Gemeinschaftliches Wohnen im Cluster - Ein praktischer Leitfaden zum Planen, Bauen und Wohnen

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Gemeinschaftliches Wohnen im Cluster - Ein praktischer Leitfaden zum Planen, Bauen und Wohnen
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Gemeinschaftliches Wohnen im Cluster
Ein praktischer Leitfaden zum Planen,
Bauen und Wohnen
Gemeinschaftliches Wohnen im Cluster - Ein praktischer Leitfaden zum Planen, Bauen und Wohnen
Gemeinschaftliches Wohnen
im Cluster
Ein praktischer Leitfaden zum Planen,
Bauen und Wohnen
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Gemeinschaftliches Wohnen im Cluster | Inhalt

    Inhalt
    Vorwort6

    Zur Broschüre                                                                                8

    Der Beitrag von Cluster-Wohnungen für eine nachhaltige Stadtentwicklung                    10

    Teil I - Was ist eine Cluster-Wohnung?                                                     16
    Eine Definition                                                                            17
    Ein geschichtlicher Abriss                                                                 18
    Warum Cluster-Wohnungen?                                                                   20
    Varianten einer Cluster-Wohnung                                                            22

    Teil II - Die Umsetzung                                                                    26
    Eigentumsverhältnisse und Organisationsformen                                              28
    Mietmodelle32
    Planungsprozesse40
    Inklusion und Vielseitigkeit                                                               48
    Die Architektur einer Cluster-Wohnung                                                      50
    Förderungen52
    Das Zusammenleben in der Cluster-Wohnung                                                   56

    Teil III - Berliner Beispiele                                                              60
    Möckernkiez62
    Gemeinschaftswohnen im Wedding                                                             66
    Studentendorf Adlershof                                                                    70

    Teil IV - Fazit                                                                            74

    Glossar76

    Weiterführende Literatur und Links                                                         80

    Abbildungsverzeichnis82

    Literaturhinweis83

    Impressum87

4                                                                                                5
Gemeinschaftliches Wohnen im Cluster - Ein praktischer Leitfaden zum Planen, Bauen und Wohnen
Wohnen in Gemeinschaft | Vorwort

Vorwort

Katrin Lompscher
Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen

Berlin ist eine attraktive Stadt. In den letzten    Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und          vollkommen neu bewertet. Es öffnen sich damit      unterschätzenden Herausforderungen. Aus die-
Jahren und Jahrzehnten ist Berlin vielfältiger      Wohnen verschiedene Programme aufgelegt,           Spielräume für innovative Wohnkonzepte des         sem Grund freuen wir uns diese Broschüre allen
und internationaler geworden. Diese Vielfalt der    die modellhafte Projekte eines zeitgemäßen, ex-    Gemeinschaftlichen und Solidarischen, für un-      Interessierten als Leitfaden an die Hand geben
Lebensformen muss sich auch in den Wohnfor-         perimentellen, bezahlbaren Wohnungsneubaus         terschiedliche Altersgruppen in verschiedenen      zu können und hoffen, damit die Realisierung
men wiederspiegeln. Aufgabe der Senatsverwal-       fördern sollen. So wurden unter anderem im         Lebenslagen, für Inklusion und soziale Fürsorge.   von Cluster-Wohnungen in Berlin zu erleichtern.
tung für Stadtentwicklung und Wohnen ist es,        Jahr 2015 verschiedene Projekte im Rahmen des
das Wachstum Berlins und die zunehmende            „Experimentellen Geschosswohnungsbaus in            Dabei sind Cluster-Wohnungen unkonventionell
Vielfalt sozialverträglich und nachhaltig zu ge-    Berlin“ prämiert und gefördert. Im Jahr 2014       und mit ihren zukunftsweisenden Wohnungs-
stalten, lebendige Quartiere zu schaffen und        wurden unter dem Titel "GenerationenWohnen         grundrissen und Organisationsstrukturen für
das nachbarschaftliche Zusammenleben zu            – Wohnen in Gemeinschaft" Preisgelder verge-        den Wohnungsbau neuartig. Bauherrinnen und
stärken.                                            ben, nachdem zuvor beispielhafte genossen-         Bauherren sowie Projektentwicklerinnen und
                                                    schaftliche Projekte ausgezeichnet und Förder-     Projektentwickler stehen daher bei der Planung
Auch im Zuge des demographischen Wandels            mittel bereitgestellt wurden. Der Schwerpunkt      von Cluster-Wohnungen vor einigen nicht zu
und des steigenden Anteils von Single-Haushal-      lag hier auf gemeinschaftsorientiertem und ge-
ten wünschen sich immer mehr Menschen neue          nerationenübergreifendem Bauen und Wohnen.
Wohnmodelle, die durch effizientere Grundrisse
mehr Lebensqualität auf weniger Wohnflächen         Eine Variante der gemeinschaftlichen Wohnfor-
bieten als die klassische Ein-Haushalt-Wohnung      men ist die „Cluster-Wohnung“. Der Begriff
es kann. Gerade hier braucht es neue, gemein-      „Cluster“ kommt aus dem Englischen und kann
schaftliche und auch generationsübergreifende       als „Ballung“, „Bündel“ oder auch „Schwarm“
Wohnformen. Sie müssen dem Bedürfnis der            übersetzt werden. Er wird in verschiedenen Kon-
Bürgerinnen und Bürger nach Lebensräumen            texten verwendet und meint den Austausch, das
des Miteinanders, die der Anonymität der glo-       Netzwerk und die Zusammenarbeit zwischen
balisierten Großstadt entgegenwirken, gerecht       den Akteuren. Eine Cluster-Wohnung, als eine
werden. Um die Realisierung von gemeinschaft-      Zusammenballung mehrerer Wohneinheiten
lichen Wohnformen zu unterstützen, finanziert       mit verbindender Gemeinschaftsfläche, bedeu-
die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und       tet also das Wohnen als sich unterstützende Ge-
Wohnen seit 2008 die Netzwerkagentur Genera-        meinschaft. Die Frage, wie viel Wohnfläche pri-
tionenWohnen als Beratungsstelle für Wohn-          vat benötigt wird und wie viel die Bewohnerinnen
gruppen und Einzelpersonen, die gemeinschaft-       und Bewohner sich als Gemeinschaftsfläche
lich wohnen möchten. Außerdem hat die               teilen wollen, wird in einer Cluster-Wohnung

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Gemeinschaftliches Wohnen im Cluster | Zur Broschüre

Zur Broschüre

wohnbund Vorstand und
STATTBAU Stadtentwicklungsgesellschaft mbH

„Wenn ich an Wohnen denke, denke ich an Sub-            wenn in der alternden Gesellschaft die oder der       führung in das Thema Cluster-Wohnen an,                Zuletzt werden drei Berliner Projekte beleuchtet,
stantive, Adjektive und Verben wie bewohnen,            Einzelne den Alltag nicht allein bewältigen           stellen einige praktische Ratschläge zum Clus-         die Cluster-Wohnungen realisiert haben – an-
gewöhnen, Gewohnheit, entwöhnen, verwöhnen,             möchte oder kann.                                     ter-Wohnen zusammen und geben einen Über-              hand ihrer Ziele, architektonischen Eigenheiten,
„verwohnt“, Angewohnheit, angewöhnen, wohn-                                                                   blick über konkrete Berliner Cluster-Wohnungs-         ihrer (teils verschlungenen) Realisierungswege,
lich ... Also alles Worte, die uns prozesshaft in die   Es geht uns also auch darum, durch diesen Leit-       projekte.                                              sowie ihrer speziellen Art und Weise das Wohnen
Dauer einbinden. Die Wohnung ist eine Hülle,            faden zum Cluster-Wohnen dazu beizutragen                                                                    im Cluster, mit allem was dazugehört (z.B. Be-
das Wohnen schon das halbe Leben.“                      Gemeinschafts- und Gemeinwohlorientierung             Im ersten Teil ordnet das Forschungsteam der           wirtschaftung der Gemeinschaftsräume, Nach-
                                                        beim Wohnen etwas gewöhnlicher zu machen.             FH Potsdam und der HTW Berlin das Cluster-             belegung) zu organisieren. Die von uns ausge-
Jean Claude Ammann, wohnbund Kongreß 2001               Allerdings gibt es hier, wie so oft, nicht die eine   Wohnen dem Themenkomplex einer resilienten,            wählten Beispielprojekte sind alles Cluster-
                                                        Lösung. In einer Gesellschaft, in der das Indivi-     also anpassungsfähigen, Stadtentwicklung in            Wohnungen zur Miete, mit allerdings ganz un-
Cluster-Wohnen ist als Begriff (noch) ungewöhn-         duelle eine hohe Bedeutung und eine lange Tra-        Zeiten des demographischen Wandels zu und              terschiedlichen Mietmodellen. Sie haben unter-
lich. Wir von STATTBAU und der wohnbund als             dition hat, müssen sich Cluster-Wohn-Projekte         diskutiert, inwiefern und unter welchen Umstän-        schiedliche Zielgruppen, verfügen aber alle über
Mitherausgeber verstehen uns jedoch gerne als           auch mit dem Gewohnten auseinandersetzen.             den Cluster-Wohnungen hier einen Beitrag leis-         innovative Ansätze hinsichtlich ihrer Organisa-
Wegbereiter wohnpolitischer Initiativen, die            Wie aber auch die von uns vorgestellten Berliner      ten können. Wir danken dem Forschungsteam              tions- und Kooperationsformen. Gemeinsam ist
Wohnen nicht als das Gewohnte begreifen und             Cluster-Projekte zeigen: das breite Spektrum des      wie auch dem Bundesministerium des Innern, für         ihnen ebenfalls der Wille neuartige Formen des
neue Wege beschreiten wollen.                           Cluster-Wohnens bietet verschiedene Lösungs-          Bau und Heimat (BMI) und dem Bundesinstitut            Zusammenlebens umzusetzen.
                                                        pfade an für die immer wieder neu zu verhan-          für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR). Sie
Das Wohnen im Cluster, das wir hier in der Bro-         delnde Frage, wie viel Individualität beim Woh-       hatten das Forschungsprojekt im Rahmen des             Abschließend geben weiterführende Literatur
schüre vorstellen, bietet eine Vielzahl innovati-       nen zugelassen werden kann und wie viel               Innovationsprogramms Zukunft Bau gefördert.            und Links Anregungen zur Vertiefung in das The-
ver Ansätze für die aktuellen Herausforderun-           Gemeinschaft verlangt werden soll. Auch des-                                                                 ma.
gen im Kontext des Wohnens, z.B. der städtischen        halb wird Cluster-Wohnen im Kanon der Projekt-        Der zweite Teil widmet sich den praktischen He-
Wohnungsknappheit, oder den immer flexible-             beratungen und der wohnpolitischen Initiativen        rausforderungen in der Umsetzung des Cluster-          Wir wünschen Ihnen eine aufschlussreiche und
ren Lebensentwürfen der Menschen. Es bietet             von STATTBAU und dem wohnbund – z.B. bei der          Wohnens. Praxisnah und kompakt werden die              kurzweilige Lektüre,
aber auch eine Antwortmöglichkeit auf die ge-           Förderung von Gemeinschaftsflächen im öffent-         einzelnen Schritte hin zu einer Cluster-Wohnung
sellschaftlich dominierenden Diskurse der Ab-           lich geförderten Wohnungsbau, oder beim be-           aufbereitet. Einblicke werden u.a. in die Auswahl      die Redaktion bei STATTBAU
grenzung. Denn mit dem gemeinschaftlichen               treuten Wohnen durch soziale Träger – auch in         der passenden Organisationsform, die architek-         und Mitherausgeberinnen und Mitherausgeber
Cluster-Wohnen ist auch der Wunsch nach Ge-             Zukunft eine wichtige Rolle spielen.                  tonischen Besonderheiten, Planungsprozesse             beim wohnbund.
meinwohl-orientierung, nach Sharing Economy                                                                   bis hin zu Möglichkeiten und Herausforderun-
und „communalem“ Handeln verbunden. Es                  Um all denen, die sich für das Thema interessie-      gen des täglichen Zusammenlebens in der Grup-
wird da benötigt, wo Familien mit Kindern Aus-          ren eine erste Orientierung zu ermöglichen bie-       pe gegeben.
tausch und Entlastung brauchen, aber auch               ten wir in der vorliegenden Broschüre eine Ein-

8                                                                                                                                                                                                                  9
Gemeinschaftliches Wohnen im Cluster - Ein praktischer Leitfaden zum Planen, Bauen und Wohnen
Gemeinschaftliches Wohnen im Cluster | Eine Einführung

Der Beitrag von Cluster-Wohnungen                                                                           Bestandsaufnahme der Cluster-Wohnungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz (Stand 2018)
                                                                                                            mit den Fallstudien des Forschungsprojekts

für eine nachhaltige Stadtentwicklung
                                                                                                                                                                                              Annagarten, Oranienburg,
                                                                                                                                                                                              2019, genossenschaftlich
     Forschungbeitrag der Hochschule für            Unser Forschungsteam von der HTW Berlin und
     Technik und Wirtschaft Berlin und der          der FH Potsdam untersuchte Cluster-Wohnun-
     Fachhochschule Potsdam                         gen hinsichtlich drei zentraler Forschungsfra-                                                                                                         Spreefeld, Berlin, 2014,
                                                    gen:                                                                                                                                                   genossenschaftlich
     Susanne Rexroth, Michael Prytula, Manuel
     Lutz, Friedrich May                            ƒ   Welchen Beitrag leisten neue Wohntypologi-
                                                        en wie Cluster-Wohnen zu einer resilienten
Der Wohnungsmarkt in den urbanen Ballungs-              Stadtentwicklung im Sinne einer Anpas-
räumen steht unter Druck. Schrumpfende inner-           sungsfähigkeit an sich verändernde gesell-
städtische Baulandreserven, steigende Baukos-           schaftliche Entwicklungen?
ten, demografische und soziale Veränderungen
                                                    ƒ   Wie lässt sich dieser Beitrag empirisch-me-
wirken sich auf die Nachfrage und Verfügbarkeit
                                                        thodisch beschreiben?
preisgünstiger Wohnungen aus.
                                                    ƒ   Unter welchen Bedingungen ist die neue
Besonders auffällig ist in den letzten Jahren die       Wohntypologie in größerem Maßstab ska-
Zunahme an Ein-Personen-Haushalten und dies             lierbar?
                                                                                                        inklusiv wohnen Köln, 2017,
besonders bei Bewohnern und Bewohnerinnen
                                                                                                        sozialer Träger
im Alter ab 55 Jahren. Das zeigte unter anderem
                                                    Eine neue Wohnungstypologie wird erforscht
der Branchenbericht 2017 des Bundesverbands
                                                                                                                                                                                    wagnisART, München, 2016,
der deutschen Wohnungswirtschaft (GdW). Am
                                                    Cluster-Wohnungen sind ein junges Phänomen                                                                                      genossenschaftlich
Wohnungsmarkt bildet sich dieser Trend durch
                                                    und in der Fachwelt vor allem durch einige Pilot-
einen verstärkten Bau von Kleinstwohnungen
                                                    projekte bekannt. Bislang wurde nicht eingehen-
ab. Zugleich wächst das Interesse an Wohnen in
                                                    der untersucht, wie viele Cluster-Wohnungen         StadtErle, Basel, 2017,
Gemeinschaft, das für viele eine Alternative zu
                                                    tatsächlich existieren und ob sie einen nennens-    genossenschaftlich
Einsamkeit und Anonymität darstellt. Eine aktu-
                                                    werten Beitrag für die Wohnungswirtschaft bzw.
elle repräsentative Umfrage zeigt beispielsweise,
                                                    für eine nachhaltige Quartiers- und Stadtent-
dass 40% der Potsdamer Bevölkerung sich vor-
                                                    wicklung leisten. Die Bestandsaufnahme zeigt,
stellen kann, gemeinschaftlich zu wohnen.
                                                    dass zwischen 2008 und 2018 in Deutschland,
In diesem Spannungsfeld bewegte sich das For-
                                                    Österreich und der Schweiz insgesamt 33 Projek-
schungsprojekt „Cluster-Wohnungen für baulich
                                                    te mit Cluster-Wohnungen realisiert wurden                                                                 mehr als wohnen, Zürich,
und sozial anpassungsfähige Wohnkonzepte
                                                    bzw. in Planung sind. Im Rahmen der Forschung                                                              2014, genossenschaftlich
einer resilienten Stadtentwicklung“ (Kurztitel:
                                                    wurden acht dieser Projekte als Fallstudien hin-    Zwicky    Süd,     Dübendorf,                                                                    in Planung
Cluster-Wohnen).
                                                    sichtlich der planerischen, baulich-konstrukti-     2016, genossenschaftlich
                                                    ven, wohnsoziologischen, ökonomischen und                                               Neufrankengasse 18,                                          gebaut
                                                    rechtlichen Dimensionen eingehend untersucht.                                           Zürich, 2015, privat

                                                                                                            Karte mit der geographischen Verteilung von Cluster-Wohnungen

10                                                                                                                                                                                                                              11
Gemeinschaftliches Wohnen im Cluster - Ein praktischer Leitfaden zum Planen, Bauen und Wohnen
Gemeinschaftliches Wohnen im Cluster | Eine Einführung

Für jedes Fallbeispiel wurden Pläne und Gebäude-     schaftsprojekten auch Umzugsoptionen in ande-        (KG 300 - 400 nach DIN 276) liegen in Rahmen                     Bezahlbare Raumopulenz als Ausdruck
daten ausgewertet und eine Online-Umfrage, Ex-       re Wohnungen. Für eine kosteneffiziente Realisie-    vergleichbarer Bauvorhaben. Als Referenz wur-                    von Resilienz
perteninterviews mit Projektverantwortlichen         rung flexibler Grundrisse ist die vertikale          den Studierendenwohnheime und Geschosswoh-
sowie Besichtigungen vor Ort durchgeführt. In        Erschließung einschließlich der Leitungsführung      nungsbau betrachtet.                                             Alle Fallbeispiele verbindet, dass sie verhältnis-
Workshops und Fachveranstaltungen wurden mit         entscheidend.                                                                                                         mäßig günstige und bezahlbare Mieten bzw.
Praxispartnern aus der Wohnungswirtschaft und                                                             Anpassungsbedarf besteht vor allem bei Fragen                    Wohnkosten für breite Nutzerschichten anbie-
einem sozialwissenschaftlichen Forschungsbeirat      Hilfreich sind rechtliche und organisatorische Re-   zur Trägerschaft von Cluster-Wohnungen und bei                   ten und so zu einer sozialen Wohnraumversor-
die Arbeitsthesen, Methoden und Ergebnisse dis-      gelungen, die der Gruppe Selbstverwaltung er-        der Gestaltung von Mietverträgen. Gängige För-                   gung beitragen können. Voraussetzung dafür ist,
kutiert.                                             möglichen, um gemeinsam Aufgaben zu über-            derinstrumente zur sozialen Wohnungsbaufinan-                    dass Projektentwickler und Träger weitestge-
                                                     nehmen, z. B. zu entscheiden, wer neu einzieht.      zierung scheinen nur zum Teil anwendbar, binden                  hend nicht rendite-orientiert arbeiten. Das trifft
Erfolgsbedingungen für das Gelingen von              In der Praxis haben sich kollektive Mietverträge     sie doch die Projekte an bestimmte Vergaberegeln                 in den meisten Fällen auf Baugenossenschaften
Cluster-Wohnungen                                    bewährt, da sie Vorteile für beide Seiten bringen.   und Mindeststandards. Hier besteht besonders in                  und gemeinwohlorientierte kommunale oder
                                                     Als förderliche Bedingung für die Planung und        Deutschland Anpassungsbedarf, um den Erfor-                      landeseigene Wohnungsbaugesellschaften zu,
Die Forschungsergebnisse zeigen, dass alle unter-    den Betrieb von Cluster-Wohnungen erweisen           dernissen von Cluster-Wohnen gerecht zu wer-                     es haben aber auch bereits privatwirtschaftliche
suchten Cluster-Wohnungen vollständig vermie-        sich Wohnungsbaugenossenschaften, aber auch          den. Den Schweizer Projekten gelang es besser,                   Investoren Cluster-Wohnungen realisiert.
tet sind und sich die neue Form des Zusammen-        private Investoren haben Cluster-Wohnungen re-       Finanzierungsmodelle unter Einbezug von För-
lebens zu bewähren scheint. Die Zufrieden-           alisiert und erfolgreich vermietet. Anpassungsfä-    dermitteln aufzustellen, z.B. durch zinslose Dar-                Die besondere Qualität von Cluster-Wohnungen
heit der Bewohnerschaft ist hoch und die Fluktu-     higes Wohnen bedeutet aber nicht nur, den Be-        lehen vom Bund, der Kommune oder der Pensi-                     - der Raumluxus oder die „Opulenz“ durch das
ation in den untersuchten Fallbeispielen eher ge-    dürfnissen und Anforderungen der heutigen            onskasse - also auf nationaler, kantonaler oder                  Mehr an Gemeinschaftsflächen - lässt sich mit
ring. Das liegt u.a. daran, dass Cluster-Wohnun-     Bewohnerinnen und Bewohner gerecht zu wer-           lokaler Ebene. Solche Förderinstrumente für ge-                  herkömmlichen Bewertungsinstrumenten wie
gen sowohl das Bedürfnis nach Rückzug als auch       den, sondern auch, das Raumprogramm zu ei-           meinnützigen und langfristig bezahlbaren Wohn-                   Flächeneffizienz nicht angemessen beurteilen.
nach Geselligkeit erfüllen und die Vielfalt an       nem späteren Zeitpunkt anpassen zu können.           raum sollten eine größere Verbreitung finden.                    Im Hinblick auf Resilienz - hier vor allem als An-
Wohnoptionen erweitern. Durch die gemein-            Die Fallbeispiele zeigen, dass bereits planerisch                                                                     passungsfähigkeit an demographische und ge-
schaftliche Nutzung von Räumen und Dingen er-        die Möglichkeit für einen Rückbau in konventio-
möglichen sie den Bewohnerinnen und Bewoh-           nelle Wohnungstypen mitgedacht wurde. Das
nern bei vergleichbaren Wohnkosten ein größeres      senkt auch das Vermietungsrisiko, falls Cluster-
Nutzungsangebot als konventionelle Wohnungen.        Wohnungen keine ausreichende Nachfrage fin-
                                                     den würden und ein Umbau erforderlich wäre.
Schlüsselfaktoren für das Gelingen von Cluster-
Wohnungen sind aneignungs- und anpassungs-           Gute Übertragbarkeit, aber auch Hemmnisse
fähige Raum- und Sozialstrukturen. Neben bauli-
chen Eigenschaften wie ausreichend große, aber       Besondere bautechnische oder baurechtliche An-
vor allem geschickt zonierte gemeinschaftliche       forderungen ergeben sich durch den Bau von
Räume, die parallele Nutzung zulassen, sind die      Cluster-Wohnungen nicht. Die Wohnungstypolo-
individuelle Bereitschaft sowie die Zusammenset-     gie lässt sich ohne größeren Aufwand umsetzen.
zung der Wohngemeinschaft entscheidende Pa-          Für alle baulichen, räumlichen oder planungs-
rameter für langfristige und konfliktarme Wohn-      rechtlichen Herausforderungen finden sich prag-
verhältnisse. Wichtig ist auch die Umsetzung         matische Lösungen. Ein guter Schallschutz zwi-
einer großen Vielfalt in Größe und Grundrisszu-      schen Privat- und Gemeinschaftsräumen ist
schnitt bei den Individualzimmern, die sich verän-   erforderlich, um Konflikte zu minimieren. Ein
dernden Wohnbedarfen Raum geben. Weitere             Mehraufwand an technischer Gebäudeausrüs-
Flexibilität bieten zusätzlich mietbare Räume        tung kann durch eine geschickte Planung kosten-
                                                                                                                   Gemeinschaftsraum der Cluster-Wohnung in der Neufrankengasse, Zürich
(„Flexräume“) oder bei größeren Genossen-            seitig kompensiert werden. Auch die Baukosten

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Gemeinschaftliches Wohnen im Cluster - Ein praktischer Leitfaden zum Planen, Bauen und Wohnen
Gemeinschaftliches Wohnen im Cluster | Eine Einführung

sellschaftliche Veränderungen verstanden -         Der zentrale Beitrag von Cluster-Wohnungen für
kommt gerade durch die Bereitstellung zu-          eine resiliente, also anpassungsfähige Stadt be-
sätzlicher Raumangebote große Bedeutung zu,        steht darin, dass sie konkrete Anstöße für eine
um den genannten gesellschaftlichen Verände-       Diversifizierung des Wohnangebots und eine
rungen ressourceneffizient, z.B. ohne aufwendi-    veränderte Wohnkultur geben. Da die Projekte
ge Umbauten, zu begegnen.                          vielfach sehr jung sind, liegen noch wenig Lang-
                                                   zeiterfahrungen darüber vor, ob Cluster-Woh-
Potentiale für die Zukunft des Wohnens             nungen sich generell und welche Ausstattungs-
                                                   eigenschaften sich insbesondere bewähren. Das
Cluster-Wohnungen sind durch ihre räumlichen       Potential von Cluster-Wohnungen kann also erst
Qualitäten und sozialen Ansprüche für inklusi-     in den nächsten Jahren vollständig evaluiert
ves Wohnen geeignet. Die Fallstudie inklusiv       werden.
wohnen Köln stößt auf breites Interesse sowohl
bei Familien mit behinderten Kindern als auch      Das Forschungsprojekt wurde vom Bundesmi-
bei Trägern von Einrichtungen für Menschen mit     nisterium des Innern, für Bau und Heimat im
Behinderungen. Wie das Potential einer sozialen    Rahmen des Innovationsprogramms Zukunft
Inklusion von Menschen mit besonderen Wohn-        Bau des BBSR von April 2017 bis Juni 2019 geför-
bedürfnissen in Folge von Handicaps ausgeprägt     dert.
ist, wird aber letztlich von den Wohngruppen
bestimmt – d.h. ob und wie sich das Individuum     Der Forschungsbericht ist zum Download kos-
darauf einlassen will und kann und in welchem      tenlos verfügbar unter:
Umfang dies durch die Gruppe oder das Gesamt-
projekt solidarisch unterstützt wird.              https://download.fh-potsdam.de/Endbericht-
                                                   Cluster-Wohnungen-2019.pdf
 Cluster-Wohnungen können dazu beitragen,
 eher unattraktive Standorte aufzuwerten. Auf-
 grund der besonderen Nutzung der Erschlie-
 ßungsflächen als Gemeinschaftsfläche wurden
 oftmals “schwierige” Grundstücke mit verwin-
 keltem oder ungünstig proportioniertem, asym-
 metrischem Zuschnitt genutzt. So können
 Grundstücke, die für konventionellen Woh-
 nungsbau unwirtschaftlich erscheinen, durch
 tiefe Baukörper erschlossen werden. Bei einer
 Nachverdichtung durch Neubauten ist eine Be-
 teiligung der Nachbarschaft wichtig, denn diese
 wird häufig von Anwohnern abgelehnt. Hier kön-
 nen Cluster-Wohn-Projekte für mehr Akzeptanz
 sorgen, wenn ihre oftmals besonders engagier-
 ten Bewohner und Bewohnerinnen die Rolle von
“Stadtpionieren” einnehmen und sich aktiv im
 Beteiligungsprozess einbringen.

                                                                                                      Das Projekt Zwicky-Süd, Dübendorf

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Gemeinschaftliches Wohnen im Cluster - Ein praktischer Leitfaden zum Planen, Bauen und Wohnen
Gemeinschaftliches Wohnen im Cluster | Teil I - Was ist eine Cluster-Wohnung?

Teil I - Was ist eine Cluster-Wohnung?                                               Eine Definition
                                                                                     Eine Cluster-Wohnung ist eine Wohnung, die aus                    gebenenfalls eine kleine Teeküche. Verbinden-
                                                                                     mehreren kleinen Wohneinheiten besteht - also                     des Element ist die Gemeinschaftsfläche, über
Neue Wohnformen für verschiedene Lebensmodelle
                                                                                     ein Cluster, eine „Zusammenballung“, der klei-                    die die Wohneinheiten erschlossen werden. Die-
                                                                                     neren Wohneinheiten zu einer großen zusam-                        se ist, mit einer großen Gemeinschaftsküche,
                                                                                     menhängenden Wohnung. Alle Wohneinheiten                          einem Wohnzimmer und weiteren Gemein-
                                                                                     verfügen über ein eigenes Badezimmer und ge-                      schaftsnutzungen entsprechend ausgestattet.

                                                                                           Gemeinschaftsfläche in der Cluster-Wohnung

                                                                                           Privatfläche in der Cluster-Wohnung

mehr als wohnen, Fassade von Haus A mit Nachbargebäuden und Quartiersplatz, Zürich   Beispielgrundriss 1: Dialogweg 6, mehr als wohnen, Zürich, 2014

16                                                                                                                                                                                               17
Gemeinschaftliches Wohnen im Cluster - Ein praktischer Leitfaden zum Planen, Bauen und Wohnen
Gemeinschaftliches Wohnen im Cluster | Teil I - Was ist eine Cluster-Wohnung?

    Ein geschichtlicher Abriss

    Cluster-Wohnungen haben eine Vorgeschichte          schaffen. Auch die Frage was im Privaten stattfin-   tums- und Mietwohnkomplexen verstanden. Die          Die Themen, die die Projektentwickler und -ent-
    und bleiben wahrscheinlich auch nicht das einzige   den soll und was in Kooperation von der Gemein-      Radikalität dieser alternativen Konzepte ging ein-   wicklerinnen heute dazu bewegen Cluster-Woh-
    und finale Ergebnis der Entwicklung der Wohn-       schaft übernommen werden kann, bestimmte             her mit wenig Privatheit und Rückzugsmöglich-        nungen zu planen und realisieren sind denen
    form. Als ein frühes Beispiel alternativer Wohn-    seit je her das Nachdenken über das Wohnen.          keit für die Einzelnen.                              ähnlich, die die historische Entwicklung der ge-
    formen kann die Familistère (1859-84) genannt                                                                                                                 meinschaftlichen Wohnform immer schon be-
    werden, die durch Jean-Baptiste André Godin in      Ende des 19. Jahrhunderts begann die Forderung       Aber es entstand auch langsam das Bewusstsein        gleitet haben. Es soll das selbstbestimmte Mitei-
    Guise (Frankreich) erbaut wurde. Geplant wurde      laut zu werden, Frauen von der Hausarbeit zu be-     einer behutsamen Stadterneuerung, von partizi-       nander gefördert werden, um der Anonymisierung
    eine Anlage von drei rechteckigen, mehrgeschos-     freien. Es entstanden überall in Europa und Ame-     pativer Stadtentwicklung mit einer Vielzahl von      in den Städten zu begegnen. In Reaktion auf den
    sigen Wohnhäusern, die jeweils einen gemein-        rika experimentelle Einküchenhäuser. Solche          Eigeninitiativen wie Baugruppen, Syndikats- und      vermehrten Zuzug in die Städte soll bezahlbarer
    schaftlich genutzten Innenhof mit Glaskuppeln       Häuser besaßen in der Regel einen großen Spei-       Genossenschaftshäusern. Im Umfeld solcher            Wohnraum geschaffen werden. Und es wird neu
    umschließen. Hier wurde bereits eine Dreiteilung    sesaal und eine gewerbliche Küche, in der die Be-    Initiativen gehen häufig auch Anstöße für Clus-      diskutiert, was als Einzelperson besessen und
    von Außenraum, Privatraum und dem halböffent-       wohnerinnen und Bewohner des Hauses zusam-           ter-Wohnungen aus.                                   was geteilt werden kann. Das Konzept der Clus-
    lichen Zwischenraum angelegt. Eine Fläche zur       men aßen. Diese Form des Wohnens gab ihrerseits                                                           ter-Wohnung erreichte daher vor einigen Jahren
    Begegnung im Zentrum der Anlage wurde ge-           den Anstoß zu einer Entwicklung von flächenop-       Nicht nur an diesen kreativen Rändern der moder-     auch Deutschland und Berlin und erfreut sich
                                                        timierten Wohnkonzepten. Gemeinschaftsein-           nen Gesellschaft, sondern als Gesamtphänomen         einer wachsenden Popularität.
                                                        richtungen finden sich auch in Vorzeigeprojekten     können wir eine Veränderung der traditionellen
                                                        wie dem Karl-Marx-Hof in Wien (1927-30) unter        Familienstruktur beobachten. Sie scheint fast am
                                                        dem Konzept einer „Stadt in der Stadt“.              nachhaltigsten das Interesse an Cluster-Wohnen
                                                                                                             zu befördern und inzwischen für breite Bevölke-
                                                        Ende der 1960er Jahre entstanden mit stark poli-     rungskreise attraktiv zu machen. Im Zuge dieser
                                                        tisierter Ausprägung Lebensentwürfe, wie die         Veränderung werden Antworten gesucht, wie
                                                        Kommune 1 in Berlin. Sie verstanden sich als Ge-     man zukünftig in einer (älter werdenden) Patch-
                                                        genmodell zur bürgerlichen Kernfamilie und pro-      workstruktur leben kann.
                                                        pagierten alternative Lebensvorstellungen. Es
                                                        entstand in einer zunächst radikalen Geste der       Insbesondere die jüngeren Genossenschaften in
                                                        neu formulierte Anspruch, sich sein Lebens- und      der Schweiz, wie „mehr als wohnen“ oder „Kraft-
                                                        Wohnumfeld selbst zu entwerfen. Stichworte           werk“ begannen sich vor einigen Jahren mit dem
                                                        wurden: Partizipation in der Planung und Nach-       Thema der sich wandelnden Wohnkultur ausein-
                                                        barschaft im Wohnen.                                 ander zu setzen und neue Wohnformen zu entwi-
                                                                                                             ckeln. In Zürich entstanden so die ersten Cluster-
                                                        Es folgten in den 1970er und 1980er Jahren           Wohnungen (in der Schweiz auch teilweise
                                                        vielerorts das Verlangen und Streben nach Basis-     Satellitenwohnungen genannt) und finden seit-
                                                        demokratie, Toleranz und Autonomie. Die Wohn-        dem immer mehr Verbreitung – auch außerhalb
                                                        gemeinschaft (WG) und andere kollektive Wohn-        genossenschaftlicher Organisationsformen.
                                                        formen des Teilens wurden als Antwort auf
Pavillon Central du Familistère, Guise                  Familienwohnungen oder Appartements in Eigen-                                                                   Karl-Marx-Hof, Wien

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Gemeinschaftliches Wohnen im Cluster | Teil I - Was ist eine Cluster-Wohnung?

Warum Cluster-Wohnungen?

Im Laufe des zwanzigsten Jahrhunderts haben          bereit sein, mit sehr viel weniger Wohnraum
sich tradierte Lebensformen immer weiter auf-        auszukommen. Cluster-Wohnungen stellen in
gelöst und neue Lebensentwürfe zugelassen.           diesem Kontext die Frage: wie weit kann ich mei-
Ehemalige Großfamilien transformieren zu Ein-        nen privaten Wohnraum reduzieren (und damit
Kind-Familien in 3-Zimmer-Wohnungen, diese           verbilligen) und einen anderen Teil meines
ihrerseits wiederum zu Lebensabschnittspart-         Wohnraumbedarfs mit mehreren Bewohnern
nerschaften und Patchworkfamilien. Immer             und Bewohnerinnen teilen, so dass ich für diesen
mehr Menschen leben mittlerweile in Single-          gemeinschaftlich genutzten Raum nur einen An-
Haushalten. Parallel dazu wächst das Bedürfnis       teil zahlen brauche?
auf ein selbstbestimmtes Leben.
                                                     Auch über das Räumliche hinaus kann die Frage
Die Auflösung bestehender Strukturen führt al-       welche Wohnungsausstattung und -geräte pri-
lerdings auch zu einer fortschreitenden Anony-       vat besessen werden müssen oder auch im Sinne
misierung in der Stadt und einer einhergehen-        der Ressourcenschonung in der Gemeinschaft
den Entmischung. War es früher normal, dass          genutzt werden können, neu diskutiert werden:
alle Generationen unter einem Dach leben, und        brauche ich meinen eigenen Werkzeugkoffer?
war es selbstverständlich, dass auch Kranke oder     Meine eigene Waschmaschine? Gemeinschaftli-
Betreuungsbedürftige von der Familie aufgefan-       ches Wohnen kann also Antworten auf soziale,
gen wurden, so hat man inzwischen für jeden          ökonomische sowie auch ökologische Fragen
Pflegefall die entsprechende Einrichtung gebaut.     des Lebens in der Stadt bieten.
Auch hier wächst parallel die Erkenntnis, die Ge-
sellschaft nicht nur offener, toleranter und wohl-   Dabei geht die Cluster-Wohnung in der Auflö-
tätiger, sondern auch gemischter zu machen –         sung des Privatraumes nicht so weit wie eine
und das heißt vor allem: geselliger miteinander      klassische Wohngemeinschaft. Durch die Aus-
zu leben. Das gemeinschaftliche Leben, insbe-        stattung jeder Wohneinheit mit einem eigenen
sondere innerhalb einer Wohnung, ermöglicht          Badezimmer und ggf. einer kleinen Teeküche
ein kooperatives Miteinander - sich gegenseitig      kann auch getrennt von der Gemeinschaftsflä-
im Alltag auszuhelfen und Aufgaben für die Ge-       che ein eigener kleiner Haushalt geführt werden.
meinschaft zu übernehmen.                            So kann die Cluster-Wohnung eine interessante
                                                     Wohntypologie für eine breite Zielgruppe sein,
Ein weiterer wichtiger Grund liegt auf einer prag-   die eine Gleichzeitigkeit von Privatraum und ge-
matischen Ebene. Innerstädtische Wohnlagen           meinschaftlichem Wohnen ermöglicht.
werden immer begehrter und entsprechend
schwieriger zu finanzieren. Wer nicht an die Rän-
der ziehen will und nicht bereit ist, lange An-
fahrtswege zur Arbeit in Kauf zu nehmen, muss
                                                                                                        Das gemeinschaftliche Wohnprojekt Allein Wohnen in Gemeinschaft, Berlin

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Gemeinschaftliches Wohnen im Cluster | Teil I - Was ist eine Cluster-Wohnung?

Varianten einer Cluster-Wohnung
                                                             Der Regelfall                                        Temporäres Wohnen

                                                             Cluster-Wohnformen sind Wohneinheiten oder           Eine Cluster-Wohnung muss nicht auf das lang-
                                                             Häuser mit überdurchschnittlich vielen Gemein-       fristige Wohnen ausgelegt sein. Wenn man nur
                                                             schaftsflächen sowie reduzierten privaten Nutz-      für eine kurze Zeit in eine Stadt kommt oder der
                                                             flächen, die ein Zusammenleben ermöglichen           eigentliche Wohnsitz anderorts ist, kann das
                                                             bzw. sogar erfordern. Man lebt, mit oder ohne        Wohnen in einer Cluster-Wohnung einen sozia-
                                                             Kinder, zusammen und teilt mehr oder weniger         len Kontext bieten. Viele Menschen müssen heu-
                                                             Zeit des Tages miteinander. Innerhalb dieses ty-     te zu ihrer Arbeitsstelle pendeln – und zwar nicht
                                                             pischen Charakters von Cluster-Wohnformen            nur aus dem Umland in die Ballungsräume, son-
                                                             bestehen die unterschiedlichsten Ausprägun-          dern wochenweise in eine andere Stadt. Dieser
                                                             gen: je nach Größe der Wohnung, Nutzungskon-         Personenkreis benötigt am Ort des Arbeitsplat-
Beispielgrundriss 2: Haus Afrika, wagnisART, München, 2016   zept, Zusammensetzung der Wohngruppe und             zes keine große Wohnung. Man braucht eine            Beispielgrundriss 4: CUBITY, TU Darmstadt, Frankfurt am Main, 2014
                                                             natürlich auch den individuellen Wünschen und        kleine private Rückzugsmöglichkeit und einen
                                                             Vorstellungen. Insofern ist jede Cluster-Wohn-       Aufenthaltsraum. Auch Studierende benötigen
                                                             form tendenziell auch ein Sonderfall, dessen         in der Regel zunächst ein Bett und einen Schreib-
                                                             Ausgestaltung vor allem von der angestrebten         tisch und einen minimalistischen privaten Be-
                                                             Zielgruppe abhängt.                                  reich mit Sanitärzelle, eventuell fertig möbliert.

                                                             Mischung von Cluster-Wohnung und Wohnge-             Berufsspezifische Cluster-Wohnung
                                                             meinschaft
                                                                                                                  Cluster-Wohnungen können sich berufsspezi-
                                                             Eine Cluster-Wohnung zeichnet sich im Normal-        fisch definieren und sich z.B. als Wohnung für
                                                             fall dadurch aus, dass jede Privateinheit über ein   Musiker und Musikerinnen gemeinsame Übungs-
                                                             eigenes Bad verfügt. Neben den Privateinheiten       räume und die dadurch entstehenden Kosten für
                                                             mit Bad können in derselben Wohnung jedoch           Schallisolierung und Ausstattung teilen. Das Tei-
                                                             auch Zimmer ohne eigenes Bad vorgesehen wer-         len von Arbeitsfläche kann von den genannten
                                                             den, um das Angebot an Wohnraum innerhalb            Übungsräumen in der Musik-Cluster-Wohnung,
                                                             der Cluster-Wohnung zu variieren. Es entsteht        über Atelierräume für Künstler und Künstlerin-
                                                             eine Mischung aus Cluster-Wohnung und WG.            nen bis hin zum allgemeinen Co-Working Raum
                                                             Die Bewohner und Bewohnerinnen der Zimmer            reichen und neben der gemeinsamen Anschaf-
                                                             ohne eigenes Bad teilen sich, wie in einer klassi-   fung der benötigten Ausstattung auch die pro-
                                                             schen WG, ein Gemeinschaftsbadezimmer. Auch          fessionelle Vernetzung fördern.
                                                             kann es mitunter Lösungen geben, in denen ein
                                                                                                                                                                       Beispielgrundriss 5: Musikerhaus, Stiftung Habitat, Basel, 2010
                                                             Bad zwei Wohneinheiten zugeteilt ist. So können
                                                             innerhalb der Cluster-Wohnung unterschiedlich
                                                             hohe Mietpreise ermöglicht werden.                        Gemeinschaftsfläche in der Cluster-Wohnung

Beispielgrundriss 3: Zwicky Süd, Dübendorf, 2016                                                                       Privatflächen in der Cluster-Wohnung

22                                                                                                                                                                                                                                   23
Gemeinschaftliches Wohnen im Cluster | Teil I - Was ist eine Cluster-Wohnung?

                                                    Wohnen für Personen mit Betreuungsbedarf

                                                    Ansätze für eine Cluster-Wohnung mit Betreu-
                                                    ungsangeboten können sehr unterschiedlich
                                                    sein. Das kann beispielsweise eine Cluster-Woh-
                                                    nung für Senioren und Seniorinnen sein, die ein
                                                    Studierendenapartment in die Wohnung integ-
                                                    rieren, oder eine Demenzwohnung mit umfang-
                                                    reicheren Betreuungseinrichtungen. Je nach Art
                                                    und Grad der Behinderung müssen solche Clus-
                                                    ter-Wohnungen bedarfsgerecht hergerichtet
                                                    sein. Die Cluster-Wohnung ermöglicht Koopera-
                                                    tion und Synergieeffekte, wie die Möglichkeit
                                                    Betreuungspersonal zu teilen und wirkt als
                                                    Instrument für inklusives Wohnen, das eine
                                                    sozialere und gemeinschaftlichere Alternative
                                                    zum Wohnheim bietet.

Beispielgrundriss 6: Inklusiv Wohnen, Köln, 2017

     Kann das Cluster-Wohnen für mich interessant sein?

     Cluster-Wohnungen sind vor allem für Menschen geeignet, die versuchen jenseits der Kernfa-
     milie ein selbstbestimmtes Leben in der Gemeinschaft zu verwirklichen. Im Cluster zu wohnen
     bedeutet dabei Autonomie und Miteinander – sich gegenseitig im Alltag auszuhelfen, Aufgaben
     für die Gemeinschaft zu übernehmen, aber auch einen privaten Rückzugsort zu haben.

     In eine Cluster-Wohnung zu ziehen kann auch eine Strategie sein, sich das Wohnen im inner-
     städtischen Raum überhaupt noch leisten zu können und auch andere Ressourcen (wie z.B.
     Haushaltsgeräte) in der Gemeinschaft zu teilen und so nachhaltiger, inklusiver, aber auch
     günstiger zu wohnen. Dabei beruht das Cluster-Wohnen auf einer anderen Wohntypologie als
     zum Beispiel die klassische WG oder die Hausgemeinschaft und ist deshalb auch für Menschen
     interessant, denen der eine Typ zu eng, der andere aber wiederum zu unverbunden (oder
     schlichtweg zu teuer) ist. Spezifische Formen der Cluster-Wohnungen können somit besonders
     für Familien, Pendelnde, berufstätige Singles, bestimmte Berufsfelder oder für Menschen mit
     Betreuungsbedarf interessant sein.

                                                                                                      xxxxx x x xxxx xxxxx xxxxxxxx xxxxxx

                                                                                                              Das Projekt Spreefeld mit Cluster-Wohnungen, Berlin

24                                                                                                                                                                                                                             25
Gemeinschaftliches Wohnen im Cluster | Teil II - Berliner Beispiele

Teil II - Die Umsetzung
                                                         Die Organisationsstrukturen

                                                         Das Konzept der Cluster-Wohnung ist jung und       den verschiedenen Möglichkeiten eine Cluster-
                                                         bedarf der Entwicklung von neuen Organisa-         Wohnung zu planen und zu organisieren. Behan-
                                                         tions- und Raumstrukturen. Dabei können Clus-      delt werden Themen wie die möglichen Eigen-
Wie funktioniert eine Cluster-Wohnung?
                                                         ter-Wohnungen unterschiedliche Formen an-          tumsverhältnisse und Mietmodelle, Partizipation
                                                         nehmen, da die Ausgestaltung stark davon           in der Planung, die architektonischen Besonder-
                                                         abhängt für wen die Wohnung geplant wird. Der      heiten und die Strukturen des Zusammenlebens
                                                         zweite Teil der Broschüre beschäftigt sich mit     innerhalb der Gruppe.

                                                                                                          Wie sollte unsere Gemeinschafts-
                                                                                                          fläche geschnitten und ausgestat-
                                                                                                            tet sein, sodass wir uns alle zu
                                                                                                                    Hause fühlen?

                                                                                 Wie funktioniert eine
                                                                                 Cluster-Wohnung zur
                                                                                        Miete?
                                                                                                                         Wie wollen wir unser
                                                                                                                            Zusammenleben
                                                                                                                               gestalten?

Projektworkshop STATTBAU mit Partnerinnen und Partnern

26                                                                                                                                                        27
Gemeinschaftliches Wohnen im Cluster| Teil II - Die Umsetzung

Eigentumsverhältnisse und
Organisationsformen
                                                   Sondereigentum auch für Menschen interessant         Voraussetzung für diese Regelung ist, dass alle
                                                   werden, die andere Schwerpunkte setzen als           Mitglieder über dasselbe Kreditinstitut finanzie-                     Gemeinschaftseigentum
                 Einzeleigentum
                                                   Gemeinschaft und Geselligkeit, dafür aber einen      ren.                                                                  Variante: Genossenschaft (eG)
                                                   höheren Kaufpreis bieten. Auch könnte das Son-
                                                   dereigentum dann vermietet werden. So könnte         Dieses Verfahren ist relativ formalisiert und be-
Eigentumsbildung ist in unserer Gesellschaft       ein sukzessiver Zersetzungsprozess in Gang           deutet bei jedem Wohnungswechsel den erneu-          Als zweite Variante zur Bildung von Gemein-
sehr hoch angesehen. Entsprechend vorurteils-      kommen, der dem Sinn und Zweck einer Clus-           ten Gang zum Notar, die Feststellung eines Aus-      schaftseigentum kommt das Miteigentum in ei-
frei sollte geprüft werden, ob sie im konkreten    ter-Wohnung zuwiderläuft.                            einandersetzungsguthabens und die Löschung           ner Genossenschaft in Frage. Jedes Genossen-
Fall und in der Konstellation einer Cluster-Woh-                                                        bzw. Neueintragung eines GbR-Mitglieds in das        schaftsmitglied ist mit seinen Geschäftsanteilen
nung tatsächlich sinnvoll erscheint. Es beginnt                                                         Grundbuch. Auch die Grundschulden des auszie-        auch Miteigentümerin bzw. -eigentümer an der
mit der Frage nach der Abgeschlossenheitser-                       Gemeinschaftseigentum                hendenden Mitglieds müssen gelöscht und die          Genossenschaft. Die Genossenschaft sichert ein
klärung. Denn die Cluster-Wohnung müsste                           Variante: Gesellschaft               Grundschulden des neuen Mitglieds eingetra-          Dauerwohnrecht zu. Kündigung ist per Satzung
aufgeteilt werden in eine Wohnungseigentü-                         bürgerlichen Rechts (GbR)            gen werden. Das ist umständlich und mit nicht        ausgeschlossen bzw. nur bei Verletzung von
mergemeinschaft (WEG) bei der jedes Apart-                                                              geringen Kosten verbunden.                           Pflichten zulässig. Ebenso sichert die Genossen-
ment zum Sondereigentum definiert wäre, wäh-       Besser geeignet ist der Weg der Eigentumsbil-                                                             schaft die Rückgabe der Kapitaleinlage bei Kün-
rend die Gemeinschaftsflächen zum Gemein-          dung über ein Gemeinschaftseigentum. Für die-        Andererseits hat dieses Modell den Vorteil, dass     digung und Auszug zu. Da die Genossenschaft
schaftseigentum zählten. Was aber wenn die         sen Weg bieten sich zwei Varianten an: GbR und       der Wohngruppe über die Gemeinschaftsord-            die Pflicht zur Instandhaltung übernommen hat
Gemeinschaftsflächen, gegenüber dem Sonder-        Genossenschaft.                                      nung bereits ein festes Gerüst für die wesentli-     und die Bewohnerinnen und Bewohner von die-
eigentum einen überproportionalen Anteil ein-                                                           chen zu regelnden Prozesse an die Hand gege-         ser Verantwortung entlastet, wird bei Rückgabe
nehmen? Ist es trotzdem möglich einzelne           Die Variante der GbR besteht darin, als Wohn-        ben wird: wie werden Beschlüsse und mit              der Kapitaleinlage auch kein Instandhaltungs-
Grundbuchblätter anzulegen? Belastet der hohe      gruppe eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu      welchen Stimmrechten gefasst, wie werden die         stau ggf. gegengerechnet (sondern nur bei un-
Anteil an Gemeinschaftsflächen den Belei-          gründen, sich eine Gemeinschaftsordnung zu           Kosten verteilt, wie ist der Austritt und Eintritt   sachgemäßen Gebrauch der überlassenen Räu-
hungswert des Grundbuchblattes? Wie steht es       geben, die GbR notariell einzutragen und ein ge-     geregelt usw.? Das erübrigt dann für die meis-       me).
mit der Zugänglichkeit zum Sondereigentum?         meinsames Grundbuchblatt für die gesamte             ten Fälle eine weitere Regelung, ist dafür aber
Die wichtigste Frage in diesem Zusammenhang        Cluster-Wohnung anlegen zu lassen. Eine Abge-        auch sehr viel schwerer zu verändern.                Auch diese Variante kann einen „Festpreis“ für
ist aber: Was für Auswirkungen hat die Auftei-     schlossenheitserklärung der einzelnen Wohn-                                                               Ausziehende und Einziehende sicherstellen und
lung in Sondereigentum auf den Gemeinschafts-      einheiten (wie in einer WEG) ist in dieser Rechts-   Vor allem kann durch dieses Modell sicherge-         das Auswahlverfahren für die Nachfolge in die
gedanken?                                          form nicht notwendig, da die Wohnung                 stellt werden, dass es der Gruppe möglich ist,       Hand der Verbleibenden legen. Gleichzeitig ist
                                                   insgesamt als Gemeinschaftseigentum gilt.            darüber zu entscheiden wer in die GbR als Nach-      jedes Mitglied Miteigentümerin oder Miteigentü-
Je höher der Gemeinschaftsgedanke in der Kon-                                                           folgerin oder Nachfolger eintritt. Über die GbR-     mer an der gesamten Genossenschaft und nicht
zeptionierung angesiedelt ist, desto unverein-     In der Gemeinschaftsordnung ist geregelt, mit        Gemeinschaftsordnung kann aber zum Beispiel          nur an der eigenen Wohnung (was Vorteile be-
barer ist das Konzept mit der Bildung von Son-     welchem Betrag jedes GbR-Mitglied an der Ge-         auch festgelegt werden, wie hoch der Verkaufs-       züglich der Finanzierungssicherheit und der In-
dereigentum im klassischen Sinne. Denn bei         samtfinanzierung der Wohnung beteiligt ist. So-      preis ist und welche Möglichkeit der Anpassung       standhaltung der genossenschaftlichen Objekte
Auszug und Verkauf des Sondereigentums käme        fern die Mitglieder Darlehen zur Finanzierung        des Preises erlaubt sein soll.                       bietet). Die Satzung der Genossenschaft regelt
nicht unbedingt der Wunschkandidat oder die        ihres Anteils aufnehmen müssen, sind die ein-                                                             alle „großen“ Fragen (Mitgliedschaft, Gremien,
Wunschkandidatin der Gruppe zum Zuge.              zelnen Grundschulden an gleichem Rang im                                                                  Verwendung des Gewinns usw.), der Dauernut-
Gerade in innerstädtischen Lagen würde das         Grundbuchblatt eingetragen.                                                                               zungsvertrag regelt wie ein Mietvertrag das Ver-

28                                                                                                                                                                                                       29
Gemeinschaftliches Wohnen im Cluster| Teil II - Die Umsetzung

hältnis zwischen Cluster-Bewohnenden und Ge-        ßer Bedeutung sind. Für ältere Interessierte         Leitfaden für Eigentumsverhältisse und Organisationsformen
nossenschaft (wobei der Dauernutzungsvertrag        empfiehlt sich deshalb - sofern sie es sich leis-
eine Kündigung aus Eigenbedarf ausschließt).        ten können- eher eines der Modelle für Gemein-       Es gibt grundsätzlich vier verschiedene Eigentumsverhältnisse einer Cluster-Wohnung:
Das Leben und Entscheiden innerhalb der Clus-       schaftseigentum (GbR oder Genossenschaft) zu
ter-Wohnung regelt die Gruppe eigenständig.         verfolgen.                                                             Einzeleigentum

                                                                                                                           Vorteile:
                                                    Verlässliche Perspektiven bieten in der Regel
                                                                                                                           ƒ Individuelle Haftung und Finanzierung.
                      Mietobjekt                    Stiftungen oder städtische Wohnungsbaugesell-
                                                                                                                           ƒ Laufende Kosten können durch Selbstverwaltung niedrig gehalten werden.
                                                    schaften als Vermieterinnen. Dann ermöglicht
                                                    das Mietmodell sicherlich eine interessante Op-                        Nachteile:
Eine Wohnung anzumieten ist die gängigste           tion, weil keine hohen Eigenkapitalbeträge wie                         ƒ Bewohnerwechsel ist notariell aufwendig und ohne Mitspracherecht der Wohngruppe.
Wohnform in Berlin. Sie kommt vor allem in Be-      bei vielen Genossenschaften einzuzahlen sind.                          ƒ Gemeinschaftseigentum ist schwer mit einer Aufteilung in Sondereigentum vereinbar.
tracht, sofern eine Wohnung im Bestand zur          Eventuell sind die Wohnungen sogar gefördert
Wahl steht. Für eine Wohnung im Eigentum oder       und ermöglichen damit einer Gruppe, die för-                           Gemeinschaftseigentum GbR
in der Genossenschaft muss zumeist erst ein         derberechtigt ist, die Realisierung einer Cluster-
                                                                                                                           Vorteile:
neues Bauvorhaben auf den Weg gebracht wer-         Wohnung. Wobei die Förderung von Cluster-
                                                                                                                           ƒ Da die Cluster-Wohnung Gemeinschaftseigentum ist, braucht es keine Abgeschlossen-
den: entweder als Bestandteil einer Baugruppe       Wohnungen oft mit Schwierigkeiten verbunden
                                                                                                                              heitserklärung der einzelnen Wohneinheiten.
oder als Teilnehmerin bzw. Teilnehmer eines         ist (siehe Kapitel Förderungen).
                                                                                                                           ƒ Der GbR-Vertrag liefert eine verbindliche Gemeinschaftsordnung, in der die Organisati-
genossenschaftlichen Projekts. Für beides
                                                                                                                              on der Wohnung verbindlich geregelt werden kann (z.B. Nachbelegung).
braucht man in der Regel einen recht langen         Natürlich muss die Eigentümerin oder der Ei-
Atem.                                               gentümer auch bereit sein, eine solche Wohn-                           Nachteile:
                                                    form zu realisieren und anzubieten. Um sich                            ƒ Wechsel von Gruppenmitgliedern ist umständlich und mit Kosten verbunden.
Das Mietobjekt ist sicherlich schneller umsetz-     nicht selbst auf die komplexe und mitunter auch                        ƒ Haftung für Mietausfall liegt vollständig bei der Gruppe.
bar. Aber gerade hierbei müssen bestimmte           komplizierte vertragliche Regelung und den hö-
Punkte beachtet werden, die zum einen in dem        heren Verwaltungsaufwand einlassen zu müs-                             Miteigentum Genossenschaft
Abschnitt über die rechtlichen Aspekte bei Miet-    sen, bietet sich für Vermietende mit wenig oder
                                                                                                                           Vorteile:
modellen erläutert werden, zum anderen ins-         keiner Kenntnis über Cluster-Wohnungen das
                                                                                                                           ƒ Die Genossenschaft haftet für Mietausfall und übernimmt die Instandhaltung.
besondere bei Umbaumaßnahmen im Bestand             Zwischenträgermodell an, das in im nächsten
                                                                                                                           ƒ Die Satzung der Genossenschaft kann alle substanziellen Organisationsfragen verbind-
bedacht werden sollten.                             Kapitel erläutert wird.
                                                                                                                              lich klären (z.B. Nachfolge, Gremien, Selbstverwaltungsregelung etc.).
                                                                                                                           ƒ Wechsel von Gruppenmitgliedern ist weniger aufwendig als bei Eigentum und GbR.
Das Mietobjekt hat immer den Nachteil, dass die
zukünftigen Pläne der Eigentümerin oder des                                                                                Nachteile:
Eigentümers nicht bekannt sind. Wie wird sich                                                                              ƒ Die Selbstverwaltung der Gruppe muss mit der Genossenschaft abgestimmt werden.
die Miete entwickeln, wird sie vielleicht in zehn
Jahren von der Gruppe nicht mehr bezahlbar                                                                                 Miete
sein? Oder ist eventuell sogar die Umwandlung        Unabhägig davon für welches Gemein-
                                                                                                                           Vorteile:
in Eigentumswohnungen beabsichtigt, so dass          schaftseigentumsmodell Sie sich interessie-
                                                                                                                           ƒ Mietobjekte sind schneller umsetzbar als Eigentum, GbR und Genossenschaft.
den Mieterinnen und Mietern wegen Eigenbe-           ren, wir empfehlen Ihnen, sich ausführliche
                                                                                                                           ƒ Keine Eigenkapitalbeträge. Instandhaltungskosten liegen bei den Vermietenden.
darf gekündigt wird? Fragen, die insbesondere        Rechtsberatung einzuholen und den kon-
für ältere Bewohnerinnen und Bewohner, deren         kreten Einzelfall prüfen zu lassen. Die hier                          Nachteile:
Rente nicht im gleichem Maße steigt wie die          zusammengestellten Überlegungen sind                                  ƒ Eigenbedarfskündigung und signifikante Mietsteigerungen möglich.
Kostenentwicklung, und denen es besonders            ohne Gewähr und nicht abschließend.                                   ƒ Komplexe Vermietungskonstellation einer Cluster-Wohnung oft zu aufwendig.
schwerfällt, noch einmal umzuziehen, von gro-                                                                              ƒ Eher keine Selbstverwaltung, Mitsprache nur eingeschränkt möglich.

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Gemeinschaftliches Wohnen im Cluster| Teil II - Die Umsetzung

Mietmodelle
                                                    Variante 1:                                        Variante 2:                                         Variante 3:
                                                    Einzelmietverträge                                 WG-Mietvertrag                                      Hauptmietvertrag

Eine Wohnung anzumieten - sei es als Mietwoh-       Werden mit jeder Bewohnerin/jedem Bewohner         Im Bezug auf die Vertragssicherheit ist aus Sicht   Die dritte Möglichkeit, bei der nur eine Haupt-
nung oder sei es als Genossenschaftswohnung         Einzelmietverträge abgeschlossen, müssen sich      des Vermietenden ein einziger Mietvertrag, in       mieterin bzw. ein Hauptmieter im Vertrag steht,
mit Dauernutzungsrechten - bedeutet zunächst,       diese Verträge auf abgeschlossene Wohneinhei-      dem alle Mietparteien aufgeführt sind, mehr         bedeutet für den Vermieter eine alleinige An-
dass die Hausbewirtschaftung zu funktionieren       ten und jeweils auf einen Anteil an den Gemein-    oder weniger gleichwertig mit Einzelmietverträ-     sprechpartnerin bzw. -partner. Diese/r seiner-
hat. Die monatliche Miete muss gezahlt werden,      schaftsflächen beziehen. Die Vermieterin oder      gen. Im Ernstfall sind dann auch alle Mietpartei-   seits muss das Verhältnis zu den Bewohnern
die Wohnung muss instand gehalten werden,           der Vermieter hat dann ein direktes Mietver-       en mithaftend. Die praktische Durchführung ei-      und Bewohnerinnen selber klären:
die Nebenkosten müssen abgerechnet und der          hältnis mit jeder und jedem Einzelnen, hat im      nes solchen Mietverhältnisses ist problematisch,
Mieterwechsel organisiert werden.                   Notfall das Durchgriffsrecht (Kündigung, Ab-       weil es durchaus sein kann, dass nach einigen       ƒ   Es muss sichergestellt sein, dass die kom-
                                                    mahnung) und übt – zumindest rechtlich - das       Fluktuationsrochaden irgendwann gänzlich an-            plette Miete und die Nebenkosten bezahlt
Was dies im Einzelnen für das Wohnen im Clus-       Belegungsrecht aus. Dafür müssen die Vermie-       dere Personen in der Wohnung leben als im               werden.
ter bedeutet, wird im folgenden Abschnitt be-       tenden sich auch um die Neuvermietung und          Mietvertrag aufgeführt sind. Sicher gibt es das
schrieben. An dieser Stelle geht es zunächst um     den Wohnungswechsel kümmern und allen Ein-         Eigeninteresse derjenigen, die ausziehen, auch
                                                                                                                                                           ƒ   Die Aufteilung der Mietanteile und der Ne-
die Vertragsgestaltung. Wird eine Cluster-Woh-      zelnen eine Nebenkostenabrechnung ausstellen.      aus dem Mietvertrag ausgetragen zu werden,
                                                                                                                                                               benkosten müssen intern geregelt werden.
nung angemietet, stellt sich die Frage, wer ei-     Handelt es sich nicht um eine studentische         so dass ein solcher Vertrag sich im beiderseiti-
gentlich der Mieter oder die Mieterin ist. Ist      Wohneinrichtung, sondern um eine originäre         gen Interesse automatisch aktualisiert, doch die
es ein Mietvertrag mit allen Mietparteien als       Cluster-Wohnung, die auf das Zusammenleben         Erfahrung zeigt, dass bei WG-Verträgen dies         ƒ   Die Frage nach Mitgliederwechsel muss ge-
Hauptmieter (im Plural), ist es ein Hauptmieter/    auf Dauer ausgerichtet ist, dürfte dieses Modell   häufig nicht geschieht.                                 klärt werden und der Kontakt mit der Ver-
eine Hauptmieterin (im Singular), der/die an        mit Einzelmietverträgen eher konfliktträchtig                                                              mietung stellvertretend geführt werden.
alle Bewohnerinnen und Bewohner unterver-           sein: die Selbstorganisation als Gruppe in den     Dafür hat die Vermieterin oder der Vermieter
mietet, oder hat jede Bewohnerin/jeder Bewoh-       Gemeinschaftsflächen steht immer im Schatten       den Vorteil, nur eine Nebenkostenabrechnung
                                                                                                                                                           Für die Vermietenden ist diese Konstruktion die
ner einen Einzelmietvertrag? Welche Art der         des „fremden“ Mietverhältnisses.                   und eine Mieterhöhung für die gesamte Cluster-
                                                                                                                                                           am wenigsten aufwendige. Es kann aber auch
Vertragsgestaltung hat welche Vor- und Nach-                                                           Wohnung ausfertigen zu müssen. Die Unter-
                                                                                                                                                           kein Einfluss mehr auf die Gruppenzusammen-
teile? Das ist nicht nur eine Frage an die Bewoh-                                                      Aufteilung innerhalb der Wohnung geschieht
                                                                                                                                                           setzung genommen werden, da die Auswahl der
nerinnen und Bewohner, sondern auch an die                                                             selbstständig und eigenverantwortlich inner-
                                                                                                                                                           Mitbewohner und -bewohnerinnen bei der
Vermieterin und den Vermieter.                                                                         halb der Wohngruppe. Auch beim Freiwerden
                                                                                                                                                           Hauptmieterin bzw. dem Hauptmieter liegt.
                                                                                                       einer Wohneinheit hat zuallererst die Wohn-
                                                                                                       gruppe selbst ein essentielles Interesse, eine
                                                                                                                                                           Es ist naheliegend, dass diese/r keine natürliche
                                                                                                       Nachfolgerin oder einen Nachfolger zu finden.
                                                                                                                                                           Person ist (die dann außerordentliche Macht
                                                                                                                                                           gegenüber der Wohngruppe innehielte), son-
                                                                                                       Insofern erweitern sich gegenüber der Variante
                                                                                                                                                           dern sich z.B. ein Verein oder eine GbR aus den
                                                                                                       mit Einzelmietverträgen hier die Selbstbestim-
                                                                                                                                                           Bewohnerinnen und Bewohnern gründet. Dieser
                                                                                                       mung und mithin auch die eigene Verantwor-
                                                                                                                                                           Verein bzw. die GbR kann dann auf demokrati-
                                                                                                       tung innerhalb der Wohngruppe. Solidarische
                                                                                                                                                           sche Weise die Funktion des Hauptmieters stell-
                                                                                                       Mietmodelle sind bei dieser Variante wie auch
                                                                                                                                                           vertretend ausüben.
                                                                                                       bei der folgenden möglich.

32                                                                                                                                                                                                      33
Gemeinschaftliches Wohnen im Cluster| Teil II - Die Umsetzung

                                                                                                        Leitfaden zu Mietmodellen
Die Haftung und das Mietausfallwagnis liegen
in diesem Modell gewöhnlich bei der Hauptmie-
terin oder dem Hauptmieter. Wobei folgende
                                                    Variante 4:
                                                    Zwischenträger
                                                                                         ?              Wir stellen die vier wichtigsten Mietmodelle für das Cluster-Wohnen vor:

Unterschiede in der Wahl der Rechtsform für die
Gruppe zu beachten sind:                            Auch ist es möglich, dass eine professionelle In-                     Einzelmietverträge
                                                    stanz, ein Zwischenträger, die Cluster-Wohnung
                                                                                                                          Die Vermieterin/der Vermieter hat ein direktes Mietverhältnis mit jedem einzelnen
Der Verein                                          anmietet und die Vermietung an eine Wohn-
                                                                                                                          Cluster-Mitglied.
                                                    gruppe übernimmt. Ein Zwischenträger kann
Der Eingetragene Verein ist ein freiwilliger, auf   zum Beispiel ein sozialer Träger sein.                                ƒ Dies setzt eine klare vertragliche Fixierung der Abgeschlossenheit der Wohneinheiten
Dauer angelegter, körperschaftlich organisier-                                                                               und Anteile an der Gemeinschaftsfläche voraus.
ter Zusammenschluss einer Anzahl von Perso-         Der Zwischenträger organisiert die Weiterver-                         ƒ Durchgriffsrecht und Belegungsrecht, aber auch Mietausfallwagnis verbleiben haupt-
nen, die einen gemeinsamen ideellen Zweck           mietung eigenständig, fängt das Vermietungs-                             sächlich beim Vermieter; der Mieter genießt hohen Kündigungsschutz (gemäß BGB)
verfolgen. Die Mitglieder haften beschränkt auf     risiko auf und entlastet die Eigentümerin oder                        ƒ Eher für kurzfristigeres, studentisches oder betreutes Cluster-Wohnen geeignet
das Vereinsvermögen. Wenn Entscheidungen            den Eigentümer sowie die Wohngruppe von Ver-
anstehen, hat jedes Mitglied eine Stimme.           waltungsaufgaben. Im Kapitel "Das Zwischen-                           WG Mietverträge
                                                    träger-Mietmodell" wird auf die Struktur des
                                                                                                                          Im Mietvertrag sind alle Cluster-Mitglieder aufgeführt und schließen als Gruppe einen
Die GbR                                             Zwischenträgers tiefer eingegangen.
                                                                                                                          Mietvertrag mit der Eigentümerin oder dem Eigentümer.

Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist die                                                                              ƒ Selbstbestimmung und -verantwortung der Gruppe erhöht sich gegenüber Einzelmiet-
Grundform der Personengesellschaften. Sie ver-                                                                               verträgen
fügt über eine beschränkte Rechtsfähigkeit. Für                                                                           ƒ Für mittelfristige Wohnverhältnisse geeignet, auf längere Sicht für ein geregeltes Grup-
Schulden der Gesellschaft haftet jeder Gesell-                                                                               penmietverhältnis mitunter problematisch
schafter unbeschränkt, auch mit seinem Privat-
vermögen. Jede Gesellschafterin und jeder Ge-                                                                             Hauptmietvertrag (z.B. Verein, GbR)
sellschafter besitzt einen ideellen Anteil am
                                                                                                                          Eine Hauptmieterin/ein Hauptmieter fungiert als alleiniger Kontakt zu der Vermieterin/
Vermögen der Gesellschaft. Außerdem hat jede
                                                                                                                          zum Vermieter, alle Details des Cluster-Wohnens werden intern geregelt, womit diese Ver-
Gesellschafterin oder jeder Gesellschafter eine
                                                                                                                          tragskonstruktion für die Vermieterin/den Vermieter attraktiv ist. Für die Gruppe gilt zu
Stimme, wenn Entscheidungen gefällt werden.
                                                                                                                          beachten, dass hier im Vergleich zu anderen Mietverträgen nur eingeschränkter Kündi-
Wenn es nicht anders im Vertrag geregelt wur-
                                                                                                                          gungsschutz besteht und es einer besonderen Solvenzprüfung bedarf. Es gibt grundsätzlich
de, werden diese in Einstimmigkeit beschlossen.
                                                                                                                          zwei Varianten:

Im Bezug auf die Vertragssicherheit ist bei bei-                                                                          ƒ Verein: Mitglieder haften beschränkt in einer auf Dauer angelegten, mit Satzung verse-
den Modellen entscheidend, in welcher Weise                                                                                  henen und ins Vereinsregister eingetragenen Körperschaft
der Hauptmieter die Untermietverträge mit den                                                                             ƒ GbR: Mitglieder haften unbeschränkt für Schulden der Gesellschaft. Das Mitverhältnis
Bewohnern und Bewohnerinnen abschließt bzw.                                                                                  zwischen der GbR als Hauptmieterin und der Cluster-Bewohnerschaft als Untermieter
wie diese Verträge juristisch gewertet werden                                                                                muss juristisch genau bestimmt werden, um Vertragssicherheit zu gewährleisten.
(siehe: Rechtliche Aspekte bei Mietmodellen).
                                                                                                                          Zwischenträger
                                                                                                                   ?      Eine professionelle Instanz (z.B. eine Stiftung) übernimmt Haftungsrisiken und Verwal-
                                                                                                                          tungsaufgaben für Vermieter und Mieter. Sie bietet hohen Kündigungsschutz (gemäß
                                                                                                                          BGB).

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