Gewinner und Verlierer der US-Steuerreform - EY

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Gewinner und Verlierer der US-Steuerreform - EY
01 / 2018

                                                                                                     100
Komplizierte Sanierungsklausel                      Mehr als das Kleingedruckte                     Jahre
Der Fiskus präzisiert die Folgen von § 8c KStG      AGB lauern überall und können für Unternehmen    DIN
bei Konzernübernahmen und für stille Reserven.      zu teuren Stolperfallen werden.

    Gewinner und
    Verlierer der
    US-Steuerreform
     Amerika mischt die Karten im internationalen
     Standortwettbewerb neu. Eine Analyse.
Gewinner und Verlierer der US-Steuerreform - EY
Rajiv Gandhi Sea Link

EY in Mumbai                                                                                                                          EY Mumbai
• Auf Seite 62 finden Sie einen Rundgang mit Hermann Mühleck.

EY                                     Stadt auf sieben Inseln

Mitarbeiter                             Mumbai ist mit 26.000 Menschen pro Quadratkilometer einer der am dichtesten besiedelten
in Mumbai                 4.892         Ballungsräume der Welt (Berlin 3.800). Seit Beginn des 20. Jahrhunderts hat sich die
                                      ­ Bevölkerungszahl auf offiziell 18 Millionen Einwohner verzehnfacht.
TAX                       1.287
                                       Mit einem Anteil von 25 Prozent an der indischen Industrieproduktion und 70 Prozent am ­
Advisory                  1.871
                                       Seehandel ist Mumbai das wirtschaftliche Zentrum des Landes. Dennoch lebt mehr als die
Assurance                 1.266        Hälfte der Einwohner in Slums.

Transaction                 468        Das 173 Meter hohe Gebäude „Residence Antilia“ gilt als das teuerste Einfamilienhaus der
                                       Welt und gehört dem Unternehmer Mukesh Ambani.

                                       Der International Airport fertigte laut „The Times of India“ am 24. November 2017 rekord­-
                                       mäßige 969 Flüge in 24 Stunden ab.

                                       Um die koloniale Vergangenheit abzuschütteln, kam es in den neunziger Jahren zu
                                       Umbenennungen: Kalkutta wurde zu Kolkata, Madras zu Chennai, Bombay zu Mumbai.

                                       Die Metropole entstand durch andauernde Landgewinnung über sieben Inseln.

                                                         Babulnath-Tempel

                                                                                            Crawford Market

                                                                                                                        Chhatrapati Shivaji Terminus

                                                                                     Rajabai Clock Tower

                         INDIEN

                                                                                      Taj Mahal Palace Hotel           Gateway of India
              Mumbai

2                      EY TAX & LAW Magazine 01/2018
Gewinner und Verlierer der US-Steuerreform - EY
Liebe Leserinnen,
                                                                        liebe Leser,
                                                                        was für ein Start in ein spannendes Jahr 2018! Die USA haben die
                                                                        größte Steuerreform seit 30 Jahren verabschiedet, Deutschland
                                                                        ringt derweil um eine neue Regierung. Unternehmenslenker sind in
                                                                        Zeiten wie diesen gefordert, die richtigen Entscheidungen zu treffen.

                                                              In der vorliegenden Ausgabe, die wegen der Ereignisse in Washington und
                                                              ­ erlin diesmal etwas verspätet erscheint, berichten wir Ihnen in einem Schwer-
                                                              B
                                                              punkt von der US-Steuerreform; Sie erhalten einen ersten Überblick über die
                                                              Konsequenzen. Diese reichen weit über die Grenzen der Vereinigten Staaten
                                                              hinaus und werden zukünftig voraussichtlich Einfluss auf globale Lieferketten,
                                                              Investitionsentscheidungen und Finanzierungsstrukturen haben.

                                                              Leider gab es bis zum Redaktionsschluss immer noch kein finales Ergebnis zur
                                                              endgültigen Bildung einer neuen Bundesregierung, allerdings treten CDU, CSU
                                                              und SPD nun in die Koalitionsverhandlungen ein. Im aktuellen Heft stellen wir
                                                              Ihnen die Ergebnisse der Sondierungsgespräche zwischen CDU, CSU und SPD
                                                              dar. Justiz und Verwaltung ruhen nicht, die Rechtsprechung und -auslegung
                                                              entwickeln sich weiter, angefangen von der Abzugsteuer und den AGB bis zur
                                                              Sanierungsklausel und dem Umgang mit stillen Lasten.

                                                              Das Tax & Law Magazine widmet sich ferner der fortschreitenden Digitalisie-
                                                              rung und ihren steuerlichen und rechtlichen Folgen für verschiedene Sektoren.
                                                              Gleichwohl erlauben wir uns, gelegentlich auch einen Blick zurück zu werfen,
                                                              diesmal zu 100 Jahren DIN. Rund 34.000 Normen sind seither für sämtliche
                                                              Lebensbereiche entstanden. Eine kleine, natürlich willkürliche Auswahl finden
                                                              Sie ab Seite 58.

                                                              Ich wünsche Ihnen ein großartiges Jahr 2018!

                                                              Ihre Ute Benzel
                                                              Managing Partner Tax / Germany Switzerland Austria
Titel: Sarah L. Voisin / The Washington Post / Getty Images

                                                                                              EY TAX & LAW Magazine 01/2018               3
Gewinner und Verlierer der US-Steuerreform - EY
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                                                                               US-Präsident Donald Trump hat die größte
                                                                               Steuerreform seit den achtziger Jahren
                                                                               unterzeichnet. International tätige Unter­
                                                                               nehmen müssen sich nun auf ein neues
                                                                               Kräfteverhältnis im weltweiten Steuerwett­
                                                                               bewerb einstellen.

                                                                                 20
                                                     Verlustvorträge können beim Verkauf
                                                         von Unternehmensanteilen leicht
                                                       verlorengehen. Ein BMF-Schreiben
                                                             soll für mehr Klarheit sorgen.

    2 EY in Mumbai                                                          Top
    3 Editorial Ute Benzel
                                                                       12   U
                                                                             S-Reform Wie Unternehmen auf die umfang­
    4 Inhaltsverzeichnis
                                                                            reichen Änderungen des amerikanischen Steuer-
                                                                            rechts reagieren sollten

                                                                                                                            Fotos: BRENDAN SMIALOWSKI / AFP / Getty Images, iStock / ThomasVogel (Montage: Fuenfwerken)
       Spots
    6 Globaler Informationsaustausch
                                                                            Tax
    8 Digitalisierung / Steuerfahnder / greylist                       20   Sanierungsklausel BMF-Schreiben zu § 8c KStG
    9 Lizenzschranke / Steuerschätzung                                  24 GroKo III Stand der Sondierung

10 Vermögensteuer / Personalien                                         26 Stille Lasten Kaum zu heben

11 Steuereinnahmen / Europa / Schweiz                                   27 Verzugszins Sechs Prozent vor Gericht

                                                                        28 Österreich Steuerreform

                                                                        29 F&E-Förderung Beihilferechtliche Hürden

                                                                        30 Verpflegungspauschale Speisen und Getränke

                                                                        31 Umsatzsteuerbetrug EU-Pläne

                                                                        32 Expats Globales Reporting

4                    EY TAX & LAW Magazine 01/2018
Gewinner und Verlierer der US-Steuerreform - EY
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                                                                                                                            Allgemeine Geschäftsbedingungen
                                                                                                                            tauchen an allen (un-)möglichen
                                                                                                                            Stellen auf und können Unternehmen
                                                                                                                            viel Geld kosten.

                                                                                                                                                                                 58
                                                                                                                                                               Seit 100 Jahren sorgt das
                                                                                                                                                                     Deutsche Institut für
                                                                                                                                                                Normung hierzulande für
                                                                                                                                                             Ordnung – vom DIN-A4-Blatt
                                                                                                                                                             bis zum korrekten Zwischen-
                                                                                                                                                                   abstand beim Grillrost.

                                                                       42
                                                                       TMT

                                                                        34 Arbeitszimmer Rechtliche Änderungen
                                                                                                                                   Law
                                                                        35 Betriebsprüfung Abzugsteuer im Visier              52   AGB Stolperfallen für Unternehmen
                                                                        36 Quellensteuer Software und Datenbanken              54 Musterfeststellungsklagen Vorteil für Verbraucher

                                                                        38 Controversy Kosten von Fusionen                     55 Compliance CMS lohnt

                                                                        39 Controversy Simultane Außenprüfung                  56 Durchsuchung Notfallpläne

                                                                        40 Digital Tax Geänderte Steuerfunktion

                                                                                                                                   360°
Fotos: iStock / Meinzahn (Montage: Fuenfwerken), iStock / grandriver

                                                                             Sektoren                                         58   DIN Ein Jahrhundert genormte Ordnung
                                                                       42    TMT Technischer Fortschritt
                                                                        44 TMT Steuer auf digitale Dienstleistungen            62 Mein Mumbai

                                                                        46 Industrie 4.0 Quellensteuer                         63 Publikationen / Impressum

                                                                        47 Consumer Products & Retail Blockchain

                                                                        48 Automotive Umsatzsteuerliche Herausforderungen

                                                                        50 Health Gleicher Rabatt für alle

                                                                                                                                                 EY TAX & LAW Magazine 01/2018         5
Gewinner und Verlierer der US-Steuerreform - EY
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Country
by Country
Reporting
Als Werkzeug gegen internationale Steuer-
vermeidung und Gewinnverschiebung
soll die Ermittlung länderbezogener Unter-
nehmensberichte dienen. Das Country by
                                                 	CbCR
Country Reporting (CbCR) ist nicht öffent-
                                                   Austausch
lich und erstmalig für Wirtschaftsjahre            mit Deutschland
ab 2016 zu erstellen und ab 2017 auszu­            (Stand 10/2017)

tauschen.                                        	zum CbCR
                                                   verpflichtet
                                                   (Stand 12/2017)

       Bonn –
       Schnitt-
       stelle zur                                                    Bundeszentralamt

       Steuerwelt
                                                                        für Steuern

DBA-Klauseln
Nach Artikel 26 OECD-Musterabkommen
beinhalten viele deutsche Doppelbesteue­
rungsabkommen (DBA) Klauseln zum
automatischen und spontanen Informa-
tionsaustausch und TIEA. Während die
sogenannte kleine Auskunftsklausel nur           	Kleine
zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung             Auskunfts-
nach Abkommen vorgesehen ist, stellt               klausel
                                                 	Große
die große Auskunftsklausel auch auf die
                                                   Auskunfts-
Zwecke der Besteuerung ab.                         klausel

6                EY TAX & LAW Magazine 01/2018
Gewinner und Verlierer der US-Steuerreform - EY
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                                                                                    Austausch zu
                                                                                    Tax Rulings
                                                                                    Tax Rulings mit grenzüberschreitendem
                                                                                    Bezug, wozu in Deutschland, insbeson­
                                                                                    dere verbindliche Auskünfte, verbindliche
                                                                                    ­Zusagen und unilaterale Vorabzusagen
                                                                                     über Verrechnungspreise (APA) zählen,
                                                                                     ­werden innerhalb der EU automatisch und
                                                                                      mit Drittstaaten spontan ausgetauscht.
                                                                                      Der Austausch gilt spätestens für neue
                                                                                      oder geänderte steuerliche Vorbescheide
                                                                                      ab April 2017.

                  Digitalisierung und Diplomatie erhöhen die globale Transparenz in Steuer­
                  angelegenheiten. Die Finanzbehörden vernetzen sich im Rahmen bi- und
                  multilateraler Abkommen. Für Deutschland spielt das Bundeszentralamt für
                  Steuern (BZSt) die Rolle eines zentralen Verbindungsbüros. Die Bonner

                                                                                                                        Global Tax
                  Behörde sammelt einerseits steuerrelevante Daten aus Deutschland und
                  gibt diese an die ausländischen Behörden weiter. Andererseits empfängt sie
                  entsprechende Informationen aus dem Ausland, um diese entweder selbst
                  auszuwerten oder an die jeweils zuständigen Finanzämter weiterzuleiten.
                  Für international aktive Unternehmen und andere Rechtsträger kann es
                  durchaus von Bedeutung sein zu wissen, mit welchen Staaten Deutschland
                  welche Informationen austauscht.

                  Quellen: OECD, Bundesministerium der Finanzen, US Treasury

                                                                                    Automatischer
                                                                                    Informations-
                                                                                    austausch
                                                                                    Im Rahmen des Common Reporting
                                                                                    Standards (CRS) der OECD tauscht sich
                                                                                    Deutschland seit Ende September 2017
                                                                                    mit 49 Staaten aus, die Zahl soll sich in
                                                                                    Kürze verdoppeln. Die Daten umfassen
                                                                                    Kontoinformationen von natürlichen und
                                                                                    juristischen Personen samt Rechts­trägern
 Nur Fatca
                                                                                    wie Trusts und Stiftungen. Die USA
 Nur CRS
                                                                                    ­nehmen am OECD-System zwar nicht Teil,
 Fatca & CRS
                                                                                     haben aber mit Deutschland und zahlrei-
	seit 2017 mit
  Deutschland                                                                        chen anderen Staaten ein vergleich­bares
  auf Basis CRS                                                                      FATCA-Abkommen abgeschlossen.
  durchgeführt

                                                                                   EY TAX & LAW Magazine 01/2018                7
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    Wurden in den letzten 12 Monaten
    E-Government-Angebote genutzt?
                                                                                      Steuer-
                                                                                 transparenz                 5           7         19
                                                                                                                                               Faire
                                                                                                                                               Besteuerung
                                        Anstieg 2006 – 2016,
                                                                                                                         8
                    2016 in Prozent      in Prozentpunkten
                                                                                                                  7            4
                   71            DNK           54,1
                                                                                                                         5
                  60             FIN            45
                                                                                                                      Anti-BEPS
                  55
                                                                              #greylist
                                 NLD           25,3

                  49             FRA           37,2                            Nach langem Ringen haben die EU-Finanzminister Ende 2017 eine
                                                                              „Schwarze Liste“ mit 17 unkooperativen Staaten in Steuersachen
                  48             IRL           33,7                            verabschiedet. Nun wird die Zahl auf neun verringert, denn Barba-
                                                                               dos, Grenada, Tunesien, Südkorea, Macau, Panama, Mongolei sowie
                  48             SWE           23,7                            die Vereinigten Arabischen Emirate haben sich nach der Veröffent-
                                                                               lichung zur Kooperation verpflichtet und erfüllen damit von der EU
               35,6              OECD          23,5                            entwickelte Kriterien. Somit stehen nun 55 Staaten auf einer Beob-
                                                                               achtungsliste und sollen ihre Steuerpraktiken bis Ende 2018 nach-
                  35             BEL           27,6                            bessern. Auf dieser „grauen Liste“ befinden sich auch die Schweiz,
                                                                               Isle of Man, Liechtenstein und die Türkei. Auf der „schwarzen ­Liste“
                  34             GBR            16                             verbleiben folgende Staaten und Territorien: Amerikanisch-­Samoa,
                                                                               Bahrain, Guam, Marshallinseln, Namibia, Palau, St. Lucia, Samoa,
                  33             AUT           20,9                           Trinidad und Tobago. Insgesamt hat die EU-Kommission zuvor
                                                                               92 Drittstaaten untersucht, und zwar nach den Kriterien Steuer­
                  32             ESP           25,2                            transparenz (automatischer Informationsaustausch, Amtshilfe in
                                                                               Steuerfragen), faire Besteuerung (keine schädlichen Praktiken der
                  29             PRT           17,5                            Unternehmensbesteuerung nach der EU- oder der OECD-­Definition)
                                                                               und Umsetzung der von der OECD empfohlenen Maßnahmen
                  26             GRC           23,9                            gegen Gewinnkürzung und Gewinnverlagerung (Anti-BEPS). Die
                                                                               EU hat ­keine Strafmaßnahmen definiert, sondern setzt vorerst auf
                   19            POL           15,4                            die „Prangerwirkung“ und den Imageverlust durch die Listen.

                   17            DEU            7,6

                   12            ITA                7          Quelle: OECD
                                                                              Ergebnisse der Steuerfahndung im Jahr 2016
                                                                              Angaben in Milliarden Euro

                                                                                                                                          1,4
    Deutschland digital eher Null
    Die Bundesregierung will Vorbild bei der Digitalisierung in der
     öffentlichen Verwaltung sein. So heißt es im Mitte 2017 ver-
                                                                                         0,4                     0,8
     öffentlichten Evaluierungsbericht 2016 zur Umsetzung des                         Sonstige Steuern          Einkommensteuer           Umsatzsteuer
    ­E-Government-Gesetzes in der Bundesverwaltung. Ein Bericht
     der OECD zeichnet dagegen ein völlig anderes Bild. Während in                     0,1                 0,1               0,2                0,3
     Deutschland beispielsweise nur ungefähr 2,5 Millionen Bürger
                                                                                Körperschaftsteuer       Lohnsteuer       Gewerbesteuer        Zinsen nach
     einen digitalen Personalausweis haben, um sich online bei Behör-                                                                          § 233a AO1
     den auszuweisen oder im Internet einzukaufen, nutzen fast fünf
                                                                              Quelle: Bundesfinanzministerium
     der knapp sechs Millionen Dänen die NemID (zu Deutsch: Einfach­
     ID). Viele dänische öffentliche und pri­vate Dienste sind bereits mit
     der NemID verknüpft. Das spart Zeit und lässt in Kombination mit         Ertragreiche Steuerfahnder
     einer Art TAN-Block eine Authentifizierung auch für in Deutsch-
                                                                              Die etwa 2.000 Steuerfahnder der Länder haben 2016 für zusätz­
     land sensible Behördengänge zu, bei denen sich die Bürger sonst
                                                                              liche Staatseinnahmen von 3,2 Milliarden Euro gesorgt. Damit
    vor Ort ausweisen müssten. Die Esten gelten als noch Internet-­
                                                                              haben sie ihr vorjähriges Ergebnis um rund 150 Millionen Euro
    affiner und wählen sogar ihr Parlament online.
                                                                              übertroffen. Die höchsten Mehreinnahmen kamen bei der Umsatz-
                                                                              steuer zustande, gefolgt von der Einkommensteuer.

8                   EY TAX & LAW Magazine 01/2018
Gewinner und Verlierer der US-Steuerreform - EY
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Gefährliche
Schranke
                                                              Patente deutsche Unternehmen
Die Hälfte der EU-Staaten buhlt mit
                                                              Einnahmen und Ausgaben der Unternehmen in Deutschland durch
Lizenzboxen und besonders günstigen                           ­ chutzrechte wie Urheberrechte, Patente und Lizenzen in Millionen Euro
                                                              S
Steuersätzen darum, dass multinatio­                                                                                                                                       14.961

nale Unternehmen ihre Marken und                                    Ausgaben       Einnahmen
Patente bei ihnen registrieren lassen.
Die Italiener locken mit 16, die Iren
mit 6,25 und die Malteser mit null Pro-                                                                                                                                    9.181
zent. Deutschland wehrt sich gegen die
Steuerrabatte mit einer sogenannten
Lizenzschranke seit Beginn des Jahres.
Ab nächstem Jahr sollen konzerninter­                         3.640
                                                              3.152
ne Ausgaben für Patente, Lizenzen
und Markenrechte nicht mehr oder nur
noch zum Teil als Betriebsausgaben
                                                                    2003        2005            2007           2009            2011          2013            2015
abziehbar sein, wenn diese in Länder
mit einer Präferenzregelung abfließen.                                                                                                    Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft

Besser als „Pi mal Daumen“
Gemäß der Schätzung im November 2017 kassiert der deutsche                                ­ urde unterschätzt. Dafür können laut BMF verschiedene Ursachen
                                                                                          w
Staat dieses Jahr rund 734,2 Milliarden Euro. Gegenüber ihrer                             in Betracht kommen: Die gesamtwirtschaftliche Bemessungsgrund­
Schätzung vom November 2016, welche Grundlage für die Verab-                              lage der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen unter­zeichnet
schiedung des Bundeshaushaltes 2017 war, hoben die Schätzer aus                           die ­tatsächliche Gewinnentwicklung im gewerblichen Bereich, die
Bund, Ländern und Wissenschaft die Einnahmen um rund 10 Milli-                            während der Finanzkrise vor knapp zehn Jahren aufgebauten
arden Euro an. Bis 2022 summieren sich die prognostizierten Mehr-                        ­Verlustvorträge der Unternehmen sind teilweise aufgebraucht, und
einnahmen gegenüber der letztjährigen Steuerschätzung gar auf                             die Steuerehrlichkeit nimmt zu. Allerdings neigen die Schätzer in
889,6 Milliarden Euro. Auch in den vergangenen Jahren entwickel­                        ­Zeiten des Abschwungs zu übertriebenen Prognosen. Im langfristi-
ten sich die Steuereinnahmen positiver als zunächst an­genommen.                          gen Durchschnitt addieren sich die Schätzfehler zu nahe null.
Insbesondere die Entwicklung der gewinnabhängigen Steuern

Schätzfehler (Fehler = Steuerschätzung abzüglich des tatsächlichen Aufkommens)
1973 bis 2017, in % des Steueraufkommens

 8

 6

 4

 2

 0

−2

−4

−6

      1973 1975 1977 1979 1981 1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017

           Schätzabweichung     gleitender Durchschnitt (3 Jahre)                                      Quelle: Bundesministerium der Finanzen, Arbeitskreis „Steuerschätzungen“

                                                                                                                                  EY TAX & LAW Magazine 01/2018                       9
Gewinner und Verlierer der US-Steuerreform - EY
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Vermögensteuer bringt wenig,                                            Personalia Extern
kostet viel                                                                       Reinhold Hilbers (53, CDU) ist neuer nieder-
                                                                                  sächsischer Finanzminister und folgt damit auf
Die Einführung einer Vermögensteuer würde Investitionen, Beschäf-
                                                                                  Peter-Jürgen Schneider (SPD), der der neuen
tigung, Ersparnis und Wirtschaftswachstum in Deutschland ­dämpfen.
                                                                                  Landesregierung nicht mehr angehört. Hilbers
Auch das Steueraufkommen selbst würde insgesamt sinken, da
                                                                                  ist seit 2003 Mitglied des Landtags. Von 2009
die Einnahmen aus der Vermögensteuer mit größeren Verlusten
                                                                                  bis 2013 war er haushaltspolitischer Sprecher
bei Ertrag- und Konsumsteuern einhergehen würden. Das ist das
                                                                                  der CDU-Fraktion und anschließend stellvertre-
Ergebnis einer Studie, die das ifo Institut und EY für das Bundes­
                                                                                  tender Fraktionsvorsitzender für die Bereiche
wirtschaftsministerium verfasst haben. „Die Einführung einer Ver­
                                                                                  Haushalt, Finanzen und Soziales.
mögensteuer wirkt wie eine massive Erhöhung der Ertragsteuer­
sätze, mit dem zusätzlichen Nachteil, dass die Vermögensteuer auch
                                                                                  Neuer österreichische Finanzminister in der
dann gezahlt werden muss, wenn der Ertrag aus dem Vermögen
                                                                                  neuen türkis-blauen Regierung ist Hartwig
negativ ist“, sagt ifo-Präsident Clemens Fuest.
                                                                                  Löger. Löger ist ein anerkannter Vertriebs­ex­
                                                                                  perte, der einen Großteil seines Berufs­lebens
                                          Eine Wiedereinführung der
                                                                                  im Versicherungsgeschäft tätig war. Er folgt
                                          1996 ausgesetzten Ver-
                                                                                  Hans Jörg Schelling als Finanzminister auf
                                          mögensteuer würde selbst
                                                                                  einem ÖVP-Ticket.
                                          bei hohen Freibeträgen
                                          und einer Privilegierung
                                                                                  Matthias Haß (CDU) ist seit Dezember 2017
                                          von Unternehmensver-
                                                                                  Staatsminister der Finanzen des Frei­staates
                                          mögen sowohl Produk­tion
                                                                                  Sachsen. Zuvor war er u. a. Leiter der Unter­
                                          als auch Beschäftigung in
                                                                                  abteilung „Grundsatzfragen der Finanz­politik“
                                          Deutschland langfristig
                                                                                  im Bundesministerium der Finanzen. Er folgt
                                          beeinträchtigen. Bei einem
                                                                                  auf Georg Johannes Unland (CDU), der auf
                                          Vermögensteuersatz von
                                                                                  eigenen Wunsch nicht mehr der neuen Landes­
                                          beispielsweise einem
                                                                                  regierung unter Ministerpräsident Michael
                                          Prozent wäre mit einer
                                                                                  Kretschmer (CDU) angehört.
                                          Dämpfung der jährlichen
                                          Wachstumsrate des Brutto­
                                          inlandsprodukts (BIP) um
                                          0,30 bis 0,35 Prozent-
                                          punkte in den ersten acht
Jahren zu rechnen. Grund ist, dass die Vermögensteuer die Anreize
                                                                        Personalia Intern
für Investitionen und zur Kapitalbildung spürbar mindern ­würde – mit             Tobias Lüpke ist der Markets & Business

                                                                                                                                      Fotos: Reinhold Hilbers, Bundesregierung / Andrea Bienert (BMWi), Jakob Glaser (Hartwig Löger), Pawel Sosnowski (Matthias Haß)
entsprechend negativen Folgen für die Produktionskapazitäten. Ins-                Development Leader für die Tax & Law ­Praxis
besondere bei ausländischen Investoren ist nach Einführung einer                  in Deutschland, Österreich und die Schweiz
Vermögensteuer mit einer Kapitalflucht aus Deutschland zu rechnen.                (GSA) und mitverantwortlich für die strategi-
Darauf hinzuweisen ist, dass eine rein konsumtive Verwendung der                  schen Wachstumsziele von EY in der Region.
Einnahmen aus der Vermögensteuer ohne weitere Effekte unter-                      Ein Instrument ist hierbei die Tax Agenda, wel-
stellt wurde.                                                                     che ­globale Steuerthemen (z. B. BREXIT oder
                                                                                  US-Steuer­reform) mit der digitalen Transfor­
Bei einem Vermögensteuersatz von 0,4 Prozent auf Unternehmens-                    mation der Steuerabteilung verbindet. Zuvor
vermögen, einem Prozent auf Immobilien- und Finanzvermögen und                    war er u. a. zehn Jahre in Moskau Leiter der EY
einem Freibetrag von einer Million Euro (2 Millionen bei Zusammen-                Tax & Law Transaktionspraxis der GUS-­Staaten
veranlagung) würde der Fiskus 14 Milliarden Euro an Vermögen­                     und maßgeblich am Aufbau des Russland­
steuern einnehmen. Dem stünden aber Verluste bei anderen                          geschäfts beteiligt.
Steuern in Höhe von 44 Milliarden Euro gegenüber. Das Steuerauf-
kommen wäre damit um 30 Milliarden Euro niedriger. Die Investitio-                 Dr. Annedore Streyl verstärkt den M&A Bereich
nen würden langfristig um knapp neun Prozent niedriger ausfallen,                 an unserem Standort Berlin. Als erfahrene und
die Beschäftigung um 1,9 Prozent und das Niveau der Wirtschafts-                   international anerkannte M&A Expertin beriet
leistung wäre um 4,5 Prozent niedriger als ohne eine solche Steuer.                die promovierte Rechtsanwältin u. a. kom­plexe
                                                                                   Infrastrukturprojekte, Restrukturierungen,
                                                                                  ­Privatisierungen und Transaktio­nen in regulier-
                                                                                  ten Industrien, wie der Energiebranche oder
    Die Studie „Ökonomische Bewertung verschiedener
                                                                                   der öffentlichen Hand. Bei EY Law wird Streyl
    Vermögensteuerkonzepte“ steht Ihnen auf der Seite
                                                                                   ­diese sektorspezifische Beratung und ihre
    des BMWi zum Download zur Verfügung.
                                                                                   Erfahrung in der internationalen Zusammen­
                                                                                  arbeit fortsetzen.

10                  EY TAX & LAW Magazine 01/2018
Spots

Abgaben steigen, besonders in EU-Staaten

In insgesamt 20 von 33 OECD-Ländern ist die Steuer- und Abgaben­                      Einnahmen aus Steuern und Abgaben in Prozent des BIP
quote 2016 gegenüber dem Vorjahr gestiegen, darunter in                               Prognose für 2016
Deutschland, Österreich und der Schweiz. Seit 2009, dem Jahr
der Weltfinanz­krise, haben alle OECD-Staaten bis auf fünf Länder –
Kanada, Estland, Irland, Luxemburg und Norwegen – ihre Steuer-                              DNK                                                                           45,9

quote erhöht und zuletzt einen historischen Höchststand erreicht.                           FRA                                                                          45,3
Deutschland liegt mit einer Steuerquote von 37,6 Prozent deut-                              BEL                                                                      44,2
lich über dem OECD-Durchschnitt von 34,3 Prozent, wird allerdings
                                                                                            FIN                                                                      44,1
noch erheblich von Frankreich und Dänemark übertroffen.
                                                                                            SWE                                                                      44,1

                                                                                            ITA                                                                     42,9

                                                                                            AUT                                                                     42,7

   Schweiz senkt die Mehrwertsteuer
                                                                                            DEU                                                              37,6

   Weil eine Zusatzfinanzierung für die Altersvorsorge ausgelau-                                                           34,3 %
   fen ist, sinkt in der Schweiz der Mehrwertsteuersatz um 0,3                                                                 2016
                                                                                            OECD                                                       34,3
   Prozentpunkte. Fast zehn Jahre zuvor, ab 2009, hatten die eid-
   genössischen Wähler für die Sanierung der Invalidenversiche-                                                   33,6 %
                                                                                                                    2013
   rung 0,4 Prozent zusätzliche Mehrwertsteuer bewilligt. Dass
   der Steuersatz nun nicht um genau diesen Anteil wieder sinkt,                            GBR                                                       33,2
   liegt an einer Zusatzabgabe zur Sanierung der Bahninfrastruk-
                                                                                            CHE                                              27,8
   tur. Damit beträgt der reguläre Mehrwertsteuersatz seit dem
                                                                                            KOR                                             26,3
   1. Januar 2018 in der Schweiz 7,7 Prozent, der Sondersatz für
   die Hotellerie 3,7 Prozent und der reduzierte Satz 2,5 Prozent.                          USA                                            26

                                                                                            TUR                                            25,5

                                                                                            IRL                                       23

                                                                                            CHL                                  20,4

                                                                                            MEX                               17,2

                                                                                                                                                                 Quelle: OECD,
                                                                                                                                            Revenue Statistics November 2017

     Are you happy                                      Zustimmung zum Statement „You are happy living in the EU“

     living in the EU?                                  97    94    92    92    90     89
        Die große Mehrheit der Europäer lebt                                                  85                                                      „Stimme zu“
                                                                                                    81     78     76
        gern in der EU. Dabei sind die Luxembur­                                                                        69     66     65        62    62
        ger, Iren, Niederländer und Dänen die                                                                                                                 58    57

        glücklichsten Europäer. Zu diesem Ergeb-
        nis kommt die EU-Kommission nach einer
        Befragung von fast 30.000 B ­ ürgern.
     ­Jüngere fühlen sich demnach in der EU
        noch wohler als Ältere. Selbst die Briten        2    4      6     6     7      6
        antworten auf die Frage „Are you happy                                                10    13     16     19
        living in the EU?“ zu mehr als zwei ­Dritteln   „Stimme nicht zu“                                               25     25     23
                                                                                                                                                      28
                                                                                                                                                34            36    33
        mit Yes, so zumindest das Ergebnis ­dieser
       ­Umfrage. Die geringste Begeisterung
      ­zeigen Griechen, Rumänen, ­Tschechen und         LUX   IRL   NLD   DNK   SWE   DEU    ESP    FRA    EU    AUT    GBR    ITA    BGR       GRC   ROU     CZE   HUN

        Ungarn.

                                                                                      Quelle: Europäische Kommission, basierend auf Umfrage September / Oktober 2017
                                                                                                                   An 100 fehlende Prozent: Weiß nicht / Keine Angabe

                                                                                                                 EY TAX & LAW Magazine 01/2018                             11
America First
     in der Steuerwelt
                                             Mit dem „Tax Cuts And Jobs Act“ schafft
                                             Präsident Trump starke Anreize für Investitionen
                                             in den USA. Auch deutsche Unternehmen
                                             sind betroffen und müssen sich neu aufstellen.

                E
                       s war seine vielleicht folgenreichste Unterschrift für    Die Reform betrifft drei Bereiche: die persönliche Ein-
                       die Weltwirtschaft, die US-Präsident Donald Trump         kommensteuer, die Erbschaftsteuer und die Unterneh-
                       am 22. Dezember 2017 leistete. Im Oval Office des         mensbesteuerung. Letztere hat die größten Auswir­
                 Weißen Hauses setzte der Staatschef seinen Namen unter          kungen auf Deutschland und Europa. Die Kernelemente
                 den „Tax Cuts And Jobs Act“. Mit dieser Reform sollen           dieses Reformbereichs sind: Reduzierung des Körper-
                 die USA als Wirtschaftsstandort attraktiver werden und          schaftsteuersatzes von 35 auf 21 Prozent (auf Bundes-
                 Kapital sowie Investitionen aus der ganzen Welt anziehen.       ebene), Entlastungen für Personenunternehmen, Sofort-
                 Gleichzeitig soll es schwerer werden, Einkünfte aus den         abschreibungen für Investitionen sowie die Abkehr vom
                 USA heraus zu verlagern. Es ist ein konsequenter Schritt        Welteinkommensprinzip hin zu einer Freistellung von
                 zur Umsetzung des Wahlversprechens „America First“,            ­Auslandsgewinnen in Form von Dividenden. Dem ­stehen
                 das Trump vor gut einem Jahr maßgeblich ins Präsiden-           ­einige steuerverschärfende Maßnahmen gegenüber,
                 tenamt der Vereinigten Staaten beförderte.                       ­darunter eine Beschränkung des Zinsabzugs und eine
                                                                                 Mindestbesteuerung (Übersicht auf Seite 19).
                 Die größte US-Steuerreform seit über 30 Jahren ­dürfte
                 die privaten Haushalte und Unternehmen in der Spitze           Die deutsche Wirtschaft ist indirekt und auch direkt
                 um jährlich rund 280 Milliarden US-Dollar entlastet. Das       betroffen. Zum einem stärkt die Reform ganz allgemein
                 sind 1,3 Prozent des amerikanischen Bruttoinlandspro-          Unternehmen, Forschung und Entwicklung sowie Inves-
                 dukts. Die Reform hat zudem das Potential, den ­globalen       toren in den USA und setzt damit die Konkurrenz in aller
                 Steuerwettbewerb weiter anzuheizen, weil sie andere            Welt generell unter Druck. Zum anderen schafft der Tax
                 Länder zu Reaktionen zwingt, damit ihre Unternehmen            Cuts And Jobs Act spezifische Anreize für aus­ländische
                 nicht ins Hintertreffen geraten.                               Unternehmen, Teile ihrer Wertschöpfungsketten in die

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Foto: Chip Somodevilla / Getty Images

EY TAX & LAW Magazine 01/2018
                                                                        TOP

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                Finanzminister Steven Mnuchin arbeitete ein dreiviertel Jahr intensiv an der Steuerreform

                USA zu verlagern. Tatsächlich fühlt sich die deutsche       gesetzlichen Regelungen müssen viele Unternehmen ihre
                Wirtschaft herausgefordert. In einer EY-Umfrage unter       Finanzierungsstruktur anpassen. Allerdings gibt es spezi-
                Führungskräften Anfang Januar erklärte die Hälfte, dass     elle Regeln zur Klassifizierung von Finanzinstrumenten als
                die US-Reform ihr Unternehmen direkt betreffe (39 Pro-      Fremd- oder Eigenkapital, die in der Praxis Probleme auf-
                zent waren noch unsicher und elf Prozent antworteten        werfen können und eine sorgfältige Dokumentation erfor-
                mit einem klaren nein). Noch mehr befragte Manager          dern. Diese werden durch die neue Zinsschranke nicht
                rechnen mit einer Verschlechterung der deutschen Wett-      ersetzt oder aufgehoben, sondern sind weiterhin zu beach-
                bewerbsfähigkeit. Auf die Frage “Fördert die US-Steuer­     ten. Wer nach der Reform Fremd- in Eigenkapital umwan-
                reform Investitionen in den USA?“ antworteten 58 Pro-       deln möchte, muss besondere Vorsicht walten lassen,
                zent mit ja und 18 mit nein (siehe Kasten).                 zumal – ähnlich wie in Deutschland – die Gefahr besteht,
                                                                            ungewünschte steuerpflichtige Erträge auszulösen.
                Klar ist, dass sich ein Großteil der deutschen Wirtschaft
                intensiv mit der US-Steuerreform und den Folgen für ihre    In Einzelfällen kann es für Unternehmen erwägenswert
                eigenen Unternehmen auseinandersetzen und gegebe-           sein, Zinseinkünfte in den USA zu erhöhen, wenn ansons-
                nenfalls Konsequenzen ziehen muss. Betroffen sind zahl-     ten dort die Zinsschranke greift - jeder Zinsertrag in den
                reiche Bereiche, die wir im Folgenden nur kursorisch und    USA würde dann keine zusätzliche laufende US-Steuerbe-
                ohne Anspruch auf Vollständigkeit skizzieren möchten.       lastung auslösen. Die neuen US-Regeln ähneln stark der
                                                                            deutschen Zinsschranke: Ein Nettozinsaufwand – gleich-
                                                                                                                                         Foto: SAUL LOEB / AFP / Getty Images

                                                                            gültig, ob an Dritte oder andere Konzernunternehmen
                US-Finanzierungsstruktur
                                                                            gezahlt – ist nur noch bis zu einer Höhe von 30 Prozent
                Wegen des hohen US-Steuerniveaus war es für Unter-          des (US-steuerlichen) Ergebnisses vor Zinsen, Steuern
                nehmen bislang interessant, durch umfangreiche Fremd-       und Abschreibungen („EBITDA“) sofort abzugsfähig. Ab
                finanzierung ihre Steuerlast zu senken. Auch deutsche       2022 würde die 30-Prozent-Grenze bezogen auf EBIT
                Konzerne haben in der Regel ihre US-Aktivitäten im bis-     berechnet, also noch enger gefasst und wäre damit noch
                her zulässigen Umfang fremdfinanziert. Durch die ­neuen     viel schärfer als die deutsche Zinsschrankenregelung.

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Verrechnungspreise, Lieferketten und IP                      Welche Auswirkungen hat die
Aus steuerlicher Sicht waren die USA bisher nicht beson-
                                                             US-Steuerreform auf Ihr Unternehmen?
 ders attraktiv, um internationale Investitionen anzu­
 locken und neue immaterielle Wirtschaftsgüter vor Ort zu    Wir haben die Leser unseres eNewsletter Tax und unseres Tax & Law
­schaffen. Dass dies dennoch geschah, war vor allem auf      Magazine Anfang Januar befragt. Die 170 Teilnehmerinnen und Teilnehmer
 die Anziehungskraft des größten Markts der Welt und die     kamen überwiegend aus international ausgerichteten Unternehmen in
technologische Vorherrschaft in vielen Bereichen zurück-     leitender Position aus Steuer- oder Finanzabteilungen.
zuführen. Das ändert sich mit der Steuerreform radikal.
Für diejenigen Unternehmen, die Vertrauen haben in die
                                                             Macht die US-Steuerreform              Werden durch die US-
Beständigkeit der neuen Gesetzgebung, stellen sich die
                                                             die USA als Produktions-               Steuerreform Lieferungen
USA nun in einem komplett neuen, reizvolleren Licht dar.
                                                             standort attraktiver?                   in die USA erschwert?

Zuckerbrot …                                                          14 %
                                                                                                       27 %                       27 %
Neben den bekannten kommerziellen und operativen
Gesichtspunkten sprechen nun auch steuerliche Argu-
mente dafür, unternehmerische Funktionen und Aktivitä­
ten in den USA anzusiedeln. Schon die Absenkung des          29 %                      57 %
allgemeinen Körperschaftsteuersatzes von 35 auf 21 Pro-
zent (auf Bundesebene) sorgt für eine beachtliche Wettbe-
                                                                                                                  46 %
werbsfähigkeit im Vergleich zu anderen Standorten, auch
gegenüber Deutschland, das mit seinen rund 30 Prozent
Körperschaft- und Gewerbesteuern ins Hintertreffen gerät.    Fördert die US-Steuerreform            Wird die US-Steuerreform
                                                             Investitionen in den USA?              Ihr Unternehmen direkt
Für innovative Unternehmen beinhaltet das Steuerpaket                                               beeinflussen?
zusätzliche Anreize, um Technologien und geis­tiges Eigen-
                                                                                                              11 %
tum (IP) in Amerika zu entwickeln und von dort aus welt-            18 %
weit zu vermarkten. So gilt für Gewinne aus der ausländi-
schen Verwertung immaterieller Wirtschaftsgüter durch
US-Unternehmen eine weitere Absenkung des Körper-                                                                                   50 %
schaftsteuersatzes auf zunächst 13,125 Prozent (16,406
                                                             24 %                      58 %         39 %
ab 2026). Beim „Foreign-derived ­Intangible Income“
(FDII) kann es sich um Dienstleistungs-, Lizenz- oder Ver-
kaufserlöse handeln. Dahinter steht das politische Ziel,
Forschungs- und Entwicklungs-Hubs aus aller Welt in den
                                                             Wird Ihr Unternehmen seine             Verschlechtert sich dadurch
USA anzusiedeln.
                                                             Geschäftstätigkeit in den              die Wettbewerbsfähigkeit
                                                             USA durch die US Tax Reform            deutscher Unternehmen?
Ein weiteres Schmankerl für Investoren sind die großzügi-
                                                             intensivieren?
gen Sofortabschreibungen. Anlageinvestitionen können in
den nächsten fünf Jahren sofort voll von der Steuerbemes-                       15 %                    20 %
                                                               28 %
sungsgrundlage abgezogen werden. Dies gilt sogar, wenn
die Wirtschaftsgüter gebraucht erworben werden, also
zum Beispiel bei einem Unternehmenserwerb als „Asset
                                                                                                                                    53 %
Deal“. Vor allem wachstumsorientierte Investoren erhalten
so einen beträchtlichen Liquiditätsvorteil und damit einen
                                                                                                      27 %
zusätzlichen Anreiz, sich in den USA anzusiedeln.
                                                                                57 %

… und Peitsche
                                                             Erhöht sich der Druck auf
Auf der anderen Seite werden Konzernunternehmen in           Deutschland, die Steuerlast
den USA, die Leistungen von verbundenen Unternehmen          für Unternehmen zu senken?
aus dem Ausland beziehen, einer Art Mindestbesteuerung
                                                                           5%
unterworfen. Die „Base Erosion Anti-Abuse Tax“ (BEAT)
soll verhindern, dass in den USA steuerlich abzugs­fähige      20 %
Zahlungen an ausländische verbundene Unternehmen
zu sehr das heimische Steueraufkommen beeinträchti-
gen. Das hat für große Konzerne zur Folge, dass sie kon-                                                           Ja
zerninterne Zahlungen für Lizenzen, Dienstleistungen                                                               Nein
und Zinsen unter Umständen in den USA nicht mehr                                  75 %                             Keine Angabe

                                                                                           EY TAX & LAW Magazine 01/2018                   15
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Die neue Landschaft der Gewinnbesteuerung                                                           ganz als Betriebsausgabe abziehen können, diese aber
                                                                                                    im Ursprungsland weiterhin voll versteuert werden, was
Gewinnbesteuerung in ausgewählten Ländern und
                                                                                                    zu einer Doppelbelastung führt. Damit setzt Washington
angekündigte Änderungen bei der Gewinnbesteuerung
                                                                                                    in den USA tätige Unternehmen unter Druck, einen mög-
                                                                                                    lichst hohen Wertschöpfungsanteil in Amerika zu schaffen.
      DEU
       JPN
      MEX                                                                                           Effekte auf die deutsche Besteuerung
      AUS
                                                                                                    Der „Tax Cuts and Jobs Act“ kann über die USA hinaus in
       PRT
                                                                                                    bestimmten Fällen auch die Besteuerung in Deutschland
       ESP
                                                                                                    beeinflussen. Nach deutschem Recht können nämlich die
       LUX
                                                                                                    USA als Niedrigsteuerland eingestuft werden. US-Ein-
      GRC
                                                                                                    künfte würden bei deutschen Gesellschaftern dann einer
       NZL
                                                                                                    Hinzurechnungsbesteuerung unterliegen. Diese Regelung
      CAN                                                                                           wurde ins Leben gerufen, um die Verlagerung „mobiler“
        ITA                                                                                         Einkünfte ins niedrig besteuernde Ausland unattraktiv zu
     	  USA*                                                                                        machen. Technisch geschieht dies dergestalt, dass soge-
       BEL                                                                                          nannte passive Einkünfte einer von Deutschen beherrsch-
       FRA                                                                                          ten Auslandgesellschaft den deutschen Gesellschaftern
      NLD                                                                                           wie steuerpflichtige Dividenden zugerechnet werden,
       ISR                                                                                          wenn diese im Ausland effektiv zu weniger als 25 Prozent
      AUT                                                                                           besteuert werden. Durch die Absenkung des US-(Bundes-)
       CHL                                                                                          Steuersatzes auf 21 oder sogar 13,125 Prozent besteht
      NOR                                                                                           die Gefahr, dass US-Einkünfte nunmehr als niedrig besteu-
      SWE                                                                                           ert gelten. Unternehmen sollten sehr genau prüfen, ob
       SVK                                                                                          zusätzliche lokale und Bundesstaaten-Steuern den effek-
      KOR                                                                                           tiven Steuersatz doch noch auf 25 Prozent heben und
      DNK                                                                                           ob sie in den USA passive Einkünfte (z. B. Zinsen, Lizenz­
       CHE                                                                                          erträge aus erworbenem IP) erzielen.
        ISL
      TUR                                                                                           Zwar gibt es derzeit innerhalb der deutschen Finanzver-
       FIN                                                                                          waltung eine Diskussion, die Niedrigbesteuerungsschwelle
       EST                                                                                          abzusenken, so dass sich die Problematik möglicher­weise
       POL                                                             angekündigt     aktuell      reduzieren würde. Jedoch ist keineswegs sicher, dass
       CZE                                                                                          eine Rechtsänderung rückwirkend ab 2018 gelten würde.
                                                                  * seit 1.1.2018, inkl. durch-    Davon abgesehen würde eine Absenkung der deutschen
      GBR
                                                                    schnittlicher State-Tax von
      SVN                                                           5,5 Prozent, keine Gewinn-      Niedrigbesteuerungsschwelle wohl niemals das Niveau
       LVA                                                          besteuerung erfolgt in          von 13,125 Prozent erreichen, so dass bei FDII-Einkünf-
                                                                    South Dakota oder Wyoming       ten stets mit einer Hinzurechnungsbesteuerung zu rech-
       IRL
      HUN                                                                                           nen ist. Dann käme es entscheidend darauf an, dass die in
          0%       5%      10 %    15 %     20 %     25 %    30 %     35 %    40 %    45 %          den USA ausgeübten Tätigkeiten als „aktiv“ im Sinne des
                                                                                                    Außensteuergesetzes gelten, um nicht die neuen steuer-
                                                                                                    lichen US-Vorteile durch Hinzurechnungsbesteuerung im
Frankreich, u. a.:                                 USA, u. a. (siehe auch S. 19):
• Stufenweise Senkung des Körperschaft-            • Senkung des KSt von 35 auf 21 Prozent          Inland gleich wieder zu verlieren. Dies wird in vielen ­Fällen
  steuersatzes (KSt) von 33 ¹⁄³ auf 25 Prozent     • Sofortige Vollabschreibung für bestimmte und   gegeben sein.
  bis 2022, reduzierter Satz von 15 Prozent          bis Ende 2022 angeschaffte Wirtschaftsgüter
  für kleine und mittlere Unternehmen bleibt       • Einschränkung diverser Abzugsmöglichkeiten
  bestehen                                           und Tax Credits                                Seit Anfang 2018 gilt mit dem § 4j EStG eine neue Regel
• Aber: Zuschläge für KSt-pflichtige Groß­­                                                          im deutschen Steuerrecht, wonach Lizenzzahlungen an
  unternehmen ab bestimmten Umsätzen von           Norwegen, u. a.:                                 ausländische verbundene Unternehmen, die mit den Ein-
  über einer Milliarde Euro zur Gegenfinan­        • Senkung von 24 auf 23 Prozent
  zierung der Abschaffung der 3-Prozent-Steuer                                                      künften einer niedrigen, nicht OECD-konformen Präferenz-
                                                   • Erhöhung des unteren MwSt-Satzes von 10
  auf Ausschüttungen                                 auf 12 Prozent                                  besteuerung unterliegen, nur beschränkt abzugsfähig sein
                                                   • Änderungen beim Zinsabzug                      sollen. Man anderen Worten, es gilt ein Sondersteuer­satz
Belgien, u. a.:                                                                                      für Einkommen aus immateriellen Wirtschaftsgütern,
• Stufenweise Senkungen des KSt von 33,99          UK:                                               die im Ausland durch ein – nach OECD-Maßstäben – schäd-
  auf 25 Prozent bis 2020                          • Stufenweise Senkung des KSt von aktuell 19
• 100 % Beteiligungsfreistellung für Dividenden                                                     liches Präferenzregime erzielt werden. Es wird vom jewei-
                                                     auf 17 Prozent ab 1. April 2020
  und Veräußerungsgewinne                          • Erhöhung F&E-Förderung von 11 auf              ligen Unternehmen im Einzelfall zu prüfen sein, ob die
• Einführung einer Gruppenbesteuerung ab             12 ­Prozent                                    ­neuen US-Regeln derartige Abzugsbeschränkungen aus-
  2019 und Reform des Eigenkapital-Zinsabzugs      • Änderungen beim Zinsabzugs und bei hybri-
• Einführung einer Minimum-Bemessungs-                                                              lösen, und damit der US-Steuervorteil auf entsprechende
                                                     den Gestaltungen
  grundlage                                                                                         Lizenzeinnahmen aus Deutschland verloren geht.

16                        EY TAX & LAW Magazine 01/2018
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                           Wirtschaftsmotor USA
                           US-Warenhandel mit ausgewählten Ländern,               Kanada
                           Angaben in Milliarden Dollar

                                                                            275            259
                                                                                                                                     EU
                                                                                                                                    394

                                   China

                                                                   USA
                                    461                                                                                             259

                                                                                                                          davon Deutschland
                                     117                                                                                            107

                                                                                                                                     49

                                                                         303,3             235,8
                                                                                                                               Import         Export
                                                                                                                       Quelle: US-Handelsministerium
                                                                                  Mexiko                                   (Januar – November 2017)

                           Unternehmen, die ihre Lieferkette zugunsten der USA
                           ändern wollen, müssen überdies aufpassen, ob es
                           dadurch zu einer gewinnrealisierenden (Re-)Alloka­tion
                           von Funktionen im Konzern kommt. Deutschland hat
                           nämlich strikte Regeln zur Funktionsverlagerung. Die-
                           se ­sollen verhindern, dass Unternehmen immate­rielle
                           Wirtschaftsgüter aus Deutschland ins Ausland ver­lagern,
                           ohne dass deren Gewinnchancen besteuert werden.
                           Anpassungen von Konzernfunktionen und -verantwort-
                           lichkeiten als Reaktion auf die gestiegene steuerliche
                           Attraktivität des Standorts USA sind daher mit großer
                           Sorgfalt zu planen, um nicht hohe „Exit“-Steuerbelastun-
                           gen in Deutschland auszulösen.

                           Jahresabschlüsse 2017
                           Da der „Tax Cuts and Jobs Act“ durch die Unterschrift
                           von Präsident Trump am 22. Dezember 2017 bereits ver-
                           abschiedet wurde, sind die Auswirkungen auch schon in
                           den Jahresabschlüssen 2017 zu berücksichtigen. Dies ist
                           insbesondere für die Unternehmen relevant, die erheb-
                           liche (latente) Steuerpositionen mit US-Bezug in ihren                  Auch Ronald Reagan konnte mit dem Wahlversprechen „Let’s make America
                           Bilanzen halten oder die von der Einmalsteuer auf nicht                 great again“ punkten und wurde 1981 zum 40. Präsident der Vereinigten
Foto: MPI / Getty Images

                           repatriierte Gewinne unterhalb ihrer US-Struktur betrof-                Staaten gewählt. Während seiner Amtszeit wurden zahlreiche Änderungen
                           fen sind. Entsprechende Ad hoc-Mitteilungen haben zahl-                 im Steuerrecht umgesetzt. Z. B. gab es seit 1988 noch zwei Einkommen­
                           reiche börsennotierte Unternehmen zum Jahreswechsel                     steuersteuersätze von 15 und 28 Prozent. Außerdem wurde die Körper-
                           schon veröffentlicht.                                                   schaftsteuer der Unter­nehmen stark von 46 auf 34 Prozent gesenkt.

                                                                                                                                  EY TAX & LAW Magazine 01/2018    17
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                                               Kräftevergleich USA vs DE

 Durchschnittseinkommen                                Erwerbstätige                                          Fläche

      39.615 €                                            44 Millionen                                       357.022 km²

     51.324 €                                   153 Millionen                                 9.826.675 km²

                                                     F&E Investitionen
 BIP-Wachstumsrate 2017                            der Top 100 Unternehmen                                 Einwohner

       2,3 %                                             58 Milliarden €                                     82 Millionen

       2,2 %                                 171 Milliarden €                                   323 Millionen

       USA      Deutschland                                                                                Quellen: IWF, Statista, OECD, Laenderinfo.net

                        So verliert bei einem Konzern, der für Verlustvorträge in   für viele Unternehmen eine erhebliche Verbesserung. Die
                        den USA bisher eine positive latente Steuerposition aus-    effektive Steuerbelastung von Erträgen aus Investi­tionen
                        gewiesen und diese mit dem alten Steuersatz von 35 Pro-     in den USA sinkt von rund 36,5 auf etwa 23 Prozent.
                        zent berechnet hat, die zukünftige Steuerersparnis ana-     Deutschland kann mit einer effektiven Besteuerung von
                        log zur Steuersatzsenkung an Wert. Den umgekehrten Fall     28 bis 30 Prozent in die Defensive gerät. Zudem gewinnt
                        erleben Unternehmen, die momentan latente Steuerver-        der US-Standort durch die FDII-Regelungen zusätzlich an
                        bindlichkeiten bezogen auf ihre US-Aktivitäten ausweisen;   Attraktivität.
                        hier können sich unerwartete Sondererträge ergeben.
                                                                                     Es ist zu erwarten, dass auch deutsche Unternehmen
                                                                                     ­dieses Investitionsangebot wahrnehmen und sich in ver-
                        Fazit – der Druck auf Deutschland steigt
                                                                                     stärktem Maße in den USA engagieren werden. Die
                        Mit der drastischen Senkung des Unternehmensteuer­           US-Reform erhöht den steuerpolitischen Handlungsdruck,
                        satzes katapultieren sich die USA im internationalen          der seit mehreren Jahren ohnehin schon in Deutsch-
                        Steuer­wettbewerb weit nach vorne. Die Maßnahmen zur         land besteht. Die nächste Bundesregierung wird hierauf
                        Verbreiterung der Bemessungsgrundlage bringen zwar          ­Antworten finden müssen.
                        Mehrbelastungen, dennoch ergibt sich unter dem Strich

                        Ihre Autoren

                                             Oliver Wehnert                                             Christian Ehlermann
                                             Partner                                                    Partner
                                             International Tax & Transfer
                                                                                                        christian.ehlermann@de.ey.com
                                             Pricing Leader für Deutschland,
                                             Österreich und die Schweiz

                                             oliver.wehnert@de.ey.com

18           EY TAX & LAW Magazine 01/2018
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                              Tax Cuts And Jobs Act
                            Wesentliche Punkte der Steuerreform

Massive Senkung des                                                 Grenzüberschreitende Betriebsausgaben:
Körperschaftsteuersatzes                                            „Base erosion anti-abuse tax (BEAT)“
Absenkung des Körperschaftsteuersatzes von 35 auf 21 Prozent.        Keine „Excise Tax“ (Vorschlag Repräsentantenhaus) auf
Geringere Besteuerung bestimmter transparent besteuerter             bestimmte Importe und Zahlungen ins Ausland. Für Unterneh-
Unternehmenseinkünfte („pass-throughs“).                             men ab einem Jahresumsatz von 500 Millionen US-Dollar statt-
Abschaffung der Alternative Minimum Tax (AMT) für Unterneh-          dessen Aufnahme des Senatsvorschlags einer „Base erosion
men. Natürliche Personen erhalten erhöhte AMT-Freibeträge.          anti-abuse tax (BEAT)“. Die US-Steuer auf eine für BEAT-­Zwecke
                                                                    verbreiterte Bemessungsgrundlage darf durch Zahlungen an
                                                                    ­ausländische Konzerngesellschaften nicht unter zehn Prozent (in
Abschreibungen
                                                                    2018 fünf Prozent, ab 2026 12,5 Prozent) fallen und wird ggf.
Sofortige Vollabschreibung für bestimmte und bis Ende 2022           durch die BEAT auf diesen Wert aufgefüllt.
 angeschaffte Wirtschaftsgüter. Anschließender Abbau der
­Sonderabschreibung in jährlichen 20-Prozent-Schritten bis auf      Für Banken gelten etwas höhere Steuersätze. Warentransaktio­nen
 null in 2027.                                                      sowie bestimmte Derivatgeschäfte und Dienstleistungen werden
                                                                    von der BEAT grundsätzlich nicht erfasst.

Steuervergünstigungen
                                                                    Erbschaftsteuer
Einschränkung diverser Abzugsmöglichkeiten und Tax Credits
unter Beibehaltung der steuerlichen F&E-Förderung.                  Beibehaltung der Erbschaftsteuer mit erhöhten Freibeträgen.

Ausländische                                                        Immaterielle Wirtschaftsgüter
Dividendeneinkünfte
                                                                    Einführung eines Präferenzregimes für Einkünfte aus der Verwer-
Ausländische Dividendeneinkünfte von US-Körperschaften ­sollen      tung immaterieller Wirtschaftsgüter durch US-Unternehmen im
künftig steuerfrei sein, wenn die Beteiligung mindestens zehn       Ausland (es kann sich hierbei um Dienstleistungs-, Lizenz- oder
Prozent beträgt. Gewinne aus der Veräußerung einer solchen          Verkaufserlöse handeln). Für diese gilt ein effektiver Steuersatz
Beteiligung wären von der Befreiung nicht erfasst.                  von 13,125 Prozent ab 2018 und 16,406 Prozent ab 2026.

                                                                     Im Gegenzug Ausweitung der Hinzurechnungs­besteuerung
Gewinne ausländischer
                                                                     (CFC-rules) auf bestimmte Einkünfte aus ­immateriellen
Tochtergesellschaften
                                                                    ­Wirtschaftsgütern. Steuersatz 10,5 Prozent (ab 2026:
 Einmalige Nachversteuerung der seit 1986 noch nicht besteu-        13,125 Prozent).
 erten Gewinne ausländischer Tochtergesellschaften von
­US-­Muttergesellschaften. Die Sätze liegen mit 15,5 Prozent
                                                                    Betriebsausgabenabzug bei
(F­ inanzmittel) bzw. acht Prozent (illiquide Assets) etwas höher
                                                                    hybriden Gestaltungen
 als zuvor diskutiert. Die Steuerzahlung kann in acht Jahresraten
 geleistet ­werden.                                                 Maßnahmen zur Verweigerung des Betriebsausgabenabzugs für
                                                                    bestimmte hybride Transaktionen oder für bestimmte Zahlungen
                                                                    an hybride Rechtsträger.
Zinsschranke
 Einführung einer Zinsschranke mit einer Abzugsbeschränkung
                                                                    Mindestbesteuerung und Verlustvortrag
 des Netto-Zinsaufwands auf maximal 30 Prozent des ­EBITDA
 bzw. ab 2022 des EBIT für Unternehmen ab einer Umsatz­              Einführung einer Mindestgewinnbesteuerung. Verlust­vorträge
 schwelle von 25 Millionen US-Dollar. Ein Zinsvortrag ist ohne       dürfen maximal mit 80 Prozent des steuerlichen Gewinns
­zeit­liche Beschränkung möglich. Die in den Gesetzesversionen      ­verrechnet werden. Von Ausnahmen abgesehen wird der Verlust­
 zuvor e ­ nthaltene, darüber hinausgehende Abzugsbeschränkung       vortrag unbegrenzt gestattet.
 für internationale Unternehmensgruppen wurde fallen gelassen.

                                                                                              EY TAX & LAW Magazine 01/2018             19
Komplizierte Klauseln
                                     Das neue BMF-Schreiben zu § 8c KStG präzisiert die
                                     Folgen bei Konzernübernahmen und für stille Reserven.

               W
                           enn eine Kapitalgesellschaft über steuerliche      ­ inführung keinesfalls als einfach und zielgenau erwie-
                                                                              E
                           Verluste bzw. Verlustvorträge verfügt, ist beim    sen. Gerade vor dem Hintergrund der mangelnden Ziel-
                           Kauf oder Verkauf viel Vorsicht und Sorgfalt       genauigkeit wurden immer wieder verfassungsrecht­
                geboten, damit diese nicht untergehen. Um mehr Klarheit       liche und auch europarechtliche Bedenken laut. Geklärt
                und Rechtssicherheit zu schaffen, hat das Bundesfinanz-       ist ­heute, dass zumindest bei unmittelbaren Beteiligungs-
                ministerium in einem neuen Schreiben die Sicht der Ver-       erwerben von mehr als 25 und nicht mehr als 50 Prozent
                waltung zu § 8c KStG präzisiert. Wertvolle Hinweise gibt      der quotale Verlustuntergang nach § 8c KStG nicht mit
                das BMF-Schreiben insbesondere zur Konzern- und zur           dem verfassungsrechtlichen allgemeinen Gleichheitssatz
                Stille-Reserven-Klausel. Grundsätzlich haftet dem Schrei-    zu v ­ ereinbaren ist, da dieser eine unzulässige ­typisierende
                ben eine unverändert restriktive und profiskalische Aus-      Missbrauchsvermeidungsnorm darstellt. Das Bundes-
                legung des Gesetzes an. Die detaillierte Verwaltungs­        verfassungsgericht hat dem Gesetzgeber im März 2017
                anweisung könnte sich jedoch am Ende im Ergebnis als         ­aufgegeben, diesen Verfassungsverstoß rückwirkend zu
                ohne Anwendungsbereich erweisen, sollte das Bundes-           beseitigen. Aber auch bezüglich der Anteilsübertragun-
                verfassungsgericht § 8c KStG insgesamt als unvereinbar        gen von über 50 Prozent gibt es eine Vorlage beim Bun-
                mit dem Grundgesetz einstufen.                                desverfassungsgericht mit bislang unbekanntem Ausgang.

                Grundzüge                                                    Von 6 auf 21
                Wegen der großen Auslegungsschwierigkeiten und Streit-       Ursprünglich hatte die Finanzverwaltung ihre Interpretati-
                anfälligkeit der Vorgängerregel (§ 8 Abs. 4 KStG a.F.)        on des § 8c KStG in einem sechs Seiten langen BMF-Schrei-
                ­hatte die damalige große Koalition 2008 die Regelung         ben niedergelegt. Seither wurde der Paragraph mehr-
                 des § 8c KStG eingeführt, um eine „einfachere und ziel­     fach modifiziert, insbesondere durch die Einführung einer
                 genaue Verlustabzugsbeschränkung“ zu ermöglichen.           ­Konzernklausel und die Stille-Reserven-Klausel. Dies
                Seither gilt: Werden innerhalb von fünf Jahren mittelbar      machte zusammen mit Rechtsprechung des Bundesfinanz-
                 oder unmittelbar mehr als 25 Prozent der Anteile oder        hofs eine Änderung des BMF-Schreibens notwendig. Das
                Stimmrechte einer Körperschaft an einen Erwerber oder        am 28. November 2017 veröffentlichte Schreiben ist dabei
                 diesem nahe stehende Personen übertragen, gehen die         auf 21 Seiten angewachsen. Es befasst sich explizit mit
                steuer­lichen Verlustvorträge der Körperschaft teil­weise     dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (zu unmit-
                 unter. Bei mehr als 50 Prozent gehen die steuerlichen       telbaren Beteiligungserwerben von mehr als 25 und nicht
                Verlustvorträge vollständig unter.                            mehr als 50 Prozent) und erkennt die Verfassungswidrig-
                                                                              keit der Norm mit Geltung von 2008 bis Ende 2015 grund-
                Allerdings hat sich § 8c KStG bereits kurz nach seiner        sätzlich an. Da die Karlsruher Richter nur über den vor­

20   EY TAX & LAW Magazine 01/2018
Das Detlev-Rohwedder-Haus, im historischen Regierungsviertel Berlins an der Wilhelmstraße gelegen, ist seit
            August 1999 Hauptsitz des Bundesministeriums der Finanzen, welches sich nicht nur der Sanierung des Staats-
            haushalts stellte. Trotz Abrissempfehlung wurden rund 2.000 Räume aufwändig modernisiert.

            gelegten Sachverhalt entscheiden konnten, blieb die Frage      mit einem Verweis, dass die Abstimmung nicht nur auf
            einer Verfassungswidrigkeit für mittelbare Beteiligungs­       Absprachen beschränkt sein darf, die sich auf den Erwerb
            erwerbe offen. Des Weiteren fällt auf, dass auf das Verhält-   als solchen beziehen – z. B. mit Blick auf die Preisfindung
            nis zur Regelung des fortführungsgebundenen Verlust­           oder das Bewahren eines bisher vorliegenden Verhältnis-
            vortrags (§ 8d KStG), die ab dem Veranlagungszeitraum          ses im Anteilsbesitz.
            2016 anwendbar ist, an keiner Stelle eingegangen wird.

                                                                           Unterjähriger Beteiligungserwerb
            Erwerbergruppe
                                                                           Aufgrund der BFH-Rechtsprechung (Urteil vom
            Bisher legte die Finanzverwaltung die „Übertragung auf         30. November 2011, I R 14/11) war die Finanzverwal-
            Erwerber mit gleichgerichteten Interessen“ sehr weit aus.      tung gezwungen, ihre bisherige, sehr profiskalische Auf-
            So versagten Betriebsprüfer den Verlustabzug zum Teil          fassung zum unterjährigen Beteiligungserwerb aufzu­
            bereits dann, wenn ein Treuhänder Unternehmens­anteile         geben. Dem alten BMF-Schreiben war zu entnehmen, dass
            für Investoren erwarb, die nicht bekannt werden ­wollten,      ein bis zum Beteiligungserwerb erzielter Gewinn nicht mit
            wenn sich verschiedene Firmengruppen etwa in Form              noch nicht genutzten Verlusten verrechnet werden ­könne.
            eines Joint-Ventures an einer Verlustgesellschaft beteilig-    Zwar sieht das neue BMF-Schreiben nun vor, dass ein
            ten oder gar, wenn im Rahmen von einer Verschmelzung           bis zum schädlichen (unterjährigen) Beteiligungserwerb
            von Publikumsgesellschaften indirekt die Mehrheit der          erzielter Gewinn grundsätzlich mit noch nicht ­genutzten
            Anteile von Verlustgesellschaften wechselte.                   Verlusten verrechnet werden kann. Allerdings stellt sich
                                                                           hier das Problem, in welchem Verhältnis die Verlust­
             Der Bundesfinanzhof stellte daraufhin klar, dass ­reine       abzugsbeschränkung des § 8c KStG zu der sogenannten
             Absprachen, die sich auf den Anteilserwerb „als ­solchen“     Mindestbesteuerung steht. Das BMF-Schreiben sieht ein
             beziehen, nicht ausreichen, sondern die ­Erwerbergruppe       Nebeneinander der beiden Regelungen wie folgt vor: Der
             auch später, nach Anteilserwerb in der Zukunft als            nicht nach § 8c KStG untergehende Verlustvortrag wird
            „­Gruppe“ auftreten müsse und hierbei die konkrete Mög-        auf den Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs
             lichkeit haben muss, die Verlustgesellschaft zu beherr-       ermittelt, während über die Mindestbesteuerung erst im
             schen. Die Möglichkeit des Beherrschens genügt laut BFH       Rahmen der Jahresveranlagung entschieden wird. Ob
             nicht, die Feststellungs- und Beweislast trägt nach Ansicht   ­diese Auffassung auch vom BFH geteilt wird, für den laut
             der Münchner Richter die Finanzbehörde (Urteil vom             obigem Urteil der schädliche unterjährige Beteiligungs-
             22. November 2016, I R 30/15). Erfreulich wäre es gewe-        erwerb eine Zäsur darstellt und ein bis dahin ­erzielter
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             sen, wenn das neue BMF-Schreiben das Urteil in dieser         Gewinn mit dem bisher noch nicht genutzten Verlust ver-
             Klarheit wiedergegeben hätte. Allerdings begnügt es sich      rechnet werden darf, bleibt abzuwarten.

                                                                                                                      EY TAX & LAW Magazine 01/2018   21
TAX

                Pragmatisch löste das BMF-Schreiben die Frage, wie das                   Konzernklausel
                Ergebnis des Wirtschaftsjahres, in dem unterjährig der
                                                                                          Bei der Veröffentlichung des alten BMF-Schreibens im
                schädliche Beteiligungserwerb stattgefunden hat, auf den
                                                                                         Jahr 2008 gab es noch keine Sonderregelung für kon-
                Zeitraum vor und nach dem Beteiligungserwerb aufzu-
                                                                                         zerninterne Beteiligungserwerbe, welche einen Verlust-
                teilen ist – nämlich nach wirtschaftlichen Kriterien. Dies
                                                                                          untergang im Rahmen konzerninterner Umstrukturierun-
                kann durch einen Zwischenabschluss (nebst Einkommens-
                                                                                          gen verhindert hätte. Die ab dem Veranlagungszeitraum
                aufteilung) auf den Stichtag des schädlichen Beteiligungs-
                                                                                         2009 eingeführte Konzernklausel ist sehr komplex formu-
                erwerbs erfolgen, oder durch sachlich und wirtschaftlich
                                                                                          liert und soll letztlich nur schädliche Beteiligungs­erwerbe
                begründete Schätzung.
                                                                                          innerhalb von 100-prozentigen Beteiligungsketten aus
                                                                                          dem Anwendungsbereich des § 8c KStG heraus­nehmen.
                Organschaft                                                               Die Klausel ist dabei auf sämtliche Rechtsvorgänge
                                                                                          anwendbar, die zu einem schädlichen Beteiligungserwerb
                Eingehend befasst sich das BMF-Schreiben mit der Ver-
                                                                                          führen können, unabhängig davon, auf welchem Rechts-
                lustabzugsbeschränkung im Organschaftsfall. Dabei ist
                                                                                          grund (z. B. Kauf-, Schenkungsvertrag, Einbringung,
                § 8c KStG grundsätzlich auf Ebene der Organgesellschaft
                                                                                         ­verdeckte Einlage, Umwandlung usw.) diese ­beruhen.
                und des Organträgers getrennt anzuwenden. Im Fall des
                                                                                          D. h., eine Einschränkung der Konzernklausel auf Ver-
                unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerbs ist die
                                                                                          äußerungsgeschäfte findet nicht statt und es sind auch
                obige Berechnung auf Ebene von Organgesellschaft und
                                                                                          unentgeltliche Vorgänge mit umfasst. Deutlich wird die
                Organträger gesondert vorzunehmen. Eine Zwischenkon-
                                                                                          Komplexität der Konzernregel anhand der nachfolgenden
                solidierung der bis zum Übertragungsstichtag erzielten
                                                                                          Beispiele:
                Ergebnisse lässt das BMF-Schreiben nicht zu. Negative
                                                                                          • Ist der übertragende oder übernehmende Rechts­
                Einkommen sind bei einem unterjährigen Beteiligungs-
                                                                                             träger eine Kapitalgesellschaft mit mehreren Anteils­
                erwerb vor der Einkommenszurechnung auf der jeweili-
                                                                                             eignern, etwa eine börsennotierte Aktiengesellschaft,
                gen Ebene der Organgesellschaft bzw. des Organträgers
                                                                                             so ­findet die Konzernklausel keine Anwendung. Dies ist
                zu kürzen.
                                                                                             die ­Folge, wenn mehr als ein Beteiligter am übertragen-

     Verlustverrechnungsbeschränkungen in den EU-Staaten

     Verlustrücktrag                                                             Verlustvortrag

     Möglich                    Zeitlich und betragsmäßig   Zeitlich unbegrenzt,            Zeitlich begrenzt, aber         Sowohl zeitlich als auch
                                unbegrenzt                  jedoch Mindest­besteuerung      betrags­mäßig unbegrenzt        in der Höhe beschränkt

          DEU                                BEL                        DNK                             BGR                              SVK

          FRA                                EST                        DEU                             FIN                              POL

          IRL                                IRL                        FRA                             GRC                              PRT

          NLD                                LVA                        ITA                             HRV                              HUN

          GBR                                LUX                        LTU                             NLD

                                             MLT                        AUT                             CZE

                                             SWE                        SVN                             ROU

                                             GBR                        ESP                             CYP

                                                                        HUN                                                                   Quellen:
                                                                              (im Zuge der                             Bundesministerium der Finanzen,
                                                                        USA
                                                                              US-Steuerreform)                                       eigene Recherche

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