Geladen Thema: HILF DIR SELBST
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HILF DIR SELBST Magazin der Schweriner Selbsthilfe Ausgabe 1 | 21. Jahrgang | März bis Juni 2023 Thema: Geladen
Editorial Liebe Leserin, lieber Leser, vielleicht fragen Sie sich auch: Wie, geladen? Ein-, aus-, auf-, ab-, durch-… geladen ist ein Chamäleon. Aber keine Bange, wir schießen nicht. Hier geht es eher um Energie-geladen sein und dabei die Balance zu halten, sie so rauszu- lassen, dass nichts explodiert und da- bei kaputt geht. Ist es nur eine Frage Foto: Birgitt Hamm der Sichtweise oder kann man daran arbeiten? Koordination und Öffentlichkeitsar- Chronische Erkrankungen können wü- beit sowie Finanzen und Buchhaltung, Inhalt tend machen, aber man kann sich ent- kann den Frühjahrsputz bzw. das Ent- scheiden, ob man entspannt oder ge- rümpeln und anschließende Umge- Titelbild Vanessa Polichtchouk��� 1 laden durchs Leben geht. Ein anderer stalten gar nicht erwarten. Editorial Sabine Klemm�������� 2 Artikel befasst sich mit Ärger, der auf Später sollen dann neue Außen- Gastkolumne Anna Karsten����� 3 einen Abgrund zwischen Wirklichkeit schilder, Möbel für Gruppenräume, Umfrage Wie laden Sie sich auf?�� 4 und Möglichkeit verweist und zu Ge- Aufsteller für Infomaterial und die wei- Thema Zweimal geladen������� 6 laden-Sein führen kann. Das Gegenteil tere Gestaltung für einen angeneh- Selbsthilfe Auf dem Weg zu mir��� 7 wäre, sich (wieder) aufzuladen. Auch men, barrierearmen Aufenthalt in der Thema Die Sache mit dem Ärger�� 8 dazu gibt es Tipps und Erfahrungsbe- KISS dazukommen. Im Herbst werden Selbsthilfe richte vom Ayurveda-Campus über wir die neue KISS bei einem Tag der Viele Gründe, geladen zu sein������ 9 eine CD-Produktion bis hin zum Pilger- Offenen Tür präsentieren. Thema kloster Tempzin als Kraftort. Wir erfah- Für die Gestaltung unseres Selbsthil- Einladung zum Kaffeekränzchen�� 10 ren, was es mit einer BodyBattery auf fefests am 3. Juni können sich Selbst- Thema Aufladen durch Entladen������ 11 sich hat und dass das tatsächlich kei- hilfegruppen und Unterstützer*innen Thema ne Spielerei ist, sondern ganz neben- schon jetzt mit ihren Ideen melden. Hab‘ meinen Wagen vollgeladen��� 12 bei dabei hilft, fit zu bleiben. Aus der Ab der Juniausgabe übernimmt Anna Thema Physik wissen wir, Geladen-sein ent- Karsten die Redaktion des KISS-Maga- Mit neuen Ideen ins neue Jahr��� 13 steht aus gegensätzlichen Spannun- zins. Schweren Herzens müssen wir Senioren gen. Und wie lebt es sich ohne Strom? uns von Birgitt Hamm verabschieden. Einladung an Aktive��������� 14 Der schon bekannte Autor Hartmut Und nun sind Sie herzlich eingeladen, Thema Ein Ort der Einkehr����� 15 Haker beantwortet die drei Fragen zur die mit viel Energie geladenen Beiträ- Thema Alltagsärger?��������� 16 Selbsthilfe, unsere Vorstandsvorsit- ge aus der Selbsthilfe zu lesen. Es wird Thema zende Regina Winkler und die Psycho- Frühling und die Säfte quellen, neue Energie durch Löffel sammeln��� 17 therapeutin Andrea Bülau eröffnen Kraft fließt in der Natur und durch un- Selbsthilfe unsere neue Rubrik „Ich unterstütze sere Adern. Die brauchen wir auch für Warum Selbsthilfe unterstützt wird 18 Selbsthilfe, weil…“ und es gibt span- all unsere Vorhaben. Interview Drei Fragen an Hartmut Haker��� 19 nende Termine und Veranstaltungen. Service KISS aktuell ��������� 20 Die Selbsthilfegruppen treffen sich Nicht zu toppen in schöner Regelmäßigkeit und neue Post von Kirsten������������ 22 Gruppen werden gegründet. Die ers- So gesehen ten Bewilligungen zur Finanzierung Weniger Sprüche����������� 23 unserer Arbeit sind da, ebenso die Er- Impressum��������������� 24 höhung mancher Kosten. Wir werden Viel Energie in diesem neuen Frühling zusätzliche Anträge stellen müssen. wünscht Ihnen Die nächste Zeitschrift erscheint Dieses Jahr steht unter dem Zeichen Anfang Juni 2023 zum Thema „Abschied“. der Inventur und der Veränderungen in der KISS. Sylvia Hannemann, unse- re neue Mitarbeiterin für Verwaltung, 2
Gastkolumne „Es ist mir eine Ehre!“ Wenn eine Einladung der KISS Schwerin angenommen wird „Geladen“, so lautet das Titelthema dieser aktuellen Ausgabe des KISS-Magazins „Hilf Dir selbst“, die wieder einmal interessanten Lesestoff verspricht. Ich habe nun schon einige Ausgaben des Magazins gelesen und immer wieder ist es gerade das Titelthema, das so besonders ist. Es ist ganz offensichtlich sorgfältig überlegt worden, macht neugierig und eröffnet eine Fülle von Optionen für eine Beschäftigung mit dem gewählten Thema! Liebe Leserinnen und Leser, Ich engagiere mich auf Lan- ich darf Ihnen versprechen: des- und auf Bundesebene in Daran wird sich auch in Zu- meinem Berufsverband, dem kunft nichts ändern! Ich kann Deutschen Journalistenver- Ihnen das mit solcher Be- band. Wie überall, wo Men- stimmtheit versichern, weil schen miteinander arbeiten, auch ich einen Bezug zum ak- ist auch hier immer wieder tuellen Titelthema habe: Ich festzustellen, wie wichtig es wurde eingeladen, diesen Bei- ist zuzuhören, aufeinander trag zu schreiben und ich wur- zuzugehen, miteinander zu de eingeladen, zukünftig als sprechen, für andere da zu Chefredakteurin an diesem sein und vertrauensvoll mitei- wunderbaren Magazin mit- nander umzugehen. zuwirken. Das hat mich un- glaublich gefreut, ich habe In diesem Sinne freue ich mich dankend angenommen: „Es ist sehr auf die Zusammenarbeit mir eine Ehre“! mit einem tollen Redaktions- team und der unermüdlich Vielleicht interessiert Sie, wer engagierten Geschäftsführe- Anna Karsten ist? rin Sabine Klemm. Ich hoffe, ich kann ihr eine gute Nach- Ich bin freiberuflich tätige Jour- folgerin meiner lieben Kol- nalistin und unterstütze Un- legin Birgitt Hamm sein, die ternehmen bei Fragen der Anna Karsten Foto: Christian Schmidtke ihre Kompetenz und ihre Er- Externen und Internen Unter- fahrung bis zu dieser Ausga- nehmenskommunikation. In be in das Gelingen des KISS- diesem Sinne bin ich zum Beispiel be- – Mensch macht Geschichte“ lautet die Magazins eingebracht hat. Ich bin auftragt mit der Öffentlichkeits- und Überschrift meiner Webseiten www. sehr glücklich darüber, dass sie ver- Pressearbeit eines Trägers sozialer Ein- anna-karsten.de und darum geht es sprochen hat, den Gastbeitrag in der richtungen und dem Erstellen von mir: Einerseits Wesentliches und Fak- nächsten Ausgabe zu übernehmen Fachbeiträgen für ein Ingenieurbüro ten nicht zu verwässern, sondern auf und der Redaktion treu zu bleiben. der Umwelttechnik. Darüber hinaus den Punkt zu bringen. Anderseits nicht Wir dürfen uns also auf den einen bin ich verantwortlich für Pressemit- zu vergessen, dass es immer um Men- oder anderen Beitrag von ihr freuen! teilungen, Krisen-PR oder Inhalte für schen geht, und jeder Mensch erzählt Webseiten. „Auf den Punkt gebracht seine eigene Geschichte. Anna Karsten 3
Umfrage d e n S ie Ih re Batterie auf?“ o la n n s in d S ie geladen?“, „W „W a a u fg eladen?“ – n d „ W a s h a b en S ie s ic h S c h w e ri n b e gegneten. u in g te n w ir M e n schen, die uns das fra Anne und Anja Anne: Ich treibe Sport, um mich zu entladen. Oder ich mache einen Spaziergang mit dem Hund, um mich wieder aufzula- den. Meine Familie und vor allem mein kleiner Sohn geben mir Kraft. Anja: Ich reg mich einfach nicht mehr auf. Also bin ich nicht negativ aufgeladen und brauche mich nicht zu entladen. Ich versuche meine Grundruhe zu halten und im Moment zu le- ben, bin achtsam. Meine innere Haltung ist: „Es ist, wie es ist.“ Lara Ich bin manchmal innerlich richtig geladen. Zum Beispiel wenn ich Stress zu Hause habe, mit den Eltern. Oder mit Freun- den, weil die nicht zuhören. Dann ziehe ich mich in mein Zim- mer zurück und nehme mein Handy. Das beruhigt. Niklas Wenn wütend bin, wenn ich Stress habe, das geht gar nicht! Dann brauche ich den Sport, um mich zu entladen und wie- der positiv aufzuladen. Ich treibe Kraftsport im Fitness-Stu- dio oder boxe, damit alles aus mir raus kann. Ja, manchmal schreie ich dabei auch rum. Hanna Ich bin voller neuer Energie, wenn ich mit meinem Hund in den Wald gehe. Von der Schule komme ich manchmal sehr ne- gativ geladen nach Hause. Weil die Lehrer krank sind und ich nicht weiterkomme. Und das in der Prüfungszeit! Das macht mir Stress. Da schreie ich im Wald schon mal die Bäume an. Sabine und Peter Sabine: Ich bin beim Spazierengehen im Wald auf Glatteis ausgerutscht und habe mir das Handgelenk, Elle und Speiche gebrochen. Das hab‘ ich mir aufgeladen und muss damit fer- tig werden. Aber ich versuche trotzdem die schönen Dinge zu genießen. Zum Beispiel den Spaziergang am Pfaffenteich bei Sonnenschein. Ehemann Peter schmunzelt: Am besten lade ich mich bei meiner Frau auf. Wir treiben Sport, gehen tanzen oder schwimmen. Steffen und Karsten Steffen: Ich fahre jeden Sonntag in die Sauna nach Rostock oder Warnemünde und schwitze alles aus - mit Blick auf die Ostsee. Die unbegrenzte Weite tut mir gut. Ich kann mich dort aufladen und meinen Ärger über manche Mitarbeiter vergessen. Karsten: Ich liebe es in der Natur zu spazieren. Regelmäßig drehe ich Runden um den Pfaffenteich. Das tut mir gut. 4
Umfrage Franziska Richtig geladen bin ich von der Ignoranz der Leute, die die Enten mit Brot füttern, obwohl die Tiere davon sterben können. Früher stand hier am Pfaffenteich ein Schild: „Enten füttern verboten“. Auch über den Müll ärgere ich mich, der einfach überall liegen gelassen wird. Oft gehe ich Müll sammeln mit meinem Kind. Viele Menschen haben kein Umweltbewusstsein. Alexandra Ich lade mich bei Spaziergängen auf, im Schlossgarten oder am Pfaffenteich. Ich liebe die Vögel – und sie mich auch, wie man sieht. Heike Ich bin sehr geladen, sehr wütend auf meine ganze Lebenssituati- on. Die steigenden Preise, der Krieg, die Flüchtlinge… Ich habe eine Krebserkrankung, es gibt zu wenig Therapien für depressive Men- schen. Nirgendwo kann ich meine Seele baumeln lassen. Ich bin ge- rade sehr aggressiv. Alexander mit Oma Ingrid Für mich ist wichtig, dass mein Handy immer aufgeladen ist. Ich studiere und habe die erste Prüfung hinter mir. Im Moment bin ich bei meiner Oma eingeladen, um mich zu entspannen und aufzuladen, Kraft zu tanken für die nächsten Prüfungen. Sabine mit Mutter Helga Ich arbeite in der Gastronomie in der Nähe von Ham- burg und stelle fest, dass viele Gäste heutzutage sehr un- entspannt und unhöflich sind. Sie kennen kein „Guten Morgen“, oder „Bitte“ und „Danke“, sondern meckern nur. Da- rüber ärgere ich mich und bin manchmal ganz schön gela- den. Ich selbst versuche, ihnen trotzdem freundlich zu begeg- nen, was nicht immer leicht ist. Wenn ich mal eingeladen bin, genieße ich es sehr. So wie auch unseren Besuch in Schwerin. Julie mit Lola Geladen, also wütend, war ich noch nie. Habe auch gar keinen Grund dazu. Mit geht es ja gut. Aber manchmal, wenn es draußen dunkel, kalt oder nass ist, genieße ich sehr, wenn Frauchen mich einmal extra kuschelt. Und wenn dann noch meine Tochter Lola zu Besuch kommt, geht bei mir die Sonne auf. Fotos: Birgitt Hamm 5
Thema „Versuch’s doch mal mit…“ Platte Phrasen? – Nein, danke. Schmerzen, finanzielle Sorgen oder Schwere aus. Ein milder Verlauf, der die es besonders in den ersten Jahren der generelle Einschränkungen im All- Person nicht an Arbeit oder Sozialleben Erkrankung wichtig, unüberlegte Aus- tag- Betroffene chronischer Erkran- hindert, ist weniger fatal in der Lebens- sagen nicht persönlich zu nehmen. Im- kungen oder Behinderung sehen sich einschränkung als ein gesundheitlicher merhin haben nur wenige Menschen oft mit vielen Belastungen konfron- Zustand, der dies gar nicht mehr zulässt. Bezug zu spezifischen oder gar seltenen tiert. Dazu gehören auch Reaktionen Besonders in emotional aufgewühlten Erkrankungen. von Unverständnis oder Vorurteilen Phasen kann es für Betroffene verlet- Angehörige oder Bekannte soll- im sozialen Umfeld, die keine Selten- zend sein, da die Erkrankung mit ihren ten sich daher nicht aus Angst vor den heit sind. Dabei bildet sich recht zü- Folgen heruntergespielt wird. Fettnäpfchen vor Gesprächen scheu- gig ein nie endendes Repertoire an „Versuche es doch mal mit …“ en, da auch das völlig normal ist. Wich- Aussagen oder Sprüchen - sei dies von Kollegen, medizinischem Perso- nal oder der Familie. Folgend ein klei- ner Auszug der All-time-Klassiker: ,,Du bist doch zu jung, „Du siehst ja gar nicht krank aus!“ oder um krank zu sein.“ ,,Du bist doch zu jung, um krank zu sein.“ Eine Vielzahl chronischen Erkran- Das sind sicherlich gut gemeinte tig ist es aber, Betroffene nicht aus Un- kungen sind nach außen nicht sicht- Ratschläge, doch sehr oft unseriös oder verständnis zu verurteilen und ständig bar, doch ändert es nichts daran, dass herablassend. Bedrängen sollte man unter Druck zu setzten, sondern die Betroffene tagtäglich unter starken in- Menschen mit seinen Überzeugungen Menschen in ihrem Zustand so anzu- neren Schmerzen, z.B. durch Entzün- ebenfalls nicht. Viele Personen mit Er- nehmen, wie sie sind. Vanessa dungen in den Gelenken oder starker krankung nehmen Medikamente, um Schwäche, leiden. Und auch schützt das Symptome zu lindern und haben sich Alter vor vielen Erkrankungen nicht. Di- dazu beraten lassen. Dazu sollten glei- abetes oder Rheuma beispielsweise ist chermaßen keine schnellen Vorwürfe keine Problemstellung, die ausschließ- laut werden, warum diese nicht einfach lich alte Menschen anbelangt. abgesetzt würden. „Mein Bekannter ist auch krank…“ „Mein Bekannter ist auch krank, aber er Obgleich nett gemeint oder schlicht stellt sich nicht so an.“ oder „Ich weiß ge- unüberlegt, sind diese Sprüche unan- nau, wie du dich fühlst. Einmal…“ gebracht und können in großer Häufig- Langfristige und schwerwiegen- keit zur weiteren Isolierung Betroffener de Krankheiten lassen sich nur sehr beitragen. Natürlich sind unangemes- schwach mit den Erfahrungen einer sene Aussagen nicht das gravierends- durchschnittlichen, gesunden Person te Problem im Alltag einer erkrankten vergleichen, daher sollte man Situati- Person, doch haben Menschen mit Ein- onen wie etwa seinen verstauten Knö- schränkungen nur begrenzte Möglich- chel vor vier Jahren nicht mit lang- keiten der gesellschaftlichen Teilhabe wierigen Schmerzerkrankungen oder und werden oft nicht ernst genommen. Behinderungen gleichsetzen. Und auch Phrasen wie diese stigmatisieren, kön- ähnliche Krankheiten prägen sich ganz nen Betroffene beschämen und weisen Du bist doch zu klein, um eine Insel zu sein. individuell auf unterschiedliche Art und sie, oft ungewollt, ab. Als Betroffener ist Foto: Birgitt Hamm 6
Selbsthilfe Auf dem Weg zu mir Mit Ayurveda habe ich mein Leben auf den Kopf gestellt wollte aus dem Hams- 63 Jahre alt und befinde mich im Über- terrad und rein in eine gang zur Altersrente. Und ich habe mir bewusste wohltuen- in der Zeit, die mir die Erschöpfung de Lebensqualität. In schenkte, mein neues Lebenskonzept aller Konsequenz hieß 60+ entwickelt; habe mir Ankerplätze das für mich, nicht nur und Struktur geschaffen, auch die Un- Der Ayurveda-Campus im einstigen Schweriner Standesamt kleine Schritte zu ge- terstützung von Schulmedizin genutzt. Foto: Iris Hesse hen, sondern einen Und ich habe zu mir zurückgefunden, Salto Mortale zu ma- viele neue Ideen und Lebenslust. Ich Im Juni 2018 hatte ich in dem Reise- chen. Mein altes Umfeld zu verlassen, freue mich auf das, was noch kommt, büro „NEUE WEGE“ eine Pancha Kar- um die Chance für einen Neubeginn zu was mich erwartet oder was ich mir ma Kur gebucht. Nach meiner Ayur- haben. Eingeleitet habe ich diese Phase selbst erschaffen werde. veda-Kur im südindischen Kerala, des Umbruchs mit einem Tandem-Fall- Der Geist des Ayurveda-Campus‘, nach dieser Selbsterfahrung war ich schirmsprung, der symbolisch für mich Bastians Vision sind ein wichtiger Be- fest entschlossen, Dinge in meinem für tiefes Vertrauen in mich selbst und standteil in meinem Leben geworden. Leben zu ändern. Dranzubleiben an das Leben steht. Dafür bin ich sehr dankbar. Das freud- einer Ernährungsumstellung und Meine Arbeit als Heilpädagogin volle Lernen in Gemeinschaft, die Ver- konsequent und bewusst gesund zu und Erzieherin, die Arbeit mit Kindern, bundenheit der Teilnehmer, die vielen leben. hatte mir Spaß gemacht, aber mein in- neuen Erkenntnisse waren und sind für nerer Drang zum Perfektionismus und mich wegweisend. Der Campus ist für Ich suchte im Internet nach Anbietern die Rahmenbedingungen führten mich mich zum belove place (Lieblingsplatz) für Ausbildungen, um gleichgesinn- in eine Erschöpfung. Ich spürte, es ist geworden, der mir Kraft gibt und mich te Menschen zu treffen und eine neue Zeit, die Notbremse zu ziehen. Es war immer wieder neu inspiriert. Und ich Sichtweise auf mein Leben zu erlangen wie eine Sucht, eine Sehnsucht nach habe Pläne, wie ich mich selbst noch bzw. mein neu geborenes Bewusst- etwas, was ich vermisste. Also traf ich mehr einbringen kann mit Vorträgen, sein zu stärken. Ich fand den Ayurveda- die Entscheidung, nach Schwerin um- workshops und Seminaren zum Thema Campus in Schwerin und fühlte mich zuziehen, um auch nach der Ausbil- Ayurveda-Pädagogik. magisch angezogen. Kurz entschlossen dung dem Ayurveda-Campus nahe zu Ich habe längst begriffen, dass die buchte ich die Ausbildung zur Gesund- sein. Mein Traum war es, im Campus zu lange Pause für mich dringend notwen- heitsberaterin. Wie gebannt saugte ich arbeiten. Ich setzte diesen Entschluss dig war, um zu verarbeiten und auch zu die Informationen und Eindrücke auf. kurzentschlossen um und war da. Da gesunden. Nämlich in einem neuen Be- Ein inneres Feuer war entzündet. Mein in Schwerin, der Stadt, die heute meine wusstsein und mit viel Achtsamkeit zu Herzensfeuer und meine Neugier auf geliebte neue Wahlheimat ist. leben und besser mit den Stolperstei- mehr. Doch zu meiner Überraschung wur- nen des Lebens umgehen zu können. Also besuchte ich weitere Seminare. de ich nach meinem Ausstieg aus alten Meine Hochsensibilität habe ich als Ich machte mich nach meiner Arbeit in Gewohnheiten krank. Sehr krank. Ein Gabe angenommen und wertschätze der Kita in Thüringen auf den Weg nach chronisches Erschöpfungssyndrom mit sie als wichtigstes Potential. Schwerin in den Campus. An Wochen- bunten Gesichtern. Mein Körper for- Ja, ich sehe mein Leben als eine Rei- enden und im Urlaub, denn das, was derte Ruhe ein. Burnout, Depression, se und bin neugierig, wo diese noch ich im Campus lernte über den Ayur- Zwangspause. Die Zwangspause dau- hingehen wird. Wenn Vata, Pitta und veda, gab mir viele Antworten auf Fra- ert nun schon drei Jahre. Ich habe mich Kapha gut miteinander harmonieren, gen, die ich in mir trug. Es war wie ein langsam und Stück für Stück erholt. dann sind das beste Voraussetzungen Erwachen und Staunen. Und ich wur- Und mein Traum, im Campus zu arbei- für ein freudvolles Älter werden. de aufgeladen mit Energie, die mir die ten, hat sich erfüllt. Anders als ich dach- Also auf geht´s – Aufgeladen und Kraft gab, in den Alltag zurückzukeh- te, aber genau richtig für meine jetzige voller Hoffnung! Iris Hesse ren. Ich fühlte und wusste, dass ich raus Lebenssituation. Denn ich bin jetzt fast 7
Thema Die Sache mit dem Ärger Oder: Ein Blick auf seine Berechtigung Was für ein enormes Energiepotenti- Sogwirkung auf Ihren Willen, und er al in einem einzigen Wort! GELADEN. kann nicht anders als folgen. Ziehen Eine erste Assoziation trägt mich sofort beide nicht an einem Strang, bleibt der zu vielen Momenten, die mein Tempe- gewünschte Erfolg auf der Strecke. Das rament an bedrohliche Grenzen getrie- heißt dann auch, möchte ich nicht im- ben hat. Das Wort Wut steht vor mei- mer und immer wieder, dass mein Är- nem inneren Auge. Immer, wenn ich ger in mir eskaliert, muss ich mich mit mit all meinem gesammelten Wissen mir im Zwiegespräch über seine Hart- und Erfahrung gegen eine imaginäre näckigkeit, mich im Griff zu halten, Mauer zu laufen drohe. Just in diesem auseinandersetzen. Moment, als ich dies formuliere, kommt Die Vorstellung, dass mein Ärger ein Post auf mein Handy. Mit ihm kom- mich positiv reifen lassen kann, gefällt me ich unverzüglich in einen positiven mir dabei besonders. Ich möchte kein Drive, in den ich auch überleiten wollte. Abo auf regelmäßigem Ärger. Doch Nicht lamentieren über anschwellen- kreuzt er manchmal unverhofft meinen de Wut und vermeintliche Ohnmacht. Weg, möchte ich ihm die Macht neh- Denn in diesem Strudel wird mein Blut- men, mich allzu sehr aus dem Gleichge- druck auf ungesunde Weise in die Höhe wicht zu bringen. Beim Recherchieren gepeitscht, und vor meinem inne- erfahre ich, dass Ärger eine Mechanik ren Auge weht mehr und mehr ein ro- hat. Er hat seine Daseinsberechtigung! tes Tuch. Angesammeltes körperliches Er verweist auf einen Abgrund zwi- Weh klopft an die Schmerzpforte. Mit schen Wirklichkeit und Möglichkeit. Ein 60 sollte ich es doch langsam besser Vergleich realer Verhältnisse mit idea- wissen. Genug Wissen habe ich dazu Für unsere Autorin ist Ärger auch Auslöser von len Vorstellungen fällt frustrierend aus. wahrlich angesammelt. Wut ist mega Kreativität. Die Empfindlichkeit meiner Person ent- selten geworden, doch immer mal wie- scheidet, ob mein Ärger mir sprichwört- der schafft es jemand, Ärger in mir aus- geschickt wurde. Das waren Begegnun- lich Luft macht oder ob er mich erdet. zulösen. Ich erinnere mich an einen Vor- gen, wo ich glaubte, mein Gegenüber Ich lerne, dass meine Grundhaltung zu trag von Vera Birkenbiehl. In dem zitiert schon gut zu kennen und im Laufe der meinem Ärger ausschlaggebend ist, wie sie Elisabeth Kübler-Ross. Diese meint: Zeit meinen Frieden mit dessen mich ich mit ihm leben und arbeiten kann. Wenn man sich mehr als 15 Sekunden triggernden negativen Eigenschaften Persönlich halte ich eine affirmative über jemanden ärgert, sind es die eige- gemacht zu haben. Doch wie vieles im Haltung für die beste. Damit ist er kein nen unerledigten Geschäfte. Da hat je- Leben ist auch der Umgang mit dem Är- Instrument für mich, sondern ich erken- mand die Macht, in mir Ärger auszulö- ger ein immerwährender Prozess. Rich- ne ihn von Grund auf in seinem eigenen sen. Wie lange ich mich aber darüber tig mit ihm umgehen zu können, führt Recht an. Kann mein Ärger auf seine An- aufrege, entscheide ich ganz allein. zu einem stärkeren Selbst und klärt da- erkennung bauen, muss er sich nicht Und da ist wahrlich Wahrheit im bei auch Dinge für mich. mehr gegen seine Abweisung zur Wehr Text. Denn nehme ich dem anderen die Vielleicht haben Sie, liebe Leser*in- setzen. Also, lieber Ärger, Du wirst eh Macht, schmilzt mein Ärger wie Schnee nen, auch schon die Erfahrung ge- immer wieder kommen, doch mit dieser in der Sonne. Das ist jetzt natürlich eine macht, dass der Wille, etwas nicht mehr Erkenntnis können wir beide wohl heiter sehr oberflächlich betrachtete Erkennt- zu wollen, allein nicht ausreichte. Das bis zu deiner Wiederkehr leben. Ich gebe nis, welche aber in ihrer Kernaussage liegt dann daran, dass dem Willen die Dir Raum, denn Du bist ja kein harmlo- unumstößlich ist. Tatsächlich erinne- Vorstellungskraft vorausgeht. Ist die- ser Affekt, und ich übe mich weiter in re ich mich just an Begegnungen mit se kleiner als Ihr Wille, scheitert der Bes- der Kunst, mit Dir richtig umzugehen. viel Potenzial an Ärger, der, kaum war serungswunsch. Ist die Vorstellungs- Mal mit Worten und mal mit dem Pinsel. er im Anflug, von mir wieder ins Nirvana kraft genügend groß, dann hat sie eine Evelyn Eichbaum 8
Selbsthilfe Geladen ist man oft – als Kranker und Angehöriger Was Huntington so besonders macht Die Huntington-Krankheit ist eine nicht mehr ging. Den ganzen Tag zu Worten, beim Autofahren und mit erbliche, neurodegenerative Er- Hause und nichts schaffen, dazu drei dem Hören von überlauter Musik. krankung des Gehirns, die auf ei- Kinder, die irgendwann aus Schu- Als ich das bei einem Arztbesuch er- nem Gendefekt beruht und bei den le und Kita nach Hause kamen und zählte, fragte der Arzt meinen Sohn, Betroffenen zu motorischen, psy- durchaus für Unruhe sorgten - es ging ob er das steuern könnte. Seine Ant- chiatrischen und Verhaltensstörun- oft heftig zur Sache. Manchmal stör- wort: „Hinterher weiß ich ja, dass ich gen führt. Nicht bei jedem Erkrank- te die Fliege an der Wand. Aber auch Sch... gebaut habe, aber in dem Mo- ten sind alle Störungen gleich stark keine Fliege an der Wand hat gestört. ment kann ich das nicht steuern.“ Wir ausgeprägt, aber Wut, Frust und In solchen Momenten gab es kein Ar- haben das dann mit Medikamenten Aggressionen sind häufig dabei. gument, das ihn beruhigt hätte. Und ganz gut in den Griff bekommen. Was Manche Erkrankte sind allerdings auch Strategien wie den Raum verlas- aber wohl noch mehr geholfen hat: auch dauerhaft „ganz lieb“. sen, Abstand zwischen sich und den Mein Sohn konnte bis ans Ende sei- Kranken bringen, haben nicht immer nes Lebens in einem Mini-Job arbei- Wir hatten dieses Glück leider nicht was genützt. Man muss fairerweise ten, war im Familienkreis DJ und war und haben mit unseren Kranken sehr aber auch sagen, dass nie die Kinder auch dadurch ausgeglichener und zu- viel Wut und Aggressionen erlebt. Na- oder ich angegriffen wurden; die Wut- friedener. Anstrengend blieb es mit türlich, es ist für die Betroffenen ja ausbrüche richteten sich immer nur ihm aber trotzdem, weil sein Gehirn auch nicht leicht zu sehen, wie Fähig- gegen Dinge. ständig auf Hochtouren lief, das meis- keiten, die sie perfekt beherrscht ha- Trotzdem hat das auch bei mir viel te möglichst sofort erledigt werden ben, nach und nach verloren gehen. „geladen sein“ aufgebaut, vor allem musste – und die Kranken- und Pfle- Wenn sie für alles länger brauchen, durch die ständige Anspannung, was gekasse auch bei ihm dafür gesorgt selbst zum Sprechen. Wenn sie sich als nächstes passieren würde. Dass hat, dass der Mama beim Anträgestel- unkontrolliert bewegen, schwanken mein Mann zu Hause nichts mehr ma- len und Widersprücheschreiben nicht und die lieben Mitmenschen denken, chen konnte, war für mich das kleine- langweilig wurde. sie seien morgens um 10 Uhr schon re Problem, aber mit den Aggressio- Diese Gründe des Geladenseins sturzbetrunken. Das ist mit Hunting- nen konnte ich nur schwer umgehen. sind für mich seit fast zehn Jah- ton eher selten, man schwankt aber Auch weil ich das Gefühl hatte, ich ren passé, weil beide Kranken nicht trotzdem. kann gar nicht so viel aufpassen, da- mehr leben. Wir leben heute ruhi- Ja, und mit Mitte 20 oder 30 er- mit er nicht in Rage gerät. Dazu ka- ger, mit viel weniger Frust, dafür mit werbsunfähig zu sein, ist sicher nicht men Auseinandersetzungen mit der dem, was kleine Kinder an Bewe- das, was man sich für sein Leben vor- Kranken- und Pflegekasse, später gung und Stress mit sich bringen. gestellt hat. Bei Huntington ist das lei- dann mit dem Sozialamt, manches pa- Das fühlt sich richtig gut an. Aber da- der oft so. Als mein Mann mit Mitte 30 rallel. In diesen Jahren war ich gefühlt bei gibt es noch ein anderes Gefühl: Rentner wurde, war er schon in einem ständig geladen. Auch mein erkrank- Wir sind nie wieder vollständig… Zustand, in dem auch ein Mini-Job ter Sohn war zeitweise aggressiv, mit Brunhilde 9
Thema Eingeladen zum Essen Einladung zum Kaffeekränzchen – wer kann da nein sagen. Foto: SU Beim Thema „geladen“ fallen den ich Menschen zu mir einlade, gehöre Wenn es Anlässe zu feiern gibt, will meisten Menschen wahrscheinlich ich nicht zu den Leuten, die sich be- man natürlich auch gerne die liebs- erst mal die Wörter „ärgerlich“ und sonders viel Stress machen. Das größ- ten Menschen einladen. Zu meinem „wütend“ ein. Ich habe ziemlich te Problem, das ich habe, ist, dass mir 30. Geburtstag habe ich zu einem klei- schnell an Einladung gedacht. Ge- meistens noch Servietten fehlen oder nen Sommerfest geladen. Mit persön- nauer gesagt: Zum Essen eingela- ich nicht genug passendes Geschirr licher Einladung, Catering und Unter- den werden. Ich assoziiere eigent- zusammenbekomme. Natürlich soll haltungsprogramm. Und ich gebe zu, lich ständig Wörter mit Essen. Als es auch aufgeräumt und sauber aus- bei diesem Anlass war ich ein wenig mein Freund mir sagte, er sei Halb- sehen, aber ich achte nicht auf je- gestresst. Es gab ja ein festes Datum, franzose, habe ich sofort an Essen des Staubkorn. Man soll ja sehen kön- bis zu dem alles erledigt sein muss- gedacht. Die Franzosen lieben gu- nen, dass ich in der Wohnung wohne. te. Natürlich hatte ich Unterstützung, tes Essen, und sie können auch ko- Da gibt es andere Gemüter als mich. ganz allein ist es manchmal zu kompli- chen, dachte ich mir. Und das hat Es gibt Menschen, für die ist es pu- ziert. Da ist man froh, wenn man Men- sich dann auch bewahrheitet. rer Stress, wenn sie Gastgeber sind. schen kennt, die Erfahrung als Gastge- Sie möchten alles richtig machen, be- ber haben. Ich werde gern eingeladen, aber lade sonders gut organisiert wirken; dann Bei einer Einladung geht es mir auch gern andere ein. Restaurant, soll das Treffen den Gästen Spaß ma- vor allem um das gemütliche Zusam- Kino oder Konzert geht für mich im- chen und sie unterhalten, und das Es- mensein. Ein Treffen mit lieben Men- mer. Ganz besonders gut macht sich sen soll jedem schmecken. Manche schen, gute Gespräche und einfach das Kaffeekränzchen für mich. Das ist machen sich viele Gedanken darüber, mal abschalten. Ich finde es für mich immer sehr gemütlich. In der Coro- was andere von ihnen und ihrer Gast- wichtig, mich in meiner Freizeit mit nazeit habe ich auch angefangen, für geberrolle halten könnten, vor allem anderen zu treffen und einfach mal mich allein ein Kaffeekränzchen zu dann, wenn man selber vielleicht mal zwei Stunden Zeit miteinander zu machen. Man hatte ja viel Zeit, und da bei Menschen eingeladen wurden, die verbringen. Sehr gerne auch von jetzt habe ich mir gerne was gegönnt. Heu- große Menüs zaubern oder für jeden auf gleich. Es ist doch ein schönes Ge- te lädt mich mein Freund öfter zu sich aufwendige Gastgeschenke bereit- fühl, wenn man spontan einen Anruf ein, und da gibt es wieder ein kleines halten. Das ist eine tolle Sache, wenn bekommt und man sich verabredet. Kaffeekränzchen. Menschen so einen Aufwand betrei- Ich hoffe, dass ich das auch bald hier Wenn ich Lust habe, lade ich auch ben, ich finde das regelrecht bewun- in meiner neuen Heimat Köln erleben zum Essen zu mir ein. Allerdings gibt dernswert. Aber ich finde, man sollte werde. Wenn der Frühling kommt und es dann kein ganzes 3-Gänge-Menü. sich nicht vergleichen. Jede und jeder die Winterviren verschwinden, werde Das habe ich einmal gemacht – und ist ein anderer Gastgeber und hat ei- ich meine Pläne umsetzen. Neue Frei- das war am Muttertag für meine El- nen eigenen Stil. Und damit eine Ein- zeitaktivitäten und dadurch natür- tern und mich. Das habe ich auch sehr ladung für alle eine entspannte Sa- lich neue Leute kennenlernen. Denn gerne getan, aber es gehört schon che wird, sollte sich vor allem auch der auch, wenn die Coronazeit vorbei ist, ein besonderer Anlass für mich dazu, Gastgeber oder die Gastgeberin wohl brauche ich meine Kaffeekränzchen. sonst ist mir das zu aufwendig. Wenn fühlen. SU 10
Thema oder Aufladen in Dunkelheit Lichtfasten Alljährlich ab Aschermittwoch füh- zu viel Kunstlicht uns Menschen, Verbrennungen an Armen, Beinen, le ich mich berufen. Obwohl ich den Tieren und auch den Pflanzen Kopf und Rücken gehe ich nun hei- weder jeck noch religiös bin, emp- schaden kann. Woher auch? Wir le- ter, gelassen und entspannt durch finde ich, dass nach all der Alberei ben hier in Dunkeldeutschland. In die selbst gewählte Dunkelheit. Je- und Schlemmerei nun etwas Höhe- Schwerin werden um 19 Uhr die Bür- der notwendige Stromverbrauch res mich zum Verzicht auffordert. gersteige hochgeklappt; in den Dör- – beim Kochen, Radio hören, Le- Ich muss Ballast abwerfen, den Kör- fern wird abends mindestens jede sen oder Wäsche waschen – wird so per reinigen, mich läutern. Angefan- zweite Laterne ausgeschaltet. Was kurz wie möglich gehalten. Meine gen hatte ich mit dem Komplettfas- unter Lichtverschmutzungsaspek- inneren Batterien brauchen keinen ten. Doch nach einer Woche nur bei ten sehr positiv ist, denn unser Bio- Strom. Wasser, Tee und Gemüsebouillon rhythmus und der der Natur um uns Das versteht in meinem Umfeld war mir das zu viel. Beziehungswei- herum sind noch in Ordnung. An- nur niemand. Während fremde Gäs- se zu wenig. Seitdem faste ich nur ders als in den großen Städten die- te still vor sich hin leiden, knipst die noch teil. Im Vorjahr sogar sehr er- ser Welt können wir nachts entspan- Familie dreist überall das Licht an, folgreich. Meine Galle hatte mir drin- nen und unsere Akkus aufladen, die wenn sie mich besucht. Deshalb fas- gend den Verzicht auf Marzipan und Tiere gemütlich auf die Jagd gehen, te ich nicht nur Strom, sondern auch Alkohol angeraten. Pünktlich zu Os- die Bäume regenerieren. Kein grelles Besuch. Und lasse die Bagage erst tern hörte sie auf zu ziepen. Licht stört. wieder Ostern in mein Heim. Dann In diesem Jahr habe ich mich Doch es geht noch mehr. Ja, gibt es zu Marzipan und Alkohol – politisch korrekt und für meinen es geht auch ohne. Seit Januar er- auch wieder Licht. Geldbeutel unverzichtbar – dem hellt abends nur eine Energiespar- Birgitt Hamm Energiefasten verschrieben. Bis zur Funzel meine Stube; sonst erledi- Energiekrise hatte ich mir keine Ge- ge ich alles im Dunkeln. Nach den danken darüber gemacht, wie sehr ersten blauen Flecken und leichten Foto: Birgitt Hamm von Mensch, Tier und Pflanze. t nur teuer, es stört auch den Biorhythmus Helles Licht rund um die Uhr ist nich 11
Thema Hab mein Cabrio aufgelade, Der alte Traum voll mit Strom und Rock’n’Roll. Als ich über Äcker brauste, eines F uhrmanns wogten Rosen wie toll. Drum fahr ich mit viel Speed durch Rosen, im Cabrio alle Boxen tosen. Singt zur Melodie von „Hab mein Wage vollgelade“ Brumm, Cabrio, brumm, brumm, brumm. Brumm, Cabrio, brumm. Hab mein Cabrio vollgelade, voll mit Rosen so wild. Als wir hin zur Skyline fuhren, blühten sie duftig mild. Drum lad ich all mein Lebetage nur rote Rosen in mein Wage. Brumm, Cabrio, brumm, brumm, brumm. Brumm, Cabrio, brumm. Hab mein Cabrio vollgelade, voll mit rosa Hasen. Als wir in die City kurvten, fing’n sie an zu tanzen. Drum schenk ich meine hundert Rosen nur rosa Hasen, die nett posen. Brumm, Cabrio, brumm, brumm, brumm. Brumm, Cabrio, brumm. Autorin: Anke 12
Thema Wie eine bunte Wundertüte Aufgeladen mit neuen Ideen, mit neuer Kraft ins Jahr 2023 Auf einer CD versammelt unsere Autorin eigene Lieder und Texte zum Thema „Selbstliebe“. Die letzten Tage des alten Jahres, die Zeit für meinen Ein anderer, neuer guter Freund unterstützt mich dabei, mir Jahresrückblick 2022 ließ mich staunen, welche Heraus- meiner Fähigkeit als Schöpferwesen bewusst zu werden forderungen ich gemeistert habe, und ich konnte mir und meine Talente und Gaben neu zu entdecken, an mich selbst auf die Schulter klopfen. selbst zu glauben und meine Träume zu leben. Ganz besonders liebe ich es, eigene Ideen zu haben und Was gibt mir Kraft? Meine Familie, die an mich glaubt und mir eigene kleine Projekte und Programme auszudenken. mir die Freiheit gibt, so zu leben, wie es mir gefällt. Ganz be- Ich schlüpfe gern auch in verschiedene Rollen, in denen sonders meine Enkelkinder, die heranwachsen und sich so ich meine vielseitigen Potentiale ausleben kann. Seit lan- unterschiedlich entwickeln. Obwohl ich eine Oma bin, die gem beschäftige ich mich mit den Themen Gesundheit und nur besuchsweise da ist, sind wir alle tief im Herzen mitein- Lebensstil. ander verbunden. Alte und neue Freunde und Freundinnen, Meinen Übergang ins Rentenleben habe ich nun recht die für mich da sind, wenn ich sie brauche. Und für die ich gut gemeistert. Mein Wissen über Ayurveda hat mir dabei auch da sein kann. Geben und Nehmen. Sich miteinander geholfen. Und auch mein Wissensdurst, der mich immer wohlfühlen, sich stützen. wieder dazu bewegt, Seminare zu besuchen und die Dinge Die Depression hat gerade Pause oder Urlaub. Vielleicht zu lernen, die mir Spaß machen und mich interessieren. hat sie auch gekündigt und ist gegangen. Ich hätte nichts Mein Lieblingsgebiet ist die Psychologie, ganz speziell die dagegen. An guten Tagen fühle ich mich wie eine bunte verbale und nonverbale Kommunikation. Mich bewegen die Wundertüte und staune darüber, wieviel Kreativität doch in Fragen: Wie hängen Denken, Fühlen und Verhalten zusam- mir steckt. Ich lasse meiner Fantasie Raum für Konzepte. Ja, men? Welche Rolle spielt dabei die Wahrnehmung? Welche ich bin eine Träumerin. Träumen macht mir Spaß. Mir selbst Rolle spielt der Glaube? Und wie kann ein Mensch schwi- etwas ausdenken, ausprobieren. Und manchmal werden erige Situationen meistern? Welche Bedingungen brauchen kleine Träume Realität, wenn ich die entsprechenden klein- Heranwachsende, um sich gesund zu entwickeln? en und großen Schritte gehe, die dafür notwendig sind. Wichtig ist mir, dass ich meine Zeit frei einteilen und Pau- Gerade eben habe ich eine CD produziert zum Thema sen nach Bedarf einlegen kann. Selbstbestimmt. Eine Leben- Selbstliebe. Über mehrere Jahre gesammelte Lieder und squalität, die ich während meines Berufslebens nicht hatte. Texte, die für mich selbst in schlechten Zeiten sehr wert- Meine Potentiale zu leben und Menschen zu begleiten volle Dienste geleistet haben, sind nun darauf gespeichert. und zu unterstützen auf ihrem Lebensweg, ist mir ein Her- Ein guter alter Freund hat mich dabei unterstützt, mit sein- zensbedürfnis. Und dies kann ich in einem Ehrenamt tun. er Technik und den Erfahrungen als Musiker und Produz- Ich selbst habe viele Höhen und Tiefen durchlebt und kann ent. Viele Jahre habe ich zu ihm aufgeschaut, ihn für seine nun mit diesem Erfahrungsschatz für andere Menschen da Fähigkeiten bewundert. Auch insgeheim gewünscht, mal sein. Als Zuhörerin, Begleiterin und auf Wunsch auch als Be- etwas mit ihm gemeinsam zu erschaffen, gemeinsam zu raterin oder Coach. So kann ich teilhaben an vielen verschie- musizieren. Nun endlich hatte ich den Mut und habe mich denen Lebensgeschichten und staune über die Buntheit. getraut. Iris Hesse 13
Senioren Zur Mitwirkung eingeladen Angebotsvielfalt im Seniorenbüro Schwerin „Unsere Angebote sind eine Einla- älterer Menschen in der nachberufli- möchte anrufen. Jeden Mittwoch zwi- dung an alle, sich aktiv zu betätigen,“ chen und nachfamiliären Lebenspha- schen 15 und 17 Uhr nimmt sich eine sagt Christine Dechau vom Schweri- se. „Untersuchungen zur Pflege- und Blumenfrau Zeit für Gespräche - ein- ner Seniorenbüro. „Einzige Vorausset- Sozialplanung in Schwerin haben er- fühlsam, verständnisvoll und natürlich zung ist, dass die Interessierten am Tag geben“, sagt die Geschäftsführerin, diskret. Zeit haben.“ Menschen im Alter von 50 „dass das Altersbild in unserer Gesell- „Die Begegnung mit Gleichgesinn- bis an die 100 treffen sich in den Räu- schaft viel schlechter ist als die Reali- ten,“ weiß Christine Dechau aus ihrer men der Wismarschen Straße 144, um tät. Über Ältere wird nur im Zusam- Arbeit, „ist bestens geeignet, die Le- miteinander zu reden, ehrenamtlich menhang mit Pflege und Betreuung bensqualität unserer älteren Mitbür- zu arbeiten, zu lernen. Mode, Theater, gesprochen, doch nur zehn Prozent gerinnen und Mitbürger zu erhöhen. Film und Foto stehen ebenso auf dem der Alten sind wirklich pflegebedürf- Dafür bieten wir hier im Seniorenbü- Plan wie Fremdsprachen, Schach oder tig. 90 Prozent sind gesund.“ Ein Man- ro die notwendigen Räume und Mög- der Umgang mit den neuen Medien. ko: Die Älteren haben keine Lobby lichkeiten.“ Und wer hier nichts Pas- 40 Gruppen in der Senioren-Akademie und sie gehen für ein besseres Image sendes findet, kann von ihr auch an Schwerin bieten da ein weites Betäti- nicht auf die Straße. andere Stellen in ihrem Netzwerk aus gungsfeld. Nicht weniger wichtig ist Aber dafür engagieren sich – unter- Institutionen, Vereinen, Projekten in das bürgerschaftliche Engagement in stützt vom Seniorenbüro – Frauen und Schwerin verwiesen werden. den verschiedensten Bereichen. Männer an vielen Stellen in der Gesell- Christine Dechau ist bei aller Viel- Seit nun schon 29 Jahren ist das schaft. Christine Dechau kann da viel falt der Arbeit eine gelassene Frau, Seniorenbüro ein wichtiger Anlauf- aufzählen: die seniorTrainerinnen und doch wenn sie sich von etwas geladen punkt Gleichgesinnter, die auch im Al- -Trainer, die vom Seniorenbüro ausge- fühlt, ist es das Geld. „Viele der Ehren- ter noch Herausforderungen suchen bildet werden und anschließend viel- amtlichen arbeiten wirklich für nichts, und sie selbstbestimmt organisieren. fältige Aktivitäten älterer Menschen zahlen oft sogar noch drauf. Und wenn Christine Dechau ist stolz auf ihre 200 unterstützen, der Kulturschlüssel, der jemand spendet, dann eher für Tie- Ehrenamtlichen, die ihre Kompetenz zum gemeinsamen Erleben von Kunst re als für die Alten,“ schüttelt sie den und Erfahrung einbringen und ohne und Kultur einlädt, die Altersbeglei- Kopf. Aufladen kann sie sich dann am die ihre Arbeit überhaupt erst möglich ter, die der Vereinsamung von Men- besten mit Familie und Freunden beim wird. Die Einrichtung, die vom Landes- schen, die nicht mehr so mobil sind, Rad- und Kanufahren, Boßeln oder bei ring MV des Deutschen Seniorenrings entgegenwirken. Ein ganz neues Pro- der Beschäftigung mit den Enkeln. getragen wird, ist eine trägerübergrei- jekt ist „Klönen mit Bertha“. Unter der Birgitt Hamm fende Informations-, Beratungs- und Rufnummer 0385 5574966 kann jeder, Vermittlungsstelle für Engagement der einfach mal mit jemandem reden Foto: Gruppe „METRONOM“, Seniorenbüro Schwerin Wer jemanden zum Reden sucht, findet beim „Klönen mit Bertha“ interessierte und diskrete Ansprechpartnerinnen am Telefon. 14
Thema Das Pilgerkloster lädt ein zum Innehalten. Fotos: Iris Hesse Pilgerkloster Tempzin, wo die Seele heil werden kann Orte der Kraft halten mich und laden mich auf in chaotischen Zeiten In der ganzen Menschheitsgeschichte inneren Einkehr, bietet Möglichkei- einzuhauchen und tatkräftig mitzu- gab es immer wieder Krisen und Cha- ten mit anderen Menschen in Kontakt helfen, damit er als Kraftquell und os, Zeiten des Umbruchs und der Ver- zu kommen und sich selbst als wert- Oase weiter erhalten bleibt und noch änderung im großen weltpolitischen vollen Menschen zu erfahren. In den vielen Menschen Zuflucht bieten kann Geschehen, in einzelnen Kulturen und täglichen Andachten wurde mir be- in schwierigen Zeiten. Dieses Mal ha- Ländern. Und in einzelnen Menschen- wusst, dass grundsätzliche Themen ben wir die neue Pilgerwohnung schicksalen. Verunsicherung, Angst in zwischenmenschlichen Beziehun- renoviert. und Hoffnngslosigkeit halten Men- gen schon seit Jahrhunderten exis- Am meisten gefällt mir das Kon- schen in einem Käfig gefangen. Sie tieren. Schon Apostel Paulus predig- zept der Gemeindepädagogin Maria verhindern die Ausbreitung von Le- te darüber, wie die Konflikte friedvoll Lachmann. Sie ermutigt die Menschen bensfreude und rauben Lebensener- zu lösen wären. Und wie wichtig es ist, jeden Tag, zuerst zu sich selbst zu gie und machen krank. Sie lassen den einen jeden Menschen in seinem Glü- schauen. Sich selbst wahrzunehmen, Menschen sich ohnmächtig, klein und cke zu lassen und zu respektieren oder was gerade gebraucht wird, und dies als Opfer der Umstände empfinden. ihn zu ermutigen, selbst etwas zu ver- der Gemeinschaft zu kommunizieren, Es braucht deshalb Tankstellen für ändern. Eigene Grenzen zu erweitern, um Dinge zu bitten, die das Leben an- Lebensfreude und Lebenskraft und aber auch Grenzen zu setzten denen, genehmer machen, und seine Kräf- Lebenssinn. die großen Schaden anrichten. te gut einzuschätzen. Und wer dann Ich war nun vor kurzem wieder Eine tiefe Weisheit, die auch heu- noch Lust zu handwerkeln, putzen, ko- an einem meiner Kraftorte, im Pilger- te Gültigkeit hat. Sie beinhaltet das chen oder musizieren hat, kann dies kloster Tempzin. Dieser Ort selbst hat Bedürfnis nach Wertschätzung, Wür- gerne tun. Zum höchsten Wohle Aller. für mich eine besondere Bedeutung. digung und Respekt vor jeder Form Kraftorte sind wichtig, für jeden Men- Er verbindet Mittelalter und Jetzt- des Lebens. Ich bin bereit, diesem schen! Iris Hesse zeit miteinander. Der Ort lädt ein zur Ort durch mein Sein neues Leben 15
Thema So oder so oder beides „Geladen“ oder entspannt - wie kommen wir am besten Noch in der Genesungszeit bin ich im Bad gestolpert, habe durchs Leben? mich mit der gesunden Hand unglücklich abgestützt und bei der Gelegenheit wieder das Handgelenk gebrochen. Der Diese Frage mag jeder für sich selbst beantworten. Ich glau- Schmerz hielt sich auch diesmal in Grenzen, mein „Geladen- be ja, dass in jedem von uns beides steckt, mal mehr in die sein“ nicht so. Es hat Tage gedauert, bis ich wieder „unten“ eine und mal mehr in die andere Richtung. Doch auch, wenn war und mich mit der Situation arrangiert hatte. man reichlich harmoniebedürftig ist, eher einsteckt als aus- Auch bei Behördenpost war ich oft geladen und habe teilt, heißt das nicht, dass man nicht doch immer mal wieder auch da durchaus Tage damit zugebracht, mich zu „entla- „geladen“ ist. Mal mehr, mal weniger. Die kleinen Dinge sind den“. In einer Behörde habe ich auch mal die Türen geknallt, bei mir immer recht schnell vorbei: Eine genommene Vor- weil man mir eine grundlegende Information vorenthalten fahrt, eine „geklaute“ Parklücke, ein Angebot, das im Super- hatte. Als ich dann Bescheid wusste, konnte ich die Informa- markt vergriffen ist und und und. tion nicht mehr nutzen, weil es nur Kraft und Nerven gekos- Manches beschäftigt mich aber länger, da geht dann tet hätte, ohne uns das Leben finanziell leichter zu machen. auch das „Geladensein“ nicht so schnell vorüber: Vor eini- Geladen bin ich auch, wenn es drei Tage hintereinander gen Jahren habe ich mir ein Handgelenk gebrochen. War regnet und ich nicht an die frische Luft komme. Aber das ist nicht schön, bloß ärgerlich, nicht so sehr schmerzhaft und eine harmlose Variante. links, na ja. Drei Wochen Gips habe ich ganz gut überlebt. Brunhilde Die „Annehmlichkeiten“ eines Alltags Eine angekündigte Handwerkerleistung – Umstellung hätte schon Feierabend und das Signal müsse vom Anbieter auf Glasfaser. Versichert wird; dass die Handwerker vor aus freigeschalten werden. Morgen früh käme er wieder. Ort dafür sorgen, dass alles funktionstüchtig sein und bei Am folgenden Tag weder Handwerker noch versprochene der Einrichtung des neuen Routers Unterstützung gege- Kontaktaufnahme. Es reicht. Also doch selbst kümmern! Vier ben wird. Telefonate mit dem Anbieter, lange Wartezeiten und immer wieder neue Versuche, dann am Abend ist es geschafft. Wie- Der Tag der Umstellung: Die Handwerker sind pünktlich, von der alles verfügbar. 11 – 15 Uhr im Aufgang, 12 Wohneinheiten werden umge- Wieder einmal die Frage: Wer sich nun nicht selbst darum stellt, es sind 6- 8 Handwerker, jeder macht einen Handgriff, kümmern kann, weil er wegen Krankheit oder einfach Über- es laufen also 4 – 5 nacheinander durch die Wohnung, es forderung nicht dazu in der Lage ist, wer kümmert sich, wie sind polnische Arbeiter, Verständigung kaum möglich, aber und wann wird dem geholfen? Im Alltag gibt es unzählige ca. 30 – 40 min. und es ist fertig. Das Signal ist noch nicht da, solcher Hürden. also noch kein Telefon und Internet verfügbar, der Fernseh- Dann noch die Frage: Muss all das sein. Der technische apparat funktioniert, es ist ca. 13,45 Uhr. Die Handwerker sind Fortschritt ist nicht aufzuhalten, dennoch er wird jedem auf- in der nächsten Wohnung, später im Nebenaufgang. Es wird gezwängt, auch wenn er ihn nicht nutzen möchte oder kann. 14,30 Uhr, noch kein Signal. Die angesprochenen Handwer- Es gibt ganz sicher andere Herangehensweisen und bes- ker können nicht helfen, Antwort: „Kollege kommt gleich“. ser organisierte, damit es zu solchen Unstimmigkeiten und Das dann noch 3 bis 4 mal, um ca. 17.30 Uhr kommt der Kol- Hürden nicht gibt, nicht jeder kann sich selber helfen. lege. Er stellt fest, jetzt könne er nichts mehr machen, Chef Martina 16
Thema Was ist das denn – Body Battery? Und warum sich bei persönlichen Einschränkungen auch „Löffel“ zählen lohnt Sicher kennen Sie diese neuen Fit- Modell der Löffel kennengelernt. Die Löf- ness-Uhren, auch Smart-Watches fel stehen für die individuell vorhandene genannt. Ich habe mittlerweile Energie. Die ist höchst verschieden bei al- mein drittes Modell. Angefangen je- len Menschen. Jeder schleppt sein eige- doch hat alles mit einem einfachen nes Päckchen mit sich rum und je nach Schrittzähler eines Kaffeerösters für dessen Schwere bleibt ein Rest an Löffeln knapp sechs Euro. Ich habe einfach übrig. Bei der Löffeltheorie schreibt man ein Faible für Zahlen und alles, was jeder Aktivität eine bestimmte Anzahl an im Alltag bemessen werden kann, Löffeln zu, die jeweils verbraucht werden. macht mich glücklich. Hat jede Person zu Beginn eines Tages beispielsweise 25 Löffel zur Verfügung, Zunächst hatte mein Mann seinen ers- muss man beachten, dass Menschen, die ten smarten Begleiter am Handgelenk. eine unsichtbare Krankheit oder Behin- Was ich anfangs als Spleen belächelt derung haben, aufgrund dessen im Ver- habe, wich bald der Faszination über die gleich für jede Aktivität ein Vielfaches an sich ergebenden Möglichkeiten zur Sta- Löffeln verbrauchen. Je höher die indivi- tistik über die zugehörige App auf dem duelle Belastung, desto mehr Löffel wer- nötigen Smartphone. Und dann hatte er den verbraucht. So kann es sein, dass am Ende eines gemeinsam verbrachten eine Person ohne Beeinträchtigung eine Urlaubstages einfach viel mehr Schrit- Stunde nach dem Aufstehen am Morgen te, als mein kleiner Kasten mir anzeigte. zwei Löffel verbraucht hat, während je- Dabei waren wir doch bei der Wande- mand anderes aufgrund seiner Diagno- rung auf Rügen auf den gleichen Pfaden se schon 15 benötigt. Im Vergleich ha- unterwegs. ben Betroffene ihre Löffel also wesentlich Schluss mit dieser Ungerechtigkeit; schneller aufgebraucht. Wiederum ist ich beschloss aufzurüsten! Allerdings schlechtes Gewissen inklusive. Manch- es so, dass man durch Pausen eventu- wollte ich nicht so einen unförmigen mal erschien mir mein Puls bei kleinen ell seinen Löffelbestand wieder aufbau- hässlichen schwarzen Klopper am Arm Aktivitäten viel zu hoch, dann wusste ich, en kann. Betroffene brauchen aber mehr haben, logisch. Ich wählte ein schma- dass eine Pause angebracht war. Das wa- und auch längere Pausen, um einen ver- les beerenfarbiges Silikonband mit Mi- ren schon jede Menge Informationen. gleichbaren Effekt zu erzielen. Die meis- ni-Display. Paar Wochen später gab das Im April letzten Jahres hatten wir in ten Löffel kann man nachts im Schlaf ge- Armband seinen Geist auf, und der Her- der Familie alle Corona, per Definition nerieren. Allerdings sind einige der nicht steller bot keinen Reparaturservice an. Ei- mit „leichtem Verlauf“. Aber auch nach sichtbaren Erkrankungen oder Behinde- nerseits ökologischer Wahnsinn, aber der den negativen Tests waren wir nicht rungen auch mit Schlaflosigkeit verbun- Versuchung, mit nur ein paar Euro Zuzah- wirklich fit. Und dann kam die Funktion den. Während jemand mit einem gesun- lung ein wesentlich neueres Modell mit „Body Battery“ gerade recht. Was sich wie den Schlaf am nächsten Morgen wieder deutlich mehr Funktionen zu erhalten, ein Zungenbrecher anfühlt, hat wirklich mit der vollen Anzahl Löffel erwacht, konnte ich nicht widerstehen. wertvolle Informationen geliefert. Nach kann es sein, dass Betroffene grundsätz- Nun konnte ich auch endlich viele Corona nimmt der Alltag einen Umweg. lich nur mit der Hälfte in den Tag starten Werte „tracken“, also mir anzeigen lassen Egal, wie sehr ich mich ausgeruht hat- müssen, da ihre Nacht nicht erholsam in der dazugehörigen App. Schritte, Kalo- te, ich kam kaum auf einen zweistelligen war. rienverbrauch, Puls, Schlafverhalten, Ziel- Wert auf einer Skala bis 100. Mein Körper Während ich diesen Artikel schreibe, erreichung. Hatte man letztere mit über war im Dauerstress, ohne dass ich mich bleibt meine Body Battery inzwischen 100 Prozent geschafft, gab es kleine Aus- über Gebühr angestrengt habe. Ich be- bei 30. Da habe ich wohl zu viele Löffel zeichnungen der Art „Goldener Sport- gann, mich über Long Covid zu informie- beim Schreiben verbraucht. Morgen also schuh“. Oder im anderen Fall die Auffor- ren. Das ist zwar nicht mein Problem, aber mehr Ausruhzeit. Das wird schon. derung, doch noch mal Gas zu geben, bei der Recherche habe ich das wertvolle Kirsten Sievert 17
Selbsthilfe Ich unterstütze Geladen… Selbsthilfe, weil… Zu diesem Wort gibt es sicher viele Synonyme, doch ich sehe dieses „geladen“ in den allermeisten Fällen positiv. sie aus meiner Erfahrung heraus viele Einmal im Monat Treffen ich mich mit Gleichleidenden in der SHG Tinnitus in Menschen zu den unterschiedlichsten der KISS zum Austausch über die vergangenen Tage. Im Vorfeld dieser Tref- Themen erreicht, fen wird jedes Mitglied unserer SHG durch mich angerufen und an das Tref- fen erinnert (geladen), diese Erinnerung, Einladung wird durchweg positiv sie offen ist für Jeden, aufgenommen. Die Treffen laufen dann voll mit positiver Energie, Elan ge- laden ab. Wir planen gemeinsame Ausflüge oder welche Fachkraft wir uns sich hier Experten treffen, denn das für einen Austausch einladen können. Wir sprechen über Therapien und den sind die Betroffenen in erster Linie neusten Forschungsergebnissen zum Tinnitus und seiner Entstehung. Na- selbst, egal, um welche Themen, Er- türlich haben auch Hobbys, Familie und aktuelle Ereignisse Platz in unseren krankungen und/oder Belange es Runden. Und wir haben die Einladung zum Sommerfest der KISS im Juni an- geht, die es zu bewältigen gilt, genommen und machen uns Gedanken und sammeln Ideen wie sich unse- re SHG dort kurz und aussagekräftig präsentieren kann. Die neu zu uns sto- sie Halt bietet ßenden Interessierten werden offen und freundlich aufgenommen, so dass sie sich eingeladen fühlen. Roland Löckelt, Gruppensprecher sie die Bewusstwerdung und Bewälti- gung eigener Anliegen fördert und sie so vielfältig ist wie das Leben selbst. Andrea Bülau Ich unterstütze Selbsthilfe auch des- halb, weil gerade in der Corona-Pan- demie sichtbar wurde, wie wichtig es ist, dass Menschen, die es wollen, ei- nen geschützten Ort finden können, in dem sie sich mit Gleich-Betroffenen über ihre Sorgen und Nöte ausspre- chen können. Dabei ist es egal, ob es Eine Gemeinschaft, in der die Beteiligten sich aufladen können, ist die SHG Tinnitus. um eine eigene Erkrankung jedweder Art oder um den Umgang mit Ange- hörigen geht. Einladung zur Fortbildung Wünschenswert sind Fähigkeiten wie Empathie, Kommunikationsfähigkeit, Mit großer Freude leite ich seit vie- Im Frühjahr 2023 werden neue In- Kontaktfreude, Lebenserfahrung, psy- len Jahren den Kurs „Entspannung mit Gang-Setzer*innen ausgebildet. Die chische Belastbarkeit, Toleranz, Zuver- Shiatsu“ und erfahre immer wieder, In-Gang-Setzer sind ehrenamtliche lässigkeit. Die ehrenamtlichen Mitar- wie hilfreich es für den Einzelnen sein Mitarbeiter*innen der KISS, die den beiter*innen erhalten ein kostenloses kann, sich eine kurze Auszeit vom All- Gruppen in der Startphase zur Sei- Fortbildungsseminar. tag zu nehmen und neue soziale Kon- te stehen. Sie begleiten die Gruppe takte zu pflegen. etwa zwei- bis achtmal, abhängig von Termine deren Problemstellung und Bedürf- (freitags 14 –18, samstags 9 –16 Uhr): Damit der Fortbestand unserer Kon- 28. u. 29.4., 12. u. 13.5., 9. u. 10.6. nis. Eine besondere Berufsausbildung taktstelle gesichert ist, unterstütze Die Schulung findet im Schweriner wird nicht vorausgesetzt. Hilfreich ist, ARTE-Hotel statt. ich die Arbeit unseres KISS e.V. im Vor- wenn ein In-Gang-Setzer selbst Selbst- Interessierte wenden sich bitte an stand, wobei die materielle Sicherstel- hilfegruppenerfahrung hat, vielleicht die KISS in Schwerin, lung immer wieder die größte Heraus- schon einmal Ansprechpartner einer Spieltordamm 9, Tel. 0385 39 24 forderung ist. 333 oder kiss@kiss-sn.de. Gruppe war, jedoch nicht Bedingung. Regina Winkler 18
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