HANDWERK IM WESTMÜNSTERLAND - DIGITALES DENKEN WAGEN! - Kreishandwerkerschaft Coesfeld
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AUSGABE 25 JANUAR 2020 HANDWERK IM WESTMÜNSTERLAND HANDWERKERFORUM DIGITALES DENKEN WAGEN! AUSBILDUNG ENGAGEMENT FÜR DIE NÄCHSTE GENERATION COEMBO EINE HALLE VOLLER HANDWERK Zeitschrift der Kreishandwerkerschaft Coesfeld und des Handwerks-Bildungsstätten e.V.
WIR LASSEN DAS MAGAZIN LEBEN! JE T Z T H IE R IM M A G A Z IN 02 T ES T EN Mithilfe der CAPTUM App können wir EDITORIAL einige unserer Fotos zum Leben erwecken und Ihnen mehr Inhalte zur Verfügung stellen. Auf den Seiten 3, 22 und 33 sehen Sie unten rechts das CAPTUM Logo. Scannen Sie diese Seite mit der CAPTUM App und lassen Sie sich überraschen was passiert... STEP 1: C APTUM App im passenden Store herunterladen. STEP 2: C APTUM App starten und über die Fotos halten, die unten rechts in der Ecke mit dem Logo versehen sind. STEP 3: A lle ergänzenden Inhalte im drei- dimensionalem Raum live erleben.
VORWORT Sehr geehrte Leserinnen, sehr geehrte Leser, wir wünschen Ihnen ein frohes neues Jahr! Wir hoffen, dass Sie gut und gesund ins neue Jahr gestartet sind, mit jeder Menge Schwung, guten Plänen und motivierenden Vorsätzen. In ein Jahr, in dem Sie viel- leicht neue Wege einschlagen werden hin zu mehr Digitalisierung, wie wir im Schwer- 03 HANDWERK COESFELD punktthema dieser Ausgabe zeigen. Denn es steht fest: Jedes Gewerk für sich kann bereits jetzt schon von der Vielzahl digitaler Anwendungen und Lösungen profitieren und dadurch etwas schneller, direkter, hoffentlich effizienter werden und Zeit für sich sparen. Voraussetzung dafür ist Offenheit und Experimentierfreude. Wir alle müssen digital (mit-) denken lernen. Die Kreishandwerkerschaft wird Sie auf diesem Weg begleiten, hierzu Angebote machen und gemeinsam mit Ihnen Wege finden und ausprobieren. Wir wollen ver- netzen, motivieren und einen lebendigen, konstruktiven Dialog anfeuern. So lebendig übrigens wie dieses Magazin: Via „Augmented Reality“ verbinden wir in dieser Aus- gabe erstmals das haptische Erlebnis eines gedruckten Magazins mit den dynami- schen Inhalten der virtuellen Realität. Diesen Neujahrsgruß können Sie zum Beispiel als Video auf Ihrem Smartphone ansehen. Wenn Sie möchten, können Sie auch im Film einen Streifzug über die Berufsorientierungsmesse CoeMBO unternehmen oder die Irland-Reise unserer Obermeister miterleben. Wie das geht, verrät Ihnen die Seite links. Und, Sie ahnen es schon: Auch dafür ist digitale Unterstützung notwendig. Sagen Sie uns Ihre Meinung! Die Mittel der Kommunikation sind vielfältig wie nie, der Digitalisierung sei Dank: Sie erreichen uns natürlich nach wie vor konventionell, freuen würden wir uns auch über Ihre Nachricht via Facebook oder Messenger, über unsere KH-App und bald auch via Instagram. Ferdinand Limberg Ulrich Müller Kreishandwerksmeister Hauptgeschäftsführer
„Vernetzt Euch, tauscht Euch aus, und vor allem: Nutzt die übergeordneten Organisationen wie die Kreishandwerkerschaft. So entstehen die besten Anwendungsideen! 04 INHALTSVERZEICHNIS BETRIEBE BEWEGEN AUS DEN INNUNGEN AUSBILDUNG GESTALTEN HANDWERK IM DIALOG 08 SERVICE MENSCHEN IN DER KH TITELTHEMA HINGEGUCKT!
02 24 VORWORT NEUES AUS DER RECHTSPRECHUNG 26 DENKMAL FÜR HOLTERMANN 06 27 SICHERHEIT GROSS GESCHRIEBEN BETRIEBE SOLLTEN SICH ÖFFNEN Sicherheitstag des Netzwerks „Zuhause sicher“ Interview mit Ulrike Twiehoff, Polizei-Expertin für 28 Einbruchschutz ENERGIE AUS EINER HAND 05 29 HANDWERK COESFELD EINFACH, DIREKT, NÄHER AM MITGLIED 08 30 DIGITALES DENKEN WAGEN CYBER-ANGRIFFE ALLE 16 SEKUNDEN Kompetenzzenztrum Digitales Handwerk zu Gast beim HandwerkerForum 31 MEHR ZEIT FÜR HANDWERK 10 MUT MACHEN, ANZUFANGEN Interview Alexander Hanatschek vom KDH 12 32 WIE DIGITAL SIND SIE? DUBLIN IN VIER TAGEN Unterwegs auf dem Weg zur Digitalen Transformation: Die Obermeister entdecken die irische Metropole Drei Handwerksunternehmer berichten. 34 HANDWERK HÄLT JUNG Wir gratulieren Diamantenen und Goldenen Meistern 16 ENGAGEMENT FÜR DIE AUSZUBILDENDEN Lehrlingswarte im Kreis Coesfeld 36 19 „EINE LÖSUNG GIBT ES IMMER“ BESTE AUSZUBILDENDE Siegfried Hericks über das Projekt Marktplatz Voerde . Tim Volle und Sarah Burmeister sind Sieger im Leistungswettbewerb 39 „NO LIMITS - WIE SCHAFFE ICH MEIN ZIEL?“ 20 Joey Kelly ist Sprecher beim nächsten Handwerker JEDES HANDWERK EIN TRAUMBERUF Forum am 3. März 2020 Ein Rückblick auf unsere Medien-Kampagne zur Nachwuchswerbung 40 22 WAS MACHT EIGENTLICH ... EINE HALLE VOLLER HANDWERK Waltraud Arends in der Ein Streifzug über die Überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung Berufsorientierungsmesse CoeMBO 42 SEMINARÜBERSICHT 47 NEUE MITGLIEDER IMPRESSUM
Betriebe bewegen Netzwerk Zuhause s Autohaus Zumbusc 06 BETRIEBE BEWEGEN SICHERHEIT GROSS GESCHRIEBEN Beim Sicherheitstag im Autohaus Zumbusch in Dülmen zeigten sich die Partner des „Zuhause sicher“-Netzwerks. WAS HEISST DAS KONKRET? Auch die Polizei war mit von der Partie. Wenn wir als Polizei im Rahmen ei- ner Beratung Empfehlungen für eine bestimmte Sicherheitstechnik geben, können wir sicher sein, dass die Handwerksbetriebe dies ähn- Wir sprachen mit Ulrike Twiehoff, lich sehen und nicht in eine ganz Kriminalhauptkommissarin in der andere Richtung beraten. Wer sich Sich selbst als potenzielle „Einbre- Kriminalprävention der Kreispolizei- von uns beraten lässt, das sind der- cher“ versuchen, das konnten die behörde Coesfeld über das Netz- zeit mehr als 100 Haushalte jährlich, Besucher des Sicherheitstages im werk „Zuhause sicher“. bekommt ein Protokoll der poli Autohaus Zumbusch, organisiert zeilichen Beratung und die ent- vom „Zuhause sicher“- Netzwerk. FRAU TWIEHOFF, DAS NETZWERK sprechenden Sicherheitsempfeh- „ZUHAUSE SICHER“ GIBT ES SEIT FAST lungen. Handwerksbetriebe, die in Das Netzwerk existiert seit 2005. Es 15 JAHREN. WAS KONNTEN SIE IN unserem Netzwerk sind bzw. auf der wurde auf Initiative von Polizeibe- DIESER ZEIT ERREICHEN? Errichterliste des Landeskriminal- hörden ins Leben gerufen und ist als Unser Fokus liegt auf dem Einbruch- amtes stehen, setzen diese um. gemeinnütziger Verein organisiert. schutz und wir stellen fest, dass das Das Ziel, das die Polizei gemein- Thema präsenter geworden ist. Wir WAS MACHT EIN HAUS EINBRUCH- sam mit Kommunen, Handwerks- tauschen uns im Netzwerk regel- SICHER? organisation sowie Unternehmen mäßig aus, wir erreichen vor allem, Das ist vor allem eine entspre- aus Handwerk, Industrie und Versi- dass wir gemeinsam mit den Hand- chende Sicherheitstechnik wie ab- cherungswirtschaft verfolgt, ist die werksbetrieben in dieselbe Rich- schließbare Fenster und Türen. Wer „Stärkung der Kriminalprävention in tung beraten und arbeiten. die Plakette des Netzwerks „Zuhause der Bevölkerung“. Ein Schwerpunkt ist der Einbruchschutz.
sicher: Sicherheitstag ch 07 HANDWERK COESFELD www.zuhause-sicher.de/partner/lokale-unternehmen/sg-coesfeld/ sicher“ an seinem Haus anbringen und sind auch auf der Errichterliste schaft im Netzwerk „Zuhause sicher“ möchte, muss eine entsprechende des LKA verzeichnet. Das ist eine schafft bei Kunden viel Vertrauen, zertifizierte Technik Rauchmelder, gute Empfehlung und Akquise auch über die eigenen Stadtgrenzen eine sichtbare Hausnummer und möglichkeit. Sie sind regelmäßig im hinaus. ein Telefon am Bett nachweisen. Die Austausch mit anderen Betrieben, Plakette signalisiert einen hohen Dienstleistern, der Polizei und den Standard. In Plakettenhäuser gibt es Herstellern und damit immer sehr zu fast 100 Prozent keine Einbrüche. aktuell informiert. Eine Mitglied- Für die Bürgerinnen und Bürger Expertin für Einbruchschutz gibt es noch einen weiteren Vor- Ulrike Twiehoff (Mitte) mit Polizei- teil, nämlich Nachlässe bei der Kollegen Hausratversicherung. Und wer vor Kosten bei der Installation zurück- schreckt: Es gibt Zuschüsse von der KfW, wenn ich in Einbruchschutz und Sicherheitstechnik investiere. WIE KÖNNEN BETRIEBE MITGLIED IM NETZWERK WERDEN UND WAS HA- BEN SIE DAVON? Wir laden Handwerksbetriebe, aber auch Versicherer ein, dabei zu sein. Für die Aufnahme muss man eini- ges an Unterlagen beibringen, um die entsprechende Fachkenntnis nachzuweisen. Wir erwarten die Teilnahme an regelmäßigen Fort- bildungen und die Beteiligung an unseren Veranstaltungen wie zum Beispiel dem Sicherheitstag. Für Be- triebe hat die Mitgliedschaft einige Vorteile: Sie können sich auf unserer Liste als Dienstleister präsentieren
DIGITALES DENKEN 08 WAGEN HANDWERK IM DIALOG Die digitale Transformation erfasst die gesamte Gesellschaft. Das Handwerk sucht nach individuellen Strategien – und findet passende Lösungen, so auch beim HandwerkerForum der Kreishandwerkerschaft. Wie wichtig der digitale Fortschritt für ihre tägliche Arbeit ist, haben unsere Betriebe längst erkannt. Anregungen zum Weiterdenken gab unseren Mitgliedern jüngst das HandwerkerForum der Kreishandwerkerschaft, gemein- sam organisiert mit den Volksbanken im Kreis Coesfeld. „Gestalte deine digitalen Sinne“, lautete der Titel der Veranstaltung, bei dem Referent Alexander Hanatschek, Digitalisierungsexperte vom Kompetenzzentrum Digita- les Handwerk (KDH), unseren Gästen eine Fülle zünden- der Ideen für ihr digitales Geschäftsmodell lieferte.
V. l.: Stellv. Kreishandwerksmeister Andreas Baumeister, 09 Digitalisierungsexperte des KDH Alexander Hanatschek, HANDWERK COESFELD Sprecher der Volksbanken im Kreis Coesfeld Dirk Spanderen, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Ulrich Müller. Fundamentale Veränderung Das Handwerk muss mitgehen. „Wir erleben eine Revolution: Nach der Industrialisierung, Das Handwerk muss diesen Weg mitgehen, so der Kern der Elektrifizierung und schließlich der Computerisierung, seiner Ausführungen. Hanatscheks Aufruf: „Haben Sie die den Menschen in Teilbereichen körperlich ersetzt Mut und wagen Sie digitales Denken.“ Am effektivsten sei haben, ersetzt die Digitalisierung jetzt auch in Teilen die es, so seine Erfahrung, Handwerker aus verschiedenen geistige Arbeit. Und das mit einer Geschwindigkeit, die Gewerken mit IT-Experten zusammenzubringen. In der noch nie dagewesen ist“, ordnete der Digitalisierungs- Gemeinschaft werde besonders effizient neues digitales experte die augenblicklichen Veränderungen ein. Die Wissen auch gewerkeübergreifend generiert. „Vernetzt Folge: Die Erwartungen des Marktes ändern sich funda- Euch, tauscht Euch aus, und vor allem: Nutzt die über- mental. Eine funktionierende Website ist heutzutage geordneten Organisationen wie die Kreishandwerker- eine absolute Selbstverständlichkeit, das intelligente schaft: So entstehen die besten Anwendungsideen“, Heim - „Smart Home“ - gehört beinahe schon zum all- empfahl Hanatschek. täglichen Standard. Moderne Technik wird erschwing- lich für alle und bietet unendliche Möglichkeiten, die der Eines müsse dem Handwerksunternehmer bei seinen Markt jetzt sukzessive nutzt. „Nehmen wir uns ein Bei- Digitalisierungsaktivitäten jedoch immer klar sein, spiel an dem Unternehmen Banovo im Sanitär-Bereich“, mahnte Hanatschek: DIE Generallösung für den Hand- führte Hanatschek aus. „Es bietet dem Kunden innerhalb werksbetrieb gebe es nicht, vielmehr müsse jede Lö- von wenigen Minuten ein Richtpreis-Angebot für ein sung individuell konzipiert sein. Das Kompetenzzentrum neues Bad.“ Das wird in Zukunft auch zunehmend vom Digitales Handwerk leistet den Betrieben dabei Hilfe- Handwerker vor Ort erwartet. Das Internet of Things (IoT - stellung und begleitet die Betriebe auf ihrem Weg. Das Internet der Dinge) ermöglicht eine Kommunikation mit Handwerk habe großes Potenzial, machte Hanatschek alltäglichen Gegenständen. „Dabei fallen nie dagewe- abschließend Mut. „Kein Wirtschaftszweig ist so vertraut sene Informationen an, die wir unterschiedlich nutzen mit seinen Kunden wie das regionale Handwerk. Das ist können“, so Hanatschek weiter. „Immer mehr Unter- Ihr zentraler Wettwerbsvorteil.“ nehmen erkennen jetzt dieses Potenzial und entwickeln QR-Code: www.handwerkdigital.de neue Geschäftsmodelle, um es auszuschöpfen.“ „Vernetzt Euch, tauscht Euch aus, und vor allem: Nutzt die übergeordneten Organisationen wie die Kreishand werkerschaft: So entstehen die besten Anwendungsideen!“ Alexander Hanatschek, Kompetenzzentrum Digitales Handwerk
andere Gewerke noch eher am Anfang. Bei den Or- thopädie-Schuhtechnikern sieht man im Moment ei- nen schönen Wandel. Hier werden sowohl altbewährte Methoden zum Erstellen eines Fußmodelles, aber auch moderne digitale Lösungen eingesetzt. Generell kann man sagen: Es bewegt sich im Moment sehr viel im Handwerk, aber es ist auch noch sehr viel Luft nach oben. Das Handwerk hat schon lange erkannt, dass Digital- Interview isierung kein abstraktes Gebilde ist, sondern dass jeder von uns jeden Tag Berührungspunkte damit hat. Jeder Betrieb hat mit Sicherheit bereits die ein oder andere digitale Unterstützung im Einsatz, der eine mehr, der andere weniger. Digitalisierung fordert vor allem neue Denkprozesse. Den einen fällt dieses neue Denken einfacher, den anderen schwerer. Aber niemand kann sich davor verschließen. 10 WAS IST DIE AUFGABE DES KDH? HANDWERK IM DIALOG Das Kompetenzzentrum Digitales Hand- werk (KDH) ist eine vom Bundeswirt- schaftsministerium für Wirtschaft und Ene- gie geförderte Initiative zur Stärkung der Digitalen Kompetenz in Handwerksbetrieben. Das KDH agiert deutschlandweit, stellt Expertenwissen zur Ver- Drei Fragen an Alexander fügung und führt Schulungen durch, informiert und sen- Hanatschek vom Kompetenzzent- sibilisiert Handwerksbetriebe bezüglich der konkreten Einsatzmöglichkeiten digitaler Technologien. Es gibt rum Digitales Handwerk (KDH). nützliche Hilfestellungen zur praktischen Umsetzung von Digitalisierungsmaßnahmen. Handwerksbetriebe können sich auf www.handwerkdigital.de über das ge- WO STEHEN DIE HANDWERKSUNTERNEHMEN BEI DER DIGI- samte kostenfreie und anbieterneutrale Angebot infor- TALISIERUNG NACH IHRER BEOBACHTUNG? mieren. Es gibt Handwerksbetriebe, die schon sehr weit sind bei der Digitalisierung. Hier sehen wir aber je nach Gewerk WO SEHEN SIE DAS HANDWERK IN FÜNF JAHREN? WOR- große Unterschiede. Während Sanitär und Heizungs- AUF SOLLTEN BETRIEBE BESONDERS ACHTEN? bauer aber auch die Elektriker, bedingt durch die Tech- Eine ideale Vorstellung ist es, wenn das Handwerk nologie, die sie einsetzen, schon sehr weit sind, stehen so bestehen bleibt wie es ist, nur eben durchdigitali- siert. Denn die Digitalisierung bietet Chancen, um dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken, aber auch, um junge Menschen wieder zu motivieren, eine Ausbil- dung im Handwerk zu beginnen. Zudem ermöglichen neue Produktionstechnologien wie der 3D Druck ei- nige Gewerke wiederzubeleben, die eigentlich so gut wie ausgestorben waren. Dass ideale Vorstellungen aller- dings selten real werden, wissen wir alle. Das Handwerk ist extrem gut vernetzt in seiner Region und hat oft starke persönliche Kontakte mit seinen Kunden. Diesen Wett- bewerbsvorteil muss das Handwerk pflegen. Sicherlich werden einige große Unternehmen versuchen, das Hand- werk als standardisierte Dienstleistung nach den Vor- bildern von Thermondo oder Banovo zu etablieren, aber ich sehe darin dennoch keine Gefahr für das gesamte Handwerk. Wir sehen im Gegenteil, dass es unter den Handwerksunternehmern schon jetzt eine ganze Reihe von digitalen Machern gibt. Diese vernetzen sich unter- einander, um gemeinsam Lösungen für ihre Kunden zu erarbeiten. Eine bedeutende Rolle kommt an dieser Stelle den Handwerksorganisationen zu. Sie feuern den Prozess an, motivieren, vermitteln und beglei- ten ihre Mitglieder bei sämtlichen Herausforde- rungen des digitalen Wandels.
11 HANDWERK COESFELD SEHEN – ANFASSEN – AUSPROBIEREN 2020: Innovationspfad Digitales Bauen in der Kreishandwerkerschaft Coesfeld Thema Innovationspfad digitales Bauen Speziell für die Unternehmen in den tales Werkzeug im Mittelpunkt, das Mehr Informationen zu diesem Bau- und Ausbaugewerken hat das an typische betriebliche Abläufe an- Projekt unter folgenden Links Kompetenzzentrum Digitales Hand- gelehnt ist – immer mit einem Ex- werk den Innovationspfad Digitales perten, der Rede und Antwort stehen https://www.bzb.de/projekte/ Bauen geschaffen: Als ein begehba- kann. Die Verweildauer beträgt 20 nationale-projekte/digitales-bauen rer Parcours bietet er Mitarbeitern Minuten pro Station. Ganz nach dem im Bauhandwerk die Möglichkeit, Motto: »Sehen. Anfassen. Auspro- www.kh-coesfeld.de nützliche Anwendungen und Werk- bieren.« können die Teilnehmenden zeuge zum Thema Digitales Bauen nach einer kleinen Einführung an- KH App live und hautnah zu erleben. Der hand von Anwendungsbeispielen Parcours besteht aus maximal 15 die praktische Umsetzung aus- www.youtube.com/ Stationen, die in geführten Gruppen probieren und erste Fragen sofort watch?v=GSWtjptObfw komplett durchlaufen werden. An klären Wir planen, den Innovati- jeder Station steht ein anderes digi- onspfad in diesem Jahr in unserer Kreishandwerkerschaft anzubieten.
12 HANDWERK IM DIALOG WIE DIGITAL SIND SIE? Unterwegs auf dem Weg zur digitalen Transformation: Drei Betriebe berichten. Aufmaß und Baustellendokumentation, durchgängig digital? Touren- und Einsatzplanung, transparent für alle? Kundenkommunikation mit Facebook, WhatsApp und Instagram? Die Möglichkeiten und Anwendungen durch digitale Technik sind unendlich. Wie erreiche ich noch mehr Effizienz, Transparenz und digitale Intelligenz in meinem Betrieb? Eine kurze Bestandsaufnahme aus drei Handwerksbetrieben.
CHRISTIAN FLEER, JUWELIER WICHELHAUS, AHAUS, nutzt besonders in der Kundenkommunikation und –beratung umfang- reiche digitale Unterstützung. Grenzen? Keine in Sicht. + Bei Facebook und Instagram ist Juwelier Wichelhaus schon lange präsent. Wie war Ihr Weg dorthin? Wir haben Social Media schon früh genutzt, weil wir festgestellt haben, dass wir unsere Kunden und auch potenzielle Neu-Kunden damit sehr gut erreichen. Seit 2012 posten wir auf Facebook und Instagram in regelmäßigen Abständen: Mal stellen wir eine neue besondere Uhr vor, zeigen Schmuck-Kollektionen anlässlich der Ahauser Traumhochzeitstage oder begleiten Aktionen der Stadt Ahaus. Inzwischen haben wir eine beachtliche Anzahl Follower hinter uns gesammelt. Gut 500 User erreichen wir regelmäßig mit unseren Posts. Ergänzt wird unsere Social Media-Kommunikation durch die Wichelhaus App, basierend auf der Software des bekannten Digitali- sierungspioniers unserer Stadt. Viele Einzelhändler am Ort verfügen 13 über diese Anwendung, dadurch lassen sich gemeinsame Werbe- HANDWERK COESFELD Aktionen einfach und schnell umsetzen. Zum Beispiel läuft seit Mitte des Jahres die Aktion „Quizzen macht Ah“, die auch auf unseren Kanä- len bis heute für immer mehr Visits sorgt. Für ein überschaubares Budget können wir dort Werbung schalten und erreichen damit ziel- genau unsere Kunden und potenzielle Neukunden. In wenigen Wochen sind die Userzahlen von 1.000 auf inzwischen 20.000 angestiegen. Als besonders komfortabel erweist sich dieses Tool für unser Gutschein- geschäft. Die Verwaltung der Papier-Gutscheine war früher sehr auf- wändig. Mit der App wird das zum Kinderspiel. + Welche Rolle spielt Digitalisierung bei Ihnen im Verkauf? Ganz klar, eine immer größere Rolle! Denken Sie allein an die Her- stellerkataloge oder andere Verkaufsunterlagen: Wir führen 20 ver- schiedene Uhrenhersteller. Eine Menge Kataloge erhalten wir nun digital. Wir haben ein Kernsortiment im Haus, via Tablet können inter- essierte Kunden das erweiterte Sortiment des jeweiligen Herstellers einsehen und über uns ordern. Besonders hilfreich z.B. für den Ver- kauf von Smartwatches ist unser „Easyadvizer“. Bei der Menge an Angeboten in diesem Produktsektor ist es inzwischen auch für uns kaum mehr möglich, einen Überblick über die Besonderheiten jedes Modells zu behalten. Jetzt hilft dieser Terminal: Er bündelt die Daten aller bei uns verfügbarer Smartwatch-Modelle und aktualisiert sie kontinuierlich. Das ist für unser Personal beinahe unverzichtbar, und zusätzlich ein besonderer Anziehungspunkt für unsere männliche Kundschaft. Hier werden nämlich gern die technik-interessierten Ehemänner „geparkt“…. Gemeinsam + Was steht als nächster „digitaler Meilenstein“ auf dem Plan? statt einsam. Unser Web-Shop nach dem Prinzip Click & Reserve. Kunden können sich ihr Wunschprodukt bei uns online reservieren. Damit bieten wir einen ähnlich leichten Einkauf, wie sie es von den großen Web- Anbietern kennen. Als Handwerks-Mehrwert bekommen sie unsere Expertise und unseren Service on top. Auf diese Weise bleibt der Ein- kauf am Ort und geht nicht verloren an den Online-Handel. Sicher, die Pflege der Website ist zunächst aufwändig, aber es lohnt sich. + Was raten Sie anderen Handwerksunternehmern? Wir müssen auf das bauen, was das Handwerk so besonders und einzigartig macht und was das Internet nicht kann: Beratung und Service. Im Internet bekomme ich keinen Schmuck oder Uhr, dessen Armband auf den Träger perfekt abgestimmt ist, dort bekomme ich auch für meine neue Uhr keine Einweisung oder auch nur eine Batterie gewechselt. Direkter Kontakt und Service kann und wird das Internet nicht ersetzen. Das ist unser großes Plus!
KARSTEN TELLMANN , ROSENDAHL-DARFELD, stattet seinen SHK-Betrieb seit Jahren konsequent und kontinuierlich mit digitaler Technik aus. Sein Ziel: Arbeitsabläufe so transparent wie möglich für alle Beteiligten zu gestalten. + Was ist in Ihrem Betrieb bereits digitalisiert und wie war die Ent- wicklung dahin? Schon seit mehr als acht Jahren haben wir RFID-Technik für die Kun- dendienstfahrzeuge im Einsatz. Wir schicken den neuen Auftrag direkt auf das Navi im Kundendienstfahrzeug, so können sowohl un- sere Monteure als auch wir in der Zentrale schnell reagieren und die Monteure flexibel einsetzen. Anfang des Jahres mussten wir in neue Hardware investiere. Aktuell führen wir ein komplettes Soft- warepaket ein, das den Einkauf, die Projekt- und Montageplanung in unserem Betrieb durchgängig digital abbildet, darin ist jetzt auch die Einsatzplanung für die Fahrzeuge vernetzt. Zukünftig können un- 14 sere Monteure ihre Arbeitsstunden direkt auf ihrem Handy angeben. Dadurch entfällt das händische Einpflegen völlig. Unsere Monteure HANDWERK IM DIALOG können via Handy Materialien, die auf ihren Baustellen noch fehlen, dort vermerken. Da sowohl die Arbeitsstunden, wie auch die Mate- rialien direkt im System erfasst werden, läuft die Nachkalkulation automatisch mit. Eingangsrechnungen von Großhändlern erhalten eine Projektnummer und gehen sofort in ein bestimmtes Daten- format, und werden dann projektbezogen automatisch weiterver- arbeitet. Kurz: Wir decken mit der neuen Software all die kleinen Schritte ab, die sonst in der alltäglichen Kommunikation verloren zu gehen drohen. Sogar bis hin zur Aufbereitung für den Steuerberater – das alles ist mit dieser Lösung für uns erledigt. Die Einrichtung dauert zwar einige Monate und verursacht erstmal etwas Mehrarbeit, auf mittelfristige Sicht wird uns das auf alle Fälle sehr entlasten. + Was steht als nächstes auf Ihrem Digitalisierungsplan? Der nächste Schritt ist die digitale Projektmappe: Sämtliche Unter- lagen sind darin einsortiert zur jeweiligen Baustelle. Auch kann jeder Mitarbeiter jederzeit darauf zugreifen und die Daten zur jeweiligen Baustelle abrufen, so sind die Monteure viel flexibler einsetzbar. Jedes Projekt wird so für uns, unsere Monteure und auch für die Kunden maximal transparent. + Worauf sollte man Ihrer Meinung nach besonders achten bei der Einführung von digitaler Technik? Wichtig ist, dass die Anwendung auch zu den Bedürfnissen des Un- ternehmens passt. Uns war es besonders wichtig, die Einführung gut zu strukturieren und vor allem umfassend zu begleiten, so dass Auf dem Weg auch alle Funktionalitäten der neuen Anwendung allen Mitarbeitern klar sind und sie sie sinnvoll einsetzen können. Daher kommen jetzt zur größtmöglichen mehrtägige Schulungen für unsere Mitarbeiter, so dass wir uns bald Transparenz alle hoffentlich gut und sicher in der neuen Technik bewegen können. + Wo sehen Sie die größte Herausforderung für Ihren Betrieb, für Ihr Gewerk in Sachen Digitalisierung? Hier auf Dauer mit den Ent- wicklungen der Branche mitzuhalten, auf dem neuesten Stand zu bleiben. Thermondo und Banovo machen es vor: Der Kunde kann sich online in wenigen Minuten sein neues Bad planen oder ein An- gebot zusammenstellen. Da brauchen wir noch zu lange. Das wird die nächste Herausforderung sein. Wir möchten dahin kommen, dass wir direkt an Ort und Stelle ein Angebot abgeben können, zu- mindest bei Standard-Projekten. Trotzdem stelle ich mir mittelfristig vor, dass unsere Kunden zukünftig ähnlich wie bei den großen Online- Händlern ihr Angebot sofort online kalkulieren können.
MALER MARKUS MASSMANN, LÜDINGHAUSEN, ist in Sachen Digitalisierung ein Vordenker. Seit Jahren berichtet er über seinen digitalen Weg in Vortragsveranstaltungen. Zur Zeit arbeitet er mit Bundeseinrichtungen an einer Einstiegssoftware für Handwerks- kleinbetriebe und einer gewerkeübergreifenden Cloud-Lösung. + Was ist in Ihrem Betrieb bereits digitalisiert und wie war die Ent- wicklung dahin? Die ersten Schritte taten wir vor zehn, zwölf Jahren. Ziemlich früh, das liegt wohl an meiner großen Affinität für Technik. Wir sind ge- startet mit einer Fakturierungssoftware, sie bietet das Grundgerüst. Schritt für Schritt haben wir ab diesem Startpunkt unsere Arbeits- prozesse digitalisiert. Mit dem Fortschreiten der Technik sind wir in- zwischen an einem Punkt, an dem wir sagen können, wir digitalisieren alles. Meine Meister und ich fahren nur noch papierlos zu den Bau- stellen. Möglich wird dies durch eine komplexe, auf unseren Betrieb optimierte interne Prozesssteuerung, die sämtliche Betriebsvorgänge 15 abdeckt: digitale Zeiterfassung, digitales Aufmaß, digitale Dokumen- HANDWERK COESFELD tation über alle Vorgänge an der Baustelle zur Erfassung von Stunden- lohnarbeiten und Ablage von Fotos über die Baustellenentwicklung, bis hin zur automatischen Zwischen- und Nachkalkulation. Am Ende des Tages gehen alle Dokumente in den eigenen Ordner, so können wir allen am Projekt Beteiligten eine umfangreiche Dokumentation anbieten. + In aller Kürze: Was sind in Ihren Worten die größten Vorteile Ihrer digitalen Organisation? Unsere Kommunikation ist erheblich einfacher, intensiver, effektiver geworden und vor allem besser zu steuern. Die Infos sind da, wo man sie braucht. Wir haben an Flexibilität und an Stabilität gewonnen und ich beobachte sogar, dass unsere Mitarbeiter unternehmerischer denken und insgesamt motivierter sind. + Worauf sollten Handwerksunternehmer sich einstellen, wenn sie Mehr ihre nächsten digitalen Schritte planen? Disziplin in der Wichtig ist eine größere Disziplin in der Vorbereitung. Die Baustellen müssen gut vorbereitet sein, ich muss meinen Leuten die Baustelle Vorbereitung vor Beginn digital zur Verfügung stellen und alle Baustellenpläne, alle Arbeitsvorgänge und Leistungsverzeichnisse definieren. Wich- tig ist es auch, sich immer wieder klar zu machen, dass die Digita- lisierung des Betriebs ein dauernder Prozess ist, den man nie ganz abschließen wird und die Etappen in kleinen Schritten zu definieren. Digitalisierung muss wachsen. + Was steht aktuell auf Ihrem Digitalisierungsplan? In den vergangenen zwei, drei Monaten haben wir uns mit digitalem Planaufmaß beschäftigt: Mit den Daten können wir aus jedem Projekt ein Building Information Modeling erstellen, ein 3 D Modell, das sich drehen, wenden und digital begehen lässt. Das setzen wir nicht für jedes Projekt ein, aber wir erstellen jetzt die Voraussetzungen dafür. In der Beratung werden wir zukünftig auch Augmented Reality ein- setzen. + … und der nächste große Schritt? Der nächste große Schritt ist in meinen Augen der Einsatz von künst- licher Intelligenz auf der Baustelle. Drohnen, die Fassaden spritzen, werden schon erprobt, sind derzeit noch zu teuer und viel zu aufwändig zu programmieren. Aber, wer weiß? Vielleicht stehen in ein paar Jahren hier einige Docking-Stationen für Roboter, die Säcke trans- portieren oder Wände schleifen können. Trotz aller digitalen Unter- stützung bin ich mir aber auch sicher: Künstliche Intelligenz kann sinnvoll unterstützen, aber wird niemals einen Facharbeiter ersetzen. Unser Handwerk wird sich dadurch nicht grundsätzlich ändern.
ENGAGEMENT FÜR DIE AUSZUBILDENDEN Lehrlingswarte betreuen Lehrlinge im Handwerk 16 Die Lehrlingswarte sind die Ausbildungsexperten der Innung. Ihre Aufgabe ist es, die in ihrem Innungsbezirk ausgebil- deten Lehrlinge zu betreuen. Sie stehen den Auszubildenden bei Problemen in der Schule und im Betrieb beratend und AUS DEN INNUNGEN gegebenenfalls vermittelnd zur Seite und halten Kontakt zu Berufsschulen und überbetrieblichen Ausbildungsstätten. Zudem kommen unzählige Aufgaben, die der Öffentlichkeitsarbeit und Nachwuchswerbung dienen. Albert Eikenbusch: Lehrlingswart der Fachinnung für Elektrotechnik Elektrotechnik Eikenbusch, Billerbeck WAS SIND IHRE HAUPTAUFGABEN tion auf den Berufsinformationsmes- die Lehrer manchmal mit den Schü- ALS LEHRLINGSWART? sen, wie zum Beispiel der COEmbo lern haben. Der persönliche Kon- EIKENBUSCH: Wenn Auszubildende abgedeckt. takt zu den Auszubildenden ist mir Schwierigkeiten mit Ihrer Ausbil- Wichtig ist der Lehrlingswart als Bin- sehr wichtig und ich stehe auch bei dung haben, helfe ich als Vermittler. deglied zwischen Berufsschule, Be- Fragen und Problemen mit den Meine Aufgabe ist es auch, bei der trieben und Auszubildenden. Wir Lehrmeisten zur Verfügung. Berufsfindung lenkend einzugreifen, treffen in den Prüfungsausschüssen In diesem Lehrjahr haben wir aktuell wobei die Funktion kaum mehr ge- laufend zusammen bei Gesellen- 15 Auszubildende zur Prüfung. Die fordert wird. Normalerweise sollte prüfungen. Ich habe früher auch an Auszubildenden kenne ich zum Teil der Lehrling sich ja über den Beruf der Berufsschule Unterricht gegeben, persönlich und man sieht sie auch informieren. Jetzt wird die Informa- daher kenne ich die Probleme, die nach der Ausbildung immer wieder.
WARUM SOLLEN JUGENDLICHE GE- tag gestaltet. Man muss die Auszu- riger, gute Handwerker zu finden. Es RADE DAS ELEKTRO-HANDWERK ER- bildenden mitnehmen und für eine muss den Kunden bewusst werden, LERNEN? gewisse Abwechslung in der Ausbil- dass bei Aufträgen auch ein Lehr- EIKENBUSCH: Zunächst ist erstmal dung sorgen. lingsstundenlohn mit abgerechnet die Eignung für den Beruf wichtig. werden muss, um eine vernünftige Ich frage immer zuerst: Wie bist du WAS WÜNSCHEN SIE SICH FÜR DIE Ausbildung zu gewährleisten. auf die Idee gekommen, diesen Be- ZUKUNFT IHRES GEWERKS? Wir brauchen nicht nur Häuptlinge ruf zu erlernen? Gerade im Elekt- EIKENBUSCH: Dass die Akzeptanz sondern auch Indianer. ro-Handwerk gibt es ja sehr viele des Handwerks in der Öffentlichkeit unterschiedliche Bereiche. Wichtig besser dargestellt wird. Die Hand- ist mir, dass die Jugendlichen vor- werker werden weniger und es ab wissen, wie sich der Berufsall- wird in der Zukunft immer schwie- 17 HANDWERK COESFELD Michael Vormann: Lehrlingswart der Fleischer-Innung. Fleischerei Vormann, Lüdinghausen. WAS SIND IHRE HAUPTAUFGABEN WIE SEHEN SIE DIE ZUKUNFT IHRES und gesunde Lebensmittel her- ALS LEHRLINGSWART? HANDWERKS? zustellen, dabei ist die oberste VORMANN: Ich bin als Lehrlingswart VORMANN: Vor fünf Jahren hätte ich Pflicht besonders sauber und krea- zuständig für die Vermittlung zwi- noch gesagt, dass es nicht so rosig tiv zu arbeiten. Es lohnt sich, Flei- schen Auszubildenden und Lehr- aussieht - aber mittlerweile ist ein scher zu werden! Die späteren meistern, und auch bei Unstimmig- Umbruch da. Das Verbraucher- Gesellen müssen nicht in großen keiten mit der Schule greifen wir verhalten verändert sich, die Men- Fabriken arbeiten, in den Kleinbetrie- mit ein. Wenn ein Lehrling sich zum schen wollen wieder wissen, wo ben haben sie, auch in der Zukunft, Beispiel schulisch überfordert fühlt, ihr Fleisch herkommt. Wir führen allerbeste Chancen. oder in seinem Lehrbetrieb Streitig- immer mehr Hausschlachtungen keiten über Arbeitszeiten oder Lern- durch, können speziell für Allergiker WAS MACHT IHR HANDWERK SO inhalten hat. Wir haben in unserem arbeiten und zum Beispiel auch ATTRAKTIV? Beruf ja nur noch wenige Auszubil- Wurst in kleineren Mengen herstel- VORMANN: Wir sind wichtig als Liefe- dende. In meiner langjährigen Tätig- len ohne Inhaltsstoffe, die für man- rant von Lebensmitteln, und damit keit als Lehrlingswart hatte ich che Menschen unverträglich sind. unverzichtbar für alle. Außerdem noch keine wirklich „schweren“ Fälle Da sehe ich bei uns kleineren Be- arbeitet man als Fleischer beson- zu vermitteln. Das ist grundsätzlich trieben die Möglichkeit, wir werden ders kreativ und sorgfältig. Ich mag doch ein gutes Zeichen: In unserem wieder mehr wertgeschätzt. die abwechslungsreiche Arbeit! Beruf funktioniert es so gut. Offen- Vom Beruf her ist es eine schöne bar wissen unsere Ausbilder ganz Tätigkeit. Unsere Aufgabe ist es, gute genau, was sie machen.
18 AUS DEN INNUNGEN Dieter Bronstering: Lehrlingswart der Friseur-Innung. Salon Bronstering, Rosendahl-Holtwick. WAS SIND IHRE HAUPTAUFGABEN auch annehmen und tatsächlich WIE BEURTEILEN SIE DIE QUALITÄT ALS LEHRLINGSWART? umsetzen: Super! Das freut mich DER AUSBILDUNG IN IHREM HAND- dann sehr. Ich würde den Beruf WERK? BRONSTERING: Bei Lehrlingsstreitig- auch immer wieder lernen, ich könnte keiten stehe ich quasi zwischen nicht im Büro sitzen. BRONSTERING: Es gibt leider ganz den Fronten, zwischen Arbeitgeber- starke Unterschiede, von unterir- und Arbeitnehmerseite. Ich musste WAS IST DAS BESONDERE IHREM disch schlecht bis sehr, sehr gut. aber bis jetzt noch nichts Schwer- HANDWERK? Weil ich ja auch als Prüfer mitwir- wiegendes vermitteln. Dadurch, ke, bekomme ich zum Beispiel mit, dass ich in engem Kontakt mit den BRONSTERING: Es gibt nichts Schö- wenn in der Prüfung der erste Her- Lehrern der Berufsschule stehe und neres, als direkt am und mit dem renhaarschnitt gemacht werden auch durch meine Auszubildenden Kunden zu arbeiten. muss. Die Auszubildenden müssen einiges mitbekomme, kann ich oft Einen Haarschnitt kann man zudem zuerst mit den Augen lernen, dann schon im Vorfeld Schwierigkeiten nicht im Internet kaufen. Dadurch an Modellen. Als Ausbilder muss ich ausräumen. sehe ich bei uns noch keine Kon- mit viel Zeit und Geduld dahinter- Ich bin als Prüfer im Prüfungsaus- kurrenz zum Internet, da wir ja nicht stehen und es den Auszubildenden schuss ehrenamtlich einige Tage vom Verkauf, sondern von der guten beibringen. Einen Berufseinstieg im Jahr unterwegs. Ich mache die- Dienstleistung leben. über ein Praktikum kann ich nur se Arbeit sehr gerne, ich habe Spaß empfehlen, denn dann können bei- daran mit den jungen Leuten zu- de Seiten feststellen, ob es passt. sammen zu arbeiten. Wenn ich dann noch feststelle, dass ich etwas ver- mitteln kann und die Azubis dies
BESTE AUSZUBILDENDE Tim Volle und Sarah Burmeister sind im Traumberuf angekommen macht habe, war der Umgang mit Neukunden, weil ich 19 da zunächst noch unsicher war und ich sehr hohe An- HANDWERK COESFELD sprüche an mich selber stelle“, erzählt sie. Bis zu ihrer Gesellenprüfung war es allerdings ein langer Weg, berichtet sie. „Nach der Schulzeit habe ich tatsäch- lich erst eine Ausbildung zur Bürokauffrau gemacht, aber das war nicht meine Richtung.“ Der Impuls für die Ausbildung zur Friseurin kam von meiner Mutter, die ebenfalls als Friseurin tätig ist. Im Sa- lon Bronstering habe sie sich sofort wohl gefühlt, „Hier ist ein tolles Team, ich kenne mittlerweile meine Kunden und mein Chef achtet sehr auf das Zwischenmenschli- che. Das gefällt mir sehr gut.“ Sarah Burmeister will auf jeden Fall im Salon weiter- arbeiten. Die Meisterprüfung hat sie allerdings auch SARAH BURMEISTER schon in Auge gefasst. „Durch den Landes- und den Siegerin im Leistungswettbewerb und Bundeswettbewerb habe ich die Möglichkeit gehabt, dritte im Bundeswettbewerb mich für ein Stipendium zu bewerben und damit wird der Meisterkurs finanziert. Aber erstmal möchte ich jetzt ohne Prüfungsdruck arbeiten.“ Über die Gratulation zu Ihren Erfolgen freut sich Sarah Burmeister sichtlich. Die jetzt fertig ausgebildete Fri- „Das Besondere an meinen Beruf ist, dass man sehr seurin arbeitet mit Leib und Seele als Friseurin im Salon wertgeschätzt wird. Man erschafft etwas mit seinen Bronstering in Holtwick. „Ich bin auf Umwegen zu meinem Händen, das man dann sogar noch essen kann und das Ausbilder Dieter Bronstering gekommen, aber hier gut schmeckt.“ stand ich am Ende der ersten Lehrjahres schon im „Ich wollte eigentlich schon immer Fleischer werden, Herrensalon und habe Haare geschnitten, weil ich das zwischen durch hatte ich versucht in den Holzbereich zu Wissen hier so schnell vermittelt bekommen habe“. „Mir gehen aber das war nichts für mich“, erzählt Tim Volle.“ macht das Arbeiten mit Farbe, Freihandtechniken, viel „An meinem Beruf gibt es nichts was, mir nicht gefällt Spaß ich schneide aber auch supergerne mal einen und ich kann es auch anderen empfehlen, diese Ausbil- schönen Bob. Was ich am Anfang nicht so gerne ge- dung zu machen, weil sie so vielseitig ist“. TIM VOLLE Sieger im Leistungswettbewerb In der Landfleischerei Feldkamp, Lüdinghausen hat Tim Volle seine Ausbildung zum Fleischer gemacht. Ausbilder Helmut Feldkamp kann stolz auf Tim sein, der nun als Geselle im Familienbetrieb Volle arbeitet.
Jedes Handwerk ein 20 „Traumberuf“ AUSBILDUNG Vielfältig und kreativ, traditionell und dennoch innovativ: Wie spannend das Handwerk in all seinen Facetten ist, bringt unsere Kampagne „ Traumberufe“ auf den Punkt. Wie kann man Jugendliche von einer Ausbildung im regelmäßigen Rhythmus ein Handwerksberuf in Radio Handwerk überzeugen, wie sie neugierig machen auf und Zeitung vorgestellt. Im Podcast kommen eine Stun- Handwerk: Diese Fragen standen im Mittelpunkt einer de lang Handwerksmeister und Auszubildende zu Wort Arbeitsgruppe zum Thema „Nachwuchswerbung im und erzählen, warum sie ihren Beruf gewählt haben und Handwerk“ in Coesfeld. ihn so lieben. In den Streiflichtern laufen die Geschich- ten in jeweils einer Sonderausgabe. Begleitet wird die Zusammen mit den Innungen der Kreishandwerker- Veröffentlichung jedes Gewerks in den Streiflichtern schaft Hellweg-Lippe haben unsere Innungen die Nach- durch die Kolumne der Obermeister „Drei gute Gründe“. wuchsaktion „Traumberufe“ organisiert. Seit Juni wird im Vielen Dank an alle, die diese Aktion so tatkräftig und auskunftsfreudig unterstützt haben. Sie haben dazu beigetragen, die Vielfalt unserer Gewerke ein bisschen mehr greif- und erlebbar zu machen. Weitere Informationen finden Ausführliche Berichte zu den Traumberufen inklusive aller Sie in unserer KH-App unter der Interviews finden Sie auf www.traumberufe-nrw.de Rubrik Traumberufe
1 2 21 HANDWERK COESFELD 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Ein Überblick über alle bereits veröffentlichten „Traumberufe“ 1 Sarah Burmeister aus dem Salon von Dieter Bronstering mag die Vielseitigkeit des Friseur-Berufes 2 Gestalten mit Farbe macht Lucas Wießenthaner, Azubi Maler und Lackierer bei Dieter Meiners in Billerbeck großen Spaß 3 SHK, Johannes Möllers „Am ganzen Prozess beteiligt“ 4 „Ein allumfassender Beruf mit Perspektive“, Land- und Baumaschinenmechatroniker, Anthony Limberg 5 Steinmetz und -bildhauer Azubi Michelle Schneider im Betrieb von Karl Heilkenbrinker, Coesfeld, arbeitet gern kreativ 6 Welche Technik steckt unter der Kühlerhaube, das inter- essiert Azubi KfZ-Mechatroniker René Treptow bei Autocenter Rietmann Leifkes in Coesfeld 7 Fleischer-Azubi und Meister mit nur 19 Jahren: Tim Volle in der Fleischerei Feldkamp, Lüdinghausen will das Ergebnis seiner Arbeit sehen können 8 „In unserem Produkt ist Leben drin“, Ausbildungsmeister Bastian Mey, Bäckerei Mey, Coesfeld 9 Ak- kurat arbeitet Tischler-Azubi Luis Böck bei Kuhmann Innenausbau in Dülmen 10 „Kein Tag wie jeder andere“, sagt Jannik Fleige, Elektroniker-Azubi bei Miltrup in Billerbeck 11 Ein „Gefühl von Freiheit auf dem Dach“, meint Jörg Wel- ling, stellvertretender Obermeister der Dachdecker
Schon mal vormerken: Die nächste CoeMBO findet am 14. November 2020 statt. EINE HALLE VOLLER HANDWERK Zum 9. Mal fand die Berufsorientierungsmesse CoeMBO in Coesfeld statt. Mit überwältigendem Erfolg: Über 3.800 Besucher zählten die mehr als 150 Aussteller. Von Dachdecker, Bäcker, Friseur, dagogischen Zentrum und ver- Organisator der Kreishandwerker- KfZ über Maurer, Maler und Metall- zeichnete jede Menge interessierter schaft. „Auch die Darstellung der bau bis hin zu Tischler, Steinmetz, Besucher an ihren Ständen. Unternehmen wird immer profes- Schornsteinfeger und Zimmerer – sioneller.“ das Handwerk im Westmünsterland „Die Aussteller sind von den guten zeigte sich geschlossen zur Berufs- Gesprächen mit den Besuchern be- orientierungsmesse CoeMBO im Pä- geistert“, freut sich Josef Fels, der
„Comedian und Friseur Dennis Grundt sorgte bei den Friseuren für Stimmung“ 23 Handwerk hautnah HANDWERK COESFELD Am Stand der Dachdecker zum Bei- Auch am Stand unserer Kreishand- Durch die vielen interessanten An- spiel konnten Besucher selbst Hand werkerschaft blieben viele Gäs- gebote haben beide lange und in- anlegen und eine Schiefertafel in te stehen, um dort per VR-Brille ein formative Gespräche mit Ausstel- Herzform bringen – nicht nur für die Autorennen zu fahren. lern geführt. „Wir haben uns dann vielen Jugendlichen eine Attrakti- einfach entschieden, noch länger on. Bei den Friseuren sorgte Dennis „Wir wollten eigentlich ins Kino und auf der CoeMBO zu bleiben, weil uns Grundt, Stand up-Comedian und vorher nur ganz kurz auf der Messe so viel geboten wird“, fährt Phil fort. selbst gelernter Friseur für die rich- vorbeischauen“, erzählt Adrian, der CoeMBO statt Kino – der Besuch tige Ansprache der Gäste. Friseur- auf der Suche nach einem Ausbil- habe sich definitiv gelohnt, meinen Obermeisterin Christin Flüchter dungsplatz ist. beide. zeigte eine kleine Kostprobe ihres handwerklichen Könnens. Bei der Tischlerei Wigger konnten „Wir zeigen Aktion hier bei uns am Stand und Gäste Mini-Magnete für die Pinnwand haben einen richtig guten Zulauf. So wird Hand- zu Hause fertigen. werk hautnah.“ Stefan Hericks, Dachdeckermeister und Obermeister der Dachdecker-Innung Unsere Leser sehen hier nur einen kleinen Ausschnitt der CoeMBO. In der Augmented Reality App sehen Sie ein paar mehr Eindrücke. Dazu scannen Sie einfach das Titelbild dieses Artikels in der App. Auch wir möchten an dieser Stelle allen herzlich Danke sagen, die dazu beigetragen haben, dass das Handwerk sich so gut präsentieren konnte. Die Bäcker-Innung vertreten durch die Geiping Bäckerei & Café, die Baugewerken-Innung durch die Bauunternehmung Steinberg, die Dachdecker durch den Dachdeckerbetrieb Stefan Hericks, die Innung Elektrotechnik durch die Firma Hörbelt. Die Landfleischerei Feldkamp für die Fleischer-Innung die Stellung, Haarmo- nie am Dom - Hairstyling by Isa Bussmann für die Friseure, Richter GmbH Lackierungen für die Maler und Lackierer, die Firma Heilkenbrinker für die Steinmetze und Steinbildhauer, Wigger Fenster + Fassaden GmbH für die Tischler, die Zimmerei Ueding für die Zimmerer. Krampe Kipper und Heimann Fahrzeugbau waren vor Ort für die Metall-In- nung, die Beresa für die Innung des Kraftfahrzeughandwerks, Raumausstatter Nienhaus für die Raumausstatter und die Innung für modeschaffende Handwerke, präsentiert haben sich auch die Innung für Land- und Baumaschinen- technik und die Schornsteinfeger. Wir hoffen auf eine Neu-Auflage mit Ihnen im nächsten Jahr?
NEUES AUS DER RECHTSPRECHUNG Arbeitszeiterfassung der Mitarbeiter: Neue Regeln für Arbeitgeber? Das große Thema Mitte des Jahres in allen Medien war das Urteil des Ge- richtshofs der Europäischen Union zur Erfassung der Arbeitszeit: Der EuGH entschied, dass die Mitgliedstaaten Arbeitgeber dazu verpflichten müs- sen, ein „objektives, verlässliches und zugängliches“ System zur täglichen Arbeitszeiterfassung der Mitarbeiter einzurichten. Eine solche generelle Aufzeichnungspflicht gibt es in Deutschland bisher (– außer für besondere Arbeitnehmergruppen, wie nach dem Mindestlohngesetz für geringfügig Beschäftigte, nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz sowie für die Ar- beitnehmerüberlassung –) nicht. Die Reaktionen auf diese Entscheidung waren deshalb erheblich, weil es das “Aus“ für die heutige, in den meisten Betrieben gelebte Vertrauensarbeitszeit bedeutet. Allerdings: Dieses Er- gebnis soll auch die Entscheidung des EuGH bezwecken. Nur auf diese Weise könne - so das Gericht - kontrolliert und durchgesetzt werden, dass die Arbeitszeitregeln eingehalten, Überstunden konkret erfasst und der be- zweckte Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer gewährleistet würde.
MÜSSEN ARBEITGEBER NUN HANDELN? Nein – bzw. richtiger: noch nicht. Höchstrichterliche Entscheidungen deut- scher Gerichte, die das nationale Arbeitszeitgesetz im Lichte dieser EuGH – Entscheidung auslegen, gibt es noch nicht. Auch ist das EuGH-Urteil noch nicht in ein deutsches Gesetz umgesetzt. Eine solche Umsetzung durch ein Gesetz scheint mit Blick auf die Rechtssicherheit erforderlich. Ob und wie der deutsche Gesetzgeber diese Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung für alle Arbeitnehmer künftig ausgestalten wird, ist noch nicht absehbar. Der EuGH hat hinsichtlich des Wie „den Mitgliedstaaten einen Spielraum zur konkreten Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassung eingeräumt und erlaubt, die Beson- derheiten des jeweiligen Tätigkeitsbereichs sowie der Unternehmensgröße zu berücksichtigen“. WIE KÖNNTE ALSO EINE SOLCHE ARBEITSZEITERFASSUNG IM WESENTLICHEN AUSSEHEN? Der EuGH verlangt dreierlei: Das vom Arbeitgeber einzurichtende Arbeitszeit- erfassungssystem muss objektiv, verlässlich und zudem zugänglich sein. WAS BEDEUTET DIES KONKRET? Arbeitnehmer müssen zum einen eine Einsichts- bzw. Kontrollmöglichkeit ha- ben. Zum anderen muss das System (im Rahmen des technisch Möglichen) fehlerunauffällig sein. Hierbei muss die tatsächlich geleistete Arbeitszeit in- haltlich zutreffend abgebildet sein, also nach der Zahl der geleisteten Arbeits- stunden, deren zeitliche Lage sowie die Dauer und Lage von Pausenzeiten. Ferner ist auch eine zeitliche Nähe zwischen der tatsächlich geleisteten Ar- beitszeit und ihrer Aufzeichnung erforderlich. Wie damit umzugehen ist, dass viele Handwerksbetriebe aufgrund ihrer oft- mals geringeren Betriebsgröße diese Aufzeichnung zunächst den Arbeitneh- mern überlassen und nur nachträglich überprüfen oder in ihre Unterlagen übertragen, bleibt abzuwarten. Soweit der Arbeitgeber nur die Pflicht zur bloßen Einrichtung eines Arbeitszeiterfassungssystems hat, bleibt wohl die Fortfüh- rung dieser Praxis möglich. Ihn würde ja gerade dann nicht die Pflicht zur tat- sächlichen Messung treffen. Anders verhält es sich bei der sogenannten Vertrauensarbeitszeit. Hier wer- den Arbeitszeitdaten eben nicht erfasst, jedenfalls nicht vom Arbeitgeber. Sobald der Arbeitnehmer hier doch die Gestaltung seiner tatsächlichen Ar- beitszeit (inkl. Überstunden) erfasst, entsteht ein hoher bürokratischer Auf- wand für den Arbeitgeber. Folge: Das Modell der Vertrauensarbeitszeit wäre inhaltsleer. FAZIT Wir müssen wachsam sein, ob und wie der deutsche Gesetzgeber auf das EuGH-Urteil reagiert. ALLERDINGS können die Betriebe sich bereits jetzt darauf einstellen, dass je nach Gestaltung des Arbeitszeitmodells in ihren Betrieben Änderungen in der Handhabung der Zeiterfassung – bis hin zur Einführung von neuen Zeiterfassungssystemen – erforderlich sein werden. KONTAKT: Rechtsabteilung der Kreishandwerkerschaft Coesfeld Özlem Reddig / Kathrin Lühl Tel.: 02541-94 56-25 E-Mail: reddig@kh-coesfeld.de / E-Mail: luehl@kh-coesfeld.de
Lä ch el n is t bi lli ge r al s el ek tr is ch er St ro m un d gi bt Denkmal für m eh r Li ch t Holtermann Die Stadt Lüdinghausen würdigt seinen 1. Ehrenbürger 26 und ehrenamtlichen Bürger- meister Josef Holtermann mit AKTUELLES einer Bronze-Büste. Holtermann war Kreishandwerksmeister von 1996 bis 2005. Eine „herausragende Persönlichkeit“ „Über-Bürgermeister“, „Ikone“, „Jahr- jemanden, den seine Erfahrungen bekam posthum eine besondere hundertpolitiker“ - mit diesen Titeln höchst sensibel gemacht hatten Würdigung: In einer Feierstunde bedachte sein Nachfolger im Bür- für gesellschaftliche Verwerfungen. wurde eine Bronze-Büste des Ehren- germeisteramt Richard Borgmann Die Liste seiner Ämter ist lang: Holter- bürgers der Stadt Josef Holter- den im Alter von 81 Jahren verstor- mann war Bürgermeister und Ehren- mann feierlich enthüllt. Die von der benen Holtermann in seiner Rede vor bürger von Lüdinghausen, Träger des Lüdinghausener Künstlerin Annette den zahlreichen Gästen der Feier- Bundesverdienstkreuzes der Bun- Wittkamp-Fröhling geschaffene stunde. desrepublik Deutschland. Holter- Büste zeigt Holtermann in jüngeren mann war Obermeister der Bäcker- Jahren als einen freundlichen und „Josef Holtermann war ein Mann Innung von 1996 bis 2003. Als Kreis- herzlichen Menschen. Holtermanns des Dialogs. Entscheidungsfreude handwerksmeister der Kreishand- Wahlspruch „Lächeln ist billiger als und Entscheidungsfähigkeit, Selbst- werkerschaft Coesfeld amtierte er elektrischer Strom und gibt mehr bewusstsein und innere Stärke von Januar 1993 bis August 2005. Er Licht“ bekommt so eine ganz neue machten für ihn den Dialog nicht engagierte sich als Lehrlingswart Deutung. überflüssig, sondern setzten ihn für und im Ausschuss für Lehrlingsstrei- sich voraus“, beschrieb Borgmann tigkeiten, im Gesellenprüfungsaus- weiter. Er habe ihn kennen gelernt schuss und im Prüfungsausschuss als einen Politiker, der über das po- für Verkäuferinnen. litische Geschäft hinausdachte und Josef Kersting moderierte die Feierstunde zur Enthüllung der Holtermann-Büste, die vor der Stadtbücherei aufgestellt wurde. Bürgermeister Richard Borgmann fand die passenden Worte für das Wirken seines Amtsvorgängers. Das Konterfei des ehemaligen Stadtoberhauptes hat die Künstlerin Annette Wittkamp-Fröhling geschaffen
„Die Betriebe sollten sich öffnen“ Rolf Heiber, Geschäftsführer Operativ der Agentur für Arbeit Coesfeld, über Qualifizierung als Fachkräftestrategie, Personalentwicklung im Handwerk und individuelle Lösungen 27 HANDWERK COESFELD HERR HEIBER, MIT WELCHEN FRAGEN während der Beschäftigung, um die WIE SCHAFFEN SIE ES, DIE BETRIEBE WENDEN SICH HANDWERKSBETRIEBE Leute auf Fachkräfteniveau zu brin- ZU MOTIVIEREN, NICHT NUR DIE DUALE AN DEN ARBEITGEBERSERVICE DER gen. Wir haben zum Teil bis zu 20 Pro- AUSBILDUNG ALS FACHKRÄFTE- AGENTUR FÜR ARBEIT? zent ungelernte Kräfte in den Betrie- STRATEGIE ZU SEHEN? Bei den Betrieben steht in aller Regel ben im Kreis Coesfeld. Hier steckt ein Wir bieten zum Beispiel Demografie- zunächst im Vordergrund, Stellen für enormes Potenzial. analysen an, so dass die Unterneh- Fachkräfte oder Ausbildungsplätze men sehen können: Wie sind unsere zu besetzen. Die Auftragslage im WIE KÖNNEN BETRIEBE VORGEHEN, Personalstrukturen? Welche Leis- Handwerk ist gut, Nachwuchs zu re- UM DIESES POTENZIAL BESSER ZU ENT- tungsträger gehen in den nächsten krutieren und Fachkräfte zu gewin- WICKELN? Jahren von Bord? Sichtbar wird hier nen, sind aktuell die größten Heraus- Sie sollten genau schauen, wo Men- immer: Allein mit Auszubildenden forderungen. Hier unterstützen wir schen motiviert und in der Lage sind, werden wir den Fachkräftebedarf auch heute schon sehr gerne. Den sich fachlich weiterzuentwickeln. angesichts des demografischen Unternehmen und uns ist dabei aber Dann sollten wir ins Gespräch kom- Wandels nicht auffangen können. sehr bewusst, dass in vielen Bereichen men und nach guten Wegen suchen, Um hier neue Wege zu gehen, muss die kurzfristige Vermittlung vor dem die dem Unternehmen und den Be- man sich auch als Unternehmen öff- Hintergrund des bestehenden Fach- schäftigten entgegenkommen. Sie nen. kräftemangels nicht immer möglich müssen auf diese Kräfte während ist. Da heißt es über Alternativen ge- einer Qualifizierung nicht verzichten, WARUM SIND ALL DIESE ANGEBOTE zielt gemeinsam nachzudenken und das ist oftmals eine Sorge der Arbeit- NOCH NICHT WIRKLICH IN DER BREITE nach mittelfristigen Lösungen und geber. Es gibt zahlreiche flexible ANGEKOMMEN UND IN DEN BETRIEBEN Wegen zu schauen. Möglichkeiten und individuelle Lösun- VERANKERT? gen, so dass die Leute, wie bei einer In vielen kleineren Betrieben, tritt die WELCHE WEGE MEINEN SIE? dualen Ausbildung, weiter im Betrieb strategische Personalentwicklung im Zur Fachkräftegewinnung steht die arbeiten. Neben dem Durchlaufen Tagesgeschäft leider des Öfteren in duale Ausbildung natürlich im Mittel- der Qualifizierung ein einem Stück den Hintergrund. Wir werben hier in- punkt; dies unterstützen wir im Wege ist zum Beispiel die Möglichkeit der tensiv, den Blick zu weiten. Wir haben von ausbildungsvorbereitenden, vor Teilqualifizierung interessant, bei die gesetzlichen Instrumente, um allem aber auch mit ausbildungsbe- der die Inhalte einer Ausbildung dies zu begleiten und die finanziellen gleitenden Unterstützungen, um den über einen längeren Zeitraum in Mittel, um die Betriebe zu unterstüt- Erfolg der Ausbildung sicherzustellen. Module gesplittet werden. Die theo- zen. Das ist nicht „Qualifizierung von Wir machen konkrete Angebote an retische Qualifizierung kann dann der Stange“, sondern das sind indivi- Unternehmen, den Blick zu weiten gegebenenfalls auch in auftrags- duelle Lösungen, die wir gemeinsam und neben der dualen Ausbildung ärmeren Zeiten durchgeführt wer- mit den Betrieben ermitteln. Arbeit- weitere Säulen zur Fachkräftegewin- den. Manchmal sind auch die Be- geberservice unterstützt dabei im nung zu nutzen, dies vor allem dann, schäftigten selbst unsicher, ob sie Detail. wenn Ausbildungsplätze nicht auf eine Qualifizierung bewältigen kön- dem „klassischen Weg“ zu besetzten nen. Auch hier können wir im Vorfeld INFO: sind. So gibt es in vielen Unternehmen unterstützen. Bei Freistellung für eine Der Arbeitgeberservice der Agentur un- oder angelernte Kräfte, die im solche Qualifizierung stellt sich auch für Arbeit Coesfeld ist über die zent- Sinne bester Personalentwicklung die Frage, ob neue angelernte Ar- rale Service Nummer 0800-4-555520 weiterentwickelt werden können. beitnehmer für die dann freie Stelle (gebührenfrei) erreichbar. Die brau- Möglich sind dafür betriebliche Einzel- gefunden werden können, ggf. auch chen Sie allerdings nur für die erste umschulungen oder Qualifizierungen mit erforderlicher Vorqualifizierung. Kontaktaufnahme.
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