Gerechte Verteilung Ethisches Abwägen in Corona-Zeiten - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche

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Gerechte Verteilung Ethisches Abwägen in Corona-Zeiten - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
Nummer 8
18. April bis 1. Mai 2020

                            Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau

Gerechte Verteilung
Ethisches Abwägen in Corona-Zeiten
Gerechte Verteilung Ethisches Abwägen in Corona-Zeiten - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
Editorial
    …                                                                        Inhalt

                                                                        3+4       Aufmacher: Wenn Intensivbetten knapp werden
                                                                                  Ethische Regeln für den Notfall

                                                                        5         Thurgau: Da sein und helfen
                                                                                  Das ökumenische Projekt Notschlafstelle

                            Detlef Kissner                              6         150 Jahre Landeskirchen:
                                                                                  Religiöse Grundmuster verändern, aber beibehalten
Die Schweizische Akademie der Medizinischen Wissen-                               Über die Entflechtung von Kirche und Staat im Thurgau
schaften (SAMW) reagierte schnell. Zu einem Zeitpunkt,
als man die Entwicklung der Corona-Pandemie in der
Schweiz kaum abschätzen konnte, gab sie an die Spitäler
prophylaktisch Richtlinien heraus, wie diese bei einem
Massenzustrom von Patient*innen ihre intensivmedizini-
schen Behandlungskapazitäten sinnvoll und gerecht
einsetzen können. Auch wenn nach dem heutigen Stand
der Verbreitung des Virus dieser Notfallplan kaum
flächendeckend zum Tragen kommen dürfte, halte ich
dieses Vorgehen dennoch für klug und zukunftsweisend.

Denn wenn wirklich eine Überlastung der Intensivstatio-
nen eintreten würde – und diese Gefahr ist ja noch nicht
gebannt –-, helfen solche Richtlinien langwierige Ent-                  7         150 Jahre Landeskirchen: Den Himmel herunterholen
scheidungsprozesse in den Ärzte- und Pflegekräfteteams                            Eine Treppe wird zum Kunstprojekt
zu vermeiden und mehr lebensrettende Massnahmen zu
ermöglichen. Den Kranken und ihren Angehörigen geben                    8         Gedankenimpuls von Dietrich Bonhoeffer
sie die Sicherheit, dass nicht nach Willkür oder irgend-
welchen Sympathien entschieden wird. Die Kriterien
liegen auf dem Tisch, sie sind für alle transparent. Damit
                                                                        PFARREIMITTEILUNGEN
wurden wichtige Voraussetzungen geschaffen, den Her-
ausforderungen der Pandemie wirksam zu begegnen.
                                                                        9         Den Glauben feiern
Die Richtlinien basieren auf früheren Regelungen für den                          Gottesdienste und Gedanken zum Evangelium
intensivmedizinischen Bereich. Sie wurden im Blick auf
die drohende Zuspitzung der Pandemie von Mediziner*-                    10        Kirche Schweiz: Rekordjahr für Kirchenaustritte
innen und Ethiker*innen konkretisiert. Auch wenn hier                             Hohe Austrittsrate auch im Thurgau
Expert*innen am Werk waren, halte ich es für unerläss-
lich, dass diese Richtlinien, von denen letztlich Men-
schenleben betroffen sind, der Prüfung einer breiteren
Öffentlichkeit unterzogen werden. Denn ethische Vorstel-
lungen und Regeln sind nicht ein für alle Mal fixiert, sie
unterliegen einem gesellschaftlichen Diskurs. Von daher
sollten sich möglichst viele damit auseinandersetzen
und eine Rückmeldung dazu geben. Wenn solche Richt-
linien in einer breiteren Öffentlichkeit diskutiert werden
und damit Impulse für eine Weiterentwicklung erhalten,
erfahren sie eine breitere Akzeptanz, werden sie von
mehreren mitgetragen.

Ich halte eine solche breite Auseinandersetzung auch                    10+11 Kirche ohne Grenzen: «Einstehen für Europa»
deshalb für wichtig, weil diese Richtlinien über die                          Wie ein zwölfstündiges Gebet Arbon mit Europa verbindet
aktuelle Situation hinausweisen: In einer Gesellschaft
mit wachsendem Durchschnittsalter wird die Frage, wie                   12        Kirche Schweiz:
sich knappe medizinische Ressourcen möglichst gerecht                             Protestvideos gegen Churer Bistumsleitung
verteilen lassen, noch in anderen Zusammenhängen                                  Botschaften mit Wunsch nach Veränderung
auftauchen und an Bedeutsamkeit gewinnen. Wir stehen
erst am Anfang dieses Suchprozesses.                                    12        News

Der Genderstern * soll alle Geschlechter einbeziehen.                   13        Bischofskonferenz · Thurgau · Intern · Kirche Schweiz

Titelbild: Aufeinander gestapelte Steine, auch Steinmännchen genannt,
                                                                        14+15 Tipps aus der Redaktion: Veranstaltungen und Medien
symbolisieren das Gleichgewicht.
Bild: shutterstock.com                                                  16        Cartoon & Zum Schluss

2   forumKirche | 8-2020
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Aufmacher

Wenn Intensivbetten knapp werden
Ethische Regeln für den Notfall

                                                                                                 Bild: zVg
Mit Fortschreiten der Corona-Pandemie                                                                        für oder gegen bestimmte medizinische
wächst die Gefahr, dass die Intensiv-                                                                        Massnahmen, etwa Beatmung, sollte
medizin an ihre Grenzen stösst. Darauf                                                                       grundsätzlich gefällt werden. Personen
hat die Schweizerische Akademie der                                                                          können jedoch zum Schluss kommen, dass
Medizinischen Wissenschaften (SAMW)                                                                          ihre Haltung gegenüber einer intensivmedi-
reagiert und gemeinsam mit der Schweize-                                                                     zinischen Behandlung (z. B. nach einem
rischen Gesellschaft für Intensivmedizin                                                                     schweren Sturz) abweicht vom Willen in
(SGI) am 20. März Richtlinien veröffent-                                                                     Bezug auf eine schwere Infektionskrankheit
licht, die die Triage (Auswählen, Priorisie-                                                                 wie Covid-19. In diesem Fall kann man
rung) von intensivmedizinischen Behand-                                                                      diesen Willen explizit festhalten.
lungen bei Ressourcenknappheit regeln.
forumKirche fragte nach bei Michelle                                                                         An welchen ethischen Grundprinzipien
Salathé, Leiterin Ressort Ethik und                                                                          orientieren sich die Abläufe und die Ent-
Stv. Generalsekretärin der SAMW.                                                                             scheidungskriterien der Richtlinie?
                                                                                                             Auch bei Ressourcenknappheit gelten die
Es gab schon Richtlinien für die intensiv-                                                                   vier medizin-ethischen Prinzipien: Gutes
medizinische Behandlung vor der Corona-                                                                      tun, Nichtschaden, Respekt vor der Auto-
Pandemie. Wozu sind solche Richtlinien                                                                       nomie und Gerechtigkeit. Die Prinzipien
hilfreich und notwendig?                                                                                     «Gutes tun» und «Nicht schaden» leiten da-
Mit dem Corona-Virus (SARS-CoV-2) stehen          Michelle Salathé: «Wir erhalten viel Lob,                  zu an, jeden erkrankten Menschen mög-
die Intensivstationen vor ausserordent-           weil wir sehr rasch reagiert haben.»                       lichst gut zu behandeln und zu pflegen und
lichen Herausforderungen, weil eine hohe                                                                     gleichzeitig vor Massnahmen zu schützen,
Zahl schwerstkranker Patient*innen auf                                                                       die ihm Schaden zufügen. Für die Entschei-
intensivmedizinische Massnahmen ange-             es ist deshalb eher so, dass andere Länder                 dungen sind der gesundheitliche Zustand
wiesen sind. Sollten die Ressourcen nicht         sich an unserer Richtlinie orientiert haben.               im Einzelfall und die Prognose entschei-
mehr ausreichen, werden Rationierungs-                                                                       dend. Und natürlich der Patientenwille, wo-
entscheide nötig. Die neuen Richtlinien           Welche konkreten Entscheidungskriterien                    mit wir beim Prinzip der Achtung der Selbst-
schaffen die Basis für solche Entscheidun-        spielen bei der Triage auf der Intensiv-                   bestimmung sind. Das letzte Prinzip –
gen. Zu betonen ist aber auch, dass solche        station eine Rolle, wenn diese an ihre                     Gerechtigkeit – bedeutet, dass Geschlecht,
Rationierungsentscheide erst dann nötig           Aufnahmegrenzen kommt?                                     Wohnort, Nationalität, religiöse Zugehörig-
werden, wenn alle anderen Massnahmen              Bei der Entscheidung für oder gegen eine                   keit, soziale Stellung, Versicherungsstatus
ausgeschöpft sind, z. B. Beschränkung von         Behandlung auf der Intensivstation finden                  oder chronische Behinderung keine Rolle
Wahleingriffen, Verlegung von Patienten auf       bei allen Patienten unabhängig von der Art                 spielen dürfen bei Entscheidungen über die
die Intermediate Care Units oder in andere        ihrer schweren Erkrankung folgende Punkte                  Behandlung und Pflege. Und auch das Alter
Spitäler, Ausweiten von Behandlungsplät-          Beachtung: Wie ist der Patientenwille (idea-               darf aus Gerechtigkeitsgründen per se kein
zen mit Beatmungsmöglichkeiten sowie              lerweise gemäss Patientenverfügung oder                    Kriterium sein, das zur Anwendung gelan-
Verzicht auf personalintensive Behand-            Vorsorge-Dokument)? Möchte die Person                      gen darf, denn es misst älteren Menschen
lungsmöglichkeiten.                               überhaupt auf der Intensivstation behan-                   weniger Wert bei als jüngeren. Das Alter
                                                  delt und gegebenenfalls beatmet werden?                    wird jedoch indirekt im Rahmen des Haupt-
Wie hat die Corona-Pandemie diese                 Dann gilt als Hauptkriterium für die Triage                kriteriums «kurzfristige Prognose» berück-
Richtlinien verändert?                            die kurzfristige Prognose: Es haben also                   sichtigt, weil ältere Menschen häufig ge-
Die Richtlinien «intensivmedizinische Mass-       diejenigen Patienten die höchste Priorität,                brechlich sind und Vorerkrankungen haben.
nahmen» von 2013 haben Ressourcen-                deren Prognose im Hinblick auf das Verlas-
knappheit und Triage bereits in einem Kapi-       sen des Spitals mit Intensivbehandlung                     Die Richtlinien betonen, dass es notwendig
tel aufgenommen, aber sehr kurz. Dieses           gut, ohne diese aber ungünstig ist; Patien-                ist, alle 48 Stunden über die Fortsetzung
Kapitel diente als Grundlage für die nun im       ten also, die am meisten von der Behand-                   einer Behandlung zu entscheiden. Welche
Zusammenhang mit Covid-19 ausgearbeite-           lung profitieren.                                          Kriterien sind dafür massgeblich?
ten verfeinerten Triage-Richtlinien.                                                                         Ganz grundsätzlich ist bei intensivmedizini-
                                                  Der Patientenwille steht an vorderster Stel-               schen Massnahmen eine regelmässige
Sind in diese erweiterten Richtlinien bereits     le in einer solchen Triage. Welche Angaben                 Evaluation zur Einschätzung der Gesamt-
Erfahrungen aus Ländern mit sehr hohen            sollten im Blick auf eine Corona-Erkrankung                situation des Patienten notwendig. Ver-
Zahlen an Corona-Infektionen geflossen?           in einer Patientenverfügung vermerkt sein?                 bessert sich der Gesundheitszustand nicht
Ja, wir haben die internationale Debatte          Ganz wichtig: Das Verfassen einer Patien-                  oder tritt eine Verschlechterung ein, muss
verfolgt, z. B. wie die italienischen Intensiv-   tenverfügung basiert auf einem längeren                    entschieden werden, ob die Behandlung
mediziner mit dieser Situation umgehen.           Prozess der Willensbildung. Dabei helfen                   fortgesetzt oder eine Therapiezieländerung
Die SAMW war jedoch im internationalen            Gespräche mit Angehörigen und Fachperso-                   erfolgt und der Patient palliativ betreut
Vergleich sehr früh mit ihren Richtlinien und     nen, z. B. dem Hausarzt. Die Entscheidung                                       (Fortsetzung nächste Seite)

                                                                                                                                 forumKirche | 8-2020      3
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Aufmacher

(Fortsetzung von Seite 3)

                                                                                                                                                 Bild: shutterstock.com
Erkranken viele Menschen auf einmal, müssen die Ärzte auswählen, wer eine Intensivbehandlung bekommen soll.

wird. In der Situation der Ressourcenknapp-     Leitung von erfahrenen Personen stehen.          nach Anliegen weitergeleitet, z. B. an
heit wird stärker als sonst, d. h. über die     Wenn immer möglich sollen die Entschei-          psychologisch-psychiatrische Fachperso-
Patientensituation hinaus, die Gesamt-          dungen im interprofessionellen Team ge-          nen oder die Fachpersonen der klinischen
situation berücksichtigt und Entscheidungen     troffen werden, also z. B. mit Einbezug der      Ethik.
sollen so getroffen werden, dass möglichst      Pflegefachpersonen. Am Schluss ist jedoch
wenig Menschen sterben. Non-Covid-19-           die ranghöchste Person vor Ort namentlich        Welche Rückmeldungen haben Sie schon
Patienten und andere Patienten, die bei voll    dafür verantwortlich. Gremien (z. B. Ethik-      auf die neuen Richtlinien erhalten?
ausgeschöpften Ressourcen auf der Inten-        unterstützung, multiprofessionelles Team),       Wir erhalten sehr viele Rückmeldungen,
sivstation liegen, werden gleichbehandelt.      die die Behandlungsteams unterstützen,           darunter viel Lob, weil wir sehr rasch re-
                                                können hilfreich sein.                           agiert haben und klare Entscheidungshilfen
Sehen die Richtlinien vor, dass der Arzt, der                                                    geben. Es gibt natürlich auch fachliche
den Zustand des Patienten beurteilt, ein        Entscheiden zu müssen, wer einen Intensiv-       Rückfragen und Präzisierungen, die wir
anderer sein muss als derjenige, der ent-       platz erhält und wer nicht, kann psychisch       prüfen und wenn nötig vornehmen. Dies
scheidet, ob dieser Patient eine Intensiv-      sehr belastend sein. Haben Ärzte die             hat zu einem ersten Update der Richtlinie
behandlung erhält?                              Möglichkeit, sich in einer solchen Krisen-       geführt. Die Situation ist insgesamt sehr
Dazu enthalten die Richtlinien keine explizi-   situation Unterstützung zu holen?                dynamisch, weil sich die Fallzahlen und
te Regelung, wir halten aber fest, dass         Kaderärzte der Intensivmedizin sind es           damit die Belastung der Spitäler laufend
wenn immer möglich die Entscheidung im          gewohnt, mit Leben und Tod umzugehen.            verändern, weil viel geforscht und national
Team getroffen werden muss. Es gibt aber        Therapieentscheidungen, insbesondere             wie international intensiv zusammengear-
dringliche Situationen, in denen rasch ent-     Aufnahme oder Abbruch von intensiv-              beitet wird. Es ist also nicht auszuschlies-
schieden werden muss, wer auf die Inten-        medizinischen Behandlungen, gehören zu           sen, dass es eine weitere Aktualisierung
sivstation aufgenommen und wer verlegt          ihrem Alltag. In einer Situation mit knappen     gibt. Die jeweils aktuellste Fassung, aber
werden muss. Die Richtlinien halten daher       Ressourcen müssen solche Entscheidun-            auch die Vorgänger-Versionen sind online
fest, dass die einzelnen Entscheide über-       gen jedoch häufiger getroffen werden. Das        zu finden: samw.ch/de/coronavirus.
prüfbar sein müssen, d. h. schriftlich doku-    kann sehr belastend sein. In den meisten
mentiert, eine Begründung enthaltend und        Schweizer Spitälern gibt es etablierte                               Interview: Detlef Kissner
mit dem Namen des Entscheidungsträgers          Strukturen für ethische Fallbesprechungen
versehen.                                       und für den professionellen Umgang mit
                                                moralischer Belastung. In den letzten Wo-         Umfrage
Wer soll Ihrer Ansicht nach in diese schwer-    chen haben viele Spitäler diese Angebote          Es gibt eine öffentliche Umfrage von
wiegenden Entscheidungsprozesse mitein-         ausgebaut und noch besser zugänglich              «Ethix», in der man sich zu den Richtli-
bezogen werden? Wie sollten die Entschei-       gemacht. Vielerorts wurden Hotlines für die       nien und deren Überlegungen äussern
dungen schlussendlich gefällt werden?           Mitarbeitenden eingerichtet. Die Anfragen         kann: www.ethix.ch (auf «Szenarien»
Dazu äussern sich die Richtlinien ganz klar:    werden von notfallpsychologisch geschul-          klicken).
Der Entscheidungsprozess muss unter der         ten Personen entgegengenommen und je

4   forumKirche | 8-2020
Gerechte Verteilung Ethisches Abwägen in Corona-Zeiten - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
Thurgau

Da sein und helfen
Das ökumenische Projekt Notschlafstelle

In Weinfelden hat Gemeindeleiter Armin                                setzung, um an der Pestalozzistrasse über-     Gerade dort wie auch in Arbon, Kreuzlingen
Ruf die erste offizielle Thurgauer Notschlaf-                         nachten zu können, sei deshalb, dass man       und Amriswil gebe es sicher noch mehr sol-
stelle ins Leben gerufen. Diese finanziert er                         alleine zurechtkomme. «Wir nehmen nie-         cher Objekte wie dasjenige in Weinfelden,
momentan noch in Eigenregie, denn durch                               manden mit psychischen Erkrankungen            ist Armin Ruf überzeugt. Doch im Normalfall
die Corona-Krise verzögert sich die Grün-                             oder einem aktuellen Suchtproblem auf,         würde das Haus in Weinfelden als zentrale
dung eines tragenden kirchlichen Vereins.                             denn wir bieten nur eine Wohnung an und        Einrichtung genügen, um den gesamten
Doch die Krise zeigt auch etwas Anderes:                              sind keine Betreuungseinrichtung», erklärt     Kanton abzudecken.
Dass eine kantonale Notschlafstelle in                                der Gemeindeleiter. Bisher seien die Rück-
diesen Zeiten mehr denn je vonnöten ist.                              meldungen nur positiv gewesen. Der Ver-        Lösungen suchen
                                                                      mieter unterstütze das Projekt, es gebe        Der Normalfall ist aber momentan ausser
«Ich fand es schlimm, Menschen abweisen                               keine Klagen der Nachbarn und auch unter       Kraft gesetzt. Denn gerade jetzt in dieser
zu müssen, die an die Pfarrtüre klopften                              den Mitbewohnern keinerlei Stress-             schwierigen Phase, in der noch keine Struk-
und um eine Übernachtungsmöglichkeit                                  situationen.                                   tur geschaffen wurde, sei die Nachfrage
baten. Deshalb wollte ich etwas tun». So                                                                             immens gestiegen. Die aktuelle Lage hat
erklärt Armin Ruf, Gemeindeleiter von Wein-                           Rege Beteiligung gefordert                     die kommunale Unterbringungssituation im
felden, seine Motivation, die erste offizielle                        Trotz der guten Resonanz stehe man derzeit     Kanton verschärft, was direkte Auswir-
Notschlafstelle im Thurgau zu schaffen. Der                           vor grossen Herausforderungen. Einerseits      kungen auf die Notschlafstelle hat. «Ich
Stein sei schon ein Jahr zuvor ins Rollen                             aufgrund der Finanzierung der Miete und        bekomme täglich mindestens zwei Anfragen
gekommen, als Caritas Thurgau einen run-                              der wöchentlichen Reinigungskosten der         von behördlichen Einrichtungen, die ihre
den Tisch organisierte und dazu kirchliche                            beiden kurzfristigen Unterkünfte. Denn im      Klient*innen privat nicht mehr unterbringen
Vertreter einlud, die Idee einer kantonalen                           Moment ist das Projekt immer noch Armin        können. Momentan sind sämtliche Zimmer
Notschlafstelle weiterzudenken. Armin Ruf                             Rufs private Initiative und wird von den       belegt – ausnahmslos mit Männern, was
machte sich daraufhin auf die Suche nach                              Pfarreien in Weinfelden und Bischofszell       aber nur ein Zufall und nicht gewollt ist. Alle
einem passenden Objekt in Weinfelden und                              finanziell mitgetragen und von den Sozial-     sind gesund und manche auch schon vor-
wurde fündig. «Dass mir diese Wohnung an                              diakonen aus Frauenfeld, Romanshorn und        her auf Covid-19 getestet worden», sagt
einer solch zentralen und gut vernetzten                              Sirnach inhaltlich begleitet. «Die ursprüng-   Armin Ruf. Dass er niemanden mehr auf-
Lage angeboten wurde, war ein Glücksfall»,                            liche Idee war, bis Ostern einen ökumeni-      nehmen könne, beunruhige ihn, denn gera-
sagt er. Sie liegt an der Pestalozzistrasse,                          schen Verein zu gründen, der das Ganze         de jetzt gebe es viele, die Unterstützung
direkt schräg gegenüber vom Bahnhofsge-                               finanziell stemmt. Dazu sollten alle Pfarr-    benötigten. Zusammen mit den Stadtverwal-
bäude und kann fünf Personen auf zwei Eta-                            ämter im Thurgau angefragt werden, ob sie      tungen im Kanton will er nach neuen Lösun-
gen beherbergen. Dabei sind im ersten                                 beitreten und sich mit einem Jahresbeitrag     gen suchen. Auf die Frage, warum er sich so
Stock zwei möblierte Einzelzimmer für Men-                            beteiligen wollen. Durch die Corona-Krise      engagiere, lächelt er. «Als Kirche müssen
schen vorgesehen, die nur eine Nacht eine                             verzögert sich nun jedoch alles», erklärt      wir für Menschen da sein, die unkompliziert
Bleibe benötigen und im Dachstock befin-                              Armin Ruf. Zwar würden schon alle fünf         und unbürokratisch Hilfe benötigen. Das
den sich drei Zimmer als Notwohnungen für                             Weinfelder Kirchen hinter dem Konzept ste-     ist der Sinn der Diakonie. Ich halte nichts
längerfristige Aufenthalte zwischen drei                              hen, damit dieses tatsächlich funktioniere,    davon, dass wir das Evangelium nur in der
Wochen und drei Monaten. Zudem bietet                                 müssten aber möglichst viele Thurgauer         Liturgie und der Verkündigung predigen und
die Wohnung eine Waschküche, einen gros-                              Kirchgemeinden mitmachen. Der Bedarf sei       nicht praktisch umsetzen. Am Ende sind wir
sen Aufenthaltsraum und je eine Küche so-                             bei allen ähnlich und unbestritten, weshalb    immer nur so glaubwürdig, wie die Worte in
wie ein Badezimmer auf jedem Geschoss.                                auch schon vorher einige Pfarreien über        unserem Alltag Widerhall finden.»
Eine Nacht in der Notunterkunft kostet 10                             einzelne Zimmer verfügt hätten, so wie
Franken, für die Wohnungen zahlt man inklu-                           Romanshorn, Sirnach oder Frauenfeld.                                            Sarah Stutte
sive Nebenkosten 400 Franken im Monat.
                                                 Bild: Sarah Stutte

                                                                                                                                            Armin Ruf im
Keine Betreuungseinrichtung                                                                                                                 Aufenthaltsraum der
Die Notschlafstelle soll denjenigen eine                                                                                                    Notschlafstelle in
Brücke sein die – selbstverschuldet oder                                                                                                    Weinfelden, die helfen
nicht – «durch alle Raster gefallen sind»,                                                                                                  soll, die kommunalen
wie Armin Ruf betont. Damit gemeint sind                                                                                                    Einrichtungen zu
Wanderarbeiter und Obdachlose, aber auch                                                                                                    entlasten.
Menschen, die eine Therapie hinter sich
haben oder aus verschiedenen Gründen
ihre Wohnung aufgeben mussten und noch
nichts Neues finden konnten. «Fast alle
wollen ihr Leben grundsätzlich neugestal-
ten, benötigen dazu aber eine Übergangs-
lösung», führt Armin Ruf aus. Die Voraus-

                                                                                                                                          forumKirche | 8-2020       5
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150 Jahre Landeskirchen

Religiöse Grundmuster verändern, aber beibehalten
Über die Entflechtung von Kirche und Staat im Thurgau

Mit dem Entstehen des modernen Staats             dung, den er als erstes nach der Französi-                                            vorgerufen. Belastend wirkte sich zudem
begann dieser, Aufgaben des öffentlichen          schen Revolution umgestaltete. Hinter                                                 der Kontext des Kulturkampfes aus.
Lebens von den Kirchen zu übernehmen,             dieser Initiative stand die aufgeklärte Idee,
und leitete damit eine Entflechtung von           dass jeder seines eigenen Glückes                                                     Welche Verflechtungen zwischen Kirche und
kirchlichen und staatlichen Strukturen            Schmied ist und dafür in die Lage versetzt                                            Staat blieben bestehen?
ein. In einem Interview analysiert Markus         werden muss, indem er Bildung erfährt. Der                                            Das Programm der Säkularisierung sah vor,
Ries, Professor für Kirchengeschichte an          Staat stellte sich diesem Anspruch und                                                dass der Staat und nicht mehr die kirchli-
der Universität Luzern, diesen Prozess,           führte eine obligatorische und unentgeltli-                                           che Tradition das öffentliche Leben in all
indem er auf die verschiedenen Akteure,           che, individuelle Schulbildung für jedes                                              seinen Facetten bestimmt. In Frankreich
deren Interessen und ihr Verhältnis unter-        Kind ein. Hier stiess der Staat in eine                                               hatte man mit diesem rigorosen Vorgehen
einander eingeht.                                 Domäne vor, die zuvor von der Kirche bzw.                                             schlechte Erfahrungen gemacht. Im Thur-
                                                  den Städten besetzt war.                                                              gau ging man moderater vor. Man säkulari-
Welche Aufgaben übernahm der Staat im             Der evangelischen Kirche kam zugute, dass                                             sierte Grundmuster, behielt sie aber bei,
19. Jahrhundert von den beiden Kirchen?           dieses moderne Staatsverständnis schon                                                wie die kirchliche Feiertagsordnung oder
Zunächst wurde die Schule säkular (welt-          stärker in der reformatorischen Tradition                                             die Eheschliessung. Dass die Ehe eine auf
lich, Anm. d. Red.), es folgten das Zivil-        grundgelegt war. Dies hat es ihr leichter                                             unbestimmte Zeit angelegte Lebensge-
standswesen und die Sozialfürsorge. Man           gemacht, sich auf die Veränderungen einzu-                                            meinschaft einer Frau und eines Mannes
darf allerdings nicht das heutige Verständ-       lassen. Bei den Katholiken provozierte die-                                           ist, ist ein Organisationsmuster aus der
nis vom Staat auf diese Zeit zurückprojizie-      se Offenheit zusätzliche Abwehrreflexe,                                               religiösen Tradition, das der Staat eins zu
ren. Im Spätmittelalter war der «Staat»           weil man hinter den Entwicklungen ein                                                 eins übernommen hat. Die Kirchen blieben
lediglich eine Wehrorganisation. Er baute         evangelisches Staatsverständnis erblickte.                                            ausserdem öffentlich-rechtliche Anstalten.
keine Strassen, sorgte sich nicht um die                                                                                                Heute werden sie privilegiert, aber auch
Gesundheit der Bürger. Der Staat im um-           Wie wurden diese Entwicklungen von der                                                öffentlich kontrolliert.
fassenden Sinne entstand erst im 19. Jahr-        Kirchenleitung her wahrgenommen?                                                      Als im Thurgau zu Beginn des 20. Jahrhun-
hundert. Er vereinte alle Ordnungs- und           Zunächst positiv. Man liess ja die Idee der                                           derts damit begonnen wurde, Paritäts-
Regelungskompetenzen in einer Hand.               konfessionellen Parität in diesem neuen                                               verhältnisse (ökumenische Nutzung einer
Dieser moderne Staat nahm dann Auf-               Gemeinwesen «Thurgau» wieder neu aufle-                                               Kirche, Anm. d. Red.) im grossen Stil auf-
gaben wahr, die zuvor von den Kirchen             ben. Behörden wurden paritätisch besetzt,                                             zulösen, stand dafür eine kantonale Kom-
wahrgenommen wurden.                              am Anfang sogar der Regierungsrat und der                                             mission bereit, die darüber wachte, dass
                                                  Kantonsrat, dann auch die Schulaufsicht.                                              die Auflösungen geordnet durchgeführt
Von wem ging diese Entwicklung aus?               Die Verfassungsrevision von 1869 nahm                                                 wurden.
Welches Interesse stand dahinter?                 allerdings wieder Abstand davon, nicht-
Sie ging vom Staat aus, weil er einen ande-       kirchliche Einrichtungen dieser Regel zu                                              Wie wirkte sich die Säkularisation auf das
ren Zugang zu den Aufgaben hatte. Paradig-        unterwerfen. Das hat vor allem auf katholi-                                           Verhältnis der beiden Konfessionen aus?
matisch sieht man das im Bereich der Bil-         scher Seite ein gewisses Misstrauen her-                                              Die konfessionellen Gegensätze, die man
                                                                                                                                        heute noch wahrnimmt, lassen sich oft
                                                                                                     Bild: Spyridon/Wikimedia commons

                                                                                                                                        nicht in einer Linie auf die Zeit der Refor-
                                                                                                                                        mation zurückführen, sondern sind eigent-
                                                                                                                                        lich im 19. Jahrhundert gewachsen.
                                                                                                                                        Während man die Aufklärung als Zeit wach-
                                                                                                                                        sender interkonfessioneller Toleranz in der
                                                                                                                                        Eidgenossenschaft beschreiben kann, ist
                                                                                                                                        im 19. Jahrhundert wieder eine konfessio-
                                                                                                                                        nelle Profilierung im Sinne der Abgrenzung
                                                                                                                                        erlebbar. Im Thurgau zeigten sich diese
                                                                                                                                        Spannungen ebenso. Das 20. Jahrhundert
                                                                                                                                        zeichnete sich dadurch aus, dass man
                                                                                                                                        wieder zu einer anderen Optik fand. Die ei-
                                                                                                                                        gentliche Errungenschaft in der Ökumene
                                                                                                                                        bestand weniger in dogmatischen Annähe-
                                                                                                                                        rungen auf offizieller Ebene, als darin, dass
                                                                                                                                        man sich in den Dörfern unter den Konfes-
                                                                                                                                        sionen wieder zu trauen begann.

                                                                                                                                                            Interview: Detlef Kissner

1848 wurden im Thurgau zum Ärger der Katholiken alle Klöster geschlossen – auch St. Katharinental.                                         Ganzer Artikel auf www.forumkirche.ch

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Gerechte Verteilung Ethisches Abwägen in Corona-Zeiten - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
150 Jahre Landeskirchen

Den Himmel herunterholen
Eine Treppe wird zum Kunstprojekt

                                                                                                                                                    Bild: Claudia Koch
In der Kartause Ittingen entsteht eine
Kunstinstallation – eine Himmelsleiter.
Interpretiert wird sie vom Walliser Künst-
ler Vincent Fournier. Der ehemalige Fuss-
ballprofi arbeitet heute gerne in der Stille.

Ab sofort kann man auf der steilen Treppe
im Rebberg bei der Kartause Ittingen auf
Schritt und Tritt einem Heiligen begegnen.
Grund dafür ist die Ausstellung «Göttliche
Landschaft – Zeitgenössische Kunst zu
Glaube und Religion», die von Künstlerin-
nen und Künstlern im Zusammenhang
mit dem 150-Jahr-Jubiläum der beiden
Landeskirchen umgesetzt wird. Vincent
Fournier, gläubiger Katholik und ehemali-
ger Profifussballer beim FC Zürich, wurde
von Projektleiter Reto Friedmann für die
künstlerische Umsetzung einer Himmels-          Beim Anpassen eines bemalten Holzbrettes in die «Himmelsleiter»: Vincent Fournier.
leiter angefragt. «Das ist eine tolle Arbeit
für die Fastenzeit», sagt Fournier und
passt ein hellblaues Holzbrett zwischen         «Durch diese Farbe, die auch in der Klos-         Himmelsleiter am Schluss aussehen wird.
die Stufen ein.                                 terkirche Ittingen eine zentrale Rolle            Er lässt sich überraschen, und leiten.
                                                spielt, wird von unten gesehen eine Ver-
Zwei Monate in einer Klause                     bindung zum Himmel geschaffen. Der                                                   Claudia Koch
Damit die Bretter sich gut einfügen, muss       Himmel wird damit heruntergeholt», sagt
er jede der 184 Treppenstufen von Unrat         Fournier. Durch die Himmelsleiter werde              Das Werkgespräch mit Vincent Fournier
befreien. In der Stille zu arbeiten, ist er     der geistliche Reichtum des christlichen             in der Kartause Ittingen vom 15. April
gewohnt: Sein Atelier liegt praktisch im        Lebens angezeigt. Das Sichtbarmachen                 sowie die Vernissage am 3. Mai sind
Kapuzinerkloster in Sion, wohin sich der        der Religion im öffentlichen Raum ist                wegen des Corona-Virus verschoben.
frischgebackene Grossvater regelmässig          Fournier ein grosses Anliegen. Denn er
zu den Gebeten der Kapuziner zurückzieht.       stellt ernüchtert fest, dass vielen Jugend-
Hier in Ittingen dauert die Zurückgezogen-      lichen der Bezug zum Glauben abhanden-              Kunstobjekte bei Fischingen
heit gut zwei Monate, in der Fournier in ei-    gekommen ist.                                       Neben der Himmelsleiter sind ab 3. Mai
ner Kartäuserklause leben und arbeiten                                                              im Rahmen der Ausstellung «Göttliche
kann. «Dank der Stille nehme ich das Läu-       Fussball und Kunst                                  Landschaft – Zeitgenössische Kunst zu
ten der Kirchenglocken viel bewusster           Da er sich sehr für die Kartäuser interes-          Glaube und Religion» zwei weitere Instal-
wahr», sagt Fournier.                           siert, freut er sich doppelt, hier in Ittingen      lationen zu sehen. Sie befinden sich im
                                                tätig zu sein. «Die Kartäuser haben einen           Umfeld des Klosters Fischingen. Das
Verbindung zum Himmel                           eigenen Bezug zur Zeit und zum Tod, sie             Künstlerduo steffenschöni platziert in der
Die 184 Treppenstufen entsprechen hin-          sind sehr realistisch orientiert, was mir           Nähe der Mariensäule auf der Ottenegg
auf und hinunter in etwa einem Kirchen-         gefällt», sagt Fournier und gewährt Einblick        eine runde Stahlplatte. Die beiden
jahr, welches unter anderem durch die Ge-       in seine temporäre Klause. Überall stehen           Objekte sollen sich laut steffenschöni
denktage der Heiligen geprägt ist. Welche       hellblau bemalte Bretter, die darauf war-           «gegenseitig aufladen und zu einem
Heiligen er in die Himmelsleiter aufneh-        ten, eingebaut zu werden. An den Wänden             landschaftlichen Reflexionsraum er-
men solle, fragte er nach. «Ich erhielt Vor-    hängen eigene, mitgebrachte Bilder, einige          gänzen». Mit seinem Titel «Opaion» ver-
schläge vom katholischen Theologen Reto         mit einem Kreuzmotiv versehen. Er hätte             weist das Kunstwerk auf die kreisrunde
Friedmann und auch vom evangelischen            immer zwei Kreuze zu tragen gehabt, sagt            Öffnung in Kirchenkuppeln.
Pfarrer Thomas Bachofner. Das fand ich          Fournier, der die Kunstschule in Lausanne           Am Wegrand zwischen dem Kloster
irgendwie witzig», sagt Fournier. Er hat auf    besuchte und Arzt werden wollte. Letzte-            Fischingen und der Ottenegg werden
den bemalten Lärchenholzbrettern auch           res war mit dem Fussball schlecht verein-           ausserdem «Bildstöckli» aufgestellt, in
Kirchenfeste wie Ostern, Pfingsten oder         bar, so blieb er beim Fussball und bei der          denen Studierende der Hochschule
liturgische Texte festgehalten. Aber nicht      Kunst. Fournier macht Kunst, die von                Luzern für Design und Kunst ihr Verhält-
jedes Brett ist mit einer Heiligenfigur wie     Spiritualität und Mystik geprägt ist. Seine         nis zu Religion, Glaube, Materialismus,
Bruder Klaus oder Wiborada bemalt. Eini-        Kunst soll leben und atmen können, soll             Metaphysik und Religionskritik zum Aus-
ge bleiben bewusst leer und ergänzen mit        frei und offen sein. Deshalb kann er im             druck bringen. (dk)
ihrer hellblauen Farbe die Himmelsleiter.       Moment noch nicht sagen, wie die

                                                                                                                       forumKirche | 8-2020    7
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Gedankenimpuls

    «Man muss sich durch                                      Bild: pixabay.com

    die kleinen Gedanken,
    die einen ärgern, immer
    wieder hindurchfinden zu
    den grossen Gedanken,
    die einen stärken.»
    Dietrich Bonhoeffer · lutherischer Theologe · 1906–1945

8   forumKirche | 8-2020
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Den Glauben feiern

                                                                                                                                           Bild: congerdesign/pixabay.com
GOTTESDIENSTE ANDERSSPRACHIGE MISSIONEN
fallen wegen der Corona-Krise bis auf Weiteres aus!

Gottesdienste in Radio & Fernsehen
Sonntag, 19. April, 10.00 Uhr, Radio SRF 2 Kultur
Röm.-kath. Predigt
Mit Monika Poltera-von Arb, röm.-kath. Pastoralassistentin
in der Pfarrei St. Nikolaus, Niederbuchsiten

Sonntag, 19. April, 10.15 Uhr, Radio SRF 2 Kultur
Ev.-ref. Predigt
Mit Beat Allemann, ev.-ref. Pfarrer am Berner Münster

Sonntag, 26. April, 10.00 Uhr, Radio SRF 2 Kultur
Röm.-kath. Predigt                                                  Zeichen der Zeit
Mit Pfarrer Michael Pfiffner, Uznach
                                                                    Gedanken zum Evangelium: Lk 24, 13-35
Sonntag, 26. April, 10.15 Uhr, Radio SRF 2 Kultur
Ev.-ref. Predigt                                                    Zeichen der Zeit
Mit Katrin Kusmierz, ev.-ref. Theologin, Dozentin                   unterbrechen den Lauf der Dinge,
am Kompetenzzentrum Liturgik der Universität Bern                   erschüttern unsere Sicherheiten,
                                                                    beleben scheinbar Totgesagtes.
Sonntag, 19. April, 9.30 Uhr, ZDF
Katholischer Gottesdienst –
                                                                    Zeichen der Zeit
Verschlossene Türen überwinden!
Mit Pfarrer Rainer Maria Schiessler                                 stellen offene Fragen,
Aus der Kirche St. Maximilian, München                              bleiben die vordergründige Antwort schuldig,
                                                                    machen uns für die Sehnsucht wach.
Sonntag, 26. April, 9.30 Uhr, ZDF
Evangelischer Gottesdienst –                                        Zeichen der Zeit
Freiheit hat offene Augen                                           fordern auf auszuhalten,
Berliner Zionskirche
                                                                    warnen vor billigem Trost,
                                                                    ermutigen unterwegs zu bleiben.
Gottesdienste als Video oder
im Live-Stream                                                      Zeichen der Zeit
Amriswil, St. Stefan: www.kath-amriswil.ch/de/article/              Können Vertrauen wecken,
livestream-unsere-aktuellen-gottesdienste-online                    setzen neue Bedingungen der Möglichkeit,
                                                                    schenken neues Leben für uns und alle Welt.
Arbon, St. Martin: www.kath-arbon.chayns.net/Wirbetenweiter
Frauenfeld, St. Nikolaus: www.kath-frauenfeldplus.ch/bericht/1127   Zeichen der Zeit
                                                                    Zwei sind unterwegs,
Pastoralraum Neuhausen-Hallau: www.kath.neuhausen-hallau.ch
                                                                    Einer geht mit, fragt, hört, und bleibt,
Pastoralraum Schaffhausen-Reiat: www.kath-schaffhausen-reiat.ch     zeigt die grossen Zusammenhänge auf.

                                                                    Zeichen der Zeit
                                                                    ER nahm das Brot, sprach den Lobpreis,
Regionale Sendungen                                                 brach das Brot und gab es ihnen.
Radio TOP: TOP Kick und TOP Church: www.topchurch.ch                Auge, Herz und Seele gehen auf:
                                                                    Alles ist eins, Jesus ist wahrhaft auferstanden.
Radio Munot: Gedanken zum Tag
Montag bis Freitag 6.50 Uhr, 20. bis 24. April: Walter Hüppi;                                                            Jürgen Bucher
13. bis 17. April: Adèle Lukácsi

Unterwegs – ein kirchliches Magazin aus Schaffhausen
Jeweils am letzten Sonntag im Monat, 8.00 Uhr, Wdh. 22.00 Uhr
Gottesdienstübertragung: Sonntag, 19. April, 9.00 Uhr
                                                                     Sonntagslesungen
Evangelischer Gottesdienst mit Pfarrerin Eva Baumgardt und           19. April – 2. Sonntag der Osterzeit / Weisser Sonntag
Pfarrer Stefan Leistner Baumgardt                                    Erste Lesung: Apg 2,42-47
                                                                     Zweite Lesung: 1 Petr 1,3-9
Schaffhauser Fernsehen SHf: Gedanke am Wuchenänd
                                                                     Evangelium: Joh 20,19-31
Samstag/Sonntag ab 18.20 Uhr, stündliche Wiederholung
18./19. und 25./26. April: Kurt Müller                               26. April – 3. Sonntag der Osterzeit
Gottesdienstübertragung: Sonntag, 19. April, 10.00 Uhr               Erste Lesung: Apg 2,14.22-33
Evangelischer Gottesdienst aus der Evang. Stadtkirche                Zweite Lesung: 1 Petr 1,17-21
St. Johann, Schaffhausen, mit Pfarrer Andreas Heieck                 Evangelium: LK 24,13-35 oder Joh 21,1-14

                                                                                                                forumKirche | 8-2020   9
Gerechte Verteilung Ethisches Abwägen in Corona-Zeiten - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
Kirche Schweiz · Kirche ohne Grenzen – Englisch

Rekordjahr für Kirchenaustritte                                                                                        «Einstehen für
Hohe Austrittsrate auch im Thurgau                                                                                     Wie ein zwölfstündiges Gebet

Das Jahr 2019 hinterlässt deutliche               224’713 Personen, also fast 10’000 Per-                              In der Gallus-Kapelle in Arbon findet
Spuren in der katholischen Kirche in der          sonen weniger. Der Sprecher der Kantonal-                            jeweils am ersten Freitag des Monats,
Schweiz. Die Austrittszahlen sind                 kirche, Olivier Schöpfer, führt die hohe Zahl                        am Herz-Jesu-Freitag, ein zwölfstündiges
alarmierend.                                      auf die Erhebungsmethode in der Waadt zu-                            Nachtgebet für Europa statt. Die Schweiz,
                                                  rück. Die Religionszugehörigkeit kann seit                           Europa, die Welt, benötigt zurzeit mehr
Missbrauch, Frauen im kirchlichen Abseits,        rund drei Jahren auf der kantonalen Steue-                           denn je ein gemeinsames Einstehen im
ein schwacher Start für den Prozess der           rerklärung angegeben werden, muss aber                               Gebet. Kirche ohne Grenzen traf die
kirchlichen Erneuerung haben 2019 bei vie-        nicht. Gewisse Gemeinden haben die Erhe-                             Katechetin Carmen Raschle und sprach
len Katholikinnen und Katholiken Enttäu-          bung der Religionszugehörigkeit ganz gestri-                         mit ihr über ihre Motivation, diese Gebets-
schungen ausgelöst. Andere wollen sich            chen. Offiziell gab es gemäss Schöpfer in                            initiative in ihrer Pfarrei ins Leben zu
einfach die Kirchensteuer sparen. Eine Um-        der Waadt letztes Jahr 47 Anfragen für Kir-                          rufen.
frage von kath.ch förderte ernüchternde Re-       chenaustritte und 938 Taufen.
sultate zu Tage. Eine Gesamtübersicht für                                                                              Sie haben diesen Gebetsanlass in Ihrer
die Jahresstatistik 2019 ist noch nicht           Manchmal genügt ein kleiner Tropfen                                  Pfarrei ins Leben gerufen. Welches An-
möglich. Einige Kantonalkirchen werden            3393 Personen traten in St. Gallen aus.                              liegen, welche Motivation steckt dahinter?
erst in den kommenden Monaten mit der             Das ist ebenfalls ein Höchststand. Die Si-                           In der Fastenzeit 2019 habe ich zusammen
Erhebung der Zahlen fertig. Vieles spricht        tuation in St. Gallen dürfte sich nicht von                          mit vielen Tausend anderen Betern für alle
jedoch dafür, dass sich so viele Menschen         jenen anderen Kantonen unterscheiden,                                Länder Europas gebetet. Diese Gebets-
wie noch nie von der katholischen Kirche          schätzt Thomas Franck, Verwaltungsdirek-                             initiative startete auf einen Appell von
verabschiedet haben.                              tor des Katholischen Konfessionsteils des                            Johannes Hartl hin, dem Gründer und Lei-
                                                  Kantons St. Gallen. Ein Grund, der immer                             ter des Gebetshauses in Augsburg. An-
Höchstzahlen in verschiedenen Kantonen            wieder genannt werde: der Umgang mit                                 schliessend kam die Einladung des monat-
Der Thurgau verzeichnete vergangenes Jahr         dem Missbrauch. Insgesamt werde auch                                 lichen 12 Stunden Gebet für Europa und so
1362 Austritte. Das ist die höchste Aus-          die Distanzierung zur Kirche grösser.                                durften wir am 5. April 2019 hier in Arbon
trittsrate seit Jahren, wie die Kantonalkir-      «Manchmal braucht es einen Tropfen, der                              starten. Ich persönlich sehne mich nach
che festhält. Auch der Kanton Zürich weist        das Fass zum Überlaufen bringt.»                                     einer Erweckung in Europa. In der Apostel-
einen Negativrekord aus, der in den letzten                                                                            geschichte lesen wir, wie der Heilige Geist
60 Jahren nicht so hoch war, denn 2019            Erneuerung interessiert Kirchenferne                                 zum ersten Mal über die Gemeinde aus-
traten hier 7044 Personen aus der katholi-        nicht                                                                gegossen wurde. Viele Menschen wurden
schen Kirche aus. Im Aargau waren es im           Franck geht nicht davon aus, dass der zö-                            gerettet, nachdem der Heilige Geist über
vergangenen Jahr 4672 Kirchenaustritte.           gerliche Start des kirchlichen Erneuerungs-                          die Region kam. Ich glaube, wie viele ande-
Die katholische Kirche im Kanton Zug ver-         prozesses ein solcher Tropfen ist. «Der                              re Menschen auch, dass Gott dieses Ereig-
lor im vergangenen Jahr rund tausend Mit-         synodale Weg ist bei engagierten Katholi-                            nis in Europa wiederholen möchte und der
glieder, ebenso die Kirche in Genf und jene       ken sehr präsent. Für den Austritt werden                            Kirche eine neue Erweckung mit einer Welle
in Schwyz. Das dürfte sowohl auf Kirchen-         aber vielfach vorgedruckte Formulare be-                             von Bekehrungen geben wird. Der Schlüs-
austritte wie auf Todesfälle zurückzuführen       nutzt.» Austrittswillige beschäftigten sich                          sel zur Erweckung ist das Gebet. Und so
sein.                                             vermutlich gar nicht mehr mit der Erneue-                            möchte ich eine von denjenigen sein, die
                                                  rung der Kirche. Auch engagierte Kirchen-                            fest im Gebet stehen und fest daran
Irreführende Statistik                            mitglieder würden aus Enttäuschung die                               glauben, dass Gott seinen Geist auf uns
In der Waadt führt der Kanton die Religions-      Kirche verlassen. Diese bildeten aber nur                            ausgiesst.
statistik. Gemäss Kanton zählte die katholi-      einen kleinen Teil der Austretenden.
sche Kirche 234’465 Mitglieder im Jahr                                                                                 Was kann man sich unter dem 12 Stunden
2018, am Stichtag ein Jahr später waren es                       Georges Scherrer, kath.ch/Red.                        Gebet für Europa genau vorstellen?
                                                                                                                       Das Gebet dauert jeweils von 18 bis 6 Uhr
                                                                                                  Bild: Sarah Stutte

                                                                                                                       morgens, also die ganze Nacht hindurch.
                                                                                                                       Ich mag Lobpreismusik sehr gerne. Und
                                                                                                                       auch das zur Ruhe kommen, das Sein bei
                                                                                                                       Gott, ist mir wichtig. So verbringen wir die
                                                                                                                       erste Hälfte der Nacht mehrheitlich mit Sin-
                                                                                                                       gen und gesprochenen Gebeten. Nach Mit-
                                                                                                                       ternacht wird es ruhiger und das Hören auf
                                                                                                                       die Stimme Gottes fällt leichter. In dieser
                                                                                                                       Zeit halten wir auch ganz konkret Fürbitte
                                                                                                                       für Europa. Eingeladen sind alle Menschen
                                                                                                                       jeden Alters, die gerne in der Gegenwart
                                                                                                                       Gottes sind und ein Herz für Europa haben.
Auch im Thurgau leerten sich im letzten Jahr die Kirchenbänke.                                                         Es spielt keine Rolle, ob der Besucher die

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Kirche ohne Grenzen – Englisch

 Europa»
Arbon mit Europa verbindet

                                                                                                       Bild: Tobias Zierof
                                                                                                                             «Stand up together
                                                                                                                             for Europe»
                                                                                                                             The 12hours prayer
                                                                                                                             connecting Arbon with the
                                                                                                                             rest of Europe
                                                                                                                             Switzerland, Europe and the whole
                                                                                                                             world needs, now maybe more than
                                                                                                                             ever, a prayer of united believers.
                                                                                                                             The first Friday of a month marks the
                                                                                                                             remembrance of the sacred heart of
                                                                                                                             Jesus. Since last year on this occasion
                                                                                                                             the participants of the 12 hours for
                                                                                                                             Europe initiative meet at the Gallus-
                                                                                                                             Chapel in Arbon to pray together.
                                                                                                                             Kirche ohne Grenzen spoke to Carmen
                                                                                                                             Raschle, member of this night prayer
                                                                                                                             initiative.

                                                                                                                             You are the founder of this initiative.
                                                                                                                             What was your motivation and what is
                                                                                                                             your aim?
    «Ich gehe immer gestärkt und friedvoll aus Gebetszeiten heraus», sagt Carmen Raschle.
                                                                                                                             During lent 2019 I prayed, as thousands
                                                                                                                             of other believers did too, for all the coun-
                                                                                                                             tries across Europe. Dr. Johannes Hartl,
    ganze Nacht durchbetet oder nur ein bis           Gebetsnacht alle Christen eingeladen sind,
                                                                                                                             the founder and leader of the Gebetshaus
    zwei Stunden. Wichtig ist, dass wir gemein-       erhoffe ich mir auch ein näheres Zusam-
                                                                                                                             Augsburg had called us to join him in this
    sam beten. Es gibt immer wieder Zeitfen-          menrücken der verschiedenen Denomina-
                                                                                                                             initiative. Easter came and after that we
    ster für freies Gebet. Auch sind Gruppen          tionen, sprich Konfessionen, für den einen
                                                                                                                             were called, again by Dr. Hartl, to hold a
    oder Einzelpersonen, die gerne eine Lob-          Gott.
                                                                                                                             monthly prayer for Europe. We followed
    preiszeit musikalisch leiten möchten, herz-
                                                                                                                             this call and started our gatherings in
    lich willkommen.                                  Welche Bedeutung hat das Gebet für Sie
                                                                                                                             Arbon on 5. April 2019. I am longing for
                                                      ganz persönlich?
                                                                                                                             the awakening of Europe. The Book of
    Welche Vision treibt Sie an?                      Die Gebetszeit wird für mich immer wichti-
                                                                                                                             Acts tells us how the Holy Spirit is poured
    Ganz klar, eine Erweckung in Europa! In           ger. Es ist die Zeit am Tag, in der ich ein-
                                                                                                                             out on the disciples for the first time. A
    Gemeinschaft Gott zu ehren und einzu-             fach bei Jesus sein darf. Ich weiss, er ist in
                                                                                                                             lot of people were saved after they were
    stehen für Europa hat eine grössere Kraft,        und bei mir und geniesst diese Beziehung
                                                                                                                             blessed with the Holy Spirit. I believe, and
    als wenn ich es alleine tue. Da zu dieser         mit mir. Ich rede zu ihm und versuche ihm
                                                                                                                             so do many others too, that God wants to
                                                      zuzuhören. Dies ist zurzeit für mich eine
                                                                                                                             do this again. He wants Europe to be
                                                      grosse Herausforderung, da ich im Alltag
                                                                                                                             impassioned and he wants people to
     Aufgrund der aktuellen Lage kann das             sehr gefordert bin. Auch das Bibellesen ist
                                                                                                                             evangelize.
     12 Stunden Gebet für Europa nicht vor            ein fester Bestandteil in meinem Gebet
     Ort durchgeführt werden, dennoch steht           und natürlich das Singen. Ich erlebe, dass                             Can you describe this 12 hours prayer?
     die Pfarrei weiterhin gemeinsam im               Jesus mich berührt.                                                    How does it work?
     Gebet ein. Aus diesem Grund hat die                                                                                     The prayer starts at 6 o’clock in the
     Pfarrei die ökumenische Gebetsinitiative                         Interview: Romina Monferrini                           evening and ends at 6 o’clock the other
     «Unser Beten geht weiter» gestartet, bei                         Übersetzung: Stefanie Blaser                           morning. I love worship-music. And I also
     welcher sich alle Christ*innen täglich                                                                                  love the silence, a quiet period to calm
     von zu Hause aus (9 Uhr und/oder                                                                                        down and to be with God. So normally,
                                                                                                       Bild: zVg

     20 Uhr) miteinander verbinden und                 Romina Monferrini (31) ist                                            the first half of the night is filled with
     auf diese Art und Weise Gemeinschaft              Theologin und stammt aus                                              singing and also some prayers that are
     leben können (Weitere Infos unter:                dem Dorf Monteroni di                                                 spoken out loud. After midnight, every-
     www.kath-arbon.ch), mit vorgefertigten            Lecce (Süditalien). Sie                                               thing is getting a little quieter, we try to
     Texten, Tagesevangelien, Impulsen und             arbeitet in der Pfarrei Heilig                                        listen to the voice of God and we place
     passenden Liedern.                                Geist in Hünenberg.                                                   our intercessory prayer for Europe.

                                                                                                                                                 forumKirche | 8-2020 11
Kirche Schweiz

Protestvideos gegen Churer Bistumsleitung                                                                            News
Botschaften mit Wunsch nach Veränderung                                                                                 Hebräische Handschriften online
                                                                                                                     Die Universität Freiburg digitalisiert der-
                                                                                                                     zeit mehr als 60 hebräische Handschrif-

                                                                                                  Bild: Screenshot
                                                                                                                     ten aus Schweizer Sammlungen. 24 da-
                                                                                                                     von sind bereits online und können auf
                                                                                                                     der Plattform «e-codices» abgerufen wer-
                                                                                                                     den. Die Schriften stammen aus verschie-
                                                                                                                     denen Regionen, etwa aus Deutschland,
                                                                                                                     Frankreich, Italien, Spanien oder dem
                                                                                                                     Nahen Osten. Das Projekt «Hebräische
                                                                                                                     Handschriftenbibliothek der Schweiz» hat
                                                                                                                     zum Ziel, Manuskripte vom Mittelalter bis
                                                                                                                     zur Moderne zu beleuchten.

                                                                                                                        Kardinal Pell freigesprochen
                                                                                                                     Aus formalen Gründen hob Australiens
                                                                                                                     Oberstes Gericht das Gefängnisurteil ge-
                                                                                                                     gen Kardinal George Pell wegen sexuellen
Diverse Kirchenvertreter wünschen sich eine Kirche, die im Dialog steht.                                             Missbrauchs auf. Doch dem 78-Jährigen
                                                                                                                     droht neues Ungemach. In Melbourne
                                                                                                                     sind weitere zivilrechtliche Klagen gegen
Mehrere Menschen erklären in einem                 Frauenbund mit dabei                                              ihn wegen des Missbrauchs Jugendlicher
persönlichen Video, weshalb sie die                Über 20 Menschen (Stand: 7. April) äus-                           anhängig. Während bei Strafrechtsverfah-
Absetzung von Generalvikar Martin Kopp             sern auf der Webseite «Vielstimmig Kirche                         ren die Schuld eines Angeklagten zwei-
missbilligen – und was für eine Art von            sein» ihre Kritik am Vorgehen des Apostoli-                       felsfrei bewiesen werden muss, reicht bei
Kirche sie sich wünschen.                          schen Administrators und zeichnen ihre                            Zivilrechtsverfahren für eine Verurteilung
                                                   ganz eigene Vision von Kirchesein. Auch                           die Plausibilität.
«Ich setze mich für freie Meinungsäusse-           die Präsidentin des Schweizerischen Katho-
rung in der Kirche ein», sagt die Theologin        lischen Frauenbundes (SKF), Simone Curau-                            Wachsender Antisemitismus
Veronika Jehle in ihrem Videobeitrag auf           Aepli, gibt ein Statement ab. Sie zieht ein                       Der Antisemitismusbeauftragte des deut-
der Webseite «Vielstimmig Kirche sein».            Gleichnis mit einem Osterstrauss mit pin-                         schen Bundeslands Hessen, Uwe Becker,
Wie wichtig das ist, sei ihr angesichts der        ken Blüten und erklärt, dass das neue                             registriert nach eigenen Angaben im Zuge
Missbrauchsskandale in der Kirche be-              Grün, das aus scheinbar trockenen Ästen                           der Corona-Krise eine Ausbreitung anti-
wusst geworden. Nun habe die Churer                hervorkomme, die Situation der katholi-                           semitischer Hassbotschaften und Ver-
Bistumsleitung Martin Kopp abgestraft,             schen Kirche symbolisiere. So spriesse                            schwörungstheorien, wonach Juden für
weil er seine Meinung geäussert hatte. «Ich        zwischen den verblassenden, rotgekleide-                          die Ausbreitung des Virus verantwortlich
aber will eine Kirche, in der Menschen im          ten Klerikern neues Grün hervor. Sie enga-                        gemacht würden. Dies sei gerade in den
Dialog gemeinsam Kirche gestalten.»                giere sich für diese aufbrechende Kirche, in                      Sozialen Netzwerken in grosser und zu-
                                                   der alle Menschen die gleiche Würde und                           nehmender Zahl der Fall. Es gelte des-
Vorwurf: Klerikalismus pur                         die gleichen Rechte zustehen würden. Sie                          halb, «diesen hässlichen Erscheinungen
«Ich nenne das Klerikalismus pur», kritisiert      ruft alle SKF-Frauen in den Bistumskanto-                         antisemitischer Corona-Hetze aktiv ent-
Franziska Driessen-Reding, Synodalrats-            nen Uri, Schwyz, Unterwalden, Glarus, Grau-                       gegenzutreten».
präsidentin im Kanton Zürich, Bischof              bünden und Zürich auf, sich nicht von der
Bürchers Vorgehen. «Ausgerechnet jetzt,            Kirche abzuwenden. Auch wenn sie einmal                              Corona-Nothilfe-Fonds
wo wir einen Menschenfreund bräuchten im           mehr enttäuscht darüber seien, dass im                            Die katholische Kirche hat einen Nothilfe-
Bistum Chur.» Kopps Absetzung stehe «im            Bistum Chur statt Brücken gebaut, nur wei-                        Fonds für die Opfer der Corona-Krise in
Widerspruch zum Christ-Sein, zum Katho-            tere Gräben aufgerissen würden. Gemein-                           ärmeren Ländern eingerichtet. Der Fonds,
lisch-Sein im Jahr 2020», betont Daniela           sam solle man jedoch für eine lebensfrohe                         der bei den Päpstlichen Missionswerken
Messer, Spitalseelsorgerin und Synodale            und glaubwürdige Kirche weiterkämpfen.                            angesiedelt ist, soll kirchliche Spitäler,
im Kanton Zürich. «Monarchischer Füh-              Der Link auf die Webseite ist am Palmsonn-                        Heime und Schulen unterstützen, die
rungsstil war gestern. Gott ist heute», be-        tag mit einem erklärenden Schreiben an                            durch die Pandemie besonders betroffen
tont sie. Sie wünsche sich einen Bischof,          den Apostolischen Administrator von Chur,                         sind. Papst Franziskus hat als Startkapital
der den ehrlichen Dialog suche. Als Chris-         Peter Bürcher, gesandt worden, wie                                750’000 US-Dollar angewiesen. Gleich-
tin sei sie einzig Gott gehorsam, erklärt die      Veronika Jehle gegenüber kath.ch schreibt.                        zeitig bittet er alle kirchlichen Organi-
Spitalseelsorgerin Nadja Eigenmann.                Das Schreiben ging auch an Unterstützerin-                        sationen, soweit es ihnen möglich ist,
Einem Menschen würde sie sich nie gänz-            nen und Unterstützer der Petition gegen die                       über die Missionswerke in ihren Ländern,
lich unterwerfen. Ihre Aussage impliziert:         Absetzung von Martin Kopp. Diese werden                           diesen Fonds zu unterstützen.
Sie befürwortet Martin Kopps Mut, sich             ermutigt, ebenfalls ein Video mit ihrem
über die vom Bischof auferlegte Schweige-          Meinungsbeitrag zuzusenden.                                                                    kath.ch/Red.
vorgabe hinwegzusetzen.                                                            kath.ch/Red.

12 forumKirche | 8-2020
Bischofskonferenz · Thurgau · Intern · Kirche Schweiz

Akt der Humanität                                                     Absage TKF-Generalversammlung
Unbegleitete Flüchtlinge sollen evakuiert werden                      Nächste ordentliche GV findet erst 2021 statt
Die Situation der Asylsuchenden auf den griechischen Inseln           Aufgrund der Corona-Pandemie muss die diesjährige General-
ist katastrophal und verschärft sich angesichts der Corona-           versammlung des Thurgauischen Katholischen Frauenbunds (TKF),
Pandemie noch. In einem Appell an den Bundesrat rufen die             die am 29. April in Weinfelden hätte stattfinden sollen, abgesagt
drei Landeskirchen dazu auf, die Gruppe der unbegleiteten             werden. Dies teilte der TKF in einem Schreiben an alle Mitglieder
Flüchtlinge, die einen familiären Bezug zur Schweiz haben,            und eingeladenen Gäste mit. In diesem stand zudem, dass die
rasch in die Schweiz zu evakuieren. Die sich ausbreitende             Abnahmen des Jahresberichtes sowie der Jahresrechnung 2019
Pandemie lässt es nicht zu, dass wertvolle Zeit ungenutzt             des TKF und der Mütterfürsorge an der nächsten ordentlichen Ge-
bleibt. Es muss rasch gehandelt werden – erst recht in dieser         neralversammlung im Jahr 2021 vorgenommen würden. Die Jah-
Osterzeit.                                                            resrechnung sei bereits durch die Revisorinnen ordnungsgemäss
                                                                      revidiert und für gut befunden worden. Ferner hätten Vera Maria
Zehntausende von Flüchtenden leben auf den Ägäisinseln unter          Rösch, Geistliche Begleitung, und Evelyn Breitler, Turnusmitglied im
unwürdigen Bedingungen in geschlossenen und abgeriegelten             Vorstand, per Ende April 2020 ihren Rücktritt eingereicht. Der Vor-
Lagern. Es fehlt an einer grundlegenden hygienischen Infra-           stand bedankt sich im Absagebrief für deren grosses Engagement
struktur, weshalb die Corona-Pandemie für diese Menschen eine         und kündigt an, beide offiziell an der Generalversammlung 2021 zu
verheerende Gefahr für Leib und Leben darstellt. «In dieser           verabschieden. Dann findet auch die formelle Wahl der beiden neu-
schwierigen Situation gibt aus christlicher Sicht die Osterbot-       en Vorstandsmitglieder Susanne Umbricht, Geistliche Begleitung,
schaft Hoffnung und Zuversicht: Der Tod hat nicht das letzte          und Coletta Cantieni statt, die jedoch in diesem Jahr bereits aktiv
Wort. Vielmehr schenkt Ostern eine neue Lebensdynamik», so            mitwirken und Vereinsaufgaben übernehmen werden.                Red.
Felix Gmür, Präsident der Schweizer Bischofskonferenz (SBK).
In diesem Sinn und Geist helfen die Kirchen mit Kollekten und
ihren Hilfswerken vor Ort.
                                                                      Sekretariat wieder besetzt
Minderjährige Flüchtlinge mit Bezug zur Schweiz aufnehmen
                                                                      Neues Gesicht bei forumKirche
Die drei Landeskirchen rufen den Bundesrat und die Politik dazu
auf, die unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden (UMA) auf         Die Redaktion von forumKirche freut sich

                                                                                                                    Bild: Detlef Kissner
Lesbos und von anderen Fluchtorten rasch mit ihren Familien in        über eine neue Mitarbeiterin. Seit 1. April
der Schweiz zusammenzuführen. Bisher sind nur etwa 20 un-             arbeitet Michaela Berger-Bühler mit 40
begleitete Minderjährige mit einem verwandtschaftlichen Bezug         Stellenprozenten im Sekretariat der neuen
zur Schweiz identifiziert worden. Die wahre Zahl der sogenannten      Fachstelle Kommunikation der kath. Landes-
UMA liegt jedoch viel höher. Hier braucht es eine grössere            kirche Thurgau, zu der auch forumKirche seit
Anstrengung der offiziellen Schweiz, um mit den Behörden vor          Beginn dieses Jahres gehört. Mit weiteren
Ort die Einreiseberechtigten zu identifizieren. «Wir appellieren an   40 Stellenprozenten ist sie als Assistentin
den Bundesrat, in den nächsten Tagen ein klares Zeichen der           der Geschäftsleitung der Landeskirche an-
Hoffnung zu setzen und diese verletzlichen und gefährdeten            gestellt. Als langjährige Marketingassistentin und Assistentin der
jungen Flüchtlinge in den griechischen Lagern als Asylsuchende        Geschäftsleitung in einem KMU bringt sie wertvolle Erfahrungen für
in der Schweiz aufzunehmen», so die drei Landeskirchen.               ihre neuen Tätigkeiten mit. Die Mitarbeitenden der Fachstelle und
                                                                      des Generalsekretariats heissen Michaela Berger herzlich will-
Kirchen und Private sind bereit, ihren Beitrag zu leisten             kommen und wünschen ihr viel Freude an ihrem neuen Arbeitsort.
Vielerorts in der Schweiz können Städte und Gemeinden, Kirch-
                                                                                                                                           Detlef Kissner
gemeinden und Pfarreien, kirchliche und nichtkirchliche Hilfs-
organisationen diese Menschen empfangen und betreuen. Die               Das Sekretariat ist montags, dienstags und donnerstags
Schweizer Bevölkerung hat dies in der Vergangenheit in vielen           von 9.00 bis 11.30 Uhr erreichbar.
Initiativen und Hilfsprojekten immer wieder gezeigt. Die Kirchen
sind dazu bereit. Sie warten auf ein hoffnungsstiftendes «Ja» des
Bundesrats zu einer grosszügigen Geste zum Wohl der Schwäch-
sten. «Das Leben – und nicht der Tod – soll das letzte Wort           Online spenden
haben, denn die österliche Botschaft der Hoffnung gilt für alle
                                                                      Kollekte für Fastenopfer findet statt
Menschen», schliesst Harald Rein, Bischof der Christkatholischen
Kirche der Schweiz.                                                   Viele Suppentage, ökumenische Gottesdienste und andere Ver-
                                                                      anstaltungen zur Fastenzeit mussten wegen des Corona-Virus ab-
                                Schweizer Bischofskonferenz/Red.      gesagt werden. Auch Mercia Andrews aus Südafrika, die für Fasten-
                                                                      opfer die Pfarreien besucht und von ihrer Arbeit erzählt hätte,
                                                                      musste früher zurückreisen. Die Fastenopfer-Kollekte finden trotz-
                                                                      dem statt, nun aber über das Internet, nämlich auf www.fasten-
                                                                      opfer.ch/kollekte. Wenn bei Fastenopfer die Spenden fehlen, müs-
                                                                      sen die Projekte mitten im Jahr ihre Budgets kürzen. Fastenopfer
                                                                      will verhindern, dass schliesslich die Ärmsten am meisten unter
                                                                      der Corona-Krise leiden.
                                                                                                                         Fastenopfer/Red.

                                                                                                                 forumKirche | 8-2020 13
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