Geschichte aus dem Papierkorb - zu einem ungewöhnlichen Bilderfund1 - Pfahlbauten Museum

Die Seite wird erstellt Damian Pfeiffer
 
WEITER LESEN
Geschichte aus dem Papierkorb -
                            zu einem ungewöhnlichen Bilderfund1
                                                                                              Gunter SCHÖBEL

     Résumé français page 467                               vermuteten aufgrund der Qualität aber, dass
     English abstract on page 479                           sie von Hoffmanns3 Firma stammen kön-
                                                            nten und dass die Bilder mit Zeiss oder Leitz
     Am 2. Dezember 1999 erhielt das Pfahlbaumu-            Objektiven gemacht wurden. Jetzt können
     seum Unteruhldingen ein E-mail vom George              wir den Anfang des fotografischen Bestandes
     Eastman House (GEH), Rochester, USA, einem             im GEH 5 Monate vordatieren. Wir stellen
     der größten Fotomuseen der Welt, mit ange-             Ihnen im Netz weitere 20 Filmrollen für die
     hängtem Bild, das ein Schiff mit Reisegruppe,          Identifizierung zu Verfügung.“
     ankommend im Hafen von Unteruhldingen
     zeigte (Abb.1), und einer Anfrage mit folgendem        Was wie eine ganz alltägliche Hilfsanfrage
     Text: „This photograph is in the museum col-           zwischen Museen begonnen hatte, war
     lection at George Eastman House in Rochester,          plötzlich aufgrund der Aussichten, mehr
     NY. It is part of a group primarily of the 1935        über die Hintergründe eines Ereignisses im
     Parteitag activities in Nuremberg. Can you tell        Jahre 1935 zu erfahren, zu einer spannenden
     us anything about the subject seen in this photo.      gemeinsamen Forschungsaufgabe geraten. Es
     Feel free to answer in English or German.              tauchten weitere Bilder offensichtlich vom
     Thanks for your help. There are more from this         Reichsparteitag 1935, von einer archäolo-
     series if you are interested. Andrew Eskind.“          gischen Ausgrabung und einem weiteren
                                                            Besuch von NS-Funktionären im Pfahlbau-
     Erstaunt über diese seltsame Anfrage aus               museum Unteruhldingen auf. Eine intensive
     Amerika, offensichtlich anhand eines Bildes            Recherche unter Einbeziehung der jeweiligen
     aus den Dreißiger Jahren, aber in Kenntnis             Wissenskontakte begann, und die Ergebnisse
     des dargestellten Ereignisses und interessiert         auf beiden Seiten des Atlantiks wurden im
     am Hintergrund des Fundes, erfolgte gespannt           8-12 Stunden Takt dank der damals noch
     noch am gleichen Tage die Antwort. „Das Foto           neuen und ungewohnten „Email-Methode“,
     stammt vom Besuch Martin Bormanns am                   in Bild und Text über den Ozean geschickt.
     5. Mai 1935 in Unteruhldingen. Wir haben
     den Gegenschuß und weitere Aufnahmen                   Die Bildsequenz vom „Besuch Bormann Mai
     von der Ankunft des abgebildeten Motor-                1935“, in Amerika identifiziert über das
     schiffs „Hegau“ im Hafen durch den örtlichen           abgelichtete Hafeneingangsschild „Unter-
     Fotografen Josef Udry2, die kurz nach Ihrem            uhldingen“, konnte am Bodensee schon vor
     Bild entstanden sein müssen. Auf den Bil-              Jahren über das aus Privatbesitz wieder auf-
     dern geht hinter Bormann ein Mann mit                  getauchte Besucherbuch, einen Eintrag von
     Kamera, der vielleicht ihre Bilder auf dem             Bormann darin und durch weitere Aufnah-
     Schiff gemacht hat“ (Abb.2).                           men des Ortsfotografen aus dem Besitz seiner
                                                            Witwe abgesichert werden. Im Gästebuch
     Die Rückantwort folgte umgehend: „Wir                  des Museums, das nach 1945 verschwand
     wussten bislang nur, dass unsere Bilderserien          und zwischenzeitlich auf den noch freien
     den Parteitag im September 1935 zeigen,                Seiten als „Kindermalbuch“ genutzt worden
                                                            war, fanden sich am genannten Tag außer
     1
       Zur Möglichkeit der Publikation des Bilderfundes     „Bormann, Martin, Reichsleiter, München“,
60   danke ich J.-P. Legendre und B. Schnitzler, die mich   noch weitere Namen wie Schießl, Bernd,                       61
     bei einem Besuch im Dezember 2005 ermutigten, die
     Informationen der wieder gefundenen Bilder in den
     archäologischen Kontext der Jahre 1935 bis 1937 in
     Süddeutschland zu stellen.
                                                            3
                                                              Zur Rolle der Bildberichterstatter in der Nationalsozia-
                                                            listischen Staatspropaganda vgl. besonders HERZ 1994,
     2
         SCHÖBEL 1993, 32, Abb. 20.                         77ff.
München sowie Frau und Herr Witt, Aachen,          der Überlassung von Originalfunden. Ein
                                                                                                                                    die mit der abgelichteten politischen Reiseg-      weiterer Besuch Darrés bei Sulger fand am 6.
                                                                                                                                    ruppe in Zivil (noch) nicht in Verbindung          August 1933 statt.5 Aus dem regionalen
                                                                                                                                    gebracht werden konnten. Es schien, dass nur       Focus des Museums heraus betrachtet war
                                                                                                                                    Bormann stellvertretend als wichtigste Person      sowohl die politische die Unterstützung
                                                                                                                                    der Gruppe, wie heute auch noch üblich,            durch Reichsminister Darré als auch jene des
                                                                                                                                    gezeichnet hatte. Der Hintergrund der Reise        Privatdozenten und Wissenschatlers Rein-
                                                                                                                                    und des Besuches, ob politisch, touristisch        erth, der ab Frühjahr 1934 rasch im Amt
                                                                                                                                    oder beides zusammen, war unklar. Die              Rosenberg Karriere machte auf der wissen-
                                                                                                                                    seitherige Kenntnis war die, dass der Pfahl-       schaftlichen Seite, bei der Verfolgung der
                                                                                                                                    bauverein seit Anfang 1931 den Privatdoz-          Museumsziele durchaus hilfreich. Der Bei-
                                                                                                                                    enten Hans Reinerth als Wissenschaftler auf        tritt zum Reichsbund für Deutsche Vorges-
                                                                                                                                    Honorarbasis für den weiteren Ausbau des           chichte am 21.April 1934, der in Unter-
                                                                                                                                    Museums gewonnen hatte, der ab 1932 nach           uhldingen auf Rat des Bundesführers Rein-
                                                                                                                                    seinem Eintritt in die NSDAP (vgl. Schöbel         erth, den angeforderten Beitritt zur Kul-
                                                                                                                                    in diesem Band) verstärkt versuchte, Einfluss      turkammer, gemäß Reichskulturkammerges-
                                                                                                                                    auf die inhaltliche Gestaltung zu gewinnen.        etz vom 22. September 1933, ersetzte, war
                                                                                                                                    Das gelang ihm aufgrund der noch starken           aber noch keiner Übernahme des Museums
                                                                                                                                    örtlichen Vereinsleitung unter Bürgermeister       und seiner Mittel im Sinne einer völligen
                                                                                                                                    Georg Sulger, dem Präsidenten des Boden-           Gleichschaltung und Unterstellung der
                                                                                                                                    seegeschichtsvereins Victor Mezger und             Anlage durch das Amt Rosenberg gleich zu
                                                                                                                                    anderen regionalen Politikern wie dem              setzen. Ganz im Gegenteil. Diese erfolgte erst
                                                                                                                                    Bürgermeister von Meersburg Dr. Moll, den          vier Jahre später, im Jahre 1938. Bedenken
                                                                                                                                    Landräten Überlingens Levinger und Sander          von Vorstandsmitgliedern, dass zu starke
                                                                                                                                    vorerst, wie etwa bei der Ausgestaltung des        politische Einflussnahme im Museum-
     Abb. 1: Ankunft einer Reisegruppe im Hafen von Unter-        Fig. 1 : Arrivée d’un groupe de visiteurs dans le port d’Unter-   gerade fertig gestellten bronzezeitlichen          strägerverein drohe6, wurden noch zum
     uhldingen.                                                   uhldingen.
                                                                                                                                    Dorfes als Pfahlbau im Wasser und nicht als        Jahreswechsel 1934/1935 vom wissenschaftli-
                                                                                                                                    Uferbau, nicht in jedem Fall. Zur General-         chen Leiter Reinerth dadurch zerstreut, dass
                                                                                                                                    versammlung 1932 hatte man gar vergessen           er die regionale Stärkung des Vereins durch
                                                                                                                                    ihn einzuladen.4 Am 27. August 1932 hatte          die zusätzliche Hereinnahme des Präsidenten
                                                                                                                                    der Reichstagsabgeordnete Walther Darré,           des Bodenseegeschichtsvereins, Vertretern
                                                                                                                                    der spätere Reichsminister, sich und seinen        der Gemeinde und der Wissenschaft emp-
                                                                                                                                    Freund, den Reichstagsabgeordneten Hein-           fahl. Die Vereinsmitglieder Reichsführer SS,
                                                                                                                                    rich Himmler nach einem Gespräch mit dem           Himmler und Minister Darré erhielten
                                                                                                                                    Vereinsvorsitzenden Sulger, der am 17. Juli        regelmäßig Einladungen zu den Generalver-
                                                                                                                                    1932 sein erstes weit beachtetes Radiointer-       sammlungen der Jahre 1934 und 1935 nach
                                                                                                                                    view gegeben hatte, im Museumsverein als           Unteruhldingen, sagten aber dem Regional-
                                                                                                                                    Mitglied angemeldet. NS „Reichsbauern-             museum, wie auch der wissenschaftliche
                                                                                                                                    führer“ Darré unterstützte effizient im Ver-       Leiter Reinerth, aus Gründen „anderer Verp-
                                                                                                                                    lauf der Jahre 1933 und 1934 das nich-             flichtungen“ oder „Arbeitsüberlastung“ ab.
                                                                                                                                    tstaatliche Museum bei der Lösung andau-           Einladungen zur ersten Reichsbundtagung
                                                                                                                                    ernder Schwierigkeiten von der Geländenut-         nach Halle vom 13. bis 30. Oktober 1934
                                                                                                                                    zung und der geplanten Museumserweiterung          erhielten Himmler und Darré dagegen vom
                                                                                                                                    mit dem Geländeeigentümer „Deutsche                Vereinskassier Philipp Lang aus
                                                                                                                                    Reichsbahn“ bis zu Auseinandersetzungen            Unteruhldingen, der Karten zur freien
                                                                                                                                    mit dem Badischen Kultusministeriums wie           Verwendung für aus seiner Sicht geeignete
                                                                                                                                    auch der Denkmalpflege, die sich mit dem           Vereinsmitglieder von Reinerth kurz zuvor
                                                                                                                                    erfolgreichen Regionalmuseum am Bodensee           übersandt bekommen hatte.7 Nachdem aus
62                                                                                                                                  immer noch nicht so abfinden wollten, wegen        heutiger Warte offenbar bis Ende 1934 eine             63

     Abb. 2: Aussteigen der Reisegruppe aus dem Motorschiff       Fig. 2 : Les visiteurs débarquent du «Hegau» le 5 mai 1935 à                                                         5
                                                                                                                                                                                           Deutsche Bodenseezeitung 6.8.1933.
     „Hegau“ am 5. Mai 1935 in Unteruhldingen, Foto Josef Udry.   Unteruhldingen, cliché Joseph Udry.                               4
                                                                                                                                       SCHÖBEL 1993, 26. Beschwerdebrief Reinerth an   6
                                                                                                                                                                                        8.11.1934 Austrittsgesuch Moll an Sulger, Mezger an
                                                                                                                                    Sulger v. 25.2.1932, APM..                         Reinerth 21.1.1935 wie SCHÖBEL 1993,31, APM.
wohlwollende persönliche Unterstützung,                   Berlin durch den Verein noch am gleichen                     nerth den Berliner Lehrstuhl erhalten solle.                 Kraftwagen und rund 55 Personen zunächst
     aber noch keine institutionelle, offensive                Tage, folgte die Bestätigung eines hochrang-                 Dies hatte Rosenberg Himmler bereits am                      über Füssen Schloss Linderhof nach Bad
     Inbesitznahme des kleinen Museumsvereins                  igen Besuches des Stellvertreters des Führers                14. März empört mitgeteilt.14 Die Befürch-                   Schachen und weiter nach Friedrichshafen,
     stattgefunden hatte, schienen sich zwischen               für den 5. Mai 9.10 Uhr, gleichfalls an diesem               tung der Rosenberg-Fraktion im Machtkampf                    dort zur Besichtigung des Luftschiffes „Graf
     der Reichsbundtagung Halle im Spätjahr                    Datum. Adressat war Kreisinspektor Gustav                    mit Himmler auch in der Leitung der ge-                      Zeppelin“ und des im Bau befindlichen neuen
     1934 und dem jetzt gerade wieder in das                   Robert Oexle, Mitglied des Reichstages für                   schichtlichen Belange zu unterliegen, war                    Zeppelins LZ 129 mit Oberingenieur Dürr,
     Auge gefallenen Besuches Bormann im Mai                   die NSDAP, Mitarbeiter im Stabe Hess,                        nicht unbegründet15 Gab es auch hier einen                   Gauleiter Murr und anschließend noch am
     1935, die Gewichte verschoben zu haben.                   Redakteur der „Bodensee Rundschau“, gemel-                   noch nicht ermittelten Zusammenhang auf                      Abend über Nußdorf nach Überlingen am
     Das politische Interesse am Museum                        det im Nachbarort, in Überlingen-Nuß-                        höchster Ebene zwischen den auf Film geban-                  Bodensee ins Kurhotel St. Leonhard zu einem
     erwachte. Der Eintritt des Pfahlbauvereins in             dorf.10 Die Koinzidenz der Termine war                       nten Ereignissen ?                                           „Kameradschaftsabend“. Am Sonntag den 5.
     den Reichsbund war Darré durch ein Schrei-                überraschend, vielleicht aber auch nur Zufall.                                                                            Mai 1936 ab 6.30 Uhr wurden zunächst mit
     ben des Vereinskassiers Lang im Herbst 1934               Erst das dritte Ereignis an diesem Tage                      Ein Blick in die regionalen Tageszeitungen                   Kraftwagen dann mit Schiff die touristischen
     bekannt gemacht worden.8 Spätestens durch                 machte stutzig. Am 2. Mai 1935 hatte Hans                    und den „Völkischen Beobachter“16 erbrachte                  Sehenswürdigkeiten am Bodensee von Gold-
     die propagandistisch geschickt inszenierte                Reinerth die Bestallungsurkunde zum                          mit Hilfe der Archive in München, Überlin-                   bacher Kappelle über die „Heidenhöhlen“
     Tagung Halle 1934 mit der Bekanntgabe der                 ordentlichen Professor, ausgefertigt durch                   gen und Konstanz schnell weitere Informa-                    (Abb.3) und dem Gotischen Rathaussaal bei
     vollzogenen Gleichschaltung des Ost- und                  den Führer und Reichskanzler Hitler in                       tionen zum neu aufgetauchten Bildmaterial.                   Überlingen bis zur Stadt Meersburg erschlos-
     Mitteldeutschen Verbandes mit Reden von                   Berlin von Bernhard Rust, Reichserzie-                       Es handelte sich demnach beim ältesten                       sen. Mit dem Schiff ging es über die Pfahl-
     Rosenberg und Reinerth, einer Geschicht-                  hungsminister, erhalten.11 Gleichzeitig wurde                Bestand aus Rochester mit 8-12 Filmsequen-                   bauten von Unteruhldingen (Abb.4) auf die
     sausstellung und der Berichterstattung im                 er zum Direktor des dortigen Institutes für                  zen um die Dokumentation der so genannten                    Insel Mainau. Nach der Begrüßung durch
     Völkischen Beobachter war der Anspruch des                Vor- und Germanische Frühgeschichte ern-                     „Blütenfahrt des Stabes des Stellvertreters des              den Inselherrn trat dort auf badischem Boden
     Amtes Rosenberg im Rahmen seiner                          annt. Zwei Tage vorher hatte Alfred Rosen-                   Führers“, die nach der Reichspressetagung                    Robert Wagner, Gauleiter und späterer Ver-
     Beauftragung auf alle Geschichtsinstitutio-               berg angeblich Adolf Hitler eine von Rei-                    der NSDAP in München am 3. Mai, organi-                      waltungsleiter im Elsaß hinzu. Weiter führte
     nen für jeden Betrachter deutlich geworden.               nerth mit verfasste Denkschrift zur Zukunft                  siert von Pg. Oexle, an den Bodensee geführt                 die Reise nach Konstanz, Ankunft dort war
     Dies konfrontierte offensichtlich mit den                 der Vorgeschichtsforschung im national-                      hatte. Mitzuteilen ist an dieser Stelle, dass                um 13.15 Uhr. Abschließend erfolgte die
     Absichten anderer „Unterstützer der NS-                   sozialistischen Staat übergeben.12 Zum 1.Mai                 die Presselenkung im NS-Staat, nach dem                      Besichtigung von Rathaus und Inselhotel in
     Geschichtsforschung“ im Umfeld Darrés, die                1935 hatte Rosenberg im Sprachrohr der SS                    Schriftleitergesetz vom 4. Oktober 1933 und                  Begleitung von Kreisleiter und Konstanzer
     ihr Interesse bereits deutlich früher vor Ort             „Das Schwarze Korps“ eine Kampfschrift                       der Entfernung aller jüdischen und linken                    Oberbürgermeister (Abb.5). In diese
     angemeldet hatten. Vor diesem Hintergrund                 gegen die Kirchen, die sich gegen sein Mach-                 Journalisten, jetzt gerade im April 1935 auch                Besuchsabfolge gehören auch die Unter-
     verdient eine bislang wenig beachtete Spende              werk „Mythus“ ausgesprochen hatten,                          alle Verlagsmitarbeiter jüdischen Glaubens                   uhldinger Bilder. Örtliche Parteiprominenz
     vom 2. Mai 1935 in Höhe von 1000 Reichs-                  veröffentlicht.13 Über undichte Stellen im                   entlassen und die dortigen Besitzverhältnisse                trat an jedem Ort hinzu. Segler, Ruderer,
     mark für den weiteren Ausbau des öffentli-                Rasse- und Siedlungshauptamt war über                        „übersichtlich geordnet hatte17 und weiter                   Musikkapellen und Parteigliederungen
     chkeitswirksamen Bodenseemuseums im                       einen jungen SS-Offizier schon im Frühjahr                   Oexle als Berichterstatter für die Bodensee                  erwiesen der Gruppe in den verschiedenen
     Auftrage von Reichsführer SS Heinrich                     1935 bekannt geworden, dass Himmler                          Rundschau arbeitete. Martin Bormann war                      Ortschaften am See ihre Referenz. Über
     Himmler besondere Erwähnung.9 Bis dahin                   Reichskonservator und somit Zuständiger für                  für den verhinderten Rudolf Hess für die                     den Schattenwurf der Sonne an diesem Tag
     war immer nur eine finanzielle Unterstüt-                 die gesamte Archäologie im Reich werden                      Reichsleitung kurzfristig eingesprungen. Die                 konnte auf den erhaltenen Bildnegativen der
     zung Darrés für das Museum in Aussicht                    wolle und Gero v. Merhart anstelle von Rei-                  dokumentierte Reise führte am 4. Mai 1936                    Ablauf chronologisch nachvollzogen und das
     gestellt worden, aber nicht erfolgt. Der                                                                               von der bayrischen Hauptstadt aus mit 12                     Material so nach fortfolgenden Filmstreifen
     umgehenden Übersendung eines Steinbeils                   10
                                                                 LILLA 2004, 761. Gustav Robert Oexle, Sipplingen am                                                                     geordnet werden. Die Heimfahrt der Gruppe
     zum Dank an Himmler für die Spende nach                   Bodensee 2.10.1889. Ab 05.03.1933 Ortsgruppenleiter                                                                       wurde über Meersburg bzw. Lindau nach
                                                               und Kreisleiter der NSDAP in Überlingen. 1934                14
                                                                                                                              SCHÖBEL 2001,345. Andree an Reinerth v.
                                                               Gebietsinspekteur der Parteileitung für das Gebiet I         17.2.1935 APM. Rosenberg an Himmler v. 14.3.1935,            München gegen 18 Uhr angetreten. Als
Abb. 3: Mit dem Kraftwagen vor                                                         mann, Konstanz, sowie Dr. Fritz Todt,
     den Überlinger „Heidenhöhlen“.                                                         der Chef des NSDAP Auslandspressedienst
                                                                                            Ernst Hanfstaengl und Martin Bormann
     Fig. 3 : Les visiteurs et leurs véhicules
                                                                                            fixiert werden. Alles sprach für eine touris-
     devant les « Grottes des Païens » à
     Überlingen.                                                                            tische Reise, die als Ausflugsprogramm einer
                                                                                            reichsweiten Tagung aller Hauptschriftleiter,
                                                                                            Gaupresseamtsleiter und sämtlicher Haupt-
                                                                                            schriftleiter der Parteipresse folgte und keine
                                                                                            nur auf das archäologische Museum Unter-
                                                                                            uhldingen ausgerichtete Exkursion. Darauf
                                                                                            deutete auch, dass alle in Zivil erschienen
                                                                                            waren und, dass Hans Reinerth als wissen-
                                                                                            schaftlich Verantwortlicher nicht informiert
                                                                                            worden war. Doch wer war der Fotograf und
                                                                                            warum hatte er exakt jedes noch so kleine
                                                                                            Ereignis der Reise bis hin zum Kartenspie-
                                                 Abb. 4: Führung für die Ange-              len auf dem Boot oder dem Kaffeetrinken
                                                 hörigen der „Reichspressefahrt“            in Konstanz auf der Seepromenade fest
                                                 durch den Uhldinger Bürger-                gehalten?
                                                 meister Georg Sulger auf den
                                                 Pfahlbauten. Von rechts nach               Die Kollegen des Eastman Houses setzten
                                                 links: Oexle, Sulger, Bormann.             infolge der hohen Qualität des Materi-
                                                                                            als und dessen Exklusivrechte bei großen
                                                 Fig. 4 : Le maire de Uhldingen,
                                                 Georg Sulger, fait visiter les palaffi-
                                                                                            Parteiveranstaltungen auf Heinrich Hoff-
                                                 tes lors d’un voyage de presse officiel.   mann oder einen anderen autorisierten
                                                 De droite à gauche : Oexle, Sulger,        Lichtbildner des Pressedienstes, der einmal
                                                 Bormann.                                   Privates und dann offizielle Veranstaltun-
                                                                                            gen wie den Reichsparteitag 1935 in Nürn-
                                                                                            berg aufgenommen hatte.

                                                                                            Der größte Teil des sichergestellten
                                                                                            fotografischen Bestandes, und zwar 36 Sequen-
                                                                                            zen, war auf dem Reichsparteitaggelände in
     Abb. 5: Reisegruppe Hess bei der                                                       Nürnberg und in der Veranstaltungsstadt selbst
     Ankunft am Konstanzer Hafen.                                                           entstanden. Die detailreich geplanten Massen-
     Von links nach rechts : Murr,                                                          veranstaltungen und ritualisierten Propagan-
     Hanfstaengl, OB Herrmann,                                                              daorgien mit über 500 000 Teilnehmern pro
     Bormann, KL Engelhardt.                                                                Woche in deren Zentrum der „Führerkult um
                                                                                            Adolf Hitler“ stand, wurden zwischen 1933
     Fig. 5 : Arrivée du groupe qui
     accompagne Hess au port de Cons-
                                                                                            und 1938 in immer ähnlicher Form inszeni-
     tance. De gauche à droite : Murr,                                                      ert (Abb.6-9).18 Den Auftakt bildete auch
     Hanfstaengl, O.B. Herrmann,                                                            1935 das Eintreffen des „Führers“(Dienstag,
     Bormann, K.L. Engelhardt.                                                              10.September). Den Begrüßungsreden von
                                                                                            Reichspressechef Dietrich und des Ober-
                                                                                            bürgermeisters und einem „Vorbeimarsch vor
                                                                                            dem Hotel des Führers“ folgte die Eröffnung
                                                                                            des Parteitages in der Luitpoldhalle (Mitt-
                                                                                            woch 11.September) nach einem Auftakt des
66                                                                                          Reichssinfonieorchesters und des Musikzuges                                                                     67

                                                                                                                                              Abb. 6-9: Reichsparteitag 1935, Nürnberg.

                                                                                                                                              Fig. 6-9 : Congrès national du parti nazi, Nuremberg, 1935.
                                                                                            18
                                                                                                 Vgl. ZELNHEFER, S.91f.
der Leibstandarte. Die Eröffnung des RPT vol-             Ausschnittsvergrößerung des „Fränkischen
     lzog Hess als Stellvertreter, SA Stabschef und            Kuriers“ war es die beschriebene Veranstal-
     Gauleiter setzten die Reihe fort. Als zweites             tung vom 10.-16.September 1935, der 7.
     Großereignis formierte sich der Reichsarbe-               RPT, der „Parteitag der Freiheit“, jener mit
     itsdienst (Donnerstag, 12.September) mit                  der unheilvollen Verkündung der „Nürn-
     54 000 Mann19 in 18er Reihen mit Spaten auf               berger Gesetze“ am 15. des Monats durch
     dem Zeppelinfeld. Reichsarbeiterführer Hierl              Göring.22 Ankunft Hitler, Reden aller NS-
     eröffnet, die Hitleransprache folgte. Danach              Größen von Goebbels bis Scholtz-Klink,
     sprachen Rosenberg, Wagner, Darré - ein                   Sportveranstaltungen, Theateraufführung,
     Fackelzug durch die Stadt beendete den dritten            Wehrmachtsvorführungen, private Bilder
     Tag. Die nächsten Tage gehörten zuerst der                von der Burg, Nebenschauplätze Fahnen,
     Auslandsorganisation (Freitag, 13.September),             Vorbeimärsche, Panzer, Flakgeschütze, Luit-
     Redner Heß, dann dem Studentenbund, dem                   poldhalle, Zeppelinfeld – das reichhaltige
     Schulungsamt, Redner Rosenberg, Goebbels,                 Material war von hohem dokumentarischem
     Ley, den Presseamtsleitern, Redner Dietrich,              Wert und ließ sich zeitlich über den ganzen
     und schließlich den politischen Leitern, von              Zeitraum einordnen. Ist diese Frau Leni
     denen 150 000 begleitet von 20 000 Fahnen,                Riefenstahl (Abb.15j) - ist das Hoffmann?
     so die Propaganda, den Ansprachen der Funk-               Wer ist dieser Mann hinter der Kamera
     tionäre lauschten. Die Frauenschaftstagung                (Abb.11)? Ohne Zeitzeugen und Beschrif-
     und die Rede der Leiterin der NS-Frauenschaft             tungen des Materials war es selbst nach
     Scholtz-Klink in der Kongresshalle bildete den            Vergleichen mit anderen Bildern der erwähn-
     Abschluss des vierten Tages.                              ten Filmern und Fotografen schwierig, die
                                                               Fragen aus Übersee zu beantworten.
     Tag fünf gehörte der Hitlerjugend und                                                                             Abb. 10: Zeitungsverkäufer mit dem Fränkischen Kurier vom       Fig. 10 : Marchand de journaux vendant le Fränkischen Kurier
     brachte die Fortsetzung des Parteitages mit               Mysteriös und unheimlich waren für die                  14. September 1935.                                             du 14 septembre 1935.
     den Rednern Amann und Todt (Samstag,                      amerikanischen Museumskollegen im
     14. September). Der Tag der SA und der SS                 sichergestellten Bestand mehrere Filmrollen
     mit der Ansprache Himmlers und der Rede                   mit Bildern, die von großen Stollenarbeiten
     Görings zu den Nürnberger Rassegesetzen                   oder vielleicht einer archäologischen Aus-
     bildeten den sechsten (Sonntag, 15.Sep-                   grabung stammten. Was hatten diese Bilder
     tember), der Tag der Wehrmacht (Montag                    mit dem Nationalsozialismus zu tun?
     16.September) den Abschlusstag bevor dann
     im Lichtdom mit Flakscheinwerfern ein                     Die Sichtung der bereitgestellten Negativstreifen
     nächtliches Spektakel in den Himmel von                   im Internet (Abb.12) klärte diese Frage bald.
     Nürnberg gezeichnet wurde. Der standard-                  Es waren Aufnahmen von der SS-Grabung
     isierte Ablauf war im Film Leni Riefenstahls              „Fürstengrabhügel Hohmichele bei Hundersingen
     „Triumph des Willens“ vom vorangegan-                     an der Donau 1937/38“, die im Auftrag von
     genen RPT 1934, Erstaufführung Berlin                     Reichsführer SS Himmler unter der örtlichen
     März 1935, bereits exemplarisch festgehalten              Leitung von SS-Untersturmführer Prof. Dr.
     und in einem Propagandafilm dokumentiert                  Gustav Riek23, SS- Untersturmführer Dr. Walter
     worden.20 Die Identifikation des im Bestand               Veeck24, SS-Oberscharführer Ludolf Hermann
     vorliegenden Reichsparteitages hatten die                 v. Alvensleben 25, SS-Oberführer Altner 26,
     amerikanischen Kollegen bereits vor einigen               SS- Gruppenführer Hans Adolf Prützmann27,
     Jahren anhand eines abgelichteten Zeitungs-
     verkäufers geleistet21 (Abb.10). Nach einer               22
                                                                 Teildokumentation durch Leni Riefenstahl „1935- Tag
                                                               der Freiheit – Unsere Wehrmacht“, ca. 800m, Urauff-
                                                               führung Dezember 1935. Teile sind verarbeitet in
     19
          KERRL 1936, 93.                                      dem von der NSDAP nach 1934 veränderten Fassung
     20
        Zum Parteitag 1934 entstand der Film „Triumph des      des Filmes von Lothar Zotz und Walter Fischer „Wir
68   Willens“, Länge 3109m unter der Regie von Leni Riefens-   wandern mit den Ostgermanen“, 1932 wissenschaftliche                                                                                                                                    69
     tahl, an der Kamera des am 28.03.1935 uraufgeführten      Betreuung Herbert Jankuhn, Göttingen, 118m, Vertrieb
     Filmes neben Sepp Allgeier, Karl Altenberger, Werner      IWF Göttingen. Vgl. STERN 2001, 147. Siehe auch
                                                               H.HOFFMANN (ed.) 1935 und H. KERRL (ed.):               Abb. 11: Heinrich Hoffmann (links, stehend) und Walter Frentz   Fig. 11 : Heinrich Hoffmann, photographe officiel de Hitler
     Buhne auch Walter Frentz.
                                                               1936. Ich danke dem Dokumentationszentrum Reichs-       hinter der Filmkamera, Reichsparteitag 1935, Nürnberg.          (debout, à gauche) et Walter Frenz derrière la caméra lors du
      ESKIND 1995 und dazu die Korrektur 1998 auf:
     21
                                                               parteitagsgelände in Nürnberg, insbesondere Herrn                                                                       congrès national de Nuremberg, 1935.
     www.geh.org/link/cn/correction.html.                      Dietzlfelbinger, für die freundliche Unterstützung.
sowie überörtlich von SS-Oberscharführer                        vom SS Oberabschnitt Südwest, respektive SS-
     Rolf Höhne28 und SS-Obersturmführer Prof.                       Oberabschnitt X, Hauptquartier Stuttgart, vol-
     Alexander Langsdorff29 beim Stab in Berlin                      lzogen. Teile detaillierter Ausgrabungsberichte
     betreut durchgeführt wurden. Sie fanden „im                     von dort, die in den archäologischen Archiven
     Kampf um die Vorherrschaft in der deutschen                     der Tübinger Universität und Denkmalpflege
     Archäologie zwischen der SS und dem Amt                         sowie im Württembergischen Landesmuseum
     Rosenberg auf württembergischen Boden“                          nach Auskunft aufgrund von „Kriegsverlusten“
     mit Hilfe des Reichsarbeitsdienstes und der                     nicht mehr vorhanden waren30, konnten schon
     SA Abteilung Riedlingen statt, und wurden                       1991 im amerikanischen Bestand des Berlin
                                                                     Document Center einschließlich weiterer
Nachrichten über Reinerth werden an gee-              enthalten sind.38 Himmler hatte sich auch hier             Beachtenswert in unserem Zusammenhang ist                   Weisung hin aufgegeben wurde und der Kampf
     ignete Stelle weitergegeben.“35                       die direkte Vorlage aller Ergebnisse erbeten.              ein Schreiben des Obersturmführers Höhne                    um die Vorherrschaft im Süden analog zu der
                                                                                                                      aus dem persönlichen Stab des Reichsführers SS              Entwicklung an den von U. Halle kürzlich
     Noch im Dezember werden die Bäume auf                 Nächtliche Schießereien in den Nächten vom                 vom Juli 1937, in dem mitgeteilt wird, dass der             beschriebenen Externsteinen46 jetzt öffentlich
     dem Grabungsareal gefällt und ein zwei Meter          28. und 29. April 1937, bei denen Riek und                 RFSS Wert darauf legt, dass die Ausgrabungen                begann. Die aufgetauchten Grabungsbilder einer
     hoher Stacheldrahtzaun zur Absicherung                auch SS-Oberführer von Alvensleben aus dem                 am Hohmichele von keinem besucht werden,                    nie abgeschlossenen Grabung mussten demnach
     gezogen. Mit Hilfe des Stabsführers wird              Wald heraus beschossen werden, worauf sie                  damit keinerlei Andeutungen an die Öffentli-                aber von einem offiziell bestellten Bildberichter-
     seitens der Archäologen im Hintergrund                mit einem „wilden Gegenfeuer“ antworteten,                 chkeit kommen.42                                            statter stammen – von einem Fotografen, der
     weiter mit dem Phantom Reinerth Druck auf             führen zu einer Anforderung der Gestapo,                                                                               über eine Sondererlaubnis verfügte, mehrmals
     die SS in Berlin gemacht. Zitat Riek: „Die SS         die Grabung fortan zu begleiten, wobei Riek                Anlass hierzu war die Anfrage eines Herrn Dr.               ungehindert während der Ausgrabung fotografi-
     hat ja jetzt den Hügel mehr oder weniger mit          weiter lieber nur mit SS Männern gearbeitet                Werners im Sommer 1937 die Grabung auf-                     eren zu dürfen.
     Beschlag belegt. Ich hoffe nicht, dass R. (erg.       hätte. Einzelberichte von Riek im Mai 1937,                suchen zu dürfen, die vorerst strikt von Berlin
     Reinerth) die Frechheit besitzt, trotzdem in          auch über die dritte Nachbestattung am Hügel-              aus abgelehnt wird. Diese Haltung ändert sich               Weitere Aufnahmen im Bestand IS2 aus
     meiner Abwesenheit loszulegen – wenn doch,            rand unter Rollsteinpackung, erläutern den                 gegen Ende der Grabung Anfang November                      Rochester dokumentierten ein schon bekanntes
     dann könnten sich seine Leute bei meinem              Fortgang der Grabung.39 Interessant ist, dass              schlagartig. Damals erschienen kurz nach der                archäologisch-politisches Ereignis, den Besuch
     Eintreffen auf eine Schlacht gefasst machen,          Langsdorff einen zweiten SS-Schulungsfilm40                Reinerth`schen Tagung der Süddeutschen                      Alfred Rosenbergs in Begleitung von Hans
     von der noch unsere Urenkel mit Ehrfurcht             über diese Ausgrabung drehen möchte und am                 Arbeitsgemeinschaft des Reichsbundes zwischen               Reinerth vom 16.Oktober 1937 ab 11 Uhr in
     erzählen würden.“36 Im Aktenbestand Rein-             28. Juni 1937 für einen weiteren Foto-Bericht              dem 13. und 15. Oktober 1937 in Buchau mit                  Unteruhldingen am Bodensee (Abb.13). Hier
     erth gibt es nach Prüfung bislang keine               einundzwanzig Bilder in die Prinz-Albrecht-                gewohnt inszeniertem Grabungs- und Muse-                    lagen schon Bilder der örtlichen Fotografen
     Hinweise darauf, dass der Berliner Profes-            Strasse nach Berlin übersendet, die nach der               umsbesuch, die von den meisten Fachwissen-                  Josef Udry, Unteruhldingen und Siegfried
     sor des Amtes Rosenberg die Absicht gehabt            Beschreibung mit dem Bilderfund in Amerika                 schaftlern allerdings boykottiert wurde43, drei             Lauterwasser, Überlingen, vor (vgl. Beitrag
     hätte, diesen Großgrabhügel der Hallstattzeit         in Einklang gebracht werden können. Diese                  groß aufgemachte Zeitungsartikel, die von Riek              Schöbel im Band).47
     auszugraben. Der Hohmichele findet auch               im Bestand des Bundesarchivs nicht mehr                    veranlasst wurden, mit Bildern der Ausgrabung
     entgegen anderer Darstellungen in keinem              vorhandenen Bilder zeigen nach der Besch-                  etwa unter dem Titel „Die Ausgrabung eines                  Rosenberg befand sich von der Tagung aus
     Zeitungsartikel des Amtes Rosenberg explizit          reibung den Arbeitsdienst im Anmarsch auf der              Riesengrabhügels durch die SS“ im Stuttgarter               Bad-Buchau kommend48 auf der Fahrt nach
     Erwähnung. In der Art eines grotesken                 Strecke 3 unterhalb der Hügelspitze, Arbeits-              NS-Kurier und anderen Blättern.44 Reichsführer              Freiburg. Überstürzt waren dort im Ober-
     Cowboy- und Indianerspiels mit imaginären             dienstmänner beim Freilegen einer Rollstein-               SS Himmler besuchte die Ausgrabung in Beglei-               schwäbischen Moor Ende August bis Anfang
     Feinden und viel verbalem Pulverdampf klärt           packung oder das Freilegen einer Brandschicht              tung von Gustav Riek nachfolgend in der Däm-                Oktober beim Kultusminister Mergenthaler
     der SS-Oberabschnitt Südwest mit SS-Ober-             auf Strecke 3, linker Hand die Profilwand der              merung des 4. Februar 1938 auf dem Weg von                  Ausgrabungen in der bronzezeitlichen Siedlung
     führer Altner, SS-Gruppenführer Prützmann,            NS-Linie. 41 Somit war für die erste Bilderserie           Ulm nach Tübingen.45 Dies deutete darauf hin,               „Wasserburg-Buchau“ mit der Inszenierung
     beide Stuttgart, auch wie hier üblich über            ein terminus antequem noch vor der Öffnung                 dass die immer kennzeichnende Heimlichkeit                  einer „Einbaumbergung“ und Ausgrabungen
     Funkspruch, Fernschreiben und Telefon, mit            des Zentralgrabes für Ende Juni gegeben.                   und Zurückhaltung der SS-Archäologie in der                 in der jungsteinzeitlichen Siedlung „Taubried“
     dem Stab SS in Berlin die Lage. Der Reich-                                                                       Anfangsphase, die stets im höchst effizienten               beantragt worden, die auf dieser in vieler Hin-
     sarbeitsdienst Abteilung Riedlingen wird mit                                                                     Netzwerk – im Bedarfsfalle auch per Funk und                sicht missglückten Tagung dem politischen
     zwei Trupps angefordert. Oskar Paret, der             38
                                                             Alvensleben an Himmler 31.03.1937, NS 21/639.
                                                                                                                      Fernschreiben - organisiert war, jetzt auf höchste          Publikum unter Alfred Rosenberg präsentiert
     nach eigenem Bekunden von Reichsführer                Zu sehen sind der Einbau der Holzrutsche für den                                                                       werden konnten.49 Was in Ulm 1936 noch wie
     SS persönlich aufgefordert sein will, an der          Aushubtransport, das Verlegen der Rollbahngleise           42
                                                                                                                        NS 21 639 Höhne an Sievers vom Juli 1937: Reichs-         eine gelungene Miniaturausgabe der Reichs-
                                                           mit dem Arbeitsdienst und das Abstechen im SN              führer SS legt Wert darauf, „daß die Ausgrabungen am
     Grabung teilzunehmen, wird auf Betreiben              Einschnitt mit Oberführer v. Alvensleben. Es folgen        Hohmichele von keinem besucht werden, damit keinerlei       parteitage erscheinen konnte, geriet aufgrund
     Rieks durch Veeck als zweiten Mitarbeiter             Beschreibungen und Zeichnungen eines Schilflagers          Andeutungen an die Öffentlichkeit kommen“.                  der überstürzten Organisation in Buchau -wie
                                                           im SO Quadranten, einer Brandnachbestattung 6 m
     ersetzt.37                                            darüber mit Bern-steinperle und zwei Ringpaaren
                                                                                                                      43
                                                                                                                           SCHÖBEL 1994, 16, STROBEL2002, 283f.                   durch M. Strobel beschrieben- zur Farce. Die
                                                           auf Skizze von Riek, weitere Streufunden wie ein           44
                                                                                                                       Unklar ist, ob hierbei Dr. Joachim Werner gemeint ist.     Vorträge fanden vor kleinem Publikum mit
     Am 31.03.1937 erfolgt durch den Führer der            Trinkhornbeschlag finden Erwähnung. Akten Riek             Es könnte sich hier auch um den SS-Oberscharführer
                                                           BDC.                                                       Dr. Werner Buttler, Berlin, vom Reichserziehungsmi-
     SS-Oberabschnitts X, SS-Oberführer Ludolf                                                                        nisterium gehandelt haben, der 28.9.1937 obgleich er        46
                                                                                                                                                                                     HALLE 2002, 403 und 425ff. Beachtenswert ist auch
                                                           39
                                                             Riek an Langsdorf 03.09.1937, Riek an Langsdorff                                                                     das Vorgehen Buttlers im Reichserziehungsministerium
     von Alvensleben, die Übersendung des bereits          10.05.1937, Riek an Langsdorff 28.06.1937, NS21/           der SS angehört im Aktenbestand wegen Fehlverhalten
                                                                                                                      anlässlich eines Vortrages, er erwähnt die SS-Zeitschrift   gegen Reinerth und dessen Entgegnung vgl. die Eskala-
     zweiten Grabungsberichtes an Reichsführer             639.
                                                                                                                      „Germanien“ nicht, noch kritisch erwähnt wird. Wüst an      tion März bis Mai 1937, dort 406ff.
     SS Himmler, in dem auch die ersten Fotodo-            40
                                                             Langsdorff ist für den im Bundesfilmarchiv lagernden     Himmler 28.9.1937. NS21/639. BOLLMUS 2002, 29,              47
                                                                                                                                                                                    SCHÖBEL 1994, 17, Fotograf Abb.10: Heinz Dürr;
     kumentationen zum methodischen Vorgehen               SS-Schulungsfilm „Deutsche Vergangenheit wird leben-       Anm.34. Zeitungsberichte zur Ausgrabung: Tübinger           Abb.11: Siegfried Lauterwasser; Abb. 12: Josef Udry.
                                                           dig“ verantwortlich. Stern 2001, 153 sowie ders. 2005,     Chronik vom 02.11.1937, „Das Hohmichele bei
                                                           372f. Die Filmdaten und Quellenbelege: Mitarbeiter des     Hundersingen.“ Die Ausgrabung eines Riesengrabhügels        48
                                                                                                                                                                                    SCHÖBEL 1994, 17; STROBEL 1999, 87; SCHÖ-
72   35
       Langsdorff an Wetzel vom 30.11.1936, Bestand NS     Films: Prof. Dr. A. Langsdorff, Prof. Dr. W. Unverzagt,    durch die SS. Stuttgarter NS-Kurier, 06./07.11.1937,        BEL 2000, 92ff.                                           73
                                                           Hellmut Bousset, Dr. Ing. Hans Schleif, Heinar Schilling   „Der Hohmichele, ein Sippengrabhügel“ sowie Tübinger
     21/639.                                                                                                          Chronik vom 06.11.1937, „Der Hohmichele, Sippengrab
                                                                                                                                                                                  49
                                                                                                                                                                                     STROBEL 1999, 85f. dazu KEEFER 1992,72f. Die
                                                           u.a. Originallänge 578 Meter. Produktion Kifo, Helmut
     36
          Riek an Langsdorff vom 13.12.1936, NS 21/639.    Bousset, Berlin. Über den Film „Hohmichele“ ist bislang    der Hallstattzeit“.                                         Propagandaaktion „Ausgrabung Buchau“ 1937 wird erst
                                                           nichts bekannt.                                                                                                        bei gleichzeitiger Betrachtung der SS-Grabungen und der
     37
       Vgl. Riek an Langsdorff 03.02.1937, Langsdorff an                                                              45
                                                                                                                        BA Dahlwitz-Hoppegarten, Akte ZM 1457 A:2. siehe          Tagungs-, Presse- und Publikationsarbeit beider konkur-
     Riek 13.02.1937, NS 21/639.                           41
                                                                Riek an Langsdorff 28.06.1937NS21/639.                auch Strobel 1999, 86, Anm 96.                              rierender Parteien verständlich.
1936 für den Verein den Hinweis auf die große        für Vorgeschichte. Schon zuvor in Buchau und
                                                                                                                                    Himmlerspende mit dem Verweis: „...daß dies          dann in Elbing wurden wie Sulger später an
                                                                                                                                    von den Spendern nicht gerne gesehen wird.“54        Georg Kraft - damals bereits Mitarbeiter der
                                                                                                                                    Parallel dazu hatte er sich bereits Ende 1935        SS-Grabung Munzingen - in Freiburg berich-
                                                                                                                                    und Anfang 1936 darum bemüht, dem Muse-              tet, die Modalitäten für den Übergabevertrag
                                                                                                                                    umsleiter in Unteruhldingen in München die           besprochen.56 Der großen Ehrung für Sulger
                                                                                                                                    Ehrendoktorwürde zu verschaffen. Dies kam            in der ehemaligen Hansestadt an der Ostsee
                                                                                                                                    Wüst als Dekan in München und als Kurator des        folgte am 14. Januar 1938 der Vertrag zur
                                                                                                                                    SS-Ahnenerbes zu Kenntnis, wurde aber durch          Übernahme des Freilichtmuseums durch den
                                                                                                                                    die Fachgutachten mehrerer Vorgeschichtler           Reichsbund, um „...die Erweiterung und die
                                                                                                                                    abgelehnt. Die gleiche Unternehmung, initiiert       Fortführung im Sinne der Gründer zu sichern.“
                                                                                                                                    von Reichsführer SS Himmler, scheiterte im           Damit hatte Reinerth mit seinem Schutzherrn
                                                                                                                                    Mai 1937 aus Gründen der Gleichbehand-               Rosenberg unter Nutzung seines Heimvorteils
                                                                                                                                    lung mit Verweis auf den bereits bei Reinerth        im Gegensatz zu den Externsteinen ein Jahr
                                                                                                                                    gemeinsam abgelehnten Antrag. Im Machtspiel          zuvor57 noch einmal die Nase vorn behalten.
                                                                                                                                    um das Museum überweist Himmler im Mai               Die formale Übergabe erfolgt am 1. Februar
                                                                                                                                    1937 noch einmal 1000 Reichsmark, nachdem            1938. Dies wird am 16. Januar 1938 in der
                                                                                                                                    SS-Brigadeführer Hermann Reischle, stellver-         Generalversammlung im Beisein von SS-
                                                                                                                                    tretender Kuratoriumsvorsitzender „Deutsches         Standartenführer Kinkelin als Vertreter des
                                                                                                                                    Ahnenerbe“, Himmler im April die Übernahme           Reichsministers Darré, bekannt gegeben. Rei-
                                                                                                                                    der Pfahlbauten ans Herz gelegt hatte und sich       nerth propagiert in dieser letzten Versammlung
     Abb. 13: Abordnung Alfred Rosenberg am Güterschuppen,        Fig. 13 : Visite d’Alfred Rosenberg le 16 octobre 1937 à Unter-   SS-Oberführer Gottlob Berger, Referent im            vor der Gleichschaltung den Umbau des
     16. Oktober 1937, Unteruhldingen.                            uhldingen.                                                        Württembergischen Kultusministerium nach             Museums zur Schulungsstätte für Vor- und
                                                                                                                                    brieflicher Ankündigung gleichfalls im Mai           Frühgeschichte. Zwischen Darré und Himmler
     manchmal noch nicht einmal 35 Personen statt.                bis Kriegsende nur noch selten reüssieren.52                      einen klaren Überblick über die Verhältnisse in      kommt es im Februar 1938 zum Bruch.58
     Die SS-Berichterstattung sprach von einem                                                                                      Unteruhldingen verschaffen wollte. Nachdem           SS-Brigadeführer Weisthor übersendet am 3.
     „Reinfall“.50 Einzig die Bilder des „Staatsbe-               Das erfolgreiche Unteruhldinger Museum war                        Wolfram Sievers als Sekretär des Ahnenerbes          Februar 1938 mit dem Vermerk „Geheim“
     suches“, gefertigt durch den Lichtbildner                    in den zweieinhalb Jahren nach dem Besuch                         am 16. Juni 1937 auch SS-Sturmbannführer             das zweite Dossier über Hans Reinerth an
     Reinerths Heinz Dürr51, täuschten mit den lan-               Martin Bormanns vom Mai 1935 nicht ohne                           Bruno Gahlke mitgeteilt hatte, dass der Über-        Himmler nachdem er am 6. November 1937
     cierten Presseberichten einen politischen Erfolg             das Zutun des noch autonomen Trägervereins                        nahmevorschlag von Reischle ausgegangen sei          schon eine Stellungnahme zu Reinerth, erneut
     in Bad-Buchau vor. Nachdem seit 1936 die                     weiter von der Politik hofiert worden.53 Schon                    und von ihm unterstützt wurde, dürfte man            verfasst von Veeck übermittelt hatte.59 Am 30.
     Mittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft                  am 9. August 1935 war mitgeteilt worden, dass                     auch schon in breiteren Kreisen und nicht            April 1938 wird im Auftrag von Reichsführer
     verstärkt dem „Ahnenerbe“ zuflossen und                      es ausdrücklicher Wunsch von Darré sei, dass                      zuletzt im Amt Rosenberg gewusst haben,              SS über SS-Gruppenführer Heydrich das
     inzwischen ein Großteil der Wissenschaft dort                sich die SS nachdrücklich hinter die Bestrebun-                   was die Stunde geschlagen hatte.55 Der Besuch        insgesamt vierte Dossier über den Reichsamt-
     organisiert war, konnte der Rosenbergflügel                  gen des Vereins stelle. Am 18. August wird vom                    von Reichsminister Frick in Unteruhldingen           sleiter im Amt Rosenberg bestellt. Dienstherr
                                                                  Vereinskassier Lang an das Rasse- und Sied-                       am 18. August 1937 und sein Eintritt in den          Rosenberg beschwert sich zum wiederholten
                                                                  lungshauptamt gemeldet, dass Dr. Rohrbacher,                      Trägerverein mit 100 Reichsmark Spende war           Male entrüstet bei Himmler am 2. Mai 1938,
     50
       Bericht H. Gieseler, Vorstand des rassegeschichtlichen
     Institutes der Universität Tübingen Akten Parteigerichts-    Leiter der Badischen Bauernhochschule, aus                        nur der Anfang der Gegenmaßnahmen. Der               dass SS-Vorgeschichtsforscher seit Jahren die
     verfahren REINERTH 1944, Bd.2, Blatt 145f. APM.
                                                                  dem Stabe Darrés in den Beirat aufgenommen                        Besuch Rosenbergs vom 16. Oktober 1937               Arbeit seines Amtes und des Reichsbundes
     SCHÖBEL 1994, 17, Anm.38.                                                                                                      mit anschließendem gemeinsamen Mittages-             planmäßig boykottieren (Abb. 14).60
                                                                  worden sei. Besuche von Darré und Himmler
     51
        Vgl. SCHÖBEL 2002, 334f. SCHÖNHAGEN 1991,                                                                                   sen im Dorfhotel Krone war nicht nur eine
     42ff. Heinz Dürr, geb. 1893 in Ulm, tritt bereits 1920       folgen noch 1935. Hans Reinerth streicht beim
     mit der Mitgliedsnummer 832 in die NSDAP ein, die            Redigieren des Jahresberichtes 1935 im Februar                    Dokumentation der Macht in der Provinz               Doch die Suche nach dem Urheber aller
     Tübinger Hochschulgruppe der NSDAP übernimmt                                                                                   sondern zugleich der Auftakt zur Übernahme           Fotografien, die das Museum Unteruhldingen
     1926 Christian Mergenthaler, die Ortsgruppe 1927
     Heinz Dürr. 1930 ist er Ortsgruppenleiter des Parteibe-                                                                        des Museums durch das Amt und Reinerth.              von Mai 1935 bis Oktober 1937 umklam-
                                                                  52
                                                                     PIPER 2005, 476f. Die „Gegenarbeit“ führte nach
     zirks Tübingen-Rottenburg und Sturmführer der Tübin-         andauernden Parteigerichtsprozeßen, geleitet vom                  Noch am Abend flog Reichsamtsleiter Reinerth
     ger SA. Er unterhält als „Alter Kämpfer“, Mitglied des       Schwiegervater Martin Bormans, Parteirichter Buch,                mit Sulger mit dem Flugzeug von Friedrich-            Sulger an Kraft 28.2.1938. Ortsakten. Landesamt für
                                                                                                                                                                                         56

     Freikorps Oberland, Träger des Coburger Ehrenabzei-          noch vor Kriegsende am 27.2.1945 für Reinerth zum                                                                      Denkmalpflege Tübingen.
     chens, schon früh Kontakte zu Gauleiter Murr und dem                                                                           shafen aus nach Elbing zur 4. Reichstagung
                                                                  Ausschluss aus der NSDAP. Vgl. Schöbel in diesem                                                                        HALLE 2002, Vorgehen gegen Reineth 403 u. 425ff. ;
                                                                                                                                                                                         57
     späteren Minister Mergenthaler und ist mit Reinerths         Band. Im Gegensatz zur Schilderung bei Piper wurde der
     Mutter Ottilie laut Privatkorrespondenz maßgeblich an                                                                                                                               Reinerths Reaktion 454.
74                                                                Ausschluss auf Betreiben Bormanns hin von Reinerth bei                                                                                                                          75
     der Zuwendung Hans Reinerths zur NSDAP beteiligt.            keinem der anschließenden Entnazifizierungsverfahren              54
                                                                                                                                      Korrespondenz APM. Lang an Reinerth 18.2.1936      58
                                                                                                                                                                                              KATER 1974, 39.
     Als wissenschaftlicher Lichtbildner des Urgeschichtlichen    und auch nicht im Zuge seiner „Rehabilitierung“ durch             und zurück 21.2.1936 und 10.3.1936 an Lang. Strei-
     Forschungsinstitutes Tübingen und als hervorragender         das Land Baden-Württemberg 1953 erwähnt. SCHÖ-
                                                                                                                                                                                         59
                                                                                                                                                                                            Weisthor an Himmler 3.2.1938 mit Verweis auf
                                                                                                                                    chung der Spendenhinweise mit dem Vermerk: „Die      Schreiben vom 6.11.1937. R.A. III 2309/H/89.
     Fotograf dokumentiert er alle wichtigen Ereignisse Rei-      BEL 2002b, 182f. vgl. hierzu BOLLMUS 2002, 33f.                   Spender sehen es oft nicht gerne.“
     nerths privater, wissenschaftlicher und politischer Tätig-                                                                                                                          Reichsführer SS, persönlicher Stab an Heydrich Tgb.Nr.
     keit. Teilnachlaß APM.                                       53
                                                                       SCHÖBEL 1994, 14ff.                                          55
                                                                                                                                         KATER 1974, 122.                                AR/3L5. Geliefert 6.8.1938. BDC Berlin.
merten und die Akteure auf Museumsbesuch,            anderen Personen überlassen wurden und sich
                                                                                                                                  bei Ausgrabungen oder auf dem Reichspartei-          diese seit 1946 in seinem Besitz befänden, Mr.
                                                                                                                                  tag zeigten, blieb immer noch rätselhaft.            Klein aber selbstverständlich diese Negative
                                                                                                                                  Aufgrund der Motive musste der Fotograf ein-         nutzen dürfte.
                                                                                                                                  deutig einen regionalen Standort gehabt und
                                                                                                                                  eine Zusammenarbeit mit der Reichspresse,            Dies implizierte, dass der geheimnisvolle Mister
                                                                                                                                  dem Amt Rosenberg auf der einen und der              Zaumseil zwar die Negative 1946 akquiriert
                                                                                                                                  überörtlichen SS gepflegt haben. Er war auf          hatte, aber nicht der Fotograf gewesen war. Ein
                                                                                                                                  dem Parteitag ganz vorne bei Hitler, Himmler,        weiteres Dokument des ehemaligen Besitzers
                                                                                                                                  Goebbels, Rosenberg oder Hess gewesen und            Klein schließlich markierte, wiederum in New
                                                                                                                                  somit nicht unbedeutend. Besonders erstaunte         Orleans notariell beglaubigt, dass besagte Filme
                                                                                                                                  die Kollegen um Andrew Eskind das nicht              des „Dritten Reiches“ Herrn Klein von seinem
                                                                                                                                  unwesentliche Detail, dass die Negativstreifen       Schwager Ernst Zaumseil, Ingolstadt, West
                                                                                                                                  meist auseinander geschnitten und die Filme          Germany, an ihn übergeben worden seien und
                                                                                                                                  nicht komplett waren. Dies gab auch wenn von         bislang nirgends publiziert, mit seinen vollen
                                                                                                                                  einer Hoffmann Agentur ausgegangen würde,            Rechten zur Nutzung und zum Verkauf verse-
                                                                                                                                  keinen Sinn. Wo waren die fehlenden Aufnah-          hen seien. Die von den amerikanischen Kolle-
                                                                                                                                  men? Warum wurden so viele unterschiedliche          gen geäußerte Hoffnung war, dass Mr. Zaum-
                                                                                                                                  Filmfabrikate verwendet, wem waren diese über        seil mit 92 noch irgendwo lebte oder aber seine
                                                                                                                                  800 „Dritte Reich Negative“ zu zuordnen ? Die        Familie in Deutschland Auskunft geben könne.
                                                                                                                                  chronologische und räumliche Zuweisung der           Mr. Klein war leider schon am 1. Januar 1989
                                                                                                                                  Sequenzen sowie der ungefähre Umfang der             in Amerika verstorben und zum Vorgang nicht
                                                                                                                                  verlorenen Negative war nach weniger als 14          mehr zu befragen. Aber es gab am Bodensee
                                                                                                                                  Tagen über die gemeinsamen Recherchen                den Nachweis eines Wanderfotografen namens
                                                                                                                                  ermittelt. Er, der Fotograf, musste als erster       Klein, wohnhaft in Untersiggingen, der ab den
                                                                                                                                  zwischen frame 528 und frame 529 des Zufalls-        Zwanziger Jahren auf den Dörfern fotografiert
                                                                                                                                  fundes am 5. Mai1935 in Unteruhldingen vom           hatte, dessen Tochter noch lebte und von dem
                                                                                                                                  Schiff gegangen sein, um Bormann einmal auf          Bilder, allerdings keine mit solcher Parteiprom-
                                                                                                                                  dem Schiff und dann von Land aus fotografi-          inenz aus der fraglichen Phase und auch nicht
                                                                                                                                  eren zu können. Dann konnte es aber nicht            in der vorliegenden Qualität, in den Archiven
                                                                                                                                  der abgebildete junge Mann im Trenchcoat,            bekannt waren. War dies vielleicht eine Auf-
                                                                                                                                  wie anfänglich vermutet, sein. Es sei denn, es       nahmesequenz von ihm, die der Vernichtung
                                                                                                                                  waren mehrere Fotografen am Werk oder es             vieler Bilder in der Nachkriegszeit durch einen
                                                                                                                                  gab mehrere Fotoapparate. Er müsste dann             frühen Transport durch Verwandte nach
                                                                                                                                  aber vielleicht auf einem anderen Bild der           Amerika schon 1946 entgangen war? Am Ende
                                                                                                                                  Unteruhldinger Dokumentationen 1935 oder             hatten wir von „Hoffmann“ über „Dürr“ bis
                                                                                                                                  1937 zu sehen sein.                                  „Klein“ genau 10 Fotografen unter Verdacht
                                                                                                                                                                                       (Abb.15 a-j).
                                                                                                                                  Die entscheidende Zusatzinformation zur
                                                                                                                                  Lösung des Puzzles kam dann über die Ein-            Am 17. Dezember 1999 platzte endlich der
                                                                                                                                  gangsakten des Bestandes in Rochester. Mitte         Knoten. Nach Recherchen in Ingolstadt und
                                                                                                                                  der 70er Jahre hatte das Kodak gehörende             am Bodensee, zunächst in den Archiven,
                                                                                                                                  Eastman House den Bestand aus dem Bankrott           dann in den Einwohnermeldeämtern, war
                                                                                                                                  eines Mr. Konrad Klein, New Orleans, Loui-           Mr. Ernst Zaumseil, der in den 1940 ern bei
                                                                                                                                  siana erhalten. In den notariell beglaubigten        Auto Union gearbeitet hatte überraschend
                                                                                                                                  Unterlagen fand sich ein in Deutsch gefasstes        gefunden. Er lebte ganz nahe, in Überlingen,
                                                                                                                                  Schreiben vom 2.2.1976, in dem ein Mr.               im Altenheim St. Ulrich, etwa 10 Autominuten
                                                                                                                                  Zaumseil, erklärte, dass die Herrn Klein über-       vom Pfahlbaumuseum Unteruhldingen
76                                                                                                                                lassenen Negative niemals und zu keiner Zeit         entfernt (Abb.16). Besuche dort ergaben bald       77

     Abb. 14: Schreiben Rosenberg an Himmler vom 2. Mai 1938.   Fig. 14 : Lettre de Rosenberg à Himmler, en date du 2 mai 1938.
Abb. 15a: Unbekannter           Abb. 15f: Unbekannte           die Rekonstruktion der Nachkriegsereignisse.         mung seines Vaters bereitwillig schon 2 Tage
     Fotograf am 5. Mai 1935,        Fotografin, Unteruhldingen,    Dieser hatte selbst fotografiert, besaß eine Kiste   später Einsicht in das Familienarchiv. Bald waren
     Unteruhldingen                  16. Oktober 1937.              voll alter Fotoapparate und Bilder, doch die         -und das bedeutete ein großartiges Recher-
     (Foto J. Udry).
                                                                    Qualität seiner Aufnahmen aus der Vorkrieg-          cheerlebnis- die Versatzstücke der Negativfilme
                                     Fig. 15f : Photographe
     Fig. 15a : Un photographe       anonyme, Unteruhldingen,
                                                                    szeit kamen bei weitem nicht an die der aufge-       gefunden, Kontaktbögen gefertigt und zu den
     anonyme, le 5 mai 1935          16 octobre 1937.               funden Belege heran. Auch fanden sich unter          Kollegen aus Amerika versandt, die ihrerseits
     à Unteruhldingen                                               seinen Kameras nicht die gesuchten Modelle           den Gesamtbestand rekonstruierten. Für sie war,
     (cliché J. Udry).                                              und Objektive, die vom Fotomuseum über die           wie sie berichteten, ein Mysterium gelöst, das
                                                                    technischen Daten des Filmmaterials erschlos-        sie über 20 Jahre beschäftigt hatte.63 Siegfried
                                                                    sen worden waren. Eher beiläufig erwähnte er         Lauterwasser, geboren am 16.4.1913, 1935
     Abb. 15b: Walter Frentz,        Abb. 15g: Martin Bormann       im Gespräch schließlich, dass er kurz nach dem       erste Veröffentlichungen im Foto-Jahrbuch
     Nürnberg, 1935.                 vor Überlingen,                Kriege bei einem Überlinger Fotografen „Berge        „Das Deutsche Lichtbild“, ab 1951 Mitglied
                                     5. Mai 1935.                   von Bildern“ im Papierkorb gefunden habe, die        der Gruppe „fotoform“, bekannt mit den
     Fig. 15b : Walter Frentz
                                                                    dieser wegwerfen wollte und die er anschließend      Familien Wieland und Wolfgang Wagner in
     à Nuremberg, 1935.              Fig. 15g : Martin Bormann
                                     à Überlingen, 5. Mai 1935.     seinem Schwager, der in Deutschland eine             Überlingen, 1953 erste Begegnung mit Herbert
                                                                    amerikanische Opernsängerin geheiratet hatte,        von Karajan und später dessen Fotograf,
                                                                    nach den USA mitgegeben habe. Dieser hieß            Fotochronist des deutschen Musiklebens64
                                                                    Konrad Klein, sei aber inzwischen verstorben.        und Träger des deutschen Fotokunstpreises
                                                                    Der Fotograf der fraglichen Aufnahmen sei            (Abb.17) war der Urheber ihrer Aufnahmen.
                                                                    wohl Siegfried Lauterwasser, der Karajanfotograf
     Abb. 15c: Fritz Todt vor        Abb. 15h: Helmuth Kurth,       gewesen, der heute noch in Überlingen lebe.          Der nächste gemeinsame Schritt bestand darin,
     Überlingen, 5. Mai 1935.        vor Konstanz, 5. Mai 1935.                                                          die insgesamt 4 Aufnahmeserien in der Einzel-
                                                                    Schlagartig war es klar. Gerade die Bilder des       abfolge zu ordnen, Personen zu identifizieren
     Fig. 15c : Fritz Todt à         Fig. 15h : Helmuth Kurth à
                                                                    Rosenbergbesuches Oktober 1937 hätten es             und weitere Quellenbelege zu sammeln. Dem
     Überlingen, 5 mai 1935.         Constance, 5 mai 1935.
                                                                    doch verraten sollen. Die besten Bilder des          abgebildeten Heinrich Hoffmann und seinen
                                                                    Ereignisses, Copyright Lauterwasser, lagen ja        Fotografen, Leni Riefenstahl und ihren Ka-
                                                                    schon seit Anfang der Neunziger Jahre im             meramännern in Nürnberg im September
                                                                    Archiv des Pfahlbaumuseums.61 Auch davon             1935 sowie den verwendeten Kameratypen
                                                                    gab es wie 1935 eine ergänzende Bilderserie          (Leica, Militärversion) und Filmen mit
                                                                    des örtlichen Fotografen Josef Udry, der an der      besonderen Kennzeichen galt das besondere
     Abb. 15d: Josef Udry,           Abb. 15i: Heinz Dürr,          Kunstakademie Karlsruhe Holzschnitzkunst             Augenmerk aus Übersee. Auf archäologischer
     Unteruhldingen, um 1930         Schwedenreise 1931             studiert und dort nebenbei das Fotografieren         Seite in Deutschland interessierten die Zusam-
     (Foto J. Udry).                 (Foto H. Dürr).                erlernt hatte, der den Auftritt von der Ankunft      menhänge der Museumsbesuche und der Aus-
     Fig. 15d : Joseph Udry,         Fig. 15i : Heinz Dürr
                                                                    Rosenbergs über das Mittagessen bis zur              grabungsbefunde von 1935-1937 besonders.
     Unteruhldingen, vers 1930       lors d’un voyage en Suède      Abfahrt aus seiner Sicht dokumentiert hatte.62       Rolf Sachsse, Professor für Photographie und
     (cliché J. Udry).               en 1931 (cliché H. Dürr).      Auf einem Bild war ein junger Fotograf,              Mediengestaltung an der Fachhochschule
                                                                    links am Bildrand, in Hitlerjugendkluft beim         Niederrhein in Krefeld, glaubte nach Durch-
                                                                    Zurückspulen einer Fotokamera zu sehen. Aber         sicht ein Selbstportrait Lauterwassers auf Agfa
                                                                    dieser konnte es nicht sein, der war gemessen an     White Dimple Film No. 3 erkannt zu haben.
                                                                    Siegfried Lauterwasser, der damals 24 gewesen        Fotohistoriker Andrew Eskind stellte auf A20
     Abb. 15e: Alexander Langs-      Abb. 15j: Leni Riefenstahl     sein musste, noch zu jung.                           Bormannbesuch ein ähnliches Gesicht, das
     dorff, Nauen, 1936              im Gespräch, Nürnberg,                                                              allerdings wie das andere für einen 22-jährigen
     (Foto Bundesarchiv Berlin).     September 1935.
                                                                    Die Kontaktaufnahme mit dem Fotogeschäft             Fotografen zu alt schien, zur Diskussion. Eine
     Fig. 15e : Alexander Langs-     Fig. 15j : Leni Riefenstahl,
                                                                    Lauterwasser in Überlingen ergab am 19.              Klärung konnte nur der Bildautor bringen.
     dorff, Nauen, 1936              Nüremberg, septembre 1935.     Dezember 1999, dass der Seniorchef gerade
     (cliché Bundesarchiv Berlin).                                  im Alter von 86 Jahren einen Schlaganfall erlit-     Am 22. Januar 2000 konnte Siegfried Lauter-
                                                                    ten habe und daher selbst noch nicht zu den          wasser schließlich besucht und im Beisein seiner
                                                                    Filmen zu befragen sei. Sein Sohn Alexander
78                                                                  Lauterwasser gewährte allerdings mit Zustim-                                                                     79
                                                                                                                         63
                                                                                                                             Vgl. www.geh.org/lauterwasser-intro.html sowie
                                                                                                                         Andrew Eskind, „On an overgrown path – How photo
                                                                    61
                                                                       SCHÖBEL 1994, 17, Abb.11. SULGER 1941,            archive was salvaged from a trash can“, Friday, April 29,
                                                                    Bildtafel S.44f.                                     2005. http://theovergrownpath.blogspot.com
                                                                    62
                                                                         SCHÖBEL 1994, 17, Abb.12.                       64
                                                                                                                              STEINORTH 1999, 14f.
Familie befragt werden. Es gelang, auf den Bil-             und Prof. Riek, Heiligkreuztal, im Sommer
                                                                                                                                      dern Personen zu identifizieren und die Zusam-              und Herbst 1937 mehrmals besucht und auf-
                                                                                                                                      menhänge soweit dies aufgrund des angeschla-                genommen. Verwendet habe er eine damals
                                                                                                                                      genen Gesundheitszustandes des Fotografen                   eine Contax oder eine Kleinbild-Leica mit
                                                                                                                                      möglich war, festzuhalten. Neben lokalen                    Leitz- oder Zeissobjektiven und Agfa Isopan,
                                                                                                                                      Personen wie Oberbürgermeistern, Kreisleitern               ISS oder Kodac Panatomic Filme. Er habe
                                                                                                                                      und Landräten waren „Putzi“ Hanfstaengl,                    stets nur eigene Kameras verwendet, stand
                                                                                                                                      der Auslandspressechef, Gebietsinspekteur                   bei Hoffmann nicht unter Vertrag und habe
                                                                                                                                      und Mitglied des Reichstages Gustav Robert                  diesen nur einmal persönlich bei Wagners
                                                                                                                                      Oexle, Reichsleiter Martin Bormann, Dr.                     in Bayreuth kennen gelernt, als dieser ein
                                                                                                                                      Fritz Todt, Max Egon Fürst zu Fürstenberg,                  Bild von ihm mit Wagners gemacht habe.67
                                                                                                                                      Prinz von Hohenzollern für ihn auf Anhieb                   Über den Fund seiner vor über 50 Jahren
                                                                                                                                      zu erkennen, Walter Frentz65 hinter der                     anscheinend weg geworfenen Negative in
                                                                                                                                      Kamera, Leni Riefenstahl in Nürnberg, der                   Amerika war er sichtlich überrascht. Er habe
                                                                                                                                      Bildberichterstatter des Führers Hoffmann,                  wohl „...die schlechteren herausgeschnitten
                                                                                                                                      Allgaier, der Riefenstahlfotograf aus Freiburg              und die besseren behalten.“ Und er fügte
                                                                                                                                      i.Br.. Er erinnerte sich, die Bilder 1935 für               noch hinzu: „Es war ja in der Franzosenzeit
                                                                                                                                      Kreisinspektor Oexle (Abb.18), Überlingen-                  nach dem Kriege gefährlich, solche Bilder zu
                                                                                                                                      Nußdorf66, im Alter von 22 Jahren nach                      besitzen“. Er habe die besseren daher unter
                                                                                                                                      dem Tod des Vaters und gleich nach der                      einem Brett auf dem Dachboden seines
                                                                                                                                      Übernahme des väterlichen Fotogeschäftes im                 Hauses versteckt gehabt, bis sich die Zeiten
     Abb. 16: Ernst Zaumseil, 1999, im Altersheim St. Ulrich,        Abb. 17: Siegfried Lauterwasser, Salzburg, um 1970 (Foto         Auftrag für die örtliche Hitlerjugend, in die er            wieder beruhigt gehabt hätten.
     Überlingen (Foto Gunter Schöbel).                               C. Lauterwasser).                                                vom nationalen Schülerbund übernommen
                                                                                                                                      worden war, gemacht zu haben. Oexle, zivil                  Das fotohistorische Puzzle war dadurch
     Fig. 16 : Ernst Zaumseil à la maison de retraite Saint Ulrich   Fig. 17 : Siegfried Lauterwasser à Salzbourg vers 1970 (cliché   Angestellter beim Amtsgericht, militärisch                  weitgehend gelöst, auch wenn Fragen
     d’ Überlingen en 1999 (cliché Gunter Schöbel).                  C. Lauterwasser).                                                Mariner und Teilnehmer des 1. Weltkrieges,                  hinsichtlich des herausgeschnittenen
                                                                                                                                      beschäftigt im Landratsamt, hätte ihn erst-                 Materials blieben. In der Tendenz hatte
                                                                                                                                      mals im Mai 1935 für die Fertigung von                      der Fotograf die besseren Portraits und
                                                                                                                                      Erinnerungsalben der Pressestelle Stab Hess                 Personenaufnahmen behalten. Dennoch
                                                                                                                                      herangezogen. Diese hätten den Herrn so gut                 gab es im aussortierten Bestand Rochester
                                                                                                                                      gefallen, dass er auch nach Nürnberg 1935                   Aufnahmen, deren Negative hohen
                                                                                                                                      zum Reichsparteitag und zu weiteren Ereig-                  dokumentarischen Wert besaßen. Seine
                                                                                                                                      nissen als Fotograf mitgenommen worden                      Frau glaubte zunächst, ihn auf einer
                                                                                                                                      wäre. Oexle habe nach den Fotoergebnissen                   Aufnahme des Fotografen Udry erkannt
                                                                                                                                      der Bodenseefahrt von Hoffmann die Erlaub-                  zu haben. Genauere Betrachtungen mit
                                                                                                                                      nis erhalten mit ihm dorthin zu fahren. Eine                der Lupe und Vergleichsbilder zeigten
                                                                                                                                      weitere Beauftragung habe er kurzfristig                    jedoch, dass es eine Verwechslung war. Was
                                                                                                                                      auch 1937 beim Rosenberg Besuch in                          für die Archäologie zu ergründen blieb,
                                                                                                                                      Unteruhldingen erhalten. Die Grabung im                     war die Rekonstruktion der für sie noch
                                                                                                                                      Fürstengrabhügel Hohmichele habe er im                      unbekannten Fotodokumentation von der
                                                                                                                                      Auftrag von SS-Oberführer v. Alvensleben                    Ausgrabung bei Hundersingen an der oberen
                                                                                                                                                                                                  Donau (Abb.19-24). Die einzelnen Schritte
                                                                                                                                      65
                                                                                                                                         Walter Frentz, geb 21.08.1907 Heilbronn, gest.           von der Köpfung des Hügels, über die Anlage
                                                                                                                                      6.07.2004 Überlingen gilt als der persönliche               der Lorenwege, die Arbeitsaufnahmen,
                                                                                                                                      Kameramann des „Führers“ und arbeitete für Leni
                                                                                                                                      Riefenstahl auf den Reichsparteitagen. Vgl. „Das Auge       bis zur Ausgrabung von Zentral- und
                                                                                                                                      des Kameramanns“, Dokumentarfilm 89`Minuten 29              Nebenkammer waren erkennbar. Hier
                                                                                                                                      Sekunden. Regie Jürgen Stumpfhaus. SWR 15.11.1992.          half überraschend eine weitere Zeitzeugin,
                                                                                                                                      Siehe auch Gaetringen von 2006.
                                                                                                                                                                                                  die Tochter Winifred Wagners, die mit
80
                                                                                                                                      66
                                                                                                                                         Oexle war mit der örtlichen Frauenfachschaftsfüh                                                                81
                                                                                                                                      rerin Lang, Nußdorf liiert. Vereinskassier Lang des         Lauterwasser die Ausgrabungen besucht
                                                                                                                                      Pfahlbauvereins, mit dieser verwandt, hatte daher
     Abb. 18: Gruppenbild mit Gustav Robert Oexle (links, mit        Fig. 18 : Groupe avec Gustav Robert Oexle (à gauche, coiffé      einen „guten Draht“ zum Stabe Hess, dem Oexle als
     weisser Kappe) und Wilhelm Murr (rechts, mit Hut und            d’un bonnet blanc) et Wilhelm Murr (à droite, avec chapeau et    Sonderbeauftragter bis Mai 1941 angehörte, bevor er dann
     Ledermantel), Mai 1935.                                         manteau de cuir), mai 1935.                                      bis Kriegsende in der Parteikanzlei Sonderbeauftragter im   67
                                                                                                                                                                                                    Familie Wagner, mit denen Lauterwassers befreundet
                                                                                                                                      Rang eines Oberdienstleiters war. Vgl. Anm.10.              sind, besitzt in Überlingen-Nußdorf ein Sommerhaus.
Sie können auch lesen