Mobilität & logistik der Zukunft - HOLM Frankfurt
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Ausgabe 1 / Oktober 2012 Mobilität & Logistik der Zukunft magazin 2012 /2013 Code24 Per Güterzug von Rotterdam nach Genua Hessen mobil Wenn Autos miteinander reden eTicket Mobilität durchgängig erfahren GEISSLER/KIENZLE MEHR DEMOKRATIE IN DER PLANUNG WAGEN HOLM Vernetzung sichtbar machen Katarina-Witt-Stiftung Die Erfahrung einer besonderen Form von Mobilität
Frankfurter Allgemeine Forum / Magazin Mobilität & Logistik der Zukunft Editorial 3 EU-Verkehrskommissar Siim Kallas fordert mehr europäische 8 Wettbewerbsfähigkeit 4 Unwägbarkeiten an den Weltmärkten verunsichern Logistiker, berichtet Raimund Klinkner Code24 bringt den europäischen Güterverkehr 5 Mobilität & Logistik der Zukunft – auf die Schiene 6 was dürfen wir erwarten? Heiner Geissler und Ulrich Kienzle vermissen Planungsflexibilität bei Behörden 8 Jürgen Fenske, Klaus-Peter Müller und Knut Ringat plädieren für vernetzte Mobilität 10 Liebe Leser, Das Auto wird Bestandteil intelligenter Mobilitäts- netzwerke, zeigt Hessen Mobil 12 wird es in absehbarer Zeit möglich sein, mit einer Chipkarte 14 16 Das E-Ticket des RMV bietet die durchgängige Mobilitätskarte 13 sämtliche Angebote einer Region zu nutzen: Nahverkehr, Mietwagen, „Mein Klapprad ist meine Limousine“ sagt Schwimmbäder? Wolke Hegenbarth 14 Werden Staus der Vergangenheit angehören, wenn unsere Autos Albert Speer und Steffen Saebisch diskutieren untereinander Verkehrsinformationen austauschen? Wie können wir 2 das Zusammenspiel von Innovationsarchitektur und schon heute den Konflikt zwischen notwendigem Güterverkehr 3 Wissensinfrastrukturen 16 und Minimierung der Belastungen für Anwohner meistern? Führende Forschungseinrichtungen schaffen Wissensinfrastrukturen für Logistik, Mobilität und Verkehr 18 Antworten auf diese Fragen finden wir nur, wenn sich viele Der TÜV Rheinland organisiert für die Bundesregierung Menschen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Netzwerke in der Verkehrsforschung 20 Gesellschaft vernetzen und an einem Strang ziehen. Von 22 26 Kati Witt fördert mobilitätseingeschränkte Kinder 21 den Entscheidungen, die wir heute treffen, wird die Zukunft eines jeden Einzelnen, einer Stadt, einer Industrie, gar Die Zukunft des Flughafens ist eine Erlebniswelt, verdeutlichen Stefan Schulte und Werner D‘Inka 22 Dr. Henrik Kelz einer ganzen Region abhängen. Innovationszentren und Lufthansa-Vorstand Kay Kratky berichtet über Frankfurter Allgmeine Forum Wissensinfrastrukturen werden uns dabei helfen, die Komplexität von Director Industry die Entwicklung des Luftverkehrs in China 24 Mobilität und Logistik zu verstehen und die richtigen Entscheidungen BASF baut neue Vertriebswege für zu fällen. Pflanzenschutzmittel in Osteuropa auf 25 Weitere exklusive Beiträge Wolfgang Clement und Florian Rentsch fordern finden Sie im Internet: eine Stärkung des Industriestandortes Deutschland 26 In dieser ersten Ausgabe legen wir daher einen Schwerpunkt auf Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. Mit einer internationalen Yossi Sheffi analysiert die stimulierende Wirkung von Logistik-Clustern 28 Konferenz im Frühjahr 2013, die wie dieses Magazin von Frankfurter 29 Siemes setzt mit seinem „Crystal“ in London Allgemeine Forum in Zusammenarbeit mit dem House of Logistics Zeichen für nachhaltige Stadtentwicklung 29 & Mobility (HOLM) konzipiert wird, schaffen wir zudem ein Forum Mobilität und Wohlstand hängen zusammen, zeigt für den direkten Austausch. Bei dieser Veranstaltung werden dann www.faz-forum.com/logistik Helaba-Chefsvolkswirtin Dr. Gertrud Traud 30 Unternehmenssichtweisen und globale Lösungsansätze im Vordergrund www.frankfurt-holm.de stehen. Wir sind sicher, Sie entdecken mit uns eine Welt, die Ihnen so nicht Impressum Herausgeber Geschäftsführung Redaktionelle Mitarbeit Druck bekannt war und wünschen eine anregende Lektüre. Forum Executive GmbH, Ulrike Berendson, Sven Hirschler (HOLM, Frankfurt), Westdeutsche Verlags- und Hellerhofstraße 2-4, Dr. Jochen Gutbrod Tim Kanning (F.A.Z., Frankfurt) Druckerei GmbH, 60327 Frankfurt am Main, Kurhessenstraße 4-6, Mit freundlichen Grüßen Telefon: +49 69 75 91-26 14, Verantwortliche für den Inhalt Art Direction 64546 Mörfelden-Walldorf www.faz-forum.com Dr. Henrik Kelz (V.i.S.d.P.), Dino Celjo Jürgen Schultheis (HOLM, Frankfurt) Pia Pötting (informationdesign, Berlin)
Frankfurter Allgemeine Forum / Magazin Mobilität & Logistik der Zukunft Wir brauchen einen Fahrplan Logistik bestens aufgestellt. Hier entwickelte logistische Leistungen haben Vorbildcharakter. Die Stärken liegen in der langen Erfah- für Wettbewerbsfähigkeit ist das Rückgrat rung, der Innovationskraft und hohen Produktivität. Dazu trägt bei, dass die Logistikmitarbeiter in Deutschland gut ausgebildet Der globalisierten sind. Die Forschungslandschaft und sehr gute Qualifizierungs- systeme in den Unternehmen sowie an den Hochschulen sind Siim Kallas arbeitet an einem MaSSnahmenkatalog zur Verbesserung der europäischen Verkehrsinfrastruktur. Wirtschaft die Voraussetzungen dafür, dass die deutsche Logistikwirtschaft sich auch weiterhin international behaupten wird. Mit dem Transport von Waren wird in Deutschland Im internationalen Logistik-Ranking 2012 der Weltbank unter so viel Umsatz gemacht wie in kaum einer anderen dem Titel „Connecting to Compete“ steht Deutschland hinter Text Siim Kallas Foto EU Kommission Branche. Doch die Unsicherheiten auf den Weltmärkten Singapur, Hongkong und Finnland auf Platz vier. Deutschland trüben die Stimmung unter den Logistikern ein. punktet mit Infrastruktur und Pünktlichkeit sowie mit Kompetenz und Qualität. Bei Grenzschutz und Zoll, Sendungsverfolgung und internationaler Verschiffung hingegen wurden Spitzenpositionen Text Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner eingebüßt. Mengen Fracht und eine größere Zahl von Reisenden durch die Die konjunkturelle Entwicklung spielt derzeit eine wichtige Rolle. 5 effizienteste Kombination von Verkehrsträgern zu ihrem Zielort Die Logistik ist in Deutschland eine weitgehend unbekann- Seit Ende 2009 lag der Logistik-Indikator, der von der Bundes- befördert werden. Die europäische Verkehrspolitik der Zukunft te Wirtschaftsmacht: Mit bis zu 228 Milliarden Euro Umsatz vereinigung Logistik in Zusammenarbeit mit dem Institut für muss sich daher auf folgende Aspekte konzentrieren: und 2,85 Millionen Beschäftigten (2012) ist die Logistik die Weltwirtschaft in Kiel herausgegeben wird, über dem Normal- drittstärkste Branche hinter der Automobilindustrie und dem niveau und signalisierte damit eine hervorragende Entwicklung Reduzierung der Überlastung von Verkehrswegen: Handel. Logistik und Supply Chain Management sind Quer- und eine starke Position des Wirtschaftsbereichs Logistik. In Die Verkehrssysteme des östlichen und des westlichen Teils schnittsfunktionen über die betrieblichen Abteilungen und der Augustbefragung 2012 in Industrie, Handel und Dienstlei- Europas müssen zusammengeführt werden, damit sie dem Unternehmensgrenzen hinweg, bis hin zum Verbraucher. Damit stung weist der Indikator jedoch nach unten und erreicht den Verkehrsbedarf unserer 500 Millionen Bürger entsprechen. ermöglicht Logistik erst die Entwicklung in einer arbeitsteiligen, niedrigsten Stand seit zwei Jahren. Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur schaffen Vermögens- globalisierten und vernetzten Welt. Knapp über 50 Prozent In der Eintrübung von Lagebeurteilung und Erwartungen schla- werte und Arbeitsplätze und fördern den Handel. Öffentliche aller Logistikleistungen finden in Industrie und Handel statt: gen sich die Unsicherheiten auf den Kapitalmärkten und in Mittel für die Infrastrukturfinanzierung sind aber erhöhtem Produktionsplanung, Montagesteuerung, Beschaffung, inner- der Politik nieder. Die teilweise widersprüchlichen Wirtschafts- Druck ausgesetzt. Daher ist ein neuer Ansatz für die Finanzierung betrieblicher Transport und Warenwirtschaft. Unter den 60.000 meldungen, die Tag für Tag verbreitet werden, tragen nicht dazu und Bepreisung der Infrastruktur erforderlich. Logistikdienstleistern finden sich einige wenige Global Player bei, Vertrauen in die ökonomische Entwicklung zu erzeugen. und viele mittelständische Unternehmen. Es gibt kaum noch eindeutige Aussagen: nicht zur Bonität Verbesserung der Energieeffizienz bei allen Verkehrsträgern: einzelner Staaten, nicht zur wirtschaftlichen Entwicklung in Die Akzeptanz alternativer Brennstoffe steigt mit deren Verfüg- Deutschland ist gut, aber nicht mehr Spitze den BRIC-Ländern, nicht zur Lösung der Währungskrise. Verkehr ist Grundlage unserer Wirtschaft und Gesellschaft. barkeit. Daher müssen wir die Infrastruktur zur Bereitstellung Diese gefühlte Unsicherheit dominiert vielfach die Mobilität ist die Basis des europäischen Binnenmarkts und alternativer Treibstoffe verbessern. Zudem werden wir mit Steigender Außenhandel, höhere Preise für Energie und die betriebswirtschaftliche Realität – ein Zustand, prägt die Lebensqualität der Bürger. Logistik ermöglicht wirt- „carbon footprints“ für Transportleistungen das Bewusstsein Auslastung der Verkehrsinfrastruktur stellen die Logistikbranche der ein halbes Jahr lang überwun- schaftliches Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen. für „sauberen Verkehr“ fördern. vor neue Herausforderungen. Der Verkehr ist energieeffizienter den schien. Hoffentlich entsteht N e u n Siim Kallas ist Die Verkehrsbranche selbst beschäftigt in der EU rund zehn geworden, hängt aber noch weitgehend vom Öl ab. Nachhaltige nicht wieder – wie schon S t a t e m en t s Vizepräsident Millionen Menschen und macht rund fünf Prozent des BIP aus. Effizientere Nutzung des Verkehrs und der Infrastruktur durch Prof. Dr.-Ing. Raimund Mobilität zu organisieren, ist eines der Ziele für die Zukunft. 2008/09 – eine sich von Dr. Karl-Friedrich der Europäischen Klinkner ist Vorsitzen- Viele europäische Unternehmen sind in den Bereichen Infra- Einsatz verbesserter Verkehrsmanagementsysteme: Wirtschaft und Wissenschaft müssen an der Förderung alterna- selbst erfüllende Rausch zum nachhaltigen Kommission der des Vorstands der und Kommissar struktur, Logistik, Verkehrsmanagementsysteme und Produktion Hierzu gehören zum Beispiel Maßnahmen wie die Schaffung tiver Verkehrslösungen arbeiten, die Einführung neuer Motoren Prophezei- Handeln: [1] Wir bringen Ökono- Bundesvereinigung für Verkehr von Verkehrsmitteln weltweit führend. eines integrierten europäischen Eisenbahnverkehrsmarkts, die Logistik (BVL) e.V. und umweltfreundlicher Kraftstoffe sind wichtige Elemente einer ung. mie, Soziales und Ökologie in Einklang Abschaffung von Kabotagebeschränkungen, die Beseitigung nachhaltigen Logistik nicht nur in Deutschland. Dazu gehört [2] Den Fokus nur auf Umsatz, Gewinne und Das künftige Wohlergehen unseres Kontinents wird davon abhän- von Hindernissen im Kurzstreckenseeverkehr oder eine transpa- auch der Einsatz intelligenter Verkehrssysteme. Straßen-, Rendite zu richten, funktioniert heutzutage nicht gen, dass alle seine Regionen ihre Integration in die Weltwirt- rente, unverzerrte Preisbildung in Europa. Eisenbahn- und Schiffsgüterverkehre müssen darüber mehr [3] Die Kunden sollen spüren, dass sie im Mittel- schaft aufrechterhalten können. Ein effizienter Verkehr ist dafür hinaus stärker vernetzt werden. punkt stehen und wir es ernst mit unserer Strategie meinen die Grundvoraussetzung. Papierloser Informationsaustausches zwischen den [4] Zufriedene Mitarbeiter sind maßgeblich für den unternehme- verschiedenen Partnern der multimodalen Logistikkette: Aufgrund der geografischen Lage, der rischen Erfolg [5] Ohne Nachhaltigkeit werden wir langfristig keinen Öl wird in den kommenden Jahrzehnten knapper werden und Nicht nur die Buchung, Planung und Durchführung von Trans- im internationalen Vergleich Erfolg haben und die Zukunftsfähigkeit unseres Konzerns nicht gewährleisten zunehmend aus unsicheren Lieferquellen stammen. Gleichzeitig porten und logistischen Leistungen soll vereinfacht werden, guten Infrastruktur und des können. [6] Nur ein dauerhaft erfolgreiches Unternehmen kann der Gesellschaft hat sich die EU zum Ziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen im sondern auch die Informationsbeschaffung hinsichtlich der logistischen Know-how dienen und sich für sie engagieren. [7] Im Transport- und Logistikgeschäft liegt die Verkehrssektor, der eine wesentliche und immer noch wach- Position und des Zustandes der jeweiligen Infrastruktur, des ist die Logistik in Kraft vor allem in Netzwerken und der effizienten und ökologisch sinnvollen Verknüpfung der sende Quelle solcher Emissionen darstellt, um mindestens Fahrzeuges und der Ladung. Deutsch- verschiedenen Verkehrsträger [8] Der Kunde fragt nach Lösungen für komplexe Probleme. Deshalb 60 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Neue Technologien für land bieten wir Dienstleistungen, die weit über den reinen Transport eines Gutes von A nach B hinausgehen. Fahrzeuge und Verkehrsmanagement sind für diese Verringerung Es gilt zu handeln ohne zu zögern. Für Planung, Bau und Aus- [9] Die Tendenz der weltweiten Arbeitsteilung hält an, damit werden auch die Handelsströme zunehmen. Wer in der Verkehrsemissionen ausschlaggebend. rüstung der Infrastruktur sind viele Jahre zu veranschlagen diesem globalen Markt bestehen will, muss über nationale Grenzen hinausdenken und handeln. und Züge, Flugzeuge und Schiffe haben eine Lebensdauer von Die Einschränkung von Mobilität ist keine Option. Es müssen Jahrzehnten. Die Entscheidungen, die wir heute treffen, sind für Dr. Karl-Friedrich Rausch ist Vorstand Transport und Logistik der DB Mobility Logistics AG sich neue Verkehrsmuster herausbilden, bei denen größere den Verkehr im Jahr 2050 ausschlaggebend. und Chief Sustainability Officer der Deutschen Bahn
Frankfurter Allgemeine Forum / Magazin Mobilität & Logistik der Zukunft Hauptschlagader Ruhr. Ziel sei, „Belastungen für die Anwohner zu minimieren und die Einbindung des Streckenbaus in die Siedlungsstruk- in diesem August auf die Finanzierung eines 16 Kilometer langen Abschnittes der Rheintalbahn südlich von Karlsruhe des Güterstroms tur zu optimieren“. Als Wirtschaftsregion habe die Metropole geeinigt. Mit einer Gesamtinvestition von 693 Millionen Euro Ruhr ein „hohes Interesse an einer zukunftsfähigen, leistungs- wird auch der 4,3 Kilometer lange Tunnel finanziert, der Rastatt starken Verkehrsinfrastruktur“. Für Ralph Schlusche, Direktor und den Fluss Murg unterquert. „Flaschenhälse“ befinden sich des Verbands Region Rhein-Neckar, kommt es darauf an, den vor allem zwischen Emmerich und Duisburg, Frankfurt und Zwischen Nordsee und Mittelmeer flieSSt einer der Korridor „in all seinen einzelnen Sektoren zu entwickeln, um Mannheim sowie Offenburg und Karlsruhe. In Italien steht der mächtigsten Warenströme Europas. Engpässe auf so die Gesamtleistungsfähigkeit zu steigern“. Dabei sollen vor Ausbau der Verbindung Lugano - Mailand und der dritte Giovi- dem Schienenweg, die Lärmbelastung an der Strecke allem die Umschlagplätze im Korridor an Bedeutung gewinnen, Durchbruch aus. und das prognostizierte Wachstum im Güterverkehr die Wasserwege, Schienentrassen und Straßen an einem Ort stellen aber nicht nur die Anrainer vor groSSe verbinden - die multimodalen Hubs. Den Aspekt der Vernetzung Die Wirtschaft wird ungeduldig. Die europäischen Industrie- und Herausforderungen. hebt Birgit Simon hervor, Erste Beigeordnete des Regionalver- Handelskammern haben schon 2007 von der Bundesregierung bandes Frankfurt/Rhein-Main: „Wir wünschen uns für das Jahr verlangt, den viergleisigen Ausbau der Rheintalbahn bis 2016 2030 eine Hochleistungstrasse, auf der Güter- und Personen- sicherzustellen. Im vergangenen Jahr hatten die Regierungen Text Jürgen Schultheis Karte Code24 Foto Kevin Sommer verkehr optimal und schnell rollen und die jeweiligen Halte- der 13 Gotthard-Kantone angesichts des Ausbaus von Lötsch- punkte auch regional vernetzt werden - insbesondere für den berg und Gotthard-Basis-Tunnel außerdem davor gewarnt, dass Streckenabschnitt Frankfurt-Mannheim. die Kapazitäten auf den Strecken vor und hinter den Tunnels 6 Sie ist die Hauptschlagader des Kontinents: von Rotter- nicht entsprechend erhöht wurden. 7 dam über Köln, Mannheim, Basel und Bern bis nach Genua verläuft die wichtigste Nord-Süd-Schienenverbindung Europas. Eine Strecke, in deren Einzugsbereich 70 Millionen Menschen Deutschland hängt 2008 sind nach Angaben von Eurostat, dem Statistischen Büro der Europäischen Union, 2,4 Billionen Tonnen-Kilometer Fracht leben – rund 14 Prozent der Bevölkerung der EU. Jede zweite Tonne Fracht, die in der Union der 27 Staaten auf der Schiene hinterher transportiert worden. Etwas mehr als drei Viertel dieser Güter sind auf der Straße, weniger als ein Fünftel auf der Schiene von Norden nach Süden transportiert wird, rollt entlang dieser bewegt worden. Würden die Kapazitäten des vorhandenen Route: 700 Millionen Tonnen im Jahr. Bis 2020 könnte sich das Schienennetzes schon heute voll genutzt, könnten nach Angaben Volumen in diesem Korridor sogar verdoppeln - mit positiven Die Niederlande haben mit der 160 Kilometer langen Ver- der Gemeinschaft der Europäischen Bahnen und Infrastruktur- Effekten für die Prosperität und die Zahl der Arbeitsplätze in bindung zwischen Rotterdam und der deutschen Grenze betreiber und dem Internationalen Eisenbahnverband bis zu den Regionen, aber auch mit einer deutlichen Zunahme des (Betuwe-Linie) ihren Beitrag geleistet, die Schweiz mit der In- 20 Millionen Tonnen Kohlendioxid im Jahr weniger ausgestoßen Lärms, gegen den immer mehr Menschen protestieren. betriebnahme des Lötschbergtunnels 2007 und dem Gotthard- werden. Ein ausgebauter und optimierter Korridor zwischen Basis-Tunnel, der voraussichtlich 2017 fertiggestellt wird. In Rotterdam und Genua könnte diesen Effekt noch verstärken. Die wirtschaftliche Entwicklung sowohl technisch zu ermög- Deutschland haben sich Bundesverkehrsministerium und Bahn Auch deshalb zählt er zu den 30 vorrangigen Vorhaben lichen als auch umweltverträglich zu gestalten, ist eine der der EU, die bis 2020 verwirklicht Aufgaben, die sich das länderübergreifende Großprojekt werden sollen. Code24 gestellt hat. „Ein Korridor – eine Strategie“ lautet das Hauptziel, für das sich Regionen, Hochschulen und Unterneh- men zusammengeschlossen haben. Auf kommunaler Seite leitet das Projekt der Verband Region Rhein-Neckar. Die europäischen Netzbetreiber bilden die zweite und das European Rail Traffic Management System die dritte Säule des Code24-Projektes. Aufgabe des Code-Konsortiums ist es, den Ausbau des Schienenkorridors sicherzustellen und zu beschleunigen. Jörg Saalbach, Referent für Europaangelegenheiten beim Verband Region Rhein-Neckar, hat ein klar definiertes Ziel: „Es gilt in Wie alle Beteiligten erwartet Rotterdam beim Frachttransport allen Phasen, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gerade im ein Wachstum im Korridor, aber auch wachsenden Widerstand Hinblick auf Frachttransport und Logistiknetze zu steigern und gegen diese Entwicklung gerade in Deutschland. Die Sorge Einer von täglich mehreren Hundert Güterzügen durchquert Assmannshausen. dabei die negativen Auswirkungen auf Umwelt und Bevölkerung der Niederländer, dass viele Anwohner gegen den Ausbau der zu minimieren.“ Hinzu kommen die Ziele, die mit dem aktuellen Strecke protestieren und ihn damit verzögern, teilen auch die Weißbuch Verkehr für 2030 und 2050 gesteckt worden sind: Schweizer. Ein Grund, dem Projekt beizutreten, war für den Bis 2030 sollen 30 Prozent der Straßengüterverkehre mit einer Hafen Rotterdam die Hoffnung, die Interessengruppen zusam- Transportstrecke von mehr als 300 Kilometern auf Schiene und menbringen und die negativen Effekte des Gütertransports auf Wasserwege verlagert werden. Im Jahr 2050 soll der Anteil auf der Schiene zu vermindern. „Umwelt und Lärm“ lautet deshalb 50 Prozent steigen. auch der Titel eines von vier Arbeitspaketen von Code24. Wirtschaftlicher Nutzen und ökologische Herausforderungen – die An Lärmminderung hat auch der Regionalverband Ruhr Interesse: Partner innerhalb des Projektes betonen immer wieder beide „Der Regionalverband und der Kreis Wesel arbeiten in diesem Aspekte: „Es ist wichtig, einen gleichmäßigen und ruhigen Ver- EU-Projekt mit, um die Interessen der Kommunen entlang der kehr auf einer Strecke zu haben, auf der es keine Flaschenhälse Bahnstrecke zu unterstützen und bündeln zu können“, sagt mehr gibt“, sagt ein Sprecher des Rotterdamer Hafens. Martin Tönnes, stellvertretender Direktor des Regionalverbands
Mobilität & Logistik der Zukunft „ Die Obrigkeit Kienzle: Die Planungsbüro- kratie arbeitet da noch mit Landebahn oder eine Umgehungsstraße, die Informationsphase eröffnet werden. Darüber muss diskutiert werden und zwar bevor präsentiert sich den Vorstellungen aus dem 19. Jahrhundert. Das ist das große Problem, dass sie irgendetwas entschieden wird. Es ist die Grundsatzentschei- dung, die zunächst diskutiert werden muss. Brauchen wir das oder brauchen wir das nicht? Und dann ist es durchaus möglich Menschen als Gegner “ nicht gelernt haben, dieses obrigkeitsstaatliche Denken zu verlieren. Die Schweizer haben es ja auch hingekriegt. in einer Demokratie, überhaupt in einem vernünftigen Land, dass die Leute zu dem Ergebnis kommen, wir brauchen so etwas nicht. Da muss man sich mal dran gewöhnen, nicht wahr. Der ehemalige CDU-Generalsekretär und Attac-Mitglied Dr. Heiner GeiSSler und der Fernsehjournalist Geißler: Wir haben bei unseren Behörden keine Fähigkeit des Kienzle: Und das ist das, was die Bürokratie nicht will. Ulrich Kienzle über den Widerstand gegen GroSSprojekte Denkens in Alternativen. und neue Beteiligungsverfahren. Geißler: Wenn die mal was geplant haben, dann muss es auch Manche demokratischen Entscheidungen sind für einige Bürger gemacht werden. Aber die Alternative Null, die muss natürlich auch mit Nachteilen verbunden. Sind die Bürger noch bereit, auch möglich sein. Jetzt nehmen wir mal an, die Leute sagen: Interview Jürgen Schultheis Foto Klaus Weddig Nachteile in Kauf zu nehmen? ja, wir brauchen den Bahnhof oder den Flughafen. Dann kommt die zweite Phase der Varianten. Dafür ist nun die Behörde da, Kienzle: Das waren sie nie. Die Bürger haben immer ihre Inter- aber auch die Bürger, dafür dass sie Varianten, Alternativen 8 Der Hauptverband der deutschen Bauindustrie hat darauf- Zukunft nur möglich sein durch eine transparente, offene Infor- essen vertreten und das ist ja auch in Ordnung. Ich gehöre jetzt entwickeln. In dieser zweiten Phase muss über die Alterna- 9 hin gewiesen, dass in Deutschland 53 Großprojekte mit einem mationsphase als Voraussetzung für die zweite Phase, nämlich auch zu denen, die durch die neuen Planungen des Frankfurter tiven genauso transparent diskutiert werden. Raus aus den Investitionsvolumen von 43 Milliarden. Euro auch aufgrund von die Abstimmung, von der Bürgerbefragung angefangen bis zur Flughafens plötzlich Fluglärm haben. Hinterzimmern, raus aus dieser Geheimniskrämerei und totale Akzeptanzproblemen in der Bevölkerung nicht realisiert werden wirklichen Volksabstimmung. Transparenz. Offenlegung aller Fakten, auch der Kosten. Wenn können. Herr Kienzle, Herr Dr. Geißler, gefährdet der Wutbürger Wo wohnen Sie? diese Informationsphase vorbei ist, muss über die Varianten den Standort Deutschland? Wir haben unser Planungsrecht im Zuge von ,Mehr Demokratie abgestimmt werden und es wird die Variante gebaut, die eine wagen‘ demokratisiert, samt umfangreicher Bürgerbeteiligungsver- Kienzle: Ich wohne in Rauenthal bei Eltville. Da beginnt jetzt ein Mehrheit bekommt. Dann wird niemand, der gegen den Bahnhof Kienzle: Das ist absoluter Quatsch. Diese Herrschaften müssen fahren? War das nicht ausreichend oder ist das in die falsche Aufbegehren. Die Leute sagen, was ist hier eigentlich los? Wir war und den Flughafen, etwas Substanzielles vorbringen kön- lernen mit den mündigen Bürgern umzugehen und sie rechtzei- Richtung gegangen? haben bisher absolute Ruhe gehabt und plötzlich jagen die Din- nen, weil der Konflikt in der letzten Instanz entschieden worden tig zu informieren. In der Schweiz ist der Gotthard-Tunnel, ein ger - zwar in 800 oder 1000 Meter Höhe - über unsere Köpfe ist, nämlich beim Volk und nicht bei der Bürokratie. Riesenprojekt, wunderbar durchgegangen. Schlicht und einfach Geißler: Die Leute sind ja gar nicht beteiligt, bei unserem Pla- hinweg und wir sind nicht gefragt worden. Nur weil Einspruch deshalb, weil die Leute von Anfang an mit einbezogen worden nungsrecht. Die werden angehört und können Einspruch erhe- aus Mainz kam und ein Gerichtsverfahren, mussten die Routen Kienzle: Stuttgart ist ein gutes Beispiel. Es wird jetzt doch sind. Auf diese arrogante Art und Weise ,Friss Vogel oder stirb‘, ben. Danach werden sie von denselben Leuten, die die Planung verändert werden. Jetzt sind andere betroffen. Persönlich finde gebaut, es gab eine Abstimmung. Das stimmt eben nicht, dass wird das nicht mehr funktionieren. zu verantworten haben beschieden – und zwar von oben und ich das schon sehr unangenehm, das muss ich ehrlich sagen. der Wutbürger alles verhindert, sondern in Stuttgart hat eine meistens negativ. Das ist ja gerade die Frustration. Mehrheit klar gesagt, wir wollen den Bahnhof und das nach Herr Geißler, müssen wir in der Demokratie in Einzelfällen einer langen Phase. Wir haben bei unseren Kienzle: Vor allen Dingen betrachten die Planer diese Leute, die Nachteile in Kauf nehmen um eine Standortqualität zu halten Einsprüche haben, als Gegner. oder einer Gesamtheit zu nutzen? Geißler: Und zwar nach der Informationsphase. Vor der Behörden keine Fähigkeit des Informationsphase waren nur 30 Prozent der Leute für den Denkens in Alternativen Geißler: Ja, richtig. Die Obrigkeit präsentiert sich den Menschen gegenüber als Gegner. Ein Bauingenieur weiß zwar etwas, aber Geißler: Natürlich wird man auch Nachteile in Kauf nehmen müssen. Die Frage ist nur wofür? Wenn Sie jetzt den Fluglärm Bahnhof und 60 Prozent dagegen. Nach der Informations- phase hat sich das umgedreht, es waren 60 Prozent für den die Leute wissen heute viel mehr, als der sich denkt. Die haben nehmen: Es geht ja gar nicht um den Fluglärm als solchen. Bahnhof, 30 Prozent dagegen. So ist die Volksabstimmung Herr Dr. Geißler, teilen Sie die Einschätzung von Herrn Kienzle? heute einen Informationsstand, der sie in die Lage versetzt, auch Dass da geflogen werden muss, am Frankfurter Flughafen, wird auch ausgegangen. komplizierte Probleme gründlich und richtig zu beurteilen und vor ja überhaupt nicht bestritten. Es geht in erster Linie um das Geißler: Richtig ist, wenn wir das deutsche Bau- und Planungs- allem können sie etwas erreichen; dass nämlich bei der Planung Nachtflugverbot. Da war klar von der Politik, dass es ein Nacht- Kienzle: Es ist ein blödes Vorurteil zu glauben, dass man diese recht nicht vom Kopf auf die Füße stellen, wird in Deutschland in der Zukunft bei allen Projekten Varianten und Alternativen flugverbot geben soll. Das hat die Hessische Landesregierung Projekte nicht mehr realisieren kann und man sich einigelt. Aus nichts mehr laufen an Großprojekten, weil sie nicht mehr entwickelt werden, denn sie können heute mit einem Knopfdruck so gesagt und dann hieß es plötzlich, „Nein, da werden Ausnah- diesem Denken müssen die Behörden und die Planer heraus realisierbar sind ... innerhalb von zwei Stunden Zehntausende mobilisieren. men gemacht“. Das ist der Punkt. kommen. Kienzle: … das hat aber nichts mehr mit den Bürgern zu tun... Können Sie uns ein Beispiel geben? Müssen über die Politik hinaus auch Unternehmen lernen, Das stimmt eben nicht, dass der transparenter zu argumentieren und zu handeln? Geißler: … das hat gar nichts mit den Bürgern zu tun. Wir haben Geißler: Ein Beispiel sind die Stromtrassen, bei denen heute in Deutschland – verglichen auch mit den anderen OECD-Staa- die Bürokratie wieder sagt, da sieht man ja, die wehren sich Wutbürger alles verhindert Geißler: Ja, was ich gesagt habe – oder was wir gesagt haben – das ten – das bürokratischste, komplizierteste und obrigkeitlichste alle dagegen. Das ist völlig falsch, denn die Leute wissen, dass gilt natürlich nicht nur für Infrastrukturmaßnahmen öffentlich- Planungs- und Baurecht der Industriestaaten... wir diese Stromtrassen brauchen. Aber sie wissen gleichzeitig rechtlicher Art. Das gilt selbstverständlich auch für die Behör- auch, dass man Strom transportieren kann, zum Beispiel durch Herr Dr. Geißler, Sie hatten eingangs gesagt, dass wir das den und es gilt für den Unternehmer, der eine Hühnerfarm am Kienzle: … mal abgesehen von den Franzosen… Erdleitungen oder durch die Umstellung auf Gleichstrom und Planungsrecht verändern müssen. Wie schaffen wir wieder mehr Rande einer Ortschaft errichten will. Da kann ich nicht dem sie wissen, dass es Varianten gibt. Man muss nicht die kos- Vertrauen, um Mehrheiten für Großprojekte gewinnen zu können? Gemeinderat oder einem Bürgermeister sagen: ich kaufe jetzt Geißler: … nein, die Franzosen sind in gewisser Beziehung tenmäßig billigste Lösung machen, bei der nachher die Trasse hier Grundstücke und mache da eine Hühnerfarm. Nachher weiter, weil sie schon vor einigen Jahren Mediationsverfahren über Wohngebiete geführt wird und über Freizeitzentren und Geißler: Zuerst ist ja die Idee da und eine gewisse Vorstellung: stinkt das ganze Dorf und die Leute können nicht mehr leben. eingeführt haben. Wir brauchen in der Zukunft für solche Krankenhäuser, sondern dass man Alternativen zur Verfügung Wir brauchen eine Umgehungsstraße, einen Bahnhof, einen Auch eine solche Entscheidung muss selbstverständlich Projekte zwei Phasen, die auf eine direkte Bürgerbeteiligung stellt. Darüber muss abgestimmt werden und dann kriegen wir Flughafen. Dann muss über diese Idee, über den Grundsatz, ob transparent gemacht werden. Letztlich müssen die Leute auch hinauslaufen. Großprojekte werden in Deutschland in der die Stromtrassen auch hin. man einen Bahnhof braucht, einen Flughafen, eine zusätzliche darüber abstimmen können.
Frankfurter Allgemeine Forum / Magazin So wirtschaftlich und Die Verkehrswirtschaft investiert Milliarden, um Kohlen- dioxid, Abgase und Lärm zu reduzieren, die Sicherheit zu effizient wie nirgendwo erhöhen und Kraftstoffe zu sparen. Damit diese Inno- vationen zum Klima- und Lärmschutz beitragen können, müssen Staus vermieden werden – auch durch Einsatz sonst auf der Welt von Telematik für intelligente Mobilitätsketten. In der Vergangenheit wurde das Mobilitätsverhalten Gesellschaft und Unternehmen sind abhängig von Mobilität und der häufig durch Statussymbole wie das Automobil beeinflusst. Infrastruktur, die sie ermöglicht. Aber wie sieht die Zukunft aus? Heute wird die Entscheidung für oder gegen ein Verkehrs- mittel geprägt von Lebensgefühl und größtmöglichem Nutzen. Die Menschen wählen das Verkehrsmittel bzw. die Antworten von Jürgen Fenske, Klaus-Peter Müller, Prof. Knut Ringat. Foto Andreas Arnold Kombination daraus, die für sie am attraktivsten ist. 10 Die jüngere Großstadtbevölkerung hat in puncto Mobilität Wir brauchen deutschlandweit mehr als drei Milliarden Euro für MOBILITÄTSANGEBOTE den Anspruch, dass Angebote einfach, flexibel und schnell ver- Instandhaltungs- und Erneuerungsmaßnahmen in der kommu- VERNETZEN Prof. Knut Ringat fügbar sind. Da die öffentlichen Nahverkehrsunternehmen seit nalen Verkehrsinfrastruktur. langem die Mobilität in den Städten erfolgreich organisieren, sollten sie auch die unterschiedlichen Mobilitätsangebote in Für die Zukunft muss es eine finanzielle und gesetzliche Lösung Dabei spielt der Besitz des Autos bei der jungen Generation ihrer Stadt oder Region koordinieren. für die Infrastrukturinstandsetzung geben. Dann muss es neue eine immer geringere Rolle; sie fahren bei schönem Wetter Konzepte und Lösungen für Mobilität im ländlichen Raum mit dem Rad ins Büro, nehmen auf dem Rückweg ihr Velo geben. Unsere Mitgliedsunternehmen dort stehen durch Bevöl- mit in die S-Bahn und fahren abends mit dem Auto zum Bedürfnis nach Mobilität kerungs- und Schülerrückgang vor existenziellen Problemen. In Kino. Man macht die Nutzung an Situation und Gegebenheit wird steigen Jürgen Fenske den Großstädten und Ballungsräumen ist es genau umgekehrt. Bei der Frage „Wohin mit dem ganzen Verkehr“ wird der Nahver- fest. Das bedeutet aber nicht, dass das Auto wesentlich an Bedeutung verlieren muss. In ländlichen Regionen, die von kehr eine entscheidende Rolle spielen. der demographischen Entwicklung besonders betroffen sind, Jürgen Fenske ist Bei der langfristigen Finanzierung des ÖPNV ist in erster Linie wird das Auto das entscheidende und einzige Verkehrsmittel Präsident des Verban- die Politik auf Bundes- und Landesebene gefordert. Der Nah- zur Erschließung dieses Raumes sein, sollte es nicht gelingen, des der deutschen Verkehrsunternehmen verkehr boomt, jedes Jahr steigen die Fahrgastzahlen. Und mit Das Bundesverkehrsministerium prognostiziert, dass die zum ÖPNV-Linienverkehr attraktive Alternativen zu finden. (VDV) einem durchschnittlichen Kostendeckungsgrad von 77 Prozent Verkehrsleistung in Deutschland bis 2025 im Güterbereich um liegen die ÖPNV-Unternehmen weltweit an der Spitze - nirgend- 74 Prozent und im Personenverkehr um 17,9 Prozent steigt. Für die gleichwertige Akzeptanz gegenüber dem privaten Auto Klaus-Peter Müller ist wo wird öffentlicher Nahverkehr so wirtschaftlich und effizient Zahlen, die unglaublich wirken, hält man sich die täglichen müssen Zugangsbarrieren zum Öffentlichen Personenverkehr, Präsidiumsvorsit- betrieben wie hierzulande. Es ist unbegreiflich, warum man sich Staus vor Augen. Zudem wollen wir umweltfreundlicher und zu aber auch zu Auto- und Fahrradverleihsystemen abgebaut zender Deutsches Nach meiner Ausbildung zum Lokführer bei Verkehrsforum und auf politischer Ebene momentan schwer tut, eine nachhaltige bezahlbaren Preisen reisen und transportieren. werden. Mobilitätskarten, mit denen alle Verkehrsmittel über der Deutschen Bahn bin ich heute bei der Aufsichtsratsvorsit- und sichere Finanzierungsbasis auch weiterhin gesetzlich zu die gesamte Wegekette gleichberechtigt genutzt und abge- S-Bahn Rhein-Main beschäftigt und bereite zender der COMMERZ- verankern. Der ÖPNV fährt vielerorts schon an Kapazitätsgren- rechnet werden können, führen zum erleichterten Zugang zu in der S-Bahn-Werkstatt in Frankfurt die BANK AG zen, die Infrastruktur ist teilweise im bedenklichen Zustand. Mehr Geld für StraSSe diesen Systemen und zu einer erhöhten Preistransparenz. Züge für den Tageseinsatz vor. Ab Mai werde ich mit einem von 166 S-Bahn-Zügen auf Prof. Knut Ringat und Schiene Klaus-Peter Müller dem gesamten Streckennetz in Rhein-Main ist Präsident der fahren. In modernen und umweltfreund- Deutschen Verkehrs- lichen S-Bahnen reisen 127 Millionen wissenschaftlichen Ausgaben des Bundesministeriums für Verkehr, Entscheidend für die Zukunft ist eine leistungsfähige Verkehrs- Fahrgäste im Jahr. Meine Kollegen und Entwicklung des Personenverkehrs Bau und Stadtentwicklung Gesellschaft (DVWG) infrastruktur. Deutschland verfügt über ein dichtes Verkehrsnetz: ich fahren auf den insgesamt neun S-Bahn- (in Milliarden Personen-Kilometer) linien täglich fast tausend Züge und legen 12.600 Kilometer Autobahnen, 41.000 Kilometer Schienen- dabei jährlich 13,7 Millionen Kilometer infrastruktur, die Flughäfen Frankfurt und München unter den zurück. Persönlich ein Teil dieser Leistung Top-Ten in Europa sowie 7.500 Kilometer Binnenwasserstraße. zu sein erfüllt mich mit Stolz. Das positive Bild trügt. Mittlerweile verfallen Brücken und Michael Adam, 20 Jahre, etliche Verkehrswege, da nicht genügend für Erhalt, Ausbau und Triebfahrzeugführer bei der Modernisierung getan wird. S-Bahn Rhein-Main Die Bundesregierung hat vorgerechnet, dass mindestens zwölf Milliarden Euro jährlich in Bundesverkehrswege investiert werden müssten. Mit Ausnahmen wurden in der Vergangenheit im Jahr weniger als zehn Milliarden Euro investiert. Um den Verkehrskollaps zu vermeiden müssen wir mehr Geld nach Prioritäten in die wichtigsten Straßen, Schienenwege und Was- serstraßen investieren, wo der größte positive Effekt für Recherche: HOLM Recherche Nina Paulus, HOLM, Quelle: Statistisches Bundesamt das gesamte Netz erzielt wird. Quelle: Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Frankfurter Allgemeine Forum / Magazin Mobilität & Logistik der Zukunft Wenn sich Autos Reisen e-Ticketverkauf und Umsätze Rhein-Main-Verkehrsverbund unterhalten ohne An der Verkehrsdrehscheibe deutschlands, dem Rhein-Main-Gebiet, entwickelt und erprobt Hessen Mobil gemeinsam mit Automobil- Hindernisse herstellern, Kommunikationsunternehmen und wissenschaftlichen Die elektronische Chipkarte als Fahrausweis der Institutionen Lösungsansätze für die Mobilität der Zukunft. Zukunft vereinfacht die Fahrt mit Bus und Bahn – und ist gleichzeitig der Schlüssel für Mietwagen und Elektrofahrrad. Text Sven Hirschler Grafik Hessen Mobil Text Jürgen Schultheis Grafik und Foto RMV/Markus Hammrich 12 Die Anforderungen an intelligente Ver- sind Audi, BMW, Daimler, Ford, Opel und Volks- 120 Fahrzeuge, die mit entsprechender Tech- 30 Millionen Menschen nutzen in Deutsch- „Wenn wir in der Zukunft intelligenter reisen Mit dem Fahrplanwechsel 2011/2012 hat der 13 kehrslösungen von morgen, allen voran an die wagen vertreten. Bosch und Continental, die nologie ausgestattet sind, in Hessen unter- land täglich den öffentlichen Regional- und wollen, werden wir nicht ohne dynamischere RMV begonnen, zunächst alle Jahreskarten auf so genannten kooperativen Systeme, die auf Telekom sowie zahlreiche Forschungsinstitute wegs. Autos und Fahrer kommunizieren schon Nahverkehr, allein im Gebiet des Rhein-Main- und vollständig integrierte Informations- und die Chipkarte „eTicket RheinMain“ umzustellen. die Vernetzung von Fahrzeugen untereinander wie das Fraunhofer Institut, die Technischen heute miteinander (Stichwort: Navigationsge- Verkehrsverbundes (RMV), von Mainz bis Fulda Zahlungssysteme auskommen.“, sagt Steve Bis Ende September sind nach Angaben des und mit der straßenseitigen Telematikinfra- Universitäten München und Würzburg liefern räte). Im Vergleich zu isolierten Fahrerassis- und Erbach bis Marburg, sind es zwei Millionen Shewmaker, Präsident des in San Diego RMV gut drei Viertel aller Jahreskarten – rund struktur zielen, sind gewaltig. die wissenschaftliche Expertise. Hessen Mobil tenzsystemen sollen kooperative Systeme aber Fahrten am Tag. Die Zahl der Fahrgäste könnte ansässigen Unternehmens Cubic Transportati- 52.500 Zeitkarten – durch das elektronische und die Stadt Frankfurt bieten als Straßen- die positiven Effekte auf Verkehrssicherheit größer sein, wenn etwa für Gelegenheitsnut- on Systems. Cubic gilt als weltweit führender Ticket ersetzt worden. Neben der Chipkarte hat Bei Hessen Mobil übernimmt Gerd Riegelhuth, betreiber das mit modernster Verkehrstele- und Verkehrseffizienz verstärken. So könnte zer Hürden wie die richtige Tarifwahl und der Anbieter für automatisierte Fahrgeldmanage- der Kunde die Möglichkeit, sein Smartphone Abteilungsleiter und Chef der Verkehrszentrale matik ausgestattete Versuchsgebiet und ihre beispielsweise eine Unfallsituation oder ein teils komplizierte Fahrkartenerwerb beseitigt mentsysteme des öffentlichen Nahverkehrs. als elektronisches Medium zu nutzen. Damit Hessen in Frankfurt-Rödelheim, diese immense langjährigen praktischen Erfahrungen als detektierter kritischer Fahrbahnzustand an würden. Das wissen die Geschäftsführer und Nach Angaben des Unternehmens werden kann der Reisende bereits heute Einzelfahrkar- Aufgabe: „Gerade hochindustrialisierte und Verkehrsmanager. nachfolgende Fahrzeuge übermittelt werden, ten, Tages- und Gruppenkarten erwerben. Bahn spezialisierte Industrienationen wie Deutsch- bevor die Gefahr überhaupt in Sichtweite des und RMV haben ferner im November 2011 land“, sagt Riegelhuth, „können nachhaltige Das Auto wird Bestandteil Fahrers ist. Darüber hinaus könnten geplante Das e-Ticket wird zu unserer umfassenden mit Touch&Travel ein elektronisches Fahrgeld- Mobilität angesichts der wachsenden Verkehrs- Ereignisse wie Tagesbaustellen mit GPS-Position management eingeführt, das die automati- nachfrage nur durch innovative Lösungen Intelligenter und Zeitangabe direkt von den Verkehrsleitzen- Mobilitätskarte für die gesamte Region sche Fahrpreisbildung ermöglicht: Löst der sichern.“ Dazu wurde unter anderem das tralen in die Fahrzeuge übertragen werden. Prof. Knut Ringat, Sprecher der Geschäftsführung, RMV Kunde am Tag etwa mehrere Einzelfahrscheine, Projekt simTD (Sichere Intelligente Mobilität – Mobilitätsnetzwerke berechnet das elektronische Fahrgeldmanage- Testfeld Deutschland), das von drei Bundes- Projekte wie simTD sind ein weiterer Schritt zur ment am Ende eine Tageskarte, sofern der ministerien und dem Land Hessen gefördert Ziel von simTD ist es, Strategien und Techno- Vernetzung im Verkehr. Das Auto wird zuneh- Mobilitätsplaner der Verkehrsverbünde: „Selbst mit seiner Software zehn Milliarden Fahrten Kunde damit günstiger fährt. wird, ins Leben gerufen. logien zur Vernetzung von Fahrzeugen unter- mend Bestandteil eines intelligenten Mobili- erfahrene Nutzer von Bussen und Bahnen jährlich in mehr als 400 Cubic-Projekten auf einander sowie mit intelligenter Infrastruktur – tätsnetzwerks. Mittels WLAN oder UMTS werden stehen in einer fremden Stadt vor einer echten der ganzen Welt abgerechnet. Seit 2009 ist Das papierlose, den bestmöglichen Tarif Hinter dem Projekt steht ein breit aufgestelltes sogenannte Car2X-Systeme oder auch koope- anonymisiert und gesichert aus dem Auto Herausforderung, wenn sie das richtige Ticket der Dienstleister aus San Diego auch in den berechnende System ist nur der Anfang einer Konsortium: Seitens der Automobilhersteller rative Systeme – zu entwickeln und zu testen. Informationen an die Verkehrsleitzentralen und wählen und den Automaten entsprechend Aufbau des elektronischen Fahrgeldmanage- Entwicklung, an deren Ende eine allumfassende Mit dieser Technologie können Autos oder die anderen Verkehrsteilnehmer gesendet. Für bedienen wollen“, heißt es in der Wiesbadener ments im Gebiet des RMV involviert. Ende Mobilitätskarte für den Kunden stehen soll. Verkehrszentralen Fahrzeuge in ihrer Umgebung Riegelhuth ist dabei wichtig, dass die Vernet- Erklärung, die im September 2010 von den der Neunziger Jahre hatten die im Verband Wer heute schon eine elektronische Jahres- beispielsweise über Baustellen informieren, zung dafür sorgt, dass der Fahrer alle relevan- Geschäftsführern der sechs größten deutschen deutscher Verkehrsunternehmen organisierten karte besitzt, kann damit auch bei Stadtmobil vor Hindernissen auf der Fahrbahn warnen ten Daten bekommt, die er für eine sichere Verkehrsverbünde und der Deutschen Bahn Verbünde – unter ihnen auch der RMV – be- problemlos ein Auto mieten. Mit Book-n-Drive und bei Staus die besten Alternativrou- und effiziente Fahrt benötigt. Aber auch nicht unterschrieben worden ist. In dem Papier gonnen, eine sogenannte Kernapplikation für verhandelt der RMV derzeit, und da das ten empfehlen. Für die projektbe- mehr, um eine Ablenkung von der eigentlichen bekennen sich die Unterzeichner dazu, ein das elektronische Fahrgeldmanagement zu Carsharing-Unternehmen wiederum mit dem gleitende Evaluation sind seit Fahraufgabe zu vermeiden. deutschlandweit einheitliches elektronisches entwickeln. Dieser deutsche Smart-Card-Stan- Bahn-Angebot Flinkster vernetzt ist, könnte Mitte 2012 in einem Ticket einführen zu wollen, das ähnlich einfach dard soll die Basis dafür legen, dass deutsch- der RMV-Kunde dann auch auf Mietwagen groß angelegten Derzeit befahren etwa eine Milliarde Autos die und anerkannt ist wie die ec-Karte. landweit nur noch ein elektronisches Medium der Bahn zurückgreifen. Mit der Chipkarte Feldversuch Straßen. Gerade die urbanen Lebensräume, – etwa eine Chipkarte – ausreicht, um sich in lässt sich aber auch ein Rad in Mainz mieten die Ballungszentren, werden wachsen. Car- allen Verkehrsverbünden und mit der Bahn (MVGmeinRad). Der Verkehrsverbund über- Sharing, alternative Antriebe, Zugangsverbes- problemlos bewegen zu können. Cubic hat legt darüber hinaus, Kooperationen auch mit serung zu öffentlichen Verkehrsmitteln sind nur die Basissoftware geliefert, über Call a Bike (Bahn) und Movelo (Pedelecs) einige der Lösungsansätze. Möglich wird dies die die eTickets vertrieben, einzugehen. Theoretisch könne das „eTicket nur durch ein übergeordnetes strategisches abgerechnet und kont- RheinMain“ auch als Zugang zu Parkhäusern, Konzept. „Die intelligente Straße“, sagt Rie- rolliert werden können. Schwimmbädern und für alle kulturellen und gelhuth, „wird als ein Baustein im Verbund der Der RMV und seine sportlichen Veranstaltungen genutzt werden, Vernetzung von Verkehrs- und Aufgabenträgern Tochtergesellschaft Rhein heißt es beim RMV. Derzeit beschränkt sich der die Mobilität nachhaltig sichern.“ Main Service haben sie Verbund auf Mobilitätsangebote und die Zahl weiterentwickelt. der verkauften eTickets wächst rasant.
Frankfurter Allgemeine Forum / Magazin Mobilität & Logistik der Zukunft „Die Bahn Schauspielerein Wolke Hegenbarth ist beruflich wie privat viel unterwegs und weiß, worauf muss besser werden“ es ankommt. Die Schauspielerin Wolke Hegenbarth über DAS BAHNFAHREN, das Radfahren in der Stadt und warum sie demnächst als Hoteltesterin arbeiten wird. Interview Jürgen Schultheis Foto Alex Degenhardt Frau Hegenbarth, Sie haben mal in einem dass sie quasi durchfahren können. Das finde Fahrrad. Das ist wie mit dem Rauchen. Wenn haltigkeit. Städte wie Wien sind da ganz weit 15 Interview gesagt, dass sich für Sie der Sinn ich großartig. Zigaretten ganz, ganz teuer sind, dann rauchen vorne. Man muss das Augenmerk darauf legen, eines Autos in einer Stadt nicht erschließt. auch weniger Menschen. dass sich Städte gut präsentieren mit den Sind Sie bei dieser Meinung geblieben? Könnte man die einzelnen Verkehrsmittel Öffentlichen, dass man online Tickets kaufen besser miteinander verbinden? Wenn Sie zur Bundesverkehrsministerin beru- kann und den Nah- und Fernverkehr noch Hegenbarth: Ja, die hat sich sogar noch bestä- fen würden, was würden Sie anpacken wollen? leichter zugänglich macht. tigt. Seit vier Wochen wohne ich in Berlin, der Hegenbarth: Die Anbindung von der Bahn zum Verkehr ist eine absolute Katastrophe. Es gibt Flughafen ist ja in den meisten deutschen Hegenbarth: Die Bahn muss besser werden. Sollten berühmte Menschen häufiger über das mehr Baustellen als Fahrbahnen. Gestern habe Städten sehr gut. In Köln fährt inzwischen die Thema Mobilität sprechen, um Bewusstsein zu ich mit dem Taxi eine Stunde vom Fernsehstu- S-Bahn statt wie früher der Bus zum Flughafen. Inwiefern? schaffen? dio zum Flughafen Tegel gebraucht, habe fast Und in Frankfurt ist es super, dass der ICE meinen Flieger verpasst und war dankbar, dass direkt am Flughafen hält. Von da ist man in Hegenbarth: Die ist viel zu oft zu spät, und Hegenbarth: Sie können das und man sieht sie mich und meinen Koffer noch eingecheckt einer Stunde wieder in Köln. Wenn ich in Köln diese Ausfälle wegen Wärme und Kälte sind es ja auch oft. Im DB-Mobil-Magazin erklären haben. Da habe ich wieder mal gedacht, wärst bin kommt Frankfurt für mich deshalb genauso ja so blamabel. Das geht nicht. Ich habe eine viele, warum und wie viel sie Zug fahren, Hape Du doch in die Bahn gestiegen. als Abflugsort in Frage. Das finde ich sehr gut Bahncard, bin regelmäßige Bahnfahrerin. Ich Kerkeling, Barbara Schöneberger. Wir sind ja gelöst. Man merkt schon, dass die Städte sich muss sagen, die Verspätungen, die ich erlebe, klassische Vielreisende, und wir sind viel off Es gibt Konzepte, die es ermöglichen sollen, darauf ausrichten, Menschen auch wirklich sind eine Zumutung. Vor allem die Anschluss- Location. Eigentlich sind wir genau die Rich- mit dem Rad zum Flughafen zu fahren. Zuhau- umweltfreundlich von A nach B zu bekommen. züge, die ich deshalb nicht kriege, gerade in tigen, um darüber zu sprechen. Wir gehören se wird das Gepäck abgeholt, und Sie steigen sicher mit zur mobilsten Berufsgruppe über- einfach aufs Rad und fahren zum Airport um Meinen Sie, wenn sich die Städte stärker für Nah- und Fernverkehr haupt. Teilweise sind wir jeden Tag woanders abzufliegen. Was halten sie davon? den Radverkehr engagierten, würden auch und könnten auch gut Hoteltester werden. Weil besser zugänglich machen mehr Leute auf ihr Auto verzichten? wir einfach wissen, worauf es ankommt. Hegenbarth: Großartig, ich wäre die Erste, die es macht, weil ich am liebsten Rad fahre, auch Hegenbarth: Wahrscheinlich haben die meisten den Harz, wo ich kürzlich gedreht habe, und Frau Hegenbarth, gibt es ein Erlebnis beim in Berlin. Es könnte ein paar mehr Radwege Menschen sich so sehr ans Auto gewöhnt. dann acht Stunden unterwegs bin mit einer Radfahren, an das Sie gerne zurückdenken? geben. Wenn ich zum Beispiel zu einer Also beim Deutschen hat man ja das Gefühl, Stunde Aufenthalt in Hannover. Da kann ich Freundin fahre, die in Tempelhof wohnt, das das Auto ist wie ein Bein am Körper. Ohne auch verstehen, dass Leute sagen, sie finden Hegenbarth: Ich bin oft angesprochen worden, sind zehn Kilometer, dauert das 40 Minuten. Auto kann man nicht leben - das stimmt ja es zu teuer und sie kommen nicht in der anvi- weil ich ein Klapprad fahre. Die modernen Aber das ist okay. Mit der Bahn brauche ich überhaupt nicht. sierten Zeit an. Ich habe mal Weihnachten, den Klappräder sind wunderbar, da macht man übrigens genauso lange. 24. Dezember, im Zug verbracht, der wegen eine Tasche drüber und steigt dann damit in Wie kann man das ändern? Schneechaos‘ auf der freien Strecke hinter den Zug. Dann gilt das als Handgepäck. Manche diskutieren, ob man nicht bei mehr- Hannover stecken geblieben ist. Da habe ich Das kann man also auch in den ICE mitneh- spurigen Straßen in Städten konsequent eine Hegenbarth: Tja, das Auto ist halt so wahn- mit Rot-Kreuz-Mitarbeitern und vielen Kindern men. Das ist großartig. Damit bin ich immer Spur für Radfahrer freihalten sollte. sinnig komfortabel, macht aber vielleicht und anderen Menschen, auch Bahnmitarbei- zum Theater gefahren. Damals haben mich mal auch faul. Man kann seinen Trolley reinwerfen, tern, Weihnachten gefeiert. zwei kleine Mädchen am Kölner Hauptbahnhof Hegenbarth: Ja, super. Ich fahre jetzt immer irgendwo hinfahren und ist unabhängig von angesprochen, die waren vielleicht elf oder auf der Busspur in Berlin. Aber dann kom- anderen. Das ist ein Luxusgut. Da haben sich Was würden Sie sonst noch angehen? zwölf Jahre alt. Sie hatten mich erkannt und men die Busse und dann muss man sich mit die Leute einfach sehr daran gewöhnt. Aber meinten zu mir, wo ist denn Deine Limousine? denen arrangieren. In Kopenhagen sind die ich muss sagen, zehn Monate im Jahr geht Hegenbarth: Ich würde meine Hauptaufgabe Da habe ich gesagt, guckt mal da und habe ja so wahnsinnig fortschrittlich Da haben sie das Radfahren eigentlich hervorragend, und darin sehen, die öffentlichen Verkehrsmittel zu auf mein Fahrrad gezeigt und gesagt, das ist ausgerechnet, dass es nicht länger als eine ich fühle mich auch besser. Man kriegt einen verbessern. Wenn die Städte nämlich funkti- meine “Limousine“. Die schauten mich mit halbe Stunde zur Arbeit dauern darf. Dort klaren Kopf. Ich glaube, sehr hohe Spritpreise onieren sollen, brauchen wir gute öffentliche offenen Augen an. Wahrscheinlich haben sie werden alle Ampeln für Radler so geschaltet, bringen nochmal den Einen oder Anderen aufs Verkehrsmittel, gerade auch wegen der Nach- gedacht, ich veräppel´ sie.
Frankfurter Allgemeine Forum / Magazin EINE HEIMAT FÜR LOGISTIK UND MOBILITÄT Der Architekt Albert Speer und Hessens WIRTSCHAFTS- Staatssekretär Steffen Saebisch im Gespräch über Funktion und Architektur des HOLM-Gebäudes. Interview Sven Hirschler Gebäude-Animation HOLM 16 Die Welt ist im Wandel – Herr Speer, Sie planen die Fußball-WM HOLM entsteht jedoch durch die Kombination Neue Konzepte für neue in Katar, Großprojekte in Shanghai. Über die mit nationalen und internationalen Faktoren. Deutschen sagen Sie, dass sie sich des Aus- Herausforderungen maßes der Globalisierung nicht bewusst sind. Speer: Als Architekt hat mich gereizt, die An- forderungen, welche das HOLM an sich selbst Wir befinden uns einer neuen Phase der Globa- Speer (lacht): Da muss ich aufpassen, wie ich stellt, auch optisch darzustellen. Das HOLM lisierung. Die weltweiten Transportwege stehen zitiert werde. Was ich gesagt habe, ist: Wir, die wird ein Ort sein, an dem sich Wirtschaft, Wis- Leitung: auf dem Prüfstand. Steigende Energiekosten Deutschen, sind uns oftmals der Rolle nicht senschaft und gesellschaftliche Institutionen Dr. Stefan Walter (Inhalte) Dr. Christian Garbe (Infrastruktur) und der Klimawandel beeinflussen zunehmend bewusst, die wir mit unserem Wissen, mit nicht nur begegnen, sondern sich miteinander Fläche: 20.000 Quadratmeter die Entwicklung logistischer Strukturen. unserer Kompetenz spielen können. Ich habe abstimmen, zusammen arbeiten und Projekte Anzahl der Mitarbeiter: ca. 600 Gleichzeitig stellt uns die enorme wirtschaftli- den Eindruck, dass wir diese Rolle nicht immer entwickeln. Hierfür mussten wir eine neuartige geplante Fertigstellung: Ende 2013 che Entwicklung der Schwellenländer vor neue wahrnehmen. Architektur schaffen, die Bewegung, Vernetzung Herausforderungen. Der demografische Wandel und Verwebung zulässt und sichtbar macht. in den entwickelten Industrienationen und die Saebisch: Nehmen wir nur die Bedeutung Entvölkerung ländlicher Räume verlangen neue von Logistik und Mobilität im Rhein-Main Unendlichkeit, legt sich der Baukörper auf der Kreativität und als neutrale Plattform ohne Menschen – und nicht von seiner Arbeit – Antworten. Gebiet. Der Flughafen Frankfurt ist mit mehr Das neue HOLM-Gebäude das Grundstück. Alle Bereiche sind über eine Hierarchien und Machtstrukturen. ausgeht. als 70.000 Arbeitsplätzen die größte Arbeits- helle, siebengeschossige Treppenskulptur, den Die Komplexität der Aufgaben erfordert ein stätte Deutschlands, weltweit steht er auf Platz symbolisiert Kreativität und X-Celerator, miteinander verbunden. Sämtliche Saebisch: Die Innenarchitektur greift das Motiv Saebisch: Das Innenleben des HOLM ist neues Zusammenwirken von Wirtschaft, Politik, sieben, was die Menge der umgeschlagenen Wandel Einheiten des Gebäudes gehen fließend inein- der zufälligen Begegnung, der Spontaneität zusammen mit dem Fraunhofer IAO entwickelt Bürgergesellschaft und zwischen wissenschaft- Frachtgüter angeht. Der Frankfurter Bahnhof ander über, können neu geordnet und flexibel und Kreativität auf. In dieser Konsequenz ist worden. Ausgangspunkt waren die Bedürf- lichen Disziplinen. Vor diesem Hintergrund wird ist einer der wichtigsten Verkehrsdrehscheiben und modular kombiniert werden. das architektonisch ambitioniert umgesetzt. nisse der Menschen. Innovative Ergebnisse in Frankfurt am Main das House of Logistics & Europas, von den Autobahn- und Binnen- Saebisch: Es braucht ein Gebäude, das wie können nur entstehen, wenn der Mensch im Mobility (HOLM) direkt am Flughafen gebaut. schifffahrtskorridoren gar nicht zu sprechen. ein Maßanzug zu unserem Konzept passt: Saebisch: Und dennoch gibt es Räume, die als Innovatives entsteht nur, wo der Mittelpunkt steht. Das HOLM ist ein Innovati- Das Gebäude ist eine neutrale Plattform für die Wie Herr Speer gesagt hat: Spannenderweise Dynamisch, modular und flexibel. Dies hat Ruhe- und Rückzugsort dienen. Es bleibt jedem onsgebäude, kein bloßes Bürogebäude. Genau interdisziplinäre, zukunfts- und anwendungsori- nimmt man uns im Ausland besser wahr als in Albert Speer überzeugend umgesetzt. Auf selbst überlassen, wie der Arbeitstag gestaltet Mensch im Mittelpunkt steht genommen ein Gravitationsschwerpunkt in entierte Zusammen¬arbeit von Wirtschaft, Wis- Deutschland selbst. sieben Etagen werden Hochschulen, Verbände, wird. So entsteht eine vielfältige, inspirierende einem internationalen Wissensnetzwerk. senschaft und öffentlichen Institutionen in den globale und regionale sowie große und kleine Arbeitsumgebung. Flexibel, wandelbar, innova- Gebaut wird das HOLM direkt am Frankfurter Bereichen Forschung & Bildung, Vermarktung & Speer: Das stimmt. Im Ausland verfolgen die Unternehmen zusammenarbeiten. Tür an Tür, tiv, passend für alle Bedürfnisse. Flughafen. Mit einer Minute zum Terminal, einer Speer: Und ich denke, diesen Anspruch umzu- Events sowie Vernetzung & Kooperationen. Das Unternehmen und Regierungen sehr genau, Rücken an Rücken, Schreibtisch an Schreib- Minute zur Regional- und Fernbahn, direkt am setzen, ist uns gemeinsam im HOLM sehr gut HOLM kooperiert dabei mit den herausragen- was im Ballungsraum Rhein-Main passiert. tisch. In Büros, im stetigen Austausch in Speer: Die Außenfassade des HOLM symboli- Frankfurter Kreuz, im Herzen Europas, wohl gelungen. Ende 2013 werden wir es gemein- den Innovationszentren Deutschlands, die auf Übrigens auch das HOLM. Projekträumen und im Vorlesungssaal, in siert dies: Die vertikalen Fassadenbänder bewe- die am besten angeschlossene Infrastruktur sam eröffnen. den nächsten Seiten vorgestellt werden. den Innenhöfen, in der Cafeteria, in der gen sich gegenläufig, so dass ihre Schnittkanten der Welt, wie der Vorstand einer der größten Ein House of Logistics & Mobility also als Grünanlage. sichtbar werden. Je nachdem, in welchem Win- Fluglinien es gerne nennt. Staatssekretär Steffen Saebisch ist Aufsichtsratsvorsitzender Schaufenster, um die Region bekannt zu kel man zur Fassade steht, desto mehr erscheint des HOLM machen? Ist das Konzept neu? Was ist das Besondere das Rot der seitlichen Kanten, oder man sieht Speer: Aber, entschuldigen Sie, dass ich unter- am HOLM? die ruhige, silbrige Fläche davor. Einschnitte breche. Das HOLM ist trotz seiner einzigartigen Prof. Albert Speer ist Saebisch: Wir verfolgen mit dem HOLM einen betonen die Dynamik. Das HOLM selbst befindet infrastrukturellen Anbindung mehr als nur Ar- Architekt BDA und Stadtplaner. dreifachen Ansatz: Regional bündeln, national Speer: Das Gebäude ist – wie die Menschen, sich im stetigen Wandel. Im Inneren wie im beit: Es ist in einen Park eingebunden, es gibt Mit seinem Unternehmen AS&P realisiert er Stadtplanungspro- vernetzen, international positionieren. Die die dort zusammenkommen – in einem steten Äußeren. Die zufällige Begegnung, die Verände- einen sehr großzügigen Erholungsbereich. jekte weltweit. Region ist unsere Basis. Die Einzigartigkeit des Wandel. Wie eine Acht, das Symbol der rung, ist ein zentraler Aspekt des HOLM; als Ort Das Gebäude ist so konzipiert, dass es vom www.frankfurt-holm.de
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