Michaelsen
                                                                      Telefon: 041 41/78 80 56 E-Mail: loraine.michaelsen@evlka.de
                                                                                                                                                                                 Wir freuen
                                                                                                                                                                                            uns
schätzte Kolleginnen im Team. Für die Eltern haben sie stets          Die Tätigkeit als pädagogische Fachkraft in einer Kindertagesstätte hat einen Bezug zum evangelischen
                                                                                                                                                                                   auf dich!
ein offenes Ohr und stehen ihnen mit Rat und Tat zur Seite. Wir       Bildungsauftrag. Daher setzen wir grundsätzlich die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche, die
                                                                      Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Niedersachsen ist, für die Mitarbeit voraus.

freuen uns noch auf viele weitere gemeinsame Jahre mit Ihnen.

                                           www.kirche-sittensen.de / www.punktsieben.de                                                                                                          13
Mittendrin

Eine Sternstunde
Was genau ist noch mal in Worms passiert? Fabian Vogt, Projektleiter der E­ vangelischen Kirche
Am 18. April 1521, einem Donnerstag, tritt Martin Luther gegen auf rhetorisch brillante Weise. Diesmal ist nämlich er es, der auf
Abend vor die Versammlung des Reichstags in Worms. In dem den Stapel seiner Schriften deutet und sinngemäß erklärt: „Ja,
großen, mit Fackeln erleuchteten Saal sitzen neben dem erst 21 diese Bücher hier habe ich geschrieben.“ Doch statt jetzt einfach
Jahre alten Kaiser Karl V. und den Reichsfürsten viele hochran- die Frage zu beantworten, die von Eck ihm gestellt hat, beginnt
gige Vertreter der Kirche. Johann von Eck, der Vorsitzende des er zu differenzieren: „Nun wollt ihr wissen, ob ich sie widerru-
Kirchengerichts, macht schnell deutlich, was er von dem Vorge- fe? So einfach ist das leider nicht. Dazu muss ich erst mal sa-
ladenen erwartet: „Deine Bedenkzeit ist zu Ende. Sag uns: Bist gen: Achtung! Das sind doch ganz unterschiedliche Bücher und
du bereit, deine Schriften zu widerrufen?“                                                   Publikationen. Einige davon erklären den
   Luther weiß, was diese Frage bedeutet.                                                    Glauben sehr grundsätzlich, und das meist
Von der Kirche exkommuniziert wurde er                                                       übereinstimmend mit dem, was die Kir-
schon. Wenn er jetzt nicht nachgibt, droht                                                   che seit Jahrhunderten lehrt – selbst mei-
ihm auch noch die sogenannte Reich-                                                          ne Widersacher geben zu, dass darin viel
sacht, die einen Menschen für vogelfrei                                                      Nützliches steht. Das heißt: Würde ich alle
erklärt und jedem erlaubt, ihn ohne Strafe                                                   meine Veröffentlichungen pauschal wider-
zu töten. Dabei ist der Reformator in der                                                    rufen, dann würde ich auch die Wahrheit
Hoffnung angereist, er könne auf dem                                                         widerrufen.“
Reichstag mit den Anwesenden ernsthaft                                                          Indem Luther auf die Anteile seiner
über seine Kritik an der kirchlichen Pra-                                                    Werke hinweist, die mit der kirchlichen
xis diskutieren. Von wegen! Schon bei der                                                    Autorität konform gehen, nimmt er den
Anhörung am Vortag hatte von Eck deut-                                                       Anklägern schon mal einigen Wind aus
lich gemacht, wie das Verfahren abläuft:                                                     den Segeln. In dieser Weise fährt er fort,
„Du darfst hier nicht reden, sondern nur                                                     wenn er als Nächstes seine Kritik an der
Fragen beantworten.“ Dann hatte der Ver-                                                     Institution des Papstamtes verteidigt und
handlungsführer harsch auf einen Stapel                                                      auf Tatsachen verweist, die selbst einge-
mit Schriften gedeutet und gefragt: „Be-                                                     fleischte Anhänger Roms nicht übergehen
kennst du dich zu diesen Büchern?“ Luther                                                    können: „Niemand kann leugnen, dass
                                               Vorabdruck aus:
hatte zwar auf Anraten seines Anwalts da- Fabian Vogt „Hier Stehe ich, ich kann nicht        einige der päpstlichen Gesetze die Gläubi-
rauf bestanden, dass die Titel der Werke       anders – 25 Menschen, die die Welt verändern“ gen aufs Jämmerlichste gepeinigt haben.“
vorgelesen werden, damit er sichergehen bene! Verlag, Wetzlar 2021                           Anschließend äußert er sich zu seinen
kann, dass ihm nicht irgendetwas untergeschoben wird, fühl- Schriften gegen kirchliche Vertreter, die die kirchliche Lehre
te sich aber von der ganzen Situation und dem Vorgehen von auf beinahe groteske Weise verzerrt haben: „Hier gibt es auch
Ecks trotzdem überfahren und überfordert. Statt einer erhofften Schriften, die ich gegen bestimmte Gegner geschrieben habe.
inhaltlichen Auseinandersetzung erlebte er die geballte Gewalt Und ja ... ich gebe zu: Da war ich gelegentlich etwas heftig. Aber
mittelalterlicher Machtstrukturen: Widerrufe deine Ansichten wenn solche Menschen nun mal grundfalsche Dinge schreiben,
– oder stelle dich öffentlich gegen Staat und Kirche. Also bat der kann ich das doch nicht einfach stehenlassen.“
Reformator kleinlaut um Bedenkzeit.                                       Und nun kommt der Clou dieser klugen Rede. Luther wendet
   Nachdem ihm diese vom Kaiser gewährt wurde, steht er sich nämlich dem zu, was ihm überhaupt erst diese Verhand-
jetzt, einen Tag später, erneut vor den Herrschenden, die ihm lung eingebrockt hat: den Stellen in seinen Büchern, in denen
befohlen haben, er dürfe bei seinem zweiten Auftritt auf keinen er den kirchlichen Lehren offen widerspricht. Und diesen Wi-
Fall eine vorgefertigte Erklärung vorlesen, sondern müsse frei derspruch erkennt er an. Doch anstatt starrköpfig darauf zu be-
reden. Und das tut Martin Luther. Er hat sich in der Nacht sorg- harren, zeigt er sich demütig: „Ich bin bestimmt nicht verstockt:
fältig überlegt, was er sagen möchte. Nun, wenn die kirchlichen Wenn ihr überzeugende Argumente und Beweise anbringt und
und weltlichen Fürsten nicht mit mir disputieren wollen, so sein mich des Irrtums überführt, dann werde ich der Erste sein, der
Ansatz, dann muss ich sie eben dazu bringen. Und das macht er meine Schriften ins Feuer wirft.“

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Mittendrin

  der Reformation
in Deutschland (EKD) für das „Reichstagsjubiläums 2021“, erzählt die Geschichte nach.
       Das ist großes Kino. Statt sich auf das rigide „Ja-oder-Nein“-    mich ganz und gar wie neu geboren – und durchs offene Tor trat
    Spiel einzulassen, beharrt der Erneuerer auf einer inhaltlichen      ich ins Paradies ein.“
    Auseinandersetzung. Weil Wahrheit nicht per Befehl verordnet,           Wenn es aber stimmt, dass Gott aufs Herz und nicht auf die
    sondern nur im Dialog und durch sorgfältiges Nachdenken ge-          Taten schaut, dann machte der berüchtigte Ablasshandel, der
    funden werden kann. In Worms beißt er damit allerdings auf           den Menschen im 16. Jahrhundert vorgaukelte, sie könnten die
    Granit. Johann von Eck lässt sich auf solch eine Beweisführung       Folgen ihrer Fehler durch den Erwerb von Ablassbriefen mil-
    gar nicht erst ein, sondern beruft sich darauf, dass die Heiligen    dern, überhaupt keinen Sinn. Und deshalb nagelt Luther nicht
    Konzile schon längst gezeigt hätten, dass sich Luther irrt. Dis-     nur seine 95 Thesen wider den Ablass an die Tür der Wittenber-
    kussion unerwünscht. Fertig! Selbstbewusst stellt von Eck dem        ger Schlosskirche und schreibt ein Buch nach dem anderen, um
    Aufrührer die Frage, ob er denn die Kompetenz der Konzile in         den Menschen die Freiheit eines Christenmenschen neu vor Au-
    Frage stellen wolle?!                                                gen zu führen. Darum reist er, allen Gefahren zum Trotz, auch
       Nun ist das Verhör beim Wesentlichen angekommen. Was              nach Worms zum Reichstag, weil er eben hofft, dort den höchs-
    zählt? Institutionelle Autorität oder die persönliche Überzeu-       ten Autoritäten seine Sicht darlegen zu können: „Selbst wenn in
    gung? Denn natürlich will Luther die Kompetenz der Konzile in        Worms so viele Teufel wie Ziegel auf den Dächern wären, würde
    Frage stellen, weil sie im Widerspruch zu der von ihm erkann-        ich trotzdem hinfahren.“
    ten Wahrheit stehen. Darum mündet seine Erklärung in den be-            Als Luther den Saal des Reichstags verlässt, ruft er angeblich
    rühmt gewordenen Worten: „Wenn ich nicht durch das Zeugnis           erleichtert: „Ich bin hindurch!“ Doch seine Hoffnung, Kirche
    der Heiligen Schrift oder durch gute Argumente überzeugt wer-        und Kaiser zu überzeugen, hat sich nicht erfüllt. Noch ganz im
    de, dann bleibt mein Gewissen allein an Gottes Wort gebunden.        Denken seiner Zeit gefangen, erklärt der Kaiser wenig später:
    Und darum kann und will ich nicht widerrufen. Hier stehe ich.        „Es ist gewiss, dass ein einziger Bruder irrt, dessen Meinung ge-
    Gott helfe mir. Amen!“                                               gen die der gesamten Christenheit steht ... und ich bereue, dass
       Für das Verhältnis von Obrigkeit (Staat und Kirche) und           ich nicht früher gegen seine falsche Lehre vorgegangen bin.“
    Individuum bedeutet dieser Auftritt einen historischen Para-            Hier allerdings irrt Karl V. Es passiert eben doch hin und
    digmenwechsel. Martin Luther lässt sich an diesem Tag vom            wieder, dass eine Einzelne oder ein Einzelner eine Erkennt-
    herrschenden Machtapparat nicht mehr vorschreiben, was er            nis hat (oder zumindest neu ins Gespräch bringt), die – auch
    zu tun, zu denken und zu sagen hat, sondern widersetzt sich.         wenn alle Zeitgenossen anderer Meinung sind – wahr ist und
    Als Einzelner stellt er sich gegen ein System, das sich selbst zur   die Kraft besitzt, die Gesellschaft zu erneuern. Die Widerrufs-
    alleinigen Instanz in Sachen „wahr“ und „unwahr“ erklärt hat.        verweigerung Luthers in Worms etfaltet eine Sogwirkung, die
       Wer ist dieser Mann, der es wagt, derart selbstbewusst die        nicht nur die Kirche reformiert. Und weil er in seinem Streiten
    Kirche herauszufordern? Nun, der Wagemut des Reformators             für einen mündigen Glauben auch findet, dass jede und jeder
    ist natürlich auch seiner Biographie geschuldet: Jahrzehnte-         das Recht hat, das Neue Testament selbst zu lesen (vorher
    lang hatte der Mann erlebt, dass ihm die von kirchlichen Ins-        gab es fast nur Ausgaben auf Latein bzw. Griechisch, die aus-
    titutionen verkündete Wahrheit die Hölle auf Erden bereitete,        schließlich von der Bildungs-
    indem sie ihm die Furcht vor der ewigen Verdammnis eintrich-         elite gelesen werden konnten),
    terte! Aus Angst, für Gott nicht gut genug zu sein, ist Luther       übersetzt Luther es ins Deut-
    ins Kloster eingetreten, aus Angst hat er versucht, dem Him-         sche, während er sich auf der
    mel alles recht zu machen, und aus Angst hat er täglich seine        Wartburg vor den Häschern
    14 privaten Schutzheiligen angerufen. Bis ihm ein Bibelvers aus      des Kaisers versteckt. Übrigens
    dem Römerbrief die Augen öffnet: „Der Gerechte lebt aus dem          sehr unwillig, weil er der Über-
    Glauben!“ Sprich: Es geht gar nicht darum, was ein Mensch            zeugung ist: Die Wahrheit soll-
    tut, sondern darum, was er glaubt, um seine Herzenshaltung.          te man nicht verstecken. Und
    Und: Gottes Liebe kann man sich gar nicht verdienen, die be-         auch nicht diejenigen, die sie
    kommt man geschenkt, einfach, wenn man sich ihr öffnet. Spä-         aussprechen wollen.
    ter schreibt er über diesen befreienden Moment: „Da fühlte ich                        Dr. Fabian Vogt

                                                www.kirche-sittensen.de / www.punktsieben.de                                           15
Kinder

                                   Max und seine Freunde zu Besuch im Gemeindemagazin

Die Kraft des Glaubens
Der Wind frischt auf und Lisa, die        einzuholen. Ganz außer Atem er-                  seid ihr ja.“ „Max“, ruft Lisa freudig,
Tochter von Bauer Diercks, fröstelt       klärt er ihr: „Sieh doch, es ist alles           „schön, dass du auch schon da bist.
leicht. „Ich glaube, sie hatten recht     in Ordnung. Amelie ist in die Arme               Heute ist die Abendfütterung etwas
und wir müssen uns beeilen,“ meint        deines Vaters gesprungen.“ Lisa                  früher.“ „Psst“, zischen Peggy und
sie zu ihren beiden tierischen Freun-     kommt ziemlich außer Atem zum                    Jakob fast gleichzeitig. „Nicht, dass
den. Jakob, der kluge Esel, schnaubt      Stehen. Sie holt erleichtert Luft und            uns der Bauer noch hört und seine
und das Schaf Peggy trippelt noch         meint: „Man, was für ein Glück. Ich              Flinte holt, um Max eins auf den Pelz
ein bisschen schneller. „Wer hatte        dachte schon, ich muss die Rettung               zu brennen.“ Während sie alle in den
recht?“ fragt Peggy neugierig. Lisa       verständigen. Was für ein Schreck.“              Stall schlüpfen, meint Lisa nur kopf-
antwortet: „Die vom Wetterdienst.         Lisa lacht leicht hysterisch. „Papa,             schüttelnd: „Schaut doch, der ist be-
Sie haben für den frühen Abend Ge-        Papa, noch mal,“ juchzt Amelie und               schäftigt.“ Amelie wirft sich ein wei-
witter mit heftigen Windböen vor-         klettert schon wieder auf die Lade-              teres Mal in die Arme ihres Vaters.
her gesagt. Deshalb hole ich euch         fläche. Und in diesem Moment fängt               Die beiden sind ebenfalls nass bis auf
jetzt schon von der Weide.“ Mit           es an zu regnen. Lisa hebt erstaunt              die Haut. Lachend machen sie sich
der nächsten Windböe schallt ein          den Kopf.                                        auf den Weg ins Haus, denn es blitzt
„Uuuiiihhh“ den Dreien entgegen.                                                           und donnert jetzt richtig heftig.
Jakob lacht leise und meint: „Das            Ein kräftiges Gewitter                           Jakob lacht nun auch, sodass seine
hört sich nach Amelie an, die hat                                                          riesigen Ohren dabei lustig hin und
wohl viel Spaß.“ Sie halten Ausschau,
                                                ist aufgezogen.                            her wackeln. „Was für ein Vertrauen!
und Lisa hat ihre kleine Schwester           Bei der ganzen Aufregung haben                Ihr Vater wird sie schon auffangen“,
schon entdeckt. Sie zeigt in die Rich-    die drei nicht bemerkt, wie dunkel es            meint er ganz versonnen. „Amelie
tung, aus der das Freudengeschrei         geworden ist. Tiefschwarze Wolken                legt ihr Wohl ganz in die Hände ihres
kommt. Plötzlich zieht sie die Luft       hängen am Himmel. Diesmal kommt                  Vaters. Kein Zögern, kein Nachden-
scharf ein und hält sich die Hand vor     ein kleiner Schrei von Lisa. Sie, Jakob          ken und auch kein Zweifel daran,
den Mund. „Oh nein, sie wird doch         und Peggy laufen so schnell sie kön-             dass ihr Vater sie schon auffangen
nicht …“ Amelie steht auf der Lade-       nen in Richtung Stall. Beim Stall an-            wird.“ Peggy seufzt ganz versonnen:
fläche des großen Schleppers ihres        gekommen sind sie alle nass bis auf              „Was für ein Vertrauen!“ Jakob er-
Vaters und springt ab. Lisa rennt         die Haut. „Lisa, mach schnell die Tür            klärt weiter: „Das erinnert mich da-
los. Dabei fängt sie an nach ihrem        auf “, kommt es zähneklappernd von               ran, dass auch wir zu unserem Vater,
Handy in ihrer Tasche zu kramen.          Peggy, „mir ist furchtbar kalt.“ Plötz-          dem Herrn, ein solches Vertrauen
„Lisa, warte!“ kommt es schnaufend        lich ist da ein Wispern. Leise kommt             haben sollten, denn das ist die Kraft
von Jakob, der Mühe gehabt hat sie        aus der Buchsbaumhecke: „Hey, da                 des Glaubens!“ „Ist das nicht ein we-

                                                                ? ?? ?
 Max Waschbär rätselt: …
 Brückenrätsel
         S PAR
       P AUS E N
                           R E GAL
                             DOS E
                                                          Max ist verwirrt. Welches Wort passt
                                                          hier sowohl zum ersten als auch zum
                                                          zweiten vorgegebenen Wort?
                                                                                                                       !!!
                                                                                                     LÖSUNGSWORT: HOFFNUNG
                 B AR           B A      L L              Bilde daraus sinnvolle Begriffe, wobei     KLEINGELD – GELDSCHEIN
                                                                                                     KOPFKISSEN – KISSENSCHLACHT
     S E GE L                FAHR        T                das fehlende Wort die Brücke bildet        KIRCHTURM – TURMUHR

?
                                                          und zu beiden Worten passen muss.
                           S TANG        E
                                                                                    ??
         HU F
                                                                                                     HUFEISEN – EISENSTANGE
                                                          Ein Beispiel:
                                                                                                     SEGELSCHIFF – SCHIFFFAHRT
           K I R C H           UHR
                                                                                                     BARFUSS– FUSSBALL
                                                          FUSSBALL – BALLJUNGE.                      PAUSENBROT– BROTDOSE
     K OP F                SC H LA       C HT             Die rosa unterlegten Buchstaben            SPARBUCH– BUCHREGAL
                                                          ergeben von oben nach unten ein                     RÄTSEL-LÖSUNG:
             K L E I N          S C      HE I N           Lösungswort. Kannst du ihm helfen?

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