Ausgabe 4/2017 - Festakt Gestresste Mausmakis - Deutsches Primatenzentrum

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Festakt      Gestresste Mausmakis   Eröffnung der Ausstellung
   zum Jubiläum      sterben früher             „Primaten“

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                                                   40

Ausgabe 4/2017
Editorial

                         Liebe Leserinnen
                                                         Inhalt
                         und Leser,
                          wenn man viel erlebt, ver-
                                                         Highlights aus der Forschung.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 3
                          geht die Zeit wie im Flug.
                          So kommt mir auch unser        Wissenschaftspolitik.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 13
                          Jubiläumsjahr vor, das sich    Kongresse und Workshops . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
                          allmählich dem Ende neigt.
                                                         Veranstaltungen.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 20
Wir haben ordentlich gefeiert (siehe Seite 20), eine
120-seitige DPZ-Chronik veröffentlicht, 14 zusätzliche   Jubiläum: 40 Jahre DPZ. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
Führungen für Besucher durchgeführt und neben den
                                                         DPZ intern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
15 Vorträgen im Rahmen des DPZ-Kolloquiums noch
elf öffentliche Vorträge, drei Movie Nights, eine Aus-   Abschlüsse und Publikationen .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 44
stellungseröffnung und eine Lehrerfortbildung veran-     Aus der Leibniz-Gemeinschaft .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 47
staltet. Dazu kommen noch acht, meist mehrtägige
                                                         Termine.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 52
Seminare und Workshops, wie beispielsweise das Pri-
mate Neurobiology Symposium und die im Dezember
stattfindenden Freilandtage. Wer jetzt noch nichts
vom DPZ gehört hat, ist selber schuld – beziehungs-
weise hat noch bis zum 28. Februar Zeit, die Ausstel-
lung „Primaten“ zu besuchen.

In der vierten und damit letzten Jubiläumsausgabe
von DPZ aktuell haben wir die durchaus bewegten
letzten zehn Jahre der DPZ-Historie zusammenge-
fasst. Vier der derzeit neun Abteilungsleiter haben
seit 2008 am DPZ angefangen, außerdem zwei For-
schungs- und drei Nachwuchsgruppenleiter. Das
Hormonlabor wurde als eigenständige Serviceein-
heit etabliert, der Leibniz-Wissenschaftscampus „Pri-
matenkognition“ ins Leben gerufen und die Initia-
tive „Tierversuche verstehen“ gegründet. Dass unse-
re DPZ-Geschichte spannend weitergeht, hoffen wir
doch sehr – vielleicht ja bald mit dem einen oder an-
deren Exzellenzcluster an der Universität Göttingen,
an deren Anträgen unsere Wissenschaftler gerade
intensiv (mit)arbeiten. Wir halten Sie auf dem Lau-
fenden.
                                                               Ein Grauer Mausmaki (Microcebus murinus)
                                                               schaut hinter einem Baum hervor. DPZ-Wissen-
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.
                                                               schaftler haben in einer kürzlich erschienenen
Ihre Susanne Diederich
                                                               Studie herausgefunden, dass chronischer Stress
                                                               bei dieser Primatenart mit einer erhöhten Kon-
                                                               zentration des Hormons Cortisol und einer be-
                                                               grenzten Lebenserwartung korreliert.   A gray
                                                               mouse lemur (Microcebus murinus) looks out
                                                               from behind a tree. DPZ scientists have found in a
                                                               recent study that chronic stress correlates with a
                                                               higher level of the hormone cortisol and a limited
                                                               life expectancy in this primate species.
                                                               Photo: Anni M. Hämäläinen
Highlights aus der Forschung

Ein Grauer Mausmaki (Microcebus murinus). Die nachtaktiven Tiere gehören mit durchschnittlich 60 Gramm Körpergewicht zu den
kleinsten Vertretern unter den Primaten.     A gray mouse lemur (Microcebus murinus). The animals with an average weight of 60
grams are among the smallest representatives among the primates. Photo: Anni M. Hämäläinen

Gestresste Mausmakis sterben früher
Wissenschaftler am Deutschen Primatenzentrum untersuchen den Zusammen-
hang zwischen Stress und Überlebenschancen bei Lemuren

Chronischer Stress hat auch einen negativen Einfluss             Einen Zusammenhang zwischen parasitärem Befall
auf die Gesundheit und damit auf die Überlebens-                 der Tiere und Überlebenswahrscheinlichkeit konn-
chancen unserer nächsten Verwandten. Das haben                   ten die Wissenschaftler dagegen nicht feststellen.
Wissenschaftler des Deutschen Primatenzentrums                   Der Cortisol-Wert aus Ablagerungen in Haaren ist
(DPZ) und der Universität Göttingen in einer Studie              demnach besser geeignet, die Gesundheit von frei-
mit freilebenden Lemuren in Madagaskar heraus-                   lebenden Lemuren abzuschätzen, als andere bislang
gefunden. Demnach korrelieren dauerhaft erhöhte                  verwendete Parameter.
Konzentrationen des Stresshormons Cortisol in den
Haaren von Grauen Mausmakis (Microcebus murinus)                 Graue Mausmakis sind baumbewohnende Lemuren,
mit einer begrenzten Lebenserwartung. Dies zeigte                die in den Wäldern Madagaskars leben. Die nachtak-
sich vor allem in der Fortpflanzungszeit, die für die            tiven Tiere wiegen durchschnittlich 60 Gramm und
Tiere einen zusätzlichen Energieaufwand bedeutet.                gehören damit zu den kleinsten Vertretern unter den
Mausmakis mit einer guten körperlichen Kondition                 Primaten. Die Wissenschaftler des Deutschen Prima-
hatten zwar allgemein bessere Überlebenschancen,                 tenzentrums studieren die Mausmakis seit über 20
waren jedoch aufgrund höherer Anforderungen wäh-                 Jahren an einer Freilandstation im Kirindy-Wald an der
rend der Jungenaufzucht ebenfalls beeinträchtigt.                Westküste Madagaskars.

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Highlights aus der Forschung

    Um nachzuweisen, dass chronischer Stress einen            die Ursachen der Sterblichkeit zulässt, deuten die Er-
    negativen Einfluss auf das Überleben der Tiere hat,       gebnisse darauf hin, dass die Cortisol-Konzentration
    verfolgten die Forscher von 2012 bis 2014 eine Po-        in den Haaren ein wichtiger Indikator für die Gesund-
    pulation Grauer Mausmakis im Kirindy-Wald. Neben          heit freilebender Lemuren und anderer Säugetierar-
    den Cortisol-Werten in den Haaren wurden auch die         ten sein kann. „Die Erkenntnisse könnten den Schutz
    körperliche Kondition – gemessen als Verhältnis zwi-      der Tiere erleichtern, da die Cortisol-Konzentration
    schen Körpergewicht und Größe – sowie der Befall der      ein wesentliches Instrument darstellt, mit dem man
    Tiere mit Parasiten von den Wissenschaftlern in bis zu    Probleme innerhalb der Populationen effizient erken-
    171 Tieren gemessen. In einer Sub-Population von 48       nen und letztlich die Reaktionen der Lemuren auf
    Mausmakis wurden alle drei Gesundheitsindikatoren         Umweltveränderungen vorhersagen könnte“, sagt
    in Beziehung zur Überlebenswahrscheinlichkeit über        Josué Rakotoniaina.
    die Fortpflanzungszeit betrachtet.

    Mausmakis mit niedrigen Cortisol-Werten in den            Stressed lemurs have worse chances of
    Haaren wiesen eine 13,9 Prozent höhere Überlebens-        survival
    wahrscheinlichkeit auf als solche mit hohen Corti-
    sol-Konzentrationen. Tiere, die eine gute körperliche     High levels of hair cortisol are associated with reduced
    Kondition hatten, überlebten zu 13,7 Prozent besser       survival in wild gray mouse lemurs
    als Artgenossen mit einem schlechten körperlichen
    Zustand. Weibchen überlebten zudem eher als Männ-         Researchers at the German Primate Center and Georg
    chen. Bei Mausmakis, die mit Parasiten infiziert wa-      August University Göttingen found that gray mouse le-
    ren, konnten die Forscher keinen Zusammenhang zur         murs with high levels of the stress hormone cortisol in
    Überlebenswahrscheinlichkeit feststellen.                 their fur were less likely to survive both long-term and
                                                              over the reproductive season. The study is now pub-
    „Die Konzentration an Stresshormonen wird oft als         lished in the open access journal BMC Ecology.
    Anzeiger für Gesundheit und Fitness herangezogen“,
    sagt der Erstautor der Studie Josué Rakotoniaina.         Josué Rakotoniaina, the corresponding author said “De-
    „Unsere Untersuchung ist aber eine der ersten, die        spite the wide use of stress hormone levels as an index
    einen Zusammenhang zwischen chronischem Stress            of health and condition, this study is among the first
    und Überleben in einer freilebenden Lemurenpopu-          to correlate an index of chronic stress with survival in
    lation zeigt.“                                            a wild population of lemurs. This was only possible by
                                                              combining hair cortisol levels with several years of life
    Die Forscher betonen außerdem, dass besonders in          history data that was gathered from a long-term moni-
    der Paarungszeit Stress eine wichtige Rolle spielt, vor   toring project of mouse lemurs.”
    allem für männliche Mausmakis. Gestresste Tiere sind
    häufig nicht in der Lage, mit der zusätzlichen energe-    Lemurs with low hair cortisol levels had on average
    tischen Belastung während der Paarungszeit adäquat        a 13.9 per cent higher chance to survive than those
    umzugehen.                                                with high levels of hair cortisol. Lemurs with very good
                                                              body condition – that is optimal body mass and size –
    „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Cortisol-Konzen-      survived on average 13.7 per cent better than lemurs
    tration in den Haaren ein besserer Indikator für das      with poor body condition and females survived, on
    Überleben und damit für die Gesundheit der Tiere ist,     average, better than males. Variations in parasitism,
    als andere Parameter“, so Rakotoniaina. „Cortisol wird    such as the number of parasite infections, were not
    vom Haar während des Wachstums aufgenommen.               linked to survival.
    Das erlaubt uns eine Analyse der Konzentration über
    eine längere Zeitspanne und nicht nur zu einem be-        Josué Rakotoniaina added: “Our findings indicate that
    stimmten Zeitpunkt.“                                      hair cortisol concentrations are a much better predic-
                                                              tor of survival, and thus a better index of health, than
    Obwohl der genaue Mechanismus, durch den Cortisol         other commonly used health indicators. Cortisol is tak-
    im Haar aufgenommen wird, noch nicht vollständig          en up by hair as it grows so its concentration in a hair
    bekannt ist, und die Studie keine Rückschlüsse auf        sample allows assessment of overall cortisol levels over

4   DPZ aktuell, November 2017
Highlights aus der Forschung

time rather than – as single samples of blood, saliva or            Although the exact mechanism by which cortisol is
urine do – at one time point.” To test their hypothesis             built into hair is not yet fully understood and the ob-
that high hair cortisol concentration as a measure of               servational nature of the study does not allow conclu-
long-term stress is related to individual survival, the             sions about the causes of mortality, the findings sug-
researchers studied a population of gray mouse lemurs               gest that hair cortisol concentration may be a valid
in Kirindy Forest, Madagascar from 2012 to 2014. They               indicator of health in wild lemur populations. Josué
assessed the relationship between hair cortisol concen-             Rakotoniaina said: “This important information could
tration and long-term survival in 171 lemurs, while the             facilitate conservation decisions as it provides conser-
effect of body condition on long-term survival was as-              vationists with an essential tool that could be used
sessed in a sub-sample of 149, and the link between all             to detect issues emerging at the population level and
health indicators (hair cortisol level, body condition and          ultimately predict wild populations’ responses to envi-
parasitism) and survival during the mating season was               ronmental challenges.”
assessed in a group of 48 lemurs.
                                                                    Original publication
The researchers suggest that the benefits of having low
stress levels may be even more pronounced prior to the              Rakotoniaina JH, Kappeler PM, Kaesler E, Hämäläinen
mating season. Individuals that are more affected by                AM, Kirschbaum C, Kraus C (2017): Hair cortisol con-
challenging conditions may not be able to cope with                 centrations correlate negatively with survival in a wild
the additional stress during mating season which is                 primate population. BMC Ecology 2017 DOI: 10.1186/
particularly challenging for male mouse lemurs.                     s12898-017-0140-1

Ein Grauer Mausmaki (Microcebus murinus) im Kirindy-Wald. Hohe Cortisol-Werte in den Haaren der Tiere weisen auf chronischen
Stress hin, was mit einer begrenzten Lebenserwartung einhergeht.     A gray mouse lemur (Microcebus murinus) in the Kirindy
Forest. High cortisol levels in the hair of the animals indicate chronic stress, which is associated with a limited life expectancy.
Photo: Anni M. Hämäläinen

                                                                                                   DPZ aktuell, November 2017          5
Highlights aus der Forschung

    Darstellung der Wirkungsweise des Bioreaktors.     How the bioreactor works. Image: UKD Medizinische Klinik III

    Erfolg für die Transplantationsforschung
    Wissenschaftlern gelingt die Transplantation tierischer Inselzellen ohne Eingriff
    ins Immunsystem

    Einem internationalen Forscherteam, an dem auch                     Diabetes mellitus Typ 1 wird durch die Zerstörung
    Wissenschaftler des Deutschen Primatenzentrums                      der Insulin-produzierenden Inselzellen der Bauch-
    beteiligt waren, ist in einer vielversprechenden Stu-               speicheldrüse durch das körpereigene Immunsystem
    die die Transplantation von artfremden Insulin-pro-                 ausgelöst. Warum das geschieht, ist bislang noch
    duzierenden Inselzellen in Rhesusaffen gelungen.                    unklar. Durch das fehlende Insulin kommt es zu ei-
    Die Zellen stammen aus der Bauchspeicheldrüse                       ner dauerhaften Überzuckerung des Blutes, was zu
    von Schweinen und sind in einer als Bioreaktor funk-                zahlreichen Folgeerkrankungen wie Herz-Kreislauf-
    tionierenden Kapsel eingeschlossen. Somit können                    Erkrankungen, Nieren- und Nervenschädigungen
    Abstoßungsreaktionen des Immunsystems verhin-                       führt. Laut Robert-Koch-Institut sind in Deutschland
    dert werden. Die Studie fand unter Federführung                     derzeit etwa acht Millionen Menschen an Diabetes
    der Dresdner Wissenschaftler Barbara Ludwig, Ste-                   erkrankt. Rund 400.000 davon an Typ 1. Betroffene
    fan Ludwig und Stefan R. Bornstein vom Universi-                    müssen ihrem Körper lebenslang Insulin von außen
    tätsklinikum Carl Gustav Carus statt. Die Forscher                  zuführen.
    haben den künstlichen, für die Insulinproduktion
    verantwortlichen, Inselapparat der Bauchspeichel-                   Die Transplantation menschlicher Inselzellen zur
    drüse zusammen mit der israelischen Firma „Beta-O2                  Behandlung von Typ-1-Diabetes ist bislang nur be-
    Technologies Ltd.“ entwickelt. Die Transplantationen                grenzt möglich und deshalb Hochrisiko-Patienten
    wurden am Deutschen Primatenzentrum durchge-                        vorbehalten, deren Erkrankung einen kritischen
    führt. Die Spenderzellen funktionierten auch nach                   Verlauf zeigt. Sowohl die lebenslange Gabe von
    einem halben Jahr noch gut und produzierten Insu-                   Medikamenten, die das Immunsystem unterdrü-
    lin in ausreichender Menge. Die Studie eröffnet da-                 cken (Immunsuppressiva) und der Mangel an ge-
    mit neue, zellbasierte Behandlungsmöglichkeiten für                 eigneten Spenderzellen beschränken den Einsatz
    Diabetes-Patienten (PNAS).                                          der Methode.

6   DPZ aktuell, November 2017
Highlights aus der Forschung

Kleiner Bioreaktor mit großer Wirkung                          dem Menschen ähnlich sind, sind deshalb im Vorfeld
                                                               klinischer Studien unverzichtbar.“
Um diesem Umstand entgegenzuwirken, entwickel-
ten die Dresdner Wissenschaftler eine neue Strategie,          Im nächsten Schritt wird das Paul-Ehrlich-Institut, das
um Inselzellen von Schweinen in einer Kapsel dauer-            deutsche Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedi-
haft überleben zu lassen. Die artfremden Zellen sind           zinische Arzneimittel, die Studie auf die Anwendbar-
durch eine Membran vom Rest des Körpers abge-                  keit beim Menschen prüfen. Sollten klinische Studien
grenzt. Sauerstoff, Glucose und Nährstoffe, die die Zel-       zugelassen werden, könnte der Bioreaktor in einigen
len zum Überleben benötigen, können in das System              Jahren Erkrankten helfen und so die Insulingaben ein-
eindringen, Insulin kann hinausgeschleust werden.              schränken oder sogar ganz überflüssig machen.
Bestimmte Abwehrzellen des Immunsystems, die den
Zellen schaden könnten, kommen jedoch nicht durch              Der Forschungsverbund SFB – Transregio 127
die Hülle. Die Gabe von Immunsuppressiva ist somit
nicht notwendig.                                               Die Studie wurde im Rahmen des Transregio-Son-
                                                               derforschungsbereiches (TRR) 127 durchgeführt. In
Der kleine Bioreaktor, der die Inselzellen enthält,            dem DFG-geförderten Forschungsverbund arbeiten
wurde drei Rhesusaffen am DPZ transplantiert. „Wir             seit 2012 zahlreiche Experten auf dem Gebiet der
haben die Tiere auf die OP vorbereitet und auch de-            Xenotransplantation zusammen. Die Wissenschaft-
ren Nachsorge übernommen“, sagt Uwe Schönmann,                 ler erforschen alternative Organersatzverfahren mit
Koloniemanager in der DPZ-Primatenhaltung. „Die                dem Ziel, artfremde Organe, Gewebe oder Zellen aus
künstlichen Organe haben in den Affen gut funktio-             Schweinen für den Menschen nutzbar zu machen.
niert und Insulin produziert, wenn der Blutzuckerspie-         Dabei arbeiten die Wissenschaftler in eng vernetzten
gel stieg. Schwere Nebenwirkungen haben wir nicht              Forschungsprojekten zusammen. Dem DPZ kommt
beobachtet. Nun muss untersucht werden, ob das                 hierbei eine zentrale Rolle zu, da das Institut die Emp-
Fremdtransplantat auch im Menschen funktioniert.“              fängertiere zur Verfügung stellt, die Projektpartner
Neben Schönmann waren noch die Tierärztinnen                   mit der Expertise im Umgang mit nicht-menschlichen
Yvonne Knauf und Martina Bleyer vom DPZ an der Stu-            Primaten unterstützt und in Tierschutzfragen berät.
die beteiligt. Projektleiter am DPZ ist Franz-Josef Kaup,
Leiter der Abteilung Infektionspathologie und der Pri-
matenhaltung.                                                  Milestone reached in transplantation
                                                               research
                 Franz-Josef Kaup:
  „Sicherheitsstudien an Affen sind unverzichtbar“             Successful transplantation of porcine islets without im-
                                                               munosuppression
„Bevor man Fremdtransplantate bei kranken Men-
schen einsetzen kann, müssen die Methoden in ge-               An international team of researchers, that includes
eigneten Tiermodellen getestet werden“, sagt Kaup.             scientists from the German Primate Center (DPZ), has
„Sicherheits- und Machbarkeitsstudien mit Affen, die           completed a successful transplantation study of por-
                                                               cine insulin-producing islets in rhesus monkeys. The
                                                               islets, taken from porcine pancreas, are enclosed in a
                              Prof. Dr. Franz-Josef Kaup ist
                                                               capsule that serves as a bioreactor. This prevents rejec-
                              Leiter der Abteilung Infek-
                              tionspathologie und Tier-        tion reactions of the immune system. The study was
                              schutzbeauftragter      sowie    conducted under the leadership of Barbara Ludwig,
                              Projektleiter des Forschungs-    Stefan Ludwig and Stefan R. Bornstein of the Univer-
                              verbundes SFB/TRR 127 am         sity Hospital Carl Gustav Carus in Dresden. In coopera-
                              DPZ.     Prof. Dr. Franz-Josef   tion with the Israeli company “Beta-O2 Technologies
                              Kaup is the head of the Pa-
                                                               Ltd”, the researchers developed the artificial pancre-
                              thology Unit, the Animal
                              Welfare Officer at the DPZ as    atic islet apparatus that has the ability to produce in-
                              well as project manager of       sulin. The transplants were performed at the German
                              the Research Association SFB/    Primate Center. After six months, the donor cells pro-
                              TRR 127. Photo: Privat           duced sufficient insulin and were still intact. The study

                                                                                          DPZ aktuell, November 2017       7
Highlights aus der Forschung

    provides new cell-based treatment options for diabetic        tercare,” says Uwe Schönmann, colony manager of the
    patients (PNAS).                                              DPZ Primate Husbandry. “The artificial organs showed
                                                                  promising results in the monkeys and produced insu-
    The autoimmune disease, diabetes mellitus type 1 is           lin as soon as the blood sugar levels increased. We did
    triggered by the destruction of insulin-producing islets.     not observe any serious side-effects. It is now time to
    The reason for this occurrence remains a mystery. The         investigate the effects of the xenografts on humans.” In
    lack of insulin leads to permanent hyperglycemia that         addition to Schönmann, the DPZ veterinarians Yvonne
    can lead to numerous secondary diseases such as car-          Knauf and Martina Bleyer were also involved in the
    diovascular disease, kidney and nerve damage. Accord-         study. Franz-Josef Kaup, head of the Pathology Unit and
    ing to the Robert Koch Institute, about eight million         Primate Husbandry is the project leader at the DPZ.
    people are currently suffering from diabetes in Germa-
    ny. Approximately 400,000 suffer from type 1 diabetes                           Franz-Josef Kaup:
    and must provide the body with insulin for the rest of            “Safety studies on monkeys are indispensable”
    their lives.
                                                                  “Before the transplantation of xenografts are allowed in
    The transplantation of human islets for the treatment         sick people, the methods must be tested in suitable ani-
    of type 1 diabetes is currently limited and therefore re-     mal models,” says Kaup. “Safety- and feasibility studies
    served for high-risk patients where the disease has taken     with non-human primates are therefore indispensable
    a turn for the worst. Both the lifelong administration of     in the run-up to clinical trials.”
    drugs that suppress the immune system (immunosup-
    pressant) and the lack of suitable donor cells, limit the     In the next step the Paul Ehrlich Institute, the German
    implementation of this method.                                Federal Institute for Vaccines and Biomedicines, will
                                                                  examine the study’s applicability to humans. If clinical
    Small but highly effective bioreactor                         trials are allowed in the next few years, the bioreactor
                                                                  could help patients and thereby reduce or even elimi-
    To counteract this condition, scientists from Dresden de-     nate insulin administration.
    veloped a new strategy to allow for the permanent sur-
    vival of porcine islets in a capsule. A membrane separat-     The Research Association SFB – Transregio 127
    ed the islets from the rest of the body. Oxygen, glucose
    and nutrients that are vital for cell survival are able to    The study was conducted within the framework of the
    enter the system and insulin is then transferred to the       Transregio-Special Research Field (TRR) 127. Since 2012,
    body. However, certain immune system cells that could         numerous xenotransplantation experts have been
    damage the islets are not allowed to pass through the         working together in the DFG-funded research network.
    membrane. The addition of immunosuppression is                Scientists are investigating alternative replacement
    therefore superfluous.                                        procedures for organs, tissues or cells from pigs. The DPZ
                                                                  plays a pivotal role in this because it provides the re-
    The transplantation of the small bioreactor with the is-      cipient animals, give advice to the project partners with
    lets, occurred at the DPZ. “We prepared three animals         their expertise in dealing with non-human primates
    for the surgeries and were also responsible for their af-     and provide information on animal welfare issues.

                                   Uwe Schönmann ist Kolonie-     Original publication
                                   manager in der Primatenhal-
                                   tung des DPZ.     Uwe Schön-
                                                                  Ludwig B, Ludwig S, Steffen A, Knauf Y, Zimmermann
                                   mann is the colony manager
                                   of the DPZ Primate Husban-
                                                                  B, Heinke S, Lehmann S, Schubert U, Schmid J, Bleyer
                                   dry. Photo: Karin Tilch        M, Schönmann U, Colton C, Bonifacio E, Solimena M,
                                                                  Reichel A, Schally A, Rotem A, Barkai U, Grinberg-Rashi
                                                                  H, Kaup FJ, Avni Y, Jones P, Bornstein SR (2017): Favorable
                                                                  outcome of experimental islet xenotransplantation
                                                                  without immunosuppression in a nonhuman primate
                                                                  model of diabetes. PNAS, Proceedings of the National
                                                                  Academy of Sciences, doi: 10.1073/pnas.1708420114

8   DPZ aktuell, November 2017
Highlights aus der Forschung

Leber eines Javaneraffen mit kreisförmigen Herpes-B-Virus-Infektionsherden.     Liver of a cynomolgous monkey with circular herpes B
virus with necrotic lesions. Photo: Michael Suntz

Gesundheitsgefahr durch Herpes-B-Infektion
Infektionsbiologen des DPZ entwickeln Verfahren zum Nachweis der für Men-
schen gefährlichen Virusinfektion in Makaken

Die überwiegende Anzahl der Erwachsenen in Deutsch-                 am DPZ, hat einen der seltenen Fälle identifiziert, bei
land ist mit dem Herpes-simplex-Virus Typ 1 (HSV-1)                 dem ein Makake an einer schweren, akuten Herpes-B-
infiziert. Die Infektion ist für die Lippenbläschen ver-            Virus-Infektion verstarb und erlangte dabei wichtige
antwortlich, die häufig nach einer Schwächung des                   Einblicke in die Ausbreitung des Virus im Tier. Außer-
Körpers auftreten. Ein schwerer Verlauf einer HSV-1-                dem hat Kaul ein Nachweisverfahren für die Herpes-B-
Infektion wird jedoch nur in Ausnahmefällen beob-                   Virus-Infektion von Makaken etabliert und ist dabei,
achtet. Makaken tragen ein dem HSV-1 verwandtes                     dieses Testsystem für die Diagnostik im Menschen
Virus, das Herpes-B-Virus. Analog zur Situation beim                weiterzuentwickeln.
Menschen, zeigen Herpes-B-Virus-infizierte Tiere
meistens keine, oder nur milde Symptome. Nach einer                 Die Übertragung des Herpes-B-Virus von Makaken
Übertragung auf den Menschen können Betroffene                      auf den Menschen kann eine schwere Erkrankung
jedoch eine schwere Erkrankung entwickeln. Maka-                    verursachen. Dies wurde erstmals in den 1930er
ken mit unklarem Herpes-B-Status stellen daher eine                 Jahren beobachtet, als ein Wissenschaftler, der von
Gesundheitsgefahr für den Menschen dar. Artur Kaul,                 einem Makaken gebissen worden war, eine tödlich
Wissenschaftler in der Abteilung Infektionsbiologie                 verlaufende Enzephalitis entwickelte. Anschließend

                                                                                                   DPZ aktuell, November 2017          9
Highlights aus der Forschung

     wurden mindestens 30 Fälle einer Herpes-B-Virus-                      Kot infizierter Tiere eine mögliche Ansteckungsquelle
     Übertragung auf Menschen registriert, von denen bis                   darstellen kann.
     zu 70 Prozent tödlich verliefen. Auch wenn heute die
     Herpes-B-Problematik bekannt ist, entsprechende                       „Es ist wichtig, den Herpes-B-Virus-Infektionsstatus
     Schutzmaßnahmen getroffen werden sowie Thera-                         von Makaken zu bestimmen, die Kontakt zu Men-
     pie zur Verfügung steht, stellt die Herpes-B-Virus-In-                schen haben“, sagt Artur Kaul. „Gesunde Tiere kön-
     fektion immer noch eine ernstzunehmende Gesund-                       nen das Virus tragen und ausscheiden und somit
     heitsgefahr für Menschen dar, die mit Makaken oder                    Menschen anstecken. Makaken entwickeln vermut-
     Makakenproben arbeiten.                                               lich nur bei einer Immunschwäche eine schwere Er-
                                                                           krankung, bei der hohe Mengen an Virus produziert
     In Makaken verursacht die Herpes-B-Virus-Infekti-                     werden können.“
     on nur in seltenen Fällen eine schwere Erkrankung.
     Die Analyse infizierter Tiere kann wichtige Infor-                    Das krankmachende Potential des Herpes-B-Virus
     mationen über die Entwicklung der Krankheit und                       macht es notwendig, Testverfahren zu entwickeln,
     mögliche Übertragungswege liefern. Artur Kaul und                     mit deren Hilfe die Infektion sicher nachgewiesen
     Martina Bleyer, Tierärztin am DPZ, sowie Kollegen                     werden kann. Artur Kaul hat auf der Basis publizierter
     am Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt                           Arbeiten ein Nachweisverfahren etabliert, mit dem
     Freiburg und Stuttgart haben einen Javaneraffen un-                   Antikörper gegen das Herpes-B-Virus in Makaken mit
     tersucht, der innerhalb von zwölf Stunden an einer                    hoher Sensitivität nachgewiesen werden können.
     unvermittelt aufgetretenen Erkrankung verstarb. Die                   Dieses System wurde in einer Publikation in der Zeit-
     Leber des Tieres wies Verletzungen auf, die Herpes-                   schrift Primate Biology beschrieben und wird gegen-
     B-Virus-Partikel enthielten. Außerdem konnten hohe                    wärtig eingesetzt, um die Makaken-Kolonien am DPZ
     Mengen an Herpes-B-Virus-Erbgut in der Leber und                      zu testen. Das langfristige Ziel ist es jedoch, Herpes-B-
     weiteren Organen sowie im Kot nachgewiesen wer-                       Virus spezifische Antikörper in Menschen nachweisen
     den. Diese Beobachtungen, die im Journal of Medical                   zu können.
     Primatology publiziert wurden, weisen darauf hin,
     dass die Leber ein wichtiges Zielorgan der Herpes-B-                  „Dieser Nachweis ist schwierig, da lediglich Antikör-
     Virus-Infektion darstellt. Außerdem zeigen sie, dass                  per detektiert werden dürfen, die gegen das Herpes-

     Dr. Artur Kaul ist Wissenschaftler in der Abteilung Infektionsbiologie am Deutschen Primatenzentrum. Gemeinsam mit seinen Kolle-
     gen hat er ein sensitives Verfahren zum Nachweis der Herpes-B-Infektion in Makaken entwickelt.     Dr. Artur Kaul is a scientist in the
     Infection Biology Unit at the German Primate Center. Together with his colleagues, he has developed a sensitive method for the detection
     of herpes B infection in macaques. Photo: Karin Tilch

10   DPZ aktuell, November 2017
Highlights aus der Forschung

B-Virus, aber nicht gegen das eng verwandte HSV-1
gerichtet sind“, sagt Artur Kaul. „Ein entsprechendes
Nachweisverfahren für Menschen wird gegenwärtig
nur von Kollegen in den USA angeboten. Diesen Test
können wir hier aber leider nicht benutzen, da wir am
DPZ noch kein humandiagnostisches Labor haben.
Die Etablierung einer leistungsstarken Alternative am
DPZ ist deshalb wünschenswert, um Mitarbeitern, die
möglicherweise mit dem Herpes-B-Virus in Kontakt
gekommen sind, zeitnah eine Risikoabschätzung lie-
fern zu können.“

Zukünftig planen Artur Kaul und Kollegen in der Ab-
teilung Infektionsbiologie weitere grundlegende For-
schungsarbeiten zum Herpes-B-Virus. So ist immer
noch unklar, warum Herpes-B-Virus-Infektionen des
Menschen nur in den USA beobachtet wurden, wäh-
rend ähnliche Fälle in Asien, wo viele Menschen Kon-
takt mit dort freilebenden Makaken haben, nicht do-
kumentiert wurden.
                                                              Ein Javaneraffe in der Primatenhaltung am DPZ. Diese Primaten-
                                                              art gehört zur Gattung der Makaken, die häufig mit dem Her-
                                                              pes-B-Virus infiziert sind.     A long-tailed macaque in the prima-
Health threat associated with herpes B                        te husbandry at the DPZ. This primate species belongs to the
virus infection                                               genus of macaques, which are often infected with the herpes B
                                                              virus. Photo: Margit Hampe
Researchers of the DPZ Infection Biology Unit develop
diagnostic tests for detection of herpes B virus infection    That transmission of herpes B virus from macaques to
                                                              humans can cause serve disease was first observed in
The majority of adults in Germany are infected with           the 1930s when a scientist who was bitten by a ma-
herpes simplex virus type 1 (HSV-1). Infection is asso-       caque developed lethal encephalitis. Subsequently, at
ciated with lib blisters, which can arise when immune         least 30 cases of herpes B virus transmission to humans
defenses are weakened. Severe disease upon HSV-1 in-          were detected and the majority of patients died from
fection is rare. Macaques harbor a HSV-1 related virus,       the ensuing disease. Although the threat associated
the herpes B virus. Similar as for humans, herpes B virus     with herpes B virus is known today, preventive measures
infected animals usually remain asymptomatic or de-           are in place and therapy is available, herpes B virus in-
velop mild symptoms. However, transmission of herpes          fection still poses a considerable threat to humans, who
B virus from macaques to humans can induce severe             are in contact with macaques.
disease. Therefore, macaques with unclear herpes B
status pose a threat to human health. DPZ researcher          In macaques, herpes B virus rarely causes severe disease.
Artur Kaul, head of the virus diagnostics lab of the In-      However, the analysis of afflicted animals can pro-
fection Biology Unit, has identified one of the rare cases    vide important information on viral pathogenesis and
of herpes B virus associated severe disease in a non-         routes of transmission. Artur Kaul and Martina Bleyer,
human primate: A cynomolgus macaque had died from             a veterinarian at DPZ, jointly with colleagues at the
severe acute disease within 12 hours. Artur Kaul found        Chemical and Veterinary Investigatory Offices Freiburg
that the disease was associated with massive herpes B         and Stuttgart analyzed a cynomolgus macaque that
virus amplification and he obtained interesting insights      had died within 12 hours from a severe acute disease
into viral tropism, i.e. the ability of the virus to infect   of unknown origin. They detected lesions in the liver
certain cells, tissues and organs. Moreover, Artur Kaul       that contained herpes B virus particles. Moreover, high
developed a diagnostic test for detection of herpes B vi-     amounts of herpes B virus DNA were detected in the
rus infection of macaques and is currently adapting this      liver and other organs as well as in feces. These obser-
system for use in human diagnostics.                          vations, which were published in the Journal of Medi-

                                                                                              DPZ aktuell, November 2017            11
Highlights aus der Forschung

     cal Primatology, suggest that the liver is an important            directed against herpes B virus and not the closely re-
     target organ of herpes B virus infection. Moreover, they           lated HSV-1. Such a test system is currently only avail-
     indicate that feces can be a source of infection.                  able in the USA. Unfortunately, we cannot use this test
                                                                        here because we do not yet have a human diagnostic
     “It is important to know the herpes B virus status of ma-          laboratory at the DPZ. However, the development of
     caques that have contact to humans”, says Artur Kaul.              an alternative test is desirable in order to provide col-
     “Healthy animals can carry and shed the virus, even                leagues potentially exposed to herpes B virus with a
     in the absence of detectable antibody levels. However,             timely risk assessment”.
     they may develop severe disease only in case of an im-
     munodeficiency and this may be associated with pro-                In the future, Artur Kaul and colleagues also plan to
     duction of high amounts of virus.”                                 conduct basic research on herpes B virus infection.
                                                                        Thus, it is still unclear why herpes B virus transmission
     The pathogenic potential of herpes B virus makes it                to humans has only been observed in the USA while
     imperative to develop diagnostics. On the basis of pub-            similar cases were not reported in Asia, where many
     lished work Artur Kaul developed a test that allows                humans have contact with wild macaques.
     detection of antibodies against herpes B virus in ma-
     caques with high sensitivity. The establishment of this            Original publication
     test system was reported in the journal Primate Biology
     and the test is currently used to screen the macaque col-          Pöhlmann S., A. Krüger, W. Hafezi, S. Schneider, J. Gru-
     onies at DPZ. However, the long term goal of Mr. Kaul is           ber, M. Winkler, and A. Kaul (2017): Detection systems
     to establish a diagnostic test that allows detecting her-          for antibody responses against herpes B virus. Primate
     pes B virus infection of humans.                                   Biol. 4, 9-16.

     “Establishing such a test is challenging”, says Artur                                             Stefan Pöhlman, Artur Kaul
     Kaul, “since it should only detect antibodies that are

     Elektronenmikroskopische Darstellung von Herpes-B-Viruspartikeln, die aus der Leber des infizierten Javaneraffen isoliert wurden.  
        Electronmicroscopic representation of herpes B virus particles isolated from the liver of the infected cynomolgous monkey.
     Photo: Valerij Akimkin

12   DPZ aktuell, November 2017
Wissenschaftspolitik

Ein Javaneraffe in der Primatenhaltung am DPZ. Foto: Christian Schlögl

Exzellenzcluster-Antrag „Primatenkognition“
einen Schritt weiter
Insgesamt vier Anträge der Universität Göttingen wurden zum Vollantrag
aufgefordert

Die Universität Göttingen und ihre Partner am Göt-                werden; die endgültige Entscheidung über die Förde-
tingen Campus sind im Wettbewerb um Fördergelder                  rung der Cluster fällt im September 2018.
aus der Exzellenzstrategie von Bund und Ländern
dabei. Anfang April 2017 hatte die Universität sechs              „Wir sind stolz, das Expertengremium mit diesen An-
Antragsskizzen für Exzellenzcluster eingereicht; sie              trägen überzeugt zu haben“, freut sich Universitäts-
kann nun Vollanträge für vier Cluster einreichen.                 präsidentin Ulrike Beisiegel. „Dies eröffnet uns eine
Durchsetzen konnten sich „Multiscale Bioimaging“,                 sehr gute Chance, dass wir am Wettbewerb ,Exzellenz-
„Primatenkognition“, „Konstruktionen des Religiö-                 universität‘ teilnehmen können, für den wir mit der
sen“ und „Integrative Landnutzungswissenschaften                  langfristigen Strategie der Universität mit dem Göt-
für nachhaltige Entwicklung“. Das DPZ ist federfüh-               tingen Campus gut aufgestellt sind. Nun haben wir
rend für den Antrag „Primatenkognition“ und am                    eine weitere wichtige Arbeitsphase vor uns. Ich danke
Antrag „Multiscale Imaging“ beteiligt. Bis 21. Febru-             allen beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissen-
ar 2018 müssen die Cluster-Vollanträge eingereicht                schaftlern für ihren Einsatz.“

                                                                                           DPZ aktuell, November 2017     13
Wissenschaftspolitik

     Primatenkognition                                           Konstruktion des Religiösen

     Der beantragte Cluster „Primatenkognition – Informa-        Der beantragte Cluster „Konstruktionen des Religi-
     tionsintegration in einer komplexen sozialen Welt“ will     ösen“ zielt auf Grundlagenforschung zu Praktiken
     die Mechanismen verstehen, die dem Sozialverhalten          religiöser Grenzziehungen in verschiedenen histo-
     und der Kognition von Menschen und nicht-mensch-            rischen Perioden und kulturellen Kontexten. Unter-
     lichen Primaten zugrunde liegen. Hierfür sollen von         sucht werden Abgrenzungen religiöser und nicht-re-
     der Freiland-Forschung bis ins Labor mit innovativen        ligiöser Sphären ebenso wie inter- und intrareligiöse
     Methoden Verhaltens-, Hormon- und neurophysiolo-            Differenzen. Die enge Verschränkung globaler und
     gische Daten von Individuen in sozialen Interaktionen       transregionaler Forschung mit historischen Ver-
     erhoben und ausgewertet werden. Sprecherin des Vor-         gleichsperspektiven sowie eine intensive interdiszi-
     habens ist Julia Fischer, Professorin für Primatenkogni-    plinäre Zusammenarbeit der Geistes- und Sozialwis-
     tion an der Universität Göttingen und am Deutschen          senschaften sollen das Verständnis gegenwärtiger
     Primatenzentrum. Sie wird von Hannes Rakoczy, Anne-         religiöser Rekonfigurationen befördern. Sprecher
     kathrin Schacht und Stefan Treue unterstützt.               des Vorhabens sind der Religionssoziologe Matthias
                                                                 Koenig, die Historikerin Hedwig Röckelein und Ran
     Multiscale Bioimaging                                       Hirschl, Alexander von Humboldt-Professor für Kom-
                                                                 parativen Konstitutionalismus, von der Universität
     Ziel des beantragten Clusters „Multiscale Bioimaging:       Göttingen.
     von molekularen Maschinen zu Netzwerken erregba-
     rer Zellen“ ist es, die strukturellen und die sich daraus   Integrative Landnutzungswissenschaften
     ergebenden funktionellen Eigenschaften erregbarer
     Zellen in Herz und Hirn über mehrere Längenskalen           Der beantragte Cluster „Integrative Landnutzungswis-
     hinweg zu verstehen. Hierzu sollen neue biophysikali-       senschaften für nachhaltige Entwicklung (LUSci)“ ver-
     sche Verfahren, im Besonderen abbildende Methoden,          knüpft forst- und agrarwissenschaftliche Forschung
     entwickelt werden. Mit den gewonnenen Erkennt-              und hat globale Probleme der Landnutzung vor allem
     nissen sollen neuartige diagnostische und therapeu-         in Entwicklungs- und Schwellenländern im Blick. Un-
     tische Ansätze für Erkrankungen von Herz und Hirn           tersucht werden soll, wie Landnutzung nachhaltig
     ermöglicht werden. Sprecher des Vorhabens sind der          betrieben werden kann. Dabei wird ein Spektrum von
     Neurowissenschaftler Tobias Moser, Universitätsme-          der Bodenzusammensetzung bis zu Klimaeinflüssen
     dizin Göttingen und Deutsches Primatenzentrum, die          abgedeckt. Sprecher des Vorhabens sind der Forstwis-
     Chemikerin Claudia Steinem von der Universität Göt-         senschaftler Edzo Veldkamp, der Agrarökonom Bern-
     tingen und der Molekularbiologe Patrick Cramer vom          hard Brümmer und die Ökologin Kerstin Wiegand von
     Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie.            der Universität Göttingen.

                                                                                  Bared-teeth display zwischen zwei Berber-
                                                                                  affen. Foto: Christian Schlögl

14   DPZ aktuell, November 2017
Kongresse und Workshops

Die Initiatoren des Symposiums Prof. Julia Fischer und Dr. Dietmar Zinner (rechts) mit Prof. Clifford J. Jolly (zweiter von links) und
DPZ-Direktor Prof. Stefan Treue (links). Foto: Karin Tilch

Gesammeltes Wissen über Paviane
Pavianforscher trafen sich in Göttingen zum Symposium
„Frontiers in Baboon Research“

Wer sich für die Evolution des Menschen interessiert,                zu identifizieren. Dafür sollten die Beobachtungen
kommt um Paviane nicht herum: Da sie in ähnlichen                    aus mehreren Langzeit-Forschungsprojekten von
Habitaten und unter ähnlichen ökologischen Bedin-                    verschiedenen Feldstationen miteinander in Verbin-
gungen leben wie frühe Menschenformen, schafft                       dung gebracht und neueste genetische Erkenntnis-
die Erforschung dieser Primatengattung ein besseres                  se einbezogen werden. Die einzelnen Beiträge zum
Verständnis für die Bedingungen und Mechanismen                      Symposium und die Quintessenz werden demnächst
sozialer Evolution. Abgesehen davon, sind Paviane                    veröffentlicht. Die Deutsche Forschungsgemein-
aber auch für sich genommen höchst spannend. Man                     schaft (DFG), der Leibniz ScienceCampus „Prima-
unterscheidet aktuell sechs Arten, die unterschiedli-                tenkognition“ sowie die Fakultät für Biologie und
che Sozialsysteme und Verhaltensweisen aufweisen,                    Psychologie der Universität Göttingen unterstützten
aber gelegentlich auch hybridisieren, ähnlich wie Ne-                das Treffen finanziell.
andertaler und Homo sapiens im eiszeitlichen Europa.
25 führende Pavianforscher folgten der Einladung                     Neben den geladenen Sprechern nahmen weitere 45
von Julia Fischer und Dietmar Zinner und trafen sich                 Wissenschaftler am Symposium teil. Bei schönstem
vom 17. bis zum 20. Oktober 2017 zum Symposium                       Herbstwetter trafen die Teilnehmer in Göttingen
„Frontiers in Baboon Research“ am Deutschen Prima-                   ein. Dabei kamen einige direkt von ihrer Feldstation
tenzentrum.                                                          und hatten entsprechend abenteuerliche Reisewe-
                                                                     ge hinter sich. Die Atmosphäre war von Beginn an
Ziel des Symposiums war es, das gesammelte Wis-                      sehr familiär, da das Forschungsfeld recht klein ist
sen über die verschiedenen Pavianarten zusam-                        und sich viele der Teilnehmer persönlich kannten.
menzuführen und neue Forschungsschwerpunkte                          Clifford J. Jolly, eröffnete das Symposium mit einem

                                                                                                    DPZ aktuell, November 2017           15
Kongresse und Workshops

     öffentlichen Vortrag. Er ist emeritierter Professor               Ross) und dem Niokolo Koba Nationalpark, Senegal
     der New York University und begann bereits in den                 (Julia Fischer), wo die Abteilung Kognitive Ethologie
     1960er Jahren Paviane zu untersuchen. In seinem                   des DPZ eine Feldstation betreibt, um das Verhalten
     Vortrag „The fourth dimension“ betonte er die Be-                 der noch wenig erforschten Guinea-Paviane zu un-
     deutung einer historischen Erklärungskomponente                   tersuchen. Der späte Mittwochnachmittag gab dann
     um die Eigenarten verschiedener Pavianarten zu                    besonders den Nachwuchswissenschaftlern die Ge-
     verstehen; diese wären alleine durch ein rein ökolo-              legenheit, ihre Ergebnisse bei einer Posterpräsenta-
     gisches Modell nicht zu erklären. Dabei gab er einen              tion darzustellen.
     detaillierten Überblick über die unterschiedlichen
     Pavianarten.                                                      Auch der dritte Konferenztag war gefüllt mit Vor-
                                                                       trägen und Präsentationen. Der Abend, an dem alle
     Am nächsten Tag ging es weiter mit der Reise in die               Teilnehmer zum Konferenzdinner im Foyer des DPZ
     evolutionäre Geschichte der Paviane. Jeffrey Rogers,              eingeladen waren, gab aber ausreichend Zeit die
     Sprecher des Baboon Genome Analysis Consortium,                   Diskussionen bei einem Glas Wein zu vertiefen. Am
     referierte über die Sequenzierung des Paviange-                   Freitag rückte mit dem Vortrag von Joël Fagot (Aix
     noms. Erste Ergebnisse zeigen, dass es in der Vergan-             Marseille Université) schließlich die Kognition in den
     genheit mehrfach Genaustausch zwischen den Arten                  Mittelpunkt. Joël Fagot stellte dar, wie kognitive Leis-
     gegeben haben muss, es kam also zu Hybridisierung.                tungen von Pavianen durch unterschiedliche Kontex-
     Anschließend verschob sich der Fokus der Vorträge                 te, beispielsweise die An- oder Abwesenheit anderer
     auf das Verhalten der Tiere und auf die Beobachtun-               Tiere, beeinflusst werden können. Das Symposium
     gen aus den Feldstationen. Die Sprecher präsentier-               endete mit zwei Diskussionsgruppen, in welchen über
     ten unter anderem Ergebnisse ihrer Studien aus dem                weitere Projekte in der Paviangenetik und der Feldfor-
     Gombe Nationalpark, Tansania (Anthony Collins),                   schung diskutiert wurden.
     dem Amboseli Nationalpark, Kenia (Susan Alberts)
     und Gashaka Gumti Nationalpark, Nigeria (Caroline                                                            Rebecca Jürgens

     Referenten des Symposiums „Frontiers in Baboon Research“, das vom 17. bis 20. Oktober 2017 am DPZ stattfand. Foto: Karin Tilch

16   DPZ aktuell, November 2017
Kongresse und Workshops

Biotechnological methods are essential for biological and biomedical research. A symposium on this topic was held at the DPZ on
26 September. Photo: Thomas Steuer

Biotechnology has finally arrived
Around 100 scientists met at the DPZ for the first Göttingen Biotech Symposium

What are the latest emerging tools used in therapeu-             This year’s program included talks about translational
tics? This question and many more were addressed                 medicine, T-cell engineering, delivery tools, next-ge-
at the first Göttingen Biotech Symposium (GoeBio-                neration sequencing (NGS), CRISPR-Cas9 and TALENs,
Sym2017) hosted this year by the German Primate                  proteomics, and patents in biotechnology, given by
Center on the 26th of September. This event was                  speakers from academia and industry. We were very
organized by PhD students from the University of                 happy to welcome Matthias Mann, one of the foun-
Göttingen, the Max Planck Institute for Biophysical              ders of proteomics research and director at the Max
Chemistry, Göttingen, the Max Planck Institute for               Planck Institute of Biochemistry in Munich, as one of
Experimental Medicine, Göttingen and the German                  our speakers.
Primate Center.
                                                                 GoeBioSym2017 was very well received by the 100
During this one-day symposium graduates, undergra-               participants who joined this year’s event and revealed
duates, and scientists from all fields had the oppor-            the high demand among scientists in Göttingen to
tunity to learn from and network with researchers                learn more about biotechnology.
working with classical and emerging techniques in
biotechnology.                                                                     Hanan Al-Moyed and Andreia Cepeda

                                                                                               DPZ aktuell, November 2017         17
Kongresse und Workshops

     Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Veterinär-Symposiums am 26. Oktober 2017. Foto: Luzie J. Almenräder

     Veterinär-Symposium zu Narkose und
     Schmerzbehandlung
     Über 100 Tierärzte trafen sich Ende Oktober am DPZ

     Die Beherrschung der Narkose (Anästhesie) und                   Thema „Anästhesie und Analgesie beim Versuchs-
     auch der Schmerzausschaltung (Analgesie) ist ein                tier“, welches am 26. Oktober 2017 im Rahmen des
     essentieller Teil der tierärztlichen Arbeit. Dies gilt          40-jährigen DPZ-Jubiläums stattfand.
     nicht nur für behandelnde Tierärzte in der Praxis,
     sondern auch für tierexperimentell arbeitende Ve-               Die Sorge, ob sich genug interessierte Teilnehmer
     terinärmediziner in großen Versuchstierhaltungen.               finden würden, zerstreute sich schnell. 110 Tierme-
     Aus der Gruppe der Versuchstierärzte Göttingen                  diziner kamen zu dem eintägigen Symposium nach
     kam es daher schon vor über einem Jahr zu der Idee,             Göttingen, um so auch der vorgeschriebenen Fortbil-
     eine spezielle Fortbildung zu dem Thema zu organi-              dungspflicht für Tierärzte in einem für sie relevanten
     sieren, um artenübergreifend Neues zu lernen und                Bereich nachzukommen. Dank der starken Unterstüt-
     Altbekanntes aufzufrischen. Der Kontakt zu Eva                  zung der Primatenhaltung konnten sogar noch zwei
     Eberspächer-Schweda von der Abteilung Anästhesie                Führungen angeboten werden, welche auf großen
     und perioperative Intensivmedizin der Veterinär-                Zuspruch stießen.
     medizinischen Universität Wien ermöglichte eine
     erste Programmplanung. Für die Anästhesie bei                   Den Vormittag gestaltete Ulrike Sauer mit Vorträgen
     Primaten und neugeborenen Tieren ergänzte dann                  zur Anästhesie bei Primaten und Anästhesie bei Neu-
     Ulrike Sauer, ebenfalls aus Wien angereist, das Re-             geborenen. Anschließend stand die Erkennung von
     ferenten-Team für ein Veterinär-Symposium zum                   Schmerz im Vortrag „Pain Assessment“ im Vorder-

18   DPZ aktuell, November 2017
Kongresse und Workshops

grund. Es flossen persönliche Anekdoten in die Vorträ-   Detailfragen entweder mit den Referentinnen oder
ge ein, so dass keine Langeweile aufkam. Nach einer      mit Kollegen.
Stärkung in der Mittagspause übernahm Eva Eberspä-
cher-Schweda das Mikrofon und sprach über Schmerz-       Ich möchte mich ausdrücklich bei der Geschäftsfüh-
therapie beim Versuchstier, veraltete Anästhesieme-      rung des DPZ für die Unterstützung bedanken, eben-
thoden und der Narkose beim Lama und Alpaka.             so wie bei den hilfsbereiten Kollegen aus dem Haus
                                                         für die Hilfe bei der praktischen Umsetzung. So ein
Die Resonanz der Teilnehmer, welche aus dem ge-          Symposium ist zwar viel, aber lohnenswerte Arbeit,
samten Bundesgebiet anreisten, war durchweg po-          so mein Fazit.
sitiv. In den Pausen gab es Zeit für die Klärung von                                        Charis Drummer

 DVD-Tipp: Der Fisch in uns

 Dokumentationen zur Evolution          lebende Fossilien. Die abwechs- tiv unterhalten werden möchte,
 des Menschen beginnen meist            lungsreiche Präsentation mit pa- wird sich mit „Der Fisch in uns“
 mit unserer Urahnin Lucy, jener        läontologischer Feldforschung, In- nicht langweilen.
 berühmten Australopithecus afa-        terviews, erklärenden Grafiken
 rensis-Frau, die vor 3,2 Millionen     und Animationen, stellt die oft Der Fisch in uns – Die Entwick-
 Jahren lebte und 1974 wieder-          komplexen Zusammenhänge ver- lungsgeschichte des Menschen.
 entdeckt wurde. Gelegentlich           ständlich dar und lässt die Doku- Lighthouse, 2015. Dreiteilige
 wird auch noch ein Blick auf 80        mentation nie langweilig werden. Dokumentation, Laufzeit: 135
 Millionen Jahre Evolution der Pri-     Dem Film liegt das gleichnamige min., Sprache: Deutsch. EAN 425-
 maten geworfen, um dieses oder         Buch von Neil Shubin aus dem 012841499-9.
 jenes Merkmal des Menschen zu          Jahr 2009 zugrunde, so dass die
 erklären. Neil Shubin, Paläontolo-     Forschungsergebnisse vielleicht                   Stefanie Heiduck
 ge und Leiter des Instituts für or-    nicht absolut auf dem
 ganische Biologie und Anatomie         aktuellen Stand sind,
 der Universität Chicago, startet       und Primatologen soll-
 seine Reise durch die Entwick-         ten gerade beim dritten
 lungsgeschichte des Menschen           Teil mit dem Titel „Der
 jedoch vor 375 Millionen Jahren,       Affe in uns“ nicht so
 als ein prähistorischer Fisch als      genau hinhören, wenn
 erster jene Gliedmaßen entwi-          ständig der Mensch mit
 ckelte, die später zu unseren Ar-      „den Primaten“ vergli-
 men und Beinen wurden. Shubin          chen wird – als würde
 arbeitet sich durch die Evolution      er nicht dazu gehören.
 der Amphibien, Reptilien und           Alles in allem ist es aber
 Säugetiere bis hin zu den Prima-       auch für den Zuschau-
 ten und greift von jeder Gruppe        er mit Vorkenntnissen
 diejenigen Merkmale auf, die           eine interessante Dar-
 beim Menschen noch heute er-           stellung, die im Gegen-
 kennbar sind. Sein Ziel ist es, zu     satz zu vielen anderen
 zeigen, warum wir so sind, wie         Dokumentationen nicht
 wir sind und was uns dazu mach-        nur an der Oberfläche
 te. Wir lernen auf dieser Reise vie-   kratzt, sondern punktu-
 le Fossilien ausgestorbener Arten      ell auch tiefergehendes
 kennen, aber auch rezente Arten,       Wissen vermittelt. Wer
 die sehr ursprüngliche Merkmale        an einem verregneten
 beibehalten haben, sogenannte          Wochenende informa- © Lighthouse 2015

                                                                                  DPZ aktuell, November 2017   19
Veranstaltungen

     Mit einem Festakt mit Grußworten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik feierte das DPZ am 17. August 2017 sein 40-jähriges Be-
     stehen. Das Foto zeigt Ministerialdirektorin Bärbel Brumme-Bothe, Ministerialdirigent Rüdiger Eichel, DPZ-Geschäftsführer Michael
     Lankeit, HIV-Forscher Prof. Dr. Ronald C. Desrosier, DPZ-Direktor Prof. Dr. Stefan Treue und Dr. Wilhelm Krull, Generalsekretär der Volks-
     wagenstiftung, (von hinten links nach vorne rechs) bei der Betrachtung der Poster zur DPZ-Geschichte. Foto: Karin Tilch

     Festakt: 40 Jahre DPZ
     Das DPZ feiert mit zahlreichen Gästen und Mitarbeitern

     Forschung, Service und Transparenz – dafür steht das                   mit Gästen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik
     Deutsche Primatenzentrum seit nunmehr 40 Jah-                          sowie einer Feier für alle Mitarbeiter.
     ren. Seit seiner Gründung im August 1977 betreibt
     es erfolgreich biologische und biomedizinische For-                    Eröffnet wurde die Veranstaltung im vollbesetzten
     schung auf allen Gebieten, in denen Studien mit Pri-                   Hörsaal mit einem Film zur DPZ-Geschichte. Die High-
     maten eine zentrale Rolle spielen. Konkret bedeutet                    lights aus 40 Jahren DPZ-Forschung zusammengefasst
     das heute: 400 Mitarbeiter, 1.300 Affen, vier For-                     in einer zehnminütigen Slideshow stimmten die Gäste
     schungsstationen in Peru, Senegal, Madagaskar und                      auf die Jubiläumsfeier ein. Anschließend betrat DPZ-Di-
     Thailand sowie neun wissenschaftliche Abteilungen                      rektor Stefan Treue das Podium. In seiner Begrüßungs-
     in den Sektionen Infektionsforschung, Neurowissen-                     rede rekapitulierte er zunächst die langwierige und
     schaften und Primatenbiologie. Daneben bietet das                      teilweise beschwerliche Anfangsphase des DPZ. Zehn
     DPZ mit seiner Expertise in der Haltung und Zucht                      Jahre hatte es gedauert bis der Gesellschaftsvertrag
     verschiedener Primatenarten einen einzigartigen                        zur Institutsgründung unterzeichnet werden konnte.
     Service für die deutsche Wissenschaft und hat sich                     „Von seinerzeit 25 Mitarbeitern ist die Zahl auf über
     zudem seit seinen Gründungstagen immer der offe-                       400 gestiegen, aus anfänglich vier wissenschaftlichen
     nen Diskussion über die schwierige Frage nach Tier-                    Abteilungen sind heute neun geworden und an Nutz-
     versuchen gestellt. Am 17. August 2017 würdigte das                    fläche stehen uns nicht mehr 8.000, sondern 27.000
     Institut sein 40-jähriges Bestehen mit einem Festakt                   Quadratmeter zur Verfügung“, fasste Treue die Ent-

20   DPZ aktuell, November 2017
Veranstaltungen

wicklung des DPZ zusammen. Seinen Dank richtete er              lung“, die das Institut seit seiner Gründung genom-
an die Zuwendungsgeber, ohne deren Unterstützung                men habe. Das DPZ sei ein „Leuchtturm internati-
das Institut seine Aufgaben, die es an sich selbst stelle,      onaler Spitzenforschung“. Auch die Entwicklung in
nicht adäquat erfüllen könne. Darüber hinaus bedank-            finanzieller Hinsicht sei beachtlich, da dem DPZ heute
te sich Treue auch bei allen Mitarbeitern. „Wir wissen,         besonders durch Drittmitteleinwerbungen und Li-
was Sie leisten. Was wir hier schaffen, basiert auf Ihrer       zenzeinnahmen aus eigener Forschung ein Vielfaches
Arbeit, Ihrem Know-how und exzellenter Teamwork,                seines Gründungsbudgets zur Verfügung stehe. Wich-
ohne die es dieses Institut nicht gäbe“, betonte er.            tig sei auch die Bedeutung des DPZ bei der ethischen
                                                                Debatte um Tierversuche, so Brumme-Bothe. Es zeich-
Die nachfolgenden Grußworte schlugen einen Bogen                ne das DPZ aus, dass es dieser Diskussion nie ausgewi-
von den Zuwendungsgebern bis hin zur internatio-                chen sei, erklärte sie.
nalen Forschung. Ministerialdirigent Rüdiger Eichel
überbrachte Doppelglückwünsche in seiner Funktion               Auf die Notwendigkeit von Tierversuchen in der
als Vertreter der Niedersächsischen Landesregierung             Forschung, ging auch Ronald C. Desrosiers von der
und als Vorsitzender des DPZ-Aufsichtsrats. Respekt             Universität Miami, Miller School of Medicine, ein.
und Anerkennung sei dem Institut für seine hervor-              In seinem Kurzvortrag strich er die Bedeutung von
ragende Forschungsarbeit zu zollen, sagte er. Dank              nicht-menschlichen Primaten heraus, die diese in der
gebühre aber auch den Gründern, die vor 40 Jahren               Impfstoffforschung gespielt hatten. Anfang des 20.
Mut und Weitblick bewiesen hätten. Auch ihnen sei               Jahrhunderts seien noch tausende Erkrankte an der
es anzurechnen, dass das DPZ heute in der vorders-              Polio-Infektion gestorben, vor allem Kinder. Durch den
ten Reihe lebenswissenschaftlicher Forschungsein-               Impfstoff, für dessen Entwicklung in den 1950er Jah-
richtungen in Deutschland stehe. Außerdem lobte                 ren Rhesusaffen eingesetzt wurden, sei die Krankheit
er die gute lokale und regionale Vernetzung des DPZ,            heute fast ausgerottet, ähnlich sei es mit den Pocken.
die sich besonders in den zehn gemeinsamen Brü-                 Eine der größten Herausforderungen unserer Zeit sei
ckenprofessuren mit der Universität und der Uni-                es, einen Impfstoff gegen HIV/AIDS zu entwickeln, was
versitätsmedizin Göttingen sowie der Tierärztlichen             ohne den Einsatz von nicht-menschlichen Primaten
Hochschule Hannover manifestiere.                               undenkbar, angesichts 1,8 Millionen Neuinfektionen
                                                                pro Jahr aber enorm wichtig sei.
Auch Bärbel Brumme-Bothe, Ministerialdirektorin
im Bundesministerium für Bildung und Forschung,                     „Das DPZ ist uns schon seit jeher lieb und teuer“, be-
betonte in ihrem Grußwort die „großartige Entwick-                  gann Wilhelm Krull, Generalsekretär der Volkswagen-
                                                                                          Stiftung, seine Festrede und
                                                                                          spielte damit augenzwinkernd
                                                                                          auf die finanziellen Mittel an,
                                                                                          die das Institut von der Stiftung
                                                                                          erhalten hatte. „Mit zwanzig
                                                                                          regiere der Wille, mit dreißig
                                                                                          der Verstand und mit vierzig
                                                                                          das Urteilsvermögen“, zitier-
                                                                                          te er anschließend Benjamin
                                                                                          Franklin und betonte, dass es
                                                                                          auf Letztgenanntes mehr denn
                                                                                          je ankäme. Die Forschung mit
                                                                                          Tieren stehe an einem Schei-
                                                                                          deweg. Die Tierschutzrichtlinie
                                                                                          der EU von 2010 bekenne sich
                                                                                          einerseits klar zur Notwendig-
                                                                                          keit von Tierversuchen, ande-
                                                                                          rerseits sei das langfristige Ziel
Dr. Wilhelm Krull, Generalsekretär der Volkswagen-Stiftung, bei seiner Festrede zum DPZ-  deren vollständige Abschaf-
Jubiläum. Foto: Karin Tilch                                                               fung. Dabei, so Krull weiter,

                                                                                             DPZ aktuell, November 2017        21
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