GEMEINSAM BAUEN WOHNEN IN DER PRAXIS - Workshopreihe 2014 über, für und mit Baugruppen in Wien - Seestadt Aspern
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GEMEINSAM BAUEN WOHNEN IN DER PRAXIS Workshopreihe 2014 über, für und mit Baugruppen in Wien BAUEN Workshopreihe 2014 WOHNEN GEMEINSAM über, für und mit Baugruppen in Wien IN DER PRAXIS
IMPRESSUM HERAUSGEBER/IN Verein Initiative für gemeinschaftliches Bauen und Wohnen Heumühlgasse 2a/3, 1040 Wien ZVR-Zahl 184684308 www.gemeinsam-bauen-wohnen.org kontakt@gemeinsam-bauen-wohnen.org REDAKTION Ernst Gruber AUTORINNEN UND AUTOREN HELMUT FRIEDL, ERNST GRUBER, REGINA GSCHWENDTNER, MANUEL HANKE, PETRA HENDRICH, IRMGARD KRAVOGEL, ANNE LANG, MARKUS SPITZER, ROBERT TEMEL, GERNOT TSCHERTEU, CONSTANCE WEISER PROJEKTKOORDINATION Annemarie Müller www.letteria.at DESIGN Claudia Litschauer www.claudia-litschauer.at AUFLAGE 1. Auflage, November 2015 MIT FREUNDLICHER UNTERSTÜTZUNG VON Es wurde versucht, auf eine durchgängige Schreibweise zu achten, die alle Geschlechter miteinbezieht. Abweichungen wurden in Einzelfällen zugunsten einer einfacheren Lesbarkeit in Kauf genommen.
SEITE 3 INHALT SEITE EDITORIAL. . ............................................................................ 4 WIENER BAUGRUPPEN IM KONTEXT. . ................................... 10 BAUGRUPPEN IN ASPERN SEESTADT – CHRONOLOGIE EINER PLANERISCHEN INNOVATION........... 20 KONZEPT DER PRAXISREIHE . . ............................................... 30 DIE WORKSHOPS................................................................... 32 DIVERSITÄT UND INTERKULTURALITÄT IM FOKUS VON BAUGRUPPEN .. ........................................ 34 STADTENTWICKLUNG UND BAUGRUPPEN ................. 38 FINANZIERUNGSFORMEN FÜR BAUGRUPPEN . . .......... 44 ABLAUF UND ZEITÖKONOMIE IN BAUGRUPPEN ........ 52 WOHNBAUFÖRDERUNG UND BAUGRUPPEN .............. 58 BAUGRUPPEN UND SOLIDARITÄT................................ 64 CARSHARING IN GEMEINSCHAFTLICHEN WOHNPROJEKTEN. . ...................................................... 70 SELBSTBAU UND KOSTENGÜNSTIGES BAUEN............ 74 KONFLIKTE UND KONFLIKTMANAGEMENT IN BAUGRUPPEN.......................................................... 80 GLOSSAR* ............................................................................. 84 BAUGRUPPENPROJEKTE IN WIEN – GRAFIK . . ..................... 89 AUTORINNEN UND AUTOREN .............................................. 90 * Pfeile in den Texten verweisen auf Erläuterungen im Glossar. Bei mehrfach erwähnten Begriffen erfolgt die Auszeichnung bei ihrer jeweils ersten Erwähnung im Beitrag.
SEITE 4 EDITORIAL ERNST GRUBER Als sich die Initiative für gemeinschaftliches Bauen und Wohnen im Jahr 2009 gründete, gab es österreichweit wenige, neu entstehende gemeinschaftliche Wohnprojekte. Rar waren verfügbare Grundstücke, zögerlich die Bereitschaft der Wohnbaupolitik, sich dem Thema zu öffnen. Was es jedoch gab, waren einige, bereits realisierte Projekte, deren Geschichte zum Teil bis in die 1970er-Jahre zurückreichte. In ihnen schlummerten Erfahrungen langjähriger Projektgeschichten. Vor allem aber gab es ein allgemeines Gefühl für einen spürbar größeren Bedarf an gemeinschaftlichen und selbstbestimmten Wohnformen, nicht zuletzt durch die eingesetzte Wirtschaftskrise. Es sollte eine Plattform entstehen, die Erfahrungen aus umgesetzten Projekten bündeln und AkteurInnen und InteressentInnen miteinander in Verbindung bringen könnte. Es sollte ein Sprachrohr für die Anliegen der Gruppen geben. Es sollte wieder eine Szene entstehen. Vorhang auf für die Wiener Baugruppen! DER KONTEXT Neben der Einführung der sozialen Nachhaltigkeit als Der gesellschaftliche An- Beurteilungskriterium in den spruch, in dem die heutigen Bauträgerwettbewerben brachte Baugruppen agieren, erstreckt in Wien die Bereitstellung von sich von Anforderungen hervor- Grundstücken für Baugruppen gerufen durch demografische in aspern Seestadt einen kräf- Veränderungen, über neue tigen Impuls. Die damals noch Arbeit an einem Tisch beim Workshop „Baugruppen und Lebensmodelle bis hin zum in Gründung befindlichen Stadtentwicklung“ (Bild: Manuel Hanke) Wohnen in Gemeinschaft und asperner Baugruppen bildeten den sich daraus ergebenden einen zentralen Bestandteil von Möglichkeiten. Einen Überblick Veranstaltungen der Initiative, darüber gibt Petra Hendrich in wie den ersten Projektbörsen, ihrem Beitrag „Wiener Baugrup- die ohne sie wohl nicht in die- pen im Kontext“. Der Blick über sem Ausmaß denkbar gewesen die Grenzen nach Deutschland wären. Sie trugen entscheidend und in die Schweiz verdeutlicht zur größeren Bekanntheit des zudem die Unterschiedlichkeiten Modells Baugruppe insgesamt jeweiliger wirtschaftlicher und bei. Ihre Entstehungsgeschichte rechtlicher Rahmenbedingun- zeichnen Robert Temel und gen, die sich unmittelbar in Constance Weiser in ihrem den Baugruppenprojekten Beitrag „Baugruppen in abbilden. Dies trägt zu einer aspern Seestadt – Chronologie Schärfung des Blicks für die einer planerischen Innovation“ Wiener Situation bei – auch vom Masterplan und einem hinsichtlich stadtpolitischer kooperativen Städtebau bis Zielsetzungen, in denen sich zur Moderation der Gruppen die Baugruppen in der Stadt- in der Übergangszeit zu deren entwicklung positionieren. planerischem Alltag nach. GEMEINSAM BAUEN WOHNEN IN DER PRAXIS
SEITE 5 EDITORIAL DAS FORMAT „GEMEINSAM BAUEN WOHNEN IN DER PRAXIS“ Parallel zur Vermittlung besteht abgehaltenen Veranstaltungsrei- Anknüpfungspunkten durch eine der Hauptaufgaben der he „Gemeinsam Bauen Wohnen Interaktion und das Ins-Zentrum- Initiative darin, relevante Frage- in der Praxis“, deren Konzept Rücken des Individuums. stellungen für den weiteren Petra Hendrich eingangs erläu- Von diesem Charakter sind Aufbau von Formen gemein- tert. Der partizipative Aspekt auch die Beiträge der einzelnen schaftlichen Bauens und der Veranstaltungen steht dabei Autoren und Autorinnen getra- Wohnens aufzunehmen. stellvertretend für die Haltung gen, die zugleich für die Kon- Dafür werden Erfahrungen der Initiative, Inhalte und Form zeption der jeweiligen Praxis- und Wissen zugänglich in Bezug zueinander zu setzen. abende verantwortlich waren. gemacht – wie durch die Im Vordergrund steht weniger Ihre unterschiedliche Heran- vorliegende Publikation. der Anspruch an ein überge- gehensweise bildet sich in der Ihre Grundlage bilden die ordnetes Leitbild, sondern individuellen „Handschrift“ Workshops der 2014 erstmalig vielmehr die Eröffnung von ihrer jeweiligen Beiträge ab. Impulsvortrag beim Workshop „Finanzierungsformen“ (Bild: Manuel Hanke) GEMEINSAM BAUEN WOHNEN IN DER PRAXIS
SEITE 6 EDITORIAL DIE INHALTE Organismus steht im Zentrum Baugruppen ( Seite 58) zeigt des ersten Themenblocks mit sowohl aktuelle und erprobte Die Themen des gemeinschaftli- der Frage nach Ablauf und Möglichkeiten, als auch einen chen Bauens und Wohnens sind Zeitökonomie in Baugruppen Ausblick auf eine mögliche ebenso zahlreich wie die Zahl ( Seite 52) im Entstehungs- neue, adäquate Förderschiene. ihrer MitgestalterInnen. Wir ha- prozess und dem Umgang ben versucht, dieser Streuung mit Konflikten ( Seite 80). Im gegenwärtigen Kontext der durch einen bewusst weiten, Stadterweiterungsprojekte steht thematischen Bogen gerecht In und mit einer Gruppe zu die Frage nach der Wechsel- zu werden, um ein möglichst bauen setzt einen gewissen Grad wirkung zwischen Baugruppen breites Anknüpfungspotenzi- an professionellem Wissen um und Stadtentwicklung al bieten und möglichst viele die Rahmenbedingungen der ( Seite 38) im Zentrum. Viel- unterschiedliche Interessen Umsetzung voraus. Die in Wien fach werden Baugruppen als ansprechen zu können. Die hohen Grundstückspreise be- Mittel eingesetzt, um soziale Dokumentation der neun, im wirken, dass der Großteil der Prozesse anzustoßen oder vo- vergangenen Jahr abgehaltenen Baugemeinschaftsprojekte im ranzutreiben. Dieser Kontext ersten Praxisabende bildet den Rahmen der Bestimmungen und wird durch die Fragestellung Hauptteil der vorliegenden Vergabeverfahren des geförder- erweitert, in welcher Form Publikation. Ihre Themen reichen ten Wohnbaus umgesetzt wird. sich gemeinschaftliche Wohn- von Fragen, die die Arbeit in Es gibt Gruppen, die hier den formen mit Ansprüchen an der Baugruppe betreffen bis hin Weg des geringeren Aufwandes Diversität und Interkulturalität zu finanziellen und rechtlichen gehen und ihre Wohnungen ( Seite 34) vereinen lassen. Rahmenbedingungen. Sie zeigen direkt vom Bauträger mieten. aber auch die Potenziale, die Andere wiederum finden eine Welche Möglichkeiten gemein- durch das gemeinschaftliche Möglichkeit, das errichtete sames Handeln eröffnet, steht Zusammenleben freigesetzt Gebäude in Gemeinschafts- im Zentrum der abschließen- werden können und reichen bis eigentum zu überführen, um es den Berichte. Unter dem Titel hin zur Relevanz für die weite- langfristig der Spekulation zu Baugruppen und Solidarität re Stadtentwicklung in Wien. entziehen. Beides wirft Fragen ( Seite 64) wird vor allem nach der passenden Rechtsform auf sozialer Ebene diskutiert, In Baugruppen werden viele und der Finanzierungsform wie sich eine stabile Hausge- Entscheidungen von Laien ( Seite 44) des jeweiligen meinschaft sowohl auf ein getroffen. Die BewohnerIn- Projektes auf. Die Diskussion Stadtquartier als auch auf die nengruppe als sozialer um finanzielle Förderungen für gelebte Unterstützung im Alltag GEMEINSAM BAUEN WOHNEN IN DER PRAXIS
EDITORIAL auswirken kann. Aspekte des Teilens in ökonomischer und ökologischer Hinsicht finden sich im Praxisabend Carsharing in gemeinschaftlichen Wohn- projekten ( Seite 70) wieder. Die Frage der Ökonomie bietet auch den Ausgangspunkt für den Workshop zu Selbstbau und kostengünstigem Bauen ( Seite 74). Über das Bauen in der Gruppe führt der Weg wieder zurück zum sozialen Mehrwert. Ein Verständnis für die Prozesse des gemeinschaftlichen Bauens und Wohnens kann helfen, Ent- täuschungen zu vermeiden und individuelle Ansprüche und Ideen der Realität des Umset- zens näher zu bringen. Damit hoffen wir, die Erkenntnisse der Workshops auch langfristig wirksam werden zu lassen und einer noch größeren Anzahl an neuen Wohnprojekten zur Verfügung stellen zu können. Die Erfahrungen der jüngsten, pionierhaften Beispiele Wiener Baugruppen können somit auch den etwas weniger risikofreu- digen Menschen Mut auf dem Weg zu einem eigenen, gemein- samen Wohnprojekt machen. Dokumentation vor Ort (Foto: Manuel Hanke)
SEITE 8 EDITORIAL EIN BLICK HINTER DIE KULISSEN Über den Zeitraum der vergan- wir wissen, wie schwierig es hat. Ihre Arbeit war bei der Er- genen sechs Jahre gab es immer ist, neben Beruf und Familie stellung dieser Dokumentation wieder Berührungspunkte noch zeitliche Ressourcen für eine wertvolle Basis. Gemein- zwischen der Initiative und den die Organisation eines solchen sam mit vielen Fotos der asperner Baugruppen, von denen Abends aufzubringen. Das große Workshop-Abende sind diese beide Seiten profitieren konnten. Interesse an den Praxisabenden Zusammenfassungen über die So ist auch die vorliegende hat dabei zusätzliche Motivation Website der Initiative abrufbar. Publikation ein Produkt dieses bei allen Beteiligten freigesetzt. Austausches und ein Zeichen der Die Herausforderung für jeden Ebenso möchten wir den Bewoh- gegenseitigen Wertschätzung. Sie Organisierenden, die Vielseitig- nerInnen des Wohnprojekts Wien wäre ohne die Beteiligung der keit des jeweiligen Themas des für die unkomplizierte Bereit- Wien 3420 AG nicht möglich ge- Praxisabends gut darzustellen, stellung des Veranstaltungs- wesen. Wir wollen uns an dieser wurde durch die große Bereit- raumes danken, als auch für Stelle herzlich für die Unterstüt- schaft unserer ImpulsgeberInnen deren Bereitschaft, bei uner- zung bedanken. Besonderer Dank erleichtert, die an den Themen- warteten Schwierigkeiten geht an das gesamte Team für die abenden mitgewirkt haben. helfend zur Seite zu stehen. konstruktive Zusammenarbeit bei Ihnen möchten wir nochmals der Erstellung dieser Publikation. sehr herzlich für ihr – ebenfalls Unser abschließender Dank ehrenamtliches – Engagement richtet sich an unsere Mitglie- Mit den Praxisabenden hat die danken, ohne das die Praxis- der, die uns – zum Teil seit der Initiative ein Format entwickelt, reihe nicht möglich wäre. Gründung der Initiative – durch das im Rahmen eines ehren- ihre regelmäßige Unterstützung amtlich organisierten Vereins Ein besonderer Dank gilt auch mit jenen finanziellen Ressour- über ein Jahr nahezu monatlich Anne Erwand, die trotz des cen ausstatten, die uns helfen, stattgefunden hat. Wir kön- sehr dynamischen Formates je- zumindest den materiellen Auf- nen nur allen Beteiligten für den Abend schriftlich und als wand derartiger Veranstaltungen ihr Engagement danken, denn Audiomitschnitt dokumentiert kostendeckend zu gestalten. VertreterInnen der Wiener Baugruppenszene beim 5-Jahres Fest der Initiative für gemeinschaftliches Bauen und Wohnen (Foto: Manuel Hanke) GEMEINSAM BAUEN WOHNEN IN DER PRAXIS
SEITE 10 WIENER BAUGRUPPEN IM KONTEXT PETRA HENDRICH Die Umsetzung der sechs Baugruppen in aspern Seestadt ist nun fast abgeschlossen. Sie sind gemeinsam mit einigen anderen Gruppen in Wien Vorreiter einer neuen Generation von gemeinschaftlichen Wohnprojekten, nachdem einige Jahre kaum ähnliche Projekte errichtet wurden. Die Entstehung der asperner Baugruppen steht im Kontext mit gesellschaftlichen Entwicklungen, die das gemeinschaftliche Bauen und Wohnen wieder interessanter machen. Ihre Entwicklung ist aber auch städtebaulichen Überlegungen zu verdanken, die von Deutschland nach Österreich gekommen sind und sich auch in anderen Ländern zeigen. Entstanden sind dabei unterschiedliche Umsetzungsmodelle, die sich aufgrund der spezifischen Situation im Wiener Wohnbau von jenen in den Nachbarländern unterscheiden. Die Sargfabrik in Wien (Bild: Wolfgang Zeiner) Quartiersentwicklung als Genossenschaft am Möckernkiez in Berlin (Visualisierung: Loomilux) GEMEINSAM BAUEN WOHNEN IN DER PRAXIS
SEITE 11 WIENER BAUGRUPPEN IM KONTEXT MOTIVE UND ZIELE VON BAUGRUPPENINTERESSIERTEN1 In Wien steigt das Interesse am reitschaft, finanzielle Verantwor- Oft sind es ganz persönliche gemeinschaftlichen Bauen und tung zu übernehmen und sich Gründe, die eine Unzufrieden- Wohnen. Als die Baugruppen in auf zu Beginn oft unbekannte heit mit dem aktuellen aspern Seestadt 2009 ihre ersten MitbewohnerInnen einzulassen, Wohnungsangebot auslösen und Treffen veranstalteten, war die mit denen man ein gemeinsames den Willen entstehen lassen, Suche nach Mitgliedern für sie Haus plant und eine Gemein- individuelle Wohnwünsche noch schwierig. Mittlerweile schaft aufbaut. Trotz dieses – umzusetzen und gemeinsam mit kennen mehr Menschen den Be- je nach Gruppe und Zielen un- anderen das Lebensumfeld zu griff „Baugruppe“ und interes- terschiedlich hohen Aufwandes gestalten. Hinter diesen Bedürf- sieren sich für diese Wohnform. – entscheiden sich auch in Wien nissen stehen gesellschaftliche immer mehr Menschen dazu, Trends, die dazu führen, dass Teil einer Baugruppe zu sein, be- eine Baugemeinschaft zu initi- gerade jetzt wieder ein höherer deutet für die Mitglieder einiges ieren. Warum ist das Modell der Bedarf an gemeinschaftlichen an zeitlichem Aufwand, die Be- Baugruppe für sie interessant? Wohnformen entsteht. NEUE LEBENSMODELLE Aufgrund sich ändernder ge- Wohngemeinschaften.2 Diese sellschaftlicher Konfigurationen neuen Wohnformen haben andere stimmen die von den großen Ansprüche an die Grundrisse, Wohnbauunternehmen auf die an die Lage der Wohnung und traditionelle Kleinfamilie zuge- an das Wohnumfeld. Doch auch schnittenen Wohnungsstandards die klassischen Familien haben immer weniger mit den realen oft andere Vorstellungen vom Lebenssituationen der Menschen Wohnen, als das Angebot am überein. Die klassische Familie Wohnungsmarkt zur Verfügung tritt aktuell immer mehr in den stellt. Baugruppen bieten ihnen Hintergrund, daneben gibt es Möglichkeiten, die Lebensstile Wohnformen von Alleinleben- der einzelnen Baugruppenbewoh- den, Zweipersonenhaushalte, ner tatsächlich in gebauten Raum Alleinerziehende mit einem und in dahinterstehende Gemein- oder mehreren Kindern und schaftskonzepte umzusetzen. Den Wohnraum auf die eigenen Bedürfnisse abstimmen (Bild: Petra Hendrich) 1 Das erste Kapitel dieses Textes ist eine bearbeitete Fassung des Kapitels „Motivation zur Gründung einer Baugruppe“ aus HENDRICH, Petra: Baugruppen – Selbstbestimmtes Bauen und Woh- nen in Wien, Diplomarbeit, Wien 2010, S. 40-45. 2 vgl. HÄUSSERMANN, Hartmut; SIEBEL, Walter (2000). Soziologie des Wohnens. Eine Einführung in Wandel uns Ausdifferenzierung des Wohnens. Weinheim, München: Juventa. S. 323. GEMEINSAM BAUEN WOHNEN IN DER PRAXIS
SEITE 12 WIENER BAUGRUPPEN IM KONTEXT WOHNEN UND DEMOGRAFISCHER WANDEL ARBEITEN Baugruppen werden auch von Viele eint der Wunsch, selbst- Eine weitere Motivation für viele immer mehr Menschen als Alter- bestimmt zu altern und auch Menschen, eine Baugruppe zu native für das Wohnen im Alter ihren Kindern, wenn sie über- gründen, ist die Suche nach ei- gesehen. Besonders im Alter haupt welche haben, keine Last ner Möglichkeit, Wohnen und nimmt die Bedeutung ihrer aufzuerlegen. Daher suchen Arbeiten zu verbinden. Aufgrund Wohnstätte und des Wohnumfel- sie Wege, um innerhalb eines sich ändernder Berufswelten, die des zu, da sie dort meist mehr unterstützenden Umfeldes älter mehr Heimarbeit ermöglichen, Zeit verbringen als andere. werden zu können. Je nach per- aber auch prekärer Arbeitsver- Daher suchen mittlerweile viele sönlichen Vorlieben bevorzu- hältnisse ohne fixen Arbeitsplatz, Menschen frühzeitig nach gen manche Menschen auf der suchen immer mehr Menschen Alternativen zu ihrer bisherigen Suche nach Gemeinschaft eher nach Wegen, Wohnen und Arbei- Wohnung, um später auf Hilfe die Integration in eine generati- ten zu verbinden. „Wohnungen aus der unmittelbaren Umge- onenübergreifende Baugruppe werden künftig nicht mehr aus- bung zurückgreifen zu können oder suchen eine Gruppe von schließlich in ihrer familiären und durch stärkere soziale Personen im selben Alter. Rückzugsfunktion gesehen, son- Kontakte der Vereinsamung dern als Schnittstelle zwischen entgegenzuwirken. In der Zeit ihren Bewohnern und dem sozia- nach der Berufstätigkeit wollen len und beruflichen Umfeld.“3 So sie aktiv bleiben und an der können in Baugruppen spezielle Gestaltung ihres Wohnumfelds Grundrisslösungen verwirklicht mitwirken. Sie wollen nicht werden, darüber hinaus lassen fremdbestimmt im Pflegeheim sich Wirtschaftsgemeinschaften oder ähnlichen Einrichtungen umsetzen, die das Wohnen älter werden und auch nicht und Arbeiten auch auf einer auf immer wieder wechselnde ökonomischen Ebene in Bezug Hilfskräfte von sozialen Diens- Wohnen und Arbeiten unter einen Hut bekommen im zueinander setzen können. ten zurückgreifen müssen. Wohnprojekt Wien (Bild: einszueins architektur) TEILEN In den vergangenen Jahren wurde ring, Couchsurfing oder Plattfor- geteilt werden könnten. Im der Begriff der Sharing Economy men, in denen Dinge des Alltags Wohnprojekt B.R.O.T. Hernals eingeführt, als ein Überbegriff anderen zum Gebrauch angebo- werden zum Beispiel gemeinsam über die vielfältigen Möglichkei- ten werden. In Baugruppen kann Wohnungen für Menschen, die ten des Teilens und die daraus das Teilen von Anfang an mitge- am Rand der Gesellschaft ste- entstehenden ökonomischen Vor- dacht werden, sodass es möglich hen, zur Verfügung gestellt. Im teile. Das Teilen erfährt derzeit wird, Dinge und Möglichkeiten Wohnprojekt Seestern Aspern in vielen Lebensbereichen eine zu teilen, die ohne gemeinsamen wird daran gearbeitet, ein eigenes Renaissance, sei es durch Carsha- Wohnort nicht oder nur schwer Carsharing-Modell umzusetzen. 3 WUNDERLICH, Karin (2001). Neue Berufsbilder und Arbeitsformen. Telearbeit und Multimedia. S. 52. In: SCHADER-STIFTUNG (Hg.), Red.: KRÜGER, Kirsten; BRECH, Joachim (2001). wohn:wandel. Szenarien, Prognosen, Optionen zur Zukunft des Wohnens. Darmstadt: Schader-Stiftung S. 45-55. GEMEINSAM BAUEN WOHNEN IN DER PRAXIS
SEITE 13 WIENER BAUGRUPPEN IM KONTEXT WOHNEN IN GEMEINSCHAFT Diese gesellschaftlichen Trends Baugruppen eine der zentralen wirken sich, wie bereits an- Motivationen, sich zusammen- gesprochen, nicht nur auf zuschließen. Der Zusammen- die Grundrisse der einzelnen schluss ermöglicht, gemeinsame Wohnungen aus, sondern be- Ziele zu verfolgen, wie zum ziehen teilweise ebenso die Beispiel das ökologische Bauen Hausgemeinschaft und das bei der Baugruppe JAspern, die Wohnumfeld mit ein. Für Bau- Schaffung von Raum für Spiri- gruppenmitglieder ist es daher tualität bei B.R.O.T. Aspern, interessant, das Haus mit sei- oder die Unterstützung in nen geteilten Räumlichkeiten einer Gruppe von Gleichge- ebenso mitzubestimmen, wie sinnten, wie bei Que[e]rbau. auf die Wahl des Standortes Diese Zielsetzungen können und auf das soziale Umfeld Ein- vielfältig sein und sind gleich- fluss zu nehmen. Die Gemein- zeitig die identitätsstiftenden schaft als solche ist für viele Leitlinien der Gemeinschaft. BAUGRUPPEN ALS INSTRUMENT DER STADTENTWICKLUNG In aspern Seestadt wurde das entwicklung gesehen. Die Er- Partner für die Stadtentwicklung erste Mal in Wien ein Aus- wartungen an Baugruppen fasst sein und nicht nur auf ihr eige- wahlverfahren für Baugruppen Leonhard Schenk so zusammen: nes Projekt gerichtet agieren. durchgeführt, um Grundstücke „Sie stehen für eine Symbiose an Baugruppen zu vergeben. aus privaten und öffentlichen Baugruppen werden nicht nur Auch in anderen Städten wer- Interessen: der Schaffung von top-down als Instrument der den solche Auswahlverfahren bezahlbarem, bedarfsorientierten Stadtentwicklung eingesetzt mit unterschiedlichem Ablauf Wohnraum und der Identifika- (z.B. Tübingen), sondern auch durchgeführt. Die Auslober, tion der Bewohner mit ihrem bottom-up in den Stadt- meist sind es die Städte selbst, Haus und Quartier auf der einen entwicklungsprozess hinein- oder Entwicklungsgesell- Seite und für urbane Vielfalt, reklamiert (z.B. Freiburg) schaften, die im Auftrag oder Maßstäblichkeit, Mischnutzung oder eigeninitiativ im Maßstab in Kooperation mit der Stadt aus Wohnen und Arbeiten und der Quartiersebene aktiv agieren, formulieren in diesen für Widerstandsfähigkeit der (z.B. Möckernkiez, mehr Ausschreibungen meist Erwar- Stadtstruktur auf der anderen als wohnen).5 tungen an die Baugruppen. Die Seite.“4 Die Baugruppen als so- Baugruppen werden dabei also zialer und innovativer Bestand- als Instrument für die Stadt- teil des Quartiers, sollen also 4 Vgl. SCHENK, Leonhard (2013): Stadtbaustein Baugemeinschaft Rück- und Ausblick, Tagungsbeitrag Baugemeinschaften in neuen Stadtquartieren, Stuttgart. S. 1. Online abrufbar: http://www.stuttgart.de/img/mdb/item/521950/92500.pdf (abgerufen am 14.3.2015) 5 Ebd. GEMEINSAM BAUEN WOHNEN IN DER PRAXIS
SEITE 14 WIENER BAUGRUPPEN IM KONTEXT STADTENTWICKLUNG MIT BAUGRUPPEN TOP-DOWN Tübingen gilt neben Freiburg • der frühen Einbindung in den Problemviertel umgesetzt. als Pionierin in Sachen Stadt- Stadtentwicklungsprozess und Die Stadt stellte das Gebäu- entwicklung mit Baugruppen. der hohen Identifikation der de unter der Bedingung zur Dort sieht die Stadt ihre Aufgabe zukünftigen BewohnerInnen, Verfügung, dass alle Einheiten in der Steuerung der Quartiers- gemeinsam nach gewissen • der baulichen Vielfalt, entwicklung, während die Planungsgrundlagen, die Baugruppen als die Motoren • der sozialen Mischung, von Hulshof Architekten aus- der Stadtentwicklung gesehen durch unterschiedliche gearbeitet wurden, renoviert werden. Die Stadt wollte in Finanzierungsmodelle. werden. Die zukünftigen den 1990er-Jahren auf einem Eigentümer mussten nur rund ehemaligen Kasernenareal 1000€/m² investieren. Die in der Tübinger Südstadt ein Um diese Vorteile zu realisieren, Sicherheit des Viertels stieg dichtes, gemischt genutztes wurden die Grundstücke unpar- nach Fertigstellung von 4 auf 7 Stadtquartier für 5000 Bewoh- zelliert und zu einem vorgege- Punkte, was eine wesentliche ner mit 1500 Arbeitsplätzen benen Preis ausgeschrieben, Verbesserung darstellt.7 realisieren. Das Instrument dadurch wurde der Wettbewerb der privaten Baugemeinschaft der Konzepte erhöht. Privaten wurde dafür als ideal angese- Baugemeinschaften wurde Vor- hen. Die Vorteile liegen laut rang bei der Vergabe gegeben. Cord Soehlke6, dem Baubürger- meister von Tübingen in Nicht nur im Neubau werden Baugruppen als ein Instru- • den niedrigeren Kosten für die ment der Stadtentwicklung BewohnerInnen bei gutem eingesetzt. In Rotterdam Standard und einem hohen wurde das Sanierungspro- Werterhalt durch die jekt Wallisblok als Impuls- Eigennutzung, geber in einem verwaisten Sanierungsprojekt Wallisblock, Rotterdam: Unterteilung in einzelne Einheiten – gemeinsam renoviert (Bilder: www.hulshof-architecten.nl) 6 Vgl. SOEHLKE, Cord (2013): Stadt bauen mit privaten Baugemeinschaften - Die Tübinger Entwicklungsstrategie, Tagungsbeitrag Baugemeinschaften in neuen Stadtquartieren, Stuttgart. Online abrufbar: http://www.stuttgart.de/img/mdb/item/521950/92501.pdf (abgerufen am 19.3.2015) 7 Vgl. HULSHOF, Ineke (2008): De Dichterlijke Vrijheid - Poetic Freedom , Tagungsbeitrag 44th ISOCARP Congress 2008. Online abrufbar: http://www.isocarp.net/Data/case_studies/1365.pdf (abgerufen am 19.3.2015) GEMEINSAM BAUEN WOHNEN IN DER PRAXIS
SEITE 15 WIENER BAUGRUPPEN IM KONTEXT STADTENTWICKLUNG MIT BAUGRUPPEN BOTTOM-UP Anders als in Tübingen und Rot- terdam ist die Stadtentwicklung in Freiburg vor sich gegangen, dort wurde die Stadtentwick- lung von der Bürgerschaft und dem Verein Forum-Vauban beeinflusst. Das Ziel der Bürger- initiative, die sich als Reaktion auf ein geplantes Atomkraftwerk gebildet hatte, war es einen Öko- stadtteil zu errichten. Vom Ver- ein wurden einige Forschungs- projekte zum Thema umgesetzt, bevor das autofreie Quartier mit dem ersten Passivmehrfamilien- Die Fußläufigkeit des Viertels wird durch lokale Betriebe unterstützt (Foto: www.vauban.de) haus in Deutschland, sowie weiteren ökologischen Wohnge- QUARTIERSENTWICKLUNG DURCH EINE bäuden durch Baugemeinschaf- BAUGRUPPE IN EIGENINITIATIVE ten und Baugenossenschaften, schließlich in Kooperation mit Das Projekt Möckernkiez in Thema wie das Wohnen im der Stadt verwirklicht wurde.8 Berlin entwickelt, wie der Name Alter und für alle Bedürfnisse. schon sagt, einen gesamten Kiez, also eine Nachbarschaft Im Unterschied zu dieser über selbst. Das Vorhaben umfasst das Projekt hinausreichenden 464 Wohnungen, Gemeinschafts- Partizipation und Inklusion räume und Gewerbeflächen wird in relativer Nachbarschaft und wird als Genossenschaft das Projekt MetroPolis in entwickelt. Das dezidierte Ziel ähnlichem Maßstab entwickelt.10 der Genossenschaft ist der Bau Die professionelle Projektent- eines Quartiers, das nicht nur wicklung legte zu Beginn die für die Mitglieder ein attraktiver wesentlichen Rahmenbedin- Wohnstandort werden soll, son- gungen fest und integriert die dern neben der Partizipation Baugruppe als einen Zusammen- auch die Förderung des sozialen schluss von Kleininvestoren. Zusammenhalts der Menschen Wie bei den Baugruppen selbst im Kiez und im umliegenden werden auch bei der Quartiers- Bestand zum Ziel hat.9 Bezahl- entwicklung durch Baugruppen bares Wohnen und ökologi- jeweils ganz unterschiedliche sches Bauen sind ebenso ein Qualitäten realisiert. 8 Vgl. http://www.vauban.de/themen/buergerbeteiligung/3-forum-vauban (abgerufen am 15.3.2015) 9 Vgl. http://www.moeckernkiez.de/quartier-moeckernkiez/wohnen/text/ (abgerufen am 19.3.2015) 10 Vgl. http://www.baugemeinschaften-metropolis.de/gebaeude-strassenseite.htm (abgerufen am 19.3.2015) GEMEINSAM BAUEN WOHNEN IN DER PRAXIS
SEITE 16 WIENER BAUGRUPPEN IM KONTEXT BAUGRUPPEN ALS INSTRUMENT DER STADTENTWICKLUNG IN WIEN Die Entwicklungsgesellschaft von stellt werden. Ein wesentlicher aspern Seestadt, die Wien 3420 Unterschied zu den anderen Aspern Development AG, hat die Ausschreibungen in der Seestadt Baugruppen für das Entwick- ( Bauträgerwettbewerb, Wohn- lungsgebiet aspern aufgrund bauinitiative) im Bezug auf die der Besichtigung der Tübinger Erwartungen, war, dass sich Projekte vorgeschlagen11, sie diese als Nachbarn auf einem setzte die Baugruppen hier eben- Baufeld selbst organisieren um falls top-down als Instrument einen gemeinsamen Innenhof der Stadtentwicklung ein. In den zu realisieren. Kurz gesagt, Ausschreibungsunterlagen fin- es wurde von ihnen mehr den sich jedoch keine Hinweise Kooperationsbereitschaft und darauf, dass besondere Erwar- mehr Verständnis für die Quar- tungen an die Baugruppen ge- tiersentwicklung erwartet. VERGLEICH MIT UMSETZUNGSMODELL BERLIN SCHWEIZ UND DEUTSCHLAND In Berlin hat sich das Baugrup- weiterhin Projekte nach diesem penmodell besonders stark An- etablierten Modell entwickeln. Sucht man in den Nachbar- fang der 2000er im Bereich des Gleichzeitig haben sich alterna- ländern von Österreich nach Eigentums entwickelt. Aufgrund tive Banken wie die GLS-Bank spezifischen Umsetzungs- der Wirtschaftskrise und der ge- und Umweltbank etabliert und modellen, findet man Projekte, ringen Investitionsmöglichkeiten bieten gute Voraussetzungen für die im Eigentum oder als der Stadt waren viele Architek- die Finanzierung eines Projektes. Genossenschaft organisiert turschaffende und Projektent- Die Baugruppen können ihre sind. Hier gibt es jedoch wicklerInnen auf Eigeninitiative Projekte daher einfach und ohne innerhalb eines Landes angewiesen. Der günstige Grund- Kooperation mit Wohnungs- Unterschiede je nach stückspreis der vielen innerstäd- baugesellschaften umsetzen. Stadt und den jeweils tischen Brachen und der geringe vorherrschenden Rahmen- Druck auf den Grundstücksmarkt Die Entwicklung von Baugruppen bedingungen. machte es möglich, dass Projekte wird in Berlin jedoch nicht nur von Gruppen entwickelt werden positiv gesehen, das Modell gerät konnten. Das Baugruppenmo- immer wieder in die Kritik. Man- dell in Berlin kann man auch chen Gruppen wird vorgeworfen, als Selbsthilfemodell für einige sich gute Lagen sichern zu wollen Architekturbüros bezeichnen, die und sich nur aus pragmatischen bis heute als ExpertInnen im Be- Gründen der Kostensenkung reich der Baugruppen gelten und zusammenzuschließen.12 11 Vgl. Kapitel „asperner Baugruppen“ 12 Vgl.: http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/baugemeinschaften-sind-in-hamburg-und-anderen-grossstaedten-beliebt-a-887499.html (abgerufen am 18.3.2015) GEMEINSAM BAUEN WOHNEN IN DER PRAXIS
SEITE 17 WIENER BAUGRUPPEN IM KONTEXT UMSETZUNGSMODELL ZÜRICH Im Unterschied zu Deutschland gemacht. Die neuen Genossen- wird in der Schweiz, besonders schaften zeichnen sich durch in Zürich, die Genossenschaft besondere Ziele im Hinblick auf als wegweisendes Umsetzungs- Zusammenleben und die Etab- modell für Baugruppen ange- lierung von neuen Wohnformen sehen. Die Grundsätze von aus und sind meist große Projek- Genossenschaften gehen auf te auf Quartiersebene. Vorreiter soziale Utopisten und Ideen zur war das Projekt „Kraftwerk 1“, Selbsthilfe von wirtschaftlich das wiederum den Boden für das schwachen Mitgliedern der Ge- Leuchtturmprojekt „mehr als sellschaft des 19. Jahrhunderts wohnen“ bereitete. Anlass für die zurück. Ihre Ideale sind heute Idee, quartiersübergreifend und noch Selbsthilfe, Selbstbestim- kooperativ mit mehreren Genos- mung, Selbstverantwortung, senschaften zu agieren, waren die Selbstverwaltung, Solidarität Feiern zum 100-jährigen Bestehen und Spekulationsentzug. Die gemeinnützigen Wohnungsbaus Genossenschaften sehen sich in der Stadt Zürich. Mittlerwei- als dritten Weg zwischen Miete le sind mehr als 50 Genossen- und Eigentum, denn die Rechts- schaften an der Entwicklung form der Genossenschaft ist dieses Quartiers mit über 450 darauf ausgelegt die Mitglieder Wohnungen für 1.100 Menschen wirtschaftlich zu fördern. Sie und Flächen für Einzelhandel entspricht dem gesellschaft- und produzierendes Gewerbe lichen Trend des Teilens und beteiligt. Sie sollen als Innova- funktioniert nach dem Motto tions- und Lernplattform für „Gemeinsam sind wir stärker“. den gemeinnützigen Wohnungs- bau wirken.15 Seit Herbst 2014 Im Unterschied zu Österreich, wird das Projekt besiedelt.16 das wie die Schweiz eine alte Genossenschaftstradition hat, wurden in der Schweiz seit den 1980er-Jahren viele kleine Genos- senschaften gegründet, die sich im Sinne der Selbsthilfe das Ziel des gemeinschaftlichen Woh- nens setzten. Sie haben die Ge- nossenschaftsidee im Wohnbau neu belebt. Jedoch stagniert die Gründung der Genossenschaften wieder seit den 1990ern. Nur Zü- rich hat seither durch besonders innovative Genossenschaftsneu- gründungen auf sich aufmerksam „mehr als wohnen“ ist das Leuchtturmprojekt der Zürcher Genossenschaften (Foto: www.mehralswohnen.ch) 13 Vgl. http://www.kraftwerk1.ch/ (abgerufen am 15.3.2015) 14 Vgl. http://www.wbg-zh.ch/ausserordentliche-gv-von-mehr-als-wohnen-verankert-innovationsplattform-in-den-statuten/ (abgerufen am 14.3.2015) 15 Vgl. http://www.wbg-zh.ch/ausserordentliche-gv-von-mehr-als-wohnen-verankert-innovationsplattform-in-den-statuten/ (abgerufen am 15.3.2015) 16 Vgl. http://www.taz.de/!133579/ (abgerufen am 15.3.2015) GEMEINSAM BAUEN WOHNEN IN DER PRAXIS
SEITE 18 WIENER BAUGRUPPEN IM KONTEXT WIENER MODELL hat sich in Wien eine weitere gangenheit sind allerdings neue Spezialität herausgebildet, die Genossenschaften abseits des Durch die Umsetzung der Robert Temel als „Wiener Mo- Baubereichs gegründet worden, asperner Baugruppen in den dell“ bezeichnet, „nämlich die die gezeigt haben, dass eine Jahren zwischen 2011 und 2015 Kooperation von Baugemein- Genossenschaftsgründung mög- haben sich die Wiener Projekte schaften mit gemeinnützigen lich ist. Dadurch und vielleicht im Vergleich mit jenen in ande- Bauträgern, die einerseits das auch durch die neuen genossen- ren europäischen Ländern neu Risiko der TeilnehmerInnen schaftlichen Projekte in Zürich positioniert. Hat es 2010 noch reduzieren, andererseits aber motiviert, werden jedenfalls zu wenige Projekte gegeben, um immer noch vergleichsweise erste Schritte für neue Genossen- den Vergleich eines „Wiener sehr große Spielräume für die schaftsgründungen in Wien vor- Modells“ für Baugruppen mit Selbstbestimmung und die bereitet, die sich an den Schwei- den anderen europäischen Städ- Gemeinschaftlichkeit lassen.“17 zer Vorbildern orientieren. ten zu führen, gibt es heute allei- Einige Gruppen sehen Vorzüge ne in aspern vier verschiedene in der Kooperation mit einem Derzeit gibt es jedenfalls neue rechtliche Herangehensweisen solchen Partner und schließen Möglichkeiten für Baugruppen, an das Thema Baugruppe. sich daher mit diesen zusammen. ein Grundstück zu finden. Ak- Schaut man sich die anderen tuell läuft ein Vergabeverfahren in Wien entstandenen Projekte In Wien wurde die Rechtsform für das Sonnwendviertel und der vergangenen Jahre, vor al- der Genossenschaft bisher von für das Stadterweiterungsgebiet lem das Wohnprojekt Wien, die keiner neuen Baugruppe ge- Neu-Leopoldau wird ein solches Frauenwohnprojekte [ro*sa] wählt, obwohl viele der Gruppen gerade vorbereitet. Die Baugrup- und B.R.O.T Kalksburg an, tritt von ihren Zielsetzungen am ge- pe als Instrument der Stadt- die Rechtsform Eigentum in nossenschaftlichen Leitgedanken entwicklung scheint in Wien den Hintergrund und zeigt sich anschließen könnten. Meist steht angekommen zu sein. War man das mittels Verein organisierte eben nicht die Schaffung von Ei- bei der Ausschreibung in aspern Miet- und Heimmodell als Be- gentum im Vordergrund, sondern im Jahr 2010 noch skeptisch, ob sonderheit für Wien. Im Rahmen das Entwickeln eines von einer sich überhaupt Gruppen melden der neuen Baugruppenbewe- Gemeinschaft getragenen Projek- würden, die ein Projekt umsetzen gung sind seit 2010 erst zwei tes mit gewissen gemeinschaftli- können, so ist man beim Sonn- Projekte entstanden, die die chen, gesellschaftlichen, sozialen wendviertel fünf Jahre später, Rechtsform Eigentum gewählt oder ökologischen Zielsetzungen. bereits wesentlich offener und haben, die Baugruppe JAspern Das Genossenschaftsmodell positiver eingestellt gegenüber und das Projekt Haberlgasse. galt lange als zu aufwendig und der Entwicklung eines Stadtteils Neben der Wahl des Vereins kostspielig. In der jüngeren Ver- mit Hilfe von Baugruppen. Preisträger für den Staatspreis Architektur und Nachhaltigkeit und Austragungsort der Workshopreihe 2014: das „Wohnprojekt Wien“ (Bild: BMLFUW, Kurt Hoerbst) 17 TEMEL, Robert: Baugemeinschaften in der Wiener Seestadt aspern, Studie im Auftrag der Stadt Wien, Magistratsabteilung 50 – Wohnbauförderung und Schlichtungsstelle für wohnrechtliche Angelegenheiten, Referat für Wohnbauforschung und internationale Beziehungen, Projekt MA 50 – Mi 1995/12, Wien 2014. S. 17f. GEMEINSAM BAUEN WOHNEN IN DER PRAXIS
WIENER BAUGRUPPEN IM KONTEXT
SEITE 20 BAUGRUPPEN IN ASPERN SEESTADT CHRONOLOGIE EINER PLANERISCHEN INNOVATION 18 ROBERT TEMEL, CONSTANCE WEISER DIE IDEE ENTSTEHT Bereits im Masterplan für Erreichen städtebaulicher und Schritte zur Umsetzung zu aspern Seestadt von Tovatt Qualitäten, insbesondere von erarbeiten, wurde 2008 der Ge- Architects & Planners von 2007 Kleinteiligkeit und Vielfalt, meinderat Christoph Chorherr gibt es Hinweise, die zu der Idee verstanden und eingesetzt. von der Wien 3420 AG beauftragt, führen sollten, in der Seestadt das Wiener Baugemeinschafts- Baugemeinschaften aktiv zu Doch die Beschäftigung mit Potenzial anzusprechen sowie fördern: „Um in dichten und diesem Thema im Rahmen der sinnvolle Rahmenbedingungen kompakten Bauformen auch asperner Projektentwicklung zu untersuchen. Gleichzeitig erar- kleinteilige Strukturen und ist älter: Bereits 2005, vor dem beitete die Wien 3420 AG Grund- Nutzungseinheiten mit vielfälti- städtebaulichen Wettbewerb, lagen für den Bebauungsplan, ger Gestaltung zu ermöglichen, besuchten VertreterInnen der der auch die Bedürfnisse von aber auch um nachbarschaftliche Entwicklungsgesellschaft exzel- kleinteiligen, selbstbestimmten Beziehungen zwischen den lente städtebauliche Beispiele Projekten beachten sollte. Ende Blöcken entstehen zu lassen, sind in Europa und kamen im Zuge 2008 lagen erste Resultate hin- kooperative Bauträgerschaften dessen auch nach Tübingen, sichtlich möglicher Rechtsformen und adäquate Planungs- und um die dortige Südstadtent- und stadtplanerischer Rahmenbe- Qualitätssicherungsmechanis- wicklung kennenzulernen, dingungen für Baugemeinschaf- men erforderlich.“ Als Ziele in der Baugemeinschaften ten vor. Ergänzend dazu wurden des Masterplans (unter vielen eine zentrale Rolle spielten. Anfang 2009 Forschungsaufträge anderen) werden hier Klein- der Wiener Wohnbauforschung teiligkeit, Vielfalt und die För- Bereits zu diesem Zeitpunkt an Robert Temel vergeben, um derung sozialer Beziehungen wurde begonnen, mit der Wiener das Potenzial in Wien zu unter- genannt. Gerade diese Ziele Stadtpolitik und Stadtverwaltung suchen und sinnvolle städte- lassen sich mithilfe von Bau- Möglichkeiten zu diskutieren, bauliche Rahmenbedingungen, gemeinschaften besonders gut wie Baugemeinschaften in das einen Leitfaden für Baugemein- erreichen. Diese wurden deshalb Seestadt-Projekt integriert werden schaften sowie Vergabekriterien von der Wien 3420 AG als könnten. Um die Idee auf ihre für eine entsprechende Aus- Mittel für das „natürliche“ Realisierbarkeit zu überprüfen schreibung zu entwickeln.
SEITE 21 BAUGRUPPEN IN ASPERN SEESTADT WIENER RENAISSANCE Diese Baugemeinschaftsinitiati- auf Seite der Stadt Wien und ve für aspern Seestadt entstand der Wien 3420 AG wurden also zufällig parallel zu neuen Bau- gleichsam von zivilgesellschaft- gemeinschaftsentwicklungen lichen Entwicklungen einge- in Wien und Österreich. Seit holt, was dazu beitrug, dass der Eröffnung des zweiten das Potenzial für das spätere Bauteils der Sargfabrik im Baugemeinschafts-Verfahren Jahr 2000 war in dieser Stadt in aspern genügend groß war. kein solches Projekt mehr re- alisiert worden, obwohl es in Nach Abschluss der Vorstu- den 1980er- und 1990er-Jahren dien konnte das Baugemein- durchaus eine sehr aktive Szene schaftsprojekt für aspern öffent- gegeben hatte und insgesamt lich gemacht werden, Ende 2009 mehr als zwanzig Projekte ging der Baugruppen-Blog der umgesetzt worden waren. Wien 3420 AG online. Bis April 2010 gab es drei Informations- Dies sollte sich nun wieder än- veranstaltungen vor Ort, in der dern: 2009 wurden drei neue Apotheke zum Löwen von As- Wiener Baugemeinschaftsprojek- pern, und einen Infoabend der te eröffnet: B.R.O.T. Kalksburg Initiative für gemeinschaftliches sowie die Frauenwohnprojekte Bauen und Wohnen im Rahmen [ro*sa] KalYpso und [ro*sa] der Architekturtage 2010 – Donaustadt. Im gleichen Jahr dabei wurden kürzlich fertigge- wurde in Wien die „Initiative stellte, in Bau oder in Planung für gemeinschaftliches Bauen befindliche Wiener Baugemein- und Wohnen“ zur Förderung schaftsprojekte präsentiert, des Baugemeinschaftsgedan- unter anderem die drei ersten, kens in Österreich gegründet. zu diesem Zeitpunkt absehba- Die institutionellen Schritte ren Kandidaten für aspern. Picknick in der zukünftigen Seestadt im August 2012. Erstmals nach Abschluss des Bewerbungsverfahrens um die Grundstücke auf dem Baufeld D13 trafen sich die Mitglieder der fünf Baugemeinschaften, um gemeinsam zu feiern (Foto: Robert Temel) 18 Die ersten fünf Abschnitte dieses Textes und das Resümee sind eine bearbeitete Fassung der Kapitel Chronologie der Baugemeinschaften in aspern und Resümee aus Robert Temel: Baugemeinschaften in der Wiener Seestadt aspern, Studie im Auftrag der Stadt Wien, MA 50, Wien 2012, S. 18–27. GEMEINSAM BAUEN WOHNEN IN DER PRAXIS
SEITE 23 BAUGRUPPEN IN ASPERN SEESTADT DAS BAUGRUPPENVERFAHREN Die erste Stufe des asperner Verfügung stehen, sondern etwa Wien) wurden aufgefordert, mit Baugemeinschaftsverfahrens ein Drittel davon. Aufgrund der anderen Baugemeinschaften zu startete im Mai 2011. Im August großen Nachfrage wurde schließ- kooperieren oder auf einem der folgte die Jurierung der ersten lich das gesamte Baufeld für anderen Wohnbau-Baufelder Stufe des Verfahrens, das vom Baugemeinschaften angeboten. eine Umsetzung anzustreben. Grundeigentümer Gelup zusam- Die ursprüngliche Einschätzung Nur ein Projekt erhielt sei- men mit der Wien 3420 AG und beruhte darauf, dass die Größe ne erste Standortwahl, alle dem Wohnfonds ausgeschrie- der Projekte unterschätzt wur- anderen bekamen Bauplätze ben worden war. Zur Verfügung de, weil typische Größen von entsprechend ihrer zweiten gestellt wurde das etwa 8.000 Baugemeinschaften in Berlin, Wahl zugewiesen. Weiters Quadratmeter große Baufeld D13 München und Tübingen auf stellte die Jury großen Abstim- im Süden der Seestadt, gelegen Wien übertragen wurden, ohne mungsbedarf zwischen den inmitten der Bauträgerwettbe- die besondere Wiener Situation Gruppen hinsichtlich der ge- werbs-Bauplätze, deren Bebau- (Stadterweiterungsgebiet, nauen Grundstücksabgrenzung ung noch unbekannt war, da der Wohnbauförderung, vorrangig und der Bebauungsformen fest Bauträgerwettbewerb erst später Gemeinschafts- statt Wohnungs- und bestimmte einen Termin stattfand. Das Baufeld grenzt eigentum) einzukalkulieren. für ein Abstimmungsgespräch direkt an die Einkaufsstraße Während in diesen Städten mit der Jury im September. („rote Saite“) und den Hannah- Projekte mit etwa acht bis Arendt-Park und liegt unweit zwanzig Wohnungen sehr häu- des Bildungscampus und des fig sind, enthalten die heute Stadthauses, beide ebenfalls am typischen Wiener Baugemein- Park; D13 befindet sich somit schaftsprojekte im Durchschnitt am Rand der ersten Stadtteil- 35 Wohnungen. Weiters war entwicklung und ist ein Baufeld vor Verfahrensbeginn trotz ei- mit sehr attraktiver Lage, es ist niger Kontakte zu potenziellen jedoch aufgrund dieser Lage Gruppen kaum absehbar, wie und der insgesamt relativ dich- groß die Nachfrage sein würde. ten Bebauung in aspern keine In dieser ersten Stufe sollte noch „Grünruhelage“, sondern ein keine architektonische Planung, urbaner Standort, bei dem der sondern ein Gruppenkonzept Bezug zum umgebenden öffent- präsentiert werden; die Gruppen lichen Raum sehr wichtig ist. sollten bereits etwa ein Drittel Das Baufeld sah eine Blockrand- der nötigen Mitglieder haben, bebauung im Norden und Osten, was die BewerberInnengruppen zur Einkaufsstraße und zum nur teilweise erreichten. Fünf Park, und eine offenere, durch- der insgesamt sieben einge- lässigere Bebauung im Westen reichten Konzepte wurden für und Süden zu den Nachbarbau- die zweite Verfahrensstufe aus- plätzen vor. Ursprünglich sollte gewählt. Die beiden anderen nicht das gesamte Baufeld zur Projekte (Que[e]rbau, Wohnclub Baustelle B.R.O.T. Aspern (Foto: Philipp Naderer) GEMEINSAM BAUEN WOHNEN IN DER PRAXIS
SEITE 24 BAUGRUPPEN IN ASPERN SEESTADT KOOPERATIVER STÄDTEBAU Das Abstimmungsgespräch in der Nähe des Baufelds D13, statt, die schließlich zwoPK zwischen Jury, Wohnfonds, auf dem nun Wohnbebauung in- für sich entschieden. Wien 3420 AG und den Bau- klusive des Baugruppenprojek- gemeinschaften befasste sich tes umgesetzt wird. Das Projekt Während der Bauträgerwett- mit der vorgeschlagenen des Wohnclubs Wien scheiterte. bewerb für aspern Seestadt Bauplatzverteilung sowie mit Mitte Dezember ausgeschrieben der Vorgangsweise zur städte- Auf diese Runde folgten noch wurde, startete die – parallel baulichen Kooperation, der im September drei weitere Ter- vorgesehene – zweite Phase des Grundstücksabgrenzung und mine, bei denen sich die Bau- Baugemeinschaftsverfahrens erst mit der Frage möglicher Syner- gemeinschaften alleine trafen Mitte Jänner 2012, da sich die gien zwischen den Gruppen. und die zuvor entwickelten Bauplatzschaffung für das Bau- Während es bezüglich der Sy- Fragestellungen weiterbear- feld D13 aufgrund der schwie- nergien (Gemeinschaftsräume, beiteten. Zwischen fast allen rigen Abstimmungen zwischen Erdgeschoßnutzungen, Marke- aneinandergrenzenden Bauge- den Gruppen verzögerte. In der ting) nur wenig Veränderungen meinschaften kam es zu schwie- zweiten Stufe waren eine detail- durch die Kooperation gab, rigen Abstimmungsprozessen lierte Mitgliederaufstellung, das war die Bauplatzaufteilung bezüglich Grundstücksgrenzen, Architekturprojekt samt Modell und -abstimmung ein sehr Abstandsbereichen und Rück- und Datenblatt (entsprechend intensiver, teils auch kontro- sprüngen vom öffentlichen Gut. dem Bauträgerwettbewerb), Ver- verser Prozess, der jedoch Im Oktober folgte das zweite tragsmuster und verschiedene insgesamt erfolgreich verlief Abstimmungsgespräch mit Jury, weitere Detaillierungen verlangt. und zu einem sehr guten räum- Wohnfonds und Wien 3420 AG, Mitte Februar fand ein Kollo- lichen Gesamtkonzept führte bei dem die Gruppen ihre quium für alle TeilnehmerInnen sowie zu gut aufeinander ab- Planungsstände und den Stand mit der Jury, der Wien 3420 AG, gestimmten Einzelprojekten. des Abstimmungsprozesses dem Wohnfonds und dem präsentierten. Aufgrund vieler Wohnservice statt, beim dem Que[e]rbau lehnte die Juryemp- offener planungsrechtlicher unter anderem der Status von fehlung ab, sich in eine der fünf Fragen wurde eine Runde mit Bauträgerwettbewerb und Wohn- anderen Gruppen zu integrie- den zuständigen Magistratsab- bauinitiative sowie anderer ren, da eine Identifikation über teilungen mit Unterstützung Projekte im direkten Umfeld und einen eigenen Bauplatz und die durch eine Vertreterin der Jury das Thema Anbotswohnungen eigene Architektur nötig wäre. durchgeführt, was sich als präsentiert wurden. In der Arbeitsgruppe Bauplätze überaus hilfreich für die fünf wurde vereinbart, Que[e]rbau Gruppen erwies. Es folgten Das Kolloquium in freundlicher unter Beibehaltung eigenstän- weitere Treffen hinsichtlich Atmosphäre zeigte aber auch diger Architektur weiter ein- städtebaulicher Abstimmung, Verständnisschwierigkeiten zubinden. Das sollte scheitern, Grundstücksteilung, Freiraum, zwischen den Beteiligten: die Gruppe glitt bald aus dem gemeinsames Marketing und So wurde von den Baugemein- weiteren Entwicklungsprozess Gemeinschaftseinrichtungen. schaften die Frage gestellt, ob es hinaus. Que[e]rbau fand später Im Dezember fanden Hearings – analog zum kooperativen Ver- mit dem Bauträger WBV-GPA für die gemeinsame Beauftrag- fahren der Wohnbauinitiative – ein anderes Grundstück (D22) ung von Landschaftsarchitekten auch eine Moderation der D13- GEMEINSAM BAUEN WOHNEN IN DER PRAXIS
E6 P̄ F5 F8 SEITE 25 F7 E8 E9 F6 F11 F10 ) " P F9 E10 E11 P̄ F13 BAUGRUPPENP̄ IN ASPERN SEESTADT Johann-Kutschera-Gasse F12 E12 E13 Seepa Yella-Hertzka-Park ___________O J1 E14 J7 Ja n is - E15 P̄ Jo plin -Promenade Su E16 J2 s J8 an J3A ne J3B - ße ) " Sc tra P̄ P hm -S id ße D1 rlt ) " a- -A P G ra as e So Ils St se J9 nn se J3D h- E17 D2 en as P̄ J3C Sc sc -G all E18 P̄ h D3 J -Tu en ee ci c k- o ri m D ri a J10 an -P ) " zi n Ma s D4 P ne ge J12 G ein eg Ag eo in r-G Kooperation geben würde. Die träger leisten sollten, sondern St W D5B r g ge as in r- P̄ se e- D6 D5A J11 Antwort lautete, dass man sich dass von ihnen sogar mehr P̄ Hermine- Dasovsky- P̄ „gerade von Baugruppen eine verlangt wurde, nämlich Mela-Spira-Gasse D9 Platz Yella-Hertzka-Park ___________O D7 D8 P̄ kooperative Projektentwicklung Kooperation. Es muss allerdings D10 So - Straße Br u nkel- Ga wik- sse erwarten“ würde. Auf die Frage festgestellt werden, An den dass die ns D14 Fr e Hannah- Alten Schanzen Maria-Tusch-Straße Arendt- ) "P Mar Trap nach Beratung für die Freiraum- AusschreiberInnen im ZugeE19 D22 D11 D12 D13B D13C Platz Pla Ilse - Arlt Mimi - Grossberg - Gasse Hannah- planung wurde geantwortet: des Verfahrens durchaus bereit ) " P P̄ D13A D13D Arendt- Park D18B „Die Entwicklung der Projekte waren, auf die spezifischen Pro- D13E Gisela-Legath-Gasse soll gerade bei Baugruppen bleme der Baugemeinschaften iaf-S D23 D16 D17 D18A Potesil- Gasse Maria- h -P eigenverantwortlich erfolgen.“ einzugehen und sie zu unter- O O D18C _______ _______ Edit Die Antworten ließen durch- stützen. Eine Teilfinanzierung blicken, dass die Baugemein- einer externen Moderation Madame-d'Ora-Park schaften nicht nur Ähnliches durch die Wien 3420 AG konnte Das Baufeld der asperner Baugruppen (Bild: Wien 3420 AG), wie professionelle Wohnbau- später noch erreicht werden. Stand Okt. 2015 VOM VERFAHREN ZUM PLANUNGSALLTAG Im März 2012 folgte das erste ein Zeitabschnitt, in dem die Im Juli 2012 initiierte die Initia- D13-Baugemeinschafts-Plenum generelle Öffentlichkeitsarbeit tive für gemeinschaftliches Bau- mit etwa dreißig TeilnehmerIn- der Gruppen einerseits und die en und Wohnen Koordinations- nen, also das erste Treffen, bei InteressentInnensuche anderer- treffen aller fünf Gruppen, um dem nicht nur einzelne Vertre- seits intensiviert wurden: Im die Gruppenkooperation wie- terInnen, sondern alle Gruppen- Mai beteiligten sich drei der der in Gang zu bringen und das mitglieder eingeladen waren. Gruppen an der Veranstaltungs- Gesamtprojekt zu unterstützen. Bei diesem Termin wurde der reihe Visionenhotel bei Soho in Resultat der ersten dieser Treffen Freiraumentwurf von zwoPK Ottakring; im Juni präsentierten war eine gemeinsame Website, präsentiert und diskutiert. alle fünf Gruppen ihre Projekte auf der die spezifischen Merk- Im gleichen Monat fand ein beim Baugruppen-Infoabend male der asperner Baugemein- Zwischenabstimmungsgespräch bei den Architekturtagen; wei- schaften dargestellt wurden mit dem Wohnfonds und der ters fand eine gemeinsame Füh- (www.aspern-baugruppen.at), Jury statt, um die städtebauliche rung über das Baufeld D13 und sowie gemeinsame Marketing- Entwicklung zu diskutieren. eine Präsentation des Gesamt- schritte und die Idee, bei der Ende April wurden die fünf projektes statt. Außerdem nah- Wien 3420 AG um Finanzierung Projekte für die zweite Phase men die fünf Gruppen sowie einer Moderation anzusuchen, des Baugemeinschaftsverfahrens alle Bauträger und ArchitektIn- die die Koordinierung der fünf schließlich zusammen mit dem nen der Projekte der Wohnbau- Baugemeinschaften betreiben Freiraumprojekt abgegeben. initiative und jener, die beim sollte. Denn es hatte sich he- Bauträgerwettbewerb prämiert rausgestellt, dass die bisher Auf die zweite Verfahrensphase worden waren, im Juni an ei- vorrangig anlassgetriebene und die Bestätigung der fünf nem Workshop zur städtebau- Kooperation eine unabhän- Projekte durch die Jury folgte lichen Qualitätssicherung teil. gige Steuerung brauchte. GEMEINSAM BAUEN WOHNEN IN DER PRAXIS
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