POLIZEI - Gelebte Fürsorge POLIZEILICHES KRISENMANAGEMENT - Gewerkschaft der Polizei
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DEUTSCHE
POLIZEI
JUNI 2019 ZEITSCHRIFT DER GEWERKSCHAFT DER POLIZEI
POLIZEILICHES KRISENMANAGEMENT
Gelebte Fürsorge
969819-002_SignalIduna.pdf; s1; (210.00 x 280.00 mm); 14.Dec 2017 13:10:13; PDF-CMYK für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien
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MEDIEN
INHALT Juni 2019
E WS
E N
K
FA
Fake News stellen die Polizeiar- 2 KURZ BERICHTET GdP-Bundesfachausschuss Kripo mit neuem
beit vor ganz neue Herausforde- Vorstand/Deutscher Richterbund bei GdP zu Gast
rungen, auch deshalb, weil mitt-
lerweile via Twitter eingehende 3 FRAUEN Digitalisierung als Herausforderung für die
Gerüchte dementiert werden Work-Life-Balance!?
müssen. Der Echtzeitcharakter
der sozialen Medien lässt die
Grenzen zwischen Wahrheit 4 TITEL/ARBEITSSCHUTZ Gelebte Fürsorge
und Lüge verschwimmen – mit
fundamentalen Folgen für die 10 BFA Schupo stellt sich neu auf
Kommunikation.
Seite 20
10 „Das macht hilflos und ohnmächtig“
12 ARBEITSSCHUTZ/JUNGE GRUPPE (GdP) zwischen Digitalisierung
FUSBALLEINSATZ und dem gewohntem Dauereinsatz
16 GEWALT GEGEN POLIZEI UND RETTUNGSKRÄFTE Ein hohes und
konkretes Berufsrisiko
Foto: FotoHuebner/dpa
20 KAMPAGNE Respekt gegenüber Uniformierten
20 MEDIEN Fake News
Die Fußballsaison 2018/19 ist
in den Büchern. Die Spiele sind
gespielt, der Meister ist gefun- 23 FUSSBALLEINSATZ Maßnahme und Kritik in einer
den. So weit, so gut. Doch nicht ausgewogenen Balance?
nur Sportliches wird von dieser
Spielzeit in Erinnerung bleiben. 29 GESELLSCHAFT Freundliche Nachhilfe für Freund und Helfer
Seite 23
33 VERKEHR UND JUSTIZ Bei der Fahrt: Laserentfernungsmesser,
Laptop und Videoanrufe
DGB-INITIATIVE
35 TARIFPOLITIK Genauer hingeschaut: Was macht eine Fachkraft
für Arbeitssicherheit?
36 DGB-INITIATIVE Gute Schichtarbeit ist mit der 40-Stunden-Woche
Foto: Bernd Becker
nicht zu machen
38 BUNDESFACHAUSSCHUSS Vorbereitungen auf das
Mindeststandards für die Arbeit
Verwaltungssymposium
im Wechselschichtdienst: Unter
dieser Überschrift haben sich 38 FORUM
auf Einladung des Deutschen
Gewerkschaftsbundes (DGB) ein 39 SENIOREN Bundesseniorenvorstand tagte
zweites Mal Vertreterinnen und
Vertreter der Gewerkschaften
des öffentlichen Dienstes in 40 EINSATZ Freitagnacht irgendwo im Norden an der A1
Berlin getroffen.
Seite 36 40 IMPRESSUM
6 – 2019 DEUTSCHE POLIZEI 1
++ KURZ BERICHTET ++ KURZ BERICHTET ++ KURZ BERICHTET ++ KURZ BERICHTET ++
GdP-Bundesfachausschuss Kripo
aufwuchses ein großer Personalmangel
vorhanden, der sich insbesondere aus
der hohen Überalterung und der damit
mit neuem Vorstand verbundenen zeitgleichen Ruhestands-
versetzungen von großen Teilen der
kriminalpolizeilichen Sachbearbeiter
In der ersten Sitzung des Bundesfachausschusses Kriminalpolizei (BFA-K) ergibt. Daher besteht die Gefahr, in-
nach dem Bundeskongress der Gewerkschaft der Polizei (GdP) wählten nerhalb kürzester Zeit ein Großteil an
die GdP-Kripoexperten Anfang April in der Berliner Bundesgeschäftsstelle Fachwissen und Erfahrung zu verlie-
einen neuen Vorstand. Zum neuen Vorsitzenden wurde Lars-German ren. Das Gremium sieht es aus diesem
Elsebach aus dem Landesbezirk Hessen gewählt. Seine Stellvertreterin Grund als eine der dringendsten Auf-
ist Steffi Reutter aus Baden-Württemberg, das seit Längerem verweiste gaben an, gemeinsam mit dem Bundes-
vorstand darauf hinzuwirken, dass die
Amt des Schriftführers bekleidet der niedersächsische Kollege Andreas Länder Maßnahmen ergreifen, die die-
Nünemann. ser Entwicklung wirksam entgegnen.
Das neue Trio nutzte gleich die Ge- Zustimmung der Delegierten fanden, Lars-German Elsebach/red
legenheit, ihren Amtsvorgängern ein sind sämtliche
herzliches Dankeschön für die lang- Themenfelder der
jährige, gute Arbeit zu übermitteln. Kriminalitätsbe-
Der Dank, dem sich der GdP-Bun- kämpfung und
desvorsitzende Oliver Malchow gerne auch die unserer
anschloss, richtete sich im Besonderen Kollegeninnen
an den scheidenden Vorsitzenden Nor- und Kollegen im
bert Meiners und dessen Stellvertreter Bereich der kri-
Gerald Gouasé. Beide betonten unter- minalpolizeilichen
dessen ihre Bereitschaft, dem neuen Ermittlungsein-
Vorstand weiterhin beratend zur Seite heiten auf der
zu stehen, was die neue Spitze beson- Agenda.
ders freute. Nachdem alle Wahlgän- Wie aus den
ge abgeschlossen waren, ging es an Länderberichten
die Planungen für die nächsten vier deutlich wurde,
Jahre. Neben den eigenen Anträgen, ist trotz des in vie- Neuer BFA-Kripo-Vorstand: (v.l.) Schriftführer Andreas Nünemann,
die vom BFA-K beim Bundeskongress len Bereichen ge- Stellvertreterin Stefanie Reutter und Vorsitzender Lars-German
eingereicht worden waren und dort die planten Personal- Elsebach haben mit der Arbeit begonnen ... Foto: Zielasko
Deutscher Richter-
bund bei GdP zu Gast
Große Übereinstimmung über die
weiteren Schritte und die künftige
Zusammenarbeit – mit dieser Bilanz
endete der Besuch von Jens Gnisa bei
GdP-Chef Oliver Malchow Anfang
Mai in der Berliner Bundesgeschäfts-
stelle. Nach Gnisas Wiederwahl zum
Vorsitzenden des Deutschen Rich-
terbundes ging es darum, sich abzu-
stimmen, wie die Zusammenarbeit in
den kommenden Jahren aussieht und
Im Gespräch: (v.l.) Jens Gnisa, Vorsitzender des Deutschen Richterbundes, und GdP-Chef
in welche thematische Richtung die-
Oliver Malchow. Foto: Bicking
se geht. Gnisa und Malchow waren
sich einig, dass innere Sicherheit nur Angleichung der Strafprozessordnung den, die strafrechtlich nicht abgedeckt
gewährleistet ist, wenn Polizei und (StPO) an die moderne Technik. Im sind. Daher seien Anpassungen und
Justiz arbeitsfähig sind. Als notwen- Zuge der Digitalisierung seien zuneh- Ergänzungen der StPO notwendig.
dige Schritte identifizierten sie die mend neue Lebenssituationen entstan- cbg
2 6 – 2019 DEUTSCHE POLIZEI
FRAUEN
Digitalisierung als Herausforderung für
die Work-Life-Balance!?
3. Personalentwicklungsprojekt der GdP-Frauengruppe (Bund) gestartet
Anfang April war es wieder soweit! Zwölf Kolleginnen der Gewerkschaft Stärkung zwischen Rollenvielfalt und
der Polizei (GdP) trafen sich in der Bundesgeschäftsstelle im nordrhein- Dauererreichbarkeit und die innere
westfälischen Hilden, um an einem mittlerweile fast schon zur Traditi- Arithmetik der GdP und vieles mehr.
on gewordenen Kick-off teilzunehmen: dem Start des nunmehr dritten Inhaltlich haben sich die Kolle-
Personalentwicklungsprojekts der GdP-Frauengruppe (Bund). Durch die ginnen im Kick-off schon mit ihren
finanzielle Förderung der „BGAG Stiftung Walter Hesselbach“ (Beteili- Rollen und den (eigenen) Erwartungen
an ihre Rolle und mit den Wirkungen,
gungsgesellschaft der Gewerkschaften) ist es der GdP erneut möglich, also den Veränderungen, auf die
ein derartiges Projekt durchzuführen. Strukturen, in denen wir unterwegs
Dieses hat ein eindeutiges Ziel: Kol- bereits zahlreiche
leginnen zwischen Beruf, Familie und Gruppen innerhalb
Ehrenamt so zu stärken, dass sie für der GdP begleitet
die GdP aktiver werden können – und hat. Sie arbeitet
das in sich stark verändernden Zeiten grundsätzlich mit
und im Kontext von Digitalisierung. und an den Bedürf-
Wie in der Vergangenheit wurde das nissen der Teilneh-
Projekt in DEUTSCHE POLIZEI aus- merinnen.
geschrieben, und Frauen aus allen Beim Kick-off
Landesbezirken und Bezirken konnten hatten sich die
sich bewerben. Die Gruppe besteht Teilnehmerinnen
nun aus Kolleginnen, die aus völlig kennen gelernt,
unterschiedlichen Dienststellen und sich und ihre Er-
Landesbezirken kommen und sowohl wartungen sortiert,
Beamtinnen (Vollzug und Verwaltung) um dann die thema-
als auch Tarifbeschäftigte sind – eine tische Struktur der
hochspannende Mischung! Module gemeinsam
zu erarbeiten. Der
Stress, den Kolle-
SEHEN, WOHIN DER WEG FÜHRT … ginnen empfinden,
wenn sie versu-
chen, ihre vielen
Im Auftaktworkshop begrüßte Elke Rollen unter einen Manuela Rukavina und Elke Gündner-Ede (r.) bei der Begrüßung.
Gündner-Ede als Mitglied des Ge- Hut zu bekommen Foto: Terweide
schäftsführenden Bundesvorstandes ist bei aller Unter-
zusammen mit Annette Terweide aus schiedlichkeit der Frauen jedoch allen sind, beschäftigt. „Das Faszinierende
der Abteilung Frauen- und Gleichstel- gemein. Ein großes Feld nimmt hier ist wirklich, wie schnell aus 15 Frauen,
lungspolitik die Gruppe. „Es ist toll, natürlich auch die ständige Erreich- die sich vorher nicht kannten, eine
dass sich wieder so viele Kolleginnen barkeit und „Allverfügbarkeit“ ein. offene, gut mit einander arbeitende
für unser Projekt beworben haben. Gruppe wird!“ Das blieb als ein Fazit
Ihr seid hier, um gut für euch klären etlicher Kolleginnen am Ende der zwei
zu können, wo ihr euren Weg in der ERWARTUNGEN AN DIE Tage haften. Die Gruppe hat sich gut
GdP seht, und was ihr braucht, da- aufgestellt, via soziale Medien ver-
mit ihr diesen gehen könnt“ betonte EIGENE ROLLE netzt, um auch während der Module
Gündner-Ede. in engem Kontakt bleiben zu können.
Die Struktur sieht drei Workshop- Und alle freuen sich auf den nächsten
Module vor. Zu Beginn und am Ende Es kristallisierten sich so etliche The- Workshop. Denn: die Mischung aus
jeweils zwei Tage – der Zwischen- menfelder heraus, die in den kommen- viel Spaß, Zugewandtheit und dem
workshop wird drei Tage andauern. den Modulen entsprechend bearbeitet gemeinsamen Bearbeiten komplexer
Thematisch begleitet wird das Gan- werden: Rollenklarheit; Netzwerken Fragestellungen des eigenen Tuns ver-
ze erneut von der externen Trainerin im gewerkschaftlichen, aber auch di- bindet und stärkt.
und Coach Manuela Rukavina, die gitalen Zeitalter; Selbstfürsorge und Manuela Rukavina
6 – 2019 DEUTSCHE POLIZEI 3
TITEL
ARBEITSSCHUTZ
Gelebte Fürsorge
„Warum überlässt die Polizei Dilettanten die Deutungshoheit über ihre für die Kräfte und die Organisation“. Die
Einsätze?“. Diese Frage stellte der Vorsitzende des GdP-Bundesfach- dazu eingerichtete Arbeitsgruppe hat vor
ausschusses Schutzpolizei (BFA Schupo), Björn Neureuter, bereits Ende Kurzem dem Bundesvorstand sein Ab-
schlusspapier vorgelegt. Was genau ist
März 2015 auf einem Arbeitsschutzsymposium der Gewerkschaft der mit dem zu Interpretationen einladenden
Polizei (GdP), über das DEUTSCHE POLIZEI (DP) berichtete (5/2015). Thema gemeint?
Schweigen im Plenum. Sekunden später, nach einem schweifenden Blick Björn Neureuter: Es geht einerseits
über die zunächst ratlosen Gesichter, gibt er die Antwort. Die Polizei um die taktische Bedeutung einer pro-
sei nur unzureichend auf das vor allem internetbasierte Beobachten bei- fessionellen Presse- und Öffentlich-
spielsweise durch Video-Uploads auf Streaming-Plattformen wie YouTube keitsarbeit (PÖA) in herausragenden
Einsatzlagen, aber andererseits auch
vorbereitet, so in DP nachzulesen. Seit Jahren ist der rheinland-pfälzische um die große Rolle, die diese für das
Polizist und GdP-Kollege an dem Thema dran, und mit ihm der BFA Schu- Binnenklima hat, wenn die Kolleginnen
po, dem er seit April 2015 vorsitzt. und Kollegen in der Kritik stehen. Oder
die Organisation an sich. Ein gutes
V
or gut vier Jahren hatte DP: Lieber Kollege Neureuter, der BFA- Beispiel dafür ist sicherlich der noch
Neureuter den beim Ar- Schupo hatte vom 2014er-Bundeskon- allen im Gedächtnis befindliche Groß-
beitsschutzsymposium gress einen Auftrag erhalten. Es ging einsatz im Juli 2016 in München, als
versammelten Gewerk- um das Thema „Fehlendes Krisenma- ein Mann in einem Einkaufszentrum
schafterinnen und Gewerkschaftern nagement der Polizeien sowie die Folgen mehrere Menschen getötet hatte. Re-
mit einem eindrucksvollen Beispiel aktionen blieben bei
sein Anliegen verdeutlicht: Im Herbst den Polizeien hierzu-
2014 haben Polizeibeamte in Rüssels- lande natürlich nicht
heim zwei sogenannte Kampfhunde aus. Konzeptionen
erschießen müssen, nachdem diese wurden geprüft und
nicht eingefangen werden konnten teils neu entwickelt.
und zwei Passanten gebissen hatten. Hintergrund war
Die Tötung der Tiere war durch einen immer der professi-
Zuschauer gefilmt und noch vor Ort onelle Umgang mit
in einem sozialen Netzwerk veröffent- Krisensituationen. Es
licht worden. Eine Flut von Anzeigen, ging zumeist um eine
Mitteilungen und Dienstaufsichtsbe- Neuausrichtung der
schwerden sowie Anrufe bei der Po- klassischen PÖA.
lizeidienststelle waren die Folge ge-
wesen. Versammlungsanmeldungen, DP: Nun kommen
Petitionen und in sozialen Netzwerken solche außergewöhn-
eine kaum zu überschauende Anzahl lichen Einsatzlagen
von empörten, beleidigenden Hassti- glücklicherweise
raden hatte in der Folge die örtliche nicht so oft vor …
Polizei überschwemmt. Die wenigen Neureuter: Stimmt,
sachlichen und um fachliche Betrach- und deswegen ha-
tung bemühten Beiträge waren von ben wir die Frage
polemischen Äußerungen niederge- nach einer professi-
rungen worden. onellen Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit
Im vergangenen September hat- aus dem Blickwin-
te die „AG Krisenmanagement“ des kel der Einsatzlagen
GdP-BFA Schupo ihren Bericht „Or- des täglichen Diens-
ganisations- und Vorgesetztenverant- tes heraus gestellt.
wortung in Zeiten einer (medialen) Gemeint ist also die
Krise“ an den für dieses Expertengre- ganze Palette von
mium im Geschäftsführenden GdP- Polizeikontrollen,
Bundesvorstand zuständigen Kollegen Gewahrsamnah-
Hagen Husgen überreicht. Nun ist ein men, über Zwangs-
GdP-Themenheft erschienen. Darü- anwendungen und
ber sprach DP mit dem BFA-Schupo- DP-Interviewpartner Björn Neureuter. Foto: privat
Unterstützungen von
Vorsitzenden: kommunalen Ver-
4 6 – 2019 DEUTSCHE POLIZEI
ARBEITSSCHUTZ
erregt öffentliches Interesse. Manch-
mal mehr, manchmal weniger. In Win-
deseile haben wir eine Situation in
den sozialen Medien, die die Polizei
oder einzelne Kolleginnen und Kol-
legen erst einmal schlecht aussehen
lässt. Dies kann die öffentliche Wahr-
nehmung der Behörde beeinträchti-
gen, eine Krise hervorrufen oder sie
verschärfen. Vielleicht prasseln dann
massive Vorwürfe auf die dort arbei-
tenden Menschen ein. Brisanter ist das
noch mit der zunehmenden Nutzung
von Social-Media-Plattformen durch
die Polizeien geworden. Ist erst einmal
der Schaden da …
DP: .. dann dürfte zumindest ein tempo-
rärer Vertrauensverlust die Folge sein …
Neureuter: Darauf wollte ich hinaus.
In unserem Papier haben wir geschrie-
Foto: stock.adobe.com ben: Vertrauen ist die Währung einer
guten Bürgerpolizei. Wissenschaftliche
waltungen wie Jugendämtern oder gen, mit welchen individuellen Belas- Untersuchungen belegen, dass die Ko-
Gerichtsvollziehern bis zur täglichen tungen die Kolleginnen und Kollegen operationsbereitschaft signifikant von
Kommunikation mit dem Bürger. Das dann konfrontiert werden. Auf jeden dem Vertrauen abhängt, welches der
alles, oft heimlich gefilmt und ins Netz Fall ist umsichtige Führung gefragt, Organisation entgegengebracht wird.
gestellt, löst unter Umständen den so- also eine entsprechende interne und
genannten Shitstorm aus.
DP: Also der Shitstorm, den die Be-
amtin oder der Beamte sozusagen am
eigenen Leib erfährt …
Neureuter: Genau. Wir haben unser
Augenmerk vor allem auf die internen
Wirkungen und Handlungserforder-
nisse gelegt und damit eben auch auf
die Folgen für die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter der Polizei.
DP: Warum kommt das Positionspa-
pier gerade jetzt?
Neureuter: Früher wäre noch deut-
lich besser gewesen. Schließlich hat
das Bundesinnenministerium 2008
einen Leitfaden zum Krisenmanage-
ment für Behörden und Unternehmen
herausgegeben. Zwar wurde der 2011
und 2014 fortgeschrieben, doch das
Netz wird immer komplexer und des-
sen Entwicklung hat ein rasantes Tem- Foto: Wolfgang Kastl/dpa
po aufgenommen. Klar, da gibt es die
Krise, dann die Krisenkommunikation externe Kommunikation, die unter- DP: und der kleinste Auslöser kann
und dann das Krisenmanagement. Aus stützende Begleitung der mit einem größere Wirkungen auslösen …
unserer Sicht vergessen wurde bis- Shitstorm-Ereignis konfrontierten Kol- Neureuter: Was für uns Polizisten
lang aber, dass oft vermeintlich kleine, leginnen und Kollegen und natürlich nur routinemäßige Einsatzmaßnah-
scheinbar unbedeutende Zwischenfäl- deren enge Beratung, wenn die Ein- men sind, können diese trotzdem ein
le die Lawine auslösen. satzmaßnahmen zu einer förmlichen erhebliches Potenzial von Missver-
Untersuchung führen oder ihre Rechte ständnissen nachsichziehen. Werden
DP: Wo klinkt sich da die GdP ein? verletzt wurden. dann aus Unkenntnis oder einfach
Neureuter: Ein professionelles Kri- nur Interesse insbesondere Handy-
senmanagement schützt eben auch DP: Dem ist also bis jetzt nicht so? videos solcher Einsätze von Dritten
unsere Kolleginnen und Kollegen. Wir Neureuter: Zumindest nicht ausrei- kommentiert, haben wir es mit einer
sehen es als unsere Aufgabe an, zu fra- chend. Fast alles, was Polizei macht, konstruierten Wirklichkeit zu tun.
6 – 2019 DEUTSCHE POLIZEI 5
ARBEITSSCHUTZ
Und es ist auch zunächst egal, ob die ten Polizeiexperten – das können im straf-, verwaltungs- oder dienstrecht-
Inhalte einer neutralen Überprüfung günstigsten Fall Dilettanten sein, oder liche Untersuchung, die dann erst
standhalten würden. es sind eben auch nicht selten soge- nach Monaten zu einem entlastenden
nannte Internet-Trolle oder Provoka- Ergebnis führt, schützt die Einsatz-
DP: Und was wirklich ist, ist auch teure – das Ruder. Dann läuft das Schiff kräfte in der Situation des Shitstorms
wahr, oder? auf Grund und wir haben zugeschaut. jedenfalls nicht. Das geht dann später
Neureuter: Ich flüchte mich jetzt an der Öffentlichkeit, die auf der Em-
noch einmal in die Wissenschaft, ge- DP: Und die Kolleginnen und Kollegen pörungswelle mitgeschwommen ist,
nauer gesagt in die Sozialpsycholo- kriegen das auf der Straße unmittelbar komplett vorbei. Fakt ist doch auch,
gie. Experten sagen, nimmt eine Öf- ab? dass solche Untersuchungen in dieser
fentlichkeit etwas als relevant wahr, Neureuter: Mit ziemlicher Sicherheit. Situation auch nicht spurlos an einem
dann ist es auch relevant. Vielleicht Zumindest sind wir davon überzeugt, vorbei gehen. Aber: Kritische Vorfälle
hat der eine oder andere schon ein-
mal vom Thomas-Theorem gehört.
Das besagt, wenn Menschen Situa-
tionen als wirklich definieren, sind
die Konsequenzen aus diesen Situa-
tionen eben auch wirklich. (Dorothy
Swaine Thomas (1899–1977) und Wil-
liam Isaac Thomas (1863–1947) waren
US-amerikanische Soziologen, Anm.
d. Red.). Es hängt von der Wahrneh-
mung der Situation ab. Und die kann
bekanntermaßen höchst individuell
ausfallen. Der bekannte Kommunika-
tionswissenschaftler Paul Watzlawick
hat es unserer Meinung – im Zusam-
menhang mit polizeilichen Maßnah-
men – auf den Punkt gebracht: Der
Glaube, es gäbe nur eine Wirklichkeit, Der BFA Schupo behandelt wichtige schutzpolizeiliche Themen. Foto: Zielasko
sei die gefährlichste all dieser Selbst-
täuschungen. Es existierten vielmehr und das spiegelt auch meine Erfahrung müssen untersucht werden. Daran gibt
zahllose Wirklichkeitsauffassungen, wider. Wir meinen, dass der Schutz es nichts zu rütteln. Wirklich entschei-
die oft widersprüchlicher nicht sein der Kräfte vor einer ungerechtfertig- dend ist unserer Meinung nach das
könnten. Und alle seien das Ergebnis ten Verurteilung durch die vor allem Maß der Begleitung und Betreuung
von Kommunikation und nicht, wie er mediale Öffentlichkeit ein Gebot der der betroffenen Beamtinnen und Be-
sagt, der Widerschein ewiger, objek- Fürsorgeverpflichtung ist. Die auf Vi- amten in der Situation. Das macht den
tiver Wahrheiten. deos oder Fotos oft identifizierbaren Unterschied zwischen Belastung und
Kolleginnen und Kollegen werden in – so haben wir es genannt – gelebter
DP: Kehren wir bitte wieder aus dem der Hochphase eines Shitstorms in Fürsorgeverpflichtung aus. Wichtig ist
Hörsaal zurück … einem stark belastenden Ausmaß mit auch, dass es nicht um die Unterstüt-
Neureuter: Ich versuche es. Was Vorwürfen, Vorverurteilungen oder zung von rechtswidrigem Verhalten
wir draußen tun, warum wir was tun, Misstrauen konfrontiert. Dafür gibt es geht. Falsches Verhalten soll nicht
und warum wir das dürfen, ist für den bundesweit Beispiele. Und diese Fälle schön geredet werden. Es muss doch
sogenannten Normalbürger schwer haben auch tatsächlich zu Belastungs- darum gehen, dass Kolleginnen und
zu verstehen, also kaum nachzuvoll- syndromen geführt oder sie verfestigt. Kollegen auch dann Anspruch auf eine
ziehen. Polizei muss eben erklären. gelebte Fürsorgeverpflichtung haben,
Und zwar zeitnah. Wenn wir in einer DP: Kannst Du ein Beispiel nennen? selbst wenn ihr Handeln mindestens
Krisensituation schweigen, überlassen Neureuter: Klar. Aber ich möchte kritisch zu bewerten ist oder tatsäch-
wir vermeintlichen oder selbst erklär- vorher noch eines klarstellen: Eine lich eindeutig falsch war.
DP: Ist angekommen, aber versuchen
Gewerkschaftliche Forderungen wir es noch einmal mit einem Beispiel?
Neureuter: Vor fast zwei Jahren sind
• Eine persönliche Betreuung der Kolleginnen und Kollegen. in Hamburg Polizeibeamte bei einem
• Die Gewährleistung einer umfassenderen rechtlichen Beratung und völlig alltäglichen Einsatz anlässlich
Information. einer Ermittlung zu einem Verkehrs-
• Die öffentliche Rückendeckung von polizeilichen und politischen unfall mit Flucht gegen ihren Willen
Verantwortungsträgern an der Seite der Kolleginnen und Kollegen. gefilmt worden. Bei der Kontrolle einer
• Den Verzicht auf vorschnelle Verurteilungen durch polizeiliche und Person aus der sogenannten Gangsta-
politische Verantwortungsträger, auch dann, wenn das Handeln der Rapper-Szene kam es zu einem Wort-
Kolleginnen und Kollegen kritisch zu hinterfragen ist. wechsel. Das Video, das übrigens ein
Mitglied der GdP Hamburg beim nor-
malen Dienst zeigte, wurde in sozialen
6 6 – 2019 DEUTSCHE POLIZEI
ARBEITSSCHUTZ
Medien – auf YouTube und Instagram vielen Ländern und dem Bund durch- jetzt alles normaler Alltag. Scheinbar
– veröffentlicht. Tausende haben sich aus professionell mit Krisensituationen normal ist inzwischen ja auch, dass
das angesehen und auch häufig mit umgegangen wird. Es gibt eine Vielfalt ein solcher Einsatz gefilmt und ins
beleidigenden Kommentaren verse- von Hilfsangeboten – von der psycho- Netz gestellt wird. Dass aber der Film
hen. Die hohe Verbreitung hat letztlich logischen Begleitung bis hin zu den mit Äußerungen zu einer mutmaßlich
dazu geführt, dass die betroffenen Kol- neu eingeführten Gesundheitslotsen, rassistischen Gesinnung der eingesetz-
leginnen und Kollegen bereits kurze das Angebot ist da. Das Problem ist ten Beamten unterfüttert wurde? Man
Zeit später auch aus ihrem privaten aber, dass solche Mechanismen dann sieht in dem Video, dass die Mitglieder
Umfeld angesprochen und mit dem nicht greifen, wenn Kolleginnen und der Gruppe eine dunkle Hautfarbe
Video direkt konfrontiert wurden. Kollegen plötzlich und unvorbereitet aufwiesen. Wie so oft, wurde das vor-
Vom rechtlichen Aspekt ist es wohl in der Öffentlichkeit stehen und Un- herige Verhalten der Gruppe nicht
eher so, dass eine Veröffentlichung terstützung benötigen. Übrigens war ja dokumentiert.
eines gefilmten Einsatzes meistens auch eine proaktive Pressearbeit durch
zulässig ist. Die Kolleginnen und Kol- die Behörde nicht erfolgt. Die Kräfte DP: Und?
legen agieren dann als relative Per- sind mit dieser individuellen Konflikt- Neureuter: Der Videopost wurde in-
sonen der Zeitgeschichte. Man kann situation allein gelassen worden. Die nerhalb von nur vier Tagen 270.000
von einem öffentlichen Interesse GdP hat hier geholfen. Mal angesehen. In den Kommentaren
ausgehen. Wenn aber dieses mit be- wurde die These vertreten, die Gruppe
leidigenden Inhalten verbunden ist, DP: Wie ging es weiter beziehungswei- hätte den Laden nur aufgrund ihrer
werden sowohl das Recht am eigenen se ging es weiter? Hautfarbe verlassen müssen. Die Ber-
Bild sowie die Persönlichkeitsrechte Neureuter: Die betroffenen Kollegen liner Polizei hat jedoch mit schnellen
der Kolleginnen und Kollegen verletzt. und die GdP Hamburg haben sich zu- Presseerklärungen – auch über Social-
Sie wurden eben nicht nur bei ihrer sammengesetzt. Dann wurde schnell Media-Kanäle – dagegengehalten, sich
normalen Berufsausübung gezeigt und ein erfahrener Medienrechtsanwalt mit der Überschrift: „Polizeieinsatz bei
waren in diesem Fall keine „Personen beauftragt. Der hat das Löschen der Vi- … – Was wirklich geschah“ gegen
der Zeitgeschichte“, wo die Rechtssi- deos über eine einstweilige Verfügung die Rassismus-Vorwürfe gewehrt und
tuation eine andere ist. Die Gruppe des Landgerichts Hamburg erwirkt. sich auch in den Kommentaren der
verstand dieses Video als „Werbevi- Zwischenzeitlich sind die Täter vom Diskussion gestellt. Die Behörde hat
deo“. Seitens des Dienstherrn – und dortigen Amtsgericht wegen des Ver- also sich klar hinter die Kolleginnen
das ernüchtert uns – wurden keine stoßes gegen das Kunsturheberrechts- und Kollegen gestellt.
gesetz zu Geldstrafen
von mehreren tausend DP: Ihr meint, die schnelle Reaktion
Euro verurteilt worden. ist heutzutage die richtige Reaktion?
Neureuter: Ich hatte ja schon gesagt:
DP: Das alles hätte man Wenn Du in der Krise nicht selbst aktiv
sich vielleicht sparen kön- wirst, dann werden es andere tun, aus
nen, wenn die Behörde welchen Gründen auch immer.
schneller reagiert hätte?
Neureuter: Davon ge- DP: Für einen längeren Behördenpro-
hen wir aus, und deshalb zess bleibt da nicht viel Zeit …
machen wir mit unserem Neureuter: Allerdings. Wenn Du
Papier auf diese Proble- selbst betroffen bist, dann kannst du
matik aufmerksam. Und: praktisch zusehen, wie deine Einfluss-
Es gibt auch schon Posi- möglichkeiten schwinden. Das mag ja
tivbeispiele. interessant sein, hilfreich ist es aber
nicht. Prinzipiell kennen wir alle die
DP: Aha … Mechanismen: Etwas ereignet sich,
Neureuter: Die Polizei wird vielleicht aufgenommen und
Berlin hat es exempla- kommt an die Öffentlichkeit, Fragen
risch vorgemacht, wie tuen sich auf, die nicht beantwortet
man sich schützend vor werden. Und dann ist auch schon das
die Kolleginnen und Kol- Ministerium und gegebenenfalls der
legen stellen kann. Vor politische Raum involviert. So wird
gut einem Jahr wurden dann Polizeiliches zu Politischem. Weit
Der neugewählte BFA-Schupo-Vorstand im Beisein des Einsatzkräfte zu einem vorher müssen wir ansetzen. Gerade
zuständigen GBV-Mitglieds Hagen Husgen (siehe Seite 10). Fastfood-Restaurant ge- wenn ein Einsatz noch in der Start-
Foto: Bicking rufen. Das Personal bat phase ist oder gerade beendet wurde,
Maßnahmen gegen die Veröffentli- um Hilfe, weil Personen randaliert hat- kann man sich – muss man sich – den
chung des Videoposts veranlasst. ten. Offenbar warfen diese Personen Fragen stellen. Hier gibt es Werk-
mit Essen um sich und pöbelten das zeuge, die öffentliche Wahrnehmung
DP: Es gibt also einen Nachholbedarf Personal an. Laut Bericht handelte es eines Ereignisses vor dem Hintergrund
für Krisensituationen? sich wohl um britische Touristen. Die des Organisationsinteresses zu steuern
Neureuter: Nein, ganz so kann man Gruppe wurde nach draußen zur Iden- und oft negative Folgewirkungen zu
das nicht sagen. Es ist schon so, dass in titätsfeststellung gebracht. Also bis minimieren... >
6 – 2019 DEUTSCHE POLIZEI 7
ARBEITSSCHUTZ
DP: Das klingt mir jetzt etwas zu sper- Polizei gelesen hast. Ich kenne nur Netzgeschwindigkeit auch Rechts-
rig … wenige. Den Kolleginnen und Kolle- schutz an seine Grenzen stößt.
Neureuter: Okay, wenn wir es als gen würde das von Zeit zu Zeit helfen.
Polizei schaffen, uns in – nennen wir es Und eine normale Dienststellen-
mal so – Friedenszeiten entsprechend DP: Was heißt das jetzt genau für AAO (Allgemeine Aufbauorganisati-
zu organisieren, klare Strukturen zu den polizeilichen Umgang mit sozialen on, Anm. d. Red.) kriegt das unserer
schaffen und Entscheidungsprozesse Medien? Meinung nach nicht in den Griff. Das
zu vereinheitlichen, dann sind wir in Neureuter: Fast jeder Polizeieinsatz ist ja auch angesichts der hohen Er-
der Spur. Wer dagegen versucht, sich ist für Außenstehende irgendwie inte- wartungen der Bürger, der Medien
in der Krise zu erfinden, steht in der ressant. So weit, so gut. In den sozialen und auch der eigenen Organisation
Ringecke. Das ist aber auch eine Kul- Netzwerken findet jedoch aus unserer klar: umfassende Informationen und
turfrage. Überlege mal, wie oft Du Sicht ein zunehmender Wettbewerb eine objektive sowie an den Gesetzen
schon eine Gegendarstellung von der um die am stärksten polemisierende, orientierte Bewertung. Wenn sie die
bewusst subjektivste Sichtweise statt. Situation retten will, muss sie schnell
So in etwa haben wir das formuliert. handeln.
Auf den Punkt gebracht heißt das: Mei-
nung ohne Ahnung ist dort Programm. DP: Wie schnell?
Handlungsempfehlungen Das findet genauso nur in sozialen Neureuter: Ein echter Knackpunkt.
Netzwerken statt, wo die Lust an der Man muss unter Umständen zu einem
Will man diesen Problembereichen Beobachtung rund um die Uhr bedient, Zeitpunkt an die Öffentlichkeit gehen,
begegnen, müssen die Polizeien des und eine – zumindest vermeintlich – an dem man sich mit vorgesetzten
Bundes und der Länder für ihren Be- größtmögliche Anonymität geboten Stellen und mit den politisch Verant-
reich wird. wortlichen nicht oder nicht vollständig
• Strukturen schaffen, denen die abgestimmt hat. Wer das dann tun
Aufgabe zufällt, zentral herausra- DP: Ihr sprecht ja von einem „Voyeu- muss, spürt die Verantwortung auf
gende (mediale) Ereignisse zu bewäl- rismus zweiter Ordnung“ seinen Schultern. Dazu kommt, dass
tigen. AAO-Strukturen im Hauptamt Neureuter: Der Ordnung halber sind die Informationslage mitunter dünn
sind denen von BAO-Strukturen oder nicht wir das, sondern die Autoren sein kann.
solchen, die nur im Nebenamt wahrge- Jens Bergmann und Bernhard Pörk-
nommen werden, vorzuziehen. sen. Die Experten meinen damit, dass DP: Klingt schon nach einem Draht-
• Die geschaffenen Strukturen der Voyeurismus, der es eigentlich seilakt?
müssen in der Lage sein, eigen- ist, mit dem Ansatz der „Aufklärung“ Neureuter: Ja vielleicht, aber Künst-
ständig zu agieren, um in der ersten legitimiert wird. Unter dem Strich führt ler benötigen wir nicht unbedingt, son-
Stunde einer Krise handlungsfähig zu dies bei vielen zu einer emotionalen dern viel mehr Antizipation, also gute
bleiben beziehungsweise zu werden. Enthemmung. Am Ende steht nicht Vorbereitung, Mut auf zwei Seiten und
• Da die Polizei häufig auch an der selten jemand an einem virtuellen einen Vertrauensvorschuss.
Schnittstelle zur politischen Relevanz Pranger. Das bleibt aber nicht dort.
agiert, sind Abstimmungen bezogen Spätestens wenn die Kinder der Kol- DP: … das heißt …
auf die Maßnahmen der ersten Stun- leginnen und Kollegen angesprochen Neureuter: Zum Beispiel vorbereitete
de zu treffen. werden: „Deine Mama oder dein Papa Pressemeldungen, die mögliche Sze-
• Auf Grundlage einer Risikoanaly- ist eine Schlägerin oder ein Schläger“. narien bereits abbilden. Aber natürlich
se (szenarisches Denken: Was könnte Wir müssen damit leben: Unsere Maß- auch eine gewisse Abgeklärtheit, denn
passieren) sind Planentscheide zu nahmen sind interessant. Ja, sie pola- auf kritische Fragen aus dem Stand
verfassen und Reaktionsmuster vor- risieren. Und: Ja, sie erreichen in den professionell zu reagieren, erfordert
zubereiten, in denen klar geregelt ist, sozialen Netzwerken immer wieder Übung. Dazu benötigen wir Beam-
wer, in welcher Situation, was, wem eine breite Öffentlichkeit. Es gibt ja tinnen und Beamte, die in einer ent-
gegenüber, über welches Medium im Online-Sprachgebrauch das Wort sprechenden Situation die öffentliche
kommuniziert. „viral“, dass sich für mich immer noch Wahrnehmung schnell, kompetent und
• Reaktionsmuster müssen dabei eher nach Grippewelle anhört, aber sachlich beeinflussen können. Und,
die Zielgruppen im Blick behalten und der Bezug ist ja durchaus gegeben, ganz wichtig, sie müssen mutig sein.
die relevanten Kanäle nutzen. Ein zu jedenfalls Meldungen, die sich kritisch Denn, ich hatte es eingangs bereits
konservatives Denken behindert hier mit polizeilichem Handeln beschäf- gesagt, Öffentlichkeitsarbeit ist von
eine professionelle Arbeit. tigen, sind sehr viral, verbreiten sich taktischer Bedeutung. Das wird aber
• Maßnahmenansätze neben der also schnell. noch nicht auf jeder Führungsebe-
Öffentlichkeitsarbeit müssen im Vor- ne ausreichend erkannt und in der
hinein beschrieben sein. Darunter ist DP: ist dann die Polizei quasi der Hase konkreten Situation zu oft als sekun-
die Kommunikation, Betreuung und und das Netz der Igel? där betrachtet. Es geht vor allem um
Beratung zur Wahrung der Rechte be- Neureuter: Na ja, das Bild ist doch das Vertrauen der Vorgesetzten in
troffener Einsatzkräfte zu verstehen. etwas schief. Schließlich trickst das die Handlungskompetenz ihrer Kolle-
• Unverzichtbar ist die Schaffung Netz die Polizei ja nicht aus. Sie han- ginnen und Kollegen. Und noch eines:
eines Monitoring-Systems, um „im delt nur oft nicht schnell und angemes- Da soll ja nichts schön geredet werden.
Netz“ frühzeitig Diskussionsverläufe/ sen genug. Und wenn man ehrlich ist, Dem Vorwurf sollten wir uns sowieso
aufkommende Krisen zu identifizieren. werden wir so schnell fast nie agieren nicht fahrlässig aussetzen. Menschen
können. Fakt ist, dass angesichts der machen Fehler, Polizei auch. Das be-
8 6 – 2019 DEUTSCHE POLIZEIARBEITSSCHUTZ
lastet diejenigen, die einen Fehler ge- stellung der behördlicherseits getrof- zu Erkrankungen führt. Meist geht es
macht haben. Die Belastung ist jedoch fenen und angedachten Maßnahmen aber in Richtung einer schwindenden
bei fehlender oder amateurhafter Pres- intern verbreiten, und das verbunden Einsatzmotivation.
searbeit noch höher. mit Verhaltenshinweisen und einem
Dienststellen übergreifenden einheit- DP: Euer Fazit, euer Ziel?
DP: Die Binnenwirkung einer Krise lichen Wording sorgen dafür. Neureuter: Die unbestritten destruk-
habt ihr auch im Blick … tive Wirkung einer Krise kann man bei
Neureuter: Und da spielt Führung DP: Ihr habt den Mensch, die Mit- rechtzeitigen und strukturierten Gegen-
wieder eine entscheidende Rolle. Kri- arbeiterin und den Mitarbeiter, in den maßnahmen positiv drehen. Allein das
sen verunsichern und stressen. Des- Mittelpunkt gerückt? Wissen um eine gelungene Bewältigung
halb muss entsprechende Kommunika- Neureuter: Wer sich – mittelbar ist ja schon positiv. Überwundene Krisen
tion von oben nach unten stattfinden. oder unmittelbar – ausgeliefert fühlt stärken die persönliche Stressresistenz.
Ich rede hier von interner Kommunika- und im Prinzip nicht einwirken kann, Eine erfolgreiche, interne Krisenkom-
tion und echter Betreuung. Schließlich steuert womöglich auf ein Trauma zu. munikation bindet das Team enger
wissen ja die Beschäftigten, was zu der Beschimpfungen, Abwertungen und an ihre Organisation und die Loyalität
Krise geführt hat und haben ihre Sicht Diffamierungen führen nun einmal zu wächst. Funktionierende Teams leisten
auf die Geschehnisse. Es reicht auch einem beeinträchtigten Selbstwertge- bessere Arbeit, die Arbeitszufriedenheit
nicht aus, einmal eine Info rauszuschi- fühl, das ist virtuelle Gewalt. Studien steigt. Dahin wollen wir.
cken. Da muss man am Ball bleiben. beweisen, dass Führungsverhalten
Bitter wird es, wenn die Kolleginnen relevant auf die Mitarbeitergesund- DP: Vielen Dank für das ausführliche
und Kollegen über kritische Ereignisse heit wirkt. Im Umkehrschluss bedeutet Gespräch.
erst aus den Medien erfahren müssen. es beispielsweise, dass ausbleibende Das Interview führte
Das kann dafür sorgen, dass sich die Unterstützung im schlimmsten Fall DP-Chefredakteur Michael Zielasko.
Belegschaft gegen die Führung posi-
tioniert, weil sie vermittelt bekommt,
weniger wichtig als beispielsweise die Lagebewertung auf einen Blick
Presse zu sein. Ob die Führung in der
Behörde oder in der Politik hinter den 1.) Die Maßnahmen in einer Krisensituation werden zu sehr auf die
Beschäftigten steht, zeigt sich am be- klassische Öffentlichkeitsarbeit reduziert.
sten in stürmischen Zeiten. Und dafür
haben die Kolleginnen und Kollegen 2.) Das Erfordernis der internen Kommunikation wird nicht gesehen oder deren
natürlich ein gutes Gespür. Bedeutung verkannt. Zudem werden die vielfältigen Möglichkeiten der internen
Ich behaupte, fast jede Polizeibeam- Maßnahmen nicht wahrgenommen. Der internen Kommunikation fällt die gleiche
tin oder -beamte kennen Situationen, Bedeutung zu wie der externen Öffentlichkeitsarbeit. Sie dient der Stärkung der
in denen sie oder er sich gewünscht betroffenen (und verunsicherten) Mitarbeiterschaft.
hätten, dass die Führung auch öffent-
lich durch Gegendarstellungen, ei- 3.) Die Möglichkeiten der externen Öffentlichkeitsarbeit werden mit Blick auf
gene Presserklärung oder zumindest die Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) oder
intern, sich klar auf Seiten der Polizei wegen einer „politischen Dimension“ nicht gesehen. Und das, obwohl in der
positioniert. konkreten Situation zumeist sehr enge Kontakte zwischen der Staatsanwaltschaft
und politisch verantwortlichen Stellen gegeben sind.
DP: Durchhalteparolen scheinen der
falsche Ansatz zu sein, oder? 4.) Eine strukturelle Vorbereitung der Organisation auf eine Krise ist nicht oder
Neureuter: Ein uneingeschränktes nicht hinreichend gegeben und wird zu wenig geübt.
Ja. Wer meint, da müsse man jetzt
durch und könne nichts machen, prä- 5.) Die Beratung und Betreuung der unmittelbar betroffenen Mitarbeiterschaft
sentiert seinen Kolleginnen und Kol- ist Ausdruck einer gelebten Fürsorgeverpflichtung. Wer eine handlungsfähige
legen unprofessionelle Hilflosigkeit Organisation erhalten will, muss die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten,
und ignoriert eine Situation, die die die entschlossen handeln, gerade dann stärken, betreuen oder beraten, wenn
eigenen Leute aushalten müssen. deren (rechtmäßiges, aber auch rechtswidriges) Handeln in der Öffentlichkeit
kritisiert wird.
Ich zähle mal einige Begriffe auf,
die stattdessen den Weg weisen: Halt, 6.) Eine offensivere Unterstützung der Polizei von Seiten der politischen und
Orientierung, transparente Kommu- der höchsten polizeilichen Verantwortungsträger ist insbesondere auch dann
nikation, klare Aufträge, koordinierte zwingend, wenn politisch hochumstrittene Entscheidungen polizeiliche Einsatz-
Maßnahmen, Struktur, Rückhalt, Bera- maßnahmen erfordern (Durchsuchungen in Reizobjekten, Räumungsmaßnahmen,
tung, Sensibilität, Tonalität und Kom- Schutz kritischer Versammlungslagen oder zum Beispiel Schutzmaßnahmen
munikationskompetenz. umstrittener Staatsgäste).
DP: Eine ambitionierte Liste …
Neureuter: Wer in Krisen geschlos- 7.) Eine Öffentlichkeitsarbeit erfolgt tendenziell erst dann, wenn ein Ermittlungs-
sen auftreten will, muss dafür etwas oder Verwaltungsverfahren abgeschlossen ist, beziehungsweise die Faktenlage
tun. Größtmögliche Transparenz über gesichert und intern (also auch unter Einbeziehung politischer Verantwortungs-
die Krisensituation schaffen, die Kri- träger) eine Positionierung abgestimmt ist. Damit kommt sie regelmäßig zu spät.
senentwicklung beobachten, die Dar-
6 – 2019 DEUTSCHE POLIZEI 9ARBEITSSCHUTZ
BFA Schupo stellt sich neu auf
konnte das als „Big Point“ bezeichnete
Zu seiner konstituierenden Sitzung traf sich der Bundesfachausschuss
Thema: „Positionspapier: Organisa-
Schutzpolizei (BFA Schupo) Anfang April in Berlin. Mit der Neuwahl des tions- und Vorgesetztenverantwortung
Vorstandes wurden zugleich die Weichen für die Zukunft gestellt. in Zeiten einer (medialen) Krise“ (siehe
Interview mit Björn Neureuter ab Seite
Absehbar war aufgrund großer ma „Positionspapier Funkstreifenwa- 4-, Anmerk. d. Red.)
Veränderungen in der Besetzung des gen“ betreuen. Abgeschlossen werden Björn Neureuter
Gremiums eine deutliche Verjüngung
des Vorstandes. Da der alte und neue
Vorsitzende Björn Neureuter (Rhein-
land-Pfalz) mittelfristig zur Seite treten
wird, wurde der – eigentlich nicht vor-
gesehene – Vertreter der Vertreterin
benannt. Als Stellvertreterin konnte so
Meike to Baben (Nordrhein-Westfalen)
und als ihr Vertreter der Hamburger
Lars Osburg gewonnen werden. An-
drea Thinnes aus dem Saarland kom-
plettiert den Vorstand als Schriftfüh-
rerin. Der jüngere und weiblichere
Vorstand begab sich gleich in die
Sacharbeit und legte die Verantwort-
lichkeiten der künftigen Arbeit fest.
Der nordrhein-westfälische Kollege
Heiko Müller stellte den fortgeschritte-
nen Sachstand „GdP-App“ dar. Meike Der nordrhein-westfälische Kollege Heiko Müller stellte in seinem Vortrag den fortgeschrit-
to Baben wird das große Dauerthe- tenen Sachstand der „GdP-App“ dar. Foto: Zielasko
ARBEITSSCHUTZ
„Das macht hilflos und ohnmächtig“
Die Chancen und Risiken digitaler Medien sind aktueller Gesprächsstoff. finden wir auch mit unangenehmen
Meinungen gibt es viele, einschlägige Studien nehmen zu. DEUTSCHE Situationen ein einigermaßen tole-
POLIZEI (DP) interessierte, was mit Menschen geschieht, die unver- rierbares Auskommen. Wenn jedoch
Videos gepostet werden, diese noch
sehens und ungewollt in den Blickpunkt sozialer Medien geraten. DP auf verletzende und diffamierende Art
telefonierte mit einem Experten. Diplom-Psychologe Timo Schiele ist lei- und Weise kommentiert werden, sind
tender Psychologe an der Psychosomatischen Klinik Kloster Dießen am beispielsweise für betroffene Polizei-
Ammersee. Der Psychotherapeut hat sich auf die Behandlung von Burn- beamte alle drei Bedingungen verletzt.
out- und Bore-out-Erkrankungen sowie Depressionen spezialisiert. Das Sie können nicht vorhersehen, wann
therapeutische Konzept der Einrichtung zielt auf das gesamte Spektrum oder wo gegebenenfalls Videoaufnah-
men von ihnen veröffentlicht werden.
des Fachgebiets der Psychosomatischen Medizin und Psychotherapie ab. Zudem können sie weder beeinflussen
Neben der Spezialisierung auf stressbezogene Störungen und Erschöp- noch vorhersehen, was damit dann ge-
fungsdepressionen zählt die Behandlung mit der Digitalisierung verbun- schieht und welchen Anfeindungen sie
dener Erkrankungen zu einem weiteren Schwerpunkt. derweil weiter ausgesetzt sind. Zudem
fehlt leider häufig noch die Möglich-
DP: Hallo Herr Schiele, danke, dass samkeit oder gar am Pranger einer keit, Reaktionen und deren Zustan-
Sie sich Zeit nehmen. Was macht es mit kritischen Masse zu stehen, also Sozi- dekommen im Netz zufriedenstellend
einem Menschen, der sich plötzlich und alpsychologen erklären die Folgen da- und rational zu erklären. In der Folge
unvermittelt als zentrales Objekt sozial- von mit der sogenannten Kontrolltheo- erleben sich die meisten Betroffenen
medialer „Berichterstattung“ sieht? rie. Wenn wir Ereignisse vorhersehen, ihrer Kontrolle und ihres Einflusses
Timo Schiele: Im Fokus der Aufmerk- beeinflussen und erklären können, beraubt. Das macht hilflos, ohnmächtig
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auch im analogen Leben stattfindet. Rückhalt auf menschlicher Ebene ist fel verringert und das Vertrauen in
Wichtig erscheint mir hier folgender wahnsinnig wichtig. Hier können Be- die eigene Wahrnehmung stabilisiert
Punkt: Obwohl wir Psychotherapeuten hörden und Arbeitgeber helfen, indem werden. Hier können übergeordnete
immer wieder dazu angehalten sind, sie Betroffene aus der Schusslinie neh- Stellen unterstützen, indem sie Kon-
alle Eventualitäten mitzudenken und men und beispielsweise bei möglichen taktdaten zu Selbsthilfegruppen oder
vor „schädlichen“ Verhaltensweisen juristischen Vorgehensweisen zur Sei- Beratungsstellen anbieten, dies idea-
von Betroffenen nicht die Augen zu te stehen. Grundsätzlich ist das Bereit- lerweise zunächst sogar auf anonymer
verschließen, im Zweifelsfall auch den stellen von Informationen zum Thema Basis. Andernfalls bangen viele Betrof-
Finger in die Wunde zu legen, gibt ein wichtiges Signal. Betroffenen wird fene um Konsequenzen für ihren Ar-
es schlichtweg Menschen, die ohne damit gezeigt, dass sie nicht allein beitsplatz und ihre alltägliche Arbeit.
jegliches Eigenverschulden zum Ziel sind. So schlimm es auch ist, dass wir
von Denunzierungen, Beleidigungen hier nicht von Einzelfällen sprechen, DP: Herr Schiele, vielen Dank für das
oder Ähnlichem werden. Das sollte von erleben viele Betroffene es als entlas- Gespräch.
allen Beteiligten nicht bagatellisiert, tend, sich mit anderen Menschen in
sondern ernst genommen werden. einer ähnlichen aktuellen oder ver- Das Telefonat führte
gangenen Situation austauschen zu DP-Chefredakteur Michael Zielasko.
DP: Welche Therapieformen sind im
Einsatz, und passen sich diese der dyna-
mischen Entwicklung der individuellen ARBEITSSCHUTZ/JUNGE GRUPPE (GdP)
Online-Nutzung beziehungsweise des zu-
nehmenden Online-Anteils des Alltags an?
Schiele: In den letzten Jahren hat
sich die Psychotherapie hier enorm
weiterentwickelt. Es gibt inzwischen
Zwischen Digitalisierung und dem
zahlreiche mediengestützte Thera-
pieangebote, was hilfreich sein kann, gewohntem Dauereinsatz
wenn die Problematik medienasso-
ziiert ist. Das können zum Beispiel
Apps sein, die Betroffene nutzen kön- Was sich am Arbeitsplatz Polizei ändern muss
nen. Das können aber auch Formen
einer Online-Therapie über Webcam
basierte Dienste sein. Man versucht
Von Christina Bicking
also die Menschen im jeweiligen Um-
feld abzuholen, was immer mehr ja Die Digitalisierung hat die Arbeitswelt verändert. Immer rasanter kommen
auch das Internet sein kann. In unserer neue Technologien zum Einsatz, die immer schneller weitere Verände-
Psychosomatischen Klinik haben wir
zum Beispiel einen Medienraum, in rungen hervorrufen. Was hat das für Auswirkungen auf den Arbeitsplatz Po-
dem und mit dem wir mit Betroffenen lizei? Welche Anforderungen und Belastungen ergeben sich dadurch? Was
eine funktionale und hilfreiche Me- braucht es, dass die Beschäftigten der Polizei – gleich welcher Aufgabe
diennutzung einüben. Des Weiteren – vor Arbeits- und Dienstunfällen sowie vor arbeitsbedingten Erkrankungen
gibt es spezielle Angebote, in denen geschützt werden? Das VI. Arbeitsschutzsymposium der Gewerkschaft der
sich Betroffene im Sinne einer Grup- Polizei (GdP) widmete sich Ende März den Themen Digitalisierung, gesun-
pentherapie austauschen können und
gemeinsam mit therapeutischer Unter- de Arbeitszeitmodelle sowie psychische Belastungen.
E
stützung Lösungsmöglichkeiten erar- rstmals wurde das Arbeits- Dietmar Schilff, der für Arbeitsschutz
beiten. Grundsätzlich ist für Betroffene schutzsymposium in die- im Geschäftsführenden GdP-Bundes-
ein stabiles und verlässliches Ver- sem Jahr von der JUNGEN vorstand zuständige stellvertretende
trauensverhältnis zu den jeweiligen GRUPPE (GdP) in Kooperation mit der Bundesvorsitzende. Mit ihrer Erfahrung
Behandlern sehr wichtig. Sie müssen Deutschen Arbeitsschutzausstellung und dem Forschungsstand zum Thema
sicher sein, dass sie ernst genommen (DASA) veranstaltet. In deren Räumen Arbeitsschutz sei sie daher der beste
werden in ihren Sorgen und Nöten, be- in Dortmund kamen 66 Teilnehmerin- Partner für die Veranstaltung gewesen.
sonders vor dem Hintergrund, dass sie nen und Teilnehmer zusammen. Die „Die Frage, welche Auswirkungen
sich eben in jüngerer Vergangenheit DASA ist ein Zweig der Bundesanstalt berufliche Belastungen auf die Ge-
nicht mehr darauf verlassen konnten, für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin sundheit von Beschäftigten in zehn,
dass ihnen weitestgehend unvorein- (BAuA). Sie informiert die Öffentlich- zwanzig oder dreißig Jahren haben
genommen und nicht vorverurteilend keit unter anderem über die Entwick- werden, muss in einer sich rasant ver-
begegnet wird. lungen der Arbeitswelt und über die ändernden Arbeitswelt nicht nur so
Bedeutung menschengerechter Ge- früh wie möglich, sondern auch im-
DP: Könnte eine für denjenigen spür- staltung der Arbeit. mer wieder neu beantwortet werden“,
bare und sofortige Intervention einer betonte der GdP-Bundesvorsitzende
übergeordneten Stelle – wie bei Poli- „Die DASA vermittelt mit ihren Kom- Oliver Malchow in seiner Eröffnungs-
zisten die eigene Behörde – schädigende munikationsmitteln ein Grundverständ- rede. Es sei wichtig, dass sich auch die
Wirkungen mildern? nis in Sachen Arbeitsschutz“, sagte junge Generation frühzeitig diesem
12 6 – 2019 DEUTSCHE POLIZEISie können auch lesen
