Grüne Spurensuche Schuhe an und raus in den Wald - Laufschuhkauf.de
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// AUSRÜSTUNG
100 Prozent abbaubar, aber kein
Wunder an Komfort und Passform:
Die Industrie tüftelt an Konzepten,
Laufschuhe umweltfreundlicher zu
produzieren. Bis zum ersten richtig
grünen Laufschuh wird es wohl
noch etwas dauern
Das Thema Nachhaltigkeit spielt bei der Produktion von Laufschuhen eine immer größere Rolle.
Noch gibt es eine große Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Aber die Hersteller sind sich
ihrer Verantwortung bewusst und arbeiten an neuen Materialien.
Grüne Spurensuche
S
chuhe an und raus in den Wald. verrottbaren Zwischensohlen hergestellt.
Vögel zwitschern, unsere Schritte Nur wenige Fabriken beliefern den größten
sind fast lautlos – wir sind eins Teil des Weltmarktes, es gleicht einem
mit der Natur. Wären nur diese Monopol.
Laufschuhe nicht, unser Sport würde jeden Die Hersteller profitieren von
Umweltpreis gewinnen. Unsere Laufschuhe der günstigen Produktion in Chi-
sind ein industrielles Produkt, sie bestehen na – keine Frage. Aber sie wis-
aus rund 40 Teilen, gefertigt zum großen sen auch: dauerhaft sind neue,
Teil irgendwo in Fernost. Für die Produkti- nachhaltige Konzepte gefragt –
on werden seit Jahren viele fossile Rohstoffe und da müssen auch die Zuliefe-
wie Erdöl benötigt – so wie für viele tausend rer mitspielen. Der amerikanische
andere Produkte des täglichen Lebens. Da Laufschuh-Spezialist Brooks legte
aber das Thema Nachhaltigkeit an Bedeu- Anfang 2010 mit dem Lightweighttrainer
tung gewinnt, sind „grüne“ Produkte gefragt „Green Silence“ ein überzeugendes Gesamt-
wie nie. Aber wie umweltverträglich kann konzept für einen nachhaltigen Laufschuh
man Laufschuhe herstellen? vor. Das Leichtgewicht fällt besonders durch
Wer sich mit den beiden Abkürzungen sein schlichtes Design auf. Der Clou bleibt
PU (Polyurethan) oder EVA (Ethylenvinyl- auf den ersten Blick verborgen. Der Schuh
acetat) beschäftigt, weiß schnell, weshalb besteht unter anderem aus alten Sofaresten,
das Thema Umweltverträglichkeit für alle geschredderten Trinkflaschen oder anderen
Sportartikelhersteller eine große Heraus- recycelten Kunststoffen. 75 Prozent der S c h u h s e k t o r.
forderung ist. Beide Kunststoffe sind in den Rohstoffe dieses Schuhs seien aus Recy- „BioMoGo“ nann-
meisten Zwischensohlen – dem Herzstück cling, sagt Brooks. Der ruhige, grüne Schuh te Brooks das neuen
jedes Laufschuhs – anzutreffen. Und das (Green Silence) gibt als praxistauglicher Zwischensohlen-Material,
seit vielen Jahren. Beide Materialien haben Konzeptschuh die Richtung für Brooks und das das Unternehmen endgültig zum
für den Läufer tolle Eigenschaften (siehe die Konkurrenz vor. grünen Vorreiter auf dem Laufschuhmarkt
auch Kasten Seite 46), aber beide Stoffe sind „Wir versuchen, jeden Schuh 20 Pro- machen sollte. Hinter der Wortkreation ver-
nicht besonders umweltverträglich. zent nachhaltiger zu gestalten als das Vor- steckt sich eine Weiterentwicklung der bei
gängermodell“, erklärt André Kriwet, Global Brooks üblicherweise verwendeten MoGo-
China bestimmt den Weltmarkt Director Footwear Product Management Mittelsohle, die nun mit einem Zusatz
Die meisten Sportschuhe – annähernd 80 bei Brooks. „Das ist eine interne Vorgabe. versehen wurde, der das äußerst langlebige
Prozent - lernen in der chinesischen Pro- Das machen wir hauptsächlich am verwen- Material schneller verrotten lässt. 50 Mal
vinz Guangdong das Laufen. Aus den Städ- deten Material fest“, sagt er. schneller soll der Abbau der Sohle vonstat-
ten Guangzhou, Shenzhen oder Dongguan Knapp eineinhalb Jahre vor der Ein- ten gehen als bei vergleichbaren Zwischen-
wird die Welt mit Schuhen beliefert. Dort führung des „Green Silence“ warb Brooks sohlen. Durch eine Umgebung mit einem
wird auch das Material für die nur schwer bereits mit einer anderen Innovation im Gemisch aus hoher Luftfeuchtigkeit, gerin-
44 aktiv laufen
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»Wir versuchen, jeden Schuh 20 GPS Technologie
Prozent nachhaltiger zu gestalten
als das Vorgängermodell« ANDRé KRiweT
ger Sauerstoffkonzentration und Mikroben Eine Wiederherstellung mit exakt densel-
wird die Sohle angeblich statt in 1000 Jah- ben Eigenschaften wie das Originalmaterial
ren in „nur“ 20 Jahren abgebaut. ist nicht möglich.
Damit hat sich Brooks an die Gret- Adidas versucht dennoch, EVA wie-
chenfrage der Laufschuh-Produktion heran- derzuverwenden und gibt an, dass es bis
gewagt. Das am zu einem gewissen Grad keine messbaren
häufigsten verwen- Beeinträchtigungen in der Produkt- und
dete Material für Materialqualität gebe. Einen anderen Weg
Sohlen ist Ethylen- hat Mizuno schon vor einigen Jahren
vinylacetat (EVA). eingeschlagen. Für die Produk-
Ein unter Druck tion des Obermaterials fast
geschäumter Kunststoff, aller Top-Modelle wurde
der sich durch sein geringes recyceltes PET ver-
Gewicht und seine guten Dämp- wendet. Für die
fungseigenschaften auszeichnet. Zwischensoh-
Bei der Produktion werden Luftbläs- len hat Mizu-
chen eingeschlossen, was dem Schuh die no erneuer-
Dämpfung gibt. Durch die Belastung beim bare Roh-
Laufen härtet die Sohle nach und nach aus, stoffe ein-
bis sie ihre guten Dämpfungseigenschaften gesetzt. Rizi-
irgendwann verliert. Ein normaler Prozess. nus-Gewächse
Normal ist aber auch, dass wie bei nahezu wurden anstelle von Erdöl für die Produk-
jedem Kunststoff auch für die Herstellung tion eingesetzt. Dafür bekam der japanische
von EVA Erdöl benötigt wird. Experten Hersteller in Frankreich immerhin einen www.timex.de | www.timextrainer.de
schätzen, dass nur rund zehn Prozent des Industriepreis verliehen, aber letztlich sind
Fotos: fotolia, thinkstock, Hersteller
weltweiten Öls für Fahrzeug-Treibstoffe alle Hersteller bei der Massenproduktion
und zum Heizen verwendet wird. Der Rest immer auf die Innovationen der Zuliefe-
geht in die Produktion chemischer Stoffe, rerindustrie angewiesen.
weshalb intelligentes Recycling immer Abhilfe in der
wichtiger wird. Es ist aber nicht so ein- Diskussion um neue
fach, aus alten Laufschuhen einfach Stoffe für Zwischen-
neue zu bauen, da in der spezialisier- sohlen könnte der
ten Laufschuh-Produktion viele ver- Kunststoff Poly- ©2010 Timex Group USA, Inc. TIMEX and TRIATHLON are registered trademarks of Timex Group
USA, Inc. in the US and other countries. WHO CARES WHAT TIME IT IS, and GLOBAL TRAINER are
schiedene Stoffe vermischt werden. urethan (PU) trademarks of Timex Group B.V. INDIGLO is a registered trademark of Indiglo Corporation in the US
and other countries. IRONMAN and M-DOT are registered trademarks of World Triathlon Corporation.
SiRF and SiRF LOGO are registered trademark of SiRF Technology, Inc. SiRFstarIII is a trademark
of SiRF Technology, Inc. ANT+ and the ANT+ Logo are trademarks of Dynastream Innovations, Inc.
BODYLINK is a registered trademark and GLOBAL TRAINER is a trademark of Timex Group B.V.
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// AUSRÜSTUNG
HiNTeRGRUND
Was ist EVA und PU?
EVA ist die Abkürzung für Ethylenvinyl-
acetat. Es ist ein Kunststoff mit hoher
Wärme- guter Alterungsbeständigkeit. EVA
ist zunächst als Granulat, wässrige Disper-
sion, Pulver, aber auch als Folienmaterial
erhältlich. Mit einem niedrigen Gehalt an
VA (Vinylacetat) wird es für viele Produkte
in Gartenbau und Landwirtschaft einge-
setzt. Bei VA-Gehalten über 30 bis hin zu
90 Prozent entsteht ein kautschukähn-
liches Elastomer, es wird vorwiegend für
liefern. Otto Bayer entdeckte in den 1930er- Schuhsohlen verwendet.
Jahren diese Verbindung und begann weni-
ge Jahre später mit der industriellen Pro- Polyurethane können je nach Herstellung
duktion. Früher habe man sich nicht viele hart und spröde, aber auch weich und
Gedanken um das Thema Nachhaltigkeit elastisch sein. Besonders die Elastomere
weisen eine vergleichsweise hohe Reißfes-
gemacht, sagt ein ehemaliger Manager aus
tigkeit auf. In aufgeschäumter Form ist
dem Kunststoffgewerbe, allerdings wird seit Polyurethan als dauerelastischer Weich-
den 90er Jahren diesem Thema vermehrt schaum (z. B. für Sportschuhsohlen) oder
Beachtung geschenkt. Auch Adidas sieht PU als harter Montageschaum bekannt.
in Zukunft als möglichen Ersatz für EVA.
In geeigneter Umgebung kann PU deut-
lich schneller abgebaut werden als das her-
kömmliche EVA. das Signet „Considered“ zu geben. Bis 2015
Obermaterial aus alten PET-Flaschen: Nikes sollen alle Kleidungsstücke folgen, bis 2020
Verkaufsschlager Air Pegasus+ Verantwortung übernehmen die restlichen Produkte. Bestes Beispiel
Im Kampf um die Rolle des grünen Pioniers für die neue Verantwortung ist der meist-
in der Sportartikellandschaft sind es vor verkaufte Laufschuh weltweit, der Nike
allem die Großen der Branche, die das The- Air Pegasus+. Mit einer Außensohle, die
ma auf vielen Ebenen angehen. Nike ersetzt zum Teil aus umweltfreundlichem Gummi
den Begriff Nachhaltigkeit lieber durch besteht, und Anteilen von alten PET-Fla-
Verantwortung, in der sich die Firma aus schen im Obermaterial, gehört dieser Schuh
dem US-Bundesstaat Oregon sieht. Mit dem als eines von zwölf Vorzeigeprodukten zum
„Considered Boot“ gab Nike 2005 den Start- Considered-Design-Konzept.
schuss zu einer Initiative für nachhaltiges Der deutsche Konkurrent Adidas gibt
Ein bisschen grün ist er schon: Adidas hat dem Produzieren. Durch wohlüberlegtes (con- sich seit Oktober 2008 selbst den Beina-
Supernova Glide 3 Schnürsenkel aus receyceltem sidered) Design sollen weniger Schadstoffe men „Green Company“ – die grüne Firma.
Polyester verpasst
und umweltfreundlichere Materialien ein- Dabei konzentriert sich das Unternehmen
gesetzt werden. Nikes Ziel bis Anfang 2011 vor allem auf die Gesamtauswirkungen auf
war es, allen Schuhen der Produktpalette die Umwelt an ihren jeweiligen Standorten.
Im Produktbereich haben die Entwickler
Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit: Der Green Silence von
Brooks. 75 Prozent aller Materialien waren bereits in anderen
Produkten im Einsatz und werden hier wiederverwertet
46 aktiv laufen
»Produkte mit
nachhaltigen
Eigenschaften werden
in Zukunft ein stärkeres
Kaufargument für den
Konsumenten sein« RAlf ScHöN
aus Herzogenaurach ein Vorzeige-Modell Materialien geforscht. „Bei uns passiert hin- erfindungsreicher werden wir Hersteller“,
herausgebracht, bei dem besonders viele ter den Kulissen sehr viel“, sagt Senior Mar- sagt Schön.
umweltfreundliche Komponenten verwen- keting Manager Ralf Schön. „Noch schrän- Auch André Kriwet von Brooks sieht
det wurden. Beim Supernova Glide 3 beste- ken Ersatzmaterialien unserer Meinung die Entwicklung noch am Anfang. „Momen-
hen beispielsweise die Schnürsenkel aus 100 nach die Performance der Schuhe zu stark tan ist recyceltes Obermaterial für die
Prozent recyceltem Polyester. Doch neben ein“, meint Schön. Die Beimengung von Schuhe teurer als fertige Ware. Insgesamt
dem Recycling ist auch die Entsorgung des Reisschrot in der Produktion der Außen- kosten unsere Anstrengungen in diesem
entstehenden Mülls während der Schuhpro- sohle hatte einen eher funktionalen Hinter- Bereich mehr Geld, als sie momentan ein-
duktion eines der Probleme, die die Herstel- grund. Der Grip wird durch diesen Zusatz sparen, aber wir haben uns das auf die Fah-
ler stärker beschäftigt als je zuvor. So ist im verbessert, als Maßnahme zum Nachhaltig- nen geschrieben und sitzen mit den Läufern
Supernova Glide 3 das EVA-Fersenmaterial keitskonzept des japanischen Schuhherstel- in einem Boot.“
eingespritzt, sodass bei der Produktion kei- lers ist das nicht zu verstehen. Die Natur erhalten, in der man läuft,
ne Reste übrig bleiben. Ein Trend, den auch Trotzdem sieht Asics-Mann Ralf mit den Schuhen an den Füßen, die sie zer-
Brooks verfolgt. „Durch Injektionsverfahren Schön den Markt im Wandel: „Produkte stören können. In diesem Zwiespalt befin-
kann die Sohle so gepresst werden, dass kein mit nachhaltigen Eigenschaften werden in den sich Hersteller und Kunden. Im Hinter-
Müll zurück bleibt“, sagt André Kriwet. Zukunft ein stärkeres Kaufargument für grund wird getüftelt, neue Konzepte wer-
den Konsumenten sein. Es wird irgendwann den kommen, damit Läufer die Natur schon
Forschung hinter den Kulissen bestimmt möglich sein, den Schuh zu einem bald noch ein bisschen weniger mit Füßen
Auch bei Asics, die den deutschen großen Teil nachhaltig zu produzieren. Je treten.
Laufschuhmarkt anführen, wird an neuen größer die Nachfrage und der Druck, desto PeTeR BocK
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