GERONTOLOGIE Angewandte Appliquée - GERONTOLOGIE CH

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GERONTOLOGIE Angewandte Appliquée - GERONTOLOGIE CH
Jahrgang 4 / Heft 4 / 2019
                             Volume 4 / Magazine 4 / 2019

Angewandte

GERONTOLOGIE
                                     Appliquée

Themenschwerpunkt
Schlafen im Alter

Thème central
Sommeil et personnes âgées
GERONTOLOGIE Angewandte Appliquée - GERONTOLOGIE CH
Unsere Buchtipps
                          Gabriele Wilz / Klaus Pfeiffer                                                           Gabriele Wilz /
                          Pflegende Angehörige                 Gabriele Wilz · Denise Schinköthe · Tanja Kalytta
                                                                                                                   Denise Schinköthe /
 Pflegende                                                     Therapeutische Unterstützung                        Tanja Kalytta
 Angehörige               (Reihe: „Fortschritte der            für pflegende Angehörige von
                                                               Menschen mit Demenz
                                                                                                                   Therapeutische
                          Psychotherapie“, Band 73)                                                                Unterstützung für
                          2019, VII/107 Seiten,                Das Tele.TAnDem-Behandlungsprogramm
                                                                                                                   pflegende Angehörige
 Gabriele Wilz
                          € 19,95 / CHF 26.90                                                                      von Menschen mit Demenz
 Klaus Pfeiffer
                          (Im Reihenabonnement                                                                     Das Tele.TAnDem-
                          € 15,95 / CHF 21.50)                                                                     Behandlungsprogramm
                                                                                                     mit CD-ROM
                          ISBN 978-3-8017-2735-2
 Fortschritte der
 Psychotherapie
                          Auch als eBook erhältlich                                                                (Reihe: „Therapeutische
                                                                                                                   Praxis“). 2015, 161 Seiten,
                                                                                                                   Großformat, inkl. CD-ROM,
Eine durch die Pflege eines Angehörigen bedingte, oft                                                               € 39,95 / CHF 53.90
Jahre andauernde psychische und körperliche Überlas-                                                               ISBN 978-3-8017-2546-4
tung kann zu einer psychischen Störung führen. Dieser                                                              Auch als eBook erhältlich
Band gibt einen Überblick über zentrale motivationale,
emotionale und krankheitsspezifische Themen, mit denen       „Tele.TAnDem“ ist ein indvidualisiertes Programm zur
pflegende Angehörige von älteren Menschen konfrontiert       Unterstützung von pflegenden Angehörigenn von Men-
sind. Für die Arbeit mit dieser Zielgruppe werden wirksa-   schen mit Demenz, das sowohl im telefonischen als auch
me verhaltenstherapeutische Interventionen sowie weite-     im persönlichen Kontakt durchgeführt werden kann.
re Unterstützungsangebote praxisnah beschrieben.            Das Manual beschreibt anhand zahlreicher Fallbeispiele
                                                            und praktischer Übungen das konkrete Vorgehen bei der
                                                            Durchführung des Programmes .

                          Manuel Trachsel /                                                                        Manuel Trachsel /
                          Andreas Maercker                                                                         Alexander Noyon
 Lebensende,              Lebensende, Sterben                                                                      Ratgeber Lebensende,
 Sterben und Tod          und Tod                                                                                  Sterben und Tod
                                                                                                                   Informationen für Betroffene
                          (Reihe: „Fortschritte der                                                                und Angehörige
                          Psychotherapie“, Band 61)          Manuel Trachsel
                                                             Alexander Noyon
                                                                               Ratgeber
 Manuel Trachsel
                                                                               Lebensende,
 Andreas Maercker
                          2016, VIII/100 Seiten,                               Sterben und Tod                     (Reihe: „Ratgeber zur Reihe
                          € 19,95 / CHF 26.90                                  Informationen für Betroffene
                                                                               und Angehörige
                                                                                                                   Fortschritte der Psycho-
                          (Im Reihenabonnement                                                                     therapie“, Band 37)
 Fortschritte der
                          € 15,95 / CHF 21.50)                                                                     2017, 78 Seiten, Kleinformat,
 Psychotherapie

                          ISBN 978-3-8017-2677-5                                                                   € 9,95 / CHF 13.50
                          Auch als eBook erhältlich                                                                ISBN 978-3-8017-2784-0
                                                                                                                   Auch als eBook erhältlich
Der Band gibt einen Überblick über die Rahmenbedin-
gungen, gesetzlichen Bestimmungen sowie über diag-          Die Begleitung von Angehörigen in ihrer letzten Le-
nostische und interventive Möglichkeiten der Begleitung     bensphase und das Abschiednehmen von Liebsten
von Menschen am Lebensende und in der Sterbephase.          gehört zu den Grundaufgaben des Menschseins. Der
Es werden hilfreiche therapeutische Strategien aus den      Ratgeber bietet all jenen eine Hilfe, die sich aus beruf-
Bereichen der Psychotherapie, Psychoonkologie, Pallia-      lichen oder persönlichen Gründen mit der Sterblichkeit
tive Care, Philosophie und Ethik beschrieben.               befassen.

www.hogrefe.com
GERONTOLOGIE Angewandte Appliquée - GERONTOLOGIE CH
Angewandte
GERONTOLOGIE
                   Appliquée

Jahrgang 4 / Heft 4 / November 2019
Volume 4 / Magazine 4 / Novembre 2019

                Themenschwerpunkt
                Schlafen im Alter

                Thème central
                Someil et personnes âgées

                Herausgeber/
                Editeur
GERONTOLOGIE Angewandte Appliquée - GERONTOLOGIE CH
Herausgeber/Editeur                GERONTOLOGIE CH
Redaktionsleitung/                 Andreas Sidler, Leitung Forschung & Wissensvermittlung Age-Stiftung
Direction rédactionnelle           andreas.sidler@age-stiftung.ch

Redaktionsteam/Team rédactionnel   Valérie Hugentobler, Professeure HES·SO, Sociologue
                                   Hildegard Hungerbühler, Leiterin Stab Grundlagen und Entwicklung, Schweizerisches Rotes Kreuz,
                                   Vizepräsidentin Nationales Forum Alter & Migration
                                   Christoph Hürny, Prof. Dr. med., em. Chefarzt, Geriatrische Klinik, St. Gallen
                                   Miriam Moser, Wissenschaftliche Mitarbeiterin Grundlagenarbeit, Pro Senectute Schweiz
                                   Delphine Roulet-Schwab, Professeure ordinaire HES, Docteure en psychologie,
                                   Institut et Haute Ecole de la Santé La Source – HES-SO, Lausanne
                                   Hans Rudolf Schelling, Geschäftsleiter Zentrum für Gerontologie, Universität Zürich
                                   Andreas Sidler, Leiter Forschung & Wissensvermittlung, Age-Stiftung Zürich
                                   Dieter Sulzer, Leiter Pro Senectute Bibliothek, Zürich
                                   Stefano Cavalli, Scuola universitaria della Svizzera italiana (SUPSI)
                                   Dipartimento economia aziendale, sanità e sociale, Centro competenze anziani
Verlag/Edition                     Hogrefe AG, Länggass-Strasse 76, 302 Bern, Tel. +41 (0) 31 300 45 00,
                                   zeitschriften@hogrefe.ch, www.hogrefe.ch
Herstellung/Production             Jean-Claude Poffet, Tel. +41 (0) 31 300 45 59, jean-claude.poffet@hogrefe.ch
Anzeigenleitung/Annonces           Josef Nietlispach, Tel. +41 (0) 31 300 45 69, josef.nietlispach@hogrefe.ch
                                   Für Anzeigen zeichnet sich der Verlag verantwortlich
                                   L’édition se porte garante des annonces
Abonnemente/Abonnements            Tel. +41 (0) 31 300 45 74, zeitschriften@hogrefe.ch
                                   Mehrere Printexemplare auf Anfrage
                                   Plusieurs exemplaires sur demande
Satz/Typographie                   punktgenau GmbH, Bühl, Deutschland
Druck/Impression                   AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten im Allgäu, Deutschland, www.az-druck.de
Abonnementspreise/Prix des         Pro Band/Par ouvrage :
abonnements                        Institute/Institutions : CHF 174.– / € 135.–
                                   Private/Privé : CHF 87.– / € 69.–
                                   Einzelheft/Par numéro : CHF 35.– / € 27.–
                                   plus Porto- und Versandgebühren/Frais de port et d’expédition :
                                   Schweiz/Suisse : CHF 14.–
                                   Europa/Europe : € 15.–
                                   Übrige Länder/Autres : CHF 26.–
Erscheinungsweise/Parution         4 Hefte jährlich/4 numéros annuels (= 1 ouvrage) (= 1 Band)
                                   © 2019 Hogrefe AG, Bern
                                   ISSN-L 2297-5160
                                   ISSN 2297-5160 (Print)
                                   ISSN 2297-5179 (online)
                                   Angewandte GERONTOLOGIE Appliquée ist das offizielle Mitgliederorgan von GERONTOLOGIE CH
                                   Angewandte GERONTOLOGIE Appliquée est l’organe officiel des membres de GERONTOLOGIE CH
                                   Das Abonnement ist für Mitglieder im Jahresbeitrag inbegriffen
                                   Pour les membres de GERONTOLOGIE CH l‘abonnement est inclus dans la coisation annuelle
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Inhalt/Sommaire

Editorial                    Chères lectrices, chers lecteurs                                                   5
                             Liebe Leserinnen und Leser
                             Delphine Roulet Schwab

Schwerpunkt/
Thème central

Einleitung zu diesem Heft/   Schlafen im Alter: Ein Thema, das selten diskutiert wird                           7
Introduction à ce numéro     Sommeil et personnes âgées: un thème rarement abordé
                             Delphine Roulet Schwab

                             Impressionen der 1. Nationalen Fachtagung                                         11
                                               er
                             Impressions du 1 Colloque national spécialisé
                             Alfred Sidler

Beiträge zur Fachtagung/     Schlafstörungen im Alter                                                          10
Articles sur le colloque     Les troubles du sommeil de la personne âgée
                             Ulrich Hemmeter

                             Schlaf und Gedächtnis im Alter                                                    13
                             Le sommeil et la mémoire chez la personne âgée
                             Björn Rasch

                             Möglichkeiten der Physiotherapie bezüglich Insommie und Schlafapnoe               17
                             bei älteren Menschen
                             Chances offertes par la physiottérapie quant à l’insomnie et l’apnée du
                             sommeil chez la personne âgée
                             Cristina Staub

                             Personnes âgées en institution et sommeil                                         21
                             Der Schlaf älterer Menschen in Einrichtungen
                             Françoise Robellaz

                             Pharmacothérapie des troubles du sommeil chez la personne âgée                    23
                             Pharmakoptherapie bei älteren Menschen mit Schlafstörungen
                             Julius Popp

Podium                       Man sollte eine Pro Dormo Stiftung gründen                                        26
                             Il faut créer Pro Dormo
                             Camille-Angelo Aglione

Stimmen zur Fachtagung       Zitate von Anwesenden                                                             28
Commentarires                Citations des participants
sur le colloque

© 2019 Hogrefe                                                              Angewandte GERONTOLOGIE Appliquée 4/19
GERONTOLOGIE Angewandte Appliquée - GERONTOLOGIE CH
4                                                                                                     Inhalt/Sommaire

Praxis & Theorie/
Pratique & Théorie

Berufsbild/                         Seinen Alltag meistern– Ergotherapie bei älternen Menschen                      30
Profil professionnel                Maîtriser son quotidien – l’ergothérapie chez la personne âgée
                                    Andri Cavegn

Transfer/Transfert                  Beleuchtungen mit nicht-visuellen Eigenschaften im Praxistest                   32
                                    Evaluation dans les pratique des éclairages avec propriétés non visuelles
                                    Caroline Hoffmann

                                    Le modèle de pratiques interprofessionnelles aux séniors du centre              37
                                    hospitalier universitaire vaudois – CHUV
                                    Das Modell der berufsübergreifenden Zusammenarbeit bei Senioren
                                    am Waadtländer Universitätsspital (CHUV)
                                    Pauline Christe

Angewandte GERONTOLOGIE Appliquée 4/19                                                                   © 2019 Hogrefe
GERONTOLOGIE Angewandte Appliquée - GERONTOLOGIE CH
Editorial                                                                                                                 5

Chères lectrices, chers lecteurs,
chères et chers membres
de GERONTOLOGIE CH

S
       uite à l’Assemble générale de mai dernier, la Société    d’édition d’articles. Finalement, je remercie également très
       Suisse de Gérontologie est devenue GERONTOLO-            chaleureusement Andreas Sidler, qui a accepté de prendre
       GIE CH. Ce changement de nom s’inscrit dans une          la responsabilité de la coordination et de l’édition de ce
démarche de restructuration et de professionnalisation de       dernier numéro. Grâce à son investissement et à celui de
notre organisation. Cette réorientation stratégique, initiée    toute l’équipe, nous avons le plaisir de vous faire profiter
en 2017, a des incidences sur la manière dont nous souhai-      d’un numéro de qualité.
tons communiquer avec nos membres. Afin de mieux va-               Je vous souhaite une excellente lecture et je me réjouis
loriser la complémentarité entre nos différents canaux de       de vous retrouver en 2020 dans le cadre de notre nouveau
communication (site web, newsletter et journal), nous           magazine !
avons décidé de moderniser le concept de notre journal.
   C’est ainsi la dernière édition d’Angewandte GERONTO-        Avec mes meilleures salutations,
LOGIE Appliquée que vous lisez. Dès la prochaine édition,
nous nous réjouissons de vous faire découvrir le nouveau
concept et le nouveau titre de notre magazine, plus mo-
derne et s’adressant à une plus large palette de nos membres.
   Je profite de ce dernier numéro d’Angewandte GERON-
TOLOGIE Appliquée « ancienne formule » pour remercier                                    Delphine Roulet Schwab
très chaleureusement Stefanie Becker, rédactrice en chef                                 Présidente de GERONTOLOGIE CH
de 2016 à 2019, pour son précieux engagement pour notre
journal. Stefanie Becker a fait un immense travail au cours
des dernières années et Angewandte GERONTOLOGIE
Appliquée n’aurait pu exister sans elle. J’en profite égale-
ment pour remercier tous les membres de l’équipe de ré-
daction pour leur précieux travail de recherche d’auteurs et

© 2019 Hogrefe                                                                        Angewandte GERONTOLOGIE Appliquée 4/19
GERONTOLOGIE Angewandte Appliquée - GERONTOLOGIE CH
6                                                                                                                 Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Mitglieder
der GERONTOLOGIE CH

N
          ach der Mitgliederversammlung im vergangenen          Recherche von Autoren und der Bearbeitung von Arti-
          Mai wurde die Schweizerische Gesellschaft für         keln danken. Abschliessend möchte ich auch Andreas
          Gerontologie zu GERONTOLOGIE CH. Die Na-              Sidler meinen herzlichen Dank aussprechen. Er hat sich
mensänderung ist Teil eines Prozesses der Umstrukturie-         bereit erklärt, die Koordination und Bearbeitung dieser
rung und Professionalisierung unserer Gesellschaft. Diese       aktuellen Ausgabe zu übernehmen. Dank seines Engage-
strategische Neuausrichtung, die 2017 eingeleitet wurde,        ments freuen wir uns, Ihnen eine Qualitätsnummer an-
hat auch Auswirkungen darauf, wie wir mit unseren Mit-          bieten zu können.
gliedern kommunizieren möchten. Um die gegenseitige                Ich wünsche Ihnen nun viel Spass beim Lesen und freue
Ergänzung unserer verschiedenen Kommunikationskanäle            mich darauf, Sie im Jahr 2020 als Teil unseres neuen Maga-
(Website, Newsletter und Zeitschrift) zu gewährleisten, ha-     zins zu sehen!
ben wir beschlossen, das Konzept unserer Zeitung anzu-
passen und zu modernisieren.                                    Mit meinen besten Grüssen
   Die vorliegende Zeitschrift ist die letzte Ausgabe von An-
gewandte GERONTOLOGIE Appliquée im 2019. Wir freu-
en uns, Ihnen im nächsten Magazin dann das neue Konzept
und den neuen Titel vorstellen zu können. Die Gestaltung
wird moderner sein und soll eine grössere Bandbreite unse-
rer Mitglieder ansprechen.
   An dieser Stelle möchte ich mich bei Stefanie Becker,                                Delphine Roulet Schwab
Chefredakteurin von 2016 bis 2019, für ihr wertvolles En-                               Präsidentin GERONTOLOGIE CH
gagement für unsere Zeitschrift bedanken. Stefanie Becker
hat in den letzten Jahren viel Arbeit geleistet. Die Ange-
wandte GERONTOLOGIE Appliquée würde es ohne sie
nicht geben.
   Ich möchte auch die Gelegenheit nutzen und allen Mit-
gliedern der Redaktion für ihre wertvolle Arbeit bei der

Angewandte GERONTOLOGIE Appliquée 4/19                                                                      © 2019 Hogrefe
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Schwerpunkt/Thème central                                                                                                    7

Einleitung                                                      Introduction
zu diesem Heft                                                  à ce numéro
Schlafen im Alter: Ein Thema, Sommeil et personnes âgées:
das selten diskutiert wird    un thème rarement abordé

S                                                               L
       chlaf im Alter ist ein Thema, das sowohl in der Praxis           e sommeil des personnes âgées est un thème dont
       als auch in der Forschung selten diskutiert wird. Für            on parle peu, tant dans la pratique que dans la re-
       viele ältere Menschen werfen insbesondere Verän-                 cherche. Il constitue pourtant une préoccupation
derungen beim Schlafen Fragen auf, die ihren Alltag direkt      quotidienne pour de nombreuses personnes âgées. Entre
betreffen: Was weiss man über diese Veränderungen? Und          mythes et faits, comment le sommeil évolue-t-il avec
was ist dabei Fakt und was ist Mythos?                          l’âge ?
   Ist es normal, mit zunehmendem Alter an Schlafstörun-           Est-ce normal de souffrir de troubles du sommeil en
gen zu leiden? Welche Verbindungen gibt es zwischen             vieillissant ? Quels sont les liens entre sommeil et mé-
Schlaf und Gedächtnis? Welche Vorsichtsmassnahmen               moire ? Quelles sont les précautions à prendre dans le
sollten bei der medikamentösen Behandlung von Schlaf-           traitement médicamenteux des troubles du sommeil
störungen bei älteren Menschen getroffen werden? Gibt es        chez les personnes vieillissantes ? Au-delà des approches
auch nichtpharmakologische Behandlungsalternativen da-          médicamenteuses, existe-il des mesures non pharmaco-
für und wie wirksam sind sie? Was bewirken Physiothera-         logiques, et quelle est leur efficacité ? Quels sont les ap-
pie und Hypnose? Und wie wird sich unser Verhältnis zum         ports de la physiothérapie et de l’hypnose ? Comment
Schlaf in Zukunft entwickeln? Diesen Fragen widmete sich        notre rapport au sommeil risque d’évoluer dans le futur ?
die 1. Nationale Fachtagung der GERONTOLOGIE CH,                C’est à ces questions notamment qu’était consacré le
die am 12. September 2019 in Freiburg stattfand. (Präsen-       1er Colloque national spécialisé de GERONTOLOGIE CH
tationen können als PDF heruntergeladen werden unter            qui a eu lieu le 12 septembre 2019 à Fribourg. (Les pré-
gerontologie.ch/de/symposium19)                                 sentations peuvent être téléchargées en format PDF à
   Wir möchten Ihnen die Möglichkeit geben, von den in-         l’adresse suivante gerontologie.ch/fr/symposium19)
terprofessionellen Perspektiven und der Qualität der Prä-          Afin de vous faire profiter des regards interprofession-
sentationen an der Fachtagung zu profitieren. Deshalb           nels et de la qualité des présentations de nos intervenants,
haben wir uns entschlossen, in dieser Ausgabe der Ange-         nous avons décidé de consacrer ce numéro d’Angewandte
wandten GERONTOLOGIE Appliquée den Fokus eben-                  GERONTOLOGIE Appliquée à la thématique du sommeil
falls auf den Themenkreis Schlaf zu legen.                      et d’inviter nos intervenants et d’autres spécialistes à écrire
   Fast alle Referentinnen und Referenten sowie weitere         un article.
Fachpersonen haben sich bereiterklärt, einen Beitrag zu            Pour ceux d’entre vous qui étiez présents à Fribourg,
diesem Heft zu verfassen. Denjenigen unter Ihnen, die in        nous espérons que vous aurez du plaisir à retrouver et à
Freiburg anwesend waren, wünschen wir viel Spass beim           approfondir les thématiques traitées. Pour les autres,
Finden und Vertiefen der behandelten Themen. Die ande-          nous vous invitons à découvrir ce sujet généralement peu
ren laden wir ein, dieses spannende und dennoch oft we-         abordé.
nig beachtete Thema zu entdecken.

Mit meinen besten Grüssen                                       Avec mes meilleures salutations,

Delphine Roulet Schwab                                          Delphine Roulet Schwab
Präsidentin                                                     Présidente
GERONTOLOGIE CH                                                 GERONTOLOGIE CH

© 2019 Hogrefe                                                                         Angewandte GERONTOLOGIE Appliquée 4/19
GERONTOLOGIE Angewandte Appliquée - GERONTOLOGIE CH
8                                        Impressionen der 1. Nationalen Fachtagung/Impressions du 1er Colloque national spécialisé

Impressionen
der 1. Nationalen Fachtagung
    Fotos Pascal Gugler

Angewandte GERONTOLOGIE Appliquée 4/19                                                                             © 2019 Hogrefe
Impressionen der 1. Nationalen Fachtagung/Impressions du 1er Colloque national spécialisé                                       9

Impressions
du 1er Colloque national spécialisé

                                                                      Fotos Pascal Gugler

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10                              1. Nationale Fachtagung Schlafen im Alter/1er Colloque national spécialisé Sommeil et personnes àgées

Schlafstörungen im Alter
Ulrich Michael Hemmeter

Der gute und erholsame Schlaf steht in engem Zusammen-                Les troubles du sommeil de la personne âgée
hang mit der Leistungsfähigkeit und Befindlichkeit am Tage.            Un bon sommeil reposant est étroitement lié à la perfor-
Störungen des Schlafs nehmen mit steigendem Alter zu. Deren           mance et à l’humeur pendant la journée. Les troubles du
Behandlung kommt somit ein hoher Stellenwert zu.                      sommeil augmentent avec l’âge. Leur traitement joue donc
                                                                      un rôle important.

M
            it zunehmendem Alter kommt es zu einer Ab-                 Neurochemische und neuroendokrine Prozesse, die
            nahme der körperlichen und geistigen Leis-              dieser Schlafregulation unterlegt sind, weisen ebenfalls al-
            tungsfähigkeit. Hierfür sind eine Veränderung           tersspezifische Veränderungen auf (Steiger, 1995, Abb. 2).
der Stoffwechselprozesse sowie eine Zunahme von oft so-                Insbesondere die zirkadiane Komponente der Schlafre-
matischen Erkrankungen verantwortlich. Beide Faktoren               gulation (Prozess C) verändert sich mit dem Alter. Für die
stehen in Zusammenhang mit einem kürzeren und leich-                zirkadianen Rhythmen der Körperkerntemperatur, des
teren Schlaf wie auch mit klinisch evidenten Schlafstörun-          Melatonins und des Cortisols findet sich bei älteren Men-
gen im Alter. Die Objektivierung dieser beobachtbaren               schen eine Phasenvorverschiebung (Phase advance) um
Schlafstörungen beim älteren Menschen durch eine Elekt-             etwa eine Stunde mit flacherer, um bis zu 30 Prozent mit
roenzephalografie während des Schlafs zeigt, dass die               reduzierter Amplitude (Pace-Schott 2011). Diese Verände-
Schlafkontinuität durch eine geringere Schlafeffizienz,             rungen führen neben dem bereits physiologischerweise
eine längere Einschlafzeit und häufigere nächtlichen-
Wachphasen gekennzeichnet ist. Der Schlaf ist weniger
tief als im jungen Erwachsenenalter, die leichten Schlaf-
stadien des NonREM-Schlafs («Non-rapid eye move-
ment», Stadien 1 und 2) treten häufiger auf und der Tief-
schlaf wie auch der REM-Schlaf, wenngleich geringer
ausgeprägt als der Tiefschlaf, nehmen im Alter ab (Hem-
meter, 2019, Tab. 1).
   Eine Erklärung für diese Veränderungen des Schlafs im
Alter liefert das Zwei-Prozess-Modell der Schlafregulation
(Borbély & Wirz-Justice 1982), indem im Alter sowohl eine
geringere Intensität des Prozesses S (Schlafdrucks) wie
auch Veränderungen des Prozesses C («zirkadiane Kom-
ponente»: Tag-Nacht-Rhythmus) beschrieben sind.

Tabelle 1. Altersveränderung des Schlaf-EEG-Profils gegenüber dem
jüngeren Erwachsenenalter (Hemmeter, 2019).

 Schlafkontinuität
   Einschlafzeit                               ↓
   Effektive Schlafzeit                        ↓
   Schlafeffizienz                              ↓
   Aufwachphasen                               ↑

 Schlafarchitektur
   Stadium 1                                  ↑
   Stadium 2                                  ––
   Tiefschlaf                                 ↓                     Abbildung 1. «Zwei Prozess»- Modell (Borbély & Wirz-Justice, 1982).
                                                                    a Schlaf-Wach-Zyklus, b Schlafentzug
 REM-Schlaf                                   ↓(.))
                                                                    Prozess S: Schlafdruck homöostatisch Prozess C: cirkadian

Angewandte GERONTOLOGIE Appliquée 4/19                                                                                   © 2019 Hogrefe
1. Nationale Fachtagung Schlafen im Alter/1er Colloque national spécialisé Sommeil et personnes àgées                                 11

                                                                                                    Abbildung 2. Schlafendokrinologie
                                                                                                    im Alter und bei Depression (Steiger,
                                                                                                    1995).

verminderten Schlafdruck (Prozess C) zu dem leichteren
und unruhigeren Schlaf mit früherem Erwachen, wie er
bei älteren Menschen häufig zu beobachten ist. Eine Re-
duktion der neuronalen Aktivität im Nucleus suprachias-
maticus, dem endogenen zirkadianen Schrittmacher, im
Alter wird als eine Ursache dafür angesehen.

Als Folge dieser altersbedingten Veränderungen des
Schlafs und der schlafassoziierten hormonellen Sekretion,
insbesondere des Stresshormons Cortisol sowie des verän-
derten zirkadianen Rhythmus, besteht eine erhöhte An-
fälligkeit für Störungen des Schlafs durch exogene Fakto-
ren (Stressoren).
   Altersspezifische Stressoren, wie Einsamkeit, Verlust
der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit, das
Auftreten von körperlichen Erkrankungen (bei sich selbst
und bei Angehörigen) mit Angst vor Autonomiever-
lust und Abhängigkeit können durch den leichteren
Schlaf im Alter schneller und intensiver zu einer ausge-
prägten Insomnie mit allen weiteren Folgen (Depression,
Angststörungen, Diabetes, metabolisches Syndrom u. a.)
führen.                                                                Vor allem exekutive Funktionen scheinen sich während
                                                                    des Alterungsprozesses zu verschlechtern. Sie können
Insbesondere besteht ein enger Zusammenhang zwischen                durch (experimentellen) Schlafentzug oder auch eine (chro-
Schlaf und kognitiver Leistungsfähigkeit. Der negative Ef-          nisch bestehende) Schlafstörung zusätzlich verschlechtert
fekt von gestörtem Schlaf auf die kognitive Leistungsfähig-         werden. Weitere schlaf-assoziierte Einbussen betreffen vor
keit im Alter kann alle kognitiven Dimensionen betreffen,           allem die Funktionen der Aufmerksamkeit und Vigilanz
insbesondere jedoch das episodische Gedächtnis, das Ar-             (Pace Schott et 2011).
beitsgedächtnis und die exekutiven Funktionen.                         Einzelne Studien geben Hinweise darauf, dass die
   Im Rahmen einer grossen Longitudinal-Studie (mehr als            schlafabhängige Gedächtniskonsolidierung mit zunehmen-
6000 Personen über 65 Jahre ohne kognitive Einbussen),              dem Alter beeinträchtigt ist. In einer Studie konnte gezeigt
kam es nach dreijähriger Beobachtungszeit vor allem bei             werden, dass ältere Personen, die einen gewissen Tief-
den Personen zum Auftreten von kognitiven Störungen, die            schlafanteil aufweisen, auch eine Gedächtniskonsolidie-
zur Baseline eine Schlafstörung angaben.                            rung haben. Daher wird angenommen, dass insbesondere

© 2019 Hogrefe                                                                              Angewandte GERONTOLOGIE Appliquée 4/19
12                            1. Nationale Fachtagung Schlafen im Alter/1er Colloque national spécialisé Sommeil et personnes àgées

die Reduktion des Tiefschlafs mit der abnehmenden kogni-          Tabelle 2. Therapie der Schlafstörungen im Alter
tiven Leistungsfähigkeit (v. a. der Exekutivfunktionen im
                                                                    1. Therapie einer möglichen Grunderkrankung + und meist
Alter) zusammenhängt (s. Hemmeter 2019).
                                                                       zusätzliche Therapie der Insomnie (Schlafstörung) nötig
                                                                    2. Therapie der Insomnie
                                                                    – wichtig ist homöostatische und circadiane Ursachen zu
Die Relevanz der Beziehung von                                         berücksichtigen und – wenn möglich – den Anteil beider
                                                                       Komponenten an der Schlafstörung bestimmen
Schlaf und Kognition                                                zuerst nicht-medikamentöse Therapie
                                                                    – chronobiologisches Verhaltensmanagement vor
Neben der Anfälligkeit für die Entwicklung primärer In-                medikamentöser Therapie
somnien mit zunehmendem Alter steigt auch das Auftre-               – Lichttherapie
                                                                    – Schlafrestriktion, partieller Schlafentzug
ten von Insomnien als Folge anderer körperlicher (z. B.
                                                                    – Schlafhygiene, Entspannungsverfahren
Schmerzsyndrome, Stoffwechselstörungen, respiratori-                – Psychotherapeutische Intervention (Stimuluskontrolle,
sche oder kardiovaskuläre Erkrankungen) und psychiatri-                Ruhebilder, Phantasiereisen, kognitive Umstrukturierung)
scher Erkrankungen (u. a. Depressionen, Angststörungen)             Medikamentöse Therapie
                                                                    – Benzodiazepin Hypnotike und /-Substanzen nur kurzzeitig
an. Zu berücksichtigen ist zudem, dass auch die medika-
                                                                       bei länger notwendiger Behandlung
mentöse Behandlung dieser Erkrankungen Auswirkungen                 – schlafanstossende und schlafregulierende Antydepressive und
auf den Schlaf haben kann (Beispiel: Theophylinpräparate               Antipsychotika (ohne anticholinerges Nebenwirkungsspektrum)
bei Asthma bronchiale; (Hemmeter et al. 2011).
   Die Entwicklung von Insomnien im Alter konnte durch
eine grosse amerikanische Longitudinalstudie (EPESE,              on) führen, stehen auch nicht-medikamentöse Optionen
Epidemiologic Studies of the Elderly) gezeigt werden.             zur Verfügung. Hier sollten Massnahmen angewendet wer-
Nach einem 3-jährigen Follow-up gaben 57 Prozent der              den, die den Prozess S wie auch den Prozess C des Zwei-
älteren Menschen mindestens eine chronische Schlafstö-            Prozess-Modells der Schlafregulation stärken. Dazu zählen
rung, insbesondere eine Ein- und Durchschlafstörung, an.          konstante Schlaf- und Wachzeiten, ggf. mit Schlafrestrikti-
Die weitere Datenanalyse zeigte einen engen Zusammen-             on und limitiertem Mittagsschlaf, wie auch der individuell
hang zwischen Insomnie und dem Auftreten von depressi-            angepasste Einsatz von Lichttherapie sowie alle Massnah-
ver Stimmung, Atemstörungen, schlechter Gesundheit                men der Schlafhygiene. Diese Methoden können und sol-
oder körperlicher Behinderung. Hinzu kommen spezifi-              len auch bei leichteren Schlafstörungen im Alter ohne Vor-
sche primäre Schlafstörungen wie das Restless-Leg-Syn-            liegen anderer Erkrankungen, die für die Schlafstörung
drom (RLS) oder schlafbezogene Atemstörungen, die im              verantwortlich sein können, eingesetzt werden, um nega-
Alter vermehrt auftreten und zu weiteren Beeinträchti-            tive Langzeitfolgen zu verhindern.
gungen der kognitiven Leistungsfähigkeit führen können
(Hemmeter 2018, 2019).
   Neben diesen primären oder sekundären Störungen des            Literatur
Schlafs finden sich in der älteren Bevölkerung auch psych-
iatrische, v. a. neuropsychiatrische Erkrankungen, bei de-        Borbély A. A., Wirz-Justice A. (1982), Sleep, sleep deprivation and
                                                                    depression. A hypothesis derived from a model of sleep regula-
nen sowohl Störungen der Kognition wie auch Störungen               tion. Hum Neurobiol. 1982;1(3):205–10.
des Schlafs zur Symptomatik gehören. Hier sind in erster          Hemmeter U. (2019), Schlaf und Kognition im Alter, InFo NEURO-
Linie die Depression, die verschiedenen Demenzen und                LOGIE & PSYCHIATRIE 1/2019, 2 -6.
der Morbus Parkinson, einschliesslich der REM-Schlafver-          Hemmeter U. (2011), Management von Schlaf-Wach-Regulations-
                                                                    störungen bei Alterserkrankungen. Schweizer Archiv Neuro-
haltensstörung, zu nennen. Bei all diesen Erkrankungen              logie – Psychiatrie, 2011;162(3):108, 0258–7661.
können Schlafstörungen zu einer Verschlechterung der ko-          Hemmeter U. (2018), REM-Schlafstörung bei Demenz und MB.
gnitiven Leistungsfähigkeit und damit der Alltagsfunktio-           Parkinson, Leading Opinions Neurologie und Psychiatrie, 2018,
nalität führen (Hemmeter 2018).                                     4, 15–17.
                                                                  Pace-Schott E. F., Spencer R. M. (2011). Age-related changes in the
                                                                    cognitive function of sleep. Prog Brain Res. 2011;191, 75–89.
                                                                  Steiger A. (1995), Schlafendokrinologie. Nervenarzt 66,15–27.
Therapieoptionen
                                                                  PD Dr. med. Dr. phil. Ulrich Michael Hemmeter
Das Erkennen und die schnelle Behandlung von Schlafstö-           hat an der Justus Liebig Universität Giessen in Psychologie und
rungen ist insbesondere im Alter im Hinblick auf eine gute        Humanmedizin promoviert. Er hat seine Weiterbildung zum
Alltagsfunktionalität notwendig. Bei bereits vorliegenden         Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie absolviert und
                                                                  an der Universität Marburg zum Thema «Schlafregulation und
körperlichen und psychischen Erkrankungen, die mit einer
                                                                  GABAerges-System» habilitiert.
Störung des Schlafs einhergehen, steht die Behandlung der         Er ist Chefarzt für Alterspsychiatrie an der Psychiatrie St. Gallen-
Grunderkrankung an erster Stelle. Oftmals reicht dies al-         Nord. Zudem ist er im Vorstand verschiedener Fachgesellschaf-
lein aber nicht aus, so dass zusätzlich die Insomnie behan-       ten, u. a. der Schweizer Gesellschaft für Alterspsychiatrie und
                                                                  -psychotherapie sowie Präsident des Kollegiums der Schweizer
delt werden muss. Neben medikamentösen Massnahmen,
                                                                  Weiterbildungsstättenleiter Alterspsychiatrie.
die so eingesetzt werden sollen, dass sie zu einem längeren
und v. a. tieferen Schlaf (SWS («slow wave sleep»)-Indukti-       ulrich.hemmeter@psgn.ch

Angewandte GERONTOLOGIE Appliquée 4/19                                                                                 © 2019 Hogrefe
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Schlaf und Gedächtnis im Alter
Björn Rasch

Schlaf und Gedächtnisfunktionen unterliegen starken Verän-             Le sommeil et la mémoire chez la personne âgée
derungen im Alter. Der Artikel gibt einen Einblick in den Stand        Le sommeil et les fonctions cognitives subissent des
der Forschung zu einem Zusammenhang zwischen Schlafver-                changements importants avec le vieillissement. L’article
änderungen und der Gedächtnisbildung im Alter. Ein Fokus liegt         donne un aperçu de l’état de la recherche sur les liens
dabei auf der Konsolidierung deklarativer Gedächtnisinhalte im         entre les modifications du sommeil et la formation de la
Schlaf.                                                                mémoire chez la personne âgée. L’accent y est mis sur la
                                                                       consolidation des contenus de la mémoire déclarative
                                                                       pendant le sommeil.

D
          ie Fähigkeit, Erinnerung zu bilden, ist eine Grund-
          funktion lebender Organismen und wichtig für
          adaptives Verhalten. Das Erlernen und das Spei-
chern von Wissen und Erfahrungen schaffen die Vorausset-
zungen für planerischer Handeln und bilden die Grund-
pfeiler unseres Bewusstseins, unserer Identität und unserer
Persönlichkeit. Störungen und Verlust von Gedächtnis-
funktionen im hohen Lebensalter können somit auch Ver-
änderungen der Persönlichkeit und Verlust der Identität
bedeuten. Die Aufrechterhaltung der Gedächtnisfunktio-
nen ist somit essentiell für ein gesundes Altern.
   In der Gedächtnisforschung gehen wir davon aus, dass
Erinnerungen in unterschiedlichen Gedächtnissystemen
gespeichert werden. In Abhängigkeit von der Dauer der
Aufrechterhaltung der Inhalte wird zwischen dem sensori-
schen Gedächtnis (einige Millisekunden), dem Kurzzeit-
oder Arbeitsgedächtnis (Sekunden bis Minuten) sowie dem
Langzeitgedächtnis unterschieden (Minuten, Stunden,
Tage, Wochen, Jahre). Traditionell wird weiterhin zwischen          Abbildung. Der Tiefschlaf ist besonders wichtig für das Lernen im
                                                                    Schlaf. Der Anteil des Tiefschlafs nimmt im Alter stark ab. Durch das
dem deklarativen Gedächtnis (episodisch/autobiografisch,
                                                                    Hören einer entspannenden Hypnose («Der Fisch, der immer tiefer im
semantisch) und dem nondeklarativen Gedächtnis (moto-               Wasser schwimmt») kann der Tiefschlaf bei Senioren verlängert wer-
risch-prozedurales Gedächtnis, Habituation, Priming etc.)           den. (Abbildung modifiziert aus Cordi et al., 2015)
differenziert. Zusätzlich sind die verschiedenen Phasen der
Gedächtnisbildung – Lernen, Konsolidierung und Abruf –
von grosser Bedeutung. Im Folgenden soll es hauptsächlich
um den Einfluss des Schlafs auf die Konsolidierung von Ge-          diente jeweils ein gleich langes Wachintervall. Eine Viel-
dächtnisinhalten im Langzeitgedächtnis gehen sowie um               zahl von Studien in den letzten 100 Jahren konnte die för-
die Veränderungen, die das Alter dabei bewirkt.                     derliche Wirkung des Schlafs auf die Gedächtniskonsoli-
                                                                    dierung eindrucksvoll belegen (siehe Rasch & Born, 2013,
                                                                    für einen Überblick).
Schlaf und Gedächtnis                                                  Ein Grund für die bessere Erinnerungsleistung nach
                                                                    dem Schlaf liegt sicherlich darin, dass während des
Schlaf fördert das Gedächtnis. Schon im Jahr 1924 konn-             Schlafs so gut wie keine neuen Informationen gelernt
ten Jenkins & Dallenbach zeigen, dass Informationen                 werden, welche die Stabilisierung der neu gelernten In-
besser erinnert werden, wenn nach dem Lernen 2, 4, oder             halte stören könnten. Somit kann die Gedächtniskonso-
8 Stunden geschlafen wurde. Als Vergleichsbedingung                 lidierung während des Schlafs ungestört in einem ge-

© 2019 Hogrefe                                                                               Angewandte GERONTOLOGIE Appliquée 4/19
14                            1. Nationale Fachtagung Schlafen im Alter/1er Colloque national spécialisé Sommeil et personnes àgées

                                                                  schen konnten wir und andere Forschergruppen in einer
                                                                  Serie von Studien zeigen, dass die erneute Präsentation
                                                                  von lern-assoziierten Stimuli im Tiefschlaf den Gedächt-
                                                                  nisabruf nach dem Schlaf verbessert. Auch das erneute lei-
                                                                  se Abspielen von Vokabeln während des Tiefschlafs ver-
                                                                  besserte die Erinnerung an das Gelernte. Mittlerweile gilt
                                                                  es als erwiesen, dass eine Reaktivierung von Gedächtnisin-
                                                                  halten im Schlaf – sei es spontan oder von aussen indu-
                                                                  ziert – die Gedächtniskonsolidierung im Schlaf verbessern
                                                                  kann (Rasch & Born, 2013).

                                                                  Schlaf und Gedächtnis im Alter

                                                                  Sowohl der Schlaf als auch die Gedächtnisfunktionen un-
                                                                  terliegen starken Veränderungen während der Lebens-
                                                                  spanne (siehe Scullin & Bliwise, 2015, für einen Über-
                                                                  blick): Bereits im mittleren Erwachsenenalter beginnt
                                                                  der Anteil an Tiefschlaf abzunehmen, und die Schlafpha-
                                                                  se mit weniger hohen langsamen Wellen nimmt zu
                                                                  (Schlafphase N2). Weiterhin erhöht sich der Anteil und
                                                                  die Dauer an Wachperioden während der Nacht, und die
                                                                  Schlafdauer nimmt insgesamt ab. Die Veränderungen in
                                                                  der Schlafphase mit schnellen Augenbewegungen (rapid-
                                                                  eye-movement [REM] sleep) sind weniger ausgeprägt.
                                                                  Auch die Veränderungen der Gedächtnisfunktionen sind
                                                                  komplex und facettenreich: sie betreffen zum einen die
                                                                  generelle Verarbeitungsgeschwindigkeit, was verschie-
                                                                  dene Gedächtnisprozesse beeinflussen kann. Gleichzei-
schützten Rahmen ablaufen. Zusätzlich zu dieser                   tig erscheint sowohl das Erlernen neuer Information als
«passiven» Rolle des Schlafs bestimmen zwei theoreti-             auch der Abruf weniger effizient als bei jüngeren Proban-
sche Ansätze die Schlaf- und Gedächtnisforschung: Nach            den, insbesondere wenn dies Prozesse unter erschwerten
der sogenannten «synaptic homeostasis hypothesis»                 Bedingungen ablaufen und einer höheren strategischen
(Tononi & Cirelli, 2006), werden vor allem während des            Kontrolle bedürfen. Dabei ist natürlich zu betonen, dass
Tiefschlafs synaptische Verbindungen proportional ge-             die altersbedingten Veränderungsprozesse individuell
schwächt. Während Lernen am Tag zu mehr und grösse-               sehr unterschiedlich sein können, sowohl in Bezug auf
ren synaptischen Verbindungen führt, verhindert eine              den Schlaf als auch die Gedächtnisfunktionen.
Schwächung im Schlaf eine mögliche Sättigung der Lern-               Gibt es also einen Zusammenhang zwischen Schlaf- und
systeme. Somit führt Schlaf zunächst zu einer besseren            Gedächtnisveränderungen im Alter? Verschiedene gross-
Lernfähigkeit am nächsten Tag. Zusätzlich ist der Abruf           angelegte longitudinale Studie legen dies nahe (siehe
von relevanten Informationen am nächsten Tag erleich-             Scullin & Bliwise, 2015): Kurzer und/oder unterbrochener
tert, da irrelevante und schwache synaptische Verbin-             (fragmentierter) Schlaf gemessen im mittleren Lebensal-
dungen im Tiefschlaf durch die langsamen Hirnwellen               ter kann – über 20 Jahre später – das verstärkte Auftreten
«gelöscht» wurden.                                                von kognitiven Defiziten vorhersagen. Weiterhin erhöht
   In einem zweiten theoretischen Ansatz stehen soge-             ein kurzer und fragmentierter Schlaf das Risiko für spätere
nannten «Reaktivierungen» von Erinnerungen im Schlaf              kognitive Beeinträchtigungen um das Zwei- bis Vierfache.
im Vordergrund. Nach der Theorie der aktiven Systemkon-           Weiterhin werden Zusammenhänge zwischen schlechtem
solidierung (Rasch & Born, 2013) führt die wiederholte Re-        Schlaf und der Entwicklung von Demenz und der Alzhei-
aktivierung neu gelernter Gedächtnisinhalte im Tiefschlaf         merschen Erkrankung sowie der Entstehung von Beta-
zu einer besseren Integration der Erinnerungen in den kor-        Amyloidbelastung berichtet. Trotz der konsistenten Be-
tikalen Langzeitspeicher. Dabei koordinieren die langsa-          fundlage ist eine Limitation dieser Studien, dass Schlaf
men Wellen im Tiefschlaf die Reaktivierung mit weiteren           ausschliesslich mittels Selbstberichten erfasst wurde (sie-
gedächtnisrelevanten Oszillationen, wie z. B. die hippo-          he Scullin & Bliwise, 2015, für einen Überblick). Grossan-
kampalen «sharp-wave ripples» sowie die thalamo-korti-            gelegte longitudinale Studien, die den Schlaf mittels ob-
kalen Schlafspindeln. Belege für die spontane Reaktivie-          jektiver Daten der Polysomnographie erfassen, stehen
rung von Information im Tiefschlaf kommen hauptsächlich           bislang noch nicht zur Verfügung.
aus Tierstudien, es liegen aber auch einige Hinweise für             Verändert sich die Rolle des Schlafs für die Gedächtnis-
den Menschen vor (siehe Rasch & Born, 2013). Im Men-              konsolidierung im Alter? Die Metaanalyse von Gui und Co-

Angewandte GERONTOLOGIE Appliquée 4/19                                                                              © 2019 Hogrefe
1. Nationale Fachtagung Schlafen im Alter/1er Colloque national spécialisé Sommeil et personnes àgées                                            15

Autoren (2017) zeigt, dass sich der förderliche Einfluss des        als «normal» akzeptiert werden. Trotzdem könnten mög-
Schlafs auf das Gedächtnis im hohen Alter verringert:               licherweise bestimmte mentale Übungen zusätzlich einen
Während der Effekt des Schlafs auf die Behaltensleistung            positiven Effekt auf den Schlaf haben: Wir konnten in ei-
von deklarativen Gedächtnisinhalten bei jüngeren Erwach-            ner Studie zeigen, dass eine hypnotische Suggestion, tiefer
senen gross und robust ist, sind die gefundenen Effekte bei         zu schlafen, tatsächlich den Anteil des Tiefschlafs verlän-
älteren Erwachsenen eher klein und inkonsistent. Aller-             gert. Die förderlichen Effekte der Hypnose auf den Tief-
dings zeigt sich zwischen den Studien eine grosse Hetero-           schlaf traten sowohl bei jüngeren als auch bei älteren Pro-
genität. Auch die Reaktivierung von Informationen wäh-              bandinnen (> 60 Jahre) auf, falls diese generell positiv auf
rend des Tiefschlafs scheint bei älteren Personen weniger           hypnotische Verfahren reagierten (Cordi, Hirsiger, Méril-
gut zu funktionieren: Das Abspielen von holländischen Vo-           lat & Rasch, 2015). Interessanterweise bewirkte die Ver-
kabeln im Tiefschlaf führte bei älteren Probanden nicht zu          längerung des Tiefschlafs bei den älteren Personen auch
einer Verbesserung der Gedächtnisleistung, im Gegensatz             eine Verbesserung des Gedächtnisabrufs. Weitere Studien
zu dem förderlichen Effekt der Reaktivierung bei jüngeren           sind notwendig, um die Wirkung und den Nutzen von
Erwachsenen. Insgesamt scheint die schlaf-assoziierte               nicht-pharmakologischen Ansätzen zur Schlafverbesse-
Konsolidierung von Gedächtnisinhalten bei älteren Perso-            rung im Alter zu untersuchen. Auf der angewandten Seite
nen weniger effizient zu sein. Zusätzlich sind möglicher-           ist es an der Zeit, ein breites Netz an niederschwelligen
weise die noch ablaufenden Gedächtnisprozesse im Schlaf             Anlaufstellen zur professionellen Schlafberatung zu schaf-
durch eine höhere Fragmentierung des Schlafs und eine               fen, um die Gesundheit und mentale Leistungsfähigkeit
verkürzte Schlafdauer beeinträchtigt.                               unserer alternden Gesellschaft zu verbessern.
   Als Ursachen für die verminderte schlaf-assoziierte Ge-
dächtniskonsolidierung im Alter kommen verschieden
Faktoren in Frage. Aufbauend auf den oben genannten                 Literatur
theoretischen Ansätzen beeinträchtigt möglicherweise die
Verringerung der langsamen Wellen im Tiefschlaf das                 Cordi, M., Hirsiger, S., Mérillat, S., & Rasch, B. (2015). Improving
                                                                      sleep and cognition by hypnotic suggestion in the elderly.
«Downscaling» der synaptischen Verbindungen. Gleich-
                                                                      Neuropsychologia, 69, 176–182. https://doi.org/10.1016/j.
zeitig könnte die Effizienz der Reaktivierung durch die               neuropsychologia.2015.02.001
Verringerung der langsamen Wellen gestört sein. Neuere              Gui, W. J., Li, H. J., Guo, Y. H., Peng, P., Lei, X., & Yu, J. (2017). Age-relat-
Befunde berichten zusätzlich von einer Abnahme der                    ed differences in sleep-based memory consolidation: A meta-
                                                                      analysis. Neuropsychologia, 97, 46–55. https://doi.org/10.1016/j.
Kopplung zwischen langsamen Wellen und Schlafspin-
                                                                      neuropsychologia.2017.02.001
deln, die als essentiell für die Gedächtniskonsolidierung           Rasch, B., & Born, J. (2013). About sleep’s role in memory. Physiolog-
im Schlaf angesehen wird. Weiterhin könnten Alterungs-                ical Reviews, 93(2), 681–766. https://doi.org/10.1152/physrev.
prozesse im Gehirn (z. B. Atrophien in gedächtnisrelevan-             00032.2012
                                                                    Scullin, M. K., & Bliwise, D. L. (2015). Sleep, cognition, and normal
ten Strukturen, Neurotransmitterverfügbarkeit etc.) für               aging: Integrating a half century of multidisciplinary research.
die Veränderungen der schlaf-assoziierten Gedächtnisbil-              Perspectives on Psychological Science : a Journal of the Asso-
dung im Alter eine Rolle spielen.                                     ciation for Psychological Science, 10(1), 97–137. https://doi.
                                                                      org/10.1177/1745691614556680
                                                                    Tononi, G., & Cirelli, C. (2006). Sleep function and synaptic home-
                                                                      ostasis. Sleep Medicine Reviews, 10(1), 49–62. https://doi.org/
«Guten Schlaf» finden?                                                 10.1016/j.smrv.2005.05.002

Die Befunde legen nahe, dass die Aufrechterhaltung eines            Weitere Literatur beim Verfasser erhältlich.
guten Schlafs im Alter eine positive Wirkung auf die Auf-
rechterhaltung der kognitiven Leistungsfähigkeit und der
Gedächtnisfunktionen hat. Doch wie lässt sich ein «guter
                                                                    Prof. Dr. Björn Rasch
Schlaf» erreichen? Hier steht wahrscheinlich zunächst die
                                                                    ist Professor für Kognitive Biopsychologie und Methoden an der
Qualität der Wachheit am Tage im Vordergrund: Ein sozi-             Universität Freiburg i. Ue. in der Schweiz.
al, mental und körperlich aktiver Lebensstil wirkt sich             Er forscht zu dem Zusammenhang zwischen Gedächtnis und
auch positiv auf die Schlafqualität aus, während Einsam-            Schlaf sowie psychologischen Einflüssen auf den Schlaf. Seine
                                                                    Forschung wird unterstützt durch den Europäischen Forschungs-
keit, Inaktivität und existentielle Sorgen einen negativen
                                                                    rat (ERC) unter dem Horizon 2020 Programm der Europäischen
Effekt auf den Schlaf haben werden. Gleichzeitig müssen             Union (Projektvereinbarung Nr. 677875).
einige Schlafveränderungen (z. B. häufigeres und früheres
Aufwachen, längeres Wachliegen etc.) im Alter durchaus              bjoern.rasch@unifr.ch

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Möglichkeiten der Physiotherapie
bezüglich Insomnie und Schlafapnoe
bei älteren Menschen
Cristina Staub

Schlafstörungen haben viele Konsequenzen, werden aber                  Chances offertes par la physiothérapie quant à l’insomnie
selbst in der Schweiz oft nicht optimal behandelt. Die Physio-         et l’apnée du sommeil chez la personne âgée
therapie kann zu einer Verbesserung des Schlafes beitragen.            Les conséquences des troubles du sommeil sont multiples,
Die Grundlage dafür bildet die physiotherapeutische Diagnostik         mais souvent, même en Suisse, ces troubles ne sont pas
sowie unterschiedliche physiotherapeutische Behandlungs-               traités de manière optimale. La physiothérapie peut contri-
ansätze. Sie können gegebenenfalls eine Alternative zu medi-           buer à améliorer le sommeil. Le diagnostic physiothérapeu-
kamentösen oder operativen Massnahmen bilden.                          tique ainsi que des approches variées du traitement en
                                                                       constituent le fondement. Le cas échéant, ils peuvent
                                                                       même représenter une alternative aux mesures médica-
                                                                       menteuses ou opératoires.

Einleitung

Können und sollen in der Physiotherapie Schlafstörungen
behandelt werden? Wie sieht die Problematik insbesonde-
re bei älteren Patienten aus? Sind die Schlafprobleme rele-
vant und was kann innerhalb der Physiotherapie für einen
besseren Schlaf beigesteuert werden?
   Etwa die Hälfte der kognitiv intakten älteren Personen
thematisieren Schmerzen, mindestens ein Drittel leidet
unter Schlafstörungen. Es ist offensichtlich, dass Schmer-
zen den Schlaf beeinträchtigen. Bei nicht erholsamem
Schlaf steigt zudem die Schmerzempfindung. Ähnliche
Teufelskreise existieren auch bei kardiovaskulären, metabo-
lischen, immunologischen, neurologischen und psychi-
schen Störungen; zudem erhöhen sie wegen der Verminde-
rung der Aufmerksamkeit und Leistungsfähigkeit die
Sturzgefahr (siehe Grafik 1): Der Schlaf trägt entscheidend
zu Regeneration, Gesundheit und Wohlbefinden bei (1).

Häufige Krankheitsbilder

Die zwei häufigsten Schlafstörungen sind die Insomnie und           verdauliche, fette Lebensmittel und Produkte mit Koffein,
die obstruktive Schlafapnoe (OSA). Die Insomnie beinhaltet          Tein oder Alkohol), durch Mangel an Tagesaktivitäten und
Ein- und Durchschlafstörungen, zu frühes morgendliches              Bewegung, durch unregelmässige Schlafzeiten, Schmer-
Erwachen, schlechte Schlafqualität und Tagesschläfrigkeit.          zen, Gedanken und Sorgen.
Verursacht werden diese Probleme durch Lärm und Licht                 Patienten mit OSA leiden unter Atemaussetzern («Apno-
(v. a. Blaulichtanteile), durch die Ernährung (z. B. schwer         en») oder Atemreduktionen («Hypopnoen») für jeweils

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                                                                  visuelle Analog-Skala (VAS) oder der Pittsburgh Schlafqua-
                                                                  litätsindex (PSQI). Zusätzlich soll nach der Schlafzimmer-
                                                                  einrichtung, dem Tages- und Nachtverhalten (Aktivitä-
                                                                  ten), nach möglichen Schnarch- und Atemproblemen und
                                                                  nach Ernährungsgewohnheiten gefragt werden. Mittels
                                                                  Schlaftagebuch kann die subjektive Schlafeffizienz eruiert
                                                                  werden. Innerhalb der objektiven Untersuchung können
                                                                  Physiotherapeuten eine Aktigraphie bei Verdacht auf In-
                                                                  somnie, und eine respiratorische Polygraphie oder Puls-
                                                                  oxymetrie bei Verdacht auf OSA einsetzen. Falls ein Haus-
                                                                  besuch möglich ist, sollen Störfaktoren des Bettes oder des
                                                                  Schlafzimmers gesucht werden.

                                                                  Insomnie-Behandlungen

                                                                  Die ärztliche Standardbehandlung der Insomnie besteht
                                                                  im Alltag oft aus der Verabreichung von Medikamenten.
                                                                  Wegen der Nebenwirkungen (erhöhtes Risiko für Unfälle,
                                                                  Sucht, Depression, Infektionen, Krebs u. a.), werden diese
                                                                  allerdings für nicht mehr als 4 Wochen empfohlen. 2,8 %
                                                                  der Bevölkerung und 13,4 % der über 74-Jährigen nehmen
                                                                  jedoch täglich Schlaftabletten ein.
                                                                     Die Verhaltenstherapie ist eine wirksame Alternative (3).
                                                                  Sie besteht u. a. aus der sogenannten Schlafhygiene. Dabei
                                                                  sollen ein regelmässiger Schlafrhythmus und eine indivi-
mehr als 10 Sekunden, wobei mindestens 5 solche Ereig-            duell angepasste Schlafdauer eingehalten werden, abends
nisse pro Stunde Schlaf auftreten müssen (angegeben mit-          und nachts nur gedimmtes Licht brennen und keine elekt-
tels Apnoe-Hypopnoe-Index, AHI). Eine OSA kann mit ei-            ronischen Geräte vor dem Zubettgehen und im Bett benutzt
ner Vergrösserung der Mandeln oder des Gaumensegels,              werden (ausser ev. eine ruhige Audiodatei). Das Wissen
Irritationen der Nasenschleimhaut, Verengungen hinter             der Uhrzeit (Schlag der Kirchenuhr, Blick auf den Wecker)
der Zunge oder in der Nase, Übergewicht und mit zuneh-            kann den Schlaf irritieren. Natürlich soll zudem auf schwer
mendem Alter zusammenhängen.                                      verdauliche Mahlzeiten (mittags wegen des ermüdenden
                                                                  Effekts, abends wegen der Provokation eines Refluxes) und
                                                                  vom Mittag an auf Koffein und Tein verzichtet werden.
Physiotherapeutische Diagnostik                                   Abends soll der Konsum von Alkohol, Nikotin und Medika-
                                                                  menten, welche die Schlafqualität beeinträchtigen, be-
Wegen den Auswirkungen auf die Heilungsprozesse soll in           dacht werden. Bei der Insomnie sind aber auch körperliche
der physiotherapeutischen Diagnostik auch der Schlaf be-          Therapien förderlich (2): Physiotherapeuten sind darin ge-
rücksichtigt werden (2). Für die subjektive Anamnese ste-         schult, mit den Patienten tagsüber erfüllende Aktivitäten
hen verschiedene Fragebögen zu Verfügung, wie z. B. die           und ermüdende Übungen durchzuführen, welche den
Epworth Schläfrigkeitsskala (ESS), der Insomnie-Schwere-          Schlafdruck erhöhen. Zudem können sie mit manueller Sti-
grad-Index (ISI), zur Einschätzung der Schlafqualität die         mulation den Erwerb von Entspannungs- und Atemtechni-
                                                                  ken gezielt fördern. Bei der Instruktion von Schlafritualen
                                                                  eignen sich des Weiteren Dehnungen, welche nicht nur ge-
                                                                  gen nächtliche Krämpfe präventiv wirken, sondern auch
                                                                  einen beruhigenden Effekt auf die Psyche und die Atmung
                                                                  haben. Mit Musik und Düften können die diversen Be-
                                                                  handlungen unterstützt werden.

                                                                  OSA-Behandlungen

                                                                  Pneumologen und Schlafmediziner passen Patienten mit
                                                                  OSA standardmässig die positive Überdruckbeatmung (PAP
                                                                  für positive airway pressure; 4) an. Etwa ein Drittel der Pa-
                                                                  tienten tolerieren diese Therapie überhaupt nicht, viele der
                                                                  anderen Patienten benutzen das Gerät nur etwa 4 Stunden

Angewandte GERONTOLOGIE Appliquée 4/19                                                                              © 2019 Hogrefe
1. Nationale Fachtagung Schlafen im Alter/1er Colloque national spécialisé Sommeil et personnes âgées                              19

pro Nacht (4). Nebenwirkungen wie neue Atemaussetzer                sionsschiene die Atemproblematik, welche für eine Lang-
(aufgrund Bernoullis Strömungsgesetz), Druckschmerz,                zeitbehandlung allerdings durch einen Zahnarzt ange-
Luftschlucken, gereizte Augen u. a. begründen diese mässi-          passt werden muss. Die Schleimhautpflege (Nasenduschen
ge Compliance. ORL-Chirurgen ziehen oft eine Operation              mit (Salz-)Wasser und eine Feuchtigkeitssalbe ohne Kor-
in Betracht. Allerdings beträgt die Erfolgsrate bezüglich           tison) helfen bei irritierter Schleimhaut und ein Nasen-
AHI nur 19 % ohne und 58 % mit Mandelentfernung. Ope-               dilatator bei engen Anatomieverhältnissen der Nase. Ein
rationen können zudem Sprech- und Schluckprobleme,                  gezieltes Training kann die nächtliche Atmung auch posi-
chronische Schmerzen u. a. verursachen.                             tiv beeinflussen.
   In physiotherapeutischen Praxen der Schweiz werden
diverse Alternativen angewendet (2): Bei der Hälfte der
Patienten helfen Lagerungstherapien. Einerseits kann mit-           Literatur
tels Kissen oder Rucksack die Rückenlage verhindert
werden, andererseits ist je nach Ursache auch das Hoch-             (1) Staub C. Die Vielseitigkeit des Schlafes. 2017. DOI 10.1055/
                                                                        s-0035-1567229.
stellen des Kopfteiles wirksam. Beide Bettenanpassun-
                                                                    (2) Staub C. Concept of diverse sleep treatments in physiotherapy.
gen sind bei älteren Personen oft einfach umzusetzen.                   2018. DOI 10.1080/21679169.2018.1505948.
Bei einer Problematik des Gaumensegels hilft die Gau-               (3) Riemann D et al. Leitlinie «Insomnie bei Erwachsenen». 2017.
menspange Velumount®. Für das Einsetzen benötigt der                    DOI 10.1007/s11818-016-0097-x.
                                                                    (4) Mayer G et al. Leitlinie «Schlafbezogene Atmungsstörungen».
Patient etwas Geschicklichkeit und manchmal braucht es
                                                                        2017. DOI 10.1007/s11818-016-0093-1.
anfangs eine Angewöhnungsphase an den plastifizierten
Draht im Mund. Bei einer Verengung hinter der Zunge
und intaktem Gebiss vermindert eine Unterkiefer-Protru-             Weitere Literaturangaben können bei der Autorin bezogen werden.

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          Données représentatives                                            Repräsentative Daten
                sur le logement –                                                   zum Wohnen –
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                          www.age-report.ch                                             www.age-report.ch

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