Ausgewählte Beiträge zur Schweizer Politik - Année politique ...

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Ausgewählte Beiträge zur
Schweizer Politik
  Suchabfrage           24.03.2020

  Thema                 Keine Einschränkung
  Schlagworte           Wettbewerbskommission
  Akteure               Keine Einschränkung
  Prozesstypen          Keine Einschränkung
  Datum                 01.01.1988 - 01.01.2018

ANNÉE POLITIQUE SUISSE — AUSGEWÄHLTE BEITRÄGE DER SCHWEIZER POLITIK   01.01.88 - 01.01.18
Impressum
Herausgeber
Année Politique Suisse
Institut für Politikwissenschaft
Universität Bern
Fabrikstrasse 8
CH-3012 Bern
www.anneepolitique.swiss

Beiträge von
Benteli, Marianne
Berclaz, Philippe
Bernhard, Laurent
Bieri, Niklaus
Clivaz, Romain
Dupraz, Laure
Ehrensperger, Elisabeth
Freymond, Nicolas
Gerber, Marlène
Heidelberger, Anja
Hirter, Hans
Rinderknecht, Matthias
Schär, Suzanne
Zumbach, David
Zumofen, Guillaume

Bevorzugte Zitierweise

Benteli, Marianne; Berclaz, Philippe; Bernhard, Laurent; Bieri, Niklaus; Clivaz, Romain;
Dupraz, Laure; Ehrensperger, Elisabeth; Freymond, Nicolas; Gerber, Marlène;
Heidelberger, Anja; Hirter, Hans; Rinderknecht, Matthias; Schär, Suzanne; Zumbach,
David; Zumofen, Guillaume 2020. Ausgewählte Beiträge zur Schweizer Politik:
Wettbewerbskommission, 1988 - 2017. Bern: Année Politique Suisse, Institut für
Politikwissenschaft, Universität Bern. www.anneepolitique.swiss, abgerufen am
24.03.2020.

ANNÉE POLITIQUE SUISSE — AUSGEWÄHLTE BEITRÄGE DER SCHWEIZER POLITIK          01.01.88 - 01.01.18
Inhaltsverzeichnis

Allgemeine Chronik                                                                    1
    Wirtschaft                                                                        1
        Wirtschaftspolitik                                                            1
           Wettbewerb                                                                 1
           Wirtschaftsordnung                                                        15
    Infrastruktur und Lebensraum                                                     15
        Energie                                                                      15
           Netz und Vertrieb                                                         15
        Verkehr und Kommunikation                                                    16
           Eisenbahn                                                                 16
           Post und Telekommunikation                                                16
    Sozialpolitik                                                                    22
        Gesundheit, Sozialhilfe, Sport                                               22
           Gesundheitspolitik                                                        22
           Medikamente                                                               22
           Medizinische Forschung                                                    22
        Sozialversicherungen                                                         23
           Krankenversicherung                                                       23
    Bildung, Kultur und Medien                                                       23
        Medien                                                                       23
           Presse                                                                    23
           Medienpolitische Grundfragen                                              25

ANNÉE POLITIQUE SUISSE — AUSGEWÄHLTE BEITRÄGE DER SCHWEIZER POLITIK   01.01.88 - 01.01.18   I
Abkürzungsverzeichnis
UVEK             Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und
                 Kommunikation
KVF-NR           Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates
WAK-SR           Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates
OECD             Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
KVF-SR           Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerates
WEKO             Wettbewerbskommission
GPK-NR           Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates
BAKOM            Bundesamt für Kommunikation
EU               Europäische Union
EDI              Eidgenössisches Departement des Inneren
EVD              Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung
BVGer            Bundesverwaltungsgericht
EWR              Europäischer Wirtschaftsraum
SRG              Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft
KMU              Kleine und mittlere Unternehmen
FMH              Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte
SBB              Schweizerische Bundesbahnen
RTVG             Bundesgesetz über Radio und Fernsehen
WAK-NR           Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats
SGV              Schweizerischer Gewerbeverband
FMG              Fernmeldegesetz
ComCom           Eidgenössische Kommunikationskommission
BLS              Bern-Lötschberg-Simplon-Bahn
UMTS             Universal Mobile Telecommunications System
GSM              Global System for Mobile Communications
ADSL             Asymmetric Digital Subscriber Line
EG               Europäische Gemeinschaft
UWG              Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
HMO              Health Maintenance Organization
KG               Kartellgesetz

DETEC            Département fédéral de l'environnement, des transports, de l'énergie et
                 de la communication
CTT-CN           Commission des transports et des télécommunications du Conseil
                 national
CER-CE           Commission de l'économie et des redevances du Conseil des Etats
OCDE             Organisation de coopération et de développement économiques
CTT-CE           Commission des transports et des télécommunications du Conseil des
                 Etats
COMCO            Comisson de la concurrence
CDG-CN           Commission de gestion du Conseil national
OFCOM            Office fédéral de la communication
UE               Union européenne
DFI              Département fédéral de l'intérieur
DFE              Département fédéral de l'économie, de la formation et de la recherche
TAF              Tribunal administratif fédéral
EEE              l'Espace économique européen
SSR              Société suisse de radiodiffusion
PME              petites et moyennes entreprises
FMH              Fédération des médecins suisses
CFF              Chemins de fer fédéraux suisses
LRTV             Loi fédérale sur la radio et la télévision
CER-CN           Commission de l'économie et des redevances du Conseil national
USAM             Union suisse des arts et métiers
LTC              Loi sur les télécommunications
ComCom           Commission fédérale de la communication
BLS              Chemin de fer du Lötschberg
UMTS             Universal Mobile Telecommunications System

ANNÉE POLITIQUE SUISSE — AUSGEWÄHLTE BEITRÄGE DER SCHWEIZER POLITIK         01.01.88 - 01.01.18   II
GSM              Global System for Mobile Communications
ADSL             Asymmetric Digital Subscriber Line
CE               Communauté européenne
LCD              Loi fédérale contre la concurrence déloyale
HMO              Health Maintenance Organization
LCart            Loi sur les cartels

ANNÉE POLITIQUE SUISSE — AUSGEWÄHLTE BEITRÄGE DER SCHWEIZER POLITIK   01.01.88 - 01.01.18   1
Allgemeine Chronik
                              Wirtschaft
                              Wirtschaftspolitik
                              Wettbewerb
PARLAMENTARISCHE INITIATIVE   Der Ständerat befasste sich mit einer Teilrevision des Gesetzes über den unlauteren
DATUM: 31.12.1988
HANS HIRTER
                              Wettbewerb (UWG). Nachdem die kleine Kammer im Vorjahr eine entsprechende
                              parlamentarische Initiative Schönenberger (cvp, SG) überwiesen hatte, beantragte ihre
                              vorberatende Kommission nun eine Streichung der Bestimmungen, die sich auf das
                              Kleinkreditwesen beziehen. Gemäss ihrer Argumentation fehlt diesem Begriff nach der
                              ständerätlichen Ablehnung des Kleinkreditgesetzes in der Schlussabstimmung eine
                              rechtliche Definition. Der Bundesrat sprach sich gegen diese Teilrevision aus. Für ihn
                              stellt das Fehlen einer rechtlichen Definition keinen Mangel dar, da auch andere im
                              UWG verwendete Begriffe, wie z. B. "aggressive Verkaufsmethoden" oder "Leistungen",
                              rechtlich nicht definiert sind. Zudem rief er in Erinnerung, dass es bei den
                              Bestimmungen des UWG über das Kleinkreditwesen lediglich um die Lauterkeit in der
                              Werbung und bei der Vertragsvorbereitung gehe und nicht um den Sozialschutz für
                              Kleinkreditnehmer. Der Ständerat folgte indessen seiner Kommission und strich mit
                              22:17 Stimmen die umstrittenen Artikel. Die vorberatende Nationalratskommission
                              schloss sich demgegenüber den Argumenten der Exekutive an und wird dem Plenum
                              Ablehnung empfehlen. 1

VOLKSINITIATIVE               Der Nationalrat befasste sich in der Herbstsession als Erstrat mit der zweiten
DATUM: 03.10.1990
HANS HIRTER
                              Preisüberwachungsinitiative und dem dazu vom Bundesrat vorgelegten indirekten
                              Gegenvorschlag. Dabei geht es primär um den Einbezug der Zinsen und der
                              administrierten, d.h. von politischen Behörden festgelegten oder bewilligten Preise in
                              die bestehende Uberwachung der Preise, auf kartellierten oder sonst
                              wettbewerbsschwachen Märkten. Im Vorfeld der Debatte hatten sich die Banken und
                              der Vorort gegen einen Ausbau der Preisüberwachung ausgesprochen. Pikanterweise
                              hatte der Nationalrat unmittelbar vor dieser Beratung einer dringlichen, aber zeitlich
                              befristeten wettbewerbspolitischen Kontrolle der Hypothekarzinsen zugestimmt. Mit
                              diesem Zugeständnis gegenüber den Mietern war die Annahme des Gegenentwurfs
                              bereits vorgespurt. Obwohl sich die vorberatende Kommission nur äusserst knapp für
                              Eintreten auf den Gegenvorschlag ausgesprochen hatte, wurde ein von der SVP, der LP
                              und einer Minderheit der FDP unterstützter Nichteintretensantrag deutlich abgelehnt.
                              In der Detailberatung setzten sich durchwegs die Formulierungen des Bundesrates
                              durch. Da damit die Anliegen der Initiantinnen praktisch vollständig erfüllt waren,
                              erwuchs dem Antrag, die Volksinitiative zur Ablehnung zu empfehlen, auch von seiten
                              der Linken und des LdU keine Opposition. Der Ständerat schloss sich ohne grosse
                              Diskussion dem Nationalrat an und schuf nur einige unbedeutende Differenzen, welche
                              im Berichtsjahr noch nicht bereinigt worden sind. 2

MOTION                        Nach Ansicht von Nationalrat Eisenring (cvp, ZH) wird das für die wettbewerbsrechtliche
DATUM: 22.03.1991
HANS HIRTER
                              Aufsicht zuständige Fachorgan des Bundes, die Kartellkommission, den zukünftigen
                              Anforderungen nicht mehr genügen können. Gerade die europäische Integration werde
                              an die Wettbewerbsaufsicht Aufgaben herantragen, welche nicht mehr von einer
                              nebenamtlichen Expertenkommission und ihrem kleinen Sekretariat bewältigt werden
                              könnten. Er wollte deshalb den Bundesrat mit einer Motion beauftragen, dem
                              Parlament die Schaffung eines Bundesamtes für Wettbewerb vorzuschlagen. Nachdem
                              der Bundesrat betont hatte, dass er im Moment und auch in naher Zukunft keine
                              Notwendigkeit für die Ersetzung der Kartellkommission erkennen könne, überwies der
                              Nationalrat den Vorstoss diskussionslos als Postulat. 3

                              ANNÉE POLITIQUE SUISSE — AUSGEWÄHLTE BEITRÄGE DER SCHWEIZER POLITIK       01.01.88 - 01.01.18   2
VOLKSINITIATIVE         Nachdem die wenigen noch verbliebenen Differenzen rasch ausgeräumt waren,
DATUM: 06.09.1991
HANS HIRTER
                        verabschiedeten beide Räte die Revision des Preisüberwachungsgesetzes. Damit sind
                        Zinsen in kartellierten oder wettbewerbsschwachen Märkten sowie von der Verwaltung
                        festgelegte oder genehmigte Preise, Prämien und Tarife ebenfalls der
                        Preisüberwachung unterstellt. Da mit diesem indirekten Gegenvorschlag die
                        Hauptanliegen der zweiten Preisüberwachungsinitiative erfüllt waren, wurde diese
                        zurückgezogen. Die neuen Bestimmungen wurden auf den 1. Oktober in Kraft gesetzt. 4

POSTULAT                Unter den verschiedenen wettbewerbshemmenden Faktoren der schweizerischen
DATUM: 10.12.1991
HANS HIRTER
                        Wirtschaft geriet auch die staatliche Auftragsvergebung unter Beschuss. Der Ständerat
                        überwies ein Postulat Gadient (svp, GR), welches eine Revision der eidgenössischen
                        Submissionsverordnung verlangt. Diese soll insbesondere zum Ziel haben,
                        wettbewerbsverzerrende und verteuernde Vorschriften zu eliminieren. 5

BUNDESRATSGESCHÄFT      Seit Jahren haben unseriöse Firmen die in bezug auf die Definition des
DATUM: 24.08.1992
HANS HIRTER
                        Betrugstatbestands grosszügige schweizerische Gesetzgebung ausgenützt, um von hier
                        aus im Ausland mit irreführenden Angaben Dienstleistungen anzubieten. Insbesondere
                        waren Firmen aktiv geworden, welche für Einträge in private Markenregister sowie
                        Telex- und Telefaxverzeichnisse, welche als amtliche Verzeichnisse angepriesen
                        wurden, Rechnung stellten. Dieses Vorgehen gilt in der Schweiz bloss als einfache, d.h.
                        nicht "arglistige" Täuschung und wird nur auf Antrag von Kunden, Konkurrenten,
                        Unternehmer- und Konsumentenorganisationen verfolgt. Geschädigte im Ausland
                        verzichten jedoch oft auf eine Anzeige, weil sie diese Rechtslage nicht kennen oder weil
                        ihnen die Umtriebe zu gross erscheinen. Um derartige Geschäftsmethoden, welche das
                        Ansehen der Schweiz im Ausland beeinträchtigen, wirksamer bekämpfen zu können,
                        hatte der Bundesrat 1991 eine Revision des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb
                        (UWG) beantragt. Als Neuerung schlug er vor, dass in Unlauterkeitsfällen, die den guten
                        Ruf der Schweiz im Ausland beeinträchtigen, der Bund ein quasi stellvertretendes
                        Klagerecht erhält. Das Parlament stimmte diesem Vorschlag zu, nachdem es auf Antrag
                        der Nationalratskommission noch ergänzt hatte, dass dem Bund diese Kompetenz nur
                        dann zukommt, wenn die klageberechtigte Person im Ausland ansässig ist. 6

STUDIEN / STATISTIKEN   Auch ohne gesetzgeberische Entscheide führte der politische Druck und das Streben
DATUM: 03.09.1992
HANS HIRTER
                        nach einer Anpassung an die Verhältnisse in der EG zu einer Auflösung von Kartellen.
                        Nachdem sich 1991 das Bierkartell aufgelöst hatte, folgten im Berichtsjahr die
                        Zigarettenfabrikanten diesem Beispiel. 7

POSTULAT                Der Nationalrat stimmte einer Motion seiner Kommission für Wirtschaft und Abgaben
DATUM: 14.09.1992
HANS HIRTER
                        zu, welche unter anderem die Einführung der im EG-Kartellrecht praktizierten
                        wettbewerbspolitischen Fusionskontrolle verlangte. Der Bundesrat hatte diese Motion
                        ohne Erfolg bekämpft, da sie auch die Ersetzung der Kartellkommission durch ein
                        Bundesamt für Wettbewerb forderte. Er erklärte, dass diese organisatorische Anderung
                        im Rahmen der Vorarbeiten zur eingeleiteten Teilrevision des Kartellgesetzes abgeklärt
                        werde und sich Experten in einem früheren Vorentwurf negativ dazu ausgesprochen
                        hätten. Mit diesem Argument hatte Bundesrat Delamuraz in der Frühjahrssession noch
                        die Umwandlung einer Motion Loeb (fdp, BE) in ein Postulat erreichen können. Eine von
                        Jaeger (ldu, SG) eingereichte parlamentarische Initiative, welche ein Kartellverbot
                        fordert, ist vom Nationalrat noch nicht behandelt worden. 8

MOTION                  Im Rahmen der gemeinsam von den bürgerlichen Parteien getragenen Vorstösse für
DATUM: 14.12.1992
HANS HIRTER
                        eine Revitalisierung der Wirtschaft hatte die Liberale Partei in beiden Räten Motionen
                        für ein verschärftes Wettbewerbsrecht eingereicht. Diese verlangten insbesondere
                        eine Öffnung der von staatlichen Regiebetrieben dominierten Märkte, eine
                        Liberalisierung der Submissionspraxis und eine Fusionskontrolle, hingegen kein
                        Kartellverbot. Der Nationalrat überwies die von Gros (lp, GE) vertretene Motion in der
                        Dezembersession. Der Ständerat, dem eine identische Motion Coutau (lp, GE) vorlag,
                        schloss sich diesem Entscheid an, allerdings mit einer Ausnahme: die Forderung nach
                        einer Offnung der von staatlichen Unternehmen beherrschten Märkte überwies er bloss
                        als Postulat. 9

                        ANNÉE POLITIQUE SUISSE — AUSGEWÄHLTE BEITRÄGE DER SCHWEIZER POLITIK        01.01.88 - 01.01.18   3
POSTULAT             Der Nationalrat befasste sich mit der im Vorjahr eingereichten parlamentarischen
DATUM: 17.03.1993
HANS HIRTER
                     Initiative Jaeger (ldu, SG) für einen Wechsel von der Missbrauchsgesetzgebung zu einer
                     in der Verfassung verankerten Kartellverbotsregelung. Eine relativ knappe Mehrheit
                     der vorberatenden Kommission fand, dass das Kartellrecht zwar einer dringenden
                     Revision bedürfe und reichte zu diesem Zweck auch ein Postulat ein. Da der von Jaeger
                     eingeschlagene Weg angesichts der Vorarbeiten der Regierung zu umständlich sei,
                     schlug sie aber eine Ablehnung seines Vorstosses vor. Gegen den Widerstand der SP,
                     des LdU und der GP hiess der Rat diesen Antrag gut. Der Ständerat beriet die im Vorjahr
                     von der grossen Kammer überwiesene Motion für die Umwandlung der
                     Kartellkommission in ein Kartellamt und für eine Fusionskontrolle. Da er beide Anliegen
                     mehrheitlich skeptisch beurteilte, wandelte er den Vorstoss in ein Postulat um. 10

BUNDESRATSGESCHÄFT   Ein wesentliches Element des vom Bundesrat im Januar vorgestellten
DATUM: 22.12.1993
HANS HIRTER
                     Revitalisierungsprogramms für die Schweizerische Wirtschaft bildete die Ankündigung
                     einer Revision des Kartellgesetzes. Ende Oktober gab der Bundesrat den Vorentwurf in
                     die Vernehmlassung. Gestützt auf die Vorschläge einer von ihm eingesetzten
                     Studienkommission möchte er Kartelle zwar nicht gänzlich verbieten, jedoch
                     Absprachen für die Bereiche Preise, Mengen und Gebietsaufteilungen als Behinderung
                     des wirksamen Wettbewerbs erklären und deshalb im Normalfall nicht mehr zulassen.
                     Zudem sprach er sich auch für die Einführung einer Genehmigungspflicht für Fusionen
                     ab einer bestimmten Umsatzsumme aus. Die Klageberechtigung gegen kartellistische
                     Praktiken soll neben betroffenen Firmen, Privatpersonen und Branchenverbänden auch
                     den Konsumentenorganisationen zugesprochen werden. Auf organisatorischer Ebene
                     schlug der Bundesrat die Schaffung eines Bundesamtes für die Durchführung von
                     Marktuntersuchungen vor sowie die Umwandlung der bestehenden Kartellkommission
                     in einen Wettbewerbsrat mit Entscheidungskompetenzen. Bereits vor der
                     Vernehmlassung hatte der Vorort Kritik an einer Fusionskontrolle geübt und der
                     Gewerbeverband grundsätzliche Einwände gegen eine Verschärfung des
                     Wettbewerbsrechts angemeldet. 11

BUNDESRATSGESCHÄFT   Im Rahmen der im Vorjahr eröffneten Vernehmlassung zu einem neuen Kartellgesetz
DATUM: 22.10.1994
HANS HIRTER
                     sprachen sich der SGV und der ihm angehörende Baumeisterverband gegen die
                     beabsichtigte Verschärfung aus und warnten vor negativen Folgen für Klein- und
                     Mittelbetriebe. Die Parteien äusserten sich grundsätzlich positiv. Gemeinsam mit dem
                     Vorort, der Bankiervereinigung - beide begrüssten die Verschärfung des Kartellgesetzes
                     - und dem SGV sprachen sich die drei bürgerlichen Bundesratsparteien allerdings
                     gegen die vorgesehene Fusionskontrolle aus. Die von den erwähnten Gruppierungen
                     vorgebrachte Kritik an der Schaffung eines Bundesamtes für Wettbewerb (anstelle einer
                     verwaltungsunabhängigen Kommission) wurde auch von der SP geteilt. 12

BUNDESRATSGESCHÄFT   Ende November verabschiedete der Bundesrat seine Botschaft für eine Totalrevision
DATUM: 23.11.1994
HANS HIRTER
                     des Kartellgesetzes. Er hielt dabei an den Leitlinien des Vernehmlassungsentwurfs fest.
                     Kartelle werden nicht grundsätzlich verboten, da dafür die Verfassungsgrundlagen
                     fehlen. Im Gegensatz zur geltenden Regelung sollen aber nicht mehr Vor- und Nachteile
                     von kartellistischen Absprachen abgewogen werden (Saldomethode), sondern
                     horizontale Absprachen - d.h. solche zwischen Unternehmen, die potentiell
                     miteinander in Wettbewerb stehen - in bezug auf Preise, Mengen und
                     Gebietsaufteilungen generell als Massnahmen zur Verhinderung eines wirksamen
                     Wettbewerbs bezeichnet und deshalb als unzulässig erklärt werden. Ausnahmen von
                     diesem Prinzip sollen aus politischen Gründen zwar möglich bleiben, müssen aber vom
                     Bundesrat beschlossen werden. Übrige Marktvereinbarungen sollen in denjenigen Fällen
                     erlaubt bleiben, wo sie die wirtschaftliche Effizienz verbessern. Das neue Gesetz richtet
                     sich nicht nur gegen Kartelle, sondern soll auch missbräuchliche Praktiken
                     marktbeherrschender Unternehmen sowohl auf der Angebots- als auch auf der
                     Nachfrageseite verhindern.

                     ANNÉE POLITIQUE SUISSE — AUSGEWÄHLTE BEITRÄGE DER SCHWEIZER POLITIK         01.01.88 - 01.01.18   4
BUNDESRATSGESCHÄFT   An der Genehmigungspflicht für Fusionen hielt die Regierung fest. Sie berücksichtigte
DATUM: 23.11.1994
HANS HIRTER
                     aber die Kritik des Vororts insofern, als dass sie die Kriterien für die Unterstellung unter
                     die Genehmigungspflicht verstärkt auf die Verhinderung marktbeherrschender
                     Stellungen auf dem Inlandmarkt ausrichtete. Nicht nur der Umsatz der geplanten
                     Vereinigung soll dabei eine Rolle spielen, sondern zusätzlich auch der in der Schweiz
                     erzielte Umsatz der beiden grössten daran beteiligten Unternehmen. Damit ist der Kauf
                     von nur im Ausland tätigen Firmen durch schweizerische Gesellschaften nicht
                     bewilligungspflichtig. Die Genehmigung von Fusionen soll zudem nur verweigert werden
                     dürfen, wenn durch den Zusammenschluss der wirksame Wettbewerb beseitigt würde.

BUNDESRATSGESCHÄFT   Die in die Vernehmlassung gegebenen Vorschläge für den institutionellen Bereich
DATUM: 23.11.1994
HANS HIRTER
                     wurden ebenfalls abgeändert: Nicht ein eigenes Bundesamt soll die Untersuchungen
                     durchführen, sondern das Sekretariat der anstelle der Kartellkommission tretenden
                     Wettbewerbskommission, welche wie ihre Vorgängerin ein Expertenausschuss bleiben
                     soll. An den Untersuchungen des Sekretariats sollen sich gemäss den neuen
                     Bestimmungen nicht nur direkt geschädigte Unternehmen und ihre Verbände, sondern
                     auch Konsumentenschutzorganisationen beteiligen können. Als weitere Neuerung ist
                     geplant, dass das neue Gesetz auch auf öffentliche Unternehmungen anwendbar ist,
                     soweit in deren Tätigkeitsbereichen Wettbewerb vorgesehen ist; ist dieser nicht
                     vorgesehen, wird die Kommission wie bisher nur Empfehlungen abgeben dürfen. Der
                     Vorschlag des Bundesrats für ein neues Wettbewerbsrecht nähert sich zwar den EU-
                     Normen an, er verzichtet aber weiterhin auf ein Kartellverbot, das eine
                     Verfassungsänderung zur Voraussetzung hätte, und er ist zudem grosszügiger bei der
                     Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen. 13

ANDERES              Der einheitliche schweizerische Wirtschaftsraum wurde im Prinzip im letzten
DATUM: 23.11.1994
HANS HIRTER
                     Jahrhundert mit der Verlagerung der wirtschaftsrechtlichen Kompetenzen auf den
                     Bundesstaat geschaffen. Wegen der im Rahmen der föderalistischen Grundstruktur bei
                     den Kantonen verbliebenen Regelungskompetenzen konnten sich jedoch gewisse
                     Wettbewerbs- und Mobilitätshindernisse bis in die heutige Zeit halten. So führte
                     beispielsweise die kantonale Anerkennung von Fähigkeitsausweisen für bestimmte
                     Berufe zu einer Segmentierung des Arbeitsmarktes, und der freie Wettbewerb für
                     Anbieter von Gütern und Dienstleistungen wurde durch Wohnsitzanforderungen und
                     andere Vorschriften in den kantonalen Submissionsordnungen behindert. Die im
                     Zusammenhang mit dem EWR-Vertrag geführte Diskussion über den europäischen
                     Binnenmarkt hatte diese Wettbewerbshindernisse auf dem schweizerischen Markt
                     verstärkt ins Bewusstsein gerückt und die Kantone zum Handeln veranlasst. Die
                     kantonalen Erziehungsdirektoren hatten Anfang 1993 eine Vereinbarung über die
                     gegenseitige Anerkennung von Ausbildungsabschlüssen verabschiedet. Eine von den
                     Kantonen eingesetzte Arbeitsgruppe hatte wenig später Vorschläge für eine vollständige
                     Liberalisierung der Submissionsordnungen vorgelegt.

BUNDESRATSGESCHÄFT   Die im Vorjahr vom Bundesrat beantragte Totalrevision des Kartellgesetzes konnte im
DATUM: 04.10.1995
HANS HIRTER
                     Berichtsjahr verabschiedet werden. Kartellabsprachen über Preise, Produktionsmengen
                     und Gebietsaufteilungen (sogenannt harte Kartelle) sind damit in Zukunft grundsätzlich
                     verboten. Im Nationalrat war Eintreten unbestritten, obwohl die Fraktionssprecher der
                     SVP und der FP (Blocher und Dreher, beide ZH) keinen guten Faden an dem neuen
                     Gesetz liessen. Beide beurteilten das Gesetz als überflüssig, da sich in der Schweiz die
                     meisten Kartelle aufgelöst hätten, und kritisierten zudem, dass staatlich geregelte
                     Märkte von den Vorschriften ausgenommen sind. In der Detailberatung scheiterte ein
                     vom Gewerbevertreter Früh (fdp, AR) eingebrachter Antrag, unter bestimmten
                     Umständen sogenannte harte Kartelle weiterhin zuzulassen, mit 123:50 Stimmen. Die
                     vom          Bundesrat         vorgeschlagene          Genehmigungspflicht           für
                     Unternehmenszusammenschlüsse wurde auf Antrag der Kommissionsmehrheit durch
                     eine Meldepflicht ersetzt; je nach Einschätzung der neuen Marktverhältnisse könnte
                     dann die Wettbewerbskommission aktiv werden. Dabei setzte der Rat die
                     Umsatzgrenze, ab welcher Fusionen meldepflichtig sind, relativ hoch an (2 Mia Fr. resp.
                     500 Mio Fr. gemeinsamer Ausland- resp. Inlandumsatz; zudem je mindestens 100 Mio
                     Fr. Inlandumsatz der zwei grössten Partner). Für den Medienmarkt wurde wegen der in
                     diesem Bereich besonderen Bedeutung eines funktionierenden Wettbewerbs ein
                     deutlich niedrigerer Wert festgeschrieben.
                     Im Ständerat war Eintreten ebenfalls unbestritten. Bei den zulässigen Abweichungen
                     vom Verbot von Absprachen zwischen Unternehmen - das betrifft solche, die zur

                     ANNÉE POLITIQUE SUISSE — AUSGEWÄHLTE BEITRÄGE DER SCHWEIZER POLITIK           01.01.88 - 01.01.18   5
Erzielung von Rationalisierungseffekten vorgenommen werden - hielt der Rat explizit
                     fest, dass auch Vereinbarungen über die Verwendung von sogenannten
                     Kalkulationshilfen bei der Preisgestaltung zulässig sein sollen. Sonst schloss er sich
                     weitgehend den Entscheiden der grossen Kammer an, welche ihrerseits die Erweiterung
                     der erlaubten Ausnahmen übernahm. In der Schlussabstimmung wurde das neue Gesetz
                     vom Nationalrat mit 14 Gegenstimmen (v.a. aus der SVP und der FP), vom Ständerat
                     einstimmig verabschiedet. 14

BUNDESRATSGESCHÄFT   Das im Vorjahr präsentierte neue Binnenmarktgesetz wurde noch im Berichtsjahr
DATUM: 06.10.1995
HANS HIRTER
                     angenommen. Obwohl der Grundsatz des Abbaus von Handels- und
                     Mobilitätsschranken zwischen den Kantonen an sich unbestritten war, beantragte im
                     Nationalrat     eine     aus     rechtsbürgerlichen       Parlamentariern      gebildete
                     Kommissionsminderheit Nichteintreten. Sie hielten das Gesetz für staatspolitisch
                     bedenklich, weil es die Kompetenzen der Kantone tangiere, und zudem für überflüssig,
                     weil die Kantone in der Zwischenzeit die wichtigsten Liberalisierungsschritte vollzogen
                     und in Konkordaten verallgemeinert hätten. Sie wurden von den Fraktionen der SVP und
                     der FP sowie einer FDP-Minderheit unterstützt, unterlagen aber mit 110:28 Stimmen. In
                     der Detailberatung stimmte eine knappe, aus einer Koalition von Linken und
                     Gewerbevertretern gebildete Mehrheit dem Antrag des Liberalen Eymann (BS) zu, dass
                     es bei öffentlichen Aufträgen zulässig sein soll, bei der Erbringung von Leistungen die
                     Einhaltung der ortsüblichen Arbeitsbedingungen zu verlangen. Diese Barriere gegen ein
                     mögliches Sozialdumping, welche der in der EU diskutierten Entsenderichtlinie
                     entspricht, wurde von der kleinen Kammer mit dem Argument gestrichen, dass dies
                     eine Benachteiligung von Anbietern aus wirtschaftlichen Randgebieten darstellen
                     würde, welche ihre Standortnachteile mit niedrigeren Löhnen kompensieren müssen.
                     Der Nationalrat schloss sich in der Differenzbereinigung gegen den Widerstand der SP
                     und der GP mit 81:49 Stimmen diesem Entscheid an. Auf Antrag von Ständerat Zimmerli
                     (svp, BE) nahm das Parlament zudem die Bestimmung auf, dass die Kantone eine von
                     der Verwaltung unabhängige Instanz schaffen müssen, welche Rekurse gegen die
                     Vergabe von Aufträgen behandelt. In der Schlussabstimmung über das neue Gesetz gab
                     es im Nationalrat zwei und im Ständerat eine Gegenstimme. 15

BUNDESRATSGESCHÄFT   Als dritten Schwerpunkt der Liberalisierung des Binnenmarktes neben der
DATUM: 06.10.1995
HANS HIRTER
                     Kartellgesetzrevision und dem Binnenmarktgesetz legte der Bundesrat im Februar den
                     Entwurf für ein neues Bundesgesetz über technische Handelshemmnisse vor.
                     Technische Handelshemmnisse bedeuten eine Beeinträchtigung des freien
                     Wettbewerbs im internationalen Warenverkehr, insbesondere durch unterschiedliche
                     technische Anforderungen an die Produkte, divergierende Messverfahren sowie
                     Nichtanerkennung von ausländischen Produkteprüfungen und -zulassungen. Soweit die
                     angestrebten     Vereinheitlichungs-  und    Deregulierungsmassnahmen     in   den
                     Kompetenzbereich des Bundesrates fallen, hatte er bereits im Anschluss an die EWR-
                     Abstimmung von Ende 1992 ein erstes Aktionspaket verabschiedet. Das Parlament
                     genehmigte die Vorlage noch in der Herbstsession. 16

MOTION               Der Nationalrat überwies mit dem Einverständnis des Bundesrats eine Motion David
DATUM: 06.10.1995
HANS HIRTER
                     (cvp, SG) für die reibungslose Zulassung von im Ausland (namentlich EU, USA und Japan)
                     erworbenen Motorfahrzeugen (sogenannte Parallelimporte). Konkret verlangt die
                     Motion eine sofortige Änderung von Art. 12 des Strassenverkehrsgesetzes. Auch die
                     Kartellkommission kritisierte die wettbewerbsbehindernde Auswirkung der
                     vorgeschlagenen neuen Homologisierungsverordnung. 17

MOTION               Das neue Kartellgesetz wurde, zusammen mit dem neuen Binnenmarktgesetz und dem
DATUM: 21.03.1996
HANS HIRTER
                     Bundesgesetz über technische Handelshemmnisse, vom Bundesrat auf den 1. Juli in
                     Kraft gesetzt. Nach dem Nationalrat überwies auch der Ständerat die Motion David (cvp,
                     SG) für eine reibungslose Zulassung von im Ausland gekauften Motorfahrzeugen (sog.
                     Parallelimporte). 18

                     ANNÉE POLITIQUE SUISSE — AUSGEWÄHLTE BEITRÄGE DER SCHWEIZER POLITIK        01.01.88 - 01.01.18   6
BUNDESRATSGESCHÄFT   Ohne Begeisterung, da diese Regulierung eigentlich als überflüssig beurteilt wurde,
DATUM: 08.10.1999
HANS HIRTER
                     stimmte der Nationalrat einem neuen Bundesgesetz über Bauprodukte zu, das im
                     Wesentlichen einer Umsetzung einer entsprechenden EU-Richtlinie entspricht. Die
                     Normierung dieser Erzeugnisse wurde nur deshalb als notwendig erachtet, weil sonst
                     schweizerische Hersteller auf dem europäischen Markt benachteiligt würden. Ohne
                     dieses Gesetz könnten Bauprodukte nicht mehr frei exportiert werden, sondern
                     müssten jeweils im betreffenden EU-Staat zugelassen werden. Mit einigen kleineren
                     Änderungen wurde das Gesetz von beiden Räten praktisch oppositionslos – im
                     Nationalrat stimmten einige Abgeordnete der Freiheits-Partei dagegen –
                     verabschiedet. 19

GERICHTSVERFAHREN    Das Bundesgericht hatte Ende 1999 ein für die Wettbewerbspolitik wichtiges Urteil in
DATUM: 26.02.2000
HANS HIRTER
                     bezug auf Parallelimporte gefällt (Fall Kodak). Es verbot derartige Parallelimporte für
                     Produkte mit noch laufendem Patentschutz. Falls dieses Verbot zu Monopolpreisen
                     führen sollte, müsste die Weko intervenieren. Bei der Beratung des neuen
                     Heilmittelgesetzes beschloss der Nationalrat gegen den Widerstand des Bundesrates,
                     der SVP und der FDP die Zulassung von Parallelimporten, falls diese Medikamente im
                     Herkunftsland nicht stark subventioniert werden. Nachdem die kleine Kammer diese
                     Liberalisierung abgelehnt hatte, krebste der Nationalrat zurück; Parallelimporte sind
                     demnach auch im Heilmittelbereich lediglich für nicht patentgeschützte Produkte
                     zulässig. Die WAK des Nationalrats reichte im Sommer eine Motion ein, welche via
                     Revision des Kartellgesetzes die Weko ermächtigen will, gegen die Verhinderung von
                     Parallelimporte einzuschreiten, sofern das Importgut aus einem Land mit ähnlichen
                     Zulassungsbedingungen stammt. 20

BUNDESRATSGESCHÄFT   Im Herbst gab der Bundesrat den Vorentwurf für eine Teilrevision des Kartellgesetzes
DATUM: 19.09.2000
HANS HIRTER
                     in die Vernehmlassung. Dabei hielt er fest, dass sich die 1996 vorgenommen
                     Änderungen bewährt hätten. Störendes Manko sei jedoch, dass unzulässige
                     Wettbewerbsbeschränkungen nicht wie in der EU oder den USA direkt sanktioniert
                     werden können (je nach erzielten Monopolgewinnen mit Bussen in Millionenhöhe),
                     sondern     erst    dann,    wenn      einer     entsprechenden      Anordnung       der
                     Wettbewerbskommission (Weko) keine Folge geleistet wird. Damit können die
                     Wettbewerbsbehörden nicht präventiv wirken. Diese Lücke solle mit der
                     vorgeschlagenen Revision geschlossen werden. Im weiteren beantragte die Regierung,
                     die Weko zu einem kleineren und ausschliesslich aus unabhängigen Experten gebildeten
                     Gremium umzubauen. Die Reaktionen waren überwiegend negativ. Sowohl Arbeitgeber-
                     als auch Arbeitnehmerorganisationen protestierten gegen den geplanten Hinauswurf
                     aus der zu verkleinernden Weko. Die direkten Sanktionen wurden insbesondere vom
                     Gewerbeverband und von der SVP abgelehnt. Aber auch der Gewerkschaftsbund sprach
                     sich aus der Befürchtung, dass damit die Weko überfordert wäre, dagegen aus. Das
                     Anliegen einer verschärften Sanktionierung von Wettbewerbsbeschränkungen bildete
                     auch den Inhalt einer vom Nationalrat diskussionslos überwiesenen Motion Jans (sp, ZG;
                     99.3307); der Ständerat stimmte ihr ebenfalls zu. Bereits zu Jahresbeginn hatte sich die
                     Weko für die im Vernehmlassungsentwurf enthaltenen Neuerungen stark gemacht. 21

MOTION               Nachdem die GPK-NR im Vorjahr zum Schluss gekommen war, dass die Kantone bisher
DATUM: 30.06.2001
HANS HIRTER
                     wenig Eifer bei der Umsetzung des Binnenmarktgesetzes gezeigt hätten,
                     verabschiedete der Nationalrat zwei von ihr eingereichte Motionen (00.3407; 00.3408)
                     für eine Stärkung der Position der Wettbewerbskommission, welche die Einhaltung des
                     Rahmengesetzes überwacht. Sie soll erstens nicht nur Empfehlungen abgeben dürfen,
                     sondern Widerhandlungen gegen das Binnenmarktgesetz vor Gericht bringen können,
                     und zweitens für Fälle, bei denen sie nicht Partei ist, über ein Anhörungsrecht vor dem
                     Bundesgericht verfügen. 22

BUNDESRATSGESCHÄFT   Ende 2001 legte der Bundesrat seine Botschaft für eine Teilrevision des Kartellgesetzes
DATUM: 07.11.2001
HANS HIRTER
                     vor. Er hielt am Hauptelement, den direkten Sanktionen gegen harte Kartelle und den
                     Missbrauch von Marktmacht fest. Zudem schuf er eine Art Kronzeugenregelung für
                     Unternehmen, welche bei der Aufdeckung von Kartellen helfen. Diesen soll ein Voll-
                     oder Teilerlass der Sanktionen gewährt werden. Auf die in der Vernehmlassung breit
                     kritisierte Umgestaltung der Wettbewerbskommission in eine reine Fachkommission
                     ohne Vertreter der Interessenverbände verzichtete er hingegen. 23

                     ANNÉE POLITIQUE SUISSE — AUSGEWÄHLTE BEITRÄGE DER SCHWEIZER POLITIK        01.01.88 - 01.01.18   7
VERWALTUNGSAKT       Bei der Auslegung des zur Zeit noch gültigen Kartellgesetzes beschloss die
DATUM: 11.01.2002
HANS HIRTER
                     Wettbewerbskommission eine strengere Praxis, welche Elemente der sich in der
                     Beratung befindenden Gesetzesrevision vorausnahm. Sie teilte mit, dass sie in Zukunft
                     vertikale Abreden (also Absprachen zwischen Produzenten/Lieferanten und Händlern)
                     grundsätzlich als erhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs erachten wird, wenn
                     sie sich auf Preise oder auf eine geografische Begrenzung des Verkaufsgebiets
                     beziehen. Erhebliche Wettbewerbsbeschränkungen sind vom Gesetz verboten, wenn
                     sie sich nicht durch eine Steigerung der wirtschaftlichen Effizienz rechtfertigen
                     lassen. 24

MOTION               Der Ständerat fand wenig Gefallen an den beiden Motionen, welche der Nationalrat im
DATUM: 14.03.2002
HANS HIRTER
                     Vorjahr zum Zweck einer effektiveren Umsetzung des Binnenmarktgesetzes
                     verabschiedet hatte. Er teilte zwar die Kritik am Ungenügen der geltenden
                     Bestimmungen, beurteilte aber in Übereinstimmung mit dem Bundesrat die beiden sich
                     auf Verfahrensregeln beschränkenden Motionen als ungenügend. Diejenige, welche der
                     Wettbewerbskommission ein Beschwerderecht gegen letztinstanzliche kantonale
                     Entscheide beim Bundesgericht einräumte (00.3407), überwies er als Postulat;
                     diejenige, welche das Bundesgericht in allen Fällen zur Anhörung der Weko verpflichtet
                     (00.3408), lehnte er als unzulässige Einmischung in die Arbeitsweise des Gerichts ab. 25

BUNDESRATSGESCHÄFT   In dieser Detailberatung setzte sich der Antrag der Kommissionsmehrheit durch, bei
DATUM: 26.09.2002
HANS HIRTER
                     patentgeschützten Gütern (z.B. Medikamente) Parallelimporte nicht zuzulassen, aber
                     diese Marktsegmente der Beurteilung durch das Wettbewerbsrecht zu unterstellen, um
                     ein Ausnützen der Monopolsituation zu verhindern. Die SVP hatte gegen diese
                     Unterstellung, welche im ursprünglichen Entwurf des Bundesrats noch nicht enthalten
                     war, vergeblich opponiert. Sie betreffen vor allem die Modalitäten und Zuständigkeiten
                     bei wettbewerbsrechtlichen Verfahren. Bei bloss marken- oder urheberrechtlich
                     geschützten Gütern sind in der Schweiz Parallelimporte erlaubt. In einem Bericht
                     zuhanden der WAK-NR hielt der Bundesrat fest, dass er nicht vorhabe, den
                     Parallelimport von patentrechtlich geschützten Gütern zuzulassen. Heftig umstritten
                     war im weiteren die Schärfe der Bestimmungen bei der Beurteilung von vertikalen
                     Absprachen. Bei derartigen Verpflichtungen zwischen Produzent und Händler wird neu
                     automatisch eine unzulässige Wettbewerbsbehinderung vermutet, wenn sie sich auf
                     Preise und Absatzgebiete beziehen (die Weko hatte zuvor beschlossen, bereits das
                     geltende Gesetz in diesem Sinn zu interpretieren). Eine aus FDP- und SVP-
                     Abgeordneten gebildete knappe Mehrheit konnte verhindern, dass auch Absprachen
                     über exklusive Vertriebssysteme gleich streng beurteilt werden. Weniger erfolgreich
                     war die Linke mit ihrem Versuch, vertikale Absprachen im Büchermarkt
                     (Buchpreisbindung) explizit für zulässig zu erklären, da sie der Erhaltung der kulturellen
                     Vielfalt dienten und damit im öffentlichen Interesse liegen würden (das Bundesgericht
                     bestätigte später in einem Rekursentscheid die bisherige rechtliche Zulässigkeit der
                     Buchpreisbindung). Da das Echo in der Vernehmlassung vorwiegend negativ ausgefallen
                     war, hatte der Bundesrat auf die ursprüngliche Absicht verzichtet, die
                     Wettbewerbskommission           ausschliesslich     aus       unabhängigen      Experten
                     zusammenzusetzen. Der Nationalrat beschloss immerhin, dass Mitglieder der Weko ihre
                     Interessenbindungen in einem Register publizieren müssen. Ein von der Linken
                     eingebrachter Antrag, dass diese während ihrer Amtsdauer keine wirtschaftliche
                     Tätigkeit ausüben dürfen, welche ihre Unabhängigkeit beeinträchtigen könnte, fand
                     hingegen keine Mehrheit. Bei den Strafbestimmungen, welche als Neuerung die
                     Verhängung von Strafen ohne vorangehende Verwarnung bringen, lehnte der Rat von
                     der SVP-Fraktion und einer Minderheit der FDP unterstützte Anträge für weniger hohe
                     Bussen und für den Verzicht auf eine Kronzeugen- resp. Bonusregelung (Strafmilderung
                     oder -erlass für Kartellmitglieder, welche an der Aufdeckung mitgewirkt haben) ab. Die
                     Gegner dieser im schweizerischen Recht neuen Kronzeugenregelung hatten gewarnt,
                     dass damit ein Klima der Denunziation geschaffen werde. Aber auch ein Antrag der
                     Linken, dass nicht nur fehlbare Unternehmen, sondern auch die Mitglieder ihrer
                     Verwaltungsräte und Geschäftsleitungen persönlich bestraft werden, fand keine
                     Mehrheit. In der Gesamtabstimmung verabschiedete der Nationalrat die
                     Gesetzesrevision mit 104:42 Stimmen; die Gegenstimmen kamen von der
                     geschlossenen SVP-Fraktion, welche das Gesetz als Angriff auf die KMU bezeichnete,
                     und einigen wenigen Abgeordneten der FDP und der LP.
                     In einer Zusatzbotschaft beantragte der Bundesrat zudem noch die Aufnahme einiger
                     Änderungen, welche sich aus dem mit der EU im Rahmen der bilateralen Verträge 1999
                     abgeschlossenen Luftverkehrsabkommen aufdrängen. 26

                     ANNÉE POLITIQUE SUISSE — AUSGEWÄHLTE BEITRÄGE DER SCHWEIZER POLITIK          01.01.88 - 01.01.18   8
BUNDESRATSGESCHÄFT   Eine im Jahr 2000 von der parlamentarischen Verwaltungskontrollstelle publizierte
DATUM: 24.11.2004
HANS HIRTER
                     Analyse hatte ergeben, dass das 1995 beschlossene Binnenmarktgesetz sein wichtigstes
                     Ziel, die landesweite Öffnung von kantonal reglementierten und segmentierten Märkten,
                     nicht erreicht hat. Infolge restriktiver kantonaler Zulassungsvorschriften seien
                     bestimmte Märkte (z.B. Sanitär- oder Taxigewerbe) immer noch stark segmentiert und
                     damit dem freien Wettbewerb entzogen. Eine vom EVD anfangs 2003 eingesetzte
                     Expertenkommission schlug vor, das Binnenmarktgesetz mit einer Teilrevision
                     wirksamer auszugestalten. So soll insbesondere nicht nur der freie Marktzugang (bei
                     Erfüllung der Vorschriften des Herkunftskantons), sondern auch die gewerbliche
                     Niederlassung garantiert werden. Die Verweigerung der Gewerbeniederlassung wäre
                     nur noch in gut begründeten Ausnahmefällen zulässig. Um eine Benachteiligung von
                     Inländern gegenüber Konkurrenten aus der EU zu vermeiden, soll zudem dort, wo keine
                     interkantonale Abkommen bestehen, die Anerkennung der Fähigkeitszeugnisse nach
                     dem Muster des EU-Anerkennungsverfahrens geschehen. Da die Erfahrung mit dem
                     bestehenden Gesetz gezeigt hatte, dass betroffene Individuen nur selten gegen
                     effektive Marktbehinderungen klagen, beantragte die Expertenkommission schliesslich
                     auch noch, der Eidg. Wettbewerbskommission ein Beschwerderecht einzuräumen
                     (bisher durfte sie bei wettbewerbsfeindlichen Entscheiden von kantonalen und
                     kommunalen Behörden bloss Empfehlungen abgeben). Die im Frühling des
                     Berichtsjahres durchgeführte Vernehmlassung fiel mehrheitlich positiv aus. Kritik
                     namentlich an der Ausweitung des freien Marktzugangs kam vor allem von den Kantonen
                     Genf und Waadt; aber auch Westschweizer Unternehmerverbände sprachen sich gegen
                     die angestrebte Wettbewerbsverschärfung aus. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund
                     lehnte den Expertenentwurf zwar nicht ab, kritisierte aber grundsätzlich die
                     Liberalisierung der Märkte. Der Bundesrat sah sich durch diese Einwände jedoch nicht
                     zu einem Kurswechsel veranlasst. Er leitete die Teilrevision des Binnenmarktgesetzes
                     weitgehend in der von den Experten ausgearbeiteten Fassung dem Parlament zu. 27

BUNDESRATSGESCHÄFT   Der Nationalrat behandelte in der Wintersession eine Revision des Patentrechts. Primär
DATUM: 29.11.2006
HANS HIRTER
                     geht es dabei um die für die Forschung wichtige Einführung eines Patentschutzes für
                     biotechnologische Erfindungen. Vorgeschlagen hatte der Bundesrat aber auch, ein
                     Verbot des Parallelimports patentrechtlich geschützter Waren ins Patentgesetz
                     aufzunehmen. Dieses Verbot stützt sich zur Zeit allein auf ein Bundesgerichtsurteil (so
                     genannter Kodak-Entscheid) und nicht auf einen expliziten Gesetzesparagraphen ab.
                     Die vorberatende Kommission des Nationalrats sprach sich dagegen aus. Sie regte an,
                     diesen Teil aus dem Patentgesetz auszuklammern und in einer separaten Vorlage zu
                     präsentieren. Damit soll verhindert werden, dass die bereits wegen ihrem
                     biotechnologischen Aspekt nicht unbestrittene Vorlage in einem allfälligen
                     Referendumskampf zusätzliche Angriffsfläche bietet. Der Bundesrat erklärte sich mit
                     diesem Vorgehen einverstanden und auch der Nationalrat stimmte zu. Grundsätzlich
                     engagierten sich von den politischen Akteuren die FDP, die SVP, Economiesuisse sowie
                     die Pharma-Industrie für eine gesetzliche Verankerung des Verbots der Parallelimporte
                     patentrechtlich geschützter Waren, während SP, CVP, Detailhandel, Gewerbeverband,
                     Bauernverband, Konsumentenorganisation und auch die Weko dagegen waren. Im
                     Sommer war der Bundesrat, der bisher das Verbot unterstützt hatte, etwas von seiner
                     Haltung abgewichen. Er gab bekannt, dass er sich im Rahmen eines Abkommens mit der
                     EU über den Agrarfreihandel für diesen Bereich eine Zulassung von Parallelimporten
                     patengeschützter Güter (z.B. Dünger oder Pflanzenschutzmittel) aus der EU vorstellen
                     könnte. Hintergrund dieser Erklärung war, den Landwirten die angestrebte
                     Marktöffnung für Landwirtschaftserzeugnisse mit der Möglichkeit des Imports von
                     billigeren Produktionsmitteln etwas erträglicher zu machen. 28

MOTION               Die Einführung des so genannten Cassis-de-Dijon-Prinzips (d.h. die volle Anerkennung
DATUM: 30.11.2006
HANS HIRTER
                     der Zulassungsprüfungen und Deklarationsvorschriften anderer Länder, auch wenn
                     deren Bestimmungen von den landeseigenen abweichen) im Warenverkehr mit der EU
                     wurde weiterhin gefordert. Angesichts der Widerstände in der EU, ein entsprechendes
                     gegenseitiges Abkommen mit der Schweiz abzuschliessen, machte sich namentlich die
                     FDP stark für eine einseitige Einführung durch die Schweiz. Der Nationalrat überwies
                     wie im Vorjahr der Ständerat die Motion Hess (fdp, OW; 04.3473) für die einseitige
                     Einführung des Cassis-de-Dijon-Prinzips für Importe aus der EU, falls mit der EU keine
                     Einigung zustande kommt. Auch die Wettbewerbskommission stellte sich hinter diese
                     Forderung. Ein Teil der Wirtschaft und einige Politiker befürchten allerdings Nachteile
                     für die einheimischen Produzenten, wenn sich diese weiterhin an die schweizerischen
                     Vorschriften     aus    den     Bereichen     des      Umweltschutzes      oder    der

                     ANNÉE POLITIQUE SUISSE — AUSGEWÄHLTE BEITRÄGE DER SCHWEIZER POLITIK       01.01.88 - 01.01.18   9
Konsumenteninformation halten müssen, die Importgüter aber davon befreit sind. So
                     müssen etwa in der Schweiz obligatorische Warnhinweise auf Konsumgütern in den drei
                     Landessprachen Deutsch, Französisch und Italienisch angebracht sein, gemäss dem
                     Cassis-de-Dijon-Prinzip könnten aber auch Güter mit bloss einsprachiger
                     Warnbeschriftung importiert werden. In einer verwaltungsinternen Vernehmlassung
                     verlangten Bundesstellen zuerst etwa 130 und in einer zweiten Runde dann noch gut
                     100 Ausnahmen. Der Nationalrat überwies ein Postulat Baumann (svp, TG; 06.3151),
                     welches vom Bundesrat eine Liste mit allen von der schweizerischen Norm
                     abweichenden EU-Regeln für den Verkauf von Konsumgütern fordert. Im Herbst gab
                     Bundesrätin Leuthard bekannt, dass sie eine Revision des Gesetzes über technische
                     Handelshemmnisse eingeleitet habe, und gegen Jahresende wurde ein Vorentwurf dazu
                     in die Vernehmlassung gegeben. Dieser sieht einerseits als Schutzmassnahmen bei der
                     Einführung des Cassis-de-Dijon-Prinzips vor, dass sich inländische Hersteller, die auch
                     für den Export in einen EU-Staat produzieren, in Zukunft für den Verkauf in der Schweiz
                     an den Vorschriften dieses Landes orientieren dürfen. Andererseits sollen einige
                     wenige umwelt- oder gesundheitspolitisch begründete Ausnahmen vom Cassis-de-
                     Dijon-Prinzips gelten. 29

BUNDESRATSGESCHÄFT   Im März beauftragte der Bundesrat das EVD mit der Ausarbeitung des Vorentwurfs für
DATUM: 26.03.2009
HANS HIRTER
                     eine    Teilrevision   des    Kartellgesetzes. Dabei    soll    insbesondere    die
                     Wettbewerbskommission als unabhängige Behörde gestärkt werden. Diese
                     Stossrichtung war von einer Expertengruppe vorgeschlagen worden, welche die
                     Auswirkungen der letzten Kartellrechtsrevision von 2004 evaluiert hatte. Eine
                     ernsthafte Auseinandersetzung zeichnet sich beim Vorschlag einiger Experten ab, das
                     Verbot vertikaler Absprachen zu lockern. 30

VERWALTUNGSAKT       Das Wettbewerbsprinzip soll durch gezielte materielle Änderungen zusätzlich gestärkt
DATUM: 01.07.2010
SUZANNE SCHÄR
                     werden. Hierbei wird eine Verbesserung des Widerspruchsverfahrens, die Stärkung der
                     Zusammenschlusskontrolle sowie die einzelfallgerechte Analyse vertikaler Abreden
                     bezüglich ihrer wettbewerbshindernden bzw. –fördernden Wirkung angestrebt. Zudem
                     sollen die gesetzlichen Voraussetzungen für die internationale Zusammenarbeit der
                     Wettbewerbsbehörden und die Ausweitung des kartellrechtlichen Zivilverfahrens auf
                     die Endkunden geschaffen werden. Im Mai ernannte der Bundesrat den Neuenburger
                     Rechtsprofessor Vincent Martenet zum Präsidenten der Wettbewerbskommission. Er
                     trat Anfang Juli die Nachfolge von Walter Stoffel an. 31

BUNDESRATSGESCHÄFT   Im November legte der Bundesrat schliesslich die Eckwerte einer umfassenden
DATUM: 16.11.2011
LAURENT BERNHARD
                     Revision des Kartellgesetzes vor, welche die laufenden Reformvorhaben in eine Vorlage
                     integrierte. Im Zentrum standen neben dem Teilkartellverbot, die verbesserte Kontrolle
                     von Unternehmenszusammenschlüssen, wobei die in der Europäischen Union
                     geltenden Bestimmungen als Vorbild dienten, Sanktionsminderungen bei Vorliegen von
                     Compliance-Programmen sowie institutionelle Reformen (Mutation des Sekretariates
                     der Wettbewerbskommission zu einer Anklagebehörde sowie die Schaffung einer neuen
                     Kammer für Wettbewerbsrecht am Bundesverwaltungsgericht). Mit dieser Revision
                     verfolgte die Landesregierung das Ziel, die Wettbewerbsentscheide rechtsstaatlich
                     besser zu verankern und besonders schädliche Formen von Kartellabreden zu
                     verbieten. Zudem bezweckte sie, Fusionen zu untersagen oder mit Auflagen und
                     Bedingungen zu belegen, wenn Zusammenschlüsse zu einer erheblichen Behinderung
                     des Wettbewerbs führen, sofern sie nicht durch Effizienzgewinne kompensiert werden.
                     Der Bundesrat versprach dem Parlament bis Anfang 2012 die Botschaft zur
                     Kartellgesetzrevision im Rahmen eines Gesamtpakets vorzulegen. 32

BUNDESRATSGESCHÄFT   Im Februar des Berichtsjahres unterbreitete der Bundesrat dem Parlament eine
DATUM: 22.02.2012
LAURENT BERNHARD
                     Botschaft zur Revision des Kartellgesetzes. Das Ziel bestand darin, im Interesse einer
                     liberalen Marktordnung den Wettbewerb in der Schweiz zu intensivieren. Die
                     beantragte Revision setzte sich aus sechs Hauptpunkten zusammen. Erstens wurde eine
                     institutionelle Reform ins Auge gefasst, die auf die Schaffung einer unabhängigen
                     Wettbewerbsbehörde          sowie      eines     unabhängigen        erstinstanzlichen
                     Wettbewerbsgerichts abzielte. Zweitens beantragte der Bundesrat ein grundsätzliches
                     Verbot von horizontalen Preis-, Mengen- und Gebietsabreden sowie vertikalen
                     Preisbindungen und Gebietsabschottungen. Im Rahmen dieses Paradigmenwechsels

                     ANNÉE POLITIQUE SUISSE — AUSGEWÄHLTE BEITRÄGE DER SCHWEIZER POLITIK       01.01.88 - 01.01.18   10
sollten jedoch abweichende Rechtfertigungsmöglichkeiten zugelassen werden. Der
                        dritte Revisionspunkt betraf die Ausweitung der Klagelegitimation auf die Endkunden.
                        Bis dato waren nur jene Wirtschaftsteilnehmer zur Klage berechtigt, die in der
                        Aufnahme und Ausübung des Wettbewerbs behindert wurden. Viertens bezweckte die
                        Revision eine Stärkung und Vereinfachung der Zusammenschlusskontrolle, wobei eine
                        Orientierung an den in der Europäischen Union geltenden Bestimmungen im
                        Vordergrund stand. Fünftens schlug der Bundesrat als Antwort auf einer im Jahre 2010
                        überwiesenen Motion Schweiger (fdp, ZG) vor, dass wirksame und adäquate
                        Massnahmen zur Einhaltung von kartellrechtlichen Bestimmungen (sogenannte
                        Compliance-Programme)       als   sanktionsmildender      Faktor  für   Unternehmen
                        berücksichtigt werden konnten. Sechstens beinhaltete die Botschaft eine Verbesserung
                        des Widerspruchsverfahrens, das den betroffenen Unternehmen bei drohenden
                        Sanktionen frühzeitig Rechtssicherheit verschaffen sollte. 33

STUDIEN / STATISTIKEN   Für    Aufsehen     sorgte    im   Mai     die Bekanntgabe    der    Eidgenössische
DATUM: 25.05.2012
LAURENT BERNHARD
                        Wettbewerbskommission (WEKO) eine rekordhohe Busse von 156 Millionen Franken
                        gegen den deutschen Automobilhersteller BMW auszusprechen. Die Untersuchung der
                        WEKO wies nach, dass die Vertriebsverträge von BMW mit den zugelassenen Händlern
                        im EWR-Raum eine Exportverbotsklausel enthielten, welche den Verkauf von
                        Fahrzeugen und Originalteilen an Abnehmer in der Schweiz untersagten. Diese
                        Beschränkung von Direkt- und Parallelimporten wurde als unzulässige vertikale Abrede
                        im Sinne des Kartellgesetzes beurteilt. 34

BUNDESRATSGESCHÄFT      Im Mai unterzeichnete die Schweiz ein Wettbewerbsabkommen mit der EU. Dieses
DATUM: 25.09.2013
LAURENT BERNHARD
                        regelte die Zusammenarbeit zwischen den Wettbewerbsbehörden der beiden
                        Vertragsparteien, ohne dass das Wettbewerbsrecht harmonisiert wurde. Das
                        Abkommen setzte sich einen wirksameren Vollzug zum Ziel, indem es die gegenseitige
                        Mitteilung von entsprechenden Massnahmen und die Koordinierung von miteinander
                        verbundenen Sachverhalten ermöglichte. Darüber hinaus sollten im Falle von parallelen
                        Untersuchungsverfahren die Schweizerische Wettbewerbskommission (WEKO) und die
                        Generaldirektion Wettbewerb der EU-Kommission vertrauliche Informationen und
                        Beweismittel austauschen können. Bis dato konnten die Wettbewerbsbehörden davon
                        nur unter Einverständnis der von einem Verfahren betroffenen Unternehmen Gebrauch
                        machen. Bevor der Vertrag in Kraft treten konnte, mussten das EU-Parlament und die
                        Regierungen der Mitgliedsstaaten sowie die eidgenössischen Räte dem Abkommen
                        zustimmen. Nur wenige Tage nach Bekanntgabe des Vertragsabschlusses
                        verabschiedete der Bundesrat seine Botschaft. Darin vertrat die Landesregierung unter
                        anderem die Ansicht, dass das Abkommen einen Beitrag zur Bekämpfung der
                        “Hochpreisinsel Schweiz“ leisten würde. In der Herbstsession genehmigte der
                        Nationalrat das Wettbewerbsabkommen mit 128 zu 44 Stimmen. Einzig die Fraktion der
                        SVP sprach sich dagegen aus. Der Entscheid des Ständerats war am Jahresende noch
                        hängig. 35

STUDIEN / STATISTIKEN   Die Ungleichbehandlung zwischen inländischen und ausländischen Notaren führte im
DATUM: 11.10.2013
LAURENT BERNHARD
                        Berichtsjahr zu einer Uneinigkeit zwischen der Wettbewerbskommission (WEKO) und
                        den Kantonen. Das Tätigkeitsgebiet von inländischen Notaren war auf ihren jeweiligen
                        Kanton beschränkt. Gestützt auf das Freizügigkeitsabkommen mit der Europäischen
                        Union und das Berufsqualifikationsgesetz konnten derweil Notare aus der EU die
                        schweizweite Anerkennung ihrer Berufsqualifikation beantragen. Dieser Umstand führte
                        zu einer Inländerdiskriminierung, was gegen das Binnenmarktgesetz verstiess. Vor
                        diesem Hintergrund eröffnete die Wettbewerbskommission (WEKO) im März des
                        Berichtsjahrs eine Untersuchung, welche die Freizügigkeit der Notare ins Auge fasste.
                        Im Rahmen einer Vernehmlassung wurden die Kantone sowie die betroffenen
                        Bundesstellen zu einer Stellungnahme eingeladen. Im Oktober informierte die WEKO
                        die Kantone und den Bundesrat über die Ergebnisse ihrer Untersuchung. Die
                        Wettbewerbskommission empfahl den Kantonen, gleichwertige Ausbildungen von
                        freiberuflichen Notaren aus anderen Kantonen anzuerkennen. Einschränkende
                        Massnahmen        wie    Wohnsitzpflichten,      Gegenrechtsbestimmungen        oder
                        Staatsbürgerschaftserfordernisse sollten aufgehoben werden. Ferner sollten Kantone
                        mit Amtsnotariat bei der Stellenbesetzung auch ausserkantonal ausgebildete Notare
                        berücksichtigen. Die Kantone sprachen sich grossmehrheitlich gegen die Marktöffnung
                        aus. Sie waren der Auffassung, dass die Ausdehnung der Freizügigkeit in ihren
                        Kompetenzbereich eingriff und vertiefte Kenntnis über die lokalen Gegebenheiten

                        ANNÉE POLITIQUE SUISSE — AUSGEWÄHLTE BEITRÄGE DER SCHWEIZER POLITIK     01.01.88 - 01.01.18   11
notwendig waren, um öffentliche Beurkundungen durchzuführen. 36

BUNDESRATSGESCHÄFT   Der Ständerat befasste sich in der Frühjahrssession des Berichtsjahres als Erstrat mit
DATUM: 31.12.2013
LAURENT BERNHARD
                     der Revision des Kartellgesetzes. Auf institutioneller Ebene erteilte die kleine Kammer
                     der vom Bundesrat vorgeschlagenen Schaffung einer Gerichtsinstanz eine Abfuhr.
                     Ausschlaggebend für diesen Entscheid war die Befürchtung einer Verlängerung der
                     Verfahren. Stattdessen beschloss der Ständerat eine Professionalisierung und
                     Verkleinerung der Wettbewerbskommission (WEKO). Das zwölfköpfige Gremium, in dem
                     bis anhin auch Vertreter von vier Verbänden (Economiesuisse, Schweizerischer
                     Gewerbeverband,       Schweizerischer    Gewerkschaftsbund        und     Stiftung    für
                     Konsumentenschutz) Platz nahmen, sollte auf fünf unabhängige Sachverständige
                     reduziert werden. In Bezug auf das Teilkartellverbot, d.h. die Grundsatzverbote von
                     Preis-, Mengen- und Gebietsabreden zwischen Konkurrenten (Horizontalabreden)
                     sowie von vertikalen Preisbindungen und Gebietsabschottungen zwischen Produzenten
                     und Händlern (Vertikalabreden) folgte die kleine Kammer den bundesrätlichen
                     Anträgen. Der Ständerat sprach sich bei den Vertikalabreden dafür aus, im Einzelfall
                     abweichende Rechtfertigungsmöglichkeiten zuzulassen, sofern von solchen Abreden
                     eine effizienzsteigernde Wirkung ausging. Entgegen dem Vorschlag des Bundesrats
                     sollte die Beweisführung jedoch nicht den Unternehmen, sondern der
                     Wettbewerbsbehörde obliegen. Ausserdem legte der Ständerat fest, dass
                     wettbewerbsfördernde Arbeitsgemeinschaften und Poolverträge weiterhin zulässig
                     bleiben sollten. Diese Kooperationsformen waren in der Baubranche und in der
                     Versicherungsbranche häufig anzutreffen. Schliesslich sollten Bagatellfälle nicht von der
                     WEKO aufgegriffen werden. Für eine Überraschung sorgte die Annahme eines
                     Minderheitsantrags Hess (fdp, OW). Dieser sah – im Sinne einer im Vorjahr vom
                     Nationalrat angenommenen Motion Birrer-Heimo (sp, LU) – vor, dass Lieferanten aus
                     OECD-Ländern ihre Schweizer Kunden zu den dort üblichen Bedingungen beliefern
                     mussten. Dieser Entscheid, der die Bekämpfung der “Hochpreisinsel Schweiz“
                     bezweckte, kam deutlich mit 25 zu 12 Stimmen zu Stande. Vertreter der unterlegenen
                     Kommissionsmehrheit machten vergebens darauf aufmerksam, dass ein solcher
                     Lieferzwang für ausländische Unternehmen ohne Schweizer Niederlassung kaum
                     durchsetzbar war und der international gängigen Praxis widersprach. Nicht zuletzt
                     aufgrund des Umstandes, dass der Ständerat die Vorlage in gewissen Bereichen
                     grundlegend verändert und somit neue Fragen aufgeworfen hatte, beschloss die
                     Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats (WAK-NR) im April, den
                     Eintretensentscheid zu vertagen und weitere Abklärungen durchzuführen. Dies betraf
                     vor allem den Umbau der Wettbewerbskommission und die Frage des Lieferzwangs. In
                     der Presse wurde dies als Verzögerungstaktik einer aus Gewerbe- und
                     Gewerkschaftsvertretern bestehenden unheiligen Allianz interpretiert. Im Oktober gab
                     die WAK-NR bekannt, dass sich eine Mehrheit von 13 zu 9 Kommissionsmitgliedern
                     gegen das vom Ständerat beschlossene Teilkartellverbot ausgesprochen hatte. Ein
                     Gelingen der Gesetzesrevision erschien somit zunehmend ungewiss. 37

POSTULAT             Im September 2014 stimmte der Nationalrat mit 115 zu 68 Stimmen bei 3 Enthaltungen
DATUM: 18.09.2014
DAVID ZUMBACH
                     einem Postulat der FDP-Liberalen-Fraktion zu, welches den Bundesrat zur
                     Berichterstattung über Wettbewerbsverzerrungen durch staatliche Unternehmen
                     beauftragt. Insbesondere hat der Bundesrat dabei aufzuzeigen, wie private
                     Wettbewerbsteilnehmer vor staatlichen Einflüssen geschützt werden können. Der
                     Bundesrat beantragte seinerseits die Ablehnung des Postulats, weil er die politischen
                     Erfolgschancen eines Programms, das zur Umsetzung verfassungsrechtlicher Reformen
                     bedürfte, als zu "gering" einschätzte. Der Nutzen eines Berichtes sei aus diesem Grund
                     nicht gegeben. Mit Ausnahme der Vertreter der SP, der Grünen und Teilen der CVP war
                     die grosse Kammer jedoch anderer Meinung. 38

BUNDESRATSGESCHÄFT   Nachdem sich der Ständerat im März 2013 mit der Revision des Kartellgesetzes
DATUM: 17.10.2014
DAVID ZUMBACH
                     auseinandergesetzt und in einigen zentralen Punkten Anpassungen am bundesrätlichen
                     Entwurf vorgenommen hatte, sprach sich im Januar 2014 die Kommission für Wirtschaft
                     und Abgaben des Nationalrates (WAK-NR) gegen die Vorlage aus und stellte der grossen
                     Kammer den Antrag, nicht auf die Vorlage einzutreten. Die Gründe für die Ablehnung
                     waren     laut   Medienmitteilung      der    WAK-NR      unterschiedlich:     Einige
                     Kommissionsmitglieder begründeten ihren Entscheid damit, dass in der ständerätlichen
                     Detailberatung Bestimmungen aus der Vorlage gestrichen worden waren, die in ihren
                     Augen für die Stärkung des Wettbewerbs und die Bekämpfung der Schweizer

                     ANNÉE POLITIQUE SUISSE — AUSGEWÄHLTE BEITRÄGE DER SCHWEIZER POLITIK         01.01.88 - 01.01.18   12
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